Donnerstag, 11. Juni 2020

Die Eisenspäne-"Patrioten"


Die USA sind die Vormacht der westlichen Welt, wenn nicht sogar der Welt überhaupt.
Zumindest im "Westen" (im kulturellen Sinne) sind sie nicht nur wirtschaftlich, militärisch oder wissenschaftlich führend, sondern auch ganz allgemein im (wie soll ich sagen? Momentan fällt mir als Bezeichnung für das, was ich meine nur ein: ) gesellschaftlich-kulturellen "Meta-Diskurs".

Sichtbar wurde das (erstmalig?) in der "68er-Bewegung". Dazu aus dem einschlägigen Wikipedia-Stichwort (meine Hervorhebung): "Als 68er-Bewegung werden soziale Bewegungen der Neuen Linken zusammengefasst, die in den 1960er Jahren aktiv waren und in einigen Staaten im Jahr 1968 besonders hervortraten. Sie begann in den USA mit der Bürgerrechtsbewegung der Afroamerikaner und setzte sich im Protest gegen den Vietnamkrieg fort. Ähnliche Proteste flammten in vielen Staaten der Welt auf,"
 

Mir selber stieß die geistige Selbst-Kolonialisierung der Deutschen in einem anderen Zusammenhang (sauer) auf, nämlich in Forendebatten über das Geldwesen. An dieser Stelle geht es nicht um eine generelle Kritik an dem, was in aller Regel ein ziemlich substanzloses Geschwätz von Ahnungslosen ist. Erschütternd ist vielmehr, wie unreflektiert die allermeisten Debattenteilnehmer Positionen nachplappern, die letztlich zweifellos dem US-amerikanischen Forendiskurs entstammen.

Dass das "Fiat-Geld" böse ist und eigentlich schon längst zum finanziellen Untergang hätte führen müssen (dessen Ausbleiben die Glaubenstreue der Monetär-Esoteriker ebenso wenig erschüttern kann wie der bislang ebenfalls noch ausstehende Weltuntergang die Chiliasten), ist dort allgemeiner Konsens. Und ebenso, wann und womit das (vermeintliche) Elend im Geldwesen begonnen hat: Mit der Gründung der US-Notenbank (Federal Reserve System - Fed) im Jahr 1913.

Keiner von denjenigen, deren Geraune über das Geldwesen von intellektueller Selbstüberschätzung nur so strotzt, hat auch nur eine leise Ahnung davon, dass
a) die USA im 19. und Anfang des 20. Jh. (1907; s. a. hier) jede Menge Probleme und Finanzkrisen (vgl. auch diese Auflistung) durchlebten und 

b) damals ein im Verhältnis zu den führenden europäischen Staaten äußerst unterentwickeltes Geldsystem hatten ("European banking experts had long been appalled by its irrationality and lack of central control" erfahren wir hier in einer Darstellung der Vorgeschichte der Fed-Gründung).
Tatsächlich gab es in Europa schon längst Zentralbanken, und die wurden sogar als vorbildlich empfunden: "In 1906 ..... a committee of the New York Chamber of Commerce recommended creating a central bank patterned after the Reichsbank."
Im Vorfeld der Fed-Gründung hatten die USA eine "National Monetary Commission" eingesetzt. Deren Berichte sind heutzutage online verfügbar und enthalten u. a. eine ganze Reihe von Texten über Deutschland und die Reichsbank (u. a. ein "Buch" mit 362 Seiten über "The Reichsbank: 1876-1900" (u. a. wohl basierend auf einer Studienreise nach Europa, welche die Kommiteemitglieder 1908 unternommen hatten).


Es liegt mir fern, aus dieser fernen Vergangenheit patriotischen Honig saugen zu wollen. Nur ärgert es mich, wenn die deutschen Forenpapageien ihr geldgeschichtliches Nichtwissen auch noch aus den USA importieren.
(Die US-Forenteilnehmer wissen es zweifellos nicht besser wissen und wollen vermutlich auch gar nicht wissen, dass ihr Land noch vor gut 100 Jahren in finanztechnischer Hinsicht auf einem relativ primitiven Entwicklungsstand war und dass man die Innovation einer Zentralbank den Europäern - darunter anscheinend nicht zuletzt Deutschland - abgeschaut hat.)


Strukturell in gewisser Weise ähnlich verläuft die deutsche Debatte über Trump. Hier sind es ausgerechnet die selbsternannten Patrioten aus meinem AfD-Umfeld auf Facebook, welche den Trump-Fans in den USA nachdackeln. Teilweise kann ich das zwar nachvollziehen; Manche von Trumps Positionen - gegen Massenimmiggression, gegen eine hypertrophierte politische Korrektheit, aber auch gegen unfaire chinesische Handelspraktiken - begrüße auch ich. Ebenso ist seine Abneigung gegen US-Interventionen im Ausland unterstützenswert (wenngleich es ausgesprochen schäbig und schändlich von ihm war, die kurdischen Verbündeten der USA dem türkischen Erdogan-Regime zum Fraß vorzuwerfen, nachdem sie ihre Funktion im Kampf gegen den IS erfüllt hatten.) 

Andererseits muss man schon ein heftiges Sacrificium intellectus erbringen, um dem Lügenkönig ("The liar tweets tonight") hinterher zu teckern.

Und dass Trump Politik "für das Volk" machen will, das glauben nur Einfaltspinsel. Natürlich ist er daran interessiert, dass die Wirtschaft brummt. Aber die Unternehmenssteuersenkung auf Pump zeigt, dass Don Trump und seine Milliardärskumpane den Staatssäckel als ihre Beute betrachten: Party jetzt, bezahlt wird später. (Und dann zweifellos von denjenigen, deren Anteil am wirtschaflichen Erfolg in den USA ohnehin seit langem schrumpft.)
Vgl. dazu den englischsprachigen Wikipedia-Eintrag "Trumponomics": "According to the Congressional Budget Office (CBO), the number of Americans without health insurance increased under Trump, while his tax cuts were projected to worsen income inequality."
Trumps exorbitante Haushaltsdefizite beschreibt ein Artikel der New York Times vom 13.01.2020 (also VOR der Corona-Krise!):
"The widening deficit under Mr. Trump shows the degree to which economic growth on his watch has been helped by fiscal stimulus — increased borrowing by the government that injects more money into the consumer economy. That combination is unusual for a growing economy with low unemployment. In recent periods in the United States, sustained economic expansions have brought deficits down."

"A wave of retirements by baby boomers has begun to put pressure on the deficit by helping to drive up annual spending on Social Security and Medicare. But Mr. Trump has increased that pressure by signing both a $1.5 trillion tax-cut package in late 2017, which reduced federal tax revenue, and a series of bipartisan congressional agreements to increase spending on the military and on nondefense domestic programs like education."
"Mr. Trump promised to balance the budget and constrain federal spending as a candidate in the 2016 presidential election, and at one point he said he could pay off the entire federal debt in eight years. He and other Republicans have long criticized Democrats, particularly Mr. Obama, for spending too much and running up the deficit."
"In the three years Mr. Trump has been president, federal revenues have increased by an average of 2.6 percent per year. Spending has increased by 5.7 percent per year, and the deficit has grown by 20.8 percent per year. Under Mr. Obama, receipts grew significantly faster, at an average of 3.9 percent per year. Spending grew at less than half the average annual rate than it has under Mr. Trump. The deficit has grown nearly four times as fast, on average, under Mr. Trump than it did under Mr. Obama. Mr. Trump has already added more to the national debt than Mr. Obama did in his entire second term — $2.6 trillion, compared with Mr. Obama’s $2.1 trillion."


Vor allem aber nehme ich, als deutscher Patriot, es dem Don T. in Washington (dessen Botschafter Richard Grenell sich in unserer Hauptstadt Berlin ohnehin wie der Statthalter einer Provinz des antiken Rom aufgeführt hatte) äußerst übel, dass er faktisch gegen Deutschland (wenn auch formal "nur" gegen die beteiligten Unternehmen) wegen der Gaspipeline Nord Stream 2 Sanktionen verhängt. Das ist nicht die Art, wie man mit einem Verbündeten verkehrt: So kann man mit einem Kolonialvolk umspringen.
Jedoch, leider, auch mit einem Volk, das sich geistig bereits selber gründlich kolonialisiert hat (wie aktuell auch wieder die Übernahme der antirassistischen Demonstrationen aus den USA bei uns zeigt: Monkey see, monkey do .....).
Und wo sogar, bzw. ausgerechnet, diejenigen, die sich für Patrioten halten (oder ausgeben), dem Kolonial-"Paten" zujubeln.


Ich bin kein Putin-Fan, nicht antiamerikanisch und will Deutschland keinesfalls aus der Nato herausbrechen. Aber dieses Land und dieses Volk sind krank. Und das nicht ausschließlich deshalb, weil die breite Masse ihre Nacken bereitwillig unter das Joch des Schurkel-Regimes beugt. 
Denn selbst von denjenigen, die gegen die Deutschland-Destruenten der Blockparteien Widerstand leisten, werfen sich viele vor einem Politkriminellen in den Staub, der ihrem eigenen Land völkerrechtswidrig mit Mafia-Methoden teures Fracking-Gas aufzuzwingen versucht!

Oder anders gesagt: Sie richten sich wie willenlose Eisenspäne in einem Magnetfeld aus, das nicht das unsere ist und dessen Boss brutal mit den Stiefeln der Macht auf unseren legitimen und vitalen Interessen herumtrampelt!


Nachtrag 12.06.2020

 

Die amerikanischen Politgangster terrorisieren die Welt auf ihre Weise so, wie die kriminellen Kurden-Clans die Stadt Berlin terrorisieren: "Bundesregierung fürchtet amerikanische Sanktionen gegen deutsche Behörden" titelt die FAZ heute.
Wenngleich ich den Kleinkrieg scharf verurteile, den Wladimir Putin im Donbass gegen die Ukraine führt: Als Antwort auf dieses amerikanische Schurkenstück sollten wir unsere Sanktionen gegen Russland aufheben. Um den USA zu signalisieren, dass unsere Bereitschaft, unser Deutschland wie ein Kolonialgebiet behandeln zu lassen, Grenzen hat.


Auch gegen andere Staaten der Welt setzt die amerikanische Politik ihr außenpolitisches Hobby "Fremde Länder destabilisieren" ungebremst und ungehindert fort:
Ich kenne die Ausrichtung des Nahost-Experten "Elijah J. Magnier" nicht und will auch nicht ausschließen, dass da Propaganda (Russlands, Syriens, des Iran?) im Spiel ist. Allerdings erscheint mir sein Artikel (Original; deutsche Übersetzung) vom 11.06.2020 über das neue US-Sanktionsgesetz "Caesar's Law" alles in allem plausibel und glaubwürdig.
Den IS wird's freuen, wenn das syrische Assad-Regime destabilisiert wird .....
(Vgl. zu den Syrien-Sanktionen - auch Europas - aktuell auch das heutige taz-Interview "Politologin über syrische Regierung: „Schulen wieder aufbauen“ ": Sehr vernünftige Position!)


ceterum censeo
Wer alle Immiggressoren der Welt in sein Land lässt, der ist nicht "weltoffen":
Der hat den A.... offen!
Textstand vom 12.06.2020

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