Noch wichtiger ist es freilich, sich bewusst zu machen, wer es vermeidet, den Lesern oder Hörern darüber genauere Auskunft zu geben.
Manchmal mag das aus Dummheit geschehen, oft aber steckt zweifellos eine kühl kalkulierte Desinformationsstrategie dahinter.
EINE Dimension ist die "Rettung" der EUROZONE.
Wäre diese bei einer Insolvenz Griechenlands - oder auch Portugals und Spaniens - gefährdet?
Nein, "die Eurozone" würde nicht "zerfallen", auch wenn uns Politik und Medien das wieder und wieder einhämmern. Zunächst einmal müssen Pleitestaaten nicht zwingend (jedenfalls nicht rechtlich zwingend) ausscheiden. Ökonomisch mag es freilich Gründe geben, die für ein Ausscheiden sprechen. Aber eine solche Entscheidung könnten wir getrost den betroffenen Ländern selbst überlassen. Unseren Euro ruinieren sie (auch Griechenland) nämlich auch dann nicht, wenn sie als Mitglieder der Eurozone pleite gehen. Genauso wenig wie eine Pleite z. B. Kaliforniens oder des Bundesstaates New York (beide zwei heiße Kandidaten für den Konkurs) den Dollar ruinieren würde.
Es geht also nicht um "die Eurozone", und schon gar nicht um "den Euro", sondern lediglich darum, ob ein paar schwache Teile, und insbesondere der ökonomisch und sozial ziemlich verfaulte Balkanzipfel Griechenland, abfallen oder dranbleiben.
Wer immer da von "Euro-Rettung" spricht, belügt die Menschen vorsätzlich oder fahrlässig.
(Claus Döring hat also völlig Recht, wenn er in seinem Kommentar in der Börsen-Zeitung vom 10.05.2010 "Die Währungsreform, Kommentar zum Rettungsschirm für den Euro" empört aufschreit: "Selten sind die Bürger dieses Landes für so dumm verkauft worden wie mit dem Spruch der Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Wir schützen das Geld der Menschen in Deutschland".)
Zwei weitere Dimensionen (und das dürften diejenigen sein, welche die Menschen bei uns wirklich interessieren!) sind die Stabilitäten des Euro. (Der Plural "Dimensionen" bzw. "Stabilitäten" rechtfertigt sich daraus bzw. ist deshalb erforderlich, weil es um -2- Richtungen von Stabilität geht - s. u.)
Währungsstabilität meint nicht nur einen völlig anderen Sachverhalt als Eurozonen-Stabilität (Integrität), sondern die aktuellen Maßnahmen der Eurozonen-Länder zur Sicherung der Zonenintegrität stehen tendenziell sogar im Widerspruch zu denjenigen Maßnahmen, welche einer Erhaltung der Währungsstabilität dienen. Wer Steuergelder und Notenbankgelder in großen Mengen gegen die Finanzmärkte einsetzt, nimmt - soweit die Instrumente tatsächlich angewendet werden müssen - auf jeden Fall eine steigende Verschuldung von bisher noch halbwegs soliden Ländern in Kauf. Dazu kommt u. U. ein vermehrter Umlauf von Notenbankgeld mit tendenziell inflationären Folgen. Eine Monetarisierung von Staatsschulden wirkt direkt inflationär; eine steigende Staatsverschuldung kann indirekt Inflation bewirken, wenn die Notenbank überredet oder gezwungen wird, einem Staat (bzw. in der Eurozone den Staaten) durch Anleihekäufe (Monetarisierung) zu helfen oder den Schuldensündern insgesamt durch Zulassen einer gewissen Inflationsrate die Schuldentilgung zu erleichtern.
Bei einer Inflation verfällt natürlich auch der außenwirtschaftliche Wechselkurs einer derartigen Weichwährung.
Die eine der beiden Stabilitäten ist die außenwirtschaftliche Währungsstabilität, d. h. das Kursverhältnis des Euro zu anderen Währungen.
Hier steht insbesondere der Wechselkurs zum Dollar im Fokus. Es liegt in der Natur freier Märkte, dass Kurse schwanken. Hysterie wegen eines fallenden Euro ist schon aus aus diesem Grunde unangebracht. Darüber hinaus hat der Kurs in der bisherigen Geschichte des Euro bereits zwischen ungefähr 90 US-Cent pro Euro und 1,50 US-Dollar pro Euro geschwankt. Wenn er jetzt bei 1,30 oder 1,25 USD steht, gibt es also überhaupt keinen Grund zur Panik.
Im Übrigen ist die Verschuldungssituation des Staates in den USA, und noch mehr in Großbritannien und Japan, weitaus kritischer als in Europa. Deshalb hätten auch ohne den Rettungsschirm die Märkte wahrscheinlich schnell die Lust an der Spekulation gegen den Euro verloren und gegen den Dollar und das britische Pfund spekuliert. Möglicherweise soll das Finanzmarkt-Getöse um den Euro nicht zuletzt auch von der kritischen Finanzlage in Großbritannien und den USA ablenken.
In diesem Zusammenhang (wie auch zum Thema Bürgertäuschung) erscheint mir eine in dem FTD-Bericht "Europa uneins über EZB-Staatsanleihenkäufe" zitierte Aussage des italienischen Wirtschaftsminister außerordentlich enthüllend (meine Hervorhebung):
"Italiens Wirtschaftsminister Giulio Tremonti sagte, die von den EU-Finanzministern beschlossenen Not-Kreditlinien hätten eine weltweite Krise verhindert. Es sei fast um Leben und Tod gegangen, teilte er im italienischen Fernsehen mit. "Wenn wir gescheitert wären, hätten wir den Euro abstürzen sehen, dann den Dollar und die anderen Währungen. Es wäre fast zu einer globalen Katastrophe gekommen."
"Abstürzen" kann eine Währung immer nur im Verhältnis zu einer anderen. Entweder fällt der Euro oder der Dollar. Theoretisch könnten zwar auch beide gemeinsam fallen; das aber nur gegen eine dritte Währung. Doch welche Währung der Welt sollte einerseits so solide und andererseits in den benötigten großen Mengen vorhanden sein, dass sie den Euro und den Dollar gemeinsam nach unten drücken könnte? Sogar nach Tremontis eigener Meinung gibt es keine Fluchtwährung mehr, wenn Euro und Dollar crashen, denn auch die anderen Währungen wären ja nach seiner Behauptung abgestürzt. Es ist also Unfug zu behaupten, dass "erst der Euro" abstürzen könnte und "dann der Dollar und die anderen Währungen": Wenn die eine Währung abstürzt, muss eine (oder müssen mehrere) Vergleichswährung(en) gestiegen sein.
Vorausgesetzt das Zitat ist korrekt (übersetzt) ist, lässt es nur zwei alternative Schlussfolgerungen zu:
- entweder weiß Tremonti nicht wovon er hier redet (extrem unwahrscheinlich),
- oder aber die beim Brüsseler Gipfel versammelte Politik hatte befürchtet, dass der aktuellen Spekulation gegen Anleihen von Ländern der Eurozone sehr bald eine Spekulation gegen amerikanische und britische Staatsanleihen gefolgt wäre. In dieses Bild würde es passen, dass Obama Angela Merkel telefonisch zur Hilfe für Griechenland gedrängt hat.
So oder so bedeutet das jedoch, dass es beim Aufspannen des Rettungsschirmes eben nicht um Euro-Stabilität ging, sondern um die Stabilität von Staatsanleihen - von schwachen Ländern der Eurozone wie letztlich auch um die Stabilität der Schuldenkönigen in Washington und London.
Soweit es aber um "Stärke" oder "Schwäche" des Euro geht ist festzuhalten, dass weder ein extrem hoher noch ein extrem niedriger Wechselkurs in unserem wohlverstandenen Interesse liegt.
Steht der Euro hoch (bekomme ich also z. B. 1,50 USD für einen €), verteuern sich unsere Exporte. Wenn ein VW kalkulatorisch z. B. 10.000,- € kosten würde, müssten die Amerikaner 15.000,- USD dafür bezahlen.
Steht der Euro niedrig, z. B. 1 : 1 (also 1 Dollar für 1 Euro), verbilligen sich unsere Exporte, weil die Amerikaner dann z. B. nur noch 10.000,- Greenbacks statt 15.000,- für den VW blechen müssten.
Die Kehrseite wären natürlich bei einem starken Euro niedrigere Importpreise, insbesondere für Rohöl. Das wird bekanntlich in Dollar abgerechnet. Wenn also eine gegebene Rohölmenge X 15.000,- USD kostet, bräuchten wir bei der o. a. Kursrelation nur 10.000,- Euro zu bezahlen.
Ein (im Standardvergleich zum US Dollar) schwacher Euro kommt uns dagegen bei den in Dollar zu bezahlenden Ölimporten teuer zu stehen: nun würde unsere Ölmenge X uns 15.000,- € kosten.
Unternehmen mit einem großen Import- oder Exportgeschäft können sich durch entsprechende Geschäfte (z. B. Devisenswaps) absichern, auch für einen längeren Zeitraum, aber diese Sicherheit ist natürlich nicht gratis zu haben.
Im Grunde sind deshalb alle Seiten am besten mit einem "ehrlichen" Kurs bedient, der den Kaufkraftverhältnissen entspricht. Und dieser Wechselkurs soll angeblich irgendwo bei 1,20 - 1,30 USD für den € liegen. Wer immer also Hysterie verbreitet in einer Situation mit einem eigentlich optimalen Wechselkurs ist entweder ökonomisch ahnungslos, oder er plappert einfach die Regierungs- und Politikerpropaganda nach.
Das wären die harmloseren Fälle; denkbar und wahrscheinlich (bei den Regierungen halte ich das für ausgemacht) ist aber auch , dass mit der Verbreitung von Angst wegen eines fallenden Eurokurses ganz bewusst Bürgertäuschung betrieben wird bzw. wurde um denjenigen Staaten, die von den Investoren noch für ausreichend kreditwürdig gehalten werden, Geld aus dem Kreuz zu leiern. Die Motive können relativ edel sein, z. B. Begeisterung für Europa (und daraus folgend der Wunsch, keine Abspaltungen von der Eurozone durch Wirkkräfte der Finanzmärkte zuzulassen), oder rein nützlichkeitsorientiert. Auch in diesem Rahmen sind gemeinwohlorientierte Motive nicht ausgeschlossen (wie z. B. die Befürchtung, dass es zu einem Zerfall der Eurozone insgesamt kommen könnte - was freilich unrealistisch ist - und die Erwartung von Nachteilen für die deutsche Wirtschaft). Vorstellbar sind noch die Furcht vor einer erneuten Bankenkrise und schließlich eine Orientierung an den Partikularinteressen der Anleihebesitzer.
Zusammenfassend zur außenwirtschaftlichen Stabilität des Euro können wir also festhalten, dass es absolut keinen Grund zur Panik gab, keinen Grund, den Wechselkurs des Euro gegen irgendwelche angeblichen Angriffe zu verteidigen.
Im Gegenteil wird der Euro mittel- bis längerfristig geschwächt, wenn die Regierungen höhere Schulden aufnehmen und/oder die Notenbank mit frisch gedrucktem Geld die Staatsschulden aufkauft, was beides eben jetzt vorgeblich "zur Rettung des Euro", "zum Kampf gegen die Spekulation" beschlossen wurde. (Mit den Anleihekäufen haben die Notenbanken bereits begonnen; inwieweit die anderen Länder außer für Griechenland auch z. B. für Portugal oder Spanien bürgen müssen, bleibt abzuwarten. Und ob die Bürgschaften verloren sind, oder ob die Nutznießer die Staatskredite an die dafür noch zu gründende Zwecksgesellschaft zurück zahlen - also die Bürgen nicht belastet - werden, wird sich natürlich erst längerfristig zeigen.)
Das Volk der Bürger und Wähler wurde jedenfalls schamlos belogen, indem eine "Euro-Rettung" im Sinne von Währungsstabilität (nach innen oder außen) vorgeschoben wurde. In Wirklichkeit geht es bei den Stützungsaktionen für die überschuldeten oder überschuldungsgefährdeten Südländer ausschließlich darum, diesen Ländern zu helfen. Den Euro kann das tendenziell allenfalls schwächen, ganz sicher nicht stärken.
Interessant ist in diesem Zusammenhang z. B. das Handelsblatt-Interview vom 10.05.10 "Contra Rettungspaket: 'Das Inflationsrisiko ist deutlich gestiegen' " mit Lutz Karpowitz, Devisenexperte der Commerzbank. Karpowitz widerlegt u. a. das Märchen von einer Bedrohung des Euro durch eine gezielte Spekulation:
"HB: Politiker sprechen von einem Angriffskrieg von Spekulanten auf den Euro. Wer greift den Euro an?
K.: Niemand. Devisenhandel ist ein Nullsummenspiel. Bei der Aufwertung haben einige Händler Geld verloren, das andere gewonnen haben. Es gibt keinen abgesprochenen Angriffsplan. Weder bei Leerverkäufen noch bei CDS.
HB: Wie kommen die Politiker dann darauf?
K.: Da kann ich nur spekulieren. Solche Vorwürfe kennen wir von einigen Entwicklungsländern, die ihre Finanzen nicht in den Griff bekommen haben und die Schuld weiterschieben möchten."
Wie in dem Handelsblatt-Interview „Die EZB hat den Rubikon überschritten“ von heute (12.05.10) nachzulesen, ist auch dem früheren Bundesbankpräsident Helmut Schlesinger der Hype um den angeblichen Angriff auf den Euro suspekt (meine Hervorhebungen):
"Handelsblatt: Herr Schlesinger, ist die Lage des Euro-Raums so dramatisch, dass man zu einem so großen Hilfspaket greifen musste?
Helmut Schlesinger: Es gab die Abwertung des Euros auf ein Niveau, das vor einem Jahr erreicht war. Angesichts der bestehenden Defizite und Schuldenstände ist das nicht verwunderlich. Das Problem war allein die Geschwindigkeit, mit der sich die Abwertung vollzog. Nun liegt es mir fern zu sagen: Das ist doch wunderbar für die europäischen Exporte! Ich frage mich aber, ob die Lage so gefährlich war, dass man die ganz schwere Artillerie auffahren musste. Die Wirtschaftskraft der meisten stabilen Länder schützt den Euro vor einem Absturz ins Bodenlose."
Somit spricht einiges dafür, dass Jean-Claude Trichet, der Präsident der Europäischen Zentralbank die Politiker beim jüngsten Brüsseler Europa-Gipfel und im Ergebnis die europäische Öffentlichkeit eiskalt belogen hat, wenn er - lt. FAZ-Artikel v. 11.5.10 "Europäische Schuldenkrise. Im Schatten des Rettungsschirms" behauptet hat, "es gebe abgesprochene Attacken amerikanischer und asiatischer Fonds auf den Euro". Diese Story erinnert stark an die von der Bush-Regierung fabrizierte CIA-Lüge über irakische Atomwaffen, mit denen sie ihren Krieg schein-rechtfertigte. Es stellt sich dann natürlich die weitere Frage, mit wem er diese Lüge abgesprochen haben könnte, denn dass er insoweit als Einzeltäter gehandelt hat, wäre eine allzu abenteuerliche Annahme. Wenn man bedenkt, wie wohlvorbereitet Nicolas Sarkozy zum Gipfel kam, und wie strahlend er ihn verließ, und wenn man außerdem nicht vergisst, dass der Präsident des Internationalen Währungsfonds, der auch im Spiel war, ebenfalls Franzose ist, nämlich Dominique Strauss-Kahn, dann fraqt man sich schon, ob hier nicht ein Match "Ecole Nationale gegen PISA-Politiker" ausgetragen wurde.
Erg. 2.06.10: Zur "French connection" vgl. jetzt auch den -derzeitigen- Schlussteil in meinem Blott "Sendepause"!
Eine weitere Dimension der 'Euro-Sache' ist die Kaufkraftstabilität des Euro.
Diese ist es, welche uns alle am allermeisten umtreibt, die Angst vor einem Stabilitätsverlust im Sinne von Inflation nämlich. Politik und Medien wissen das natürlich, und spielen diese Karte im Desinformationsspiel skrupellos aus. Unterschwellig wollen uns zahlreiche Bailout-Lobbyisten (Bailoutisten) auf alle mögliche Weise suggerieren (oder sogar direkt behaupten), dass die Binnenkaufkraft des Euro an Wert verliert, wenn wir ihn nicht, wie jetzt beschlossenen, ggf. mit unseren Steuergeldern und mit dem zusätzlichen Risiko einer 'Inflationssteuer' "verteidigen".
Das ist die größte Lüge von allen, denn gerade die jetzt beschlossene (potentielle) Aufnahme riesiger Schuldenmengen im Rahmen einer faktischen Haftungsunion der Euroländer untereinander verstärkt die Gefahr einer Inflation ganz enorm.
Völlig offenkundig wird eine solches Risiko durch den Ankauf von Staatsanleihen seitens der Europäischen Zentralbank ausgelöst, egal, ob sie diese direkt vom Staat kauft (was ihr allerdings nicht erlaubt ist), oder von den Banken usw. Denn dafür müsste die EZB unter Umständen frisches Geld drucken. Zwar will sie angeblich die Anleihekäufe sterilisieren, d. h. dafür an anderer Stelle Geld aus dem Kreislauf abziehen. Aber ob das gelingt, wird von vielen bezweifelt.
Näher dazu vgl. z. B. auf SpiegelOnline vom 10.05.10 den Kommentar "Gefährliche Euro-Rettung. Willkommen in der Inflationsunion" von Armin Mahler, Tobias Bayers FTD-Kommentar "Euro-Krise und Inflationsangst. EZB kopiert Hemmungslosigkeit der Fed" vom 10.05.10 und den Artikel "Das Kapital. Sparer aller Länder, verweigert euch!" vom gleichen Tag (mit dem weisen Satz "... darum geht es ja seit Anbeginn der Krise: den Überkonsum der Verschwender auf Kosten der Sparer zu verlängern."). (Die FTD freilich ist das letzte Blatt, dass sich über die jüngste Wendung der Dinge beschweren dürfte. In zahlreichen Kommentaren haben eine ganze Reihe von FTD-Journalisten einem Griechenland-Bailout das Wort geredet. Erst dieser Erfolg der Finanzmärkte hat sie wieder kühn gemacht hat, erst der Geruch des Angstschweißes der Politik hat die Komodowarane aus New York und London zu dem Versuch (wenn es denn tatsächlich einen solchen gegeben haben sollte) ermuntert, Europa in einer Kesseljagd in eine Haftungsunion zusammenzutreiben - damit man sie später dort gemeinsam abschlachten kann. Allerdings ist die deutsche Politik durch eigenes Verschulden in die Falle gegangen, aus Mangel an Intelligenz und/oder Mangel an Rückgrat hat sie ihre Steuerbürger verraten und verkauft.
Um aber auf die Inflationsrisiken zurück zu kommen: die lauern noch in einer ganz anderen Ecke als der unmittelbaren Anleihekaufaktion der EZB. Wenn nämlich die Staaten Europas sich auch nur teilweise in einer Höhe verschulden müssen, wie sie die Brüsseler Beschlüsse vorsehen, dann wird auch für die relativ soliden Länder wie Deutschland und die Niederländer eine Rückzahlung schwer. Es läge dann nahe, später die EZB, die sich ja schon jetzt als willfähriges Instrument der (französischen) Politik erwiesen hat, zu ein wenig mehr Inflation zu drängen, damit die Schulden im Wert sinken, bzw. die Staatsannahmen nominal steigen. So werden es die USA wohl machen, und Großbritannien hat ja bereits eine etwas höhere Inflationsrate, die aber durchaus noch steigerungsfähig ist.
Vor lauter Einleitung bin ich noch gar nicht zu meinen gedachten Überschriften gekommen; ob und wann ich diese nachtragen kann, ist ungewiss.
Hier mal einige als Kostprobe:
- Diktatur des Weichwährungsproletariats.
- Nie war er so dumm wie heute: ein Gutteil der deutschen Medienmeute.
- So wertvoll wie ein kleines Stückchen Kot: Medienjubel über die "Eurorettung".
- Eurozone verspricht Megaverschuldung - Washington und London atmen auf: Dollar und Pfund sind gerettet.
- Bush erschlich den Irak-Krieg mit Atom-Phantom: Ertrickste Trichet die deutsche Transfer-Kapitulation mit Spekulations-Phantom?
- Dolchstoß der Roten gegen unbesiegte Armee war Legende. Dolchstoß der schwarz-gelben "Bürgerlichen" gegen Kaufkraftstabilität des Euro und deutsche Haushaltssolidität ist grausame Wirklichkeit!
- Schlachtfest in der Wagenburg: Unter dem Vorwand einer Verteidigung nach außen rauben Zonengenossen die Bundesbürger aus.
- Inflation und neue Steuer: Für Südeuropa ist uns nichts zu teuer!
- Eurettungsdiktatur im Schrobenhausen-Land: Politik und Medien verprügeln und verarschen Deutschlands Bürger!
- Medipolla: Deutsche werden von Medien und Politik ins Inflations-Umerziehungslager gesteckt.
- Deutsche Kollektivverschuldung für die Eurozone: wozu brauchen wir Sozialisten, wenn wir solche "Konservative" haben?
- Dieu le veult: Doppelkreuzzug gegen Euro-Stabilität und deutsche Steuerzahler ist eröffnet!
- Nicolas Sarkozy, Dominique Strauss-Kahn und Jean-Claude Trichet gegen Angela Merkel: 3 : 0 im Spiel "demi Monde" gegen "schwäbische Hausfrau".
- Nicolas Sarkozy: L'ivresse de la victoire!
- Heim ins Reich - der angelsächsisch-südeuropäischen Schuldenwirtschaften.
- Südländer gerettet, Bundeshaushalt ruiniert, Euro inflationiert.
- Trichet trichtert uns jetzt Inflationsmentalität ein.
- Banken gerettet, Bürger am Boden!
- "Euro-Rettung"? Nein: Organisierte Kapitalmärkte erpressen Schutzgeld für Südländer von desorientierter Bundesregierung.
- "Euro-Rettung": Südländer saniert, Bundeshaushalt ruiniert!
- "Euro-Rettung": Wenn Finanzmärkte jubeln werden die Bürger bald weinen!
- Euro-Stabilität durch EZB-Ankäufe von Staatsanleihen: Credo quia absurdum?
- Euro, willkommen im Club - der Weichwährungen Dollar, Pfund und Yen!
- "Rettungsschirm" "für den Euro": Sieg der Finanzmärkte, Kapitulation der Politik!
Auch wenn sich heute, am 12.05.2010, die Nachrichtenlage etwas beruhigt hat und man zumindest momentan nicht mehr ganz so skeptisch sein muss, habe ich oben die weiteren meiner (gestern morgen handschriftlich vorbereiteten) imaginären Überschriften nachgetragen. Zum einen wird es interessant sein, sie nach einigen Jahren wieder zu lesen. Zum anderen erscheint Kritik am Rettungsschirm selbst dann legitim und nützlich, wenn die Gelder nicht abgerufen werden sollten. Paradoxerweise stärken die deutschen Bürger mit ihrer massiven Kritik an Transferleistungen ihrer Regierung nach außen hin gerade dadurch den Rücken, dass sie die Regierung (bzw. die Kanzlerin) kritisieren. Und wir signalisieren dem Rest Europas, dass wir eben nicht "Europas Deppen" (Bild-Zeitung vom 10.05.10) sein wollen. Es ist für die anderen Länder eine Warnung, ein Schuss vor den Bug: selbst wenn unsere deutschen Politiker euch dieses Mal noch helfen: macht das nicht noch einmal mit uns! Bei Portugal und Spanien und Spanien sehe ich reelle Chancen, dass diese Länder sich wieder "berappeln"; von Griechenland, dessen Gesellschaft, Staat und Wirtschaft von Korruption und Steuerhinterziehung zerfressen ist, glaube ich das nicht.
[Bei Portugal ist die NZZ freilich ebenfalls skeptisch; vgl. "Der weiche Unterleib der EU" vom 12.05.10: "Vor allem im Fall von Portugal ist nicht erkennbar, wie die Wirtschaft aus der langwierigen Stagnation herausfinden könnte. Das Land hat, gleichsam als Preis für den Euro, während acht Jahren eine Austerity-Politik betrieben, Reformen durchgeführt – und hat trotz tiefen Löhnen an Wettbewerbsfähigkeit eingebüsst und Marktanteile verloren; Schwellenländer haben sich vorab bei den Billigprodukten als unschlagbare Konkurrenten erwiesen. Portugals Problem ist, mit anderen Worten, nicht ein allfälliger Angriff der Spekulanten, sondern das Zwangskorsett des Euro."]
Zweifel äußert auch die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) in ihrem Artikel "Der IMF geht in Athen Risiko ein. Tragbarkeit der Schulden offen" vom 12.12.05. Sie und hegt, wie andere auch, den Verdacht, dass mit den Krediten (Geschenken?) an Griechenland hauptsächlich die Banken gerettet werden sollten (das sicher auch; allerdings glaube ich, dass es der Politik in erster Linie doch um die Integrität der Eurozone in ihrer derzeitigen Konstellation ging):
"Die IMF-Ökonomen räumen ... ein, es gebe eine grosse Unsicherheit, ob die Schulden mittelfristig auf ein tragbares Mass sinken würden. Hätte man dem Land dann nicht die Hilfe verweigern müssen? Der IMF [IWF - Internationaler Währungsfonds] argumentiert, die Rettung sei angesichts der möglichen Ansteckungsgefahr trotzdem angemessen. Worin besteht diese Gefahr? Die Ausführungen dazu beschränken sich auf einen Abschnitt in dem 144-seitigen Dokument. Darin heisst es, dass ohne Hilfe die Krise auf weitere Euro-Länder überschwappen könnte. Zudem seien, zweitens, ausländische Banken gegenüber Griechenland stark exponiert. Von 150 Mrd. € hielten französische Banken 36% und deutsche 21%. Und drittens seien griechische Banken auf dem ganzen Balkan aktiv, was dort das Anlegervertrauen erschüttern könnte. Insgesamt sei die Ansteckungsgefahr extrem unvorhersehbar. Dafür, dass diese als Hauptgrund für die Intervention herhalten muss, fällt die Begründung dürftig aus. So wird jedenfalls der Eindruck nicht zerstreut, dass mit dem Hilfsprogramm besonders die Banken geschont werden sollen."
Überhaupt ist es interessant zu sehen, wie die Erfolgschancen für eine (Komplett-)Erhaltung der europäischen Währungsunion von außen beurteilt werden.
"Europa zahlt teuer für Illusionen und Versäumnisse. Kommentar zur versuchten Rettung der Währungsunion" meint Walter Meier in der NZZ vom 10.05.2010 (meine Hervorhebung):
"Um eine Währungsunion zu bewahren, die wohl kaum zu retten ist, greifen Europas Politiker tief in die Tasche und beugen sämtliche Regeln. Ob die Übung gelingen wird, darauf mag man hoffen, man darf aber auch daran zweifeln. .....
Erneut wird damit ein marktwirtschaftlicher Mechanismus ausgehebelt, nämlich dass, wer hohe Renditen einstreicht, auch das entsprechende Risiko tragen muss. Daher wäre es vernünftiger gewesen, eine Umschuldung Griechenlands anzustreben und Banken, die dadurch in Schwierigkeiten geraten wären, notfalls direkt zu helfen."
In der NZZ brachte übrigens ein Cyrill Stieger am 06.05.2010 einen Stimmungsbericht über die Lage in Griechenland, nicht lang, aber informativer, als deutsche Medien das - selbst in längeren Berichten, bei denen man aber oft eher den Eindruck literarischer als informatorischer Ambitionen hat - hinkriegen: "Die grosse Wut der Griechen" (meine Hervorhebungen):
"Die Wut der Griechen richtet sich vor allem gegen die eigenen Politiker. Der dringend notwendige Schulterschluss der grossen Parteien ist nicht in Sicht. .....
Viele im Westen sahen in Griechenland vor allem die Wiege der europäischen Kultur und Demokratie. Der schon damals grassierende Klientelismus wurde ebenso ausgeblendet wie die Tatsache, dass es in Griechenland auch ganz andere Traditionen gibt. Der Norden des Landes war noch vor hundert Jahren Teil des Osmanischen Reiches. Die Finanzhilfe der EU diente den Politikern der beiden grossen Parteien, der Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (Pasok) und der konservativen Nea Dimokratia, zur Erhaltung und zum Ausbau des Klientelsystems. .....
Am jüngsten Generalstreik, der von den beiden grossen Gewerkschaften ausgerufen wurde, haben zwar mehr Arbeitnehmer teilgenommen als an den bisherigen Aktionen. Dennoch ist das Land weit von einer sozialen Explosion entfernt, trotz den Todesopfern vom Mittwoch. Die Wut der Bevölkerung richtet sich vor allem gegen die eigenen Politiker. Allerdings haben sich viele Griechen, die jetzt protestieren, in dem von ihnen angeprangerten korrupten Klientelsystem selber wohnlich eingerichtet und von ihm profitiert. ... Wenn die Regierung die Korruption nicht auch an der Spitze erfolgreich bekämpft, wird sich die Bevölkerung von ihr abwenden. .....
Skandalös ist die Haltung der oppositionellen Nea Dimokratia. [Wundert mich aber nicht: Bei uns würden sich die "Bürgerlichen" in einer analogen Situation genau so machiavellistisch verhalten. Gesamtgesellschaftliche Verantwortung zeigen dort wie hier im Zweifelsfall am ehesten die (Rosa-)"Roten" (die ganz Roten allerdings in Griechenland genau so wenig wie hier). Deswegen wird es bei uns wohl wieder eine Große Koalition sein, welche nach einem Scheitern der schwarz-gelben Spaßregierung deren Wohltaten und noch etwas mehr wieder einsammeln wird.] Ausgerechnet jene Partei, die wohl noch mehr als die Pasok für die gegenwärtige Misere verantwortlich ist, lehnt das Sparpaket der Regierung ab. Sie hat in ihrer Regierungszeit (2004 bis 2009) bewusst Wirtschaftsdaten gefälscht und Zehntausende von neuen Stellen im Staatsdienst geschaffen, um ihre Klientel zufriedenzustellen."
Sehr ausführliche Erklärungen über die Funktionsweise des Rettungsprogramms liefert der FAZ-Bericht "720-Milliarden-Euro-Schutzprogramm. Wie der Euro-Rettungstopf funktioniert" von Werner Mussler und Patrick Welter vom 11.05.2010.
Unabhängig vom aktuellen "Rettungspaket" "für den Euro" sieht der Wertpapieranalyst Claus Vogt aber schon wegen der von den Zentralbanken zur Bekämpfung der Finanzkrise gesteigerten Geldmenge Inflationsgefahren heraufziehen:
„In 8 Jahren ist das Geld nur noch die Hälfte wert“ überschreibt die FAZ ein Interview von heute:
"Claus Vogt sieht schwarz: Der Chefstratege der Quirin Bank , der ersten Honorarberaterbank in Deutschland, warnt vor steigender Inflation und dem nahen Börsencrash."
Auch andere "Investoren warnen vor Geldschwemme in Europa" (FTD 12.05.10).
Andererseits: Unser Mann in Brüssel, EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark, "hat harten Widerstand der Notenbank gegen jede Form von politischem Druck angekündigt, der die Preisstabilität gefährden könnte" (Handelsblatt vom 12.05.10, "Geldpolitik: EZB stemmt sich gegen Schuldenabbau durch Inflation").
Fraglich allerdings, ob sich die Stabilitätswächter durchsetzen können, denn am gleichen Tag meldet das HB unter: "Europäische Zentralbank: Clash der Kulturen":
"Im europäischen Haus hängt der Haussegen schief. Der Beschluss der Zentralbank in Frankfurt, schwächelnden Euro-Ländern durch den Kauf von Staatsanleihen zu helfen, hat zu einem Kampf der Kulturen geführt. Deutsche Stabilitätskultur und französischer Interventionismus stehen sich unversöhnlich gegenüber. Der EZB droht eine Zerreißprobe."
Auch die Wikipedia bietet einen Eintrag über die "Griechische Finanzkrise 2009/2010".
Das englischsprachige Pendant, zu dem dort verlinkt wird, ist sehr viel länger, trägt aber den Titel "2010 European sovereign debt crisis" (Hauptinhalt ist dennoch die Lage in Griechenland).
Textstand vom 11.06.2011
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