Die israelische (Zer-)Siedlungspolitik im palästinensischen Westjordanland ist völkerrechtswidrig. Weder die EU noch die USA erkennen sie juristisch an. Dass Israel diese Siedlungen mit staatlicher Gewalt unterstützt und durchsetzt, kann man durchaus als eine Form von staatlichem Terrorismus gegen die Palästinenser bezeichnen. Und diese setzen sich mit "privatem" Terrorismus dagegen zur Wehr.
Das ist die Wahrheit; aber nicht die vollständige Wahrheit. Die
Palästinenser würden zweifellos selbst dann Terrorakte gegen Israel begehen,
wenn es die illegale israelische Siedlungspolitik nicht gäbe. Die
Siedlungspolitik, die nach meiner Einschätzung auf die Verhinderung eines
Palästinenserstaates und letztlich auf die Einverleibung der West Bank in ein
"Groß-Israel" hinausläuft, kann im rein imperialistischen Sinne als
gewaltsame Erweiterung des israelischen Staatsgebietes verstanden werden. Aber
zugleich ist sie als präventiver Selbstschutz der Israelis auch verständlich.
Weil eben davon auszugehen ist, dass die Palästinenser das Existenzrecht
Israels nicht anerkennen und, wenn sie könnten, die Israelis ins Meer jagen
würden. (Wie groß der Hass der Palis auf Israel ist, wird - wohl eher überraschend
- z. B. auch hier sichtbar.)
Für diesen Konflikt gibt es keine gerechte Lösung. Was Mearsheimer/Walt
in ihrer Studie (dazu
unten mehr) für die Gründungszeit des Staates Israel sagen: "neither side owns the moral high ground
during this period" (keine der beiden Seiten ist moralisch besser),
gilt heute ebenso.
Fakt ist, dass die zionistische Landnahme in Palästina von Anfang an
darauf hinauslief, den Juden eine Lebensweise in einem ihre kulturelle (religiöse
usw.) Identität wahrenden organisatorischen Gebilde zu ermöglichen - also letztlich
einen Staat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das von Anfang an das Programm
der Siedler oder ihrer Anführer (die freilich genau dieses Ziel verfolgten) war: Eine solche Entwicklung lag bereits in der
Logik dieser Besiedelung, die ja gerade den überall verfolgten oder
diskriminierten Juden (zur Gründungszeit der zionistischen Bewegung hatten nur
noch die Ostjuden unter Pogromen zu leiden, aber in anderen Formen war der
Antisemitismus auch in Westeuropa virulent) einen eigenen Siedlungsraum bieten wollte.
Den in Palästina lebenden Arabern (bei denen es übrigens herzlich
gleichgültig ist, ob die sich damals schon "Palästinenser" nannten bzw. als solche verstanden oder einfach
als Araber) war das durchaus bewusst. Weil dieses Gebiet aber unter der
Herrschaft fremder Mächte stand - zunächst der Türkei, dann, nach dem Ersten
Weltkrieg, Großbritanniens - konnten sie sich gegen diese schleichende Landnahme
nicht zur Wehr setzen. Aufstände, die sie dagegen unternahmen (1921 und 1929),
wurden von den Briten niedergeschlagen, zuletzt sogar mit jüdischer
Unterstützung (1936 - 1939).
Für den vorliegenden Aufsatz liegt ein Aspekt außerhalb des Fokus', den
ich dennoch wenigstens erwähnen möchte. Aus meiner Sicht lassen sich in der
schleichenden israelischen Landnahme durch Besiedelung - sowohl vor der
Staatsgründung wie aktuell im Westjordanland - durchaus Parallelen zu der
gegenwärtigen Massenimmiggression in unser eigenes Land ziehen. Aber vor allem
einen gravierenden Gegensatz: Denn während Israel die West Bank mit seinem eigenen
Volke besiedelt, wird Deutschland von der verschlagenen Schlange im Kanzleramt täglich
mit Tausenden von Muslimen angereichert. So kann es eines (vielleicht nicht
fernen) Tages auch bei uns zu massiven Konflikten zwischen der indigenen
Bevölkerung und den Immiggressoren kommen. Doch dann werden nicht die
Einheimischen die Angreifer sein, sondern gewaltige Massen von
"Neusiedlern" aus ihren Parallelgesellschaften heraus gegen unser
soziokulturelles Gesellschaftsgefüge rebellieren.
Bei dem Palästinakonflikt geht es um das, was Angela Merkel ihrem
eigenen Volk abmerkeln will und was die Bahnhofsklatscher freiwillig so
fröhlich fortwerfen, wie die Babys ihre Rasseln aus dem Kinderwagen schmeißen:
Die Identität. Sowohl Juden wie Palästinenser wollen so leben, wie sie leben
wollen: Mit eigener Kultur, aber auch in einem eigenen Staat. Der gleiche
Wunsch wird aber auch bei uns in den schon jetzt bestehenden
Parallelgesellschaften sichtbar. Und nach aller historischen Erfahrung (beispielsweise
der heidnischen Römer mit den antiken Christen) müssen wir davon ausgehen, dass
die Forderungen der fremdkulturellen Populationsteile auf Berücksichtigung ihrer
Eigenheiten in der Gesetzgebung mit zunehmender numerischer Stärke anwachsen
werden. An Selbstbewusstsein mangelt es den angeblich traumatisierten Schutzsuchenden schon jetzt
nicht. Eines Tages kann es zu einer - u. U. chaotisch verlaufenden -
kulturellen Transformation kommen. Nicolaus Fest diagnostizierte bereits im August 2015 einen Kulturbruch; ganz so skeptisch bin ich nicht.
Aber wenn die Rechtsbrecherin im Kanzlerbunker weiterhin Massen an Muslimen ins
Land lockt, zu denen der Familiennachzug noch hinzukommt, dann werden massive
Kulturenkonflikte keine Sache von Jahrzehnten mehr sein.
(Übrigens: Wenn's ums große Ganze geht, darf sogar im
Bahnhofsklatscherblatt Süddeutsche Zeitung der Wert der kulturellen Identität hochgehalten werden: "..... das zweifellos zutreffende und schon häufig in der Geschichte
beobachtete Phänomen: Geht einer Gemeinschaft ihre spezifische kulturelle
Identität verloren, dann ist ihr Zusammenhalt in Gefahr. Interessiert
sich diese Gemeinschaft dann nicht einmal mehr für die Werte, die sie von
anderen Gemeinwesen abgrenzen, ist sie dem Untergang geweiht. Späteren
Historikergenerationen dient sie dann nur noch als Rätselstück: Wie konnte
solch eine große Kultur so einfach untergehen?")
Zurück zu Israel. Dort ist durchaus zuzugeben, dass die Palästinenser
in Israel (d. h. im eigentlichen Staatsgebiet, wo trotz Flucht - mit von Israel
verweigerter Rückkehr - und Vertreibungen noch sehr viele leben) sehr viel toleranter
behandelt werden, als die Juden in arabischen, oder überhaupt in islamischen
Ländern. Ob die "Palis" mit ihrem Status zufrieden sind, weiß ich
nicht; man hört allerdings nie, dass der Terrorismus aus den Reihen dieser Volksgruppe kommt. Andererseits
verweigern die Israelis den geflohenen Palästinensern eine Rückkehr und
diejenigen Länder, die sie aufgenommen haben (insbesondere Libanon und
Jordanien) verwehren ihnen die Integration. Obwohl es sich doch um Araber
handelt, die im Aufnahmeland weder sprachlich noch religiös einen Fremdkörper
bilden (Wikipedia).
Das ist auf Seiten der arabischen Staaten durchaus gewollt, denn auf diese
Weise verewigt sich der Konflikt (den die Araber in ihrem typischen Mangel an
Realismus wohl immer noch zu gewinnen hoffen).
Aus der großen historischen Perspektive betrachtet müsste man den
Palästinensern Recht geben: Die Juden haben ihnen ihr Land (das Staatsgebiet,
nicht individuell den Grund und Boden) gestohlen. Die US-Politologen
John Mearsheimer und Stephen M. Walt schreiben dazu in ihrer 2006 entstandenen (und
damals wütend attackierten) Studie „The Israel Lobby and U.S. Foreign Policy“
(auch hier): "The fact that the creation of Israel
entailed a moral crime against the Palestinian people was well understood by
Israel’s leaders. As Ben‐Gurion told Nahum Goldmann,
president of the World Jewish Congress, “If I were an Arab leader I would never
make terms with Israel. That is natural: we have taken their country. . . . We
come from Israel, but two thousand years ago, and what is that to them? There
has been anti‐Semitism, the Nazis,
Hitler, Auschwitz, but was that their fault? They only see one thing: we have
come here and stolen their country. Why should they accept that?”"
Wollte man also dieselben Kriterien anwenden wie bei der Rückgabe von geraubten
Kunstgütern an die rechtmäßigen Eigentümer, stünde das gesamte Land den
Palästinensern zu. Aber natürlich ist eine solche - ich sage mal: metaphysisch-rechtliche
- Betrachtungsweise dem vorliegenden Sachverhalt unangemessen. Ganz abgesehen
davon, dass das Existenzrecht Israels völkerrechtlich fest verankert ist, haben sich die
Israelis das Recht, in diesem Gebiet zu leben, sowohl ersessen als auch (hart)
erarbeitet. Und wo sollten sie auch hin, wenn die Palästinenser oder die Araber
sie von dort vertreiben würden, wie sie es ja in drei Kriegen - Palästinakrieg
1947 - 1949, Sechstagekrieg
1967, Jom-Kippur-Krieg 1973 - versucht haben?
Dass sich Israel seine expansive Politik im Westjordanland überhaupt
erlauben kann, verdankt es dem Rückhalt durch die amerikanische Politik. Auch
die weiß zwar um die Völkerrechtswidrigkeit und tadelt Israel offiziell. Aber
gleichzeitig bleiben diese Rügen folgenlos, und die politische und militärische
Unterstützung läuft reibungslos.
Diese ungewöhnlich enge Verbindung beider Länder, die auf Außenstehende
nicht selten den Eindruck macht, dass der Schwanz mit dem Hund wedelt, hat ihren
Grund in der massiven israelischen Lobbyarbeit in den USA. Das haben die
amerikanischen Professoren John Mearsheimer und Stephen Walt in der o. a.
Studie detailliert aufgezeigt, und die Nachweise später unter dem gleichen
Titel "The Israel Lobby and U.S.
Foreign Policy" zur Buchform erweitert (Amazon). (Als
Kontrast hier das
Buch eines anderen Verfassers zum Thema. Der untersuchte Zeitraum ist weiter,
und nach einer Rezension zu urteilen werden gegensätzliche Meinungen zu Mearsheimer/Walt vertreten.)
Der Einfluss der jüdischen Lobby auf die US-Regierung ist jedenfalls historisch
außergewöhnlich und völlig überproportioniert. Nach Meinung der beiden
Politologie-Professoren ist er sogar so groß, dass die Vereinigten Staaten für
die Unterstützung Israels selbst vitale eigene Interessen hintanstellen. Ich
selber hatte mich damals mit deren Arbeit und der Debatte darüber intensiv auseinandergesetzt und konnte diese Schlussfolgerung gut nachvollziehen.
Andererseits ist es verständlich, dass alle Juden in der Welt aufgrund
der leidvollen geschichtlichen Erfahrung des Holocaust ein brennendes Interesse
an der Erhaltung des Staates Israel haben müssen. Und es ist legitim wenn sie
alles daransetzen, um die Existenz dieses Staates zu sichern. Bei diesem
Lobbyismus geht es also um die Erhaltung des Staates Israel in einer extrem
feindlichen (arabischen) Umwelt. Diese verständliche Verfolgung legitimer
jüdischer Interessen rechtfertigt in keinster Weise die erweiterte Schlussfolgerung,
dass die Juden die Weltherrschaft anstreben würden und sich dazu in irgend
einer jüdischen Weltverschwörung organisiert hätten.
Tatsächlich ist die Existenz jüdischer Lobbyorganisationen in den USA
(wie des AIPAC)
geradezu eine Art Gegenbeweis gegen die angebliche Existenz geheimer jüdischer
Verschwörungen: Wenn anonyme Strippenzieher ihren Einfluss im Verborgenen
ausüben könnten, warum sollten dann noch offizielle Lobbyorganisationen nötig
sein? Oder warum würden sich unsichtbare Verschwörer mit sichtbaren
Interessenvertretungen angreifbar machen, wenn doch im Geheimen und in
kleinsten Zirkeln alles in ihrem Sinne laufen würde?
Leider geistern antisemitische Vorstellungen aber nach wie vor durch
mancher Menschen Köpfe. Ich selber bekomme das gelegentlich in
Facebook-Debatten mit. Meist wird Antisemitismus nicht direkt formuliert,
sondern äußert sich in Bildern mit Fotos und/oder kurzen Texten, die
insbesondere den Rothschilds (allgemein oder einzelnen Personen dieser
jüdischen Familie) finstere Machenschaften unterstellen. Und wenn etwa das
(unstreitig verantwortungslose und rational nicht nachvollziehbare) Handeln von
Angela Merkel mit einem Hinweis auf ihre angeblich jüdische Herkunft "erklärt" wird, dann richtet sich das nicht
mehr "nur" gegen eine (immens reiche) Familie, sondern gegen die
Juden überhaupt.
Die Geschichte mit der angeblich jüdischen Mutter hat sich ein Norbert
Knobloch zusammengelogen, früherer Autor bei mmnews. In seinem Artikel "Wer ist Angela Merkel?" vom 14.05.2013 schreibt er "... die Mutter,
eine polnische Jüdin aus Galizien
...".
Knobloch ist gewissermaßen ein Breitband-Verschwörungstheoretiker;
seine Spinnereien betreffen die Politik ebenso wie die Medizin. (Einzelheiten dazu
in dem anti-esoterischen Wiki "Psiram".)
Und im vorliegenden Falle ist er nicht nur ein Spinner, sondern auch ein frecher
Lügner und antisemitischer Brandstifter.
Es fällt schon auf, dass er den Namen der Mutter nicht nennt: Weder den
Vornamen, noch den Geburtsnamen. (Der Familienname ist - für die damalige Zeit selbstverständlich
- derselbe wie derjenige ihres Ehemannes und der Geburtsname von Angela Merkel,
also "Kasner".) Tatsächlich heißt die Mutter Herlind Kasner
und ist eine geborene Jentzsch. Mit Galizien hat sie nicht das Geringste zu tun, und es gibt auch nicht den allerkleinsten
Anhaltspunkt dafür, dass sie Jüdin wäre. Entsprechend macht der saubere Herr Knobloch
auch keinerlei Angaben über die Herkunft der angeblichen
"Information". Eine Quellenangabe:
Aus den Fingern gesogen" käme halt nicht gut.
Davon abgesehen, dass Angela Merkel KEINEN jüdischen Hintergrund hat,
haben gerade die Juden objektiv betrachtet das allergeringste Interesse daran,
Deutschland mit ihren muslimischen Erzfeinden vollzustopfen. Zwar hatte Josef
Schuster, Chef des Zentralrates der Juden in Deutschland, im Mai 2015 noch getönt, Deutschland dürfe wegen seiner Vergangenheit keine
Juden ablehnen (was ich einigermaßen unverschämt fand). Aber die
Massenimmiggression der Merkel-Welle ab September 2015 ließ selbst ihm die Knie
schlottern. Am 23.11.2015 lesen wir, ebenfalls in der WELT: "Der Bundeskanzlerin hat er kürzlich einen
langen Brief geschrieben, erzählt er. Darin schilderte er ..... die Sorgen, die
viele Juden gegenwärtig hegten. Einerseits fühlten sie mit den Flüchtlingen,
die aus Not nach Deutschland kämen, andererseits fürchteten sie, deren
Ansichten würden die Gesellschaft über kurz oder lang in einer Weise verändern,
die der Freiheitlichkeit der Bundesrepublik abträglich wäre. 'Die
Flüchtlingsströme haben zwei Seiten. Auf beide müssen wir achten', sagt
Schuster. 'Viele der Flüchtlinge fliehen vor dem Terror des Islamischen Staates
und wollen in Frieden und Freiheit leben, gleichzeitig aber entstammen sie
Kulturen, in denen der Hass auf Juden und die Intoleranz ein fester Bestandteil
sind. Denken Sie nicht nur an die Juden, denken Sie an die Gleichberechtigung
von Frau und Mann oder den Umgang mit Homosexuellen'. ..... 'Ich glaube, es
sollte kontrollierte Zugänge nach Deutschland geben', sagt er und: "Über
kurz oder lang werden wir um Obergrenzen nicht herumkommen", um
schließlich doch energischer zu werden: 'Wenn es so weitergeht wie bisher wird
die Vermittlung unserer Werte zunehmend schwieriger. Die erfolgreiche
Integration ist aber auch für die jüdischen Gemeinden in Deutschland wichtig.' "
Nicht immer trete ich in Facebook-Debatten antisemitischen Äußerungen (bzw.
meist eher Andeutungen) unmittelbar entgegen, denn das kann gefährlich werden. Damit
meine ich aber nicht jene äußere Gefahr, an die Sie als Leser jetzt
zwangsläufig denken werden; bedroht hat mich deswegen noch niemand. Sondern
eine innere Gefahr: Man ist (generell, keineswegs nur bei diesem Thema) immer versucht,
sich allzu schnell ins Lotterbett der im gängigen Diskurs vorformulierten
Schemata zu legen, also in diesem Falle politisch korrekte Parolen gedankenlos
nachzuplappern. Das wirkt zum einen nicht unbedingt überzeugend auf das
Gegenüber, das diese Parolen ja längst kennt. Und zugleich ordnet man sich
selber damit u. U. in die Reihen jener ein, mit denen man ansonsten eher keine
politische Gemeinschaft pflegen möchte. Dieses Versäumnis kompensiere ich,
sozusagen zusammenfassend, mit diesem weit ausholenden Essay.
Worin liegt für viele Menschen die Faszination, die Rothschilds,
die Juden, die Rockefellers oder die Bilderberger (wer immer das genau sein
soll) für alles verantwortlich zu machen, was unserer Meinung nach in der Welt
schief läuft? Oder, am beliebtesten (weil so unbestimmt, dass man es in jeder
Situation behaupten kann): Die Neue Weltordnung (NWO).
Es sind die Schwächlinge, welche die Last des Eingeständnisses nicht zu
tragen vermögen, dass wir ganz besonders im Bereich der Gesellschaft (und der
Wirtschaft) sehr vieles, allzu viel, unerträglich viel nicht wissen. Mit
politischen Verschwörungstheorien habe ich mich nicht näher beschäftigt. Dafür
umso mehr mit jenem Scheinwissen, dass unwissende (aber phantasievolle)
Scharlatane über unser Geldwesen
verbreiten. Das, wenn man sich einmal entschlossen hat, die Frage mit
intellektueller Redlichkeit und mit einem rigorosen Beharren auf logischer
Widerspruchsfreiheit (innerhalb des Denkmodells selber wie zur Realität) zu
untersuchen, in seinen grundlegenden Funktionsprinzipien gar nicht so schwer zu
verstehen ist. (Anders, wenn es um die Details geht.)
Ja, es ist richtig, dass unser wirtschaftliches System die Reichen immer reicher macht. Das ist ein Skandal, das ist für die Gesellschaft
insgesamt brandgefährlich. Aber das ist NICHT das Ergebnis irgendeiner
Hinterzimmer-Verschwörung. Und vor allem ist es nicht das Resultat unseres
GELDsystems und nicht des Zinsmechanismus. Denn (auch wenn es auf den ersten
Blick merkwürdig klingt): "Der Zins
besteht nicht nur aus Zinsen - und nicht alle Zinsen sind ein Zins". Es ist das EIGENTUM, und die daraus
abgeleiteten Erträge, das die Reichen immer reicher, und die Armen immer ärmer
macht. Egal, ob jemand Zinsen, Dividenden oder Mieten kassiert: Im Sinne seiner
Vermögensmehrung sind das alles Zinsen!
Dazu hatte bereits im Jahr 2008 ein gewisser Jochen
Hoff, Betreiber der Webseite Duckhome
(und leider i. S. Geldsystem ein Spinner) in einem "lesepflichtigen" Artikel Sätze geschrieben,
die sich jeder Verschwörungsgläubige ins Stammbuch schreiben sollte:
"Was ist also mit dieser
weltweiten zionistisch-jüdischen Verschwörung? Sie ist Blödsinn! Geld findet
immer wieder zum Geld. Leute die viel Geld besitzen, haben ein gemeinsames
Interesse. Sie wollen dieses Geld gegen die Armen verteidigen und möglichst
noch mehr Geld in ihren Tresoren horten. Da brauchte es keine Verschwörung,
keine Absprache, die dazu führt, dass vom Kapital immer wieder Gesetze gegen
die Menschen gemacht werden."
Dass die Abschaffung des Eigentums (an Produktionsmitteln) keine Lösung
ist, wissen wir. Die Menschheit hat das bereits empirisch erprobt und sozusagen
experimentell bewiesen. Im Gegensatz zu den zahlreichen Scharlatanen habe ich
keine Lösung anzubieten. Aber der erste Schritt, um zu einer Lösung zu kommen
(wenn es überhaupt eine gibt), ist das Eingeständnis des Nichtwissens. Das
fällt den Fachleuten (in diesem Falle den Wirtschaftswissenschaftlern) genauso
schwer wie den Laien. Was wir bräuchten, wäre eine massive und zielgerichtete Forschungsanstrengung, entfernt vergleichbar jener, die damals zur
Entwicklung der Atombombe unternommen wurde: Ein Manhattan-Projekt für die Wirtschaftswissenschaften sozusagen.
Verschwörungstheorien dagegen sind die moderne Entsprechung für die Regengötter primitiver Völker. Sie
liefern eine Scheinkausalität für das, was (auf der jeweiligen Wissensstufe oder
überhaupt) in Wahrheit für uns (noch) unerklärlich bleibt.
Und die "Regengötter" der Verschwörungstheorien heißen häufig
Rothschild. Nicht immer sitzen sie allein auf der Anklagebank, und nicht immer nur
mit anderen Juden zusammen: Auch die Rockefellers werden gerne verdächtigt, im Hintergrund
die Strippen einer als Marionettentheater gedachten Welt zu ziehen. Müll aber
bleibt ein solches Geschwätz allemal.
Besonders traurig ist es, wenn ausgerechnet Patrioten sich
leichtgläubig außer Gefecht setzen lassen: Indem sie sich in
Verschwörungstheorien suhlen, anstatt zu ändern, was wir vielleicht noch ändern
können. Oder sich immer wieder die Schnauze rückwärts zum nostalgisch
verklärten Blick auf die Nazizeit drehen (lassen). Und dann dumm dreinschauen,
wenn sie von der großen Mehrheit in Deutschland (keineswegs nur von den
Antifanten!) den politischen Knockout verpasst kriegen. Liebe Leute: Die Musik
spielt hier - und HEUTE!
Darum, Freunde der Verschwörungstheorien: Lasset ab von der Anbetung
der falschen Regengötter. Faselt nicht von Geheimbünden der Freimaurer, Illuminaten, einer angeblichen
NWO oder der
Juden (Zionisten). Das alles sind Hirngespinste. Akzeptiert es, mit der Last
des Wissens um unser Nicht-Wissen leben, und im Zustand des eigentlich
unzulänglichen Wissens sogar politisch handeln zu müssen. Die uns bekannten
Fakten müssen wir in unsere Überlegungen einbeziehen. Aber ebenso wichtig ist
es, dass wir uns die Leerstellen unseres Informationshorizonts ehrlich eingestehen.
Und der Versuchung widerstehen, sie mit Worten oder Eigennamen zu füllen, die
nur die eine Funktion haben: Uns selber ein Wissen um Kausalzusammenhänge vorzuspiegeln,
dass wir in Wahrheit nicht haben.
Der berühmte Satz aus der Volkswirtschaftslehre "There is no free lunch" gilt auch im Bereich der Erkenntnis: Ohne Mühe ist kein Blumentopf zu gewinnen.
Und mit Regengöttern ist nirgends ein Staat zu machen.
Nachtrag 08.06.2020
Im Zusammenhang mit dem aktuell grassierenden Coronavirus (SARS-CoV-2) titelte der Deutschlandfunk am 16.04.2020 "Falschmeldungen zu COVID-19. Der Boom der Corona-Verschwörungstheorien". Daraus (Hervorhebungen von mir):
"Klare Belege und konsistente, in sich schlüssige Theorien, seien gar nicht nötig, um mit Verschwörungsmythen hohe Klickzahlen zu bekommen, sagt David Begrich vom Verein „Miteinander“. Widersprüchlichkeiten würden ausgeblendet, die eigene Weltsicht gegen Argumente von außen abgeschottet: „Es verleiht natürlich der Verschwörungserzählung etwas Auratisches, etwas Geheimnisvolles, wenn ich sozusagen in einem virtuellen Flüsterton sage: ‚Ich sage dir eine Wahrheit, die du nicht verstehen kannst, die größer ist als dein eigenes Begreifen. Du kannst sie nicht verstehen, aber ich kann sie dir sagen!‘ Das ist sozusagen die Begleitmusik für solche Verschwörungserzählungen.“
"Der Reiz von Verschwörungstheorien liege nicht darin, auf komplexe Fragen einfache Antworten zu bekommen. Dafür seien die meisten dieser Erzählungen viel zu kompliziert, sagt die Mainzer Sozialpsychologin Pia Lamberty. Aber während die Experten über die Ansteckungsgefahr des Virus stritten, über Schutzmaßnahmen und Impfstrategien, lieferten Verschwörungstheorien angeblich eindeutige und unstrittige Wahrheiten. „Und man kann sich darüber natürlich auch selber aufwerten. Man ist automatisch der Gute. Man ist die Person, die die Wahrheit sieht, während die anderen nicht wissen, was eigentlich gerade passiert. Das konnten wir in der Forschung auch zeigen, dass der Glaube an Verschwörungstheorien mit einem Bedürfnis nach Einzigartigkeit einhergeht. Das heißt, je mehr ich das Bedürfnis habe, aus der Masse herauszustechen, umso wahrscheinlicher glaube ich auch an Verschwörungstheorien.“
"... [der Freiburger Soziologe] Andreas Anton ..... sieht zwar auch die Gefahren, die von Verschwörungsmythen ausgehen. Ob sie die Menschen aber in dem Maße radikalisierten, wie es sozialpsychologische Studien nahelegen, bezweifelt er: „Es ist sicher mal immer wieder so, dass Verschwörungstheorien zu radikalen, extremen Weltbildern führen. Ich würde aber behaupten, es ist viel häufiger der Fall, dass im Vorfeld schon ein radikales Weltbild vorhanden ist und die Verschwörungstheorien docken dann an. Die sind nicht unbedingt die Ursache, sondern die sind eher die Wirkung.“
ceterum censeo
Wer alle Immiggressoren der Welt in sein Land lässt, der
ist nicht "weltoffen":
Der hat den A.... offen!
Textstand vom 08.06.2020
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