Zwei blinde Hühner finden manchmal auch ein Korn. Das erst blinde Huhn ist unser lokales Inseratenblatt (eins von zweien) "GT am Sonntag". Das zeichnet sich naturgemäß nicht gerade durch eine umfangreiche journalistische Berichterstattung aus. Trotzdem elektrisierte eine Überschrift das 2. Huhn, während es am Frühstückstisch ein Hühnerei verspeiste: "Jagd auf Wale beeinträchtigt Ökosystem". Volkstümlich hätte man auch anders betiteln können:
"Weil die Wale nicht mehr scheißen / muss der Nahrungskreislauf reißen".
Denn das ist der Kern des "antarktischen Paradox' ", über das der Meeresbiologe Victor Smetacek in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift "Die Zeit" erzählen wird, und worüber man vorab schon lesen kann, was auch in unserem Käseblatt stand:
"Jagd auf Wale beeinträchtigt Ökosystem mehr als bisher bekannt
Hamburg (ots) - Das Abschlachten der Wale im Südpolarmeer hatte weitaus gravierendere ökologische Folgen als bisher bekannt war. Nach Angaben des Meeresbiologen Victor Smetacek vom Alfred Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven führte das weitgehende Verschwinden der Blauwale zu einem massiven Niedergang des Krill, der Hauptnahrung der Meeressäuger. Früher hätten die Wale jährlich schätzungsweise 180 Millionen Tonnen Krill gefressen, das ist mehr Biomasse, als alle Fangflotten und Aquakulturen pro Jahr an Meerestieren auf den Weltmarkt bringen, sagt Smetacek der ZEIT. Dass der Krillbestand trotz des Verschwindens seiner Räuber abgenommen habe, gelte als antarktisches Paradox.
Der Meeresbiologe Smetacek erklärt das so: 'Die vielen Wale hielten als Umweltgärtner ein sehr produktives Ökosystem aufrecht. Mit ihrer Dezimierung verfiel es.' Ihren Meeresgarten bestellten die Wale und Kleinkrebse durch intensives Recycling lebenswichtiger Nährstoffe in der oberen Wasserschicht. Dazu gehöre besonders Eisen, ein wachstumsbestimmendes, weil sehr rares Element in weiten Teilen der Ozeane. Bliebe Eisen als Dünger im Kreislauf erhalten, gediehen üppige Algenfelder, von dem viele Minitiere leben könnten. Diesen Plankton würden die Krillkrebse radikal abweiden. Die Krebse wiederum werden von den Walen gefressen. Am Ende der Kette haben die Wale ihren flüssigen Kot an der Oberfläche abgelegt und so neue Algenfelder gedüngt - ein perfektes Recycling. Die Wale aber fehlen heute, allein 300.000 Blauwale fielen über die Jahrhunderte der Jagd zum Opfer."
Da diese Nachricht in einem Presseportal publiziert wurde und auch z. B. bei den "Weekly Whale News - Nachrichten über Wale und Delfine ..." erschienen ist gehe ich davon aus, dass auch ich sie hier übernehmen darf.
Auch wenn ich also nur tue, was ich doch darf, möchte ich mich dafür rechtfertigen. Nicht in juristischer Hinsicht freilich, sondern im Hinblick darauf, dass ich nur die allgemeine Informationsüberflutung unnütz zu mehren scheine.
Zunächst einmal hat der vorliegende Blott absolut gar keinen Zusammenhang mit der 'Rüsselsheimer Räuberpistole' meines letzten Eintrags.
Worum es mir hier geht, ist das Paradox. Das ist ähnlich, wie das Paradox der freien Marktwirtschaft: "Wenn jeder auf wirtschaftlichem Gebiet seinen egoistischen Interessen (im Rahmen einer durch Gesetze und tief eingeprägte Verhaltensweisen vorgegebenen Ordnung) nachgeht, gedeiht die Gesellschaft am besten" ist ein ebenso (scheinbar) 'verrückter' Satz wie (wiederum nur auf den ersten Blick) die Behauptung, dass sich die Krill-Bestände vermindern, weil der Mensch die Freßfeinde dieser Fischart, die Wale, dezimiert. Erst wenn man die Zwischenglieder der Nahrungskette kennt - die vom Walkot gedüngten Algenfelder, das davon sich ernährenden Kleingetier (Plankton) und die wiederum dieses futternden Krill-Krebschen - macht die Behauptung Sinn und wird völlig einleuchtend, selbstverständlich: nichts ist natürlicher als dieser Zusammenhang!
Nur wussten wir Menschen bisher nichts davon, und haben, wie ich ähnlich schon in meinem Blott "Energie-BDSM: Fritz Vorholz für Breathcontrol-Play mit der Stromleitung?" im Zusammenhang mit dem Energiespar-Paradox schrieb, mit unseren kleinen Patscherchen recht unbekümmert in diesen Zusammenhängen herumgefummelt.
Ich habe diesen Text deshalb hier für mich im Sinne eines Wissensspeichers reproduziert, eines Marksteins, auf den ich bei anderen Gelegenheiten immer wieder vergleichend verweisen kann: Die Welt ist komplizierter, als wir glauben, oder, wie zwar schon Shakespeare wusste, wir aber noch immer nicht umfassend begriffen haben:
"Es gibt mehr Ding' im Himmel und auf Erden, als Eure Schulweisheit sich träumt" (William Shakespeare, Hamlet).
Nachtrag 19.08.2008:
"Gärtner der Meere" heißt der Zeit-Artikel von Hans Schuh (14.08.08), auf den sich die Vorabmeldung bezog. Ich würde mal sagen: ein "must read".
Textstand vom 19.08.2008. Auf meiner Webseite
http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm
finden Sie eine Gesamtübersicht meiner Blog-Einträge (Blotts).
Soweit die Blotts Bilder enthalten, können diese durch Anklicken vergrößert werden.
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