Achtung: aktuell unbedingt meine Linkhinweise unten im Nachtrag vom 19.12.10 beachten!
Von den Wikileak-Veröffentlichungen habe ich gelegentlich etwas mitbekommen, ohne mich aber näher dafür zu interessieren: was ich davon gehört habe, war mir einfach zu banal, um mein Interesse zu wecken*. Und Julian Assange ist in meinen Augen zwar 'kein Kostverächter' , ansonsten aber weder Held noch Anti-Held: er ist mir schlicht schnuppe. Doch begrüße ich selbstverständlich das Whistleblowing als Prinzip, etwa wenn es um Korruption geht, und somit finde ich es auch gut, dass es für derartige Insider-Informationen eine Internet-Plattform gibt, diesen breite Wirkung verleiht und den Informanten (zumindest theoretisch und auf der technischen Ebene) Anonymität ermöglicht.
[So sieht das auch ein Mark Pesce, der in seinem Debattenbeitrag "WikiLeaks a blueprint for things to come" vom 06.12.10 z. B. schreibt:
"It’s this triviality which has angered those in power. The mythology of power - that leaders are somehow more substantial, their concerns more elevated and lofty than us mere mortals, who must not question their motives - that mythology has been definitively busted. This is the final terminus of aristocracy; a process that began on July 14, 1789 came to a conclusive end on November 28, 2010. The new aristocracies of democracy have been smashed, trundled off to the guillotine of the internet, and beheaded."]
Was mich an diesem Fall reizt ist einfach der Drang, meine Kombinationsgabe zu üben,
etwa so wie ich das z. B.in meinem Blott "Wahrheit, Lüge, Rechtsgutachten: Zwischenbericht UNTERSUCHUNG DES VERWALTUNGSHANDELNS AUF SEITEN DER STADT DUISBURG ANLÄSSLICH DER LOVEPARADE" über die Duisburger Loveparade getan hatte.
Und von dort stoße ich jetzt doch gleich auf einen 'alten Bekannten', der (mit der Vergewaltigung nichts zu tun, aber:) auch zum vorliegenden Thema einen Blog-Eintrag erstellt hat. Das freilich unter einem etwas anderen Aspekt, nämlich dem juristischen: "Europäischer Haftbefehl - Missbrauch im Fall Assange? (mit Updates 9.12. und 10.12.)" lautet der Eintrag des Regensburger Rechtsprofessors Henning Ernst Müller im Beck Blog (i. e. der Blog des bekannten Verlages juristischer Fachliteratur). Zur Lektüre empfohlen; ebenso bringen manche Kommentare weitere Informationen. Müller verlinkt auch zu den einschlägigen Rechtstexten; ebenso eine Webseite der schwedischen Strafverfolgungsbehörde (rechts am Rand), die auch eine Presseerklärung der aktuell mit dem Fall beschäftigten Marianne Ny, Leiterin der Strafverfolgungsbehörde (Oberstaatsanwältin / Generalstaatsanwältin?) enthält.
Auch die (trotz des englischsprachigen Titels offenbar deutsche) Legal Tribune Online nimmt sich der fachjuristischen Seite der Ereignisse an: "Inhaftierter WikiLeaks-Gründer. Wohin die Reise gehen kann" fragt dort der auf Internationales Strafrecht spezialisierte Rechtsanwalt Kai Peters. Allgemeinverständlich ist der SZ-Artikel "Das Recht auf ein spätes Nein".
Ich selbst habe mich, wie immer bei solchen breit diskutierten Themen, durch einen Haufen Informationsmüll wühlen müssen um nun doch hoffentlich zumindest das zu wissen, was öffentlich bekannt ist. Und daraus Szenarien zu bilden, wie es zum Vergewaltigungsvorwurf kam, bzw. dazu, dass die Schwedische Justiz (anscheinend nur:) einen Sachverhalt aus den Aussagen der beiden Schwedenschnepfen* unter den Straftatbestand der Vergewaltigung (in seiner spezifisch schwedischen, d. h. aus unserer Sicht recht weit gefassten Ausprägung) subsumiert hat (Voraussetzung für den schwedischen Auslieferungsantrag an Großbritannien).
[*Der Ausdruck "Schwedenschnepfen" ist nicht besonders respektvoll; warum ich ihn dennoch für akzeptabel halte, wird weiter unten deutlich werden.]
Eigentlich wollte ich den vorliegenden Blott unter einen anderen Titel stellen, nämlich: "Schoppenhauer reloaded: Gehst du zum Schwedenweibe, vergiss deinen Keuschheitsgürtel nicht!"
aber das war mir dann doch etwas zu harmlos. Ob eine CIA-Verschwörung (Sexfalle, sexfalla, honeytrap) vorliegt, kann ich natürlich nicht wissen. Diejenigen, die solche Verdächtigungen äußern oder insinuieren (wie z. B. die Anwälte von Julian Assange) haben entweder ein Interesse daran, dass die Öffentlichkeit das glaubt, oder ihre Schreibzeugnisse weisen sie - sagen wir mal euphemistisch: nicht unbedingt als Mitglieder der Avantgarde der kritischen Intelligenz aus.
Kritiker wie Toby Harnden vom Telegraph (22.08.10) oder Michael C. Moynihan ("The Boring Truth About Those Julian Assange Smears" - 25.08.10) oder kürzlich (10.12.) aus Australien Marian Dalton bringen gewichtige Argumente gegen die Meinung vor, dass die Vergewaltigungsvorwürfen gegen Julian Assange (das hier von mir verlinkte englischsprachige Wikipedia-Stichwort ist weitaus detaillierter als das deutschsprachige) mit einem US-amerikanischen Komplott gegen Julian Assange zu tun haben. (Dieser Beitrag - vom 21.8.10, also sehr früh - neigt eher zur Verschwörungstheorie, will aber auch einen Racheakt der Frauen und sogar ein tatsächlich von Julian Assange begangenes Sexualdelikt nicht ausschließen.)
[Erg. 10.05.2011: Wie fragwürdig es ist, bei dem Vergewaltigungsvorwurf eine CIA-Verschwörung zu unterstellen, bzw. wie dubios jene Figuren sind, die diese Art von "Infokrieg" führen, kann man auch in dem Blog-Eintrag "Das CIA-Gerücht im Infokrieg – Julian Assanges falsche Freunde" n dem Blog "Texts for Robots" (13.12.2010) nachlesen .]
Tatsächlich spricht mehr dafür, dass es sich um einen privaten Racheakt von zwei Frauen (oder - meine Einschätzung - im Kern hauptsächlich von einer Frau, nämlich vom Engelsgesicht Anna Ardin - hier ein anderes Portraitfoto von ihr und weiter unten in diesem - schwedischen - Blogpost eine mehr realistische Gesichts-Ansicht) handelt. Sie wird allgemein als eine energiegeladene sozusagen 'donna di garbo' geschildert (mir scheint, dass manches aus dieser abstrahierenden Beschreibung von Goldonis gleichnamiger Komödie durchaus auf Anna Ardin zutreffen könnte), und als solche versteht sie sich offenbar auch selbst (vgl. auf ihrer Flickr-Seite das Foto "Anna Garbo 2"). (Einigermaßen ironisch ist in diesem Zusammenhang, dass die berühmte Greta Garbo lesbische Neigungen hatte und jetzt dasselbe von Anna Ardin behauptet wird - allerdings um sie, wenig überzeugend, als CIA-Agentin zu diskreditieren.)
Dieses Engelchen steht nun, zusammen mit ihrer - sagen wir mal höflich: ästhetisch nicht ganz so hinreißenden - "Leidensgenossin" Sofia Wilen (beider Fotos sind hier konfrontiert), weltweit unter scharfen Attacken und sogar Morddrohungen. Aus Zeitmangel kann ich auf viele Details nicht eingehen; eine Feinchronologie bietet die Bild-Zeitung vom 08.12.10 ("So war der Sommer des Wikileaks-Chefs Die Sex-Akte Julian Assange. Ein geplatztes Kondom, ein wilder Morgen und die scharfe Strafe der Schwedinnen").
Sehr viel detaillierter, und mit Fotos der "Tatorte" bebildert hier eine Seite bei "Rixstep" und die gleiche Seite dort bei "Radsoft". Irgendwie wurde wohl ein Bericht der schwedischen Zeitung "Aftonbladet" vom 14.09.2010 verwendet, der wohl auf dem polizeilichen Vernehmungsprotokoll der beiden Frauen beruht ("A timeline including excerpts of case testimony" erfahren wir darüber auf dieser Linkseite bei Radsoft, die ständig Links zu den neuesten Nachrichten i. S. Julian Assange bringt). Ein schwedischer Blog für (scheint mir) Väterrechte hat die Chronologie von Radsoft übernommen und erläutert deren Zustandekommen so (meine Hervorhebung):
"According to a group of young swedish computerprogrammers and Wikileaks supporters calling themselves Radsoft, Swedish tabloid Aftonbladet is said to have copys of the Assange case files.
Aftonbladet is a tabloid - meaning that one will always have to take what they write with a healthy dose of criticism. Most of it is purely gossip - the testimony of the girls is not corroborated and Aftonbladet's version isn't corroborated either.
That being said though, one can actually construct a timeline based on the Aftonbladet supplement. And the guys at Radsoft have done just this,and this is what is said to have happened. (How they got this information I do not know, and neither do I want to. Some links and additional known information has been added by me.)"
"The full story of the rape charges against Julian Assange of Wikileaks, a possible covert op" im Blog Fabius Maximus vom 27.08.10, sehr scharfsinnig, wenngleich zu diesem Zeitpunkt nähere Informationen über die Vorgänge bis zur Strafanzeige noch nicht öffentlich bekannt waren.
Eine "Timeline: sexual allegations against Assange in Sweden" auf BBC vom (und bis zum!) 14.12.10.
Tief in die Einzelheiten geht auch die Chronologie von Guy Rundle auf der australischen Seite crikey: "Rundle: timeline of Assange’s visit to Sweden and events that followed", die am Schluss auch die Tatvorwürfe wiedergibt.
[Bei den Leserkommentaren gibt es auch eine Info zur scheinbar merkwürdigen Schreibweise der S-Wörter auf einigen - insbesondere australischen? - Webseiten (die ich mir selbst schon in dieser Form zusammengereimt hatte):
(Leserfrage:) One question: why “r-pe” and “s-x” and (probably) “b-ggery” in many articles? Is this just a silly fashion or is there some ridiculous legal constraint?
(Leserantwort:) It’s for the filters, mate. Many workplaces censor webpages containg words like sex, rape an#&^*@$@#&(@#$) connection lost]
Da ist wohl schon etwas mehr vorgefallen als nur ein Kondom geplatzt, zumindest wohl eine kondomlose Kohabitation von Julian Assange mit Sofia Wilen am Morgen des 17. August, angeblich sogar an der schlafenden Frau vollzogen (stelle ich mir schwierig vor, zumindest solange nicht das Opfer ohne Bekleidung mit gespreizten Beinen und feuchten Träumen im Bett liegt).
Jedenfalls haben die Medien (z. B. The Australian vom 8.12.10 unter "US welcomes jailing of WikiLeaks founder Julian Assange") u. a. aufgrund der Aussagen von Gemma Lindfield als Vertreterin der schwedischen Staatsanwaltschaft vor dem Londoner Gericht, dass über die Inhaftierung von Julian Assange zu befinden hat, die Deliktsvorwürfe so beschrieben (Hervorhebungen von mir):
"Mr Assange faces two counts of sexual molestation, one count of unlawful coercion and one count of rape involving two women in Sweden in August.
In the most details yet released about the allegations Ms Lindfield said that in the cases of both women the allegations included Mr Assange's refusal to wear a condom during sex.
He was also accused of having sex with one of the women by exploiting the fact that she was asleep, and another count said that he had held a woman's arms and forced open her legs so he could have sex with her."
Allerdings sind die Berichte verwirrend, denn Paola Totaro berichtete am 08.12.10 aus London nach Australien (Abdruck dort in einer ganzen Reihe von Zeitungen, z. B. in der Brisbane Times u. d. T. "WikiLeaks founder Julian Assange refused bail" (Hervorhebungen von mir):
"Speaking in court for the Swedish authorities, Gemma Lindfield said Mr Assange was wanted in connection with four allegations of sex crimes.
She said the first complainant, a Miss A, alleged she was the victim of "unlawful coercion" on the night of August 14 in Stockholm and that Mr Assange had used the weight of his body to hold her down in a sexual manner.
The second allegation is that Mr Assange "sexually molested" Miss A by having sex with her without a condom when it was her "express wish" he should use one. Miss A alleges in a third claim that Mr Assange "deliberately molested" her on August 18 "in a way designed to violate her sexual integrity".
The fourth charge is that Mr Assange had sex with a second woman, Miss W, on August 17 without a condom while she was asleep at her Stockholm home."
"Stockholm" ist falsch, denn Sofia Wilen lebt in Enköping.
Der Vorwurf, Assage habe "forced open her legs so he could have sex with" einer der Frauen ist evtl. einem Missverständnis entsprungen. Unter dem Titel "Julian Assange denied bail over sexual assault allegations" hatte nämlich der britische Guardian am 07.12.10 u. a. über das schwedische Sexualstrafrecht informiert (meine Hervorhebung):
"Unlike the UK, Swedish rape law is not based on consent but on the aforementioned concept of sexual integrity. There are a number of possible offences against this integrity. Those that involve both penetration and either physical force or a threat of some illegal act, such as violence, are classified as rape. So are assaults on people who are helpless at the time, either as a result of intoxication or severe mental disturbance. The degree of physical force involved need only be very small. It can be enough merely to move the victim's legs apart, according to Gunilla Berglund, at the Swedish ministry of justice. Rape carries a sentence of between two and six years; aggravated rape a sentence of four to 10 years."
Das Auseinanderziehen der Beine wird also nur als ein Beispiel dafür erwähnt, dass schon Verhaltensweisen, die man (je nach Intensität natürlich) nicht als gewalttätig empfinden würde, den Straftatbestand der Vergewaltigung erfüllen können.
Versuchen wir die oben abstrakt wiedergegebenen Tatvorwürfe - "two counts of sexual molestation, one count of unlawful coercion and one count of rape" - auf die konkreten Sachverhaltsschilderungen herunterzubrechen, dann erfüllen
Spaßiger Weise werden die Sexualdelikte ausgerechnet im Kapitel Sechs ("On sexual crimes") abgehandelt. Dort heißt es unter § 1 ("Section 1"; Text von mir hier auf diejenigen Passagen gekürzt, die ich für einschlägig halte; Hervorhebungen von mir):
"A person who by assault or otherwise by violence or by threat of a criminal act forces another
person to have sexual intercourse or to undertake or endure another sexual act that ..... shall be sentenced for rape to imprisonment for at least two and at most six years.
This shall also apply if a person engages with another person in sexual intercourse ..... by improperly exploiting that the person, due to ..... sleep ..... is in a helpless state."*
Das "improperly exploiting" verstehe ich als eine Einschränkung: Nicht jeder Sex mit einer schlafenden Partnerin (oder theoretisch auch mit einem schlafenden Partner) ist also verboten; Strafbarkeit tritt nur dann ein, wenn der aktive Teil den Schlaf (usw.) des anderen Teils in ungebührlicher Weise ausnutzt. Was man darunter in der Praxis zu verstehen hat lässt sich natürlich nur aus einer Kenntnis der einschlägigen schwedischen Rechtsprechung oder einem Strafrechtskommentar beurteilen.
[* so die auf der o. a. Webseite der schwedischen Strafverfolgungsbehörde verlinkte Version; in der ebenfalls oben erwähnten Online-Gesamtausgabe des schwedischen Strafgesetzbuches
"A person who by violence or threat which involves, or appears to the threatened person to involve an imminent danger, forces another person to have sexual intercourse or to engage in a comparable sexual act ... " - das ist schon eine merkwürdige Abweichung, die nicht mit Übersetzungsdifferenzen erklärt werden kann.]
Die "unlawful coercion" (sexuelle Nötigung?) ist im § 2 aaO definiert:
"A person who, under circumstances other than those defined in Section 1, makes someone engage in a sexual act by unlawful coercion shall be sentenced for sexual coercion to imprisonment for at most two years."
Meine Phantasie reicht leider nicht aus, um mir konkret vorzustellen, welches denn "circumstances other than those defined in Section 1" sein könnten, aber offenbar subsumiert die schwedische Anklagebehörde den Tatvorwurf "had used the weight of his body to hold her down in a sexual manner" nicht unter die Vergewaltigung, sondern behandelt ihn eben nur als sexuelle Nötigung. Wobei sich mir ohnehin nicht erschließt, wie man (d. h.: wie Mann) - wenn man (er) nicht als Spitzensportler im ständigen Liegestütz verharren kann, beim GV in der Missionarsstellung einen Druck des männlichen auf den darunter liegenden weiblichen Körper verhindern könnte. Ich meine, müsste für die Strafbarkeit eines solchen Tuns nicht zumindest noch ein "against her will" - gegen ihren erklärten Willen - hinzukommen?
(Auf FAZ.net, wo Olaf Borchers den Lesern am 09.12.10 einen erschütternd dürftigen Artikel "Wie man in Schweden einen Mann belasten kann" zugemutet hatte, brachte am 10.12.10 - na wer schon? Eine Frau natürlich! - Katrin Hummel Informationen, die sie bei Stefan Drackert, Referent für das Strafrecht der nordischen Länder am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg, recherchiert hatte, u. d. T. "Der Fall Assange.Was gilt in Schweden als Nötigung?". Drackert räumt u. a. auch mit einem in der englischsprachigen Presse weit verbreiteten Gerücht auf:
"Die Einschätzung, wonach im schwedischen Recht eine Vergewaltigung in einem minder schweren Fall vorliege, wenn sich die Frau nach dem Sex unwohl fühle oder sich ausgenutzt vorkomme ..... hält Drackert für unzutreffend.")
Wie auch immer: Jedenfalls scheint es lediglich der angebliche Geschlechtsverkehr mit der schlafenden Sofie Wilen am Morgen des Dienstag, 17.08.2010 zu sein, welcher allenfalls eine Vergewaltigung ("Rape" - § 1) nach schwedischem Recht wäre. Und, wenn ich es recht verstanden habe, wäre die Auslieferung von Assange aus Großbritannien nach Schweden ohne den Vergewaltigungsvorwurf erheblich erschwert.
Eine kurze, aber detaillierte Darstellung bietet auch ein anscheinend juristisch versierter Labersack auf "Plapperstorch" vom 07.12.10. Auch der taz-Artikel "Nein heißt nein" vom 09.12.10 ist nicht schlecht.
Tief in die sachlichen wie juristischen Details (z. B. auch eine strafrechtliche Bewertung der Vorwürfe nach australischem Recht, also gewissermaßen ein internationaler Rechtsvergleich) geht, ungefähr in der 2. Hälfte, der Bericht des australischen Magazins Crikey "Assange accuser may have ceased co-operating" vom 09.12.10.
Zu den Tatvorwürfen heißt es dort (in einem Text, der leider die australisch-rechtliche Bewertung zu eng mit den Sachverhalten verzahnt, als dass ich ihn hier auf die Schnelle trennen könnte) (meine Hervorhebungen):
“Practically speaking, I would not like the chances of the prosecutor on charge 3 — pressing his erect p-nis into the complainant’s back … legally speaking I would have to suggest the chances of conviction would be slim for any Australian offence where both accused were adults. Proving non consent might be difficult but proving awareness of non consent would be even harder.
“Charges 1 and 2 (holding partner down, and unsafe s-x despite earlier expressed opposition to such) involve contexts where there would be room for defence argument about consent. On charge 1, when is one person ‘holding down’ another person lying beneath them, and when are they simply having consensual s-x in a position involving one person being on top of the other person? Is this force or just rough but consensual (compared to cases I’ve read, the allegation would hardly count as rough).
“On charge 2, prior unwillingness is not enough, the complainant must not be consenting and the accused must be aware of this ‘at the time of int-rcourse’. Did complainant one change her mind? Did Assange believe she changed her mind, and perhaps on reasonable grounds the charge does not disclose?
“On charge 4 (s-x while complainant was sleeping), recent experience in South Australia suggests this also could be difficult to prove if there was any kind of s-xual interaction prior to the complainant falling asleep, which might give the defence a plausible argument that belief in consent was present. I was deeply unimpressed by the level of protection the courts (let alone public attitudes) offered to people who are asleep or unconscious due to drugs/alcohol."
(Im 1. Teil des Artikels wird behauptet, dass Anna Ardin Schweden verlassen habe. Das scheint jedoch nicht zuzutreffen.)
In einem Artikel Guardian vom 8.12.10 "Julian Assange extradition attempt an uphill struggle, says specialist. Former CPS extradition specialist predicts Sweden will find it 'very difficult' to get WikiLeaks founder sent back" werden u. a. von einem Experten die Erfolgsaussichten des schwedischen Auslieferungsbegehrens erörtert (einen Aspekt, der auch mir schon aufgestoßen war, habe ich gefettet):
"On what we know so far, it is going to be very difficult to extradite. The judge has to be satisfied that the conduct equals an extraditable offence and that there are no legal bars to extradition."Assange's team will argue, how can the conduct equal an extraditable offence if the [Swedish] prosecutor doesn't think there is enough evidence to charge, and still has not charged."
Joshi said other bars to extradition would be Assange's rights under the European human rights legislation."
(Vgl. auch den Leserbrief "European arrest warrant in spotlight" von Sarah Ludford MEP, Liberal Democrat, im Guardian vom 14.12.10: "... the EAW is restricted to "the purposes of conducting a criminal prosecution", which must mean imminent charge followed by trial. If your reports are correct that the Swedish request for extradition of Assange under an EAW is "to face questioning" or for "interview", this would appear to conflict with the high court case of Asztaslos last February, which confirmed that it is not a legitimate purpose for an EAW to be used to conduct an investigation to see whether that person should be prosecuted."
Eine Reihe von Leser-Kommentatoren im Blog einer Antje Schrupp ("Julian Assange, Schweden und die wildgewordenen Feministinnen") erörtert und verlinkt zu Texten (Quellen und Debatten) insbesondere auch zur juristischen (und natürlich auch zur feministischen) Dimension. Wahrscheinlich (ich konnte mir das nicht näher anschauen) eine sehr empfehlenswerte Lektüre für alle, welche die Materie intellektuell ganz, ganz tief penetrieren wollen.
Nun bin ich aber weit abgeschweift; letztlich kommt man immer wieder zu dem Punkt: nichts Genaues weiß man nicht. Zwar berühmt sich unser allseits bekanntes Massenblatt des exklusiven Besitzes des Polizeiprotokolls über die Vernehmung der beiden Frauen am Freitag, 20.08.2010: "Die verhängnisvollen Nächte des Julian Assange. EXKLUSIV: Das Protokoll der mutmasslichen Sexopfer. Und was Assanges Anwalt sagt" (12.12.10; 2 Teile). Doch wird nur wenig daraus enthüllt, und von Sex mit einer schlafenden Partnerin ist überhaupt nicht die Rede. Warum gibt sich die Bild-Zeitung, die doch sonst alles entblößt, in diesem Falle derart bedeckt? War in der gedruckten BamS vom 12.12.10 mehr zu lesen? Oder war in der Vernehmung vom 20.08.10 von einem Beischlaf im Schlaf noch gar nicht die Rede gewesen, und ist der (welcher?) Dame dieser Akt erst später wieder eingefallen? Immerhin hatte ja die Ober-oder-was-auch-immer-Staatsanwältin Marianne Ny ihre Anfang September 2010 verfügte Wiederaufnahme der Ermittlungen wegen Vergewaltigung mit angeblichen neuen Erkenntnissen begründet.
P.S.: Ich vermute mal, dass BILD lediglich den gleichen, an zahlreichen Stellen geschwärzten Polizeibericht besitzt, von dem die britische MAIL schon am 29.08.2010 unter der Überschrift "Supporters dismissed rape accusations against WikiLeaks founder Julian Assange... but the two women involved tell a different story" (detaillierte Ablaufschilderung, unbedingt lesenswert!) berichtete (meine Hervorhebung):
BILD (bzw. die BAMS) wäre also nur deutschlandbezogen (und reichlich spät!) "exklusiv" im Besitz dieses Dossiers, und das enthält, in der stark bearbeiteten und in den Details der sexuellen Handlungen geschwärzten Version, die der Presse zugänglich gemacht wurde, weitaus weniger als die Bild-Zeitung vortäuscht.
Das geplatzte Kondom war aber der Ausgangspunkt des Problems, denn die 26-jährige Künstlerin Sofia Wilen hat sich zwar wie ein Groupie an Assange rangemacht, dann aber vor Aids-Angst sozusagen in die Hose gemacht als der Mann aus dem Outback lieber bareback reiten wollte.
Vor der Begegnung hatte Sofia Wilen nach ihrer Aussage vom 20.08.10 gegenüber der Polizei zwei Wochen lang alles über Assange gelesen. Wenn sie trotzdem nicht begriffen hat, aus welchem Holz dieser Mann geschnitzt ist, wenn sie dennoch geglaubt hat, wenn sie gehofft hat, mit einen Mann wie Julian Assange in einem Nest wie Enköping sozusagen 'happily ever after' zu leben, dann ist sie eine Landpommeranze, die wenig von der Welt weiß.
Und ebenso, wenn sie unmittelbar nach dem Sex ins Krankenhaus geht, um sich auf HIV untersuchen zu lassen: zu diesem Zeitpunkt wäre eine evtl. Infektion noch gar nicht feststellbar.
Das engstirnige ängstliche Spießertum dieser jungen Frau enthüllt auch eine Angabe aus dem Polizeiverhör. Sie habe mit Assange zunächst im Hotel schlafen und ihn nicht in ihre Wohnung mitnehmen wollen, weil sie ihn nicht gut genug kenne. (Da ist Anna Ardin immerhin weltläufiger: die hatte keine Bedenken, Julian allein in ihrer Wohnung übernachten zu lassen, obwohl auch sie ihn nicht näher kannte.)
Anna Ardin ist gehörnt im sexuellen Sinne, weil Julian Assange sie (so jedenfalls wird sie es empfunden haben) mit dem nicht gerade aufregenden Landei betrogen hat.
Dass Sie auch Teufelshörner trägt, lässt sich aus ihrem Verhalten erschließen.
Selbst wenn Sie nicht die berüchtigten 7 Rache-Regeln von einer englischen Webseite auf ihrer eigenen Seite auf Schwedisch übersetzt (und sich mutmaßlich mit derartigen Ideen identifiziert) hätte (hier auf ihrer Webseite eine neue Version; wohl die alte Fassung ist z. B. dort zu sehen), hätte sie sich dadurch diskreditiert (und ihre Doppelzüngigkeit enthüllt), dass sie
- der schwedischen Zeitung Aftonbladet am (wenn ich es richtig verstehe) Samstag, 21.08.10 (also einen Tag nach ihrer gemeinsamen Vorsprache mit Julia Wilen bei der Polizei) dieses ”Det var ett övergrepp” betitelte Interview gab (veröffentlicht am Sonntag, 22.08.10) und darin die Harmlose, Nette, Gutmütige vortäuschte:
"Ms A spoke at the weekend to the Swedish newspaper Aftonbladet and said she was not frightened of Assange and that he was not violent. She said she had only ever alleged sexual molestation, not rape, and added: "In both cases, what started out as voluntary sex subsequently developed into an assault. The other woman wanted to report rape. I gave my story as testimony to her story and to support her. We stand by the information"
erfahren wir in der englischen Übersetzung im Guardian-Bericht "Prosecutors may decide today on charges against WikiLeaks founder" vom 24.08.10.
Am Sonntag der Veröffentlichung nahm sie aber - allein oder mit Sofia Wilen - Kontakt mit dem prominenten und prominent pro-feministischen - Rechtsanwalt Claes Borgström auf. Am Samstag, 21.08., hatte die (Ober-?)Staatsanwältin Eva Finné einen am Freitag, 20.08., unmittelbar nach der "Opfer-"Vernehmung von der diensthabenden Staatsanwältin Maria Kjellstrand erlassenen Haftbefehl rückgängig gemacht. Sie sah den Tatbestand der Vergewaltigung nicht erfüllt, ließ aber das Verfahren wegen sexueller Belästigung (geplatztes bzw. nicht benutztes Kondom?) bestehen.
Die Kontaktaufnahme zu Promi-Anwalt konnte also nur einen Zweck haben: Assange eben doch wegen Vergewaltigung dranzukriegen. Und dass es Sofia Wilen war, welche die Idee zur Kontaktaufnahme zum Staranwalt hatte, oder dazu die Initiative ergriff, kann ich mir nicht vorstellen.
Im übrigen stellt sich auch die Frage, wer die Zeitung Expressen unmittelbar am Freitag Abend nach der Vernehmung informiert hat: Mitarbeiter der Polizei - oder Anna Ardin selbst? Wenn man bedenkt, wie zielstrebig sie die Verfolgung von Julian Assange betreibt - nämlich mit Hilfe eines Promi-Anwaltes -, erscheint es wahrscheinlich, dass sie selbst die Zeitung informiert hat. Dies würde auch perfekt dem Rezept des von ihr ins Schwedische übersetzten Rache-Menüs entsprechen.
Einige Links, die ich vielleicht noch kommentieren bzw. in meinen Text einbauen werde:
Assange auf Partnersuche (Inserat mit interessanter Selbstbeschreibung von 2006).
MAIL ONLINE vom 07.12.10http://www.dailymail.co.uk/news/article-1336291/Wikileaks-Julian-Assanges-2-night-stands-spark-worldwide-hunt.html#ixzz17PsSFVeE ; detaillierte Ablaufschilderung.
Hier berichtet die Radsoft-Webseite, dass das Aftonbladet den Polizeibericht von den Strafverfolgungsbehörden zugespielt bekommen hatte (am 28.08.10? Den ganzen Text oder mit Schwärzungen - s. o. - ??).
Am Schluß dieses Radsoft-Artikels wird Sofia Wilen [hier ein großes Foto von ihr; in diesem Video am Anfang, ganz rechts, und hier ein Foto von ihr aus dem Vortrag - nicht gerade das Gesicht einer potentiellen Miss Sweden], nicht Anna Ardin, als die treibende Kraft hinter den Vergewaltigungs-Vorwürfen gegen Julian Assange dargestellt. (Man soll 'graue Mäuse' nicht unterschätzen - "hell hath no fury like a woman scorned", doch habe ich erhebliche Zweifel.)
Hier ein Update vom 29.08.10 zu dem oben zitierten Blogeintrag "Fabius Maximus" vom 27.08.10, wo auch die Wahrscheinlichkeit einer CIA-Falle ausführlich erörtert wird, und
dort ein weiteres Update vom 01.09.10.
Hier eine Radsoft-Seite über Anna Ardin.
Unter "The Campaign against Julian Assange" erörtert die Radsoft-Webseite u. a., wer die Zeitung Expressen (hier u. a. der Expressen-Artikel in englischer Übersetzung) unmittelbar nach Erstattung der Strafanzeige (am 20.08.10) informiert haben könnte. Einiges deutet darauf hin, dass eine der Frauen dahinter steckt, aber andere Informanten sind nicht auszuschließen.
Anna Ardin hat Blog-Einträge gelöscht, die die Glaubhaftigkeit ihrer Opferrolle beeinträchtigen könnten (s. a. hier).
Detaillierte Chronologie auch im Artikel "Julian Assange’s Honey Trap: That’s Rape in Sweden" auf Taki's Magazine.
Über die Tatvorwürfe erfahren wir auf der schon oben zitierten crikey-Seite:
"There are four formal accusations against Assange: three by complainant A (Anna Ardin): one of r-pe (using body weight to hold down and forcibly parting legs), and two of ofredande/misconduct/harassment: unsafe sex, and pressing p-nis against back. One by complainant S (Sofia Wilen): sexual assault, sex while complainant was sleeping."
Extrem lächerlich, jedenfalls ohne Zusatzangaben (wie etwa: "gegen den Willen der Frau") erscheint der Vorwurf, dass Julian Assange seinen Penis gegen den Rücken von Anna Ardin gepresst habe. Dass daraus der Vorwurf einer strafbaren Handlung konstruiert wurde, zeigt für mich, wie tief hier die Strafverfolgungsbehörden der Polarkreis-Puritaner in den Krümeln gegraben haben.
Unter dem Titel "The accusations against Julian Assange" verwirft Gwynne Dyer auf der Webseite der Japan Times vom 15.12.10 Meinungen, wonach die USA das schwedische Auslieferungsersuchen an Großbritannien eingefädelt haben, um Julian Assange anschließend von Schweden an die USA ausliefern zu lassen. Die Erfolgsaussichten wären, wie sie überzeugend darlegt, wegen der Rechtslage weitaus fragwürdiger als bei einem direkten Auslieferungsersuchen an Großbritannien. Im übrigen diskutiert und verwirft Dyer auch die Wahrscheinlichkeit geheimdienstlicher Machinationen hinter den Tatvorwürfen bzw. hinter dem Auslieferungsbegehren. (Was sie dabei allerdings übersieht ist die Möglichkeit einer indirekten Einflussnahme von US-Stellen auf die beiden Frauen - siehe unten.)
Eigentlich wollte ich meine Überlegungen zur Verschwörungstheorie (CIA-Sexfalle) ausführlich begründen, doch muss ich mich darauf beschränken, mein Fazit zu präsentieren:
1) Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Anna Ardin und/oder Sofia Wilen wissentlich für US-Behörden agieren.
2) Es ist nicht ausgeschlossen (aber keineswegs offenkundig), dass sie ohne ihr Wissen in diplomatische oder geheimdienstliche Schachzüge der US-Behörden eingeplant wurden und eingespannt sind. Wenn überhaupt eine US-Organisation (Geheimdienst oder Diplomaten) auf eine oder beide Frau(en) Einfluss nimmt, dann ist eher an einen indirekten Ablauf zu denken: über besorgte Freunde und Bekannte nämlich ("Du tust mir ja so leid, was dieser Schuft dir angetan hat", "Das darfst du dir von dem nicht gefallen lassen", "Ich leihe dir Geld für den Anwalt", "Du darfst jetzt nicht klein beigeben" usw. könnten die Einflüsterungen lauten, die ihrerseits wieder von Einflüsterungen oder knisternden Scheinen inspiriert worden sein könnten. Geheimdienstliche oder diplomatische Eingriffe sind aber auch an ganz anderer Stelle vorstellbar, etwa in das Ermittlungsverfahren auf die ermittelnde Staatsanwältin.)
3) Es ist sicher, dass der private Rachefeldzug der beiden Damen den gegen die Arbeit von Wikileaks gerichteten Aktionen der US-Regierung nützt. Auch dieser Umstand rechtfertigt zwar nicht jenen Hass, der ihnen im Internet teilweise entgegenschlägt. Aber Kritik an ihrem widersprüchlichen Verhalten (insbesondere bei Anna Ardin; bei Sofia Wilen mehr an ihrer Naivität und Hysterie) scheint mir auf jeden Fall berechtigt und wird ja sogar auch von zahlreichen feministischen Persönlichkeiten und Institutionen geübt (z. B. Naomi Klein mit dem recht pathetischen Zola-Zitat - aus der Dreyfus-Affaire - "J'accuse"; in Deutschland u. a. hier von einer Antje Schrupp).
Ganz grundsätzlich erscheint es problematisch, wenn sexuelle Akte (mit allem Drumherum) durch die einschlägige Gesetzgebung in unendlich kleine Einzelereignisse zerlegt und als untereinander quasi zusammenhanglose Vorgänge behandelt werden. Diese Tendenz sehe ich hier bei der Justiz (und den "Opfern").
Interessant auch der Artikel "A Reporter at Large. No Secrets. Julian Assange’s mission for total transparency". von Raffi Khatchadourian im New Yorker. Er datiert vom 07.06. 2010, also aus der Zeit vor den hier behandelten Vorgängen. Man kann ihn jedoch wohl (ich selbst habe ihn nur überflogen) teilweise auch als eine Art Psycho-Biographie von Julian Assange lesen.
Nachtrag 18.12.2010
Unter "EU Recht. Drei Auslieferungen pro Tag" ist auf "Der Freitag" vom 14.12.10 ein Artikel des Briten Afua Hirsch (aus dem Guardian) übersetzt, der ganz allgemein die Problematik des Europäischen Haftbefehls thematisiert:
".... besteht ein Nebeneffekt darin, dass der Europäische Haftbefehl einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden ist. Das juristische Instrument ist umstritten, seit es im Jahr 2003 eingeführt wurde ... .
Das Auslieferungsgesetz von 2003 hatte seinen Ursprung in einer Entscheidung der EU, die nur eine Woche nach den Anschlägen vom 11. September getroffen wurde. Sie wurde den Wählern als eine Möglichkeit verkauft, des Terrorismus und anderer schwerer Verbrechen Verdächtige zu verfolgen, die über europäische Binnengrenzen hinweg gesucht werden. Die gemeinsamen Verpflichtungen gegenüber der europäischen Menschenrechtskonvention schufen eine ausreichende Vertrauensgrundlage dafür, dem Haftbefehl eines anderen EU-Mitgliedsstaates ohne weiteres Folge zu leisten."
Tatsächlich aber, schreibt Hirsch, werden häufig triviale Fälle auf diesem Wege verfolgt. Insbesondere in Polen sind offenbar zahlreiche Tatbestände Verbrechen, die in Großbritannien nur Vergehen (?) wären. Da aber dem Auslieferungsland eine inhaltliche Prüfung nicht zusteht, muss (z. B.) Großbritannien mit hohem Kostenaufwand derartige Fälle bearbeiten.
Nachtrag 19.12.10
"Must read" für alle, die an einer Aufklärung der Vergewaltigungsvorwürfe interessiert sind, ist jetzt der auf den (unbearbeiteten und vor allem ungeschwärzten) Polizeiberichten (wenn auch wohl nicht allen Polizeiakten in dieser Angelegenheit) beruhende Bericht "10 days in Sweden: the full allegations against Julian Assange" im britischen Guardian vom 17.12.10. Einleitung:
Ergänzend dazu der Artikel "Swedish Police Report Details Case Against Assange" aus der New York Times vom 18.12.10, der zwar im Wesentlichen auf dem Guardian-Bericht aufbaut, anscheinend aber ergänzende Informationen aus dem Umfeld insbesondere von Anna Ardin enthält. Wie ich schon vermutet hatte (vgl. oben betr. mögliche indirekte Einflussnahme 'der CIA', nämlich über Bekannte der "Opfer"), war das Umfeld jedenfalls von Anna Ardin im Zeitpunkt der Anzeigeerstattung gegenüber der Polizei bereits über die Sachverhalte informiert:
"By that time, acquaintances of the two women have said in interviews that both women had already confided similar details of their experiences with Mr. Assange to friends" heißt es dazu im Bericht der New York Times.
Nachtrag 13.01.2011
Dem TAZ-Artikel "Julian Assange und das Schweden-Bild. Im falschen Film" vom 10.01.11 entnehme ich den Hinweis auf (schwedischen) Blog "Prata om det", auch (ganz oder teilweise?) auf Englisch unter "Talk about it" zu haben. Da wird jetzt endlich mal über Sex gesprochen. D. h., eigentlich nicht über Sex (der war ja schon bislang ganz gut im Gespräch), sondern ob man wollte, nicht wollte, halb wollte, unwillentlich oder widerwillig zugestimmt hat, Sex mit einem / einer eigentlich ganz, halb oder zu 2/3 Unwilligen hatte ... .
So jedenfalls stelle ich mir den Blog vor; gelesen habe ich nur die Selbstbeschreibung:
"Sometimes it’s difficult, even impossible, to talk about negative sexual experiences. About the times when our boundaries were violated, but we didn’t say anything. About times when we violated others without realizing it. About times when we violated ourselves. Initiating an honest conversation about sex and consent is scary. Reactions can be cold or even hostile towards those who try. Because of this, many people hold their tongue and put a lid on their thoughts – but that doesn’t make the thoughts go away. In connection to a conversation regarding the media coverage of the Assange case, Swedish journalist Johanna Koljonen#prataomdet (”#talkaboutit”). As a result of this, several Swedish magazines, newspapers and other media outlets are publishing pieces on the subject. In a matter of days international media, such as The Guardian, Die Welt, BBC World Service, Norway’s Dagbladet, Finland’s Helsingin Sanomat, and others have followed. started to tweet, openly and intimately, about her own experiences of drawing lines and negotiating gray areas in sexual situations. Hundreds followed Koljonen’s example on Twitter under the hashtag We need a language for sex that isn’t stifled by shame, we need to think about our boundaries as well as others’. Something is going to change. We are going to dare to #talkaboutit."
Logo, das geht ja auch nicht: einfach so Liebe machen! Solche Sachen wollen gründlich vorbereitet sein - und dann (wie jetzt bei Julian Assange) noch zigmal gründlicher nachbearbeitet.
Da fragt sich nicht nur der taz-Leserkommentator "Blaumaler" (11.01.2011 19:54 Uhr):
"Und wo bleibt die Erotik, wenn man vorher alles 'ausdiskutiert'?"
Nachtrag 14.01.11
Umzugsbedingt fällt mir jetzt das Buch "Spiele der Erwachsenen. Psychologie der menschlichen Beziehungen" (1967; im Original: "Games People Play") von Dr. med. Eric Bernein wieder in die Hände. Auf S. 170 schildert Dr. Berne das "HIVE"-Spiel ("Hilfe! Vergewaltigung!) und zwar mehrere Variante (oder genauer: Grade) davon (meine Hervorhebungen):
" 'HIVE' dritten Grades ist ein heimtückisches Spiel, das häufig mit Mord oder Selbstmord endet oder aber im Gerichtssaal [letzteres wohl eher, Mord und Selbstmord werden eher seltenere Folgeerscheinungen dieses sozialen Rollenspieles sein!] Hier verführt Frau Weiß [Herrn] Schaden zugefügt. In der zynischsten Variante dieses Spiels kann Frau Weiß es dem Mann sogar gestatten, einen kompletten Koitus mit ihr zu vollziehen; auf diese Weise genießt sie zunächst einmal das sexuelle Vergnügen, um ihn danach mit den übelsten Vorhaltungen zu konfrontieren. Diese Konfrontation kann unmittelbar nach dem Geschlechtsakt erfolgen ..., sie kann aber auch erst mit beträchtlicher Verzögerung eintreten ... . Will sie den Fall als strafrechtlich verfolgbare Attacke hochspielen, dann ist es für sie meist relativ leicht, selbstsüchtige oder geradezu pathologisch an dem Fall interessierte Verbündete zu finden, wie z. B. die Presse, die Polizei [!], Anwälte [!] und Verwandte. Manchmal allerdings wenden sich die Außenstehenden in zynischer Weise gegen sie, so dass sie die Initiative verliert und sozusagen selbst zum Spielball der anderen wird. In manchen Fällen spielen die Außenstehenden noch eine andere Rolle. Sie zwingen Frau Weiß das Spiel gegen ihren Willen auf ... Schwarz zu einem kompromittierenden physischen Kontakt und behauptet nachher, er habe sie in verbrecherischer Weise attackiert oder ihr einen nicht wiedergutzumachenden".
Well, who's playing what in this drama?
Auf S. 174 analysiert Berne als Ziel von diesem Spiel die "arglistige Rache". Könnte auf unseren Fall zutreffen, nicht wahr?
Nachtrag 07.05.2011
Dem Wikipedia-Eintrag über Julian Assange entnehme ich den Hinweis auf eine Webseite "people ok with murdering assange". Dort werden Zitate von Persönlichkeiten (im Wesentlichen wohl US-Amerikaner) erfasst, die wegen des Verrats von Staatsgeheimnissen eine Ermordung von Assange fordern oder billigen.
Eigentlich hatte ich das Wikipedia-Stichwort aber aufgerufen, um mich über den aktuellen Stand des Auslieferungsverfahrens von Großbritannien an Schweden zu informieren. Dazu lesen wir (meine Hervorhebung):
"Der Londoner Magistrates’ Court entschied noch im Februar, dass Assange an Schweden ausgeliefert werden dürfe. Assange legte dagegen Berufung ein; der Londoner High Court kündigte die Fortsetzung des Verfahrens für Mitte Juli an."
Von den Wikileak-Veröffentlichungen habe ich gelegentlich etwas mitbekommen, ohne mich aber näher dafür zu interessieren: was ich davon gehört habe, war mir einfach zu banal, um mein Interesse zu wecken*. Und Julian Assange ist in meinen Augen zwar 'kein Kostverächter' , ansonsten aber weder Held noch Anti-Held: er ist mir schlicht schnuppe. Doch begrüße ich selbstverständlich das Whistleblowing als Prinzip, etwa wenn es um Korruption geht, und somit finde ich es auch gut, dass es für derartige Insider-Informationen eine Internet-Plattform gibt, diesen breite Wirkung verleiht und den Informanten (zumindest theoretisch und auf der technischen Ebene) Anonymität ermöglicht.
[So sieht das auch ein Mark Pesce, der in seinem Debattenbeitrag "WikiLeaks a blueprint for things to come" vom 06.12.10 z. B. schreibt:
"It’s this triviality which has angered those in power. The mythology of power - that leaders are somehow more substantial, their concerns more elevated and lofty than us mere mortals, who must not question their motives - that mythology has been definitively busted. This is the final terminus of aristocracy; a process that began on July 14, 1789 came to a conclusive end on November 28, 2010. The new aristocracies of democracy have been smashed, trundled off to the guillotine of the internet, and beheaded."]
Was mich an diesem Fall reizt ist einfach der Drang, meine Kombinationsgabe zu üben,
etwa so wie ich das z. B.in meinem Blott "Wahrheit, Lüge, Rechtsgutachten: Zwischenbericht UNTERSUCHUNG DES VERWALTUNGSHANDELNS AUF SEITEN DER STADT DUISBURG ANLÄSSLICH DER LOVEPARADE" über die Duisburger Loveparade getan hatte.
Und von dort stoße ich jetzt doch gleich auf einen 'alten Bekannten', der (mit der Vergewaltigung nichts zu tun, aber:) auch zum vorliegenden Thema einen Blog-Eintrag erstellt hat. Das freilich unter einem etwas anderen Aspekt, nämlich dem juristischen: "Europäischer Haftbefehl - Missbrauch im Fall Assange? (mit Updates 9.12. und 10.12.)" lautet der Eintrag des Regensburger Rechtsprofessors Henning Ernst Müller im Beck Blog (i. e. der Blog des bekannten Verlages juristischer Fachliteratur). Zur Lektüre empfohlen; ebenso bringen manche Kommentare weitere Informationen. Müller verlinkt auch zu den einschlägigen Rechtstexten; ebenso eine Webseite der schwedischen Strafverfolgungsbehörde (rechts am Rand), die auch eine Presseerklärung der aktuell mit dem Fall beschäftigten Marianne Ny, Leiterin der Strafverfolgungsbehörde (Oberstaatsanwältin / Generalstaatsanwältin?) enthält.
Auch die (trotz des englischsprachigen Titels offenbar deutsche) Legal Tribune Online nimmt sich der fachjuristischen Seite der Ereignisse an: "Inhaftierter WikiLeaks-Gründer. Wohin die Reise gehen kann" fragt dort der auf Internationales Strafrecht spezialisierte Rechtsanwalt Kai Peters. Allgemeinverständlich ist der SZ-Artikel "Das Recht auf ein spätes Nein".
Ich selbst habe mich, wie immer bei solchen breit diskutierten Themen, durch einen Haufen Informationsmüll wühlen müssen um nun doch hoffentlich zumindest das zu wissen, was öffentlich bekannt ist. Und daraus Szenarien zu bilden, wie es zum Vergewaltigungsvorwurf kam, bzw. dazu, dass die Schwedische Justiz (anscheinend nur:) einen Sachverhalt aus den Aussagen der beiden Schwedenschnepfen* unter den Straftatbestand der Vergewaltigung (in seiner spezifisch schwedischen, d. h. aus unserer Sicht recht weit gefassten Ausprägung) subsumiert hat (Voraussetzung für den schwedischen Auslieferungsantrag an Großbritannien).
[*Der Ausdruck "Schwedenschnepfen" ist nicht besonders respektvoll; warum ich ihn dennoch für akzeptabel halte, wird weiter unten deutlich werden.]
Eigentlich wollte ich den vorliegenden Blott unter einen anderen Titel stellen, nämlich: "Schoppenhauer reloaded: Gehst du zum Schwedenweibe, vergiss deinen Keuschheitsgürtel nicht!"
aber das war mir dann doch etwas zu harmlos. Ob eine CIA-Verschwörung (Sexfalle, sexfalla, honeytrap) vorliegt, kann ich natürlich nicht wissen. Diejenigen, die solche Verdächtigungen äußern oder insinuieren (wie z. B. die Anwälte von Julian Assange) haben entweder ein Interesse daran, dass die Öffentlichkeit das glaubt, oder ihre Schreibzeugnisse weisen sie - sagen wir mal euphemistisch: nicht unbedingt als Mitglieder der Avantgarde der kritischen Intelligenz aus.
Kritiker wie Toby Harnden vom Telegraph (22.08.10) oder Michael C. Moynihan ("The Boring Truth About Those Julian Assange Smears" - 25.08.10) oder kürzlich (10.12.) aus Australien Marian Dalton bringen gewichtige Argumente gegen die Meinung vor, dass die Vergewaltigungsvorwürfen gegen Julian Assange (das hier von mir verlinkte englischsprachige Wikipedia-Stichwort ist weitaus detaillierter als das deutschsprachige) mit einem US-amerikanischen Komplott gegen Julian Assange zu tun haben. (Dieser Beitrag - vom 21.8.10, also sehr früh - neigt eher zur Verschwörungstheorie, will aber auch einen Racheakt der Frauen und sogar ein tatsächlich von Julian Assange begangenes Sexualdelikt nicht ausschließen.)
[Erg. 10.05.2011: Wie fragwürdig es ist, bei dem Vergewaltigungsvorwurf eine CIA-Verschwörung zu unterstellen, bzw. wie dubios jene Figuren sind, die diese Art von "Infokrieg" führen, kann man auch in dem Blog-Eintrag "Das CIA-Gerücht im Infokrieg – Julian Assanges falsche Freunde" n dem Blog "Texts for Robots" (13.12.2010) nachlesen .]
Tatsächlich spricht mehr dafür, dass es sich um einen privaten Racheakt von zwei Frauen (oder - meine Einschätzung - im Kern hauptsächlich von einer Frau, nämlich vom Engelsgesicht Anna Ardin - hier ein anderes Portraitfoto von ihr und weiter unten in diesem - schwedischen - Blogpost eine mehr realistische Gesichts-Ansicht) handelt. Sie wird allgemein als eine energiegeladene sozusagen 'donna di garbo' geschildert (mir scheint, dass manches aus dieser abstrahierenden Beschreibung von Goldonis gleichnamiger Komödie durchaus auf Anna Ardin zutreffen könnte), und als solche versteht sie sich offenbar auch selbst (vgl. auf ihrer Flickr-Seite das Foto "Anna Garbo 2"). (Einigermaßen ironisch ist in diesem Zusammenhang, dass die berühmte Greta Garbo lesbische Neigungen hatte und jetzt dasselbe von Anna Ardin behauptet wird - allerdings um sie, wenig überzeugend, als CIA-Agentin zu diskreditieren.)
Dieses Engelchen steht nun, zusammen mit ihrer - sagen wir mal höflich: ästhetisch nicht ganz so hinreißenden - "Leidensgenossin" Sofia Wilen (beider Fotos sind hier konfrontiert), weltweit unter scharfen Attacken und sogar Morddrohungen. Aus Zeitmangel kann ich auf viele Details nicht eingehen; eine Feinchronologie bietet die Bild-Zeitung vom 08.12.10 ("So war der Sommer des Wikileaks-Chefs Die Sex-Akte Julian Assange. Ein geplatztes Kondom, ein wilder Morgen und die scharfe Strafe der Schwedinnen").
Sehr viel detaillierter, und mit Fotos der "Tatorte" bebildert hier eine Seite bei "Rixstep" und die gleiche Seite dort bei "Radsoft". Irgendwie wurde wohl ein Bericht der schwedischen Zeitung "Aftonbladet" vom 14.09.2010 verwendet, der wohl auf dem polizeilichen Vernehmungsprotokoll der beiden Frauen beruht ("A timeline including excerpts of case testimony" erfahren wir darüber auf dieser Linkseite bei Radsoft, die ständig Links zu den neuesten Nachrichten i. S. Julian Assange bringt). Ein schwedischer Blog für (scheint mir) Väterrechte hat die Chronologie von Radsoft übernommen und erläutert deren Zustandekommen so (meine Hervorhebung):
"According to a group of young swedish computerprogrammers and Wikileaks supporters calling themselves Radsoft, Swedish tabloid Aftonbladet is said to have copys of the Assange case files.
Aftonbladet is a tabloid - meaning that one will always have to take what they write with a healthy dose of criticism. Most of it is purely gossip - the testimony of the girls is not corroborated and Aftonbladet's version isn't corroborated either.
That being said though, one can actually construct a timeline based on the Aftonbladet supplement. And the guys at Radsoft have done just this,and this is what is said to have happened. (How they got this information I do not know, and neither do I want to. Some links and additional known information has been added by me.)"
"The full story of the rape charges against Julian Assange of Wikileaks, a possible covert op" im Blog Fabius Maximus vom 27.08.10, sehr scharfsinnig, wenngleich zu diesem Zeitpunkt nähere Informationen über die Vorgänge bis zur Strafanzeige noch nicht öffentlich bekannt waren.
Eine "Timeline: sexual allegations against Assange in Sweden" auf BBC vom (und bis zum!) 14.12.10.
Tief in die Einzelheiten geht auch die Chronologie von Guy Rundle auf der australischen Seite crikey: "Rundle: timeline of Assange’s visit to Sweden and events that followed", die am Schluss auch die Tatvorwürfe wiedergibt.
[Bei den Leserkommentaren gibt es auch eine Info zur scheinbar merkwürdigen Schreibweise der S-Wörter auf einigen - insbesondere australischen? - Webseiten (die ich mir selbst schon in dieser Form zusammengereimt hatte):
(Leserfrage:) One question: why “r-pe” and “s-x” and (probably) “b-ggery” in many articles? Is this just a silly fashion or is there some ridiculous legal constraint?
(Leserantwort:) It’s for the filters, mate. Many workplaces censor webpages containg words like sex, rape an#&^*@$@#&(@#$) connection lost]
Da ist wohl schon etwas mehr vorgefallen als nur ein Kondom geplatzt, zumindest wohl eine kondomlose Kohabitation von Julian Assange mit Sofia Wilen am Morgen des 17. August, angeblich sogar an der schlafenden Frau vollzogen (stelle ich mir schwierig vor, zumindest solange nicht das Opfer ohne Bekleidung mit gespreizten Beinen und feuchten Träumen im Bett liegt).
Jedenfalls haben die Medien (z. B. The Australian vom 8.12.10 unter "US welcomes jailing of WikiLeaks founder Julian Assange") u. a. aufgrund der Aussagen von Gemma Lindfield als Vertreterin der schwedischen Staatsanwaltschaft vor dem Londoner Gericht, dass über die Inhaftierung von Julian Assange zu befinden hat, die Deliktsvorwürfe so beschrieben (Hervorhebungen von mir):
"Mr Assange faces two counts of sexual molestation, one count of unlawful coercion and one count of rape involving two women in Sweden in August.
In the most details yet released about the allegations Ms Lindfield said that in the cases of both women the allegations included Mr Assange's refusal to wear a condom during sex.
He was also accused of having sex with one of the women by exploiting the fact that she was asleep, and another count said that he had held a woman's arms and forced open her legs so he could have sex with her."
Allerdings sind die Berichte verwirrend, denn Paola Totaro berichtete am 08.12.10 aus London nach Australien (Abdruck dort in einer ganzen Reihe von Zeitungen, z. B. in der Brisbane Times u. d. T. "WikiLeaks founder Julian Assange refused bail" (Hervorhebungen von mir):
"Speaking in court for the Swedish authorities, Gemma Lindfield said Mr Assange was wanted in connection with four allegations of sex crimes.
She said the first complainant, a Miss A, alleged she was the victim of "unlawful coercion" on the night of August 14 in Stockholm and that Mr Assange had used the weight of his body to hold her down in a sexual manner.
The second allegation is that Mr Assange "sexually molested" Miss A by having sex with her without a condom when it was her "express wish" he should use one. Miss A alleges in a third claim that Mr Assange "deliberately molested" her on August 18 "in a way designed to violate her sexual integrity".
The fourth charge is that Mr Assange had sex with a second woman, Miss W, on August 17 without a condom while she was asleep at her Stockholm home."
"Stockholm" ist falsch, denn Sofia Wilen lebt in Enköping.
Der Vorwurf, Assage habe "forced open her legs so he could have sex with" einer der Frauen ist evtl. einem Missverständnis entsprungen. Unter dem Titel "Julian Assange denied bail over sexual assault allegations" hatte nämlich der britische Guardian am 07.12.10 u. a. über das schwedische Sexualstrafrecht informiert (meine Hervorhebung):
"Unlike the UK, Swedish rape law is not based on consent but on the aforementioned concept of sexual integrity. There are a number of possible offences against this integrity. Those that involve both penetration and either physical force or a threat of some illegal act, such as violence, are classified as rape. So are assaults on people who are helpless at the time, either as a result of intoxication or severe mental disturbance. The degree of physical force involved need only be very small. It can be enough merely to move the victim's legs apart, according to Gunilla Berglund, at the Swedish ministry of justice. Rape carries a sentence of between two and six years; aggravated rape a sentence of four to 10 years."
Das Auseinanderziehen der Beine wird also nur als ein Beispiel dafür erwähnt, dass schon Verhaltensweisen, die man (je nach Intensität natürlich) nicht als gewalttätig empfinden würde, den Straftatbestand der Vergewaltigung erfüllen können.
Versuchen wir die oben abstrakt wiedergegebenen Tatvorwürfe - "two counts of sexual molestation, one count of unlawful coercion and one count of rape" - auf die konkreten Sachverhaltsschilderungen herunterzubrechen, dann erfüllen
- die beiden nicht einvernehmlich kondomfreien Koitusse offenbar den Tatbestand der sexual molestation, also der sexuellen Belästigung;
- der Druck mit dem eigenen Körpergewicht auf den Körper der Frau wäre eine "unlawful coercion" (sexuelle Nötigung?) und nur
- die Penetration der schlafenden Partnerin würde möglicher Weise (wenn Zusatzbedingungen erfüllt sind bzw. Einschränkungen nicht greifen - s. u.) den Tatbestand einer Vergewaltigung erfüllen.
Spaßiger Weise werden die Sexualdelikte ausgerechnet im Kapitel Sechs ("On sexual crimes") abgehandelt. Dort heißt es unter § 1 ("Section 1"; Text von mir hier auf diejenigen Passagen gekürzt, die ich für einschlägig halte; Hervorhebungen von mir):
"A person who by assault or otherwise by violence or by threat of a criminal act forces another
person to have sexual intercourse or to undertake or endure another sexual act that ..... shall be sentenced for rape to imprisonment for at least two and at most six years.
This shall also apply if a person engages with another person in sexual intercourse ..... by improperly exploiting that the person, due to ..... sleep ..... is in a helpless state."*
Das "improperly exploiting" verstehe ich als eine Einschränkung: Nicht jeder Sex mit einer schlafenden Partnerin (oder theoretisch auch mit einem schlafenden Partner) ist also verboten; Strafbarkeit tritt nur dann ein, wenn der aktive Teil den Schlaf (usw.) des anderen Teils in ungebührlicher Weise ausnutzt. Was man darunter in der Praxis zu verstehen hat lässt sich natürlich nur aus einer Kenntnis der einschlägigen schwedischen Rechtsprechung oder einem Strafrechtskommentar beurteilen.
[* so die auf der o. a. Webseite der schwedischen Strafverfolgungsbehörde verlinkte Version; in der ebenfalls oben erwähnten Online-Gesamtausgabe des schwedischen Strafgesetzbuches
"A person who by violence or threat which involves, or appears to the threatened person to involve an imminent danger, forces another person to have sexual intercourse or to engage in a comparable sexual act ... " - das ist schon eine merkwürdige Abweichung, die nicht mit Übersetzungsdifferenzen erklärt werden kann.]
Die "unlawful coercion" (sexuelle Nötigung?) ist im § 2 aaO definiert:
"A person who, under circumstances other than those defined in Section 1, makes someone engage in a sexual act by unlawful coercion shall be sentenced for sexual coercion to imprisonment for at most two years."
Meine Phantasie reicht leider nicht aus, um mir konkret vorzustellen, welches denn "circumstances other than those defined in Section 1" sein könnten, aber offenbar subsumiert die schwedische Anklagebehörde den Tatvorwurf "had used the weight of his body to hold her down in a sexual manner" nicht unter die Vergewaltigung, sondern behandelt ihn eben nur als sexuelle Nötigung. Wobei sich mir ohnehin nicht erschließt, wie man (d. h.: wie Mann) - wenn man (er) nicht als Spitzensportler im ständigen Liegestütz verharren kann, beim GV in der Missionarsstellung einen Druck des männlichen auf den darunter liegenden weiblichen Körper verhindern könnte. Ich meine, müsste für die Strafbarkeit eines solchen Tuns nicht zumindest noch ein "against her will" - gegen ihren erklärten Willen - hinzukommen?
(Auf FAZ.net, wo Olaf Borchers den Lesern am 09.12.10 einen erschütternd dürftigen Artikel "Wie man in Schweden einen Mann belasten kann" zugemutet hatte, brachte am 10.12.10 - na wer schon? Eine Frau natürlich! - Katrin Hummel Informationen, die sie bei Stefan Drackert, Referent für das Strafrecht der nordischen Länder am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg, recherchiert hatte, u. d. T. "Der Fall Assange.Was gilt in Schweden als Nötigung?". Drackert räumt u. a. auch mit einem in der englischsprachigen Presse weit verbreiteten Gerücht auf:
"Die Einschätzung, wonach im schwedischen Recht eine Vergewaltigung in einem minder schweren Fall vorliege, wenn sich die Frau nach dem Sex unwohl fühle oder sich ausgenutzt vorkomme ..... hält Drackert für unzutreffend.")
Wie auch immer: Jedenfalls scheint es lediglich der angebliche Geschlechtsverkehr mit der schlafenden Sofie Wilen am Morgen des Dienstag, 17.08.2010 zu sein, welcher allenfalls eine Vergewaltigung ("Rape" - § 1) nach schwedischem Recht wäre. Und, wenn ich es recht verstanden habe, wäre die Auslieferung von Assange aus Großbritannien nach Schweden ohne den Vergewaltigungsvorwurf erheblich erschwert.
Eine kurze, aber detaillierte Darstellung bietet auch ein anscheinend juristisch versierter Labersack auf "Plapperstorch" vom 07.12.10. Auch der taz-Artikel "Nein heißt nein" vom 09.12.10 ist nicht schlecht.
Tief in die sachlichen wie juristischen Details (z. B. auch eine strafrechtliche Bewertung der Vorwürfe nach australischem Recht, also gewissermaßen ein internationaler Rechtsvergleich) geht, ungefähr in der 2. Hälfte, der Bericht des australischen Magazins Crikey "Assange accuser may have ceased co-operating" vom 09.12.10.
Zu den Tatvorwürfen heißt es dort (in einem Text, der leider die australisch-rechtliche Bewertung zu eng mit den Sachverhalten verzahnt, als dass ich ihn hier auf die Schnelle trennen könnte) (meine Hervorhebungen):
“Practically speaking, I would not like the chances of the prosecutor on charge 3 — pressing his erect p-nis into the complainant’s back … legally speaking I would have to suggest the chances of conviction would be slim for any Australian offence where both accused were adults. Proving non consent might be difficult but proving awareness of non consent would be even harder.
“Charges 1 and 2 (holding partner down, and unsafe s-x despite earlier expressed opposition to such) involve contexts where there would be room for defence argument about consent. On charge 1, when is one person ‘holding down’ another person lying beneath them, and when are they simply having consensual s-x in a position involving one person being on top of the other person? Is this force or just rough but consensual (compared to cases I’ve read, the allegation would hardly count as rough).
“On charge 2, prior unwillingness is not enough, the complainant must not be consenting and the accused must be aware of this ‘at the time of int-rcourse’. Did complainant one change her mind? Did Assange believe she changed her mind, and perhaps on reasonable grounds the charge does not disclose?
“On charge 4 (s-x while complainant was sleeping), recent experience in South Australia suggests this also could be difficult to prove if there was any kind of s-xual interaction prior to the complainant falling asleep, which might give the defence a plausible argument that belief in consent was present. I was deeply unimpressed by the level of protection the courts (let alone public attitudes) offered to people who are asleep or unconscious due to drugs/alcohol."
(Im 1. Teil des Artikels wird behauptet, dass Anna Ardin Schweden verlassen habe. Das scheint jedoch nicht zuzutreffen.)
In einem Artikel Guardian vom 8.12.10 "Julian Assange extradition attempt an uphill struggle, says specialist. Former CPS extradition specialist predicts Sweden will find it 'very difficult' to get WikiLeaks founder sent back" werden u. a. von einem Experten die Erfolgsaussichten des schwedischen Auslieferungsbegehrens erörtert (einen Aspekt, der auch mir schon aufgestoßen war, habe ich gefettet):
"On what we know so far, it is going to be very difficult to extradite. The judge has to be satisfied that the conduct equals an extraditable offence and that there are no legal bars to extradition."Assange's team will argue, how can the conduct equal an extraditable offence if the [Swedish] prosecutor doesn't think there is enough evidence to charge, and still has not charged."
Joshi said other bars to extradition would be Assange's rights under the European human rights legislation."
(Vgl. auch den Leserbrief "European arrest warrant in spotlight" von Sarah Ludford MEP, Liberal Democrat, im Guardian vom 14.12.10: "... the EAW is restricted to "the purposes of conducting a criminal prosecution", which must mean imminent charge followed by trial. If your reports are correct that the Swedish request for extradition of Assange under an EAW is "to face questioning" or for "interview", this would appear to conflict with the high court case of Asztaslos last February, which confirmed that it is not a legitimate purpose for an EAW to be used to conduct an investigation to see whether that person should be prosecuted."
Eine Reihe von Leser-Kommentatoren im Blog einer Antje Schrupp ("Julian Assange, Schweden und die wildgewordenen Feministinnen") erörtert und verlinkt zu Texten (Quellen und Debatten) insbesondere auch zur juristischen (und natürlich auch zur feministischen) Dimension. Wahrscheinlich (ich konnte mir das nicht näher anschauen) eine sehr empfehlenswerte Lektüre für alle, welche die Materie intellektuell ganz, ganz tief penetrieren wollen.
Nun bin ich aber weit abgeschweift; letztlich kommt man immer wieder zu dem Punkt: nichts Genaues weiß man nicht. Zwar berühmt sich unser allseits bekanntes Massenblatt des exklusiven Besitzes des Polizeiprotokolls über die Vernehmung der beiden Frauen am Freitag, 20.08.2010: "Die verhängnisvollen Nächte des Julian Assange. EXKLUSIV: Das Protokoll der mutmasslichen Sexopfer. Und was Assanges Anwalt sagt" (12.12.10; 2 Teile). Doch wird nur wenig daraus enthüllt, und von Sex mit einer schlafenden Partnerin ist überhaupt nicht die Rede. Warum gibt sich die Bild-Zeitung, die doch sonst alles entblößt, in diesem Falle derart bedeckt? War in der gedruckten BamS vom 12.12.10 mehr zu lesen? Oder war in der Vernehmung vom 20.08.10 von einem Beischlaf im Schlaf noch gar nicht die Rede gewesen, und ist der (welcher?) Dame dieser Akt erst später wieder eingefallen? Immerhin hatte ja die Ober-oder-was-auch-immer-Staatsanwältin Marianne Ny ihre Anfang September 2010 verfügte Wiederaufnahme der Ermittlungen wegen Vergewaltigung mit angeblichen neuen Erkenntnissen begründet.
P.S.: Ich vermute mal, dass BILD lediglich den gleichen, an zahlreichen Stellen geschwärzten Polizeibericht besitzt, von dem die britische MAIL schon am 29.08.2010 unter der Überschrift "Supporters dismissed rape accusations against WikiLeaks founder Julian Assange... but the two women involved tell a different story" (detaillierte Ablaufschilderung, unbedingt lesenswert!) berichtete (meine Hervorhebung):
Das geplatzte Kondom war aber der Ausgangspunkt des Problems, denn die 26-jährige Künstlerin Sofia Wilen hat sich zwar wie ein Groupie an Assange rangemacht, dann aber vor Aids-Angst sozusagen in die Hose gemacht als der Mann aus dem Outback lieber bareback reiten wollte.
Vor der Begegnung hatte Sofia Wilen nach ihrer Aussage vom 20.08.10 gegenüber der Polizei zwei Wochen lang alles über Assange gelesen. Wenn sie trotzdem nicht begriffen hat, aus welchem Holz dieser Mann geschnitzt ist, wenn sie dennoch geglaubt hat, wenn sie gehofft hat, mit einen Mann wie Julian Assange in einem Nest wie Enköping sozusagen 'happily ever after' zu leben, dann ist sie eine Landpommeranze, die wenig von der Welt weiß.
Und ebenso, wenn sie unmittelbar nach dem Sex ins Krankenhaus geht, um sich auf HIV untersuchen zu lassen: zu diesem Zeitpunkt wäre eine evtl. Infektion noch gar nicht feststellbar.
Das engstirnige ängstliche Spießertum dieser jungen Frau enthüllt auch eine Angabe aus dem Polizeiverhör. Sie habe mit Assange zunächst im Hotel schlafen und ihn nicht in ihre Wohnung mitnehmen wollen, weil sie ihn nicht gut genug kenne. (Da ist Anna Ardin immerhin weltläufiger: die hatte keine Bedenken, Julian allein in ihrer Wohnung übernachten zu lassen, obwohl auch sie ihn nicht näher kannte.)
Anna Ardin ist gehörnt im sexuellen Sinne, weil Julian Assange sie (so jedenfalls wird sie es empfunden haben) mit dem nicht gerade aufregenden Landei betrogen hat.
Dass Sie auch Teufelshörner trägt, lässt sich aus ihrem Verhalten erschließen.
Selbst wenn Sie nicht die berüchtigten 7 Rache-Regeln von einer englischen Webseite auf ihrer eigenen Seite auf Schwedisch übersetzt (und sich mutmaßlich mit derartigen Ideen identifiziert) hätte (hier auf ihrer Webseite eine neue Version; wohl die alte Fassung ist z. B. dort zu sehen), hätte sie sich dadurch diskreditiert (und ihre Doppelzüngigkeit enthüllt), dass sie
- der schwedischen Zeitung Aftonbladet am (wenn ich es richtig verstehe) Samstag, 21.08.10 (also einen Tag nach ihrer gemeinsamen Vorsprache mit Julia Wilen bei der Polizei) dieses ”Det var ett övergrepp” betitelte Interview gab (veröffentlicht am Sonntag, 22.08.10) und darin die Harmlose, Nette, Gutmütige vortäuschte:
"Ms A spoke at the weekend to the Swedish newspaper Aftonbladet and said she was not frightened of Assange and that he was not violent. She said she had only ever alleged sexual molestation, not rape, and added: "In both cases, what started out as voluntary sex subsequently developed into an assault. The other woman wanted to report rape. I gave my story as testimony to her story and to support her. We stand by the information"
erfahren wir in der englischen Übersetzung im Guardian-Bericht "Prosecutors may decide today on charges against WikiLeaks founder" vom 24.08.10.
Am Sonntag der Veröffentlichung nahm sie aber - allein oder mit Sofia Wilen - Kontakt mit dem prominenten und prominent pro-feministischen - Rechtsanwalt Claes Borgström auf. Am Samstag, 21.08., hatte die (Ober-?)Staatsanwältin Eva Finné einen am Freitag, 20.08., unmittelbar nach der "Opfer-"Vernehmung von der diensthabenden Staatsanwältin Maria Kjellstrand erlassenen Haftbefehl rückgängig gemacht. Sie sah den Tatbestand der Vergewaltigung nicht erfüllt, ließ aber das Verfahren wegen sexueller Belästigung (geplatztes bzw. nicht benutztes Kondom?) bestehen.
Die Kontaktaufnahme zu Promi-Anwalt konnte also nur einen Zweck haben: Assange eben doch wegen Vergewaltigung dranzukriegen. Und dass es Sofia Wilen war, welche die Idee zur Kontaktaufnahme zum Staranwalt hatte, oder dazu die Initiative ergriff, kann ich mir nicht vorstellen.
Im übrigen stellt sich auch die Frage, wer die Zeitung Expressen unmittelbar am Freitag Abend nach der Vernehmung informiert hat: Mitarbeiter der Polizei - oder Anna Ardin selbst? Wenn man bedenkt, wie zielstrebig sie die Verfolgung von Julian Assange betreibt - nämlich mit Hilfe eines Promi-Anwaltes -, erscheint es wahrscheinlich, dass sie selbst die Zeitung informiert hat. Dies würde auch perfekt dem Rezept des von ihr ins Schwedische übersetzten Rache-Menüs entsprechen.
Einige Links, die ich vielleicht noch kommentieren bzw. in meinen Text einbauen werde:
Assange auf Partnersuche (Inserat mit interessanter Selbstbeschreibung von 2006).
MAIL ONLINE vom 07.12.10http://www.dailymail.co.uk/news/article-1336291/Wikileaks-Julian-Assanges-2-night-stands-spark-worldwide-hunt.html#ixzz17PsSFVeE ; detaillierte Ablaufschilderung.
Hier berichtet die Radsoft-Webseite, dass das Aftonbladet den Polizeibericht von den Strafverfolgungsbehörden zugespielt bekommen hatte (am 28.08.10? Den ganzen Text oder mit Schwärzungen - s. o. - ??).
Am Schluß dieses Radsoft-Artikels wird Sofia Wilen [hier ein großes Foto von ihr; in diesem Video am Anfang, ganz rechts, und hier ein Foto von ihr aus dem Vortrag - nicht gerade das Gesicht einer potentiellen Miss Sweden], nicht Anna Ardin, als die treibende Kraft hinter den Vergewaltigungs-Vorwürfen gegen Julian Assange dargestellt. (Man soll 'graue Mäuse' nicht unterschätzen - "hell hath no fury like a woman scorned", doch habe ich erhebliche Zweifel.)
Hier ein Update vom 29.08.10 zu dem oben zitierten Blogeintrag "Fabius Maximus" vom 27.08.10, wo auch die Wahrscheinlichkeit einer CIA-Falle ausführlich erörtert wird, und
dort ein weiteres Update vom 01.09.10.
Hier eine Radsoft-Seite über Anna Ardin.
Unter "The Campaign against Julian Assange" erörtert die Radsoft-Webseite u. a., wer die Zeitung Expressen (hier u. a. der Expressen-Artikel in englischer Übersetzung) unmittelbar nach Erstattung der Strafanzeige (am 20.08.10) informiert haben könnte. Einiges deutet darauf hin, dass eine der Frauen dahinter steckt, aber andere Informanten sind nicht auszuschließen.
Anna Ardin hat Blog-Einträge gelöscht, die die Glaubhaftigkeit ihrer Opferrolle beeinträchtigen könnten (s. a. hier).
Detaillierte Chronologie auch im Artikel "Julian Assange’s Honey Trap: That’s Rape in Sweden" auf Taki's Magazine.
Über die Tatvorwürfe erfahren wir auf der schon oben zitierten crikey-Seite:
"There are four formal accusations against Assange: three by complainant A (Anna Ardin): one of r-pe (using body weight to hold down and forcibly parting legs), and two of ofredande/misconduct/harassment: unsafe sex, and pressing p-nis against back. One by complainant S (Sofia Wilen): sexual assault, sex while complainant was sleeping."
Extrem lächerlich, jedenfalls ohne Zusatzangaben (wie etwa: "gegen den Willen der Frau") erscheint der Vorwurf, dass Julian Assange seinen Penis gegen den Rücken von Anna Ardin gepresst habe. Dass daraus der Vorwurf einer strafbaren Handlung konstruiert wurde, zeigt für mich, wie tief hier die Strafverfolgungsbehörden der Polarkreis-Puritaner in den Krümeln gegraben haben.
Unter dem Titel "The accusations against Julian Assange" verwirft Gwynne Dyer auf der Webseite der Japan Times vom 15.12.10 Meinungen, wonach die USA das schwedische Auslieferungsersuchen an Großbritannien eingefädelt haben, um Julian Assange anschließend von Schweden an die USA ausliefern zu lassen. Die Erfolgsaussichten wären, wie sie überzeugend darlegt, wegen der Rechtslage weitaus fragwürdiger als bei einem direkten Auslieferungsersuchen an Großbritannien. Im übrigen diskutiert und verwirft Dyer auch die Wahrscheinlichkeit geheimdienstlicher Machinationen hinter den Tatvorwürfen bzw. hinter dem Auslieferungsbegehren. (Was sie dabei allerdings übersieht ist die Möglichkeit einer indirekten Einflussnahme von US-Stellen auf die beiden Frauen - siehe unten.)
Eigentlich wollte ich meine Überlegungen zur Verschwörungstheorie (CIA-Sexfalle) ausführlich begründen, doch muss ich mich darauf beschränken, mein Fazit zu präsentieren:
1) Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Anna Ardin und/oder Sofia Wilen wissentlich für US-Behörden agieren.
2) Es ist nicht ausgeschlossen (aber keineswegs offenkundig), dass sie ohne ihr Wissen in diplomatische oder geheimdienstliche Schachzüge der US-Behörden eingeplant wurden und eingespannt sind. Wenn überhaupt eine US-Organisation (Geheimdienst oder Diplomaten) auf eine oder beide Frau(en) Einfluss nimmt, dann ist eher an einen indirekten Ablauf zu denken: über besorgte Freunde und Bekannte nämlich ("Du tust mir ja so leid, was dieser Schuft dir angetan hat", "Das darfst du dir von dem nicht gefallen lassen", "Ich leihe dir Geld für den Anwalt", "Du darfst jetzt nicht klein beigeben" usw. könnten die Einflüsterungen lauten, die ihrerseits wieder von Einflüsterungen oder knisternden Scheinen inspiriert worden sein könnten. Geheimdienstliche oder diplomatische Eingriffe sind aber auch an ganz anderer Stelle vorstellbar, etwa in das Ermittlungsverfahren auf die ermittelnde Staatsanwältin.)
3) Es ist sicher, dass der private Rachefeldzug der beiden Damen den gegen die Arbeit von Wikileaks gerichteten Aktionen der US-Regierung nützt. Auch dieser Umstand rechtfertigt zwar nicht jenen Hass, der ihnen im Internet teilweise entgegenschlägt. Aber Kritik an ihrem widersprüchlichen Verhalten (insbesondere bei Anna Ardin; bei Sofia Wilen mehr an ihrer Naivität und Hysterie) scheint mir auf jeden Fall berechtigt und wird ja sogar auch von zahlreichen feministischen Persönlichkeiten und Institutionen geübt (z. B. Naomi Klein mit dem recht pathetischen Zola-Zitat - aus der Dreyfus-Affaire - "J'accuse"; in Deutschland u. a. hier von einer Antje Schrupp).
Ganz grundsätzlich erscheint es problematisch, wenn sexuelle Akte (mit allem Drumherum) durch die einschlägige Gesetzgebung in unendlich kleine Einzelereignisse zerlegt und als untereinander quasi zusammenhanglose Vorgänge behandelt werden. Diese Tendenz sehe ich hier bei der Justiz (und den "Opfern").
Interessant auch der Artikel "A Reporter at Large. No Secrets. Julian Assange’s mission for total transparency". von Raffi Khatchadourian im New Yorker. Er datiert vom 07.06. 2010, also aus der Zeit vor den hier behandelten Vorgängen. Man kann ihn jedoch wohl (ich selbst habe ihn nur überflogen) teilweise auch als eine Art Psycho-Biographie von Julian Assange lesen.
Nachtrag 18.12.2010
Unter "EU Recht. Drei Auslieferungen pro Tag" ist auf "Der Freitag" vom 14.12.10 ein Artikel des Briten Afua Hirsch (aus dem Guardian) übersetzt, der ganz allgemein die Problematik des Europäischen Haftbefehls thematisiert:
".... besteht ein Nebeneffekt darin, dass der Europäische Haftbefehl einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden ist. Das juristische Instrument ist umstritten, seit es im Jahr 2003 eingeführt wurde ... .
Das Auslieferungsgesetz von 2003 hatte seinen Ursprung in einer Entscheidung der EU, die nur eine Woche nach den Anschlägen vom 11. September getroffen wurde. Sie wurde den Wählern als eine Möglichkeit verkauft, des Terrorismus und anderer schwerer Verbrechen Verdächtige zu verfolgen, die über europäische Binnengrenzen hinweg gesucht werden. Die gemeinsamen Verpflichtungen gegenüber der europäischen Menschenrechtskonvention schufen eine ausreichende Vertrauensgrundlage dafür, dem Haftbefehl eines anderen EU-Mitgliedsstaates ohne weiteres Folge zu leisten."
Tatsächlich aber, schreibt Hirsch, werden häufig triviale Fälle auf diesem Wege verfolgt. Insbesondere in Polen sind offenbar zahlreiche Tatbestände Verbrechen, die in Großbritannien nur Vergehen (?) wären. Da aber dem Auslieferungsland eine inhaltliche Prüfung nicht zusteht, muss (z. B.) Großbritannien mit hohem Kostenaufwand derartige Fälle bearbeiten.
Nachtrag 19.12.10
"Must read" für alle, die an einer Aufklärung der Vergewaltigungsvorwürfe interessiert sind, ist jetzt der auf den (unbearbeiteten und vor allem ungeschwärzten) Polizeiberichten (wenn auch wohl nicht allen Polizeiakten in dieser Angelegenheit) beruhende Bericht "10 days in Sweden: the full allegations against Julian Assange" im britischen Guardian vom 17.12.10. Einleitung:
"Unseen police documents provide the first complete account of the allegations against the WikiLeaks founder."
Ergänzend dazu der Artikel "Swedish Police Report Details Case Against Assange" aus der New York Times vom 18.12.10, der zwar im Wesentlichen auf dem Guardian-Bericht aufbaut, anscheinend aber ergänzende Informationen aus dem Umfeld insbesondere von Anna Ardin enthält. Wie ich schon vermutet hatte (vgl. oben betr. mögliche indirekte Einflussnahme 'der CIA', nämlich über Bekannte der "Opfer"), war das Umfeld jedenfalls von Anna Ardin im Zeitpunkt der Anzeigeerstattung gegenüber der Polizei bereits über die Sachverhalte informiert:
"By that time, acquaintances of the two women have said in interviews that both women had already confided similar details of their experiences with Mr. Assange to friends" heißt es dazu im Bericht der New York Times.
Nachtrag 13.01.2011
Dem TAZ-Artikel "Julian Assange und das Schweden-Bild. Im falschen Film" vom 10.01.11 entnehme ich den Hinweis auf (schwedischen) Blog "Prata om det", auch (ganz oder teilweise?) auf Englisch unter "Talk about it" zu haben. Da wird jetzt endlich mal über Sex gesprochen. D. h., eigentlich nicht über Sex (der war ja schon bislang ganz gut im Gespräch), sondern ob man wollte, nicht wollte, halb wollte, unwillentlich oder widerwillig zugestimmt hat, Sex mit einem / einer eigentlich ganz, halb oder zu 2/3 Unwilligen hatte ... .
So jedenfalls stelle ich mir den Blog vor; gelesen habe ich nur die Selbstbeschreibung:
"Sometimes it’s difficult, even impossible, to talk about negative sexual experiences. About the times when our boundaries were violated, but we didn’t say anything. About times when we violated others without realizing it. About times when we violated ourselves. Initiating an honest conversation about sex and consent is scary. Reactions can be cold or even hostile towards those who try. Because of this, many people hold their tongue and put a lid on their thoughts – but that doesn’t make the thoughts go away. In connection to a conversation regarding the media coverage of the Assange case, Swedish journalist Johanna Koljonen#prataomdet (”#talkaboutit”). As a result of this, several Swedish magazines, newspapers and other media outlets are publishing pieces on the subject. In a matter of days international media, such as The Guardian, Die Welt, BBC World Service, Norway’s Dagbladet, Finland’s Helsingin Sanomat, and others have followed. started to tweet, openly and intimately, about her own experiences of drawing lines and negotiating gray areas in sexual situations. Hundreds followed Koljonen’s example on Twitter under the hashtag We need a language for sex that isn’t stifled by shame, we need to think about our boundaries as well as others’. Something is going to change. We are going to dare to #talkaboutit."
Logo, das geht ja auch nicht: einfach so Liebe machen! Solche Sachen wollen gründlich vorbereitet sein - und dann (wie jetzt bei Julian Assange) noch zigmal gründlicher nachbearbeitet.
Da fragt sich nicht nur der taz-Leserkommentator "Blaumaler" (11.01.2011 19:54 Uhr):
"Und wo bleibt die Erotik, wenn man vorher alles 'ausdiskutiert'?"
Nachtrag 14.01.11
Umzugsbedingt fällt mir jetzt das Buch "Spiele der Erwachsenen. Psychologie der menschlichen Beziehungen" (1967; im Original: "Games People Play") von Dr. med. Eric Bernein wieder in die Hände. Auf S. 170 schildert Dr. Berne das "HIVE"-Spiel ("Hilfe! Vergewaltigung!) und zwar mehrere Variante (oder genauer: Grade) davon (meine Hervorhebungen):
" 'HIVE' dritten Grades ist ein heimtückisches Spiel, das häufig mit Mord oder Selbstmord endet oder aber im Gerichtssaal [letzteres wohl eher, Mord und Selbstmord werden eher seltenere Folgeerscheinungen dieses sozialen Rollenspieles sein!] Hier verführt Frau Weiß [Herrn] Schaden zugefügt. In der zynischsten Variante dieses Spiels kann Frau Weiß es dem Mann sogar gestatten, einen kompletten Koitus mit ihr zu vollziehen; auf diese Weise genießt sie zunächst einmal das sexuelle Vergnügen, um ihn danach mit den übelsten Vorhaltungen zu konfrontieren. Diese Konfrontation kann unmittelbar nach dem Geschlechtsakt erfolgen ..., sie kann aber auch erst mit beträchtlicher Verzögerung eintreten ... . Will sie den Fall als strafrechtlich verfolgbare Attacke hochspielen, dann ist es für sie meist relativ leicht, selbstsüchtige oder geradezu pathologisch an dem Fall interessierte Verbündete zu finden, wie z. B. die Presse, die Polizei [!], Anwälte [!] und Verwandte. Manchmal allerdings wenden sich die Außenstehenden in zynischer Weise gegen sie, so dass sie die Initiative verliert und sozusagen selbst zum Spielball der anderen wird. In manchen Fällen spielen die Außenstehenden noch eine andere Rolle. Sie zwingen Frau Weiß das Spiel gegen ihren Willen auf ... Schwarz zu einem kompromittierenden physischen Kontakt und behauptet nachher, er habe sie in verbrecherischer Weise attackiert oder ihr einen nicht wiedergutzumachenden".
Well, who's playing what in this drama?
Auf S. 174 analysiert Berne als Ziel von diesem Spiel die "arglistige Rache". Könnte auf unseren Fall zutreffen, nicht wahr?
Nachtrag 07.05.2011
Dem Wikipedia-Eintrag über Julian Assange entnehme ich den Hinweis auf eine Webseite "people ok with murdering assange". Dort werden Zitate von Persönlichkeiten (im Wesentlichen wohl US-Amerikaner) erfasst, die wegen des Verrats von Staatsgeheimnissen eine Ermordung von Assange fordern oder billigen.
Eigentlich hatte ich das Wikipedia-Stichwort aber aufgerufen, um mich über den aktuellen Stand des Auslieferungsverfahrens von Großbritannien an Schweden zu informieren. Dazu lesen wir (meine Hervorhebung):
"Der Londoner Magistrates’ Court entschied noch im Februar, dass Assange an Schweden ausgeliefert werden dürfe. Assange legte dagegen Berufung ein; der Londoner High Court kündigte die Fortsetzung des Verfahrens für Mitte Juli an."
Textstand vom 16.06.2023
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