Samstag, 25. November 2006

Google und die Blogger: brüderliche Umarmung oder laokoontische Umstrickung?

Mein Weblog-Provider "Blogger" gehört zum Google-Konzern.

In letzter Zeit erscheint immer dann, wenn ich mein "Dashboard" anklicke (also jene Seite, von welcher aus der Blogger Einträge posten bzw. ändern oder löschen kann) ein Vorspann "Your new version of Blogger is ready!"
"The new version of Blogger now has all the original features you're used to, plus new post labels, drag-and-drop template editing, and privacy controls. And, it's a lot more reliable. After you switch you'll need to sign in with your Google Account, but your blogs will stay the same. Their content and layout will not change" lockt die Werbung, und endet mit der (linkunterlegten) Aufforderung:
"Switch to the new version".

Klickt man diesen Satz an, erfährt man auf der nächsten Seite

1) dass es sich um eine Beta-Version, also noch gar kein ausgereiftes Produkt handelt. Das berührt mich schon merkwürdig, wie hier doch recht aggressiv für eine (möglicher Weise) unausgereifte Sache geworben wird.

2) dass man ein "Google-Konto" benötigt. Ist das des Pudels Kern? Das heißt, wollen die mich auf diese Weise in ihre "Community" hereinziehen und einbinden um dann, auf welche Weise auch immer, an mein Geld zu kommen?
Dass sie an mir verdienen, indirekt über Werbung, lasse ich mir ja noch gefallen: umsonst ist der Tod, wie der Volksmund sagt, und selbst der kostet die Beerdigung. Auch Google ist keine karitative Einrichtung und muss natürlich Geld verdienen, um mir und anderen den - für mich - kostenlosen Blogspace zur Verfügung zu stellen. Dafür bin ich durchaus dankbar, und wenn man irgendwo auf Werbung trifft - weiß man ja, wie man damit umzugehen hat.
Falls die mir freilich direkt in die Tasche langen wollen, würde ich doch etwas allergisch werden.
Jedenfalls: auf irgendeine Weise ist die Firma zweifellos weniger daran interessiert, mich mit den verbesserten Features der neuen Version zu beglücken, sondern diese sind nur der Käse, mit welchem die Maus in die Falle gelockt werden soll. [Diese ganzen neuen Möglichkeiten verstehe ich ohnehin kaum, und was ich mir wünschen würde, nämlich das automatische Erscheinen eines "Permalinks" bei den einzelnen Einträgen - von denen ich leider nicht kapiert habe, wie ich die sonst in meinen Blog einfügen kann - wird anscheinend nicht angeboten.]
Welche Falle freilich die Google-Blogger-Strategen für mich und meinesgleichen vorbereitet haben: das wüsste ich denn doch zu gern.

3) Auf jeden Fall ist es eine irreversible Falle, denn man erfährt auch (so ehrlich sind die immerhin):
"Sie können diesen Vorgang nicht 'rückgängig machen'. Ihre Blogs und Profile bleiben unverändert – aber Sie können nicht zur alten Blogger-Anwendung zurückkehren."

Laokoontisch wäre die Umschlingung, weil sie den Surfer mit Haut und Haaren zu umfassen sucht wie die Seeschlange den trojanischen Priester Laookoon und seine Söhne. Und mit einem Danaergeschenk hat die Geschichte auch zu tun.
Und ontisch wäre sie ebenfalls, versucht sie doch anscheinend, unser ganzes virtuelles Sein zu umfassen.

Solche Heidegger- und Seeschlangen-verseuchten Untiefen meidend, navigiert Canabbaia vorerst lieber in jenen vertrauten Gewässern, wohin ihm nach einem Wechsel die Rückkehr versperrt wäre.
Denn Cangrande weiß: "Tanto va la gatta [bzw. hier: il gatto] al lardo, che di lascia lo zampino". Auf Deutsch also: Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er seinen Münzschatz dort deponiert. Oder so ähnlich.


Nachtrag vom 03.01.2007:
Die Blogger sind für Google allenfalls ein Zubrot. Was die sonst noch umarmen oder umstricken wollen, kann man z. B. in dem heutigen Handelsblatt-Artikel "Google packt die Welt ins Netz" nachlesen.

Bereits am 22.12.2006 verabreichte Google-Chef Eric Schmidt in einem Handelsblatt-Interview mit Dirk Heilmann und Axel Postinett (Titel: „Warum denn nicht die Deutschen?“) den Europäern und den Deutschen Seelenbalsam.

Und eine frohe Botschaft, verkündet (im Handelsblatt jedenfalls) am Heiligen Abend im Jahre 2006 des Herrn, lautete: "Wikipedia-Gründer startet Anti-Google". Jimmy Wales will's noch mal wissen. Schön wär's ja, wenn ihm auf dem Gebiet der allgemeinen Websuche etwas ähnlich Großartiges gelingen würde wie die Wikipedia.


Seien wir aber gerecht: Die Google-Suchergebnisse sind, wie mir scheint, in den meisten Fällen die besten aller Suchmaschinen, sogar auch beim Durchsuchen von Blogs, obwohl es doch auf diesem Gebiet den Spezialanbieter Technorati gibt(s. a. "Ey ihr Leut': was ist denn bloß mit Hilmar Kopper s Kopfbedeckung los?").
Die Landkartensuche funktioniert geradezu traumhaft (besonders in der Kombination von Satelliten- und Kartenbild).
"Google Book Search" dürfte ein Quantensprung für die Informationssuche sein (nur leider fehlt mir die Zeit, um mich mit den gigantischen Finde-Möglichkeiten in den Buchtexten aller Länder, Völker und Zeiten zu befassen). Die Nachrichtensuche, und darin wiederum die Möglichkeit, sich Meldungen zu selbst gewählten Stichworten schicken zu lassen - Herz (oder besser: Hirn), was willst du mehr?

Und Google Scholar erst - nun, das ist wohl intellectually beyond my reach. (It's probably indicating a form of escapism that I start thinking in English whenever things get a little embarrassing for me.)

Freilich, aus anderer Perspektive betrachtet, kann man ob all dieser Angebote nur seufzen: Schlaf, wie kann man dich überlisten?


Nachtrag vom 15.04.07: Es ist soweit; jetzt wird der Wechsel zur neuen Version erwzungen - vgl. meinen Eintrag "DER GOOGLE-GULP" vom 15.04.07.


Textstand vom 15.04.2007. Auf meiner Webseite
http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm
finden Sie eine Gesamtübersicht meiner Blog-Einträge.

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