Das hätte ich mir nicht träumen lassen, damals, als ich einen Internet-Anschluss bekam und häufig auch auf Umwelt-Webseiten - denen der Besorgten wie jenen der "Skeptiker" - unterwegs war:
Dass ich eines Tages genau so erzböse schimpfen würde wie die (jedenfalls in der US-Diskussion häufig als "Rechte" bezeichneten) Füllhornisten oder Cornucopians.Das Dumme ist, dass diejenigen, welche gegen Kohlekraftwerke demonstrieren, im Prinzip ja recht haben: diese Dinger stoßen Klimagase aus, und das kann für uns böse ausgehen.
Nur fürchte ich, dass uns diese isolierte Betrachtungsweise führt, wohin wir nicht wollen. Daher schrieb ich im "Stopp-Staudinger"-Blog (wo ich meinen Kommentar, der bei Eingabe mit "awaiting moderation" markiert war, freilich nicht finde):
"Recht so! Kämpft fleißig gegen die KKWs:
- gegen Kohlekraftwerke (damit Kohle erschwinglich bleibt - schließlich müssen ja die armen Länder noch Kraftwerke bauen, um zu uns aufzuschließen),
- und gegen Kernkraftwerke sind wir doch sowieso oder?
- Ach ja, Wasserkraftwerke, jedenfalls ‘richtige’, mit einem Staudamm dabei, lehnt ihr doch auch ab - oder zumindest viele von euch.
Irgendwie habt ihr ja Recht: die Population in Ägypten wäre ohne den Assuan-Staudamm zweifellos deutlich dünner. Aber dafür würdet ihr natürlich den bösen Kapitalismus verantwortlich machen und unsere Steuerkassen plündern um Hilfsgüter zu schicken für die armen Hungernden, gelle?
Und übrigens: wer ist eigentlich dafür verantwortlich, dass der Mais jetzt in den Tank statt auf den Teller kommt? Doch nicht etwa Ihr? Nein, so etwas habt ihr doch nicht gewollt! Ihr seid doch nur für erneuerbare Energien! Was könnt ihr dafür, wenn der böse Bush den Mais versprittet, oder die Bauern, oder der Teufel. Ihr wolltet ja nur das Klima retten. Und bei dem Stichwort “Energiepflanzen” habt ihr natürlich Plantagen auf dem Mond im Kopf gehabt.
Immerhin will ich euch zugute halten, dass ihr anständige Menschen seid, welche die armen Länder auf unser Wohlstandsniveau bringen wollen.
Ich fürchte nur, ihr habt da irgendwo die falsche Abzweigung erwischt: uns runterziehen war ja eigentlich nicht gemeint!"
Es mag ja ungerecht erscheinen, wenn ich die ganze Anti-Staudinger-Mischpoke für Einstellungen verantwortlich mache, die nicht unbedingt jede(r) von denen teilen muss.
Aber zum einen kommt eine Kraftwerksaversion selten allein: wer gegen Kohle ist, dürfte sehr häufig auch gegen Kernkraft sein (wofür es, isoliert betrachtet, ja ebenfalls gute Gründe gibt).
Zum anderen definiere ich - und meine ich, dass wir definieren sollten - Verantwortung jedenfalls im politischen Bereich anders, als es die herkömmliche Einzelbetrachtung unter dem Gesichtspunkt der "Gerechtigkeit" nahe legen würde.
Ich rechne diesen Demonstranten - wie auch allen anderen, die gegen irgend eine Form der Stromerzeugung demonstrieren (Biostrom aus Nahrungsmitteln ausgenommen) - eine Verantwortung zu, die ich mal mit dem Begriff "Vektorverantwortung" belegen will. Denn es kann nicht angehen, dass unsere Industrialisierung arbeitsteilig kaputt gemacht wird: diese gegen Kohlekraftwerke, jene gegen Atomstrom, andere gegen Staudämme.
Ehre wem Ehre gebühret: Die Sponsoren haben es verdient, dass man das Kleingedruckte ganz unten auf dem Plakat mal aufmerksamer studiert. Oxfam gehört dazu (schade, muss ich zukünftig meine Bücher in den Abfall werfen, statt sie zu den Ochsen zu tragen), und Brot für die Welt. Die fahren übrigens gerade eine Plakat-Kampagne gegen Biosprit (habe das Plakat im Vorbeifahren gesehen und konnte es leider nicht fotografieren; auch auf der Homepage von Brot für die Welt steht noch keine Abbildung): Mais auf den Teller statt in den Tank, oder so ähnlich. Bin ich ja voll dafür, nur verschwenden derartige Menschenfreunde offenbar keinen Gedanken daran, woher die notwendige Energie dann kommen soll - und wie eine Wirtschaft beschaffen sein muss, um - zum Beispiel - Spenden abwerfen zu können.
Oder wollen die etwa ihr Arbeitsfeld ausweiten und dafür sorgen, dass sie bald im eigenen Land Not lindern können / müssen?
Zur Webseite der "Klima-Allianz" geht es hier.
Nachträge 30.08.2008 ff.
Zufällige Synchronizität der Informationsaufnahmen: Gestern las ich auch den Wikipedia-Eintrag "Leningrader Blockade". Das ist, als Kriegsereignis, nicht direkt einer Knappheitssituation in Friedenszeiten vergleichbar. Trotzdem könnte es nicht schaden, wenn unsere notenthobenen Demonstrationstouristen sich damit, oder mit der Alltagsgeschichte selbst noch der frühen Neuzeit (Hungersnöte) vertraut machen würden. Wahrscheinlich werden sie argumentieren, dass sie ja gerade deshalb gegen die weitere Emission von Klimagasen demonstrieren, um zu verhindern, dass so etwas wie das "Jahr ohne Sommer" ein Dauerzustand wird. Die Frage ist nur, ob wir die Erderwärmung überhaupt noch signifikant vermindern können; aber das würde uns nichts nützen, wenn wir dafür ohne Energie daständen ("ohne" ist natürlich nicht wörtlich zu nehmen, sondern schließt auch eine drastische Reduzierung der verfügbare Energiemenge ein).
Allenfalls dann, wenn "Brot für die Welt" sich umbenennt in "Kondome für die Welt", könnte die Menschheit Hoffnung schöpfen. Aber das werden wir nicht nur deshalb nicht erleben, weil die amerikanische religiöse Rechte grundsätzlich gegen Geburtenkontrolle ist.
Jedenfalls ist für mich eine Einstellung wie "Heute demonstrieren wir erst mal gegen den Neubau eines Kohlekraftwerks in Großkrotzenburg, und morgen sehen wir weiter" für mich schlicht inakzeptabel. Was bei solchen Volksfront-Aktivitäten herauskommt, kann man beim Bio-Treibstoff besichtigen: 'Heute packen wir erst mal Nahrungsgetreide in den Tank ... '.
Wahrscheinlich agieren bzw. agitieren viele gegen neue Kraftwerke mit der Hinterkopf-Vorstellung: "Man muss nur den Saftstrom reduzieren, dann lassen sich die Leute schon was einfallen, wie sie Energie sparen können". Erinnert mich irgendwie an alte Lehrer-Mottos: "Drei leichte Schläge auf den Hinterkopf fördern die geistige Verdauung." Nur träfen die Schläge einer Mangelwirtschaft die Massen am härtesten; am wenigsten die Reichen (und diejenigen, welche Beziehungen haben und zu nutzen wissen).
Deswegen lieber jetzt verbal draufkloppen, bevor jene allzu großen Schaden anrichten, welche in der Erwartung kommender Verknappungen (die übrigens auch eintreten werden: Peak Oil!) die Energiezufuhr zu ihrem Gehirn schon jetzt gedrosselt haben.
Allenfalls dann, wenn "Brot für die Welt" sich umbenennt in "Kondome für die Welt", könnte die Menschheit Hoffnung schöpfen. Aber das werden wir nicht nur deshalb nicht erleben, weil die amerikanische religiöse Rechte grundsätzlich gegen Geburtenkontrolle ist.
Jedenfalls ist für mich eine Einstellung wie "Heute demonstrieren wir erst mal gegen den Neubau eines Kohlekraftwerks in Großkrotzenburg, und morgen sehen wir weiter" für mich schlicht inakzeptabel. Was bei solchen Volksfront-Aktivitäten herauskommt, kann man beim Bio-Treibstoff besichtigen: 'Heute packen wir erst mal Nahrungsgetreide in den Tank ... '.
Wahrscheinlich agieren bzw. agitieren viele gegen neue Kraftwerke mit der Hinterkopf-Vorstellung: "Man muss nur den Saftstrom reduzieren, dann lassen sich die Leute schon was einfallen, wie sie Energie sparen können". Erinnert mich irgendwie an alte Lehrer-Mottos: "Drei leichte Schläge auf den Hinterkopf fördern die geistige Verdauung." Nur träfen die Schläge einer Mangelwirtschaft die Massen am härtesten; am wenigsten die Reichen (und diejenigen, welche Beziehungen haben und zu nutzen wissen).
Deswegen lieber jetzt verbal draufkloppen, bevor jene allzu großen Schaden anrichten, welche in der Erwartung kommender Verknappungen (die übrigens auch eintreten werden: Peak Oil!) die Energiezufuhr zu ihrem Gehirn schon jetzt gedrosselt haben.
Textstand vom 02.09.2008
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