Mittwoch, 22. November 2006

Mein Ressourcenpessimismus gehört mir!

Natürlich bin ich nicht der erste, und schon gar nicht der einzige, Ressourcenpessimist auf der Welt. Trotzdem erhalte ich für diese Sorte von Zeitgenossen nur einen Google-Treffer: meinen eigenen halt, im Blog-Eintrag vom 31.12.05 (leider keine Silvesterscherze, eher geistiges Bleigießen) u. d. T. "EINE NATUR GIBT ES NICHT. EINE UMWELT(PROBLEMATIK) AUCH NICHT". Und auch der Ressourcenpessimismus erfreut sich keiner großen Beliebtheit; jedenfalls nicht als Begriff. Selbst wenn ich ihn, zwecks Ausschöpfung aller denkmöglichen Schreibweisen, als zweigeteiltes (mit Bindestrich verbundenes Wort) suche, lande ich nur drei Treffer - bei mir selbst (12/10: mit Bindestrich keinen einschlägigen Treffer; ohne Bindestrich 12 Treffer, größtenteils von mir).


Da stellt sich die Frage, welchen Gattungsbegriff man sonst in der deutschen Sprache für diese Sorte von Zeitgenossen verwendet? Oder ob man überhaupt kein Bedürfnis verspürt, die Ressourcenpessimisten als solche zu klassifizieren?
Da ist man uns im anglophonen Sprachraum (also vor allem in den USA) wieder einmal meilenweit voraus:
Mit "depletionist" erntet man 370 Treffer (12/10: 970) (12/2011: ).
Vergebens aber sucht man im Online-Lexikon "LEO" eine deutsche Übersetzung.
 "Alarmist" zeitigt knapp 1,5 Mio. Treffer (12/10 allerdings nur noch: 634.000) (12/2011: 2,2 Mio.). Der Begriff wird aber nicht nur für den Ressourcen- oder allgemeiner den Umweltpessimismus angewendet. Deshalb kann er auch nicht spezifisch übersetzt werden, sondern nur ganz allgemein (LEO: "Bangemacher, Kassandra, Schwarzseher, Unke ...").

Macht nichts: so gehört halt der Ressourcenpessimusmus mir allein - noch.

Das heißt: so ganz nun auch wieder nicht. Er ist schließlich lediglich die deutsche Übersetzung des englischsprachigen "resource pessimism"; entsprechend auch "ressource pessimist".
Und diese beiden haben hübsche Zuwachsraten zu verzeichnen [bzw. hatten vor dem Stand02.12.07]. In dem oben erwähnten Eintrag "EINE NATUR GIBT ES NICHT ... " hatte ich die seinerzeitigen Trefferquoten erfasst (und habe sie numehr hier aktualisiert) (ab 12/2011 gerundete Werte):

"environmental pessimism" = 202; jetzt: 1.120 (!) // 02.12.07 = 545 (gleichfalls eine verblüffende Verminderung). (12/10: 1.620) (12/2011: 3.400)

"environmental pessimist" = 30; jetzt: 363 (!) // 02.12.07 = nur noch 96. Ob die Schwundraten bei den Alarmisten (Stand 12/07) ein gutes Zeichen sind? (12/10: 344) (12/2011: 600)

"resource-pessimism" = 52; jetzt: 113 // 02.12.07 = 131 (12/10: 390) (12/2011: 400)

"resource pessimist" = 29; jetzt: 76 // 02.12.07 = 8 (nanu, wo ist denn der Rest geblieben? Haben die sich alle ins Lager der Cornucopians geschlagen?) (12/10: 100) (12/2011: 200)


Im Deutschen finden wir folgende Häufigkeitsentwicklung:

"Ressourcenpessimist": per 02.12.07 lediglich Treffer in Texten bei oder von mir. (12/10: 13 Ergebnisse, aber fast alle von mir)  (12/2011: 60)

"Ressourcenpessimismus" = 8 Treffer per 02.12.2007 (in der Schreibweise mit Bindestrich sogar nur 7), aber die stammen, mit einer Ausnahme, sämtlich aus meinen eigenen Texten. (12/10:  2 oder 3 fremde Treffer, der Rest von mir) (12/2011: 60)

"Rohstoffpessimist" = 0 Treffer per 02.12.07 (12/10 = 9, dav. 2 bei mir) (12/2011: 30)

"Rohstoffpessimismus" = per 02.12.2007 nach wie vor -2- Treffer. (12/10 = nur eigene (12/2011: 4 - alle von mir)

"Rohstoff-Pessimismus", also in der Schreibweise mit Bindestrich, fördert per 02.12.2007 -3- Treffer zutage (darunter auch die beiden in einem Wort geschriebenen). (12/10: nur eigene (12/2011: 4, dav. 3 eigene)

"Rohstoff-Realismus" = 0 per 02.12.07 [Das glaube ich gern, dass wir auf diesem Gebiet nur träumen!] (12/10 unverändert) (12/2011: -2- eigene)

"Rohstoff-Realisten" gibt es per 02.12.07 im Internet nicht. (12/2011: -2- eigene)

"Rohstoff-Realist" ebenfalls trefferlos. (Dito 12/10, außer Treffer bei mir) (12/2011: 2 eigene)

"Umweltpessimist" (5 Treffer) - deren Zahl ist sogar auf 4 geschrumpft, und zwei davon bin ich. // 02.12.07: jetzt 16 Treffer, aber davon eine ganze Reihe aus meinen Texten. (12/10 = 2 Treffer außer meinen eigenen) (12/2011: 130)

"Umweltpessimismus" (17 Treffer) - jetzt 24 // 02.12.07 = 19. (12/2011: 160)
In 12/10 finden wir 63 Treffer , davon zwar einige bei mir, aber doch auch eine ganze Reihe fremde (die allerdings wohl vorwiegend aus dem vorigen Jahrtausend). Einem dieser Treffer, nämlich dem Endbericht "Umwelt und Gesundheitdes Büros für Technikfolgenabschätzung aus dem Jahr 1999, entnehme ich ein Sekundärzitat, dass ich hier für mich aufbewahren möchte:
"Der Zusammenhang zwischen theoretischem Umweltpessimismus und dessen  emotionaler  Verarbeitung  ist  kompliziert  und  zum  Teil  schwer durchschaubar. Jedenfalls treten die bei  Befragungen geäußerten negativen Umweltperspektiven nur parziell unmittelbar unter dem Bild von Furchtaffekten oder Angststimmungen zutage."
Als ursprüngliche Quelle dieses Zitates wird das Buch "Unangemessene und berechtigte Umweltängste -Erkenntnisstände, Erklärungsansätze und Kontroversen" von einem gewissen 
RICHTER, H.-E. angegeben, erschienen 1997 in Gießen1997.

[Der nachfolgende Textteil stammt aus der Zeit vor meiner statistischen Erhebung vom 02.12.07:]
Vorab stellt sich allerdings die Frage, ob nicht die Steigerung der Trefferzahlen ganz allgemein der zunehmenden Einstellung von Texten ins Internet zu verdanken ist, also nicht ein spezifisches gesteigertes Problembewusstsein indiziert, sondern einfach einen umfangreicheren Textkorpus. Das vermute ich auch im Prinzip; in diesem Falle müsste die Steigerung schon dramatisch sein , um eine stärkere Fokussierung des gesellschaftlichen Diskurses auf das jeweilige Thema anzuzeigen. Die Begriffe "environmental pessimism" oder gar "environmental pessimist" kämen also vielleicht als derartige Indikatoren in Betracht.

Für den Begriff "Rohstoffpessimismus" gibt Google ganze -2- Treffer aus. Einer davon ist recht interessant, nämlich einer Dokumentation der Vorträge auf dem BDI-Kongress "Rohstoffsicherheit – Herausforderung für die Industrie
8. März 2005 in Berlin
" entnommen. Verwendet wird das Wort "Rohstoffpessimismus" dort von Prof. Dr. Friedrich-Wilhelm Wellmer, "Präsident Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Hannover, und Niedersächsisches Landesamt für
Bodenforschung (NLfB
" in seinem Vortrag "Verfügbarkeit von Rohstoffen" (S. 41/42). Dort führt er u. a. aus:
"Wenn die Preise steigen, wie jetzt in dem Rohstoffboom, merkt der Kunde Knappheiten von Rohstoffen. Dann wird immer wieder die Frage gestellt: Haben wir nicht mehr genügend Reserven, genügende Lagerstätten? Um gleich die Antwort vorwegzunehmen: Wenn wir Knappheiten am Markt merken, hängt das nie mit geologischen oder Lagerstättenverfügbarkeiten zusammen, sondern mit Engpässen bei den technischen Verfügbarkeiten, den Bergwerkskapazitäten und den Transportkapazitäten." [Hervorhebung von mir]

Beim "hängt" hakt seine Argumentation in meinen Augen. "Hängt" ist Präsens, und für die Gegenwart (erst recht für die Vergangenheit) ist das ja auch richtig. Leider sagt uns Prof. Dr. Wellner nicht, wie lange man aus geologischer Sicht - nach derzeitigem Kenntnisstand - noch von einer relativ unbegrenzten Rohstoffverfügbarkeit ausgehen kann.
Andererseits ist seine Argumentation, sofern man den ersten Satz "Grund für einen Rohstoffpessimismus aus geologischer Sicht gibt es nicht, solange der Marktmechanismus funktioniert" als deren Kern verstehen will, bei einer bestimmten Interpretation unbestreitbar richtig - weil nämlich tautologisch. So lange der Marktmechanismus funktioniert, kann der Markt im Spiel von Angebot und Nachfrage zwangsläufig immer die passende, d. h. die zu Marktpreisen nachgefragte, Menge an Rohstoffen liefern. Das Zeug wird dann einfach irgendwann derart teuer, dass es (fast) niemand mehr kaufen kann. Und schon sind, wie bei Gold, Diamanten usw. ja auch, ausreichend Rohstoffe auf dem Markt, um die marktwirksame Nachfrage (und nur die kommt in Betracht, wenn man von einem Funktionieren des Marktmechanismus spricht) zu befriedigen.

Einen "Rohstoffpessimist" kennt Google gar nicht.

Der zweite Text mit "Rohstoffpessimismus" findet sich im Jahresbericht 2002 der Wirtschaftsvereinigung Bergbau. Aber nur als ein historisches Phänomen:
"Anfang der siebziger Jahre hatte der „Club of Rome“ mit dem Aufzeigen von „Grenzen des Wachstums“ die Erschöpfung wichtiger Rohstoffe prognostiziert. In diese Phase des Rohstoffpessimismus fielen zudem zwei Ölkrisen mit weitreichenden Folgen für alle Rohstoffproduzenten" heißt es dort.

Der einzige Ressourcenpessimist im deutschsprachigen Raum kann also zum Schluss kommen: Alles im Griff auf dem sinkenden Schiff!


Nachtrag 10.05.07: "Ressourcen-Realismus" ergibt -4- Treffer, die aber beide nichts mit Rohstoffen zu tun haben (ohne Bindestrich nur -1- Treffer). (12/2011: 4, davon -2- eigene)
"Rohstoff-Realismus" = -0- Treffer (12/2011: 2 eigene)
ebenso -0- für "Ressourcen-Realist" (12/2011: 2 eigene)
und auch -0- "Rohstoff-Realist" (12/2011: 2 eigene).


Nachtrag 13.11.07
Über Ressourcenpessimismus (und auch über zeitweisen Ressourcenoptimismus) im Laufe der neueren Geschichte informiert auch die Semesterarbeit "Veränderung in der Vorhersage und Wahrnehmung einer Verknappung mineralischer Rohstoffe" von Christian Marthaler, Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich aus dem Jahr 2007.


Nachtrag  05.12.10
Leider haut mir Google bei den Links immer die Anführungszeichen weg; wenn wer meine Suche präzise nachverfolgen will, müsste er/sie diese also jeweils bei dem Suchwort ergänzen.






Textstand vom 02.12.2011. Auf meiner Webseite
http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm
finden Sie eine Gesamtübersicht meiner Blog-Einträge.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen