Sonntag, 16. November 2008

Opel: Rettung für lebendige Tote? Steuergroschen für GM? Ist Deutschlands Politik plemplem?


"Finanzkrise. Ein Rettungsplan für lebendige Tote?" betitelte die FAZ am 26.09.2008 einen Artikel des (vermutlich:) amerikanischen Journalisten Peter Coy.
Coy ist nicht gegen eine Rettung der Banken, fragt sich jedoch, ob bei dem amerikanischen Vorgehen (jedenfalls in der damals geplanten Form; zwischenzeitlich wurde das vielleicht modifiziert) nicht zum Nutzen der Kapitalbesitzer den Steuerzahlern die Lasten aufgedrückt würden:
"Ungeachtet der Frage der Effizienz spricht auch vieles für ein faires Vorgehen bei einem Rettungsplan, indem man nicht willkürlich Geld an angeschlagene Unternehmen ausschüttet. Jeffrey Sachs, Leiter des Earth Institute an der Columbia University hat Russland in der Übergangsphase vom Kommunismus begleitet, bevor er aus Widerwillen gegenüber dem Aufstieg der Oligarchen zurücktrat. Wenn er über diese Erfahrung spricht, sagt Sachs: 'Bei allem, was getan wird, muss eine gewisse Fairness herrschen. Gerade jetzt sehen wir eine tiefe und berechtigte Skepsis gegenüber dem Finanzministerium. Man hat den Eindruck, die Wall Street rettet gerade die Wall Street'."

Unsere sogenannten Volksvertreter machen sich gerade daran, mit unseren Steuergeldern die Fa. "Adam Opel GmbH" in Rüsselsheim zu retten.

Jedenfalls wollen sie Opel kräftig subventionieren; ob sie das Unternehmen damit retten, ist eine ganz andere Frage. Nun, man kann sogar darüber streiten, ob sie nun wirklich "subventionieren" oder nicht: vorerst soll der Staat sich ja lediglich verbürgen: damit Opel Kredite bekommt und für den Fall, dass die Firma diese Kredite nicht zurückzahlen kann. [Einzelheiten vgl. Links am Schluss]
Ich persönlich gehe davon aus, dass Opel (und vielleicht auch andere Autofirmen) auch langfristig nicht wieder auf die Beine kommen: die Spritfresserfabriken (und mit "Fresser" meine ich nicht nur SUVs und dergleichen: Kleinvieh säuft auch Benzin - da macht es halt die Masse) sind in meinen Augen "lebendige Tote".

Das mag aber in einem ersten Anlauf dahingestellt bleiben. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Firma sich lediglich in vorübergehenden Schwierigkeiten befindet, stellt sich immer noch die Frage nach dem "cui bono", dem Profiteur oder den Nutznießern einer Rettung dieses Automobilbetriebes.

Die Arbeitnehmer würden zweifellos profitieren, zunächst jedenfalls: das würde ich ihnen, wenn ich die Nachhaltigkeit einer Rettungsaktion unterstellen dürfte, auch gerne gönnen.
Aber warum muss auch der Eigentümer davon profitieren? Es kommt hier überhaupt nicht darauf an, ob General Motors (GM) Schulden gegenüber ihrer deutschen Tochterfirma hat, ob die Muttergesellschaft Technologie aus Deutschland in die USA transferiert hat usw.
Allein entscheidend ist, dass wir in einem Wirtschaftssystem leben, in welchem dem Recht, Kapitalerträge zu kassieren, das Risiko eines Totalverlustes des Kapitals entspricht - oder jedenfalls entsprechen sollte.
(Tja, Freunde, jetzt rächt es sich, dass ihr uns euren Neoliberalismus so gründlich eingetrichtert habt! So hattet ihr es doch gar nicht gemeint, gelle? Die Gewinne wolltet ihr ja gerne privatisieren, aber doch nicht die Verluste? Die wollt ihr immer noch sozialisieren; aber habt ihr schon mal erlebt, dass ein ruhiger Mensch wie ich so richtig aus der Haut fahren kann? Sollte es so weit kommen, würdet ihr euch wünschen, so etwas wäre euch erspart geblieben! Das zumindest kann ich euch schon jetzt versprechen; und diese Warnung geht nicht zuletzt auch an unsere Politiker von denen, großes Lob, ausgerechnet der so oft als "blaß" veschriene Wirtschaftsminister Michael Glos die reine Lehre der Äquivalenz von Gewinn und Risiko hochhält, während der schwarzrote Rest nur allzusehr gierig zu sein scheint, uns Steuerbürger auszuplündern um dem amerikanischen Unternehmens GM zur Hilfe zu eilen.)

Während ich aus der sonstigen Berichterstattung zunächst den Eindruck gewonnen hatte , dass unsere Regierung die Milliarden (en passant: ich glaube nicht, dass es bei einem kleinen Milliärdchen bleiben wird) einfach so über den Tisch schieben wird [und nur daraus wird auch mein Blogtitel verständlich. Den lasse ich aber vorsichtshalber stehen: möge es unseren Politikern (und ganz speziell unserem Hessen-Koch, von dem ich bisher lediglich vernommen habe, dass er unsere Taschen aufmachen will) einen Vorgeschmack auf das geben, was ihnen an Meinungsäußerungen blüht, wenn ihnen die Spendierhosen allzu locker um die Beine schlackern!], spendet das FAZ.net vom 15.11.2008 ("Milliardenbürgschaft. Opel in Not - Rettungspaket für Autoindustrie?" von Heike Göbel, Andreas Mihm und Henning Peitsmeier) meiner Steuerzahlerseele Trost:
"In der Bundesregierung wurde darauf verwiesen, dass es eine staatliche Unterstützung nicht kostenfrei gebe. Man werde gegebenenfalls die Überschreibung von Aktienpaketen verlangen."
Zwar weiß ich nicht, wie man bei einer GmbH "Aktienpakete" überschreiben kann [richtig: "Gesellschaftsanteile" oder "Stammeinlagen" oder "Anteile am Stammkapital"], will aber insoweit nicht allzu beckmesserisch sein: in der Hektik kann so ein Versehen mal vorkommen.
Trotzdem stört mich hier was: wieso will sich unsere Regierung mit Anteilen (also offenbar: Teilen) begnügen? Systemkonform wäre es, die Firma pleite gehen zu lassen und dann den Betrieb insgesamt zu übernehmen. Dann darf General Motors zukünftig seine Elektroautomobile selbst, und mit eigenem Geld, entwickeln.

Im übrigen glaube ich freilich (ceterum censeo), dass ohnehin ein Großteil der Automobilhersteller 'dran glauben' muss. Denn wenn die Leute anfangen, wieder richtig Autos zu kaufen, wird auch der Benzinpreis anfangen, wieder richtig zu klettern.
Und welcher vernünftige Verbraucher wird an einem solchen YoYo-Spiel teilnehmen wollen?


Links zu Berichten über die 'Opel-Rettung':

Um sich eine Vorstellung davon zu machen, wer demnächst [die dort noch nicht erwähnten Firmen werden lediglich etwas später auftauchen] beim Steuerzahler mit dem Bettelhut auf der Matte stehen wird, braucht man sich nur bei der Financial Times Deutschland die (europabezogene) Linkseite "Management inmitten der Krise. Wenn Autohersteller die Bänder stoppen" anzuschauen.
Auf der Seite betr. BMW ("BMW: Russen springen für Amerikaner ein") lesen wir: "Es ist nicht erst die Finanzkrise, die den Autobauern zu schaffen macht: Die Konjunkturflaute kündigte sich bereits Monate früher an." Das werte ich als eine Bestätigung dafür, dass die Ölpreissteigerung, also letztlich das vom Markt antizipierte (oder rezipierte??) Ölfördermaximum (Peak Oil) die (oder jedenfalls eine wesentliche) Krisenursache ist.
Auf der FTD-Linkseite sieht man auch, wie der Stress schon die Redaktionen erreicht hat. Zu Opel lesen wir in der Überschrift: "Opel: Mutter besser dran als Tochter" und dazu konträr (und natürlich richtig) im ersten Satz (meine Hervorhebung): "Der deutschen Tochter geht es deutlich besser als der Mutter General Motors, die Entlassungen plant."


FAZ.net:

10.11.2008: "GM-Tochter Opel bemüht sich um staatliche Hilfen" von Christoph Rauwald und Katharina Becker, DOW JONES NEWSWIRES.

15.11.08: "Milliardenbürgschaft. Opel in Not - Rettungspaket für Autoindustrie?" von Heike Göbel, Andreas Mihm und Henning Peitsmeier

16.11.08: "Autokrise. Muss Opel gerettet werden?" fragt (mutig) Christian Siedenbiedel (meine Hervorhebung):
"Dämme brechen ... . Dabei würde, anders als beim Bankensektor, ein Zusammenbruch von Opel und Ford in Deutschland die Versorgung der Kundschaft mit Autos nicht gefährden. Andere, gesündere Unternehmen stünden bereit, die Lücken zu schließen. Die Autofahrer würden auch nicht das Vertrauen in das Produkt Automobil selbst verlieren. Der Vertrauensverlust der Kunden war das zentrale Argument zur Stützung des Finanzsektors. ... Auch Daimler und BMW schielen schon auf staatliche Hilfe."
Eben: wenn der Staat dem einen das Futter in den Trog füllt, wollen die anderen ebenfalls fressen. Am liebsten wollen sie einen "free lunch" genießen, allenfalls sind die bereit, eine Kapitalbeteiligung des Staates zu akzeptieren. Warum aber sollte der sich darauf einlassen? Warum sich mit einem Teil begnügen, wenn man das Ganze haben kann? Pleite gehen lassen, und die Reste einsammeln: so muss ein Staat operieren, der seinen eigenen ökonomischen Grundsätzen treu bleiben will und dem alle Bürger gleich teuer sind, anstatt sich zum Zuhälter der Reichen zu machen! (So hätte man natürlich auch mit den Bankenrettungen verfahren müssen.)

Hier das Interview mit dem Bundeswirtschaftsminister Michael Glos u. d. T. " 'Der Ruf nach dem Staat darf nur letzter Ausweg sein'. Wirtschaftsminister Glos wendet sich gegen ein großes Rettungspaket für die Autoindustrie. Steuersenkungen sind ihm lieber" aus der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 16.11.2008 (FAZ.net vom 15.11.2008):
"Wir haben es im Kern mit einer Absatzkrise der Automobilindustrie zu tun, die alle Hersteller trifft. Letztlich wird kein Weg daran vorbeiführen, die Produktion an die Nachfrage anzupassen. Unter rein wirtschaftlichen Aspekten stellt sich tatsächlich die Frage, ob es Sinn macht, ein einzelnes Unternehmen zu stützen." Das hört sich gut an; der Folgesatz
"Hier steht aber sehr viel mehr auf dem Spiel als ein großer Automobilhersteller, an dem weit über 20 000 Arbeitsplätze hängen. Opel ist vielfältig vernetzt mit seinen Zulieferern und Händlern. Deshalb ist dies nicht nur eine ökonomische Frage, die Opel allein betrifft."
relativiert freilich Glos' ordnungspolitisches Muskelspiel schon wieder.
Zu Recht fragt der Interviewer Carsten Germis: "Auch Zeitungen stecken wegen der Finanzkrise in der Klemme. Wann werden wir gerettet?"
Glos: "Ich sehe die Gefahr, dass sich eine Branche nach der anderen meldet, und die Steuerzahler wären auch überfordert, wenn wir allen Branchen zur Seite springen müssten. Der Ruf nach dem Staat darf auch nur der allerletzte Weg sein, wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft sind. Und für alle Branchen gilt: Der Staat kann nicht die wegbrechende Nachfrage der Konsumenten ersetzen. Deshalb unterstreiche ich nochmals meine Forderung nach einer Einkommensteuersenkung. Das wäre sicher der sinnvollere und ordnungspolitisch saubere Weg, etwas gegen die Absatzkrise zu tun."
Nur vermehrt leider auch eine Einkommensteuersenkung nicht die weltweiten Rohölquellen.

Auch das Finanzministerium (die Regierung) weiß:
Es ist nicht nur Opel, dahinter steckt sehr viel mehr“. Macht nichts; von wenigen Ausnahmen (s. nachfolgend) abgesehen glaubt offenbar die Masse unserer Politiker, dass es sich gut macht, wenn sie uns skrupellos ausnehmen (letzter Absatz des folgenden Zitates):
"Unterstützung erhielt Glos in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zumindest vom Vorsitzenden der einflussreichen Mittelstandsgruppe, Michael Fuchs: Der Wirtschaftspolitiker sagte der der F.A.Z.: „Von Bürgschaften halte ich gar nichts, ich bin strikt dagegen“. Auch könne bei Finanzhilfen für die amerikanischen Autohersteller nicht sichergestellt werden, dass das Geld nicht sofort zu den angeschlagenen Mutterkonzernen nach Amerika fließe und die deutschen Standorte letztlich leer ausgingen. Der frühere Präsident des Groß- und Außenhandel warnte auch fragend, wohin es führen solle, „wenn sich jede Branche in die Arme des Staates flüchtet?“
Im Kanzleramt stießen die Äußerungen auf Unverständnis. Sie stünden im Widerspruch zu den Bemühungen Merkels, sich auch in der Autokrise als Krisenmanagerin zu präsentieren. [Anders gesagt: Die Steuerzahler als Deppen zu präsentieren!] Die Ministerpräsidenten der Bundesländer, in denen Opel Produktionsstätten hat – das sind Nordrhein-Westfalen, Hessen, Thüringen und Rheinland-Pfalz –, haben sich schon für staatliche Hilfen ausgesprochen
."
Solches erfahren wir von Carsten Germis in dem Artikel "Wer hilft am schnellsten? Das Wettretten erreicht die Autobranche" vom 16.11.08.

Ein "Marktbericht" auf FAZ.net vom 17.11.2008 "FOKUS: Hilferuf der Automobilindustrie bringt Politik in Dilemma" von Katharina Becker DOW JONES NEWSWIRES ist deutlich weniger euphorisch als Kleinkönig Koch (vgl. unten das Handelsblatt-Interview). Zum einen weist die Autorin darauf hin, dass auch die Konkurrenten von Opel, deren Automobilabsatz ebenfalls eingebrochen ist, Anträge auf Hilfe stellen könnten. Und "Danach dürfte es nicht lange dauern, bis auch andere Branchen wie die Bauwirtschaft an die Tür des Kanzleramtes klopfen. Die Regierung fürchtet nun, dass - ist die Hilfslawine erstmal losgetreten - sie nur schwer wieder aufzuhalten ist. Nach dem sechsten Einbruch der Autoverkäufe in Folge im Oktober in Deutschland stehen den rund 750.000 Beschäftigten bei den Automobilherstellern und Zulieferern harte Zeiten bevor.
Aber auch die spezifische Situation bei Opel sieht sie weniger rosig als Roland Koch "gesundes Unternehmen"): "... selbst wenn Berlin seine schützende Hand über Opel hält, bleibt abzuwarten, ob dies ausreicht. Immerhin ist ein Großteil der Probleme hausgemacht. Die Marke leidet seit Jahren unter einem schlechten Image bei Autokäufern." (Meine Hervorhebungen)


Handelsblatt:

"Ohne Bürgschaft geht Opel pleite" ist der Titel eines Gesprächs vom 14.11.08 von Carsten Herz mit dem "Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer von B&D Forecast". Der fordert: "Bundeskanzlerin Angela Merkel muss sich jetzt endlich des Themas annehmen, sonst droht ein fast unermäßlicher Flurschaden fur Deutschland." Obwohl er andererseits sagt:
"Opel war in der Vergangenheit immer wieder in der Verlustzone und hat große Sanierungsprogramme gemacht und trotzdem ist das Europageschäft im dritten Quartal wieder tief in die roten Zahlen gerutscht. Das vierte Quartal und das nächste Jahr dürften noch viel schwieriger werden."
Ja, wat denn nu? (Hier wird er so zitiert: "Auch ohne die Probleme von GM berge Opel erhebliche Risiken wie einen ungünstigen Produktmix und zu hohe Kapazitäten".)

Ebenfalls vom 14.11. der ausführliche Bericht "Länder bereiten Blitzrettung für Opel vor" von Carsten Herz, Thomas Sigmund und Dietmar Neuerer.

Zu dem Handelsblatt-Interview "Milliarden-Bürgschaft. 'Wir spannen einen Autoschirm' " von Thomas Sigmund (16.11.08) mit dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch gibt es so einiges anzumerken (Hervorhebungen jeweils von mir):
"Auch wenn das im nächsten Jahr nur noch 50 Millionen sein sollten, wissen wir alle, dass die Verkaufszahlen wieder steigen werden."
Ach ja? Woher weiß denn unser hessischer Chef de Cuisine das? Vielleicht sollten wir ihn mal in die Wüste schicken (dafür wäre ich sogar bereit, Steuergelder zu investieren): nach Ghawar in Saudi-Arabien! Da würden unserem Ministerpräsidenten vielleicht Zweifel kommen, ob man wirklich weiterhin wachsende Automobilverkäufe erwarten darf.
Da aber der Bürger es offenbar mit einem Schwerhörigen zu tun hat, muss ich beim Kapitalisten-Knecht Koch wohl etwas deutlicher werden, wenn ich höre:
"Der Staat darf nicht am Ende Eigentümer von Automobilunternehmen werden."
Ach ja: zahlen dürfen wir (zu Gunsten der Aktionäre von General Motors), aber Eigentümer werden, das wäre verwerflich! Ferne seien solche Gedanken von unserem rechtlich denkenden Roland, von unserem caritativen Christenmenschen Koch!
Uns in die Taschen zu langen ist okay; Gegenwerte zu verlangen nicht? Was sagt eigentlich die Andrea Ypsilanti dazu? Oder (soll ich den Pakt mit dem Teufel eingehen?) Die Linke?
Oh pardon, Sir Roland: Sie sind ja doch bereit, unseren Staat zum (Mit-)Eigentümer von Opel zu machen:
"... müssen wir auch darüber nachdenken, ob nicht die GmbH-Anteile der amerikanischen Mutter an ihrer Tochter Opel an uns übertragen werden"
Aber nur vorübergehend: "Solange die Bürgschaft besteht."
Unsere Steuergelder wollen Sie ausstreuen, obwohl Sie genau wissen:
"Wir reden bei Opel über eine Situation, bei der wir uns auf ein Worst-Case-Szenario vorbereiten müssen." (Und oben hatten Sie uns eben noch erzählt, dass die Autoverkäufe selbstverständlich steigen werden: "Dummschwätzer" sagt man solchen Leute in Hessen ins Gesicht!) Und was soll ich daraus machen, wenn Sie sagen:
"Aber wir können nicht einer schwächelnden Automobilindustrie eine staatliche Finanzierung an die Seite stellen. Da können wir über staatliche Konjunkturprogramme reden, aber nicht über Unternehmenshilfen"?
Im Zusammenhang mit dem Vor-Satz kann das ja nur heißen:
Direkte Hilfen für Automobilfirmen gibt es nur für jene, die kurz vor der Pleite stehen. Pleitiers sind aber meist jene, die nicht besonders gut gewirtschaftet haben. Die zwei Milliarden, welche die Mutter General Motors ihrer Tochter Opel schuldet, würde eine ertragreiche Firma von dieser Größe wegstecken. Offenbar sind bei Opel die Erträge dermaßen kräftig eingebrochen, dass die (spätestens jetzt) Verluste machen. [Kein Wunder, wenn man hier von "Rabattschlachten" liest!]
Aber vielleicht sollte ich ja dankbar sein, dass Sie kein Neo-Liberaler sind: nein, ein veritabler Feind des Nachtwächterstaates ist unser Ministerpräsident im Amt und in spe:
"Wir sind kein Nachtwächterstaat, der einfach zuschaut, was geschieht. Die Opel-Krise hängt nicht mit Konjunkturproblemen in Europa zusammen. Das hat auch nichts mit der Leistungsfähigkeit Opels zu tun; die ist absolut gegeben.
Die Probleme hat allein der amerikanische Mutterkonzern verursacht
. In diesem Fall dürfen wir ein Unternehmen mit sehr guten Mitarbeitern und sehr guten Standorten aus deutschem und europäischem Interesse nicht mit in den Strudel abwärts reißen lassen.
"
Das will ich hoffen, dass unser Staat kein Nachtwächterstaat ist. Und freilich auch, dass unser Bundesland zukünftig nicht weiterhin von einem Nachtwächter regiert werden möge. Die angeblich so problemfreie Firma Opel war nämlich (außer Porsche) der einzige deutsche Autohersteller, der mit 5,8% einen erheblichen Rückgang der Umsatzzahlen hinnehmen musste (vgl.Pressemitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes Nr. 28/2008.). Und diese Zahl bezieht sich auf einen Vergleich für den Zeitraum Januar - Oktober 2008 zum Vorjahreszeitraum; richtig finster wird es, wenn man nur die Oktoberverkäufe beider Jahre vergleicht; da musste Opel einen Rückgang von 16,6% einstecken: wiederum einsame Spitze, nach Porsche, unter den deutschen Automarken. (Der Marktanteil fiel von 8,4% im Durchschnitt der ersten zehn Monate auf 7,2% im Oktober!) Brutalstmögliche Aufklärung oder frechtsmögliche Stimmviehtäuschung, Hr. Koch? Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer dagegen sagt ungeschminckt die bittere Wahrheit: "Eine Rettung von Opel wäre aber eine Herkules-Aufgabe, weil es hohe Risiken birgt".
Ich fürchte indes, dass kein Politiker in unserer Landeshauptstadt Wiesbaden es wagen würde, den Wünschen eines unserer größten Arbeitgeber Widerstand entgegen zu setzen.
Doch dürfte man immerhin hoffen, dem Fiskus nicht nur das (nach Ihrer eigenen Einschätzung!) hohe Verlustrisiko, sondern, durch vollständige Übernahme der GmbH-Anteile, auch die (minimalen) Gewinnchancen zu sichern. (Die, wenn überhaupt, allenfalls dann eintreten könnten, wenn die Firma gesundgeschrumpft wäre.)
Doch ehe Sie die Interessen der Kapitalbesitzer tangieren, lassen Sie über die Wahrung der Interessen Ihrer Mitbürger und ihrer Wähler lieber die Finsternis einer schwarzen Nacht hereinbrechen, gell Herr Koch?

Einen Seitenblick auf Amerika wirft das Handelsblatt, ebenfalls vom 16.11.08: "US-Autokonzerne machen wegen Hilfspaket Druck." Beeindruckend für mich darin ist der Mut des designierten US-Präsidenten Barack Obama. Statt populistisch sogleich das Portemonnaie zu zücken, wie Deutschlands provinzpolitische Blindgänger Dieter Althaus, Roland Koch und Jürgen Rüttgers, will er zunächst Perspektiven sehen (meine Hervorhebungen):
"Bushs designierter Nachfolger Obama machte in einem Interview des Fernsehsender CBS staatliche Hilfen allerdings von Bedingungen abhängig. Alle Beteiligten wie Arbeitnehmer, Management, Zulieferer und Kreditgeber müssten sich zunächst darüber klarwerden, wie eine tragfähige Autoindustrie künftig aussehen solle. Jede Hilfe für die Branche müsse „ein Überbrückungskredit nach irgendwo und kein Überbrückungskredit nach nirgendwo“ sein."
Eben: "Tragfähig"! Unsere Landesfürsten machen sich keine Gedanken über die Zukunft: Hauptsache jetzt als Arbeitsplatzretter dastehen, Hauptsache die nächste Wahl gewinnen. Quartalsdenker sind sie nicht weniger als die Pleitiers von 'Global Finance'!
[Zu GM s. a. HB v. 17.11.08 "GM-Rettung stößt auf viel Widerstand" von Matthias Eberle.]

"Angst vor Präzedenzfall Opel" ist ein umfangreicher Handelsblatt-Bericht vom 17.11.2007 betitelt, der auch Stellungnahmen der Parteien wiedergibt.
Zunächst erfahren wir aber, an welchen Hähnen derzeit geschraubt wird, um unsere Steuergelder so richtig für Automobilsubventionen sprudeln zu lassen:
"EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering schloss angesichts der Krise der Autobranche eine Änderung des EU-Rechts nicht aus, um Staatshilfen zu erleichtern. Es müsse gründlich geprüft werden, inwieweit geplante Bürgschaften oder andere Hilfen mit EU-Recht vereinbar seien."
In der Krise zeigt sich, wer den Mut hat, mit Steuergeldern (relativ) verantwortungsvoll umzugehen: die Sozis nämlich:
"[Finanzminister] Steinbrück sprach sich dafür aus, staatliche Unterstützung nur in Sonderfällen zu gewähren. Im Falle von Opel müsse zudem dafür gesorgt werden, dass die Gelder nicht an dessen Mutterkonzern in den USA flössen, sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. Ein generelles Konjunkturprogramm für die Automobilindustrie lehnt er ab. Der Staat könne die private Kaufkraft nicht ersetzen und sei auch nicht für die Fehler der Industrie verantwortlich, sagte Steinbrück der "Bild"-Zeitung."
Die Schwarzen dagegen ziehen sich die Spendierhosen an (und dem Steuerzahler das Hemd aus):
"Saarlands Regierungschef Peter Müller trat dagegen für Hilfen für die gesamte Autobranche ein. "Der Staat ist nicht nur verantwortlich für die Beschäftigung bei einzelnen Automobilherstellern", sagte der CDU-Politiker. "In Betracht kann daher keine "Lex Opel' kommen." Es könne nur um Maßnahmen für die gesamte Branche einschließlich kleiner und mittelständischer Zulieferer gehen."
Und warum sollen unsere Sterntaler nur auf Autowerke herabregnen? Nein, ein weiterer Schwarzer will gleich die ganz große Berieselungsanlage einschalten:
"Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich wies auf Probleme auch bei anderen Branchen hin. Auch dies müsse die Regierung bei ihren Überlegungen für Hilfen an die Industrie berücksichtigen. "Opel ist nicht der einzige Fall, über den man sprechen muss", sagte Tillich."
Wenigstens weiß ich jetzt, wem ich bei der nächsten Hessenwahl meine Stimme nicht geben werde.

Zur Geschichte von Opel bietet das Handelsblatt vom 17.11.2008 einen längeren Artikel: "Adam Opel. Eine Marke wie eine Diva" von Christoph Neßhöver und Katharina Slodczyk.

"Entscheidung bis Weihnachten. Opel setzt Merkel unter Zugzwang" von Donata Riedel, Florian Kolf, Markus Hennes ist ein weiterer Artikel vom 17.11.08.


Spiegel Online:

"AUTO-GIPFEL IM KANZLERAMT. Merkels Opel-Show lässt Steinmeier blass aussehen" von Carsten Volkery informierte am 17.11.2008 über parteipolitische Nutzensuche aus der Krise des Autobauers.


Süddeutsche Zeitung:

"Analyse: Opel bringt Regierung in Zwickmühle" vom 17.11.08 setzt sich kritisch mit der geplanten Bürgschaft auseinander.

Sehr positiv über die derzeitige Modellsituation bei Opel berichtete die SZ am 11.11.08 in "Opel: Leiden an General Motors. Das Opel-Dilemma".


Die Zeit (Zeit Online):

"GM-Krise. Alarmstimmung in Opel-Werken" las man dort am 11.11.2008 von Marion Trimborn, dpa. Hier entnehmen wir eine interessante Information:
"Ausgerechnet um das Internationale Technische Entwicklungszentrum (ITZ) in Rüsselsheim, wo 6000 gut bezahlte Ingenieure die Plattformen für die Mittel- und Kompaktwagenklasse entwickeln, hat der Betriebsrat am meisten Angst. Ein vom US-Staat massiv gestützter GM-Konzern könnte die für Rüsselsheim wichtigen Entwicklungsaufgaben nach Detroit abziehen, heißt es. Die angedachte Fusion "der beiden Fußkranken GM und Chrysler zu einem neuen Marathonläufer" würde den
Prozess beschleunigen, sagt Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz
."
In der Tat werden die USA kaum ihre Steuerzahler zur Rettung von GM motivieren können, wenn im Ergebnis auch ein wesentlicher Teil der Arbeitsplätze in Deutschland profitiert. Aber darüber spricht niemand im Förder-Rausch der Bürgschaftsmilliarden.
[Im Spiegel Online vom erfahren wir von Michael Kröger unter dem (im Vergleich zum Artikelinhalt ziemlich großspurigen) Titel "Wie Opel zu retten ist - und wie nicht" ebenfalls, dass bzw. weshalb das Entwicklungszentrum bei Sanierungsbemühungen zum Problem werden könnte:
"Tatsächlich sind die Vermögenswerte bei weitem schwieriger auseinander zu dividieren, als dies auf den ersten Blick den Anschein hat. So wird ausgerechnet das Internationale Technische Entwicklungszentrum (ITEZ) in der Krise zum Problem. Die Einrichtung ist der ganze Stolz der Rüsselsheimer. Dort forschen rund 6000 gutbezahlte Ingenieure an der Zukunft des Konzerns und entwickeln neue Modelle. Die Plattform für viele GM-Wagen kommt aus Rüsselsheim. Das aktuell größte Prestigeprojekt des Konzerns, das Elektroauto Volt, wurde vom deutschen GM-Top-Ingenieur Frank Weber entwickelt."]

18.11.2008:
Es geht weiter mit der Debatte über die Rettung (bzw. die Rettbarkeit) von Opel (und des deutschen Staatshaushaltes):

"30-Stunden-Woche geplant. Opel beantragt 1,8 Milliarden Euro-Bürgschaft". Unter dieser Überschrift bringen uns Henning Peitsmeier und Andreas Mihm auf FAZ.net eine frohe und eine unfrohe Botschaft. Die Automobilfabrik will ihre Produktion zurückfahren (wobei aber offenbar die Arbeitsplätze erhalten werden sollen, allerdings wohl nicht ohne erhebliche Opfer seitens der Arbeitnehmer): das ist die gute Nachricht.
Die schlechte ist, dass (wie ich oben schon vermutet hatte), es bei dem einen läppischen Milliärdchen nicht bleibt: flugs sind fast zwei schon draus geworden, und ob diese Zahl schon den ganzen Eisberg zeigt, wage ich zu bezweifeln.

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"AUTO-KRISE. Wirtschaftsweiser Bofinger fordert Verstaatlichung von Opel" berichtet SpiegelOnline vom 18.11.08: Man sieht, meine Meinung ist keineswegs abwegig und nicht einmal exotisch; hier vertritt schon ein veritabler Wirtschaftswissenschaftler die gleiche Auffassung! Er begründet seine Forderung mit dem Abschreckungseffekt (meine Hervorhebung):
"Bofinger begründete seine Forderung unter anderem damit, dass der Staat gegenüber anderen Herstellern nicht so stark in Zugzwang gerate. 'Bei einer temporären Übernahme in Staatseigentum sehe ich weniger die Gefahr, dass andere Konzerne folgen. Die meisten deutschen Autobauer und Zulieferer werden kaum ein Interesse daran haben, vorübergehend in Staatseigentum überzugehen', sagte er."

Der Opel-Betriebsratschef möchte die Firma lieber nicht in Staatsbesitz sehen. In einem Handelsblatt-Interview vom 18.11.08 mit Carsten Herz äußert sich Klaus Franz wie folgt (meine Hervorhebungen): "Von einem VEB Opel halte ich wenig". In diesem Zusammenhang äußert er sich wie folgt:
Frage: "Viele Arbeitnehmer plädieren für eine Herauslösung von Opel aus dem Konzern. Ist das ein gangbarer Weg?"
Franz: "Für diesen Gedanken habe ich viel Sympathie. Aber: Wir sind im Jahre 2008 in einer globalisierten Welt – und GM würde uns überhaupt nicht rauslassen. Warum? Weil wir die zweitgrößte Marke im GM-Verbund sind und die Entwicklungsverantwortung in Europa für die Modelle haben, die in Zukunft in den USA gefragt werden."
Frage: "Wäre denn Opel allein überhaupt lebensfähig?"
Franz: "Ganz alleine ist schwierig, weil sie das Volumen von Opel allein zu gering ist, um die Deckungsbeiträge zu erzielen, um die enormen Entwicklungskosten umzulegen. Stellen Sie sich vor, ein Gramm Co2 zu verringern, kostet im Schnitt 30 Millionen Euro. Das heißt, wir müssten Allianzen und Partnerschaften angehen."
Hoch anrechnen muss ich dem Mann seine Ehrlichkeit, was die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme der staatlichen Bürgschaft betrifft:
Frage: "GM-Europachef Carl-Peter Forster nannte es unwahrscheinlich, dass der Bürgschaftsfall eintritt. Sehen dies angesichts des Schieflage des Mutterkonzerns ebenso optimistisch?"
Franz (meine Hervorhebung): "Ich bin äußerst skeptisch. Die Situation in den USA ist momentan sehr schwierig."

An einer Fernseh-Gesprächsrunde mit Anne Will hat u. a. auch Bundes-Wirtschaftsminister Michael Glos teilgenommen, dessen Position (im Prinzip gegen gezielte Hilfen für Opel, aber eigentlich doch nicht so ganz dagegen) in dem Spiegel-Online-Artikel "Deutschland in der Opel-Falle" vom 17.11.08 referiert wird.

In welcher Zwickmühle die Politik bei der Entscheidung für oder (wohl nur theoretisch: gegen) die Bürgschaftsgewährung steckt, schildern Donata Riedel, Florian Kolf und Markus Hennes in dem Handelsblatt-Bericht "Entscheidung bis Weihnachten. Opel setzt Merkel unter Zugzwang" vom 18.11.2008.

Die Verstaatlichungs-Debatte, bzw. die Frage, ob der Staat nur dazu da ist sich von den Kapitalbesitzern ausnehmen zu lassen, gewinnt rapide an Stoßkraft. Darüber lesen wir im Spiegel Online vom 18.11.08: "AKTION SCHUTZSCHIRM. Opel wehrt sich gegen Verstaatlichungs-Forderungen" (meine Hervorhebungen):
"Management und Betriebsrat wollen zwar Staatshilfe - aber möglichst keine weitere Einmischung." Die Gewerkschaften sehen das ganz anders:
"Auch der DGB plädiert für eine Staatsbeteiligung an Opel für den Fall, dass staatliche Hilfen notwendig werden. "Wenn Steuergeld fließt, muss es auch eine Gegenleistung geben", sagte der für Wirtschaftsfragen zuständige Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Claus Matecki."
Opel-Deutschland-Chef Hans Demant vertritt die Interessen des Konzerns:
"Eine Abspaltung vom angeschlagenen Mutterkonzern General Motors lehnt Demant hingegen strikt ab. Auf sich allein gestellt habe Opel keine Zukunftsperspektive, sagte er im Bayerischen Rundfunk. "Als Teil eines großen Konzerns zu agieren, hat eine Menge Vorteile, sowohl für Opel als auch für unsere Mitarbeiter", sagte Demant. Der Verkauf von jährlich rund 1,6 Millionen Opel-Modellen in Europa reiche zum Überleben nicht aus."
Dann müssen die Opel-Betriebe - ggf. nach vorübergehender Übernahme durch den Staat, eben downgesized und die lebenskräftigen Bestandteile bei einer anderen Automobilfirma angedockt werden.

Eine Verstaatlichung könnte freilich die Belastungen für den Steuerzahler sogar vergrößern. Vater Staat kann sich weniger leicht als eine private Firma seiner / ihrer Mitarbeiter entledigen. Es könnte deshalb passieren, dass wir Steuerzahler die Beschäftigten (bzw. die überzähligen davon) durchschleppen müssten, obwohl die Autoverkäufe das eigentlich nicht hergeben.

"Opel-Aufsichtsrat Schild sieht [Möglichkeit einer] Trennung von Konzernmutter GM" berichten Roman Kessler und Katharina Becker, Dow Jones Newswires. bei FAZ.net am 18.11.08:
"Schild sagte, bei der Produktion, im Vertrieb und der Logistik gebe es für den deutschen Konzern Spielraum, um auf eigenen Füßen zu stehen. Schwieriger sei es dagegen, etwa das weltweit vernetzte Entwicklungszentrum am Stammsitz in Rüsselsheim aus dem Konzerngeflecht herauszulösen." (Zu Schild s. a. nachfolgende Meldung.)

"GM in Not. Viele Stimmen für Opels Unabhängigkeit" titeln Henning Peitsmeier und Hendrik Wieduwilt auf FAZ.Net am 17.11.08:
"... werden Rufe nach einer Herauslösung von Opel aus dem GM-Verbund immer lauter. „Wir müssen uns für eine Zukunft ohne GM rüsten“, hieß es in Rüsselsheim. Unterstützung für eine Herauslösung aus dem GM-Konzern erfuhren sie von den hessischen Landtagsfraktionen von FDP und Grünen. Die IG Metall sprach sich ebenfalls für schnelle Hilfe unter dieser Bedingung aus: „Opel hängt an einer kranken Mutter. Es wird Zeit, dass das Unternehmen abgenabelt wird“, sagte der IG-Metall-Bezirksleiter Armin Schild."
Tatsächlich hat anscheinend der Verbund mit GM nicht nur negative Auswirkungen (meine Hervorhebungen):
"... auch wenn in diesen Tagen der Verdacht aufkommt, GM ziehe Geld von Opel ab, sind die positiven Effekte des Konzernverbunds in Rüsselsheim und anderen Opel-Standorten sichtbar. Das neue Entwicklungszentrum am Stammsitz beispielsweise ist global aufgestellt, 7000 Ingenieure [nach anderen Meldungen - s. o. - waren es aber nur 6.000?] arbeiten dort nicht nur für Opel, sondern auch für die GM-Konzernmarken Saab oder Chevrolet. Die Entwickler in Hessen sind für die globale Architektur aller Kompakt- und Mittelklassemodelle von GM zuständig. „GM hat Arbeit nach Deutschland gebracht“, sagt ein Sprecher."
Auch die juristischen Möglichkeiten einer Herauslösung werden beleuchtet:
"Juristisch gibt es ohnehin kaum Möglichkeiten für die Opel GmbH, sich vom amerikanischen Mutterkonzern zu trennen. Über die Anteile kann nur der Gesellschafter verfügen."
Das ist schon wahr, aber im Insolvenzfalle kann ein(e) Insolvenzverwalter(in) (zwar nicht über die Gesellschaftsanteile, aber sehr wohl:) über das gesamte Betriebsvermögen verfügen. Deswegen dürfte eine Insolvenz, mit anschließender Übernahme durch den Staat, die eleganteste Lösung sein. Allerdings hätten wir dann wohl ein gigantisch überdimensioniertes Entwicklungszentrum am Bein.


Zeit Online:

Alexandra Endres konstatiert (am 17.11.08) knallhart: "Autokrise. Der Staat kann Opel nicht retten." Hier erfahren wir so einiges, was uns die anderen Medien verschweigen (meine Hervorhebungen):
"Die Steuermilliarden aber würden eine Branche päppeln, die in ihrer bisherigen Größe gar nicht mehr gebraucht wird. Europas Autobauer leiden unter hohen Überkapazitäten. Sie stellen fast 25 Prozent mehr Fahrzeuge her, als sie verkaufen können. Diese Ressourcenverschwendung mit staatlicher Hilfe zu zementieren, ist ökonomisch wie ökologisch unsinnig. ......
"Nötig wäre ein europäisches Konzept, das den Abbau der überschüssigen Kapazitäten regelt", sagt Willi Diez, Professor für Automobilwirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. In der Praxis sei so etwas aber kaum vorstellbar. "Das brächte uns ganz nah an die Zentralverwaltungswirtschaft."
... Skeptiker ... befürchten, dass der Staat ... gar nicht die Möglichkeit hat, Opel wirklich zu helfen. ... "Der Opel-Betriebsrat tut jetzt so, als sei im Unternehmen alles in Ordnung", sagt Wolfgang Meinig, Professor für Automobilwirtschaft an der Universität Bamberg. "Das stimmt aber nicht."
Seine Mängelliste führt weit über die akuten, aus der Schieflage von GM resultierenden Finanzierungsprobleme hinaus: Eine falsche Modellpolitik habe den Opel-Marktanteil in Deutschland in den vergangenen fünfzehn Jahren von 17 auf 7 Prozent fallen lassen. Opel habe ein Innovationsdefizit, unzufriedene Zulieferer, ein schlechtes Image und keine treuen Kunden.
"


Ein Name ist derzeit bei der Berichterstattung über die Opel-Krise in aller Medien Munde:
Professor FERDINAND DUDENHÖFFER.
Der äußert sich (wie ich bereits oben bemerkt hatte) sphinxhaft mal so mal so. Einerseits fordert er Rettungsmaßnahmen der Regierung, andererseits bezweifelt er die Überlebenschancen der Firma Opel.
"Opel war jahrelang auf Hilfen angewiesen und steht derzeit fast ohne Liquidität da", erklärt Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer. Die Rettung von Opel berge ein enormes Risiko und sei ohne einen finanzstarken Investor nicht zu machen. Ein solcher Investor habe derzeit aber eine große Auswahl, weil die meisten Autohersteller bemerkenswert geringe Börsenbewertungen aufwiesen. "Wieso sollte sich ein Interessent deshalb ausgerechnet für Opel entscheiden?" wird Dudenhöffer hier zitiert.
Dort freilich verlangt er Staatsknete:
"Auch der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer warnte vor einem Job-Kahlschlag: Wenn der Staat Opel nicht helfe, drohten der Branche drastische Stellenstreichungen, sagte der Autoexperte dem Bayerischen Rundfunk. Man könne in so einer Situation, "die in Deutschland mindestens 100.000 Arbeitsplätze betrifft", nicht einfach sagen: "Da hat der Staat nichts mit zu tun." Und:
"Eine mögliche Opel-Pleite würde auch die Zulieferer mit nach unten reißen. Dudenhöffer warnte, mittelständische Unternehmen, die stark mit General Motors zusammenarbeiten, könnten kaputtgehen. "Diese Arbeitsplätze wären unwiederbringlich verloren, die könnten wir als Asche auf der Straße zusammenkehren." Dogmatische Antworten würden jetzt nicht weiterhelfen, sagte der Autoexperte. "Es steht sehr, sehr viel auf dem Spiel."
Carsten Herz vom Handelsblatt hat Dudenhoeffer so verstanden:
"Experten wie der Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer zweifeln, ob sich Opel retten lässt. Verstehen Sie diese Skepsis?" fragt er den Opel-Betriebsratsvorsitzenden Franz.
Der ärgert sich: "Das verstehe ich überhaupt nicht. Ich habe nur Zweifel, ob Herr Dudenhöffer ein Finanzexperte ist. Nach meiner Meinung ist er ein Krisenpopulist, der sein Fähnchen nach dem Wind hängt."
Also, den Eindruck habe ich allerdings auch: dass Dudenhoeffer vorsorglich die Fahnen beider Parteien aushängt: der Helfer und der Skeptiker. So kann er später, der mythischen Pythia gleich, immer sagen, er habe Recht behalten.
(Allerdings hat er pfiffige Ideen für Anreize zur Produktion umweltfreundlicherer Automobile: vgl. seine Zeit-Aufsätze "Ökologie leicht gemacht" vom 22.02.07 und "So wird das Auto grün" vom 13.09.08.)
Erg. 12.12.08: "Krise in der Autobranche. Opel will gegen Dudenhöffer vorgehen" berichtet das Handelsblatt heute: "Der Professor aus dem Ruhrgebiet hatte eine Insolvenz der Opel-Mutter General Motors (GM) "vor oder kurz nach Weihnachten" vorhergesagt, wenn sie in den USA keine staatlichen Hilfen erhalte. Die Adam Opel GmbH werde dann "spätestens ein halbes Jahr später" folgen."
Vgl. dazu auch den ZEIT-Artikel "Gescheitertes US-Rettungspaket. Opel vor ungewisser Zukunft", ebenfalls von heute.
Verhältnismäßig ausführlich berichtet auch Bild: "Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer
Aus für Opel bei General-Motors-Pleite? Konkurse von Auto-Riesen in Europa Mitte 2009
"
. Und in einem Artikel "Opel am schlimmsten betroffen. Deutscher Automarkt um fast 18 Prozent eingebrochen" erfahren wir: "Die Zahl der Pkw-Neuzulassungen ging Vergleich zum Vorjahresmonat um 17,7 Prozent ..... zurück." Schlimm; doch schlimmer noch sieht es bei Opel aus: "Von den großen Herstellern am schlimmsten betroffen ist die ohnehin angeschlagene Marke Opel, die im November ein Minus von rund 36 Prozent wegstecken musste."

In einem Interview im Hamburger Abendblatt vom 18.11.2008 mit Christina Jäger nimmt Dudenhöffer insbesondere zur Situation bei Opel Stellung: "Auto-Experte: Politik fehlt Beobachtungssystem.'"Die nächsten drei Jahre werden angespannt' ":
Frage: "Herr Professor Dudenhöffer, welchen Sinn hat das Eingreifen der Politik in einem Fall wie Opel?"
Antwort: "Diese Fälle dürfen wir nicht dogmatisch beantworten, sondern müssen uns anschauen, welche Konsequenzen es hätte, wenn man nicht eingreift. Die können erheblich sein, weil wertvolle Unternehmen wie Zulieferer in Mitleidenschaft gezogen werden würden."
Frage: "Welche Schuld trägt der Mutterkonzern GM?"
Antwort: "Das ist schwer auseinanderzudividieren. General Motors hat seit 2000 in Europa nur Verluste produziert. General Motors hat Opel in der Vergangenheit bei den Sanierungsprogrammen stark gestützt. Selbstverständlich ist man von General Motors abhängig, selbstverständlich sind in der Vergangenheit in Detroit Konzernentscheidungen getroffen worden, die nicht das Optimale für Opel waren. Aber Opel ist auch nicht das Vorzeigeunternehmen, als das es manchmal bezeichnet wird."
Frage: "Wurden Fehler bei der Modellpolitik gemacht?"
Antowrt: "Ja, sicher, Fehler auch bei uns. Man kann es vergleichen mit Ford. Ford in Europa ist ertragsfähig, mit Gewinnen. General Motors Europe dagegen tut sich sehr schwer, hat nur Verluste geschrieben."
Frage: "Nützen Staatsgarantien den deutschen Opel-Arbeitern oder doch eher General Motors?"
Antwort: "Eine Hilfe oder Kreditzusage nützt automatisch auch dem GM-Konzern, da sitzen beide in einem Boot. Man kann juristisch Verträge machen, aber die sind eigentlich nicht haltbar, denn sobald das Boot sinkt, sind beide weg."


Nachtrag 20.11.2008:
Eine visuelle Vorstellung von der Misere der Automobilfirmen (hier spezifisch den Export in die USA betreffend - Mercedes, Toyota usw. -) vermittelt dieser Artikel bzw. diese zugehörige Bilderserie.


Nachträge 27.11.08:

Für die Lage und die Möglichkeiten der US-Automobilbauer ist der Artikel "Panic in Detroit. This is not your father's Oldsmobile we're rescuing" von Jonathan Cohn im Magazin "The New Republic" (14.11.08) von Interesse. Cohn setzt sich für eine staatliche Förderung von GM, Ford und Chrysler ein, weil nach seiner (im Aufsatz näher und durchaus einleuchtend begründeten) Meinung ein Insolvenzverfahren nach "Chapter 11" des US-amerikanischen Konkursrechts keine Möglichkeit einer Sanierung bietet.

Den Hinweis auf diesen Artikel verdanke ich dem Blog von Paul Krugman. Am 03.05.2008 las man es (gewissermaßen) dort noch anders: "Oil conservation: getting over the hump" referiert einen Bericht, wonach in einer indischen Region seinerzeit die Preise für Kamele steil angestiegen waren, weil die wegen der stark gestiegenen Rohölpreis offenbar wieder ein relativ günstigeres Transportmittel waren. Der Eintrag war sicherlich scherzhaft gemeint; der reale Hintergrund für diese Meldung ist freilich weniger lustig. Übrigens sind auch die Kommentare durchgängig niveauvoll, humorvoll und informativ: ein "must read"!

Über den Automobilmarkt in den USA, vorwiegend allerdings den für Importfahrzeuge (und dort wiederum mit Schwerpunkt auf den deutschen Marken) berichtet Rüdiger Scheidges im Handelsblatt-Artikel "US-Automarkt. Auto-Friedhof für Jungverstorbene" vom 27.11.2008: finster sieht es aus, sehr finster!

"Mit Premium-Preisen in die Autokrise" beschreibt Florian Brückner im HB vom 21.11.08 die Lage der Automobil-Industrie in Deutschland: die Fahrzeugpreise sind gestiegen, die Löhne nicht. Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld? Kein Wunder, dass man nicht mehr bestellt!


Nachtrag 08.12.2008:
Unter der Überschrift "Finanzkrise und Automobilkrise" ging Lars Biewald in seinem Blog "Finanzportale im Vergleich" der Frage nach, ob die "Die Finanzkrise als Ursache der Automobilkrise" ist. Einen derartigen Ursachenzusammenhang verneint er:
"... gibt es ... Aspekte, die dagegen sprechen, die Finanzkrise als Hauptursache der Automobilkrise anzusehen. Zu diesen Aspekten gehört auf jeden Fall die Tatsache, dass die Absatzzahlen der Automobilbranche schon seit Anfang des Jahres deutlich eingebrochen sind, als von einer Finanzkrise noch gar nicht die Rede sein konnte. Von daher können die jetzigen Auswirkungen durch die Finanzkrise vorher noch gar nicht negativ auf die Verkaufszahlen der Automobilbranche gewirkt haben.
Natürlich trägt die Finanzkrise insofern zu den jetzigen Problemen der Automobilbranche bei, dass Banken nicht mehr so “einfach” Darlehen vergeben, ... . Somit können auch die Automobilkonzerne natürlich schneller in Liquiditätsschwierigkeiten geraten, als es noch vor der Finanzkrise der Fall gewesen ist."
(Und, zumindest in den USA, haben es auch potentielle Käufer schwerer, an Kredite zu kommen. Auch bei uns könnte ich mir vorstellen, dass das, in etwas indirekterer Form, insoweit ein Problem ist, als die herstellereigenen Finanzierungsbanken vermutlich keine Einlagenbanken sind, sondern auf Kredite der anderen Banken angewiesen. Der Interbankenmarkt funktioniert aber derzeit nicht.)


Nachtrag 12.12.2008:
Einen recht informativen allgemeinen Artikel zur Automobilindustrie bzw. zum Automarkt schrieb Olaf Preuß im Hamburger Abendblatt vom 18.11.2008: "Zäsur: Generationen von Deutschen waren bekannt dafür, dass sie ihr Auto hätschelten wie ein Kind - Die Zeiten sind vorbei. Eine alte Liebe rostet doch."


Nachtrag 01.02.2009:
Allgemein skeptisch bezüglich staatlicher Rettungsmaßnahmen für Großbetriebe (Banken wegen ihrer Sonderrolle ausgenommen) ist der Handelsblatt-Autor Olaf Storbeck: "Wirtschaftskrise: Retten als Risiko" heißt es am 20.01.2009.


Nachtrag 07.02.09:
Man muss diese Meinung des Financial Times Deutschland Kolumnisten Wolfang Münchau über die Bedeutung von Technik (Ingenieuren) nicht teilen:
"Die Politik sollte aufhören, auf die jammernde Industrie zu hören, die sich vor Kurzem noch über den Ingenieurmangel beschwerte und die in den nächsten Monaten junge Ingenieure massenweise in die Arbeitslosigkeit entlassen wird. Es ist Zeit, unseren Ingenieurkult und den deutschen Sonderweg zu beenden. Im 21. Jahrhundert sollten wir von einer Exportwirtschaft zu einer normalen Volkswirtschaft übergehen - mit einer breiten Palette von Industrien und Dienstleistungen."
Der Dienstleistungsfetischismus der Wirtschaftswissenschaften ist fragwürdig, und bei Münchau um so mehr, als er an anderer Stelle etwa den US-amerikanischen Finanzsektor (richtig) für aufgebläht hält und dessen Verkleinerung fordert.
Was bleibt denn da noch? Versicherungssektor ausweiten? Mehr Credit Default Swaps verkaufen wie die American International Group (AIG)? Oder sollen Deutschlands Arbeitslose als Grasswurzel-Gewerbetreibende den Konsumenten bei Aldi die Einkaufstüten vollpacken?
Indes halte ich für zutreffend, was er unter der Überschrift "Deutschlands wichtigste Industriezweige haben ihren Zenit bei weitem überschritten" über die Automobilindustrie (allgemein und speziell in Deutschland) sagt (meine Hervorhebungen):
"Ein Ziel der strategischen Änderungen sollte es sein, die Abhängigkeit von der Automobilindustrie zu verringern. Früher war dies unser Vorzeigesektor. Doch mit den Autos gibt es eine Reihe fundamentaler Probleme. Zum einen halten die seit den 90er-Jahren gebauten Autos mittlerweile zehn Jahre oder noch länger - selbst die aus den USA. Es ist für viele Menschen überhaupt kein Problem, einen alten Wagen noch ein paar weitere Jahre zu fahren. Das heißt aber auch: Kommt eine Rezession, erlebt der Autobau einen massiven Einbruch, weil die Nachfrage plötzlich einbricht."
Die folgenden Sätze hätte ich gerne jenem Politiker (oder jener Politikerin - ich weiß es nicht mehr) hinter die Ohren geschrieben, der/die neulich behauptete, die Automobilindustrie sei eine innovative Branche und deshalb förderungswürdig:
"Es gibt noch weitere strukturelle Probleme. Vor wenigen Monaten unterhielt ich mich mit einem Vorstandsmitglied eines großen deutschen Automobilbauers. Er sagte mir, die Zeit der bahnbrechenden Innovationen im Automobilsektor sei vorbei. Sicherheitsgurte und Airbag waren die wichtigsten Erfindungen, die die Anzahl der Verkehrsopfer drastisch reduzierten. Natürlich wird immer noch gebastelt, es werden Außenairbags oder Netzhaut-Scanner entwickelt, aber die Branche ist längst auf einem Pfad fallenden Grenznutzens.
Das Hybridauto ist ebenfalls erfunden, und wir werden sicherlich auch in der Zukunft neue Methoden entwickeln, den Ausstoß von Abgasen zu senken. Es ist aber kaum etwas denkbar, das sich mit der Einführung von Katalysator oder Rußpartikelfilter vergleichen ließe. Natürlich ist der Technologiezyklus in dieser Industrie noch längst nicht beendet, aber er hat seinen Höhepunkt mittlerweile deutlich überschritten. Ich schätze, wir sind bei den Autos jetzt da, wo die Kohle in den 50er- oder 60er-Jahren angelangt war. Es ist immer noch eine große und wichtige Industrie, aber bald nicht mehr die Schlüsselindustrie. Längst Medium-Tech, nicht mehr Hightech.
"
Was folgt aus diesen Erkenntnissen Münchaus für die ökonomische Relevanz einer Opel-Bürgschaft? Genau das, was mein Blog-Titel fordert!

Richtig ist auch, was Münchau unter der Zwischenüberschrift "Exportweltmeister ist kein Ehrentitel" ausführt:
"Die von volkswirtschaftlichem Denken weniger geprägten deutschen Tageszeitungen feiern jedes Jahr den Umstand, dass Deutschland erneut Exportweltmeister geworden ist, so als sei die globale Wirtschaft eine Bundesliga mit Deutschland in der Rolle von Bayern München. Ziel der Wirtschaftspolitik aber ist natürlich nicht die Führung in einer fiktiven Tabelle, sondern nachhaltiges Wachstum, Vollbeschäftigung und Preisstabilität."
Aber unter dem Aspekt der Ressourcenverknappung wird sich die gesamte Problematik ohnehin anders darstellen, als Münchau und die allermeisten Journalisten, Wirtschaftswissenschaftler und das breite Publikum sich das gegenwärtig ausklügeln.


Nachtrag 10.02.2009:
Michael Jäger kritisierte in der Wochenschrift "Freitag" vom 28.11.2008: "Ausfahrt verpasst. Opel zeigt: Die Chance zum ökologischen Umbau wird nicht genutzt". Da hat er Recht: die Staatshilfen - sowohl für die Finanzbranche als auch für die Realwirtschaft - laufen mehr oder weniger auf ein "Weiter so" hinaus.
Aber sein Krisenrezept, wie der Staat, die zu erwartenden Hilfeschreie der realwirtschaftlichen Unternehmen beantworten sollte:
"Der Staat könnte ihn überall mit Aktienübernahme beantworten, dann eine Behörde einrichten, die den Aktienbesitz bündelt, und auf seiner Basis eine gesellschaftsübergreifende Produktpolitik beginnen. So ungefähr steuern die Chinesen ihre Wirtschaft. Wenn wir es auch täten, bräuchten wir dafür keine Einparteidiktatur.
Im Gegenteil, wir würden mehr (Wirtschafts-) Demokratie wagen. Und könnten außerdem noch die Arbeitslosigkeit drastisch senken
"
kann ich nur als hoffnungslos naiv beeichnen. Weder wird das eine Wirtschaftsdemokratie (und wenn es eine wird, dann eine, wo sich die Arbeitnehmer überflüssiger Industrien ganz demokratisch die Staatsknete holen), noch würden wir eine "gesellschaftsübergreifende Produktpolitik" sehen. Wer sollte den dafür agitieren? Die Arbeitnehmer wohl kaum. Und dass nicht einmal die Grünen (ohnehin eine Minderheit, und noch weitaus minderheitlicher, wenn man nicht die Wählerstimmen zählt, sondern die echten Anhänger eines harten ökologischen Kurses) das ökologische Ei des Kolumbus gefunden haben, weiß Jäger sehr wohl:
"Zweitens stellt sich die Frage, wie dieser Umbau denn aussehen könnte. Heute wird das Elektroauto vorgeschlagen: Das ist eine sehr isolierte Antwort auf das ökologische Problem. [Das ist nicht eine "isolierte Antwort", sondern eine vollidiotische Vorstellung von Leuten, die gegen alle möglichen Arten der Stromerzeugung opponieren!] Die Grünen selbst weisen darauf hin, dass die US-amerikanische Finanzkrise auch wegen einer bestimmten und zwar antiökologischen Siedlungsstruktur ausgebrochen ist ..... . Aber den Zusammenhang zwischen Siedlungsstruktur und Autopolitik, den sie um 1990 herum als erste diskutiert haben, bringen sie noch nicht wieder in die Debatte. [Nicht zu vergessen, dass die Grünen geholfen haben, eine großzügige Pendlerpauschale für alle einzuführen! Und dass die Grünen Änderungen z. B. des Bau- und Nachbarschaftsrechts gefordert hätten, um eine Verdichtung zu ermöglichen, ist mir auch noch nicht zu Ohren gekommen.] Ökologischer Umbau würde nämlich auch bedeuten, dass man zwischen Wohn- und Arbeitsplatz entweder die Distanz klein hält, um lange Autofahrten unnötig zu machen, oder da, wo das nicht möglich ist, den öffentlichen Verkehr ausbaut."


Nachtrag 13.02.09:
Über den aktuellen Sachstand der der Opel-Rettung berichten Carsten Herz, Klaus Stratmann und Daniel Delhaes u. d. T. "Verhandlungen mit GM geplant. Berlin macht Opel zur Chefsache" im Handelsblatt von heute.


Nachtrag 16.2.09:
In einem langen Artikel "Mutterkonzern in der Krise. Opel-Mitarbeiter machen Front gegen GM-Pläne" berichtet das Handelsblatt heute über die neue Entwicklung in Sachen Opel. Wenn ich die dort referierten Überlegungen, insbesondere der betroffenen Landesregierungen, richtig deute, läuft es wohl wirklich auf eine Staatsbeteiligung hinaus. Da lob ich mir doch (ausnahmsweise) mal die realistische Position der FDP (meine Hervorhebung):
"Die NRW-FDP will unter keinen Umständen eine Landesbeteiligung der schwarz-gelben Regierung bei Opel mittragen: "Wir wollen nicht, dass die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft vollends zertrampelt werden", sagte der nordrhein-westfälische FDP-Landtagsfraktionschef Gerhard Papke dem Handelsblatt. Eine Staatsbeteiligung bei Opel wäre ein Himmelfahrtskommando für die Steuerzahler, die am Ende die Zeche zahlen müssten, sagte Papke. Dies mache die FDP nicht mit." Wirklich mutig, angesichts des Drucks, den die Opel-Arbeitnehmer aufbauen. Aber der Mann hat völlig Recht - wie ich ja bereits in meiner Überschrift zum Ausdruck gebracht habe.
Allerdings muss dann auch für die Bürgschaften gelten. Nur bürgen, ohne Gegenleistung - das wäre inakzeptabel.
Auch der obligate Dudenhöffer erscheint im Handelsblatt-Bericht. Hat er seine Meinung bezüglich der Überlebensfähigkeit von Opel geändert? Jetzt jedenfalls meint er:
"Der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer sagte der Deutschen Presse- Agentur dpa, er empfehle den Börsengang von Opel Europe als selbstständigen Konzern ohne Saab und Chevrolet. Das würde GM dringend benötigte Liquidität bringen. GM könne einen Anteil von 30 bis 40 Prozent behalten. Der deutsche Staat könne sich als Gegenleistung für die diskutierten Bürgschaften von bis zu 1,8 Mrd. Euro Vorkaufsrechte an der neuen Gesellschaft sichern und gegebenenfalls einsteigen, sagte Dudenhöffer."
Speziell über die Haltung der Landesregierungen von Hessen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen berichtet parallel der Handelsblatt-Artikel: "Autokrise. Bundesländer prüfen Einstieg bei Opel".
In den USA geht es darum, überhaupt eine nationale Automobilindustrie für das Land zu erhalten. Das mit Staatshilfe zu tun, ist nach der reinen marktwirtschaftlichen Lehre Teufelszeug, aber verständlich. Bei uns läuft eine Opel-Rettung allerdings darauf hinaus, Überkapazitäten zu erhalten: jedem Ländle sein Fabrikle. Das ist nur politisch verständlich, für den Steuerzahler aber tödlich. So bekommen wir bremische Verhältnisse (Bremer Vulkan-Werft usw.!), die Bremen seinerzeit schlecht bekommen sind.

So sieht das auch Christoph Hardt in seinem Handelsblatt-Kommentar, gleichfalls vom 16.02.09: "Opel. Volkswagen zweiter Klasse" (meine Hervorhebungen):
"... der Fall Opel wird "dramatische Konsequenzen" haben. Einmalig ist der Appell, den der Chef des Opel-Betriebsrats. Klaus Franz, am Montag an Investoren wie Belegschaft verschickt hat. ...Der Vorstoß aus Rüsselsheim ... ist auch ein fast schon verzweifelt klingender Appell an die Regierungen Europas, dem bedrängten Traditionshersteller in seinen wohl schwierigsten Stunden zu Hilfe zu eilen. Man kann Berlin und den Rest des Landes dennoch nur davor warenen, diesem Drängen Folge zu leisten.
Opel, das sind 26.000 Jobs in Europa ... . Und dennoch, die politisch Verantwortlichen müssen sich in den nächsten Stunden ganz genau überlegen, ob sie auf die Forderungen der Opelaner nach einer Abspaltung inklusive einer Staatsbeteiligung eingehen. Denn dies käme einem Dammbruch gleich.
... Staatshilfen für Banken sind nur deshalb gerechtfertigt, weil sie den Kollaps des gesamten Wirtschaftskreislaufs verhindern. Staatshilfen für Industrieunternehmen aber sind und bleiben ein Gift, dessen verheerende Wirkungen bald schon nicht nur hierzulande, sondern auf unserem ... Planeten zu spüren sein wird. ... Es wird in den kommenden, für die deutsche Industrie gewiss bedrohlichen Monaten schwierig sein, diese Linie zu bewahren. Dennoch: eine Staatsbeteiligung für in Schwierigkeiten geratene Großunternehmen darf es nicht geben. Sonst wäre der Fall Opel nur der Auftakt für eine Flut von Staatsinterventionen ... Eine marktwirtschaftlich organisierte Ordnung kann nur funktionieren, wenn sie das Scheitern zulässt. Es gibt genügend Beispiele dafür, dass eine Insolvenz die überlebensfähigen Teile von Unternehmen langfristig sichert, anstatt sie zu zerstören. Hingegen gibt es genügend abschrecckende Beispiele dafür, wie Staatshilfen den Zusammenbruch gestrauchelten Unternehmungen zu Lasten der Haushalte allenfalls aufgehalten haben."
Was für eine Staatsbeteiligung gelten soll, muss dann allerdings auch für Bürgschaften des Staates gelten; insoweit sind die Ausführungen von Hardt (wie übrigens auch die Stellungnahme der Freien Demokraten) etwas weniger hart, als sie zunächst erscheinen. Will man lediglich eine Beteiligung ausschließen, Bürgschaften aber zulassen?
Wenn schon Staatshilfe, dann muss der Staat auch potentiell einen Nutzen davon haben, nicht nur die Eigentümer! Allerdings kann man das fiskalische Interesse des Staates bei einer Bürgschaftsübernahme vielleicht auch auf andere Weise wahren, als durch Anteilsübernahme. So oder so wird aber keine werthaltige Masse vorhanden sein, wenn die Firma nicht lebensfähig ist. Und das befürchte ich im Hinblick auf die vorhandenen Überkapazitäten - und auf die Ölpreise, die wegen der sich immer deutlicher abzeichnenden Rohölverknappung mit Sicherheit wieder scharf anziehen werden, wenn es wirklich konjunkturell bergauf geht.


Nachträge 17.02.09

Es geht weiter: Opel, Opel, zwar nicht "über alles", dafür aber: überall (jedenfalls in den Medien)!

"Automobilkrise. Stunde der Wahrheit für Opel" meint Philip Faigle in der Zeit Online vom 17.02.09. Hinsichtlich der Rettungsaussichten ist er eher kritisch (meine Hervorhebungen):
"Opel schleppt Probleme mit sich, die auch bei einem Einstieg des Staates und einer Trennung von der Konzernmutter nicht aus der Welt wären:
Opel produziert vor allem für den westeuropäischen Markt, der langfristig kaum Wachstumschancen bietet. ...
Das Unternehmen leidet weiter unter einer enormen Absatzkrise. Zwar bewirkte der Kurzfrist-Boom, ausgelöst durch die Abwrackprämie der Bundesregierung, dass Opel die Kurzarbeit im Werk Eisenach zurücknehmen konnte. Die Zahl der Anmeldungen von Opel-Fahrzeugen in Europa ging im Vergleich zum Vorjahr dennoch um rund 34 Prozent zurück. Insgesamt brach der Auto-Absatz in Europa im vergangenen Monat erneut um rund 26 Prozent ein.
Opel ist trotz der Belastungen aus Detroit auf die Entwicklungen der Konzernmutter angewiesen. Künftige Modelle wie das Elektroauto Flextreme, die den Konzern zukunftsfähig machen sollen, werden federführend in den USA entwickelt.
" Interessant: die Leier von 'Steinzeit-Automobilbau in den USA, Hightech-Autos aus Deutschland', welche unsere Medien uns immer wieder einhämmern, ist offenbar mehr eine Mär!
Auch hier darf natürlich die Stimme des Auto-Papstes Ferdinand Dudenhöffer nicht fehlen:" 'Monatelang hat man nun Zeit gehabt, einen eigenständigen Rettungsplan zu entwerfen', sagt er. 'Nun ist das Risiko groß, dass ein solcher Schritt zu spät kommt'. Die Politik in Deutschland habe wochenlang die Chance versäumt, die Sanierung von Opel mitzugestalten. Am Ende könnten deshalb nur noch zwei Optionen bleiben, meint Dudenhöfer. Entweder gelingt GM die Sanierung. Oder aber der Konzern rutscht in die Insolvenz und wird zerschlagen." Irgendwie werde ich den Eindruck nicht los, dass der Dudenhöffer ständig eine andere Story erzählt.


Nachtrag 18.2.09
Heute sprach Tino Andresen vom Handelsblatt mit Ferdinand Dudenhöffer: "Sanierungsplan von General Motors. 'Für Opel bleibt nur eine Möglichkeit' , nämlich [sehr, sehr viel - das sagt er allerdings nicht] Staatsknete (meine Hervorhebung):
"Wie kann es für Opel weitergehen?
'Ich glaube Wagoner, dass er sich auf die USA konzentriert und deshalb bereit ist, sich von Opel zu lösen, aber keinen Käufer findet. Für Opel ist Weitermachen wie bisher die schlechteste aller Alternativen. Ein Börsengang ist derzeit unmöglich. Also bleibt die Möglichkeit, Opel bei GM herauszulösen und eigenständig zu organisieren, zum Beispiel durch Gründung einer SE. Daran könnte General Motors mit 30 bis 40 Prozent beteiligt bleiben. Denn Rest müssten Deutschland und die Länder Nordrhein-Westfalen sowie Hessen kaufen. Möglicherweise würden sich auch Spanien, Großbritannien, Belgien und Österreich engagieren, weil es dort ebenfalls Opel-Standorte gibt. Auch Leute, die wie Opel-Händler Peter Dahlmann oder die Opel-Betriebsräte Interesse an einem Einstieg gezeigt haben, sollte man beim Wort nehmen. Das würde beim Verteilen der Risiken helfen.'
Halten Sie eine Rettung von Opel auf diesem Weg tatsächlich für realistisch?
'Es wird unendlich schwer, ist aber nicht unmöglich. Ich halte diese Lösung noch für die tragfähigste. Der Staat könnte in drei, bis vier Jahren schrittweise mit einem langsamen Ausstieg beginnen. Vielleicht finden sich dann, anders als heute, Käufer aus China, Korea oder Indien. Jedenfalls ist erst mal ein Konzept nötig. Bisher ist nichts Sichtbares auf dem Tisch. Jetzt über den Verkauf oder die Schließung von Werken zu diskutieren, ist Quatsch. Das beunruhigt nur potenzielle Opel-Käufer und-Beschäftigte'.
"
Letztlich hat er immer Recht: wenn es schief geht, war die Sanierung halt wirklich "unendlich" schwer, und wenn nicht, gilt eben, wie auch sonst im Leben: "Nichts ist unmöglich". Besonders dann nicht, wenn genügend Steuergelder fließen. Dann kippen halt bei der Konkurrenz die Arbeitsplätze; aber da fällt es durch die Verteilung vielleicht nicht so auf.


Nachträge 20.02.09

Jetzt kommen mal (etwas) konkretere Angaben zur finanziellen Lage von Opel. Carsten Herz berichtet im Handelsblatt-Artikel "General Motors. Ein Zukunftskonzept für Opel? Nirgends!" von heute:
"... die Geschichte von der Perle Opel könnte sich bei nähereren Hinsehen ... schnell als Legende erweisen. Zwar weist GM seit Jahren keine Einzelziffern mehr für den deutschen Autobauer aus. Der Verlust von einer Mrd. Dollar im dritten Quartal im Europageschäft wird jedoch seine Ursachen haben. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen ist sich sicher: "Das kann nicht allein von Saab kommen." Experten halten deshalb harte Schnitte für unabwendbar - mit oder ohne GM im Rücken."
Wie gedacht: es sieht nicht rosig aus für Opel. Mag sein, dass Rüsselsheim und das eine oder andere weitere Werk überlebensfähig sind. Alle durchschleppen zu wollen, auf Staatskosten, hieße allerdings, den Steuerzahler in den Schuldturm zu schleppen.

CDU-Fraktionsgeschäftgsführer Norbert Röttgen bleibt (vorerst) hart. Das Handelsblatt-Interview vom 19.02.2009 mit Daniel Goffart und Peter Müller ist überschrieben Staat kann nicht für Opel und Schaeffler haften. Auszug (meine Hervorhebung):
"Bei Opel sehe ich trotz vieler Zusagen keine Hinweise auf ein unternehmerisches Konzept.
[Frage:] Also keine Staatshilfe für Opel?
Opel hat nicht dargelegt, durch externe Effekte in Schieflage geraten zu sein. Es gibt auch keine Hinweise auf ein unternehmerisches Rettungskonzept. Opel sagt: Wir brauchen Geld, sonst haben wir ein Problem. Das reicht nicht aus.
"

Norbert Röttgen sagt, wie könnte es anders sein, dasselbe wie Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die wird im Handelsblatt-Artikel "Opel-Krise. Thüringen prescht mit Opel-Hilfe vor" vom 18.02.09 wie folgt zitiert:
"Bundeskanzlerin Angela Merkel verlangte vor Entscheidungen über staatliche Hilfen für Opel von dem Autobauer und dem US-Mutterkonzern General Motors (GM) ein Zukunftskonzept. „Es muss ein Konzept auf den Tisch gelegt werden, wie eine positive Prognose für Opel aussehen kann“, sagte Merkel. Diese Aufgabe müsse zunächst Opel zusammen mit dem Mutterkonzern General Motors leisten. Auf dieser Basis könne Opel dann mit Bund und Ländern über Hilfen beraten.
Die Bundesregierung und die betroffenen Landesregierungen stünden in enger Abstimmung und seien auch in ständigem Kontakt mit Opel, sagte Merkel. „Im Augenblick kann die Politik nichts machen, weil die notwendigen Konzepte von Opel noch nicht vorliegen.“
"

Klug wäre es allerdings gewesen, wenn die Politik solche Worte bereits anlässlich der Bürgschaftsforderungen im Herbst des vorigen Jahres ausgesprochen bzw. deutlich in den Vordergrund gestellt hätte. Nach meinem Eindruck haben indes die Politiker damals (wenn auch scheinbar unter anderen Voraussetzungen) bei der Belegschaft Hoffnungen erweckt, die sie nun nicht erfüllen wollen und vernünftiger Weise auch nicht erfüllen können.


Nachtrag 21.02.09
Auch die Bild-Zeitung bericntet (übrigens recht informativ) über die Bemühungen um die Rettung bzw. die Probleme von Opel. Ein mich erheblich Schönheitsfehler bei dem Webauftritt von BILD ist allerdings der Umstand, dass das Artikeldatum ganz winzig und vor allem erst ganz unten (rechts) auf der Webseite erscheint. Positiv ist dagegen die große Zahl der Links zu einschlägigen Artikeln im Archiv (unten auf der Seite) zu vermerken. Hier einige der aktuellen Reports:

Wenn ich allerdings die "11 Gründe, warum Opel nicht untergehen darf" lese (schon am 19.11.08 erschienen), fühle ich mich in meiner Auffassung bestärkt, dass die Firma Opel in ihrem bisherigen Umfang nicht zu retten ist. Große Traditionen (die andere Automobilhersteller auch oder noch mehr haben) sowie Manta-Witze reichen als Begründung einfach nicht aus. Die Behauptung "Weil Opel nicht die falschen Autos baut, sondern dem falschen Mutterkonzern gehört" bleibt unbegründet und dass Opel "Deutschlands beste Automarke" ist, sehen die Kunden wohl anders.
Denn im Bericht "Sieben bittere Wahrheiten" vom 19.02.09 erfahren wir u. a.: "Der Marktanteil ist seit Mitte der 90er Jahre von 17 % auf 7 % gesunken".
Im Artikel "Angst um Opel. Jetzt droht Zahlungsunfähigkeit" vom 18.02.09 berichtet Bild u. a.: "... klar ist: Ohne frisches Geld vom US-Mutterkonzern kann Opel nicht überleben. Die Deutschen machen mit ihren Modellen keinen Gewinn, brauchen mehrere Milliarden an frischen Krediten. Andernfalls könnte Zahlungsunfähigkeit drohen. Wie aus dem Opel-Umfeld zu hören ist, sind die Kapazitäten der Werke trotz Abwrackprämie mittelfristig zu gering ausgelastet."
Kritisch auch "Wie ist Opel noch zu retten? Die Auswege: Werksschließungen, Eigenständigkeit, Verkauf" vom 18.02.09 von Inga Frenser:
"Die Aussichten für Opel sind düster: Werksschließungen, Stellenabbau, Sparprogramm. Denn der angeschlagene US-Autobauer General Motors schließt Werkschließungen in Europa nicht aus. Dies bekräftigte Finanzchef Ray Young am Mittwoch und verwies dabei auf die hohen Kosten an den Standorten. .....
Opel [leidet] seit Jahren unter schwerwiegenden strukturellen Problemen:
• Opel produziert überwiegend für den westeuropäischen Markt. Wachstumsmärkte wie Asien, Russland oder Südamerika wurden bislang ignoriert. Problem: Die Wachstumschancen in Europa sind mehr als begrenzt.
• Opel plagen enorme Absatzschwierigkeiten. Zwar brachte die Abwrackprämie etwas Erholung, trotzdem ging der Absatz 2008 um 34 Prozent zurück. Tendenz: gleichbleibend.
• Opel ist auf GM angewiesen – zumindest in der Entwicklung. Opel hofft auf den Erfolg des Elektroautos Flextreme. Das wird in den USA entwickelt.
"
"Opel-Krise. Jetzt schaltet sich die Bundesregierung ein" heißt es am 19.02.09:
"Soll der Staat Opel retten? BILD.de-Leser sagen JA! - Wirtschaft meint: Hände weg! Es laufen bereits Krisengespräche."
Interessant als Meinungsbild sind wahrscheinlich auch die Leserkommentare (teilweise mehrere Hundert) - wenn man Zeit für deren Lektüre hat.

Der Handelsblatt-Bericht "Heftiger Unions-Streit über Opel-Zukunft" vom 21.2.09 enthält vor allem auch neue Informationen über die katastrophale Finanzlage und die schlechten finanziellen Aussichten für die Zeit bis 2011.


Nachtrag 23.02.09:
"Autobauer. Der letzte Elchtest für Saab". Unter dieser Überschrift berichtet Helmut Steuer im Handelsblatt von heute:
"Nicht einmal daheim in Schweden findet Saab-Chef Jan Åke Jonsson noch jemanden, der seinen Konzern retten will. Die schwedische Kultmarke steht vor dem Aus. In der kleinen Saab-Stadt Trollhättan haben viele längst Abschied genommen."
Und er zitiert die "resolute Wirtschaftsministerin" Maud Olofsson:
"Die Wähler haben mich gewählt, weil sie Vorschullehrer, Polizisten und Krankenschwestern haben wollen, nicht um Autofabriken zu kaufen".
Das ist eine etwas andere Einstellung als die in der deutschen Bundesregierung herrschende. Von den Herrschern in Deutschlands Kleinfürstentümern, kürzlich in der Wirtschaftswoche von Wolfgang Clement scharf kritisiert ("Das politische Prestigedenken und die Kleinstaaterei kosten uns zu viel, das geht von der Aufrechterhaltung der Landesbanken bis hin zu unzähligen überflüssigen Behörden. Hier könnte man Milliarden freisetzen.") ganz zu schweigen.


Nachträge 24.02.09:

"Autohersteller in der Krise. Sieben Mythen über Opel". Unter dieser Überschrift enttarnt Tim Höfinghoff im FAZ.net vom 24.02.09 die Legenden der Opel-Konservierungs-Lobby:
"Über den deutschen Autobauer kursieren neuerdings viele Mythen. Die meisten halten einer Überprüfung nicht stand. Mythos 1: Opel ist ein gesundes Unternehmen. ... ". Lesenswert sind auch einige der Kommentare. B. Keim widerspricht (als einer von wenigen) unter der Überschrift "Der Artikel ist so nicht ganz richtig":
"Schaut man sich die Bilanzen von GM an, so fällt auf, dass just in den Märkten in denen kein Entwicklungsaufwand betrieben wird, die höchsten Gewinne anfallen. Da wären Afrika und der Nahe Osten. Und damit ist man schon ein wenig beim Kern des Problems: bei GM spiegeln die Bilanzzahlen nicht unbedingt wieder, was ein Unternehmensteil insgesamt zur Wertschöpfung beiträgt. So gilt als ziemlich unbestritten, dass ein Großteil der Motorenentwicklung in Deutschland erfolgt, ohne dass dies in der Konzernabrechnung hinreichend Berücksichtigung fände. Opel leistet sehr viel mehr für den Gesamtkonzern, als der Gesamtkonzern für Opel. Dass man in Deutschland möglichst wenig Gewinne ausweisen wollte, ist sicherlich auch steuerlichen Aspekten geschuldet."
Selbst wenn diese Informationen zutreffen sollten zeigt sie nur, dass Opel ohne GM erst Recht nicht überlebensfähig ist. Und dass ein mit US-Steuergeldern am Leben gehaltener GM-Konzern auch in Zukunft seine Motoren in Deutschland entwickeln lässt und damit hier Arbeitsplätze subventioniert, ist doch wohl eine eher unrealistische Annahme.

Breite Kritik an einer umfassenden Opel-Subventionierung durch Steuergelder referiert der Handelsblatt-Bericht "Diskussion um Staatshilfen. 'Opel ist nicht zu groß für den Untergang' " von heute.


Nachtrag 25.02.09
Unter anderem über die Einstellung der Bundesbürger zur Opel-Rettung berichtet der heutige Handelsblatt-Artikel "Autokrise. Opel – ein Autobauer entzweit die Republik": "Rund die Hälfte der Bürger seien für einen Einstieg des Staates bei dem Traditionsunternehmen, 40 Prozent allerdings dagegen, ermittelte das Forsa-Institut in einer am Umfrage für den „Stern“ und den Sender RTL."
Das ist schon ziemlich erschreckend, wie eifrig meine Mitmenschen ihre Steuergelder versenken wollen. Bei einem solchen Volk kann es kaum überraschen, dass man auch international leichtes Spiel mit Klingklax' Klingelbeutet wittert.
Die viel gescholtenen Politiker sind da immerhin ein wenig zurückhaltender. Natürlich sind diejenigen am mutigsten, die auf der politischen Leiter den Problemen am entfernesten stehen:
"EU-Kommissar Verheugen sieht das etwas anders. Er warne vor der „Attitüde des weißen Ritters..., der in schimmernder Rüstung angaloppiert und Rettung in Aussicht stellt, dabei aber das Risiko läuft, dass er diese Rettung gar nicht liefern kann.“
„Im Falle Opel ist völlig klar, dass Hilfen nur dann möglich sind, wenn sie verlässlich das langfristige Überleben des Unternehmens sichern“, sagte Verheugen. Die Probleme bei den europäischen General-Motors-Töchtern seien nämlich „das Ergebnis eines langjährigen Managementversagens“, sagte der EU-Kommissar: 'Dafür kann der europäische Steuerzahler nicht ohne weiteres aufkommen'.
"
Selbst der Betriebsrat legt nun endlich ein gewisses Maß von Realismus an den Tag.:
"Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz [hier ein Porträt im heutigen Handelsblatt] sagte dem Magazin „auto motor und sport“, auch wenn Opel zu einem selbstständigen Hersteller werde, könne es zu Einschnitten kommen." Da aber Betriebsrat wie Politik jedes einzelne Werk retten wollen, glaube ich nicht, dass dabei ein überlebensfähiges Gebilde herauskommen wird. Von der Problematik erneut steigender Rohölpreise bei einem eventuellen Wiederanziehen der Konjunktur, die allen Autoherstellern (erneut) zusetzen wird, ganz zu schweigen.


Nachträge 26.02.09:

"Autokrise. Trollhättan will kein Staatsgeld für Saab" berichtet Clemens Bomsdorf aus der schwedischen Automobilstadt Trollhättan für ZEIT ONLINE am 25.2.2009. Die Schweden sind halt intelligent und Realisten; die Deutschen schimpfen auf ihre Politiker, obwohl die (trotz aller meiner Kritik) in vieler Hinsicht immer noch besser sind als die große Zahl der politischen Blindgänger-Bürger sie verdient hätte. Trotz Wahlkampfzeiten sind Frank-Walter Steinmeier und Angela Merkel noch verhältnismäßig zurückhaltend (vgl. "Frank-Walter Steinmeier spricht vor Opelanern. Hilferuf aus Rüsselsheim", HB 26.2.09).
Das ist auch kein Wunder, denn mittlerweile wird die Höhe der für eine Opel-Rettung erforderlichen Mittel bereits mit bis zu 9 Mrd. Euro beziffert - lt. heutigem Handelsblatt-Bericht "Rettungsplan. Opel-Kapitalbedarf weiter offen."
Die Fa. bestreitet das natürlich, aber wahrscheinlich (hier lehne ich mich mal mit einer Prognose aus dem Fenster) werden es am Ende noch viel mehr - falls die Politik eine Rettung mit Steuermitteln versucht. Ob die dann gelingt, ist schon deshalb äußerst fraglich, weil bei einem Konjunkturaufschwung der nächste Ölpreisanstieg so sicher kommt wie das Amen in der Kirche.

Ebenfalls im Handelsblatt von heute, 26.02.2009, berichtet Carsten Herz über eine überraschende Kehrtwende "Studie. Opel kann auch ohne Partner überleben".
"Der Opel bisher stets kritisch gegenüber stehende Automobilprofessor Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen hat das Konstrukt bereits durchgerechnet und kommt zu einem verblüffenden Ergebnis: Eine neue Europa AG von Opel wäre innerhalb von drei Jahren operativ profitabel - und das auch ohne neue industrielle Beteiligung.
"Es ist durchaus möglich, einen eigenständigen Autobauer im Volumenmarkt mit weniger als zwei Millionen Fahrzeugverkäufen pro Jahr tragfähig darzustellen", sagte Dudenhöffer dem Handelsblatt. Doch die Berechnungen zeigen auch: Das Risiko ist hoch. 'Erst nach dem Jahr 2021 könnten Eigenkapitalgeber mit einer Verzinsung ihres Kapitals rechnen'."
Diese Dudenhöffersche Wendigkeit verwundert auch den Autor:
"Im Ringen um eine Zukunft von Opel springt damit jetzt ausgerechnet einer der schärfsten Kritiker der Marke mit dem Blitz bei, den das Unternehmen vor wenigen Monaten wegen seiner Äußerungen noch verklagen wollte. Mitte Dezember hatte Opel noch angekündigt, juristisch gegen Dudenhöffer vorzugehen und ihn als "Totengräber für die Arbeitsplätze in der Autoindustrie" scharf kritisiert. Der Experte hatte zuvor eine Insolvenz des US-Mutterkonzerns General Motors vorhergesagt."
Wie ich oben schon sagte: der Wendehöffer erzählt ständig eine andere Story.
Fragestellung für investigative Journalisten (gibt's bei uns zwar kaum, aber nur mal als Anregung): Wer hat die neue Dudenhöffer-Studie bezahlt???

Einige weitere Einzelheiten im Internet-Portal "DerWesten" vom 25.02.09: "Studie. 'Autopapst' Dudenhöffer: Opel ist noch zu retten".

Noch ein weiterer Handelsblatt-Artikel von heute befasst sich u. a. auch mit Opel; vorwiegend allerdings damit, ob GM in Kürze den Geist aufgibt: "Autokrise. GM hat das Ende vor Augen".

Die Opel-Krise ist im Kleinen, was die Wirtschaftskrise im Großen ist: eine Zeitlupenkrise. An der Oberfläche läuft scheinbar noch alles einigermaßen normal ab, aber wenn man die Wirtschaftsmeldungen liest kommt man zu dem Eindruck, dass 'unten drunter' eine Säule nach der anderen wegknickt: wie bei einem Erdbeben!
Wir schweben im "Blindflug durch die Welt" (UT: "Die Finanzkrise als Epochenwandel"), wie Harald Welzer in seinem Spiegel-Online-Essay vom 29.12.08 konstatiert. Aber das war eigentlich schon immer so: nie haben die Menschen ihre Welt insgesamt, gewissermaßen von außen, überblicken können. Die großen Entwicklungslinien in den uns übersichtlich erscheinenden früheren Epochen waren für die damaligen Akteure ebenso intransparent wie sie es heute - nicht erst in Krisenzeiten - für uns sind.


Nachtrag 27.07.09
Es nützt jetzt nichts mehr (und hätte schon damals nichts genützt, weil sich die Rettungspolitiker bereits festgelegt hatten). Nichtsdestotrotz möchte ich hier zum Nutzen der Nachwelt zu dem Artikel "Why Detroit Is Not Too Big to Fail" von Michael Schuman im Time Magazine von Freitag, 19.12.08, verlinken. Schuman schildert darin, wie auch in Asien (Japan, Korea) das Sinnen und Trachten der Politik(er) auf die Erhaltung der alten Monster-Kombinate gerichtet war - und sich dann doch (besonders eindrucksvoll ist hier der Zusammenbruch bzw. die Entflechtung des Daewoo-Konzerns in Südkorea) eines Besseren besonnen hat (so wie unsere Politik zwar nicht bei Opel, aber immerhin doch bei Arcandor).



Textstand vom 27.07.2009. Auf meiner Webseite
http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm
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1 Kommentar:

  1. Den Vergleich mit den darunterliegenden Säulen, die langsam eine nach der anderen wegknicken finde ich sehr treffend. Man hat wirklich das Gefühl, auf der Bühne ein Theater geboten zu bekommen, wo die verschiedensten Gruppen miteinander um die Zukunft von General Motors und Opel diskutieren, während im Hintergrund doch alles unaufhörlich seinen Weg bergab nimmt. Bin wirklich mal gespannt, wie die Entscheidungen, die ja nun sehr bald getroffen werden sollen, ausfallen werden.

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