Samstag, 30. April 2011

US-UN-Botschafterin Susan Rice nimmt Viagra für den Kampf gegen Gaddafi!


Tatsächlich, die amerikanische UN-Botschafterin hat Viagra in den Mund genommen, um damit den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi zu bekämpfen!

Natürlich hat sie nicht die Pille geschluckt - die würde ihr als Frau wenig nützen - sondern das Wort instrumentalisiert. So berichtete z. B. die FAZ am 29.04.11 unter der Überschrift "Libyen. Gaddafi soll Viagra ausgegeben haben" (meine Hervorhebung):
"Die amerikanische UN-Botschafterin Susan Rice hat in einer geschlossenen Sitzung des UN-Sicherheitsrates den Truppen des libyschen Diktators Muammar al Gaddafi vorgeworfen, im Kampf gegen den Aufständischen gezielt sexuelle Gewalt gegen Frauen einzusetzen.
Gaddafis Soldaten würden mit der Potenzpille Viagra versorgt, damit sie Frauen vergewaltigen könnten, sagte Frau Rice nach Angaben mehrerer Diplomaten, die an der Sitzung des Rates hinter verschlossenen Türen teilnahmen."

Das wirft eine Reihe von Fragen auf:

  1. Wieso können die Soldaten Gaddafis Frauen nur nach dem Genuss von Viagra vergewaltigen? Was sind denn das für Schlappschwänze? Die Russen haben doch auch kein Viagra gebraucht, als sie 1945 in Deutschland einmarschierten?!!!
  2. Woher bekommt Libyen eigentlich Viagra, jetzt, trotz Embargo?
  3. Wollte Frau Rice für Viagra werben - oder (wohl eher) die Öffentlichkeit auf einen Einsatz amerikanischer Bodentruppen, oder zumindest auf ein verstärktes militärisches Eingreifen der USA, in Libyen vorbereiten?
Lächerlich geht Propaganda wohl kaum noch!
Oder jedenfalls nicht viel absurder. Immerhin geben sich die Rebellen Mühe, wacker mitzuhalten (meine Hervorhebung):
"Die Aufständischen in Libyen haben am Donnerstag noch einmal um Waffenlieferungen aus dem Ausland gebeten. Abdulfatah Junis, einer ihrer militärischen Anführer, verlangte bei einem Auftritt in Brüssel Hubschrauber vom Typ Apache, Panzerabwehrraketen und Schnellboote mit Torpedobewaffnung. Bisher habe man nur geringe Mengen an Waffen erhalten, berichtete er, erwarte aber neue Lieferungen. Junis, der dem Regime vor seinem Seitenwechsel als Innenminister gedient hatte, sagte, dass Gaddafis Truppen immer noch über ein Viertel ihrer alten Bestände an Chemiewaffen verfügten. Da der Machthaber verzweifelt sei, bestehe vielleicht die Gefahr, dass er Senfgas einsetzen lasse."
Ist ja auch logisch: wenn "vielleicht" die Gefahr besteht, dass Gaddafi Giftgas einsetzt, muss der Westen doch schnellstens Waffen an die Rebellen liefern?

Aber die Nato kann Propaganda auch ganz gut.

Unter "Libyen. Gaddafi bietet Waffenstillstand an" berichtet FAZ.net vom 30.04.11, wie man als treudoofer Nachrichtenkonsument diese Aktion laut Nato sehen muss (meine Hervorhebungen):"Die Nato hatte am Freitag berichtet, dass Truppen des libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi versucht hätten, den Hafen von Misrata zu verminen. Man habe das aber unterbunden. Brigadegeneral Rob Weighill, ein Offizier des Einsatzkommandos, wertete diesen Versuch als weiteren Beleg dafür, dass Gaddafis Truppen rücksichtslos gegen humanitäre Hilfslieferungen vorgehen. Die seit Wochen belagerte Stadt Misrata konnte zuletzt nur noch über den Seeweg erreicht werden, was Hilfsorganisationen immer wieder für Lieferungen und zur Evakuierung der Bevölkerung genutzt haben. Weighill berichtete, die Aufständischen hätten in Misrata durch die Luftunterstützung der Nato an Boden gewonnen, man könne aber nicht sagen, dass sie vor einem Sieg stünden."
Ooops - da hat sich aber jemand verplappert: "Luftunterstützung der Nato" für die Rebellen? Ich dachte, äh ... die Nato wollte lediglich die Zivilisten vor den Angriffen von Gaddafis Viagra-Brigaden beschützen? War wohl irgendwie gelogen. Da kommt es auf ein Viagra-Märchen auch nicht mehr an.

Zumal auch die Behauptung, Gaddafis Soldaten wollten mit der Verminung des Hafens von Misrata die humanitäre Hilfe für Misrata verhindern, aus der Luft gegriffen war.
Denn FAZ.net meldet in dem oben zitierten Viagra-Artikel vom 29.04.11 (meine Hervorhebung):
"Im von den Rebellen kontrollierten Hafen Misratas kamen unterdessen zwei Schiffe mit Lebensmitteln, Medikamenten und Waffen an."
Über die Versorgung der Verteidiger von Misrata mit Waffen hatte auch die ZEIT schon am 24.04.11 in dem Artikel "Militäreinsatz in Libyen. Soll der Westen den Krieg verschärfen?" informiert: "Die Aufständischen in Bengasi hatten in den vergangenen Wochen mit Fischerbooten immer wieder Waffen und Kämpfer nach Misrata gebracht."

Man muss Oberst Muammar al-Gaddafi nicht für einen besonders sympathischen Menschen halten. Aber dass er es nicht sonderlich goutiert, wenn unter Ausnutzung des offenen Hafens, oder gar zugleich mit und unter dem Vorwand von humanitärer Hilfe Waffen an die Aufständischen in Misrata geliefert werden, das kann man irgendwo verstehen.

Äußerst dubios ist auch eine weitere Meldung, die auf FAZ.net vom 27.04.11 mit:
"Stammesvertreter wenden sich von Gaddafi ab" überschrieben ist und im Vorspann so zusammengefasst wird:
"Repräsentanten von 61 libyschen Stämmen haben sich in einer Erklärung für ein geeintes, freies und demokratisches Libyen ohne Machthaber Gaddafi ausgesprochen."
Die Meldung selbst wäre glaubwürdiger, müsste man nicht im Folgetext über die Quelle erfahren:
"... Text, den der französische Schriftsteller Bernard-Henri Lévy veröffentlichte."
Kommunizieren die libyschen Stämme ihre politischen Einstellungen gegenüber der Weltöffentlichkeit mittlerweile über einen jüdischen Philosophen in Paris (der nebenbei Kriegstreiber zu Gunsten der Rebellen war und ist)?

Wieder und wieder erweist es sich, was ich schon früher konstatiert hatte: dass die schwarz-gelbe Bundesregierung mit Außenminister Westerwelle und Bundeskanzlerin Angela Merkel gut daran getan haben, den UN-Resolution für ein militärisches Eingreifen in Libyen nicht zuzustimmen, sondern dass Deutschland sich der Stimme enthalten hat. Wenn die (Frankreich, USA, Großbritannien) meinen, sie müssten den Rebellen helfen, sollen die machen, was sie wollen. Aber ohne Unterstützung durch Deutschland!


Nachtrag 01.05.2011
SpiegelOnline hatte bereits am 17.04.11 über Vergewaltigungen durch die Truppen Gaddafis berichtet: "Libyen-Krieg. Gaddafis Schergen setzen Vergewaltigungen als Waffe ein" (Hervorhebungen von mir):
"Laut einem Bericht der "Sunday Times" mehren sich in der Stadt Bengasi Vergewaltigungen durch Gaddafis Truppen. Der Ehemann der 28-jährigen Leila war nicht zu Hause, als die Soldaten seine Frau überfielen. Er war an der Front, um gegen sie zu kämpfen. Sie wiederum waren schon bei ihm zu Hause. Während er sein Leben aufs Spiel setzte, trafen die Gegner ihn an seinem verletzlichsten Punkt. Er konnte nichts tun, um Leila zu schützen...... Leilas Geschichte ist eine von vielen, die Chalifa al-Scharkassi in diesen Tagen erzählt werden. Der Arzt wurde in Deutschland ausgebildet, nun arbeitet er gemeinsam mit seinem Team in libyschen Flüchtlingslagern. Die "Sunday Times" schreibt, der Mediziner habe von rund einem Dutzend Fällen berichtet, insgesamt seien rund 100 Frauen Opfer der Schergen geworden. ..... Al-Scharkassi, 37, erzählt von vier Schwestern, die gemeinsam von einer Gruppe Soldaten vergewaltigt wurden. Von ihren Brüdern, die Rache geschworen haben. ..... Von jungen Frauen, die nach dem Verlust ihrer Jungfräulichkeit aus der Gesellschaft ausgeschlossen wurden. Und von Soldaten, die offenbar durch das Regime mit Viagra ausgestattet werden. Mit der "Sunday Times" hat Scharkassi erstmals über die Vergewaltigungen gesprochen - und so ein Tabu gebrochen. ..... Systematische Vergewaltigungen durch die Regierungstruppen gibt es laut "Sunday Times" nicht nur in Bengasi, sondern auch in Ras Lanuf, Ben Dschawad, Ugayla, Sidi Buschur und Adschdabija."Ich will gar nicht bezweifeln, dass es (auch) in diesem Krieg zu Vergewaltigungen kommt (ohne dass die Soldaten sich darauf durch die Einnahme von Viagra vorbereiten müssten).
Nur: wie können sich "in der Stadt Bengasi Vergewaltigungen durch Gaddafis Truppen" mehren, wenn dieser Ort doch schon seit Längerem in der Hand der Rebellen, und sogar deren Hauptquartier (oder Hauptstadt) ist??? Immerhin identifiziert dieser Artikel wenigstens die Quelle, aus welcher der Viagra-Vorwurf stammt.
Über dessen Wiederholung durch die UN-Botschafterin Susan Rice berichtet auch SPON, und zwar am 29.04.11 u. d. T. "Viagra für Soldaten. USA werfen Gaddafi Anstiftung zu Vergewaltigungen vor". Auch in diesem Bericht, im Wesentlichen offenbar aus Meldungen von Presseagenturen zusammengesetzt, wird gemeldet, dass die Aufständischen in Misrata über den Hafen auch mit Waffen versorgt werden: "Im von den Rebellen kontrollierten Hafen kamen zwei Schiffe mit Lebensmitteln, Medikamenten und Waffen an."
Zur allgemeinen Information verlinke ich hier noch einen weiteren SPON-Artikel vom 29.04.11, der nicht nur über die Situation in Misrata, sondern auch über Demonstrationen in Tripolis berichtet: "Gefechte in Libyen. Nato stoppt Minenleger am Hafen von Misurata":
"In der libyschen Hauptstadt Tripolis demonstrierten am Freitagabend erstmals seit Wochen wieder Regimegegner. Nach Angaben der Aufständischen schossen die Truppen von Staatschef Gaddafi auf die Demonstranten und trieben sie mit Tränengas auseinander. Die Proteste ereigneten sich den Angaben zufolge in den Vierteln Souk al-Dschumaa und Tadschura ereignet. Oppositionelle, die in den vergangenen Wochen aus der Hauptstadt geflüchtet waren, hatten erklärt, in Tripolis herrsche ein Klima der Angst."


Nachtrag 26.06.2011
Deutsche Medien berichten (mit einer Ausnahme) nicht darüber, dass unabhängige Menschenrechtsorganisationen keine Beweise für die angeblichen Massenvergewaltigungen durch libysche Soldaten gefunden haben. Im "Independent" jedoch titelt Patrick Cockburn am 24.06.2011: "Amnesty questions claim that Gaddafi ordered rape as weapon of war" (meine Hervorhebungen):
"Donatella Rovera, senior crisis response adviser for Amnesty, who was in Libya for three months after the start of the uprising, says that "we have not found any evidence or a single victim of rape or a doctor who knew about somebody being raped". ..... Liesel Gerntholtz, head of women's rights at Human Rights Watch, which also investigated the charge of mass rape, said: "We have not been able to find evidence." ..... Seemingly the strongest evidence for mass rape appeared to come from a Libyan psychologist, Dr Seham Sergewa, who says she distributed 70,000 questionnaires in rebel-controlled areas and along the Tunisian border, of which over 60,000 were returned. Some 259 women volunteered that they had been raped, of whom Dr Sergewa said she interviewed 140 victims. Asked by Diana Eltahawy, Amnesty International's specialist on Libya, if it would be possible to meet any of these women, Dr Sergewa replied that "she had lost contact with them" and was unable to provide documentary evidence.
The accusation that Viagra had been distributed to Gaddafi's troops to encourage them to rape women in rebel areas first surfaced in March after Nato had destroyed tanks advancing on Benghazi. Ms Rovera says that rebels dealing with the foreign media in Benghazi started showing journalists packets of Viagra, claiming they came from burned-out tanks, though it is unclear why the packets were not charred."
Und auch Vorwürfe, dass Ghaddafi ausländische Söldner eingesetzt habe, hielten einer Nachprüfung nicht stand.
Behauptungen, dass Ghaddafis Sicherheitskräfte massenhaft Zivilisten ermordet haben oder dass man gar von einem Völkermord sprechen können, waren ebenfalls reine Propaganda der Rebellen und/oder von deren Nato-Unterstützern:
"The Amnesty findings confirm a recent report by the authoritative International Crisis Group, which found that while the Gaddafi regime had a history of brutally repressing opponents, there was no question of "genocide". The report adds that "much Western media coverage has from the outset presented a very one-sided view of the logic of events, portraying the protest movement as entirely peaceful and repeatedly suggesting that the regime's security forces were unaccountably massacring unarmed demonstrators who presented no security challenge"."
Ghaddafi ist gewiss keine Lichtgestalt, aber hier hat die Propagandamaschinerie (der Rebellen und der CIA + Co.?) übertrieben. Und in gewisser Hinsicht mit Erfolg, denn, wie gesagt, in Deutschland konnte man zwar überall die Viagra-Story lesen; eine Korrektur, oder zumindest Relativierung im Hinblick auf die o. a. Untersuchungsergebnisse, hält man aber offenbar für überflüssig.
In Deutschland berichtet Telepolis, referiert allerdings im Wesentlichen nur den Cockburn-Artikel.
Ein eigenständiger Bericht (wenn auch zweifellos auf Material von Nachrichtenagenturen basierend) scheint "Lässt Gaddafi wirklich vergewaltigen?" auf der Schweizer Webseite "20 Minuten Online" zu sein (25.06.11).
Eigenständig ist wohl auch die Meldung der russischen Nachrichtenagentur "RIANOVOSTI" vom 25.06.11: "AI: Bisher keine Beweise für Massenvergewaltigungen durch Gaddafi-Soldaten".


Textstand vom 28.06.2011

1 Kommentar:

  1. NATO tötet und drei Enkelkinder jüngere Sohn von Gaddafi. Russland ist für Atomkrieg vorbereiten ... Siehe:

    http://aims.selfip.org/~alKvc74FbC8z2llzuHa9/default_libia.htm

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