Mittwoch, 8. März 2023

Terrorakt gegen die Nord Stream-Pipelines: Die Volksverarsche wird täglich dreister!


Zufälle gibt's, die gibt's gar nicht: Am 03.03.2023 war Bundeskanzler Olaf Scholz in Washington, und schon hat man am 07.03. die Anschlagstäter identifiziert: Eine private Gruppe war's! 
Die irgendwie proukrainisch war; aber die ukrainische Regierung hat natürlich auch nichts damit zu tun. 

Welche Personen das nun genau waren, weiß man selbstverständlich nicht - und wird man auch niemals erfahren. Aber wenigstens wissen wir nun: "Auf dem Tisch in der Kabine haben die Ermittler den Recherchen zufolge Spuren von Sprengstoff nachweisen können."

Kann man verstehen, dass Scholz diese koordinierte Desinformationskampagne mit Biden persönlich aushecken wollte - und nicht am Telefon besprechen.
Präzise wie die Pipeline-Sabotage läuft also jetzt die deutsch-amerikanische Desinformationsmaschinerie: 
Und ebenfalls am 07.03.2023 berichten deutsche Medien nach "einer gemeinsamen Recherche von ARD-Hauptstadtstudio, des ARD-Politikmagazins Kontraste, des SWR und der ZEIT":

  • "EXKLUSIV. Nord-Stream-Ermittlungen. Spuren führen in die Ukraine" (ARD) (Der Staatsfunk bezieht praktischer Weise die "Erkenntnisse" der New York Times gleich ein: "Die 'New York Times' berichtet unterdessen unter Berufung auf nicht namentlich genannte US-Regierungsbeamte, dass es neue Erkenntnisse der US-Geheimdienste gebe, wonach eine pro-ukrainische Gruppe für den Anschlag verantwortlich sei.")

Natürlich plappern die privaten Medien den Müll eifrig nach. 

Hoch anzurechnen ist es dem ZDF, dass es in seinem Artikel "Bericht zu Nord-Stream-Pipelines: Pro-ukrainische Gruppe hinter Explosionen?", gleichfalls vom 07.03.2023, ausgesprochen skeptisch bleibt, auch untermauert durch einen (echten) Experten.

Unglaubhaft ist diese ganze Räuberpistole allein schon deshalb, weil die Sprengstellen weit auseinander liegen. Die erste Sprengung (um 2:03 h) erfolgte ca. 80 km entfernt von den drei weiteren Sprengungen (gegen 19.03 h). Und selbst an der 2. "Stelle" liegt zwischen den beiden Sprengungslecks an den beiden Nord Stream 1 Röhren noch einmal gut 6 km Distanz!

Und während die ZEIT berichtet "Die Nationalität der Täter ist offenbar unklar", wissen US-Geheimdienstkreise lt. NYT schon ganz sicher, dass keine Amerikaner beteiligt waren: "Officials who have reviewed the intelligence said they believed the saboteurs were most likely Ukrainian or Russian nationals, or some combination of the two. U.S. officials said no American."

"Die Ausrüstung für die Geheimoperation sei vorher mit einem Lieferwagen in den Hafen transportiert worden, heißt es."
War auch eine Dekompressionskammer dabei? Das sind ziemlich große - und sicherlich enorm schwere - Dinger (auch in einer evtl. 2-Personen-Ausführung)! Die man mit Sicherheit nicht in einem Lieferwagen transportieren kann. Ich denke mal, die bringt man nur mit einem Kran auf ein Schiff. Das an Deck auch ausreichend Platz zur Aufstellung der Kammer haben muss; die muss dort auch irgendwie befestigt werden, damit sie bei Seegang nicht runterfällt. 
Und bis zu welcher Schiffsgröße reicht überhaupt EINE Person (Kapitän) zur Navigation aus?
Wenn die Dekompressionskammer auf dem Deck stand (ins Schiffsinnere hätte man sie wohl kaum bringen können), müsste sie doch wohl auf den hochauflösenden Bildern von Spionagesatelliten sichtbar sein? 
Außerdem hätten die Täter sie vor der Rückgabe wieder entfernen müssen - und das erneut mit Hilfe eines Krans!

Auffindbar sind die "Täter" offenbar nirgends, und das, obwohl man sogar ihre Berufe ganz genau kennt: "Ein... Kapitän, zwei Tauchern, zwei Tauchassistenten und eine... Ärztin".

Woher wollen die Geheimdienste eigentlich wissen, dass die Reisepässe "professionell" gefälscht waren? Obwohl nichts darüber berichtet wird, dass man die Papiere gefunden hat?    Angeblich sollen zwei (gefälschte) Reisepässe gefunden worden sein. Klingt ebenfalls zu schön, um wahr zu sein. (Bzw. nach bewusstem Irreführungsversuch seitens der Täter.)

"Für ihre Recherchen haben das ARD-Hauptstadtstudio, Kontraste, der SWR und die ZEIT mit Quellen in mehreren Ländern gesprochen." Was sollen denn andere Länder in dieser Angelegenheit wissen? Außer demjenigen, was ihnen die deutsche Polizei allenfalls mitgeteilt hat?

"An den Ermittlungen zur Zerstörung der Pipelines waren Sicherheitsbehörden in Deutschland, Dänemark, Schweden, den Niederlanden und den USA beteiligt." Hier erwecken die ZEIT und der ARD-Staatsfunk den völlig falschen Eindruck, diese Länder hätten GEMEINSAM ermittelt. Genau das ist jedoch NICHT der Fall!

Die Yacht war am 06.09.22 unterwegs: Auf welche Weise erfolgte am 26.09. die Zündung?

Deutsch sein heißt, Regierungsinformationen um ihrer selbst willen glauben?
Credere, obbedire, pagare le tasse? (Glauben, kämpfen, Steuern zahlen?)


Nachtrag:

Unter "RUSSLANDS KRIEG GEGEN DIE UKRAINE. Ukraine aktuell: Verdächtiges Schiff nach Nord-Stream-Explosionen durchsucht" berichtet die Deutsche Welle heute, am 08.03.2023:
"Die Bundesanwaltschaft hat bei ihren Ermittlungen zur Ursache der Explosionen an den Gaspipelines  Nord Stream 1 und 2 im Januar ein verdächtiges Schiff durchsuchen lassen. Es bestehe der Verdacht, dass es zum Transport von Sprengsätzen verwendet worden sein könnte, die am 26. September 2022 an den Pipelines explodiert waren, teilte eine Sprecherin der Karlsruher Behörde auf Anfrage mit.
Die Auswertung der sichergestellten Spuren und Gegenstände dauere an. "Die Identität der Täter und deren Tatmotive sind Gegenstand der laufenden Ermittlungen", hieß es weiter. "Belastbare Aussagen hierzu, insbesondere zur Frage einer staatlichen Steuerung, können derzeit nicht getroffen werden." 
Laut Bundesanwaltschaft fand die Durchsuchung vom 18. bis 20. Januar "im Zusammenhang mit einer verdächtigen Schiffsanmietung" statt. Ein Tatverdacht gegen Mitarbeiter des deutschen Unternehmens, welches das Schiff vermietet habe, bestehe nicht."
Das bringt ein klein wenig mehr Substanz in die "Story", als bis dahin sichtbar war. Dennoch bleibt es für mich eine Räuberpistole - s. o.


Nachträge 10.03.2023:

"Wie spiegel.de am Donnerstag berichtete [kostenpflichtig!], soll es sich bei der Jacht um die Segeljacht 'Andromeda' handeln. Heimathafen der 15 Meter langen Jacht des Typs Bavaria Cruiser 50 sei Breege auf Rügen."
Also, wie ich vermutet hatte, ein "Bootchen" [Bild und Datenblatt - dito dort - dieser Bootsklasse "Bavaria Cruiser 50"]. Und dann auch noch ein Segelboot! Zwar mit Motor; aber doch wohl schwer - für Taucharbeiten - an einem Punkt zu halten?

Auch der dänische OSINT*-Analyst Oliver ALEXANDER äußert gewaltige Zweifel, ob der Terroranschlag von diesem Schiffchen aus verübt worden sein kann: "The Nord Stream Andromeda Story: What We Know and What We Don’t".
* Open Source Intelligence: Solche Leute durchforschen öffentlich zugängliche Datenquellen z. B. über die Routen von Schiffen und Flugzeugen. Auf dieser Basis hatte Alexander bereits eine Reihe von Detailbehauptungen aus dem Enthüllungsartikel von Seymour Hersh über den angeblichen Anschlag der CIA auf die Pipeline widerlegt. (Was dennoch nicht zwingend heißen muss, dass der Hersh-Scoop IM KERN falsch ist und daher die USA NICHT der Täter waren!)

Die Times (diesmal also die Londoner, nicht die New Yorker Times!) berichtet unter "West kept quiet about Nord Stream attack to protect Ukraine":
"A week after the Nord Stream pipeline exploded, staff at a Scandinavian delegation in Brussels walked out of their embassy intelligence briefing, impressed by the level of detail they had received so soon after the attack. They were told this would not be made public and to deflect any questions about why the official investigation into the destruction of the Russo-German pipeline was moving so slowly. The name of the suspected private sponsor, a Ukrainian not affiliated with President Zelensky’s government, has been circulating in intelligence circles for months but not revealed. Nato officials, it appears, wanted to protect Ukraine from a public spat with Germany, which had been dragging its heels over whether to deliver vital military aid, including Leopard 2 tanks and IRIS-T air defence systems. This is only fair — they probably knew who was responsible before the presidential administration or the defence ministry in Kyiv, who have been blindsided by the report and furiously deny involvement."
Auf Deutsch also in etwa:
"[Schon] eine Woche nach dem Anschlag war die Delegation eines skandinavischen Landes in Brüssel [also offenbar bei der Nato] in ihrer Botschaft über die einschlägigen Geheimdienst-Erkenntnisse informiert worden und staunte Bauklötze darüber, wie viel bereits so kurz nach dem Anschlag ermittelt worden war. Sie wurden informiert, dass diese Ermittlungsergebnisse nicht veröffentlicht würden und dass sie alle Fragen, warum die offizielle Untersuchung so lange daure, ausweichend beantworten sollten.
Der Name des Hintermannes - ein Ukrainer, der nichts mit der Regierung von Präsident Selensky zu tun hat - ist in Geheimdienstkreisen seit Monaten bekannt, wurde aber nicht enthüllt. Anscheinend wollten die NATO-Mitarbeiter eine öffentliche Auseinandersetzung zwischen der Ukraine und Deutschland vermeiden, das ohnehin sehr zögerlich mit seinen Waffenlieferungen war. Tatsächlich wusste die NATO das wohl früher als die ukrainische Regierung und das ukrainische Verteidigungsministerium, die von dem Bericht kalt erwischt wurden und mit allem Nachdruck eine Beteiligung abstreitet.
Heißt also: Ukrainischer Hintermann ja; aber in Privatinitiative, ohne Kenntnis - oder gar Anweisung - ukrainischer Regierungsstellen.

Auch die österreichische Zeitung "Express"  äußerst massive Zweifel: "Nord-Stream-Terror: Warum die neue Story so nicht stimmen kann" (08.03.2023). 
Und nicht einmal der Kreml, dem ein Imageschaden der Ukraine doch eigentlich perfekt zupasskommen müsste, glaubt die neue (sozusagen deutsch-amerikanische) Räuberpistole.
In Deutschland berichtet anscheinend vor allem die Berliner Zeitung erfreulich kritisch über die Story. Z. B. in dem Artikel "Bericht: Amerikaner wollen beweisen, dass nicht der Westen hinter Nord-Stream-Anschlag steckt. Die Berichte über die Nord-Stream-Anschläge bewegen die internationale Presse. Eine Reaktion aus Polen" mit Verweis auf Reaktionen in unserem Nachbarland Polen (09.03.). U. a. wird dort die Meinung eines polnischen Experten wiedergegeben: "Die Nord-Stream-Sprengung sei eine komplizierte Operation gewesen, man bräuchte spezielles Equipment und ein Boot, das die Position halten kann, um die Taucher zu unterstützen. Eine Yacht könne das nicht." (Hatte ich oben bereits vermutet: "doch wohl schwer - für Taucharbeiten - an einem Punkt zu halten?")
Parallel sät im gleichen Blatt am gleichen Tag der Kommentar "Nord Stream: Sind die neuen Berichte ein Ablenkungsmanöver der USA?" Zweifel an der 'Ukraine-Spur'; hier mit Bezug auf spanische Meinungsäußerungen.
Über kritische Stimmen in den USA berichtet ein amerikanischer Medienbericht, den das Portal "Telepolis" in deutscher Übersetzung präsentiert: "Nord-Stream: Pro-ukrainische Gruppe oder Operation unter falscher Flagge?".
Florian Warweg auf Twitter (mit Bezug auf die "Wieck/Wiek" Berichte über den Kurs dere Andromeda): "Um jetzt aber von Rostock zum richtigen (😂) Wiek-Hafen zu kommen, muss man, wie auch zuvor beim „falschen“ Wieck ebenfalls durch einen Bodden, Wassertiefe 2 M, selbst die Tiefe beim Hafen wird mit nur 2,8 M angegeben. Wer geht so ein Risiko ein, wenn er so 1 Operation plant?🤔" Und ergänzt auf den Einwand des AfD-MdB Torben Braga betr. eine 4,5 m tiefe ausgebaggerte Fahrrinne:
"Ja, können. Aber gehst du mit Hunderten Kilo Sprengstoff und Taucherausrüstung (apropos Tiefgang) wirklich dieses Risiko ein, vorher noch durch einen Bodden zu fahren? Da steht doch in keiner Relation zum Risiko, wenn du da 1x aus der Fahrrinne ausscherst. Und Hafen selbst 2,8M."

Insgesamt hält sich allerdings die Bereitschaft deutscher Medien, die Meldungen selber (kritisch) zu reflektieren, offenbar in engen Grenzen.


Nachträge 11.03.2023

Vgl. auch das YouTube-Video "Pipeline-Anschlag aufgeklärt! (Desinformations-Strategien)" von Prof. Dr. Christian Rieck.

Der STERN hat am 09.03. eine Presseschau veröffentlicht: "Im Krieg sind Lügen eine Waffe" – so kommentiert die Presse die Nord-Stream-Explosionen".


Nachträge 13.03.2023

Mittlerweile werden neue Spekulationen über ein griechisches Frachtschiff "Minerva Julie" in Umlauf gebracht, das sich Anfang/Mitte September in den Gewässern um Bornholm aufgehalten habe. Darüber informiert der T-ONLINE Artikel "Nord-Stream-Sprengung. Was hatte dieses Schiff dort zu suchen?" vom 12.02.2023 auf der Basis des am selben Tag erschienenen, jedoch kostenpflichtigen WELT-Berichts "NORD-STREAM-SPRENGUNGEN. Andromeda-Nebel auf der Ostsee". 

Wie immer berichtet Oliver ALEXANDER weitaus ausführlicher über den Sachverhalt, die Zusammenhänge sowie mögliche Hintergründe. Unter "The Minerva Julie: Unknowing Cover?" vom 12.03.2022 erwägt er die Möglichkeit, dass die Schiffsbewegungen der Minverva Julie eine (der Besatzung unbewusste) Deckung für die Sabotageoperationen geboten haben könnten.

Soweit ich das mitbekommen habe, hat sich in Deutschland die BERLINER ZEITUNG besonders um die Information ihrer Leser in Sachen Nord Stream Sabotage verdient gemacht. So auch in der Analyse "Nord Stream: Warum die Story mit der Segeljacht Andromeda nicht stimmen kann" vom 10.03.2023, die mit der treffenden Bemerkung schließt: "Eins sollte man als Investigativreporter allerdings immer beachten: Behörden und Geheimdienste haben ihre eigene Agenda und manchmal benutzen sie dafür auch Journalisten."
Und gestern, am 12.03.2023, hat sie ein Interview "Datenspezialist zu Nord-Stream-Anschlägen: Zeit, New York Times und Hersh haben viele Fehler gemacht" mit Alexander veröffentlicht. Auch wenn ich seine Meinung nicht nachvollziehen kann, dass ausgerechnet Russland überzeugende Motive zur Pipelinesprengung gehabt haben soll, ist die Lektüre allemal interessant.

Eine halb satirische Kritik hat bereits am 08.03.23 ein Gerald Lafontaine auf der Webseite "Publikum" unter "Das neue Nordstream Märchen" formuliert.


Nachtrag 14.03.2023

"Neues zu Nord Stream: Die Olsenbande schippert nach Bornholm" ist eine köstliche Telepolis-Satire vom 11.3. auf die Andromeda-Räuberpistole.


Nachträge 16.03.2022

Vom ZEIT-Interview "Sprengung der Nord-Stream-Pipelines: 'Die Bombe könnte auch meine Mama anbringen' " (15.03.23) mit dem deutschen Extremtaucher Achim Schlöffel kann man leider nur einen winzigen Textfetzen gratis lesen. Doch schon die Überschrift zeigt, wohin die Tendenz geht: Den Lesern die Räuberpistole von den Freizeit-Terroristen glaubhaft erscheinen zu lassen. Mittels, nach meinem Eindruck von der Überschrift her, einer weiteren Räuberpistole.
Der FOCUS fokussiert sich weniger auf eigenen Journalismus, als auf das Ausschlachten anderer Medien. So hat er, für uns Leser nützlich, auch den ZEIT-Artikel ausgeschlachtet, um seine eigene Webseite mit "content" zu befüllen. In dem Bericht "Extremtaucher über Nord-Stream-Sabotage: 'Die Bombe könnte auch meine 80-jährige Mama anbringen'." erfahren wir u. a.: "Unten angelangt könnten sie die Sprengladungen an der Pipeline platzieren". Ich weiß natürlich nicht, ob das im Original genauso ist: Aber hier stört mich gewaltig das Fehlen einer Erklärung dieses "Experten", auf welche Weise die gigantischen Sprengstoffmengen vom Seegelbootchen in die Tiefe gebracht worden sein könnten. Und wie die Taucher hunderte Kilo Sprengstoff von derjenigen Stelle, an der er von oben "gelandet" ist, zur Pipeline weitertransportieren.
(Vgl. zur ganzen Problematik auch den t-online Bericht "Zweifel an Nord-Stream-Berichten. Experte äußert ganz anderen Verdacht" vom 10.03.23.)

Einen anderen, freilich anonymen, Experten hatte der österreichische EXPRESS befragt. Und titelte unter dem 14.03.23: "Tauch-Experte enthüllt: So unglaubwürdig ist die jüngste Nord-Stream-Story" und präsentiert zahlreiche Gegenargumente, die auch für einen Laien einleuchtend sind. Zusammenfassend meint er:
"Eine abgewandelte Story von Hersh erscheint dem Tauchexperten immer noch glaubhafter, als die jüngste Version, die einige deutsche Medien präsentiert haben."

Nicht einmal Russland, das doch eigentlich ein Interesse daran hätte, die Ukraine maximal "anzuschmieren", glaubt an die deutsch-amerikanische Desinformationsgeschichte von der proukrainischen Terroristengruppe: "Putin: 'Ukrainer haben Nord Stream nicht gesprengt' " titelt die JUNGE FREIHEIT heute.
Eine weitere, potentiell bedeutsame Information aus diesem Text: "Ein Schiff des russischen Unternehmens Gazprom habe Hinweise auf das Vorhandensein eines weiteren Sprengsatzes an der Gaspipeline entdeckt, sagte der Kremlchef. Dieser sei in etwa 30 Kilometern Entfernung von einer der Explosionsstellen angebracht. Bei der Rohr-Verbindungsstelle sei etwas erkannt worden, von dem Experten glaubten, 'dass es sich um eine Antenne handeln könnte, um ein Signal zum Zünden eines Sprengsatzes zu empfangen'."


Nachträge 18./19.03.2023

Scott Ritter ist eine eher dubiose Figur und nicht sonderlich gut informiert über den öffentlichen Kenntnisstand i. S. Pipeline-Sprengungen. So ist ihm entgangen, dass das Schadensbild der Pipeline-Lecks nicht demjenigen entspricht, dass von einer "shaped charge", also einer Hohlladung (oder Schneidladung) verursacht würde. Dennoch trägt er in seinem Beitrag "The Nord Stream-Andromeda Cover Up" auf der Webseite "Internationalist 360°" stichhaltige Argumente dafür vor, dass die Andromeda-Story ein reines Ablenkungsmanöver ist.
Und ich stimme ihm zu, wenn er schließt:
"The German government’s crude effort to manufacture an alternative narrative regarding who attacked the Nord Stream pipeline fails the smell test — in short, it stinks. ....... Moreover, the fact that the U.S. intelligence community was quick to leak information about the German investigation to The New York Times appears to be de facto evidence of U.S. complicity in this cover up. 
And the reason for this cover up is quite clear: the Germans and Americans both fear the reporting being done by Hersh."
In der Tat stinkt die Story über die Segelyacht-Terroristen zum Himmel und ist die fast gleichzeitige Veröffentlichung in Deutschland und in New York ein Indiz dafür, dass es eben eine fabrizierte Desinformation ist.
Recht hat er auch mit seiner Schlussbemerkung, dass Amerikaner UND DEUTSCHE (jedenfalls die Regierungen!) beide die Hersh-Enthüllung fürchten (und deshalb nicht wahrhaben wollen).
Ritter verlinkt auch zu einem Forschungspapier "Effect of Underwater Explosion on Pipeline Integrity" vom Juni 2015. Ihm zufolge soll es dort stehen, dass nach einer Computer-Modellierung selbst 600 kg Sprengstoff, der in einer Entfernung von ca. 5 m von einer 34mm starken gasgefüllten Stahl-Pipeline zur Explosion gebracht würde, die Integrität der Struktur nicht beeinträchtigen würde. ("Computer modeling shows that a 600-kilogram high explosive charge detonated approximately 5 meters from a 34mm-thick steel pipeline filled with gas would not compromise the structural integrity of the pipeline.")
Ich habe das Papier nicht gelesen (und finde dort in einer raschen Textsuche auch nicht die von Ritter angegebenen Daten). Aber vielleicht können Fachleute mit diesem Text etwas anfangen.

Unter der Überschrift "A history of conspiracies" berichtete am 15.03.23 ein Alex Krainer über einen Auftritt von Seymour Hersh (am 14.3.) vor dem National Press Club in New York. Veranstalter war das "Committee for the Republic" (Homepage; Selbstbeschreibung; englischsprachige Info über auf der Webseite "Sourcewatch"). Auszüge:
"As expected, much of what Mr. Hersh covered was related to his latest story about the Nord Stream 2 attack including much minutia about the actual physical challenges in setting up the explosive charges to the pipelines. What Hersh laid out made the recent New York Times story about six pro-Ukrainian individuals with boxcutters a sailing yacht beyond ridiculous. ..... Hersch also spoke about an important CIA intelligence unit in Norway that works with Norwegian intelligence and "monitors everything" in the region. This unit would certainly have extensive information about the operations in the Baltic sea, whether they were conducted by state actors or pro-Ukrainians on a sailing boat. He pointed out that for people who understand how the executive branch operates, the most suspicious aspect of the Biden Administration's conduct is that not only did they not call for any investigation of the Nord Stream attacks, they never even asked their Norwegian intelligence assets about it. At a very minimum, the administration would have been expected to request a confidential report. According to Hersh, they never even called to ask."
Auf Youtube gibt es ein Video seines Vortrages; ich habe es mir aus Zeitmangel nicht angeschaut.

Ein exzellenter Beitrag zur Debatte ist "USA, Ukraine, Russland: Die Stärken und Schwächen der drei Nord-Stream-Theorien" von Wolfgang Michal auf der Webseite DER FREITAG (17.03.23). Ich empfehle dringend, ihn zu lesen; er ist zu lang und seine Argumente sind zu vielfältig, um hier einzelne Stellen herauszugreifen. Laut Beschreibung ist er eigentlich "Exklusiv für Abonnent:innen", doch heute war er vollständig gratis zugänglich.

Die Zeitschrift YACHT hatte am 10.03.2023 einen Artikel "NORDSTREAM-SABOTAGE. Mit der Segelyacht zur Pipeline-Sprengung?" veröffentlicht, der insbesondere auch gute Fotos von der Andromeda-Yacht enthält.

Ein satirischer Beitrag "Sechs Freunde sprengen Nord Stream" ist am 15.03.23 auf der Webseite KRAUTZONE erschienen.



Nachträge 20.03.2023

Ebenfalls höchst kritisch gegenüber der Hobbyterroristen-Horrorstory ist Fabian Scheidler (der auch das BZ-Interview mit Hersh durchgeführt hatte) in seinem Gastbeitrag "Nord Stream: Noch konnte die Theorie von Seymour Hersh nicht widerlegt werden" in der Berliner Zeitung vom 20.3.23.

Auch das ZDF bleibt weiterhin erfreulich skeptisch: "Verdächtige Segeljacht gefunden. Nord-Stream-Anschlag: Die Rolle der Andromeda" (15.03.23).


Nachtrag 22.03.2023

Heute hat Seymour Hersh einen neuen Enthüllungsartikel publiziert; diesmal zur Räuberpistole von den Hobby-Terroristen. Bereits der Titel "THE COVER-UP" verrät, worum es geht: Dass die Story von den Segelyacht-Terroristen ein Desinformationsprojekt zur Verdeckung der am 08.02.2023 von Hersh enthüllten US-Urheberschaft für den Pipeline-Anschlag sei. Und dass die Besprechung zwischen Scholz und Biden vom 3.3.23 eben dazu gedient habe, diese Vertuschungsbemühung abzusprechen. Dies habe er aus Geheimdienstkreisen erfahren. Ohne Abonnement kann man nur den Anfang des Originaltextes lesen; das scheint jedoch, wenn ich es z. B. mit dem Bericht "Seymour Hersh: Vertuschen Scholz und Biden den Anschlag auf Nord Stream durch Cover Stories?" im OVERTON-MAGAZIN vergleiche, oder mit demjenigen der Berliner Zeitung ("Seymour Hersh zu Nord Stream: Olaf Scholz ist an Komplott beteiligt") der wesentliche Gehalt seines Artikels zu sein.


Nachtrag 23.03.2023

Jesko zu Dohna war sich in der Berliner Zeitung vom 10.03.2013 sicher: "Nord Stream: Warum die Story mit der Segeljacht Andromeda nicht stimmen kann". Aber die Hersh-Geschichte dazu (s. Nachtrag 22.3.23) mag er dann doch nicht glauben: "Nord Stream: So verzweifelt versucht Seymour Hersh, seine Story zu retten".




ceterum censeo
Wer alle Immiggressoren der Welt in sein Land lässt, der ist nicht "weltoffen":
Der hat den A.... offen!
Textstand 25.03.2023

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