Die nachfolgende Überlegungen sind im Anschluss zu meinem Blog "Helvetische Vollgeld-Fantastilliarden" entstanden. (Der Text ist auch auf JouWatch veröffentlicht und wurde dort auch debattiert). Wer (verständlicher Weise) nicht erst meine gesamten (derzeit 45 ohne den vorliegenden) Blotts zum Thema Geld(schöpfung) lesen mag (bzw. schon kennt), der wird sich dennoch leichter tun, wenn er zuerst den Vor-Blott liest.
Eine fundamentale Unterscheidung der verschiedenen Geldarten in der öffentlichen Debatte ist die zwischen Warengeld und Fiatgeld.
Warengeld ist dadurch charakterisiert, dass es auch unabhängig von seiner Geldfunktion einen Wert als Ware hat. Theoretisch käme insoweit alles Mögliche in Betracht; praktisch wurden in der Geschichte hauptsächlich Gold und Silber (schon seit der Antike meist in ausgemünzter Form) als Geld benutzt. (Wo die fehlten und wo z. B. das offizielle Papiergeld wertlos war, kamen auch andere Waren zum Einsatz; im Gebiet der späteren Bundesrepublik Deutschland zwischen dem Ende des 2. Weltkrieges und der Währungsreform insbesondere Zigaretten.)
Fiatgeld ist das Gegenstück zum Warengeld, also eine Geldform (praktisch) ohne Warenwert. Aus dem täglichen Leben denkt man wohl meist an Papiergeld; doch gab es schon seit Jahrhunderten daneben reines Buchgeld. Dieses ist heute, in elektronischer Form aufgezeichnet, die quantitativ wichtigste Geldform überhaupt (und gedanklich inbegriffen, wenn ich nachfolgend vom "Gelddrucken" usw. spreche).
Beim Fiatgeld gibt es allerdings zwei verschiedene Möglichkeiten, wie das Bankensystem solches in die Welt bringen kann: per Kredit ("Kreditgeld") oder indem die Zentralbank, (Notenbank) Geld einfach "druckt" und (konkret praktisch immer: an den Staat) verschenkt. Für das so geschaffene Geld hat sich noch kein feststehender Begriff herausgebildet; manche, darunter auch ich, bezeichnen es als "Willkürgeld".
Dieses Geld ist soviel wert wie Falschgeld, nämlich gar nichts: Weder hat es einen inneren (Material-)Wert, noch zwingt es den Erstgeldempfänger, seinen (sozusagen) vorschussweisen Kauf irgendwann wieder zurück zu geben.
Zwar ist auch das Kreditgeld am Anfang seines Lebens bloßes "Willkürgeld": Ein Anrechtsschein auf Waren, durch keine Güterproduktion unterfüttert.
Die erfolgt dort am Schluss: Wenn der Kredit fällig wird, muss der Kreditnehmer selber etwas am Markt verkaufen, um die Schuld tilgen zu können. (Tatsächlich sogar noch etwas mehr, um die Zinsen zu bezahlen; aber das können wir hier vernachlässigen.) Und mit der Tilgung ist das Kreditgeld aus der Welt.
Dagegen lebt das Willkürgeld (im Prinzip) "ewig": Es gibt keinen Automatismus, der es wieder vernichtet, so wie das die Tilgung mit dem Kreditgeld macht.
Und niemand, dem die Zentralbank Willkürgeld in die Hand gedrückt hat, muss dafür seinerseits etwas liefern: Er geht damit einkaufen, und damit hat es sich. (Das trifft natürlich nur für "Erstgeldempfänger" zu; die "Zweitgeldempfänger" usw. bekommen auch dieses Geld im Prinzip - nur dadurch, dass sie etwas verkaufen.)
Vorliegend soll untersucht werden, welcher der o. a. Kategorien die Bitcoins (stellvertretend auch für andere Krypto-Währungen) zuzuordnen sind.
Dazu hatte ich kürzlich in einer privaten Mail-Korrespondenz die Vermutung geäußert, dass man Kryptowährungen wohl dem Warengeld zurechnen müsse:
- "...die Geldschöpfungsarten..... grundsätzlich in zwei
Kategorien zerfallen:
- Warengeld mit einem intrinsischen Wert (Materialwert; denkbar wäre vielleicht auch - bei Bitcoins usw. - ein "Energieaufwandswert")
- Und "Papiergeld", das KEINEN Materialwert (oder "Aufwandswert", "Herstellungswert") hat."
Genau das tun sie jedoch NICHT.
Wenn irgend etwas in etwas anderem "enthalten" ist, dann muss es VORHANDEN sein.
Bei Goldmünzen ist das tatsächlich der Fall: Die sind das materiell greifbare Ergebnis menschlicher Arbeit, und dieses Ergebnis kann auch in anderer Form als der Geldform genutzt werden: Goldmünzen kann man einschmelzen und für Schmuck, Zahngold oder technische Zwecke verwenden.
Bei den Bitcoins ist die Energie NICHT mehr da: Es gibt keinen "EnergieaufwandsWERT", der in ihnen erhalten und aus ihnen zurück zu gewinnen wäre. Es gab lediglich einen (ggf. hohen) Energieaufwand in der Vergangenheit, der zur Produktion des Bitcoins notwendig war. Aber davon hat niemand mehr etwas; dieser Aufwand ist sinnlos verpufft.
Volkswirtschaftlich sind solche Geldformen idiotisch: Mit enormem Aufwand etwas herstellen, was man als solches gar nicht haben will, sondern (im Prinzip) lediglich deshalb haben möchte, weil man es gegen Waren eintauschen kann.
Wenn aber eine Volkswirtschaft einen hohen Aufwand in die Herstellung eines bloßen Tauschmittels steckt, dann fehlen jene Güter, die man ansonsten mit der verschwendeten Energie und Arbeit hätte produzieren können.
Anders als bei einer Goldmünze habe ich beim Bitcoin real NICHTS in der Hand; einen Wert hat dieses "Geld" nur insoweit, als andere ihm einen Wert beilegen. (Damit ist es auch nur folgerichtig, wenn sein Kurs enormen Schwankungen unterworfen ist: Wenn ein Wert keinerlei materielle Basis mehr hat, dann kann er nur noch in seiner Wert-SCHÄTZUNG bestehen und muss sich je nach vorherrschender Meinungsströmung ständig ändern; es gibt keinen "Anker", der den Wert in irgend einer Weise aus realwirtschaftlichen Vorgängen herleiten oder daran orientieren könnte.)
Man kann sich die "intrinsische" (innere, immanente, innewohnende) Wertlosigkeit von Bitcoins in einer Analogie zu dem Märchen "Des Kaisers neue Kleider" veranschaulichen. Da mag ein ganzes Schneiderballett eine Pantomime aufgeführt haben, bei der die Anfertigung von Kleidungsstücken dargestellt wurde - aber keines hergestellt. Auch die Pantomime wäre ein großer Arbeitsaufwand; produziert hat sie aber lediglich eine Illusion.
Jedenfalls: Im Sinne der o. a. Aufteilung sind Bitcoins reines "Fiatgeld": Sie sind nur deshalb Geld, weil (und solange) jemand bereit ist, sie als solches anzunehmen und dafür Güter (oder "richtiges" Geld) zu verkaufen.
Dass sie außerdem ihrer Entstehung nach kein Kreditgeld sind, liegt auf der Hand. (Und hat nichts damit zu tun, dass auch sie selbstverständlich verliehen werden können: Aber dann sind sie bereits geschöpft worden; die Kreditgewährung ist weder Bestandteil noch Voraussetzung für die Bitcoin-Produktion.)
Somit sind sie reines "Willkürgeld", flapsig also "Falschgeld": Weder haben sie selber einen materiellen Wert, noch bewirken sie aufgrund ihres Entstehungsmechanismus, dass derjenige, der damit zuerst einkaufen geht, am Ende des Geldlebenszyklus selber etwas produzieren und das dafür eingenommene Geld wieder abliefern muss.
Sie leben ewig, und ermöglichen es (solange sie von anderen Marktteilnehmern akzeptiert werden) den Produzenten, sich "für lau" am Markt zu bedienen. Insoweit ist die Situation nicht anders als bei "normalem" Falschgeld; nur ist halt mittlerweile der Energieaufwand für die Bitcoin-Produktion enorm hoch und steigt ständig weiter.
Ihr Marktwert liegt also zum einem im Glauben vieler Marktteilnehmer, dass sie Geld seien. Zum anderen und hauptsächlich jedoch in ihrer Knappheit, die ihrerseits durch die enormen Herstellungskosten und die der Produktionsformel innewohnende mathematische Begrenzung der maximalen Bitcoin-Menge bedingt ist.
Knappheit und Wertschwankungen bedeuten freilich auf der anderen Seite, dass sie als reguläres Geld zum Betrieb ganzer Volkswirtschaften ungeeignet sind. Realwirtschaften brauchen eine "atmende" Geldschöpfung, die auf Nachfrageschwankungen elastisch reagieren kann. Und ein wertstabiles Geld; sonst verkommt die Wirtschaft zu einer Spekulationsbude.
Weil diese Kriterien, zumindest die Wertschwankungen, zweifellos auch für andere Kryptogeld-Formen zutreffen, sind sie kein brauchbarer (und schon gar kein werthaltiger!) Ersatz für das heute übliche, kreditär geschöpfte Fiatgeld: Sie sind im volkswirtschaftlichen Sinne Falschgeld.
Nachtrag 01.06.2018
Allgemeine Informationen über den Bitcoin, die im vorliegenden Zusammenhang hochinteressant sind, liefert der Artikel "10 Fragezeichen zu Bitcoins: Wie viel Substanz steckt hinter dem Hype mit den Digitalwährungen?" von Ingmar Blessing, JournalistWatch (JouWatch) vom 19.07.2017.
ceterum censeo
Wer alle Immiggressoren der Welt in sein Land lässt, der
ist nicht "weltoffen":
Der hat den A.... offen!
Textstand
vom 26.11.2023
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