Sonntag, 19. März 2006

Vor Benutzen Körper putzen – aber bitte nur oberflächlich!



Gersfeld ist ehrlich: ehrlich wie die Rhön. Die Rhön: Deutschlands ehrliche Landschaft. Die ist, was sie ist. Wir mögen die Rhöner Landschaft.
(Leider schmeckt, nebenbei bemerkt, dass Essen in vielen Rhöner Gaststätten auch so, wie es in der Rhön halt schmeckt.)
Aber hier geht es nicht um kulinarische Defizite der Rhöner Dorfgaststätten, sondern um "Bad Gersfeld".


Wächtersbacher Elegie

"Im Schlosspark wucherte einst die Natur –
Jetzt bieten sich Blicke auf Bierkästen pur
."

(Nach einer Aufräumaktion der wuchernden Schlossparkvegetation sind jetzt die Bierkästen auf dem Hof der Brauerei schon von weitem zu sehen.
Nicht unbedingt ein fürstlicher Anblick, aber das Schloss gehört ja auch nicht mehr den Fürsten.)


Textstand vom 20.03.2006.
Gesamtübersicht der Blog-Einträge auf meiner Webseite http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm

Überlingen

Welke Blätter nur sind mir geblieben von unserem Herbsturlaub 2002 in Radolfzell am Bodensee. Und nicht einmal das: nur Bits und Bytes auf der Festplatte.

Dort soll aber nicht festsitzen, was ich damals über Überlingen schrieb (und was mir jetzt im Zusammenhang mit dem "ZIZENHAUSENER TOTENTANZ " wieder in die Hände fiel):

Mensch, willst du würdig von hinnen geh'n, geh nach Kassel erst, das Museum beseh'n!

Am Wochenende besuchen wir gelegentlich die Vororte von Wächtersbach: Fulda zum Beispiel, oder Hanau, oder, wie gestern, Frankfurt am Main (a. M.).

Dort waren in der Kleinmarkthalle
Die Ostereier leider alle.

Damit meine ich jene heute recht raren rohen Hühnereier,

Die wo haben weiße Schalen,
Welche Menschin kann bemalen.

Während Weib auf Nahrungssuche,
Zieht's den faulen Mann zum Buche.
Walter König, Kleinmarkthalle,
Preisreduziert Kunstbücher alle.

Und nicht nur Kunstbücher. Ach, wer da mit praller Börse (und leeren Bücherschränken) einkaufen könnte:
"Die Adria. Kunst und Kultur an der nördlichen Adriaküste".
"Auf der Suche nach dem Stein der Weisen. Die Geschichte der Alchemie" wäre vermutlich eine sozialgeschichtlich durchaus aufschlussreiche Lektüre. Doch kämpft sich nur ein wahrer Masochist / durch Hunderte Seiten von wissenschaftlichem Mist.
"Venice – Fragile City 1797 – 1997".
"Der Klang im Bild. Evaristo Baschenis und die Erfindung des Musikstillebens". [Hier habe ich etwas geschummelt: dieses Buch sehe ich erst jetzt im Katalog.]
"Georges de la Tour – Werkverzeichnis". Der Begriff Werkverzeichnis erweckt in mir nicht gerade positive Assoziationen: allzu viele Werkverzeichnisse von Künstlern (Malern) mit kleinen und weitestgehend nur schwarz-weißen Bildern habe ich schon durchgeblättert. Dieses hier aber glänzt mit (u.a.) "130 farbigen, meist ganzseitigen Abbildungen". Ein wunderschönes "Werkverzeichnis" eines meiner Lieblingsmaler!
"Carl Spitzweg. Reisen und Wandern in Europa" ("300 farbige, meist ganzseitige Abbildungen") enthält viel Unbekanntes.
"Bartolomé Esteban Murillo. Kinderleben in Sevilla" und
"Giovanni Battista Piranesi: The Complete Etchings" habe ich beide erst im Katalog entdeckt.
"Bernhard Schultze – Das Große Format": opulentes Feuerwerk von Farben.
Im Bücherkatalog nur sehe ich wiederum "Femme Fatale – Die Unheimliche Frau. Weiblichkeit im Surrealismus" – und so was (anno 2001) in der Kunsthalle meines biederen Bielefeld, wo sonst z. B. "Jeff Koons – Die Bilder" (2002) gezeigt werden? [Na ja, meine Ironie ist vielleicht etwas unfair: derzeit wird dort immerhin LOUISE BOURGEOIS gezeigt: "La famille". (The "Spider Couple" that they display on their Website is kind of cute.)]

Verführen könnte mich allerdings der wunderbare Bildband "Pietra Dura" (italienische Einlegearbeiten aus Edelsteinen und Halbedelsteinen). Den freilich gibt's auch bei König derzeit nur neu. Besonders stechen mir die Lapislazuli-blauen Einlagen ins Auge. Erinnern mich zugleich an den
Blaumann par excellence: Yves Klein, über den es gleichfalls einen - reduzierten - Bildband zu kaufen gäbe:
"KLEIN, YVES. Text von Sandra Stich. Stuttgart 1994. 25 x 30,5 cm. 292 S. mit 224 (91 farb.) Abb., Biographie, Ausst.verz., Personenregister, Ppbd."
Und Yves Klein wiederum lässt mich an die Heidelberger Kunstausstellung der Superlative von 1990 denken: "Blau, Farbe der Ferne". (Den Katalog dazu gibt's noch zu kaufen; hier fand ich auch einen Textauszug daraus.)

Wirklich vom Hocker gerissen hätte mich, wenn ich denn gesessen hätte, jedoch der Bildband "Osmanische Keramik aus Iznik" von Walter B. Denny .
Die coolen, vorwiegend weiß-blau (teilweise auch in einem kalten Grün oder harten Rot) gehaltenen Dekore der berühmten türkischen Halbfayencen sind (m)ein Traum! Das Buch kostet Preis-werte 59,- €; ist aber damit für mich gleichwohl zu "teuro". Also geduldig warten; irgendwann wird auch davon die Restauflage verramscht – so wie vor einigen Jahren die herrlichen "Azulejos in Portugal" (in Deutschland ebenfalls bei Hirmer erschienen; meine Ausgabe in Lizenz bei Büchergilde Gutenberg). (Bilder von "Azulejos" gibt es z. B. hier.)
(Schluchz: New Yorker müsste man sein! In 2005 präsentierten dort die
"School of Visual Arts (SVA); the Iznik Foundation of Istanbul, Turkey; and the Moon and Stars Project of New York ... IZNIK, Legendary Ceramics from Turkey: An Art Reborn--the first exhibition of its kind in the United States. This exhibition [nicht vergessen: "klick image to see full frame"!!] brings to life a traditional Turkish ceramic art that has been lost for the last three centuries. With more than 50 examples of superb quartz tiles, plates and vessels, the exhibition offers a unique opportunity to see recent works alongside traditional 16th-century examples on loan from the collection of the Metropolitan Museum of Art. The presentation includes documentation of architectural Iznik masterpieces and will touch upon the renaissance of Iznik-style production in Turkey today."
In englischer Sprache ist auch ein noch umfangreicherer Bildband erschienen: "Iznik, the Pottery of Ottoman Turkey. Nurhan Atasoy and Julian Raby. Yanni Petsopoulos (ed.)"
(Schöne Bilder auch auf den Webseiten der "Turkish Cultural Foundation"; aktuelle Produkte gibt's z. B. hier)
["Richtige" Fayencen im technischen Sinne sind u. a. die italienischen Majoliken. Zu diesem Thema finde man mehr auf meinen Webseiten http://www.beltwild.de/majolikareich_leseliste.htm und http://www.beltwild.de/majolikareich_linksammlung.htm.]


Aber so ganz mit leeren Händen habe ich den Laden dann doch nicht verlassen. Denn:

Am Rande des Tisches strahlt verborgener Glanz -
Der Zizenhausener Totentanz!

(Verdammt: bei Jokers Restsellers hätte ich den für 2,95 € bekommen; ich habe 3,95 gezahlt. Aber dafür habe ich das Porto gespart. War dann wohl doch billiger.)
Na also (Sie hatten es ja schon richtig geahnt): so langsam kämpfen wir uns nun endlich zum Kasseler "Museum für Sepulkralkultur" durch!

Tatsächlich ist es dem Museum gelungen, die "die 42 Totentanzfiguren [aus Ton] aus dem in der Nähe des Bodensees gelegenen Ort Zizenhausen", die im 19. und sogar noch im vergangenen 20. Jh. "in nicht mehr bekannter Auflagenhöhe hergestellt und europaweit vertrieben wurden" anzukaufen. Die Ausgabe 1/2-2004 des 49. Jahrgangs der Fachzeitschrift "Friedhof und Denkmal", deren glücklicher Besitzer ich nunmehr bin, appelliert an die "großzügige Mithilfe" des Lesers, um den Ankauf der abgebildeten "kompletten[n] und vorzüglich erhaltene[n] Folge dieser 42 Figuren" zu ermöglichen; über das Ergebnis informiert (zwar leider nicht die Seite des Sepulkralkulturmuseums, sondern) der "Arbeitskreis selbständiger Kultur-Institute e. V.":
"42 Patinnen und Paten haben dem Museum für Sepulkralkultur in Kassel den Erwerb ermöglicht, in dem sie für je ein Figurenpaar die Patenschaft übernommen haben. Auf diesem Weg konnten 20.000,- Euro aufgebracht werden, eine Summe, die aus dem normalen Museumsetat nicht zu realisieren gewesen wäre. In langer Reihe stehen die Figuren nun in einer eigenen Vitrine, die kostenlos von der gemeinnützigen Ausbildungswerkstätte des Vereins für Sozialpolitik, Bildung und Berufsförderung e.V. in Kassel hergestellt wurde. Und jedes Figurenpaar ist mit dem Namen seiner Patin, seines Paten versehen.
Die auf diesem Weg ermöglichte Finanzierung ist ein Glücksfall, sie dokumentiert auch die Verbundenheit vieler Menschen mit dem Museum. Dabei stammen die Patinnen und Paten nicht nur aus Kassel und Nordhessen, sondern aus dem ganzen Bundesgebiet: von Stuttgart bis Berlin und von Köln bis Leipzig. Besonders bewegend ist die Übernahme einer Patenschaft durch eine beinamputierte und fast erblindete Berlinerin für das Figurenpaar "Tod und Krüppel". Auch viele andere Patinnen und Paten wählten ihre Figuren durchaus in Bezug auf die eigene persönliche oder berufliche Situation aus."

Wanderer: kommst du nach Stockach, versäume nicht dorten im Stadtmuseum zu beschauen den "Zizenhausener Totentanz"'!
So lange du freilich noch ein Netzgefangener bist, musst du dich wohl mit Bildern von Figuren aus dem Städtischen Museum in Überlingen (hier mehr über das Museum allgemein) zufrieden geben.
(Schöne Stadt übrigens, dieses Überlingen - vgl. Folgeblog! Das Stadtmuseum haben wir bei unserer Stippvisite von Radolfzell aus anno 2002 leider nicht besichtigt.)
Eine besonders hübsche Figur (in einer freilich weniger guten Aufnahme), hier aus einem Konstanzer Museum; die Fotografie findet man auf den wirklich anregenden Webseiten der Europäische(n) Totentanz-Vereinigung .
(Was, diesen Verein kannten Sie noch nicht? Na so können Sie den PISA-Test - oder gar den Einbürgerungstest? - aber nicht bestehen: Christliches Kulturerbe und so ... .)

Die mittelalterlichen Reime, welche den Keramikfiguren als Beschriftung beigegeben waren, sind freilich etwas holprig.
Das kann man besser machen. Ein Beispiel (das sich allerdings nicht an die vorgegebenen Berufskategorien hält) wäre "Tod des Schürzenjägers":

"Fasst Freund Hein dich am Schlafittchen,
Schaust du nicht mehr nach den Tittchen!"

Auch heutzutage entwickelt sich das Kulturerbe eben weiter ... .



Nachtrag vom 29./30.09.2007:
Es ist soweit: Das Buch "Osmanische Keramik aus Iznik" von Walter B. Denny (s. o.) wird jetzt wirklich verramscht. Zwar nicht zum Spottpreis, aber 34,95 € reuen mich nicht für ein herrliches, in Leinen gebundenes Buch des Hirmer-Verlages im Atlasformat mit 240 S. und zahlreichen, zum Teil ganzseitigen farbigen Abbildungen. Vor allem ist die Farbqualität der Bilder hervorragend (das Buch wurde in Spanien gedruckt; ich frage mich, ob überhaupt irgend eine deutsche Druckerei in dieser Qualität drucken kann.



Textstand vom 30.09.2007.
Gesamtübersicht der Blog-Einträge auf meiner Webseite http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm

Samstag, 18. März 2006

EdV


Sind Politiker ehrlich?
Zumindest was die Frankfurter CDU angeht, müssten deren Gegner diese Frage eigentlich freudig bejahen.

Zu den diesjährigen hessischen Kommunalwahlen (am 26.03.06) wirbt sie mit dem Slogan "Das Frankfurter Kreuz".
Das würde ich, wenn ich ein Anhänger der Roten, Grünen, Blauen oder wie auch immer parteipolitisch außerhalb der Schwarzen festgelegt wäre, im Wahlkampf ebenfalls sagen: dass die CDU das Frankfurter Kreuz ist.

Sie wissen nicht, was "EdV'" bedeutet? Also, mit etwas Nachdenken hätten sie eigentlich auch selbst auf die Lösung kommen können:
"Ehrlich durch Versehen" heißt das natürlich!😁
 
Textstand vom 10.09.2022

Mittwoch, 15. März 2006

Hungerskandal in Wuppertal: Porsche-Fahrer frisst Rentner-Oma die Polenta vom Teller!

 
Ein eigentlich ganz harmloser Bericht im Handelsblatt vom 03.03.2006 unter dem Titel "Chance mit neuen Energien" führt mich wieder einmal in ressourcenpessimistische Gedankengänge.
"Erneuerbare Energien wie Ethanol und Mais haben ein riesiges Zukunftspotenzial" heißt es dort, und diese Meinung wird von Leuten vertreten, die auch sonst als Heuschrecken bekannt sind: Hedge-Fonds-Managern nämlich.
 
Ethanol (genauer: Bioethanol) wird aus z. B. Mais, aber auch aus Getreide, Kartoffeln, Zuckerrohr usw., gewonnen, aus Agrarprodukten also, die man, anstatt sie zu verzehren, nach entsprechender Behandlung verfeuern kann. Den Treibstoff aus den Pflanzen technisch zu extrahieren erfordert allerdings zunächst einmal einen Energieaufwand, und die Energiebilanz – Gewinnungsaufwand minus Energiegehalt des Ethanol - ist nicht sonderlich gut: bei Erdöl ist diese Bilanz weitaus günstiger. Doch was tut (spendiert) der Autofahrer nicht alles, um seinen fahrbaren Untersatz in Bewegung zu bringen (halten)?

Dienstag, 14. März 2006

Der Hunger treibt's raus.

Das Wildschwein. Aus dem Wald.

Wenn Sie vielleicht noch nie von Wächtersbach gehört haben und deshalb glauben, dass sich hier Hase und Fuchs Gute Nacht sagen, dann irren Sie aber gewaltig!

Wächtersbach ist eine Bahnstation an der Linie Moskau – Warschau – Berlin – Wächtersbach – Paris. Wie meinen? Ja, richtig: zwei Frankfurts liegen auch noch irgendwo auf der Strecke dazwischen. (Das eine Frankfurt, auch als "Metooston" bekannt, ist übrigens ein Vorort von Wächtersbach und wird - im Zustand von anno 1984 - in dem Gedicht "Frankfurt stickt voller Merkwürdigkeiten" auf den Seiten von www.e-stories.de näher beschrieben.)

Jedenfalls: mit Kleinzeug wie Fuchs und Hase geben wir uns hier nicht ab: dies ist ein Ort für große Tiere.

Zum Beispiel für jene Wutz, welche gestern am späten Nachmittag nahe der Bahnlinie Moskau ... (usw.: Sie wissen schon) auf der Wiese stand.
Natürlich hat das Borstenvieh die heimfahrenden Berufspendler nicht gegrüßt und uns nicht einmal eines Blickes gewürdigt. Nur gierig im Wiesengrund herumgerüsselt. So sind sie halt, die Schweine ...


Nachtrag 26.12.2008
Mehr über Wildschweine kann man in dem FAZ-Artikel "Landplage. Eine kleine Ökonomie der Wildschweinjagd" von Winand von Petersdorff, FAZ v. 16.12.08, nachlesen.



Textstand vom 26.12.2008.
Gesamtübersicht der Blog-Einträge auf meiner Webseite http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm

Sonntag, 12. März 2006

Wie mich die Außerirdischen beim Pizzaessen erwischten


Auch wenn ich seit 40 Jahren in Frankfurt am Main gewohnt habe bzw. dort arbeite: dass es bei "Pizza Petro" in Sachsenhausen "Die beste Pizza in Frankfurt" gibt, wie ein enthusiastischer Konsument bei dooyoo bezeugt, würde ich denn doch nicht zu behaupten wagen. Schließlich habe ich ja nicht nur nicht alle, sondern allenfalls relativ wenige der Frankfurter Pizzerien ausprobiert.

Aber verdammt gut ist die Pizza aus dem Holzofen dort allemal. So haben wir unseren spontanen Beschluss kein bisschen bereut, "for old langsyne", d. h. in Erinnerung an alte Tage (bzw. Nächte) in Sachsenhausen wieder einmal eine Pizza beim Pizza Petro zu essen. Hunger hatten wir genug, nachdem wir zuvor die Ausstellung "Felix Nussbaum und die Moderne" im Jüdischen Museum besichtigt hatten.

Doch wartete bei Pizza Petro Geistesfutter auf mich.