Einen solchen Dialog ("Woher kommen Sie? Ich komme von Onde") hätte man heute, am ersten Advent des Jahres 2006, hören können, wenn etwa ein Italiener auf die Idee gekommen wäre, mich auf meinem (Rück-)Weg aus der Innstadt in die Altstadt von Passau zu befragen, woher ich komme.
Aus der Löwengrube natürlich, denn dort (im Haus Nr. 6) befindet sich die Redaktion der von Studenten gemachten Zeitschrift [eine Bezeichnung als "Studentenzeitschrift" wäre irreführend] "Onde". Der Name, den ihr der Gründer Gerrit Meyer-Arndt 1993 mit auf den Weg gegeben hat, ist schlicht genial. "Onde" bedeutet Welle, und die sanften Wellen des (Mittel-)Meeres sind es nicht zuletzt, welche wir mit Italien assoziieren.
Aber auch die elektronische Kommunikation vollzieht sich über (elektromagnetische) Wellen, und "Onde" soll ja der (wenn auch einseitigen) Kommunikation Deutscher mit (oder eher: über) Italien dienen.
Und in noch einem weiteren, und sehr wichtigen, Sinne trifft der Name "Onde" ins Schwarze. Wie ich bereits auf meiner Webseite "Italienreich: BEZIEHUNGSREICH" schrieb, kommuniziert das Wort "onde" für mich jedenfalls "zugleich ... auch die Wogen der Mitteilungsfreude [der Italiener], welche auch den Fremden, der Landessprache wenig Kundigen, ergreifen und – tragen!"
Eigentlich waren wir ja des Weihnachtsmarktes wegen nach Passau gekommen, auf einer 3-tägigen Wochenend-Busreise, welche uns auch nach Bodenmais, Cesky Krumlov (dt.: Krumau oder Krummau) und Budweis geführt hatte und auf dem Rückweg noch Passau mit einschloss. Darüber habe ich an anderer Stelle Näheres berichtet. Den Passauer Weihnachtsmarkt haben wir auch gesehen (ich nur kurz).
Der vorliegende Beitrag soll sich aber mit einem anderen Aspekt jener Stadt beschäftigen, in welcher die uralte deutsche Italienbegeisterung erneut auf fruchtbaren Boden gefallen ist - in der Löwengrube. Mit "Löwen" diese Straße aber überhaupt nichts zu tun. Vielmehr "trägt [die Löwengrube] ihren Namen nach dem Lößstreifen, der sich in der Innstadt bis zur Rosenau zieht" berichten jedenfalls die Autoren R. Ziegler u. a. in "Zwischen Donau, Inn und Ilz", einem "etwas andere[n] Führer durch Passau ...," dortselbst erschienen anno 1989 (S. 75).
Die halbjährlich (also einmal pro Semester) erscheinende Zeitschrift "Onde" veröffentlicht Artikel über Italien bzw. Themen mit Italienbezug in italienischer Sprache. Schwierige oder weniger bekannte Worte und Wendungen werden in Anmerkungen auf Deutsch übersetzt, so dass man die Texte auch mit etwas dürftigen italienischen Sprachkenntnissen lesen kann. Will heißen: sogar auch ich kann sie lesen, und da ich - als förderndes Mitglied - dem hauptsächlich studentischen Verein angehöre, bekomme ich die Zeitschrift halbjährlich zugeschickt. Raten Sie mal, was heute Abend bei der Rückkehr in unserem Briefkasten auf mich wartete?
Es ist wirklich erstaunlich, wie die in doch recht kurzen Abständen wechselnde studentische Mannschaft (richtiger eigentlich 'Frauschaft', denn die Damen dominieren insgesamt deutlich) die Qualität der Zeitschrift nicht nur konstant hält, sondern ständig verbessert und professionalisiert.
Wir seufzen (frei nach Eichendorffs "Taugenichts"): Ach, wer da Zeit zum Lesen hätte!
Während die Passauer Italianistik- oder Kulturraum-Studien-Studenten* also ausgesprochen tüchtig sind, ist [nicht nur] die Passauer Touristen-Information zumindest in einer Beziehung deutlich weniger 'auf Zack':
Die Wikipedia entwickelt sich mehr und mehr (oder sehe ich das zu subjektiv?) zum ersten Anlaufpunkt für die Internet-Recherche. Der Text in der deutschsprachigen Wikipedia über Passau ist lang (derzeit ca. 10 S.).
Die englisch-, französisch- und italienischsprachigen ("Passavia") Versionen zum Stichwort "Passau" freilich sind dürftig; in der italienischen Wikipedia heißt es sogar:
"Questa voce è solo un abbozzo (stub). Se puoi, contribuisci adesso a migliorarla secondo le convenzioni di Wikipedia", d. h. man ist sich bewusst, wie dürftig die Eintragung ist und fordert zur Ergänzung auf.
[Nachtrag: Per 01.01.2013 ist der Eintrag etwas länger, aber insgesamt immer noch dürftig.]
Bessere Gratis-Werbung als einen ausführlichen Wikipedia-Eintrag kann eine Stadt wohl kaum bekommen. Aber diese Erkenntnis ist offenbar am Passauer Fremdenverkehrsamt bislang vorbei gegangen (und nicht nur dort, dasselbe Informationsdefizit wird man bei vielen anderen bekannten Reiseorten finden).
P. S.: Endlich kommt man mal in die Löwengrube - und da ist "Onde" gar nicht mehr da? An der Klingel steht zwar noch der Name. Aber, wie ich dem Impressum im neuen "Onde"-Heft entnehme, lautet die Anschrift nun "Onde, c/o Universität Passau, Innstr. 33, 94032 Passau". Möge sie auch dort in Zukunft weiterhin so fruchtbar sein, wie in ihrer Vergangenheit in der Löwengrube.
Umsonst bin ich dennoch nicht dorthin gelaufen: die Blicke von der Marienbrücke bzw. von der Innstadt über den Inn auf die "Niederburg", den "Schaiblingsturm" und hoch über allem auf die Veste Oberhaus am anderen Ufer der Donau lohnten die kleine Mühe. Der schon erwähnte Reiseführer bezeichnet die Innseite sogar als "Schokoladenseite" Passaus.
* [Freilich wird die Zeitschrift "Onde" nicht nur von Studenten aus Passau gemacht, sondern auch von denen einer Reihe anderer Unis, insbesondere Bonn. Bedauerlich ist es, dass die Universitäten der Neuen Bundesländer so gut wie gar nicht repräsentiert sind (von den 27 im neuen Magazin aufgeführten Städten mit "onde vor Ort" liegt nur Leipzig in der Ex-DDR). Nicht einmal die Studenten von Dresdens - wenn ich nicht irre: 2 - Universitäten verspüren offenbar den Drang, der glorreichen Tradition sächsischer Italienbeziehungen und -Begeisterung neues Leben einzuhauchen.]
Textstand vom 01.01.2013. Auf meiner Webseite
http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm
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