I. EINE UNGEHEUERLICHE ENTHÜLLUNG VON SEYMOUR HERSH
II. DIE "AWADAS"-JOURNAILLE DER DEUTSCHEN SEDATIONSMEDIEN VERHETZT SEYMOUR HERSH. DOCH GIBT ES AUCH AUSNAHMEN
III. SUBSTANZHALTIGE ARGUMENTE GEGEN DEN HERSH-BERICHT
IV. SECHS STARKE INDIZIEN SPRECHEN FÜR TÄTERSCHAFT DER USA
V. FAZIT ZU KAP. III UND IV: IST DIE HERSH-ENTHÜLLUNG GLAUBWÜRDIG?
VI. WAS ENTHÜLLT DER UMGANG MIT DER HERSH-ENTHÜLLUNG ÜBER DIE GLAUBWÜRDIGKEIT DER DEUTSCHEN MEDIEN ?
VII. DEUTSCHLAND MUSS DEUTLICH, ABER DURCHDACHT AUF DEN 9/26-ANSCHLAG REAGIEREN!
VIII. DIE VOLKSVERARSCHE WIRD TÄGLICH DREISTER! (Segeltörn-Terroristen und andere Ablenkungsmanöver)
IX. SONSTIGES
Wer nicht den gesamten (langen) Hersh-Text durchlesen will: Eine ausgezeichnete Zusammenfassung - und zugleich eine vorläufige Einschätzung des Wahrheitsgehalts - liefert auf der Webseite "Tichys Einblick" der Artikel "GEHEIMOPERATION VOR BORNHOLM. Gesagt, getan: USA und Norwegen hinter dem Angriff auf Nord Stream?" von MATTHIAS NIKOLAIDIS vom 09.02.2023. (Der Autor scheint sich in Washington auszukennen, denn er berichtigt stillschweigend die bei Hersh benutzte überholte Bezeichnung eines dortigen Bürogebäudes; vgl. auch unten meine Anmerkung zu Ziff. 10.)
- Um 2.03 h erfolgte EINE Explosion im Süden, bei Bornholm. Die sprengte ein Leck in eine Röhre (A) von Nord Stream 2.
- Um 19.03/19.04 h kam es ca. 80 km nördlich davon zu DREI Explosionen.
- Zwei davon sprengten jeweils ein Leck in beide Röhrenstränge von Nord Stream 1; die Leckstellen lagen allerdings gut 6 km auseinander.
- "Unnormal" ist, dass das 3. Leck erneut in die Röhre A von Nord Stream 2 gesprengt wurde. Das lässt vernünftiger Weise nur einen Schluss zu: Dass eigentlich auch die 2. Röhre dieses Projekts gesprengt werden sollte, dies jedoch durch eine Panne (ein Versehen, eine Verwechslung) vermasselt wurde. Jedenfalls: So gesehen ist ÜBERHAUPT NICHTS GEHEIMNIS- oder BEDEUTUNGSVOLLES daran, dass es nicht alle vier Röhren erwischt hat, sondern nur drei davon. Das war, aus Tätersicht, einfach ein ärgerliches Missgeschick.
- Eine längere Einleitung (ohne Zwischentitel), in welcher er seine Leser mit dem faktischen und politischen Hintergrund seiner Enthüllung vertraut macht.
- Darauf folgt das mit "PLANNING" betitelte Kapitel zur konkreten Planung des Anschlages.
- Unter "THE OPERATION" schildert er teilweise noch die Vorbereitung, dann aber auch die Ausführung des Anschlags (die in zwei Teile zerfiel, nämlich das Anbringen der Sprengladungen und deren - weit spätere - Auslösung).
- Das (kurze) Schlusskapitel "FALLOUT" behandelt die medialen und politischen Reaktionen in den USA und deutet im allerletzten Satz so etwas wie Reue in den Kreisen der Akteure bzw. jedenfalls bei seinem Informanten an (“It was a beautiful cover story, ..... .The only flaw was the decision to do it” zitiert er seine Informationsquelle).
- Politische Vorgänge, insbesondere innenpolitische der USA und außenpolitisch die Zuspitzung zwischen Russland und der Ukraine
- Motive der US-Politik allgemein bzw. von Präsident Joseph Biden insbesondere, gegen die Gaspipelines zu sein
- Inhaltliche Schilderung der Beratung von Regierungsstellen, was die USA gegen diese Leitungen unternehmen könnten, welche rechtlichen Aspekte sie dabei zu beachten hätten, welche politischen Gefahren bei einem Auffliegen drohten und wie die Geheimhaltung gesichert werden könnte und müsste.
- Äußerliche Angaben zu den näheren Umständen dieser Beratungen (Veranstaltungsorte, Teilnehmer).
HINWEIS: In diesem (I.) Kapitel sind eingerückte Texte wie der nachfolgende (längere) Anmerkungen von mir.
Das ist nur logisch: Wenn man eine Operation erst einmal im Detail plant, dann fragt man sich nicht mehr, ob man sie überhaupt durchführen will. Und dass die eigentliche Planung eines derart komplexen Unternehmens länger dauert als die Vorphase, wo das "Ob" erörtert wird, liegt ebenfalls auf der Hand. (Vgl. näher meine Anmerkung unten zu Ziff. 11.)
Für ein Laienohr klingt das zunächst einleuchtend. Aber Hersh selbst ist insoweit inkonsistent und Kritiker bestreiten diese angebliche Rechtslage - und zwar m. E. zu Recht. Vgl. näher meine Anmerkungen unten zu Ziff. 15.
Die - häufig reproduzierte - Karte der russischen Erdgasleitungen nach Europa, die z. B. der Wikipedia-Eintrag "Transgas-Pipeline" bietet, datiert bereits von 2009, ist also veraltet. Neuer - und thematisch umfassender - ist eine Karte der "Energierouten von außerhalb Europas nach Europa" auf der Webseite "Richter Publizistik".
Interessante Frage, ob die von der Ukraine und den anderen Durchgangsländern erhobenen Durchleitungsgebühren so hoch waren, dass sie die Gaspreise stark verteuert haben? Und die Unterwasser-Pipelines trotz der zweifellos weitaus höheren Verlegungskosten somit den Erdgaspreis für uns massiv verbilligt haben?Hersh erwähnt es nicht, weil es für seinen Bericht unerheblich ist; aber wir sollten uns doch auch an einen anderen Aspekt erinnern, der im Wikipedia-Stichwort so beschrieben wird: "Bisher konnten Transitländer das Passieren ihres Territoriums als Druckmittel nutzen, um exklusive Lieferbedingungen für sich selbst durchzusetzen und die Versorgungssicherheit Westeuropas gefährden." Klar, dass diesen Ländern die Direktleitung ein Dorn im Auge war.
Das alles sind öffentlich bekannte Informationen, aber insoweit wichtig, als sie handfeste Indizien für die Täterschaft der USA liefern. Was freilich an der Außenpolitik der Biden-Regierung gegenüber Russland besonders aggressiv gewesen sein sollte, wüsste ich nicht. Sicherlich hat diese Administration (Defensiv-)Waffen an die Ukraine geliefert; aber das hatte auch schon Trump getan (und vielleicht bereits Obama).
An dieser Stelle erscheint es mir sinnvoll, einige allgemeinere Überlegungen und Spekulationen zu den Erdgasleitungen und zum, sagen wir "Ukraine-Komplex", zwischenzuschalten.
Man kann der amerikanischen Aversion gegen eine weitgehende Abhängigkeit Deutschlands von russischen Erdgaslieferungen eine gewisse Berechtigung nicht absprechen. Vielleicht hätte Putin die Ukraine NICHT überfallen, wenn Russland das Land bei seinen Erdgasexporten nicht hätte umgehen können. Hätte die Ukraine daraufhin die Durchleitung gestoppt, dann hätte sie sich ins eigene Fleisch und von ihren dringend benötigten Exporteinnahmen ab-geschnitten.
Das ist zwar ohnehin passiert; Putin hat die Lieferungen (unter einem Vorwand) sogar selber gestoppt. Aber zu diesem Zeitpunkt war schon absehbar, dass Deutschland nach anderen Lieferanten suchten und ihm sehr bald seinerseits kein Erdgas mehr abnehmen würden. Doch hat die Lieferbeziehung noch einige Monate nach Beginn seines Überfalls auf die Ukraine fortbestanden. Und vermutlich hatte er ursprünglich gar nicht damit gerechnet, dass Deutschland so weit gehen würde, sich selbst die billige Erdgaszufuhr zuzudrehen und die Lieferungen aus Russland durch sehr viel teurere Bezugsquellen zu ersetzen.
Jedenfalls war die amerikanische Opposition gegen diesen Teil der deutschen Energiepolitik in der Sache keineswegs unbegründet. Und da wir unsererseits erwarten, dass die USA uns schützen, kann ich auch eine amerikanische Sichtweise nachvollziehen, die sich selber etwa so ausdrücken könnte: "Wir sollen denen mit unserem Geld Schutz liefern, und die liefern ihr Geld in Russland ab - und liefern sich energiepolitisch weitgehend den Russen aus? SO haben wir nicht gewettet!"
Präzise formuliert sind die amerikanischen Bedenken in dem Kommentar "Nord Stream 2 Could Sever Transatlantic Ties" von Ulrich Kluth (von der Wirtschafts-Nachrichtenagentur Bloomberg) in der Washington Post vom 14.07.2020. Das Trump-Zitat (von einer Wahlversammlung) "We’re supposed to protect Germany from Russia, but Germany is paying Russia billions of dollars for energy coming from a pipeline ..... Excuse me, how does that work?” (Wir sollen die Deutschen vor Russland beschützen, aber Deutschland zahlt Milliarden an dieses Land für Energielieferungen aus einer Pipeline: Aber hallo, wie soll denn das funktionieren?) gibt vermutlich ein weit verbreitetes Gefühl der amerikanischen Öffentlichkeit wieder. Auf der anderen Seite hatte freilich Deutschland sehr gute Erfahrung mit der russischen Liefer-Verlässlichkeit gemacht, selbst in heißen Zeiten des Kalten Krieges.
Hier will ich noch eine (zeitlich) weiter gehende Überlegung anbringen, welche die USA (aus meiner Sicht zu ihrem eigenen Nachteil) sicherlich nicht anstellen. Ist es tatsächlich klug, wenn die USA die eigenen Rohstoffvorräte auf Teufel komm raus ausbeuten? Und nach Kräften dafür sorgen, dass die russischen im Boden bleiben? Auch wenn man auf diese Weise kurzfristig viel Geld machen kann: Am Ende könnte man zum Bettler werden, der Russland auf Knien um Energierohstoffe anflehen muss.
Außerdem stellt sich natürlich immer die Frage, ob man nicht Russland in die Arme Chinas treibt, wenn man es völlig ausgrenzt. Sicher, im Moment ist eine knallharte Positionierung zum russischen Raubkrieg gegen die Ukraine unverzichtbar. Doch hoffe ich sehr, dass die Herrschenden jenseits und diesseits des Atlantiks schon jetzt Überlegungen anstellen, wie sich das beschädigte Verhältnis zu Russland nach dem Ende des Krieges vielleicht reparieren lässt.
Auch hier möchte ich einige Anmerkungen zwischenschalten. Es hätte den Rahmen von Hersh Bericht gesprengt, die ganze Vorgeschichte der US-Maßnahmen gegen den Pipelinebau wiederzugeben.
Für meine Plausibilitätsüberlegungen ist sie allerdings enorm wichtig. Denn ein Land, dass gegen die eigenen "Freunde" und Verbündeten Wirtschaftssanktionen verhängt, wird auch kaum Skrupel haben, noch den einen weiteren Schritt zum gewalttätigen Vorgehen zu machen.
Die "Atlantikbrücke e. V.", ein "Ein .....Verein ..... ganz im Dienst der deutsch-amerikanischen Freundschaft", hat verdienstvoller Weise ein Dossier "Die Sanktionsspirale der USA gegenNord Stream 2" (allerdings schon am 20.11.2020) ins Netz gestellt. Dort erfährt man:
"Die transatlantische Dimension der Auseinandersetzungen ist als schwerwiegend zu betrachten. Denn nach zwei vom US-Kongress verabschiedeten Gesetzen bereiten Senatorinnen und Senatoren sowie Abgeordnete mittlerweile ein drittes Gesetz vor. Der Kern der bestehenden und der geplanten legislativen Maßnahmen besteht aus Sanktionen gegen Unternehmen, die an Nord Stream 2 beteiligt sind."
Der Inhalt dieser Übersicht wird dort so zusammengefasst:
"Dieses Dossier zeigt zunächst insbesondere die Argumentationslinien von Senatorinnen und Senatoren der Republikanischen und der Demokratischen Partei in Bezug auf erweiterte Sanktionen gegen Nord Stream 2 auf. Es folgt eine Analyse der Reaktion der deutschen Bundesregierung auf die geplanten US-Sanktionen mit extraterritorialer Wirkung. Zum Abschluss des Dossiers steht Europas Versorgungssicherheit im Spannungsfeld zwischen Abhängigkeiten und Diversifizierung von Energieträgern im Mittelpunkt. Auch gibt es einen kurzen Ausblick auf den Fortgang dieser transatlantischen Auseinandersetzung, sollte Joe Biden zum US-Präsidenten gewählt werden."
Konkret erfährt man, dass bereits 2017 das erste Sanktionsgesetz erlassen wurde. Dieses trägt den (eigentlich gegenüber Deutschland ausgesprochen unverschämten!) Titel "CAATSA - Countering America’s Adversaries Through Sanctions Act" (Den Feinden Amerikas mit Sanktionen entgegentreten). Im Dezember 2019 trat ein zweites Sanktionsgesetz in Kraft. Ein drittes Sanktionsgesetz (Abkürzung "PEESCA") war parteiübergreifend im Juni 2020 entworfen, aber im Zeitpunkt der Dossiererstellung, also per November 2020, noch nicht beschlossen worden.
"Was Nord Stream 2 angeht, herrscht eine seltene Einigkeit zwischen der Republikanischen und Demokratischen Partei. Hauptursächlich dafür ist nach Ansicht von Vertreterinnen und Vertretern beider Parteien, dass sich das Vorantreiben von kritischer Infrastruktur jahrzehntelang auf die Dynamik der nationalen Sicherheit der USA auswirken kann. Der negative sicherheitspolitische Einfluss von Nord Stream 2 könnte eine Generation anhalten. Wann das neue Gesetz Gültigkeit hat, ist noch unklar. Aufgrund der US-Präsidentschaftswahl am 3. November 2020 ist es denkbar, dass PEESCA erst zum Jahresende in Kraft tritt" erfahren wir.
Diese Maßnahmen haben einen ausgedehnten Wirkungsbereich und enorme ökonomische Schäden für (zunächst) die Pipelinebetreiber:
"Von Seiten der Nord Stream 2 AG heißt es, dass die Sanktionen damit mehr als 120 Unternehmen aus mehr als zwölf europäischen Ländern direkt betreffen würden. Darunter befinden sich mehr als 40 deutsche Firmen. Im Ergebnis sei die Zielrichtung der amerikanischen Sanktionsgesetzgebung eindeutig: Die Inbetriebnahme der Nord Stream 2 solle verhindert werden, berichten hochrangige Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums. Das dritte Gesetz soll sicherstellen, dass die bestehenden Sanktionen ausreichen, um Nord Stream 2 zeitlich unbegrenzt zu stoppen. Der finanzielle Schaden dieses Szenarios wäre beträchtlich. Zum einen würden die US-Sanktionen laut der Nord Stream 2 AG Investitionen zur Fertigstellung der Pipeline in Höhe von rund 700 Millionen Euro verhindern. Zum anderen würden die Strafmaßnahmen Investitionen in Höhe von circa 12 Milliarden Euro in rechtsstaatlich genehmigte, größtenteils fertig gebaute Energieinfrastruktur der EU untergraben. Davon entfallen 8 Milliarden Euro auf Nord Stream 2, 3 Milliarden Euro auf nachgelagerte Infrastruktur in Deutschland sowie 750 Millionen Euro auf Infrastruktur in der Tschechischen Republik."
Begründet wurden die amerikanischen Maßnahmen mit der Sorge um die europäische Energieversorgung. Allerdings gibt es auch starke Anhaltspunkte dafür, dass die USA uns ihr Flüssigerdgas verkaufen wollten: "[Der republikanische Senator] Ted Cruz zählt dem US-Spendenregister zufolge zu den Hauptempfängern von Spenden aus der amerikanischen Energieindustrie. Texas ist gewissermaßen die Heimat der US-Öl- und Gasindustrie. In den Jahren 2017 und 2018 spendete diese knapp 800.000 US-Dollar an Cruz. Kein anderer Senator erhielt eine derart hohe Summe von Öl- und Gaskonzernen."
Hochspannend ist auch diese Information (Hervorhebung von mir):"Schon in der Obama-Administration sprachen sich führende Politikerinnen und Politiker der Demokraten gegen die Pipeline aus. Zu ihnen zählten ..... der ehemalige Vizepräsident und aktuelle Präsidentschaftskandidat Joe Biden, der das Projekt ein „schlechtes Geschäft für Europa“ nannte."
Die deutsche Regierung hat durchaus Klartext gegen die völkerrechtswidrigen US-Sanktionen gesprochen; allerdings kann ich mich nicht erinnern, dass die Medien prominent darüber berichtet hätten. Jedoch erfahren wir im Dossier:
"So sagte etwa Staatsminister Niels Annen in einer Anhörung des Wirtschaftsausschusses des Deutschen Bundestages, dass Sanktionen mit extraterritorialen Effekten einen ernsthaften Eingriff in die Souveränität der Europäischen Union darstellten."
Allerdings hat sie richtig erkannt, dass wir gegen die USA letztlich nicht anstinken können:"... sieht die Bundesregierung etwaige Gegensanktionen als kein probates Mittel einer angemessenen Reaktion an, weil sie eine Eskalation in Gang setzen würden."In der Tat sitzen wir, als die "Kleinen", am kürzeren Hebel gegenüber Amerika. Aber, das ist anzuerkennen: Beigegeben hat die Merkel-Regierung NICHT! (Und Russland natürlich sowieso nicht.) Sondern auf diplomatischen Wegen die US-Regierung umgestimmt, bzw. die Sanktionen durch eine "Klimastiftung" umgangen.
Doch urteilt auch die "Atlantik-Brücke": "Im Umgang mit langjährigen Partnern auf dieser Seite des Atlantiks stellt die Sanktionspolitik der USA einen neuen Tiefpunkt dar."
Im Fortgang des Textes wird ein ehemaliger US-Regierungsberater zitiert. Der meinte (bzw. kritisierte), "im Kern gehe es Russland und seinem staatseigenen Konzern Gazprom darum, russisches Gas auf europäischen Märkten zu verkaufen und gleichzeitig die beinahe vollständige technische Fähigkeit zu besitzen, die traditionelle Transitroute durch die Ukraine zu umgehen". Durch die Sanktionen sei "Gazprom [wohl Ende 2019] gezwungen gewesen, einen neuen Vertrag [über die Durchlieferung durch die Ukraine] zu unterzeichnen. Dieser verhinderte schließlich eine Gassperre der Ukraine durch Russland, die lange Zeit erwartet worden war."
Wohl von Anfang an ging es aus amerikanischer Sicht ganz wesentlich um die Ukraine:
"Analysen zeigten, dass das Pipeline-Projekt dem jahrelangen Ziel des Kreml dienen soll, die ökonomische und strategische Stabilität der Ukraine zu untergraben, indem das Land vom Gastransit durch sein eigenes Pipeline-System abgeschnitten wird, bemerkt der ehemalige Regierungsberater."
Es geht aber auch um die Sorge der USA, dass Europa sich erpressbar machen würde, wenn es einen wesentlichen Teil seines Bedarfs an Energierohstoffen aus Russland beziehen würde:
"Für den Experten symbolisiert die Pipeline eine Infrastruktur, die der Diversifizierung von Energiequellen zuwiderläuft ...".
Im Rückblick hat sich die scharfe Kritik von Dr. Stefan Meister am Nord Stream 2 Projekt leider als gerechtfertigt erwiesen, die er bereits am 20.02.2019 in seiner Analyse "Nord Stream 2: The Dead-End of Germany’s Ostpolitik" ("Nord Stream 2: Die Sackgasse der deutschen Ostpolitik"), publiziert in einem Magazin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, formuliert hatte. Auf Einzelheiten einzugehen, würde hier zu weit führen; jedoch lege ich jedem, der einigermaßen Englisch lesen kann, die Lektüre dieses Artikels (zu dem Hersh verlinkt hat) herzlich ans Herz!
Die Darstellung von Hersh im 2. und 3. Absatz erweckt den Eindruck, dass diese Arbeitsgruppe die Aufgabe hatte, sich um die Nord Stream Pipelines zu "kümmern". Wenn man sich allerdings den im 1. Absatz geschilderten Hintergrund anschaut (wachsende Bedrohung der Ukraine durch russischen Truppenaufmarsch), dann muss diese Gruppe den sehr viel umfassenderen Auftrag gehabt haben, die Ukraine gegen einen möglichen Angriff zu wappnen. Dem entsprechend dürfte sie Hilfen für die Ukraine und Sanktionen gegen Russland vorbereitet haben. Der Pipeline-Anschlag kann DORT nur ein Randthema gewesen sein (vgl. auch nachfolgend in Ziff. 10).
Indes ist Hersh zugute zu halten, dass er keine Sitzungsniederschriften abliefern will. Sondern eine flüssige Erzählung, die für seine Leser eingängig ist. Von daher habe ich Verständnis für kleine Unschärfen; diese hier spricht definitiv nicht gegen die Richtigkeit seiner "Story".
- Die Marine habe einen direkten Angriff mit einem neu in Dienst gestellten U-Boot(-Typ?) vorgeschlagen.
- Die Luftwaffe Bombenabwürfe mit Fernzündern, die zu einem späteren Zeitpunkt ausgelöst werden könnten.
* Der Wikipedia ist zu entnehmen, dass dieses gegen Ende des 19. Jahrhunderts im damaligen historisierenden Stil errichtete Bürogebäude der Regierung im Jahr 2002 (sogar mit einer präsidialen Zeremonie) in "Eisenhower Executive Office Building" umbenannt worden war.
In Sachen "Beweiswert" für Hershs Geschichte lässt das zwei diametral entgegengesetzte Schlüsse zu:
- Dass er sich die Story aus den Fingern gesogen und, weil nicht mehr der Jüngste, aus alter Gewohnheit den alten Namen des Gebäudes eingesetzt hat.
- Oder, ganz im Gegenteil, dass seine Geschichte besonders authentisch ist. Das wäre dann der Fall, wenn sich der neue Gebäudename in den Kreisen der Regierungsbediensteten nicht durchgesetzt hätte und die, jedenfalls in der alltäglichen Kommunikation, noch den alten Namen verwenden. Den er dann direkt von seiner Quelle übernommen hätte.
- Eine dritte Möglichkeit ist, dass sein/e Informant/in ihm entweder den richtigen Gebäudenamen genannt oder nur eine Gebäudebeschreibung geliefert hat (etwa 'Das alte Bürohaus neben dem Weißen Haus, Sie wissen schon'). Und dass Hersh den alten Namen entweder aus alter Gewohnheit eingesetzt hat, oder weil der in Washington noch allgemein gebräuchlich ist.
Tatsächlich findet man diese Bezeichnung noch in den Medien, beispielsweise hier, dort und sogar auf einer US-Regierungswebseite ("ODNI was first located in the Old Executive Office Building").
Hersh selber legt der Ortsangabe des Treffens (der Sullivan-Gruppe) große Bedeutung bei: "Ich habe das erwähnt, um den Leuten im Weißen Haus zu signalisieren, dass ich Informationen habe" sagt er im Interview der Berliner Zeitung.]
(Hersh erwähnt es nicht, aber m. E. müsste die CIA-Gruppe spätestens zu diesem Zeitpunkt um Fachleute von der Marine ergänzt worden sein? Falls die nicht sogar schon von Anfang an dabei waren?)
Die 'Zwei-Gruppen-Darstellung' ist unbedingt plausibel und ein massives Indiz für die Richtigkeit von Hershs Schilderung. Denn die 'Sullivan-Gruppe' musste sich ja, wie ich oben schon sagte, mit der gesamten Breite möglicher US-Reaktionen auf Putins erwarteten Ukraine-Überfall befassen; mit 'Kleinzeug' wie den Einzelheiten einer Pipeline-Zerstörung konnten die ihre Zeit nicht verplempern. Rein von dieser Überlegung her ist es sogar für einen Außenstehenden unmittelbar einsichtig, dass die detaillierte Sabotageplanung unmöglich in der Sullivan-Gruppe hätte durchgeführt werden können. Und somit eine andere (faktisch, wenn auch wohl nicht formal-organisatorisch, untergeordnete) Stelle oder Arbeitsgruppe damit beschäftigt gewesen sein musste. Auf der journalistischen Ebene ist es nur schwer vorstellbar, dass sich ein unehrlicher "Informant" (oder, hypothetisch, gar Hersh selber) alle Details, die Hersh dann aus der Arbeit dieser Gruppe schildert, ausgedacht haben sollte.
Indem sie den Vorgang auf die CIA-Ebene 'herabdelegierte' (Burns hatte die Arbeitsgruppe wohl kaum aus eigenem Antrieb einberufen!), hatte die "übergeordnete" (wie gesagt: faktisch, wohl nicht organisatorisch-hierarchisch) Sullivan-Kommission das "Ob" bejaht; die CIA-Gruppe hatte lediglich noch das "Wie" auszuklamüsern.
Eine offene Frage ist freilich, welche Schlussfolgerungen sich daraus für die Informationsquelle(n) von Hersh herleiten lassen. Wenn es tatsächlich nur EINE Quelle war, dann kann es sich eigentlich nur um eine/n CIA-Mitarbeiter/in (vielleicht auch eine/n Marineangehörige/n) handeln, der oder die in BEIDEN Gruppen dabei war. Das können nur ganz wenige - wenn nicht sogar nur eine einzige - Person(en) gewesen sein. Was es zwar nicht Außenstehenden, wohl aber der US-Regierung sehr leicht machen würde, die 'Plaudertasche' zu identifizieren. Für den "Täter" dürfte das sehr unangenehme Folgen haben - es sei denn, die Regierung hätte die Information selber geleakt (aber natürlich Hersh darüber im Unklaren gelassen).
Der jedenfalls geht davon aus, dass er seinen Informanten schützen muss. Insofern hätte er, aus Sicht meiner vorangehenden Überlegungen, eigentlich behaupten müssen, dass er MEHRERE Informanten gehabt habe. (So jedenfalls wäre ich vorgegangen.😎) Spannende Frage, warum er das nicht getan bzw. auf welche andere Weise er evtl. seinen Informanten verschleiert hat. Denkbar wäre auch, dass er ganz bewusst einige Details falsch angegeben hat, mit denen seine Quelle so vertraut war, dass man von ihr keine falschen Angaben erwarten würde.
Alternativ kann seine folgende Antwort aus dem BZ-Interview heranziehen (auf die Frage, inwieweit Schweden und Dänemark einbezogen wurden; Hervorhebung von mir): "Mir wurde gesagt: Sie taten, was sie taten, und sie wussten, was sie taten, und sie verstanden, was vor sich ging, aber vielleicht hat niemand jemals „Ja“ gesagt. Ich habe mit den Leuten, mit denen ich gesprochen habe, sehr viel an diesem Thema gearbeitet." Das klingt so, als habe er doch MEHR ALS NUR EINE QUELLE hatte.Wenn er tatsächlich zwei (oder gar mehrere) Quellen hatte, dann könnte es sein, dass er die, auf irgend eine Weise diese dadurch schützen wollte, dass er nur EINE Quelle zu haben vorschützte. Denkbar wäre insoweit, dass KEIN CIA-Mitarbeiter der Sullivan-Gruppe in der 'Sabotage-'Gruppe saß. Organisatorisch hätte es allerdings sehr viel Sinn gemacht, die (faktisch) untergeordnete CIA-Gruppe mit der (faktisch) übergeordneten Sullivan-Gruppe in der Weise zu verzahnen, dass mindestens eine Verbindungsperson in beiden Gruppen aktiv war. Mit dem Auftrag, die "Obergruppe" über den Arbeitsstand der "Untergruppe" auf dem Laufenden zu halten.
Sollte es jedoch keine derartige personelle Verzahnung zwischen beiden Gruppen gegeben haben, dann müsste es für eventuelle Regierungsermittler rätselhaft sein, wie nur EIN Maulwurf die ganze Operation verraten haben sollte. Obwohl natürlich auch Mitglieder der "Obergruppe" einen Gesamtüberblick haben könnten (und eigentlich auch müssten; fraglich wäre in diesem Falle allerdings, wie detailliert die über die Anschlagsplanung Bescheid wussten).
Hinwiederum kann es sein, dass die Regierung auch dann nicht ermittelt, wenn sie die Information nicht selber bewusst geleakt hat. Denn schon die bloße Ermittlung als solche wäre, wenn sie "auffliegt", ja ein konkludentes Schuldeingeständnis. In alle diese Richtungen könnten echte, - also kaum deutsche - Journalisten recherchieren.
In diesem Zusammenhang fällt mir eine etwas anders geartete Frage ein, die auch im Kommentarteil zu dieser englischsprachigen Kritik an Hersh von dem Kommentator "Sontol" aufgeworfen wird und die ich gerne an Hersh richten würde (und tatsächlich auch gerichtet hätte, wenn mir seine Mailadresse bekannt wäre): Ob er nämlich den Status seiner Informationsquelle(n) überprüft hat. Rein theoretisch wäre es ja immerhin vorstellbar, dass (fingiert "Sontol", aber diese Idee war mir auch selber schon gekommen), der russische Geheimdienst jemanden zu Hersh schickt und dem eine Geschichte erzählt, welche den russischen Propagandainteressen passt. Dagegen hätte Hersh sich absichern können, indem er die Angaben der Person über ihren Status innerhalb des Regierungsapparats überprüft hätte. Vielleicht hat er das getan oder er kannte seine(n) Informanten ohnehin.
An dieser Stelle auch eine Anmerkung zu den "nächsten Wochen", in denen die CIA-Arbeitsgruppe den Sabotageanschlag plante. Hersh hatte berichtet, dass die "übergeordnete" Sullivan-Gruppe ihre Arbeit im Dezember aufgenommen habe. Am 28.01.2022 (Datum des Youtube-Videos, zu welchem Hersh verlinkt) hatte Victoria Nuland, Staatssekretärin im US-Außenministerium, gesagt "If Russia invades Ukraine, one way or another, Nord Stream 2 will not move forward." Hersh hält das für die Androhung einer gewaltsamen Unterbrechung, ist sich allerdings nicht ganz sicher: "Biden’s and Nuland’s indiscretion, if that is what it was" - also das (versteckte) "Ausplaudern der Anschlagspläne, wenn es denn ein solches Ausplaudern war". In diesem Falle müsste (und davon geht Hersh offenbar aus) der Anschlagsplan bereits Ende Januar jedenfalls in den Grundzügen "gestanden" haben. Die Sullivan-Gruppe müsste ihre Arbeit dann sehr früh im Dezember 2021 aufgenommen haben (und die CIA-Gruppe im Laufe des Monats Dezember gebildet worden sein), weil sonst die Zeit kaum für eine halbwegs solide Planung ausgereicht hätte. Die Nuland-Formulierung hatte bereits am 26.01.2022 der Pressesprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, in einem Interview mit der gemeinnützigen US-Radiostation NPR verwendet: "I want to be very clear - if Russia invades Ukraine, one way or another, Nord Stream 2 will not move forward, and we want to be very clear about that." (Bemerkenswert ist, dass er das "Ich sage in aller Deutlichkeit" in diesem einen Satz gleich wiederholt.) Jedenfalls klingt das "one way or another" stark nach "egal wie", also durch gütliche Vereinbarung mit uns Deutschen oder notfalls auch gewaltsam. Allerdings hatte der Pressesprecher unmittelbar vorher darauf hingewiesen, dass die Nord Stream 2 Leitungen ohnehin nicht in Betrieb seien, und dass dies dem Westen und Deutschland einen Hebel gegen Russland gebe. Auch dieser (englischsprachige) Bericht der Deutschen Welle vom 27.01.2022 lässt vermuten, dass Deutschland den USA zugesagt hatte, die Leitung im Falle eines russischen Überfalls auf die Ukraine auch zukünftig nicht in Betrieb zu nehmen. Möglicher Weise wollten die Amis aber unserer Regierung signalisieren und gleichzeitig der US-Öffentlichkeit versichern, dass sie auch anders könnten, falls Deutschland es sich doch anders überlegen sollte. Jedenfalls: Dass sie "so oder so" alle Pipelines in die Luft jagen wollten, kann ich diesen Äußerungen nicht entnehmen. Ich halte es auch für unwahrscheinlich, dass genau das (schon) zu diesem Zeitpunkt fest geplant war. Dass man die Sabotage freilich von Anfang an als mögliches Szenario planerisch vorbereitet hatte, halte ich für unbedingt wahrscheinlich.
Der sozusagen "gemeinsame Nenner" beider Operationen liegt freilich nur darin, dass beide von Tauchern ausgeführt wurden - und geheim waren. Hersh plaudert insoweit keineswegs aus dem Nähkästchen; die damalige Spionageoperation ist heute längst bekannt. Irgendeinen Wert als (Indizien-)Beweis hat dieser Einschub also nicht. Aber, wie ich oben bereits sagte, hat Hersh zweifellos auch das Lesevergnügen im Auge; und das ist ja auch absolut legitim. Außerdem will er damit sicherlich auch sagen, dass es nichts gibt, was den US-Geheimdiensten nicht zuzutrauen wäre. Das glaube ich allerdings auch!
Das wirft die Frage auf, was "früh im Jahr" bedeutet. Bzw. warum Hersh hier nicht "im Januar" oder "gegen Ende Januar" schreibt, wenn er davon überzeugt ist, dass das US-Außenministerium bereits gegen Ende Januar von der Realisierbarkeit des Anschlags ausging (und Präsident Biden spätestens am 07.02.2022, dem Tag seiner gemeinsamen Pressekonferenz mit Olaf Scholz). Andererseits klingt gerade Hersh Schilderung der sozusagen "retardierenden Elemente" der künftigen Tragödie außerordentlich lebensecht: Einwendungen sind genau das, was man in einem großen Gremium, das alle Eventualitäten gedanklich durchzuspielen hat, erwarten würde. Freilich kann, wer sehr, sehr klug ist, genau diese unsere Erwartungen auch antizipieren - und seine "Geschichte" darauf zuschneiden. Also Hershs Informant - oder, im schlimmsten (theoretischen) Falle sogar Hersh selber. Ich persönlich glaube nicht, dass wir hier derart hinter die Fichte geführt werden. -Vielmehr ziehe auch die hier geschilderten Umstände als EIN Indiz (aus einer ganzen Indizienkette - vgl. unten mein Kap. III) für die Richtigkeit heran.
Wenn die Darstellung von Hersh zutrifft, enthalten diese vier Absätze eine geballte Ladung politisches Dynamit. Indes kennzeichnet er sie selber als bloße Vermutung (die aber substantiiert ist!): "Biden’s and Nuland’s indiscretion, if that is what it was" ("Bidens und Nulands Indiskretion, wenn es denn eine solche war" - vgl. auch oben die Anmerkung zu Ziff. 11)
Diese kleine Unschärfe wollen wir Hersh nachsehen. Man könnte, scheinparadox, die falsche Angabe sogar als Indiz für die Richtigkeit von Hershs Darstellung bewerten: Ein Fälscher hätte sich mit solchen Details ganz bestimmt besondere Mühe gegeben, um nicht über derartige Kleinigkeiten zu "stolpern".
Zunächst einmal sticht freilich der Umstand ins Auge, dass die hier behandelten beiden Absätze nicht mit Hershs oben unter Ziff. 5 behandelter Behauptung zusammenpassen, wonach allein schon die Beauftragung der Tauchschule (und nicht des "Special Operations Command") den Präsidenten von der gesetzlichen Pflicht zur Vorab-Information bestimmter Abgeordneter im Kongress entbunden habe. Ich denke nicht, dass dieser Umstand die Glaubwürdigkeit von Hershs Enthüllung entwertet. Man könnte sogar im Gegenteil auch hier wieder argumentieren, dass sich ein Fälscher mit solchen Details ganz bestimmtbesondere Mühe gegeben hätte, um nicht über derartige Kleinigkeiten zu "stolpern".
Dass die Informationspflicht gegenüber dem Parlament allein durch den Einsatz von Taucher wegfiel, glaube ich persönlich NICHT. Dagegen kann ich mir sehr gut vorstellen (s. nachfolgend), dass die Regierung sich selber eingeredet hat, sie müsse das Parlament nicht mehr informieren, weil die Operation aufgrund der Äußerung Bidens keine verdeckte mehr sei.
Nicht direkt mit der o. a. Widersprüchlichkeit, wohl aber ganz allgemein mit der Rechtsfrage der erwähnten Informationspflicht im vorliegenden Zusammenhang, beschäftigt sich ein gewisser Ian Rons auf der Webseite "The Daily Sceptic" ("Seymour Hersh’s Sensational Claims About the Nord Stream Sabotage Don’t Add Up" - "Hershs sensationelle Behauptungen über die Nord Stream Sabotage ergeben keinen Sinn"). Hier sein Einwand (Hervorhebung von mir): "There are several problems with this story. The most glaring issue is a legal one. Hersh’s source claims that – by using regular U.S. Navy divers instead of special forces like the Navy SEALs, and/or because Biden and Victoria Nuland possibly hinted at such an operation – the important Congressional oversight provisions contained in the National Security Act 1947 could be circumvented, making it unnecessary to inform the eight most senior members of Congress (the ‘Gang of Eight’) in advance of the operation. THIS IS FALSE. Covert action of that nature, conducted by any government official, military or clandestine officer or even civilian contractor or any other agent or operative of the U.S. Government is most certainly covered under the definition of “covert action” provided by statute, 50 U.S. Code § 3093(e). Furthermore, the situation is not changed even following a stated intention to carry out such an action; after all, no-one was in any doubt that the U.S. intended to kill Osama bin Laden, yet it was still a covert action under the law." ("Hershs Geschichte hat mehrere Schwachpunkte. Der am meisten ins Auge fallende ist juristischer Natur. Hershs Quelle behauptet, dass die eigentlich nach dem Nationalen Sicherheitsgesetz 1947 erforderliche Information des Kongresses dadurch umgangen werden konnte, dass US-Marinetaucher anstelle von Spezialkräften wie z. B. den "Navy SEALs" eingesetzt wurden und/oder dadurch, dass Biden und Nuland die geplante Operation möglicherweise öffentlich angedeutet hatten. DAS IST FALSCH. Verdeckte Operationen dieser Art, egal, von welcher Regierungsorganisation - oder ggf. sogar von welchem privaten Auftragnehmer - sie durchgeführt werden, fällt ganz sicher unter die Bestimmung"50 U.S. Code § 3093(e)". Daran ändert sich auch nichts, wenn die Absicht, eine solche verdeckte Aktion auszuführen, öffentlich angekündigt wurde. Schließlich hatte niemand irgendeinen Zweifel daran, dass die USA die Tötung von Osama bin Laden beabsichtigten. Dennoch war das eine verdeckte Operation im Sinne des Gesetzes.")
Nachdem uns der Hersh-Kritiker schon den einschlägigen Paragraphen angegeben hat, schauen wir uns den einfach mal selber an. Entscheidend dürfte insoweit (wie das auch der Hersh-Kritiker sieht) die Definition von "verdeckter Aktion" sein. Die liefert der Buchstabe e) im § 3093 des amerikanischen (Bundes-)Rechts:
"(e) 'Covert action' defined: As used in this subchapter, the term “covert action” means an activity or activities of the United States Government to influence political, economic, or military conditions abroad, where it is intended that the role of the United States Government will not be apparent or acknowledged publicly, but does not include ..."
"Eine verdeckte Aktion im Sinne dieser Bestimmung ist jede Aktion der US-Regierung zur Beeinflussung politischer, wirtschaftlicher oder militärischer Umstände im Ausland, bei der die Rolle der US-Regierung geheim bleiben soll. Ausgenommen sind .... (u. a. "reguläre" Geheimdienstaktivitäten, diplomatische Aktivitäten usw.)"
Rons' Hinweis auf die Tötung von Osama bin Laden hat keinerlei Beweiskraft. Zum einen sagt Rons nicht einmal, ob in diesem Falle die US-Regierung den Kongress vorher informiert hat oder nicht. Zum anderen ist "jedermann war klar ..." nicht dasselbe wie "die Regierung hatte öffentlich angekündigt". Ich jedenfalls kann mir SEHR GUT VORSTELLEN, dass sich die Biden-Regierung die Rechtslage genau so zurechtgelegt hat, wie Hersh das behauptet. Ob diese Auslegung irgendwie "objektiv" richtig ist oder nicht, ist insoweit gleichgültig: komplett absurd ist die von Hersh geschilderte Interpretation jedenfalls nicht. (Das gilt für die öffentliche "Anschlagsankündigung" durch Nuland und Biden. Dagegen ist keinerlei Auslegung vorstellbar, wonach der Einsatz der Marinetaucher - s. o. Ziff. 5) - die Informationspflicht nach Buchstabe b) a. a. O. aushebeln könnte.) Jedenfalls: Dass sich Regierungen die Rechtsauslegung für ihre Zwecke hinbiegen, wo immer sie eine halbwegs überzeugende Möglichkeit dazu sehen, wäre wahrhaftig keine welterschütternde Neuigkeit.
Auch der Artikel "CONFLICTING REPORTS THICKEN NORD STREAM BOMBING PLOT" vom 10.03.2023 kommt zu dem Schluss, dass die US-Regierung das Parlament (in Gestalt bestimmter Parlamentsvertreter) über den Anschlag informieren musste. Dennoch würde es mich nicht überraschen, wenn die US-Regierung sich die Rechtslage mit der o. a. (zweifellos spitzfindigen) Auslegung für ihre Zwecke zurechtgebogen hätte.
Der Begriff "Agency working group" bezieht sich auf die CIA-(Central Intelligence Agency)-Arbeitsgruppe; sie ist nicht zu verwechseln mit der (hochrangigen) Sullivan-Steuerungsgruppe, die Hersh als "interagency group" bezeichnet, weil sie aus Beamten - vermutlich auch den Leitern - mehrerer Regierungsdienststellen bestand.
Unklar bleibt allerdings, welche. Schließlich ist er nicht mehr in der norwegischen Politik tätig; von daher hätte er allenfalls eine Vermittlerrolle zwischen den amerikanischen Anschlagsplanern und der norwegischen Regierung übernehmen können. Was den Kreis der Mitwisser aber nochmal um mindestens eine Person erweitert hätte. Ebenso wenig berichtet er zu Jens Stoltenberg, welche Rolle dieser im Zusammenhang mit den den amerikanischen Anschlagsplänen bzw. zur Verwicklung Norwegens in diese gespielt haben sollte. Die harmlose Annahme wäre, dass einfach der erzählerische Gaul mit Hersh durchgegangen ist. Misstrauische Menschen können freilich auch auf die Idee kommen, dass hier Desinformation beabsichtigt ist: entweder von Hersh oder von seiner Quelle. Oder dass Stoltenberg durch die bloße Erwähnung in diesem Zusammenhang eine konspirative Mitwirkung am Anschlag angehängt werden sollte. Darüber macht Hersh keinerlei Angaben. Was jedoch eine Involvierung Stoltenbergs nicht zwingend ausschließt.Weiterhin erklärt Hersh auch nicht, wer von amerikanischer Seite wen auf norwegischer Seite über die beabsichtigte Pipeline-Sprengung informiert haben soll.
Er liefert auch keine sachliche Begründung, warum die USA den Anschlag nicht alleine hätten durchführen können. " 'They hated the Russians, and the Norwegian navy was full of superb sailors and divers who had generations of experience in highly profitable deep-sea oil and gas exploration,' the source said." Wieder bringt Hersh also "die" Quelle ins Spiel, die gesagt habe, dass die Norweger die Russen hassen und exzellente Seeleute und Taucher haben, mit generationenlanger Erfahrung in hochprofitabler Hochsee-Öl- und Erdgasgewinnung. Nur brauchten die USA diese hervorragenden Taucher gar nicht, weil sie ja bereits entschieden hatten, ihre eigenen einzusetzen. Und um Öl- oder Erdgasgewinnung auf hoher See ging es hier auch nicht.
Nicht überraschend haben auch zahlreiche Hersh-Gegner die Schwachpunkte in diesem Abschnitt entdeckt. Teilweise hat deren Kritik (speziell an konkreten Einzelheiten, über die Hersh im Folgetext berichtet) durchaus Substanz; dazu verweise ich auf mein Kapitel IV. "SUBSTANZHALTIGE ARGUMENTE GEGEN DEN HERSH-BERICHT".
Allgemeiner Natur ist der Einwand, dass der Kreis der Eingeweihten auf diese Weise - entgegen dem vorher im Text so betonten Geheimhaltungsinteresse - ausgeweitet worden sei. Hinterfragt wird auch, ob die USA diese Dinge nicht selber hätten erledigen können und wieso sie auf die Hilfe norwegischer Stellen angewiesen sein sollten. Dass Hersh alles das nicht erklärt, ist schwer verständlich. Gleichwohl würde ich diesen Umstand nicht als "hartes" Indiz gegen den Wahrheitsgehalt bewerten.
Das gilt noch sehr viel mehr für einen Fehler, der Hersh bei der Biographie des (norwegischen) NATO-Generalsekretärs Jens Stoltenberg unterläuft. Von dem er behauptet, dass er seit dem Vietnamkrieg mit den US-Geheimdiensten zusammengearbeitet habe. Das kann man allein schon aufgrund seines Geburtsjahres (1959; der Vietnamkrieg endete 1975) ausschließen*. Zudem hatte er in seiner Jugend gegen den Vietnamkrieg demonstriert und später gegen die NATO engagiert. Vielleicht liegt insoweit eine Verwechselung mit seinem Vater Thorvald Stoltenberg vor. Auch an dieser Stelle könnte man den argumentativen Spieß umdrehen und sagen, dass ein Fälscher sich bei solchen Äußerlichkeiten mit Fehlern hätte erwischen lassen. Mit Sicherheit hat Hersh diese Informationen auch nicht von seiner Quelle, sondern aus öffentlich bekannten Unterlagen - oder allenfalls von einer anderen Quelle.
[Wen es interessiert: Welche Umstände seinen Sohn nach Meinung politischer Beobachter zum NATO-Generalsekretär qualifizieren, wird z. B. in dem Artikel "Why Jens Stoltenberg is a natural choice for Nato" aus dem Jahr 2014 beschrieben.]
* Nein, anscheinend lässt sich doch nicht mit Sicherheit ausschließen, dass Stoltenberg tatsächlich schon als Jugendlicher für den (norwegischen und/oder amerikanischen) Geheimdienst tätig war. Es würde hier zu weit führen, die Argumente für eine solche - abseitige - MÖGLICHKEIT anzuführen, die ein Blogger unter dem Titel "Unlocked: Young Jens: What Was Stoltenberg Doing at Age 15?" (bereits am) 09.02.2023 zusammengetragen hatte. Wenn es interessiert, möge selber dort nachlesen!
[Die selbsternannten "Faktenfinder" von der Tagesschau haben diesen Satzteil "plant shaped C4 charges" in grotesker Weise missverstanden: s. u. im Kap. II über die deutschen Desinformationsmedien.]
[Dem Wikipedia-Stichwort "Trimix" bzw., auf English und ausführlicher, "Trimix (breathing gas) entnehme ich als Laie immerhin so viel, dass dieses "Atemgasgemisch" tatsächlich "zum Erreichen großer Tiefen genutzt wird".]
Hersh-Gegner hinterfragen insoweit, ob die USA diese Informationen nicht ihren eigenen Seekarten hätten entnehmen können. Weiterhin sei bei dem Seemanöver, unter dessen Tarnung die Sprengladungen ausgebracht werden sollten (dazu unten), gar kein Boot der Alta-Klasse zum Einsatz gekommen, und ein vergleichbares Schiff sei nicht an den fraglichen Stellen gewesen. Die Bilder, die von den Schadensstellen öffentlich bekannt geworden sind, entsprächen auch nicht der spezifischen Wirkungsweise von Hohlladungen. Auch die Angaben zur Atemversorgung der Taucher werden angezweifelt. Das sind aus meiner Sicht nachvollziehbare Einwände. Vgl. näher mein Kapitel IV. "SUBSTANZHALTIGE ARGUMENTE GEGEN DEN HERSH-BERICHT".
Gravierender ist das Argument, dass Hersh von EINER STELLE spricht ("the right spot"), die Explosionen sich jedoch an mindestens DREI (oder, wenn man mit den Entfernungen großzügiger sein will, mindestens an ZWEI Stellen ereignet haben: vgl. meinen Vorspann oben bzw. die Anmerkungen zu Abs. 27).
Ich weiß nicht, ob dieser Umstand bedeutsam ist; aber jedenfalls fällt mir auf, dass Hersh über den Einsatz eines Minensuchboots der Alta-Klasse für die Tauchoperation und über die spezifische Tauchmethode lediglich als GEPLANTE Aktionen berichtet (meine Hervorhebung):
"That would be well within the range of the divers, who, operating from a Norwegian Alta class mine hunter, would dive with a mixture of oxygen, nitrogen and helium streaming from their tanks, and plant shaped C4 charges on the four pipelines with concrete protective covers." Also: "Das WÜRDE noch bequem in einer für Taucher erreichbaren Tiefe liegen, die, von einem Minensuchboot der Alta-Klasse aus operierend, mit einer Mischung aus ..... tauchen WÜRDEN .....".
Insoweit wäre denkbar, dass Hershs Quelle lediglich vom PLANUNGSSTAND bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Kenntnis hatte. Und über eventuelle spätere Planänderungen sowie die tatsächliche Ausführung nicht mehr informiert war. Das wäre eine zwanglose Erklärung dafür, dass Hershs Darstellung der Sprengstoffausbringung und der späteren Zündung in wesentlichen Punkten wohl tatsächlich fehlerhaft sind: Sie wären dann gegenüber seinem Kenntnisstand (und dem seines Informanten) durch spätere Planungsänderungen überholt. Dennoch wären diese Differenzen KEIN Beweis gegen die Richtigkeit seiner Kernaussage, dass tatsächlich die USA den Terrorakt gegen die Pipeline verübt haben.
Das klingt in sich glaubhaft und liest sich flüssig; einen Indizienwert für den Hersh-Bericht hat das freilich nicht. Aber wenn sich wirklich investigative Journalisten vor Ort richtig "reinknien" würden, könnten sie vielleicht Informationen bekommen: Wenn nicht von den "Tätern" selber, dann vielleicht von deren Kameraden oder von der "Personalabteilung" über evtl. dienstliche Abwesenheiten von besonders hochqualifizierten Tauchern zur fraglichen, die vielleicht ohne Begründung von einer übergeordneten Instanz angeordnet wurden. Auch bei der Auswahl der "Täter" müssten Offiziere der Tauchschule mitgewirkt haben: Wer sonst könnte verlässlich sagen, welches die Besten der Besten sind?
Nicht recht verständlich ist, wenn man ihn wörtlich nimmt, für mich der Satz " 'What they were told and what they knew were purposely different', the source told me." Seine Quelle soll Hersh also gesagt haben, dass das, was die Amerikaner den Dänen und Schweden ganz bewusst etwas anderes erzählte, als was diese wussten. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass sich die "Story", welche was die Anschlagsplaner Vertretern der beiden Länder erzählten, wesentlich von dem unterschied, was sie tatsächlich vorhatten. Das passt auch zu dem Passus im vorangegangenen Satz (meine Hervorhebung) "briefed in general terms about possible diving activity in the area", wonach man die nur "ganz allgemein" über "mögliche Tauchaktivitäten" in Kenntnis setzen wollte. Demnach wäre der Satz zu lesen als "What they were told and what was actually planned was purposely different" - "Was den beiden Ländern erzählt wurde unterschied sich ganz bewusst von dem, was tatsächlich geplant war".
Weiterhin informiert er darüber, dass sich die norwegische Botschaft [in den USA] auf seine Anfrage nicht zu seinem Bericht (also offenbar zur Beteiligung Norwegens an der Planung und Ausführung der Pipeline-Sabotage) geäußert habe: "The Norwegian embassy, asked to comment on this story, did not respond."In einem am 16.02.2023 auf der Webseite "The Wire" erschienenen Interview (auf Deutsch bereits am 14.02.2023 in der BERLINER ZEITUNG erschienen, dort allerdings nicht immer vollständig bzw. präzise übersetzt, formuliert er, für mich ebenfalls etwas verwirrend:"The way it was put to me is: if you didn’t tell them, you didn’t need to tell them. In other words, you were doing what you were doing, and they knew what you were doing and they understood what was going on, but maybe nobody ever said yes." - "So, wie man es mir gegenüber darstellte: Wenn du es ihnen nicht erzähltest, bestand keine Notwendigkeit, es ihnen zu erzählen." Auch darin vermag ich grammatikalisch keinen rechten Sinn zu erkennen; situationslogisch wäre es plausibler, wenn sich die Amerikaner überlegt hätten: "Erzähl denen nur das, was sie unbedingt wissen müssen." Das würde aber nicht zu Hershs weiterem Satz passen: "Mit anderen Worten, du hast das getan, was du tun wolltest, und sie wussten, was das war. Aber vielleicht haben sie nicht ausdrücklich zugestimmt."Richtig "rund" klingen seine Formulierungen zu diesem Punkt in meinen Ohren nicht. Aber vielleicht ist ja auch diese Inkonsistenz sogar eher ein Indiz FÜR als gegen die Wahrheit von Hershs Enthüllung insgesamt: Ein Faker hätte die Zusammenhänge wohl deutlich "glatter" dargestellt, also so, wie sie mir (und wohl auch den allermeisten anderen Lesern) plausibler erscheinen. Betrachten wir Hershs "Narrativ" aus der Perspektive eines hypothetischen Informationsfälschers: Was hätte es dem gebracht, auch noch Dänemark und Schweden in seine Geschichte einzubeziehen? Das macht sie für den Leser in keinster Weise interessanter - sondern eher unübersichtlicher. Und glaubwürdiger wird sie auch nicht, wenn noch mehr Länder (und damit Personen) in den Anschlag - und sei es auch nur vage - eingeweiht wurden. SO betrachtet, werte ich diese aus hypothetischer Fälschersicht völlig überflüssige (und potentiell sogar schädliche) "Ausweitung" als ein weiteres Indiz für die grundsätzliche Richtigkeit von Hershs Enthüllung."I worked on that issue very much with the people I was talking to". In diesem Zusammenhang sagt Hersh also, dass er (sehr intensiv) mit MEHREREN Personen über "that issue" (womit er wohl insgesamt die Einbeziehung dieser anderen Länder meint) kommuniziert habe. Die spannende Frage, ob er insoweit lediglich Informationen von seiner einen Quelle verifiziert hat, oder ob er ergänzend (bei mehreren Quellen) recherchiert hat, kann ich leider auch nicht beantworten.
Natürlich spricht auch die Tatsache, dass Dänemark und Schweden bei der Ursachenforschung eine Zusammenarbeit mit Deutschland verweigern, dafür, dass beide Länder selber "Dreck am Stecken" haben. Dessen Auffliegen sie befürchten.
Ein gewisser "Oliver ALEXANDER", wohl ein Däne, verreißt die "salinity"-Passage so: "This is complete and utter drivel that makes no sense at all. ..... The salinity aspect is just random buzzwords." Also: "Das ist totales dummes Gefasel und macht überhaupt keinen Sinn. ..... Der Salzgehalt ist einfach ein hergeholtes Schlagwort". Auf seine anderen (hier ausgelassenen) Kritikpunkte will ich an dieser Stelle nicht eingehen, nur auf sie Sache mit dem spezifischen Salzgehalt. Die kam in der Tat auch mir "spanisch" vor. Doch fand ich auf der Webseite "Hacker News" folgenden Auszug aus einem langen (und z. T. interessanten: vgl. hier und dort; keine Ahnung, wie diese beiden Threads zusammenhängen und ob es noch weitere gibt) Forendialog:
"HybridCurve 14 days ago: 'The American explosive devices needed to be camouflaged in a way that would make them appear to the Russian system as part of the natural background—something that required adapting to the specific salinity of the water'This was the most ridiculous part. I can't think of a reason they would prefer to use an explosive charge in a position visible to inspection.bhk 14 days ago: Acoustic impedance of seawater varies with salinity.
runnerup 14 days ago: Sure but that doesn’t generalize to other materials. Salinity matched C4 won’t be acoustically matched. Definitely a red herring point.bhk 13 days ago (meine Hervorhebungen): 'Salinity matched' does not make any sense, and the article said nothing of the sort. It said 'make them appear ... as part of the natural background — something that required adapting to the specific salinity of the water'. Making something invisible to sonar could depend on the acoustic impedance (which varies with salinity) of the surrounding water and might involve adapting the object accordingly."
Eine vollständige Übersetzung erspare ich mir; jedenfalls sagt "bhk" am Schluss seines Kommentars: "Etwas für Sonarortung unsichtbar zu machen, könnte von der akustischen Impedanz abhängen, die ihrerseits je nach Salzgehalt des Wassers variiert. Von daher ist möglicher Weise eine entsprechende Anpassung des Objekts erforderlich." Ich selber verstehe leider nichts von den physikalischen Hintergründen. So viel begreife aber auch ich, dass es nicht um ein Verstecken für das Auge ging, sondern um ein "Verstecken" vor einer akustischen Ortung. Und dass diese Aufgabe möglicher Weise eine Anpassung des Objekts (oder einer Objekthülle?) an den spezifischen Salzgehalt des jeweiligen Gewässers erfordert. Das klingt für mich (als Möglichkeit) plausibel und bietet NEUGIERIGEN Journalisten (also nicht etwa den "Faktenfindern" des deutschen Staatsfunks und ähnlichen Journalisten-Imitaten) allemal einen Ansatzpunkt für Recherchen bei einschlägigen Experten.
In Sachen "Sonarortung" ist auch ein Satz aus einem offiziellen Artikel über die Baltops22-Übung (vom 15.07.22, also gegen Ende des vom 5.-17.06.2022 dauernden Manövers) aufschlussreich: "The AUVs [autonomous underwater vehicles] use sonar to search the sea floor for objects, which divers later inspect and identify for possible mine neutralization and recovery." Geübt wurde also die Sonarortung von unbemannten U-Booten aus, bei der (offenbar nach entsprechender 'Verdachtsidentifizierung') anschließend Taucher die Objekte untersuchen und neutralisieren oder zurückholen (? "recovery") sollten. Was in unserem Zusammenhang bedeutet, dass tatsächlich Minen (und andere Sprengsätze?) auf diese Weise geortet werden können und das eine gängige Praxis ist. (Spannende Frage im Zusammenhang mit unten Ziff. 22, ob dies schon bei früheren Ostseemanövern getestet wurde oder 2022 erstmalig bzw. nach einem neuen Verfahren.)
Ein Kritikpunkt zum 2. Absatz dieser Passage bei Hersh (der den Norwegern die Idee zuschreibt, die Sprengsätze während der Flottenübung anzubringen) ist die Überlegung, dass die Amerikaner doch eigentlich selber wissen sollten, dass und für wann ein Flottenmanöver der NATO in der Ostsee geplant war. Und es deshalb unverständlich sei, dass erst die Norweger den Amerikanern insoweit auf die Sprünge helfen mussten. Das ist in der Tat schwer verständlich. Freilich wäre es durchaus vorstellbar, dass die ganz spezifisch mit den Sprengungsvorbereitungen befassten US-Experten keinen Gesamtüberblick über die geplanten US-Marineaktivitäten hatten und erst einem norwegischen Experten, der vielleicht auch nur zufällig davon wusste, diese Idee kam. Also: Nachvollziehbarer Einwand, aber keineswegs ein "Killer-Argument" gegen Hersh. Sondern, entsprechend meinen oben in anderen Zusammenhängen angestellten Überlegungen, potentiell sogar ein Indiz FÜR die - grundsätzliche - Korrektheit von Hersh Bericht.
Ebenfalls als ein solches Indiz könnte man es deuten, dass Hersh überhaupt auf ein solches Detail eingeht. Es erscheint doch sehr fraglich, ob Fakenews-Produzenten (also hypothetisch er oder sein Informant) überhaupt auf solche Feinheiten kommen würden. Und andererseits: Hätte sich ein Fakenews-Produzent nur bei einem Experten schlau gemacht, dann hätte er doch vermutlich präziser "nacherzählt", auf welche Weise eine Sprengladung durch eine Anpassung an den spezifischen Salzgehalt des Wassers vor Entdeckung geschützt werden kann?
Allemal sehe ich die Ungenauigkeit dieser Passage als ein Indiz dafür, dass Hersh sich die Geschichte nicht aus den Fingern gesogen hat (was man, wenn man schon kritisch sein will, als theoretische Möglichkeit ja auch in Betracht ziehen muss). Denn entweder hat Hersh selber nicht verstanden, was da genau vor sich ging (was ihm aber ein Experte, wenn er das bei einem solchen recherchiert hätte, präzise "verklickert" haben würde) - oder schon sein Informant nicht.
Der o. a. Substack-Beitrag "Blowing Holes in Seymour Hersh's Pipe Dream" von Oliver Alexander ist zumindest in der ursprünglichen Form (A. hat dreimal Nachträge hinzugefügt) auch hier zugänglich.
Inhaltlich könnte er sich auf diesen Passus beziehen:“In prior BALTOPS we demonstrated advanced capabilities to detect, re-acquire, and collect images of mine contacts, and transfer those images in near real-time to operators through the use of a specialized Office of Naval Research UUV,” said Anthony Constable, Office of Naval Research Science Advisor to U.S. Sixth Fleet. “This year, through the work of NIWC Pacific and NUWC Newport, we are showing that this capability can be integrated into programs of record by executing complex multi-vehicle UUV missions with modified U.S. Navy Fleet assets.” -"In früheren Manövern haben wir moderne Technik zur Entdeckung, Bergung und der Bildaufnahme von 'mine contacts' (Explosionen?) vorgeführt, sowie die Übertragung dieser Bilder beinahe in Echtzeit durch die Verwendung eines entsprechend spezialisierten unbemannter U-Boote des Marineforschungsbüros. ..... Dieses Jahr zeigen wir, aufgrund von Arbeiten des NIWC [Naval Information Warefare Center - also etwa Zentrum für Informationstechnologie der Seekriegsführung] Pacific und des NUWC [Naval Undersea Warfare Center - etwa: Forschungszentrum für die Unterwasser-Seekriegsführung] Newport, wie diese Fähigkeiten in "programs of record" [irgendwelche Programme; die genaue Bedeutung verstehe ich nicht] integriert werden können, indem komplexe Missionen mehrerer unbemannter U-Boote mit modifiziertem Material der US-Flotte ausgeführt werden."Alternativ käme der Satz "Experimentation on new types of unmanned underwater vehicles were also tested off the coast of Bornholm Island, Denmark during the exercise" in Betracht, wo es ja ebenfalls um etwas Neuartiges (neue unbemannte U-Boote) geht. An obigen und an dieser Stelle ist allerdings keine Rede von Tauchern. Die erscheinen im Zusammenhang mit "autonomous underwater vehicles (AUV)" (wohl bemannte Kleinst-U-Boote): "The AUVs use sonar to search the sea floor for objects, which divers later inspect and identify for possible mine neutralization and recovery." Dort wird freilich nicht erwähnt, dass das ein neuer Programmteil sei; aber das muss nichts besagen. Es wäre sogar denkbar, dass das bewusst verschwiegen wurde.
Von dem, was die Navy-Mitteilung schildert, verstehe ich nur wenig. Doch selbst von meinem Unwissenshorizont aus kann ich eine Kritik an Hersh hinterfragen, der zufolge er behauptet habe, bei diesem Flottenmanöver sei die Minenbekämpfung erstmalig erprobt worden. In Wahrheit sei das schon bei früheren Übungen der Fall gewesen. Ich denke nämlich, dass man seinen Passus nicht zwingend auf die Minenbekämpfung als solche beziehen muss. Die eigentlich beabsichtigte Information könnte ebenso gut in dem Nebensatz "using the latest underwater technology" liegen. Also nicht die Ausbringung, Ortung und Zerstörung der Unterwasser-Mine, sondern die Verwendung neuartiger Technologien dafür. Inwieweit das für die Tarnung der Sprengstoffausbringung nützlich war oder ob das dem Terrorprojekt auf andere Weise gedient haben könnte, kann ich naturgemäß nicht beurteilen; das mögen sich die Fachleute überlegen. Jedenfalls kann ich mir gut vorstellen, dass Hersh, oder bereits sein Informant, selber nicht in allen Einzelheiten erfahren oder verstanden hat, worum es dabei ging. Und es deshalb nicht präziser formulieren konnte.
Aus dieser Pressemitteilung der US-Marine möchte ich auch festhalten, dass sie selbstverständlich nicht nur (große) Atom-U-Boote besitzt, sondern auch kleine Exemplare, zumindest unbemannte (UUVs - Unmanned underwater vehicles).
Relevant mag auch diese Passage aus einem Artikel der US-Marine vom 17.06.2022 sein (meine Hervorhebung): "Meanwhile, mine operations served as an ideal area of focus for testing new technology." Auch hier wird also bestätigt, dass bei den Operationen rund um die Seeminen neue Technologien getestet wurden.
Vielleicht ist auch diese Information (aus einem Artikel im Bundeswehr-Journal; meine Hervorhebung) von Interesse für unsere Fragestellung: "In der taktischen Phase trainieren die Schiffe und Boote weniger in festgelegter Weise. Vielmehr kann sich das Ausgangsszenario frei weiterentwickeln – ganz nach den Entscheidungen der Kommandeure der beteiligten Verbände." Dazu findet sich eine entsprechende Stelle in dem zuvor zitierten US-Navy-Artikel (meine Hervorhebung): "In an effort to adapt to the ever-changing operating environment, the STRIKFORNATO staff coordinated several other focus areas designed to train task group commanders’ decision making abilities with regard to weather, new operating domains, and personnel support."Auf der Grundlage einer solchen Entscheidungsfreiheit konnte vielleicht ein US-Kommandeur unauffällig eine vorgebliche Übung einbauen und damit die Sprengstoff-Ausbringung tarnen. (Auch dies mag übrigens ein neues Element bei diesem Flottenmanöver gewesen sein!)
In diesem superkurzen Absatz, den ich vollständig wiedergebe, erwähnt Hersh letztmalig seine Quelle. (Außer am Schluss, aber dort geht es nicht mehr um die Fakten, sondern um die moralische Bewertung des Terroranschlags). Und zwar bezogen auf einen Zeitpunkt, der noch vor dem Flottenmanöver und damit vor der Ausbringung des Sprengstoffs liegt. Das muss nichts bedeuten; und auf jeden Fall muss sein Informant die unten geschilderten weiteren Entwicklungen (Umstellung von Zeitzündung auf Fernzündung) noch (oder, falls er zwischendurch nicht dabei war: wieder) mitbekommen haben. Vorausgesetzt natürlich, dass es wirklich nur eine Quelle war. Möglicher Weise war also seine Gewährsperson bei der tatsächlichen Ausbringung des Sprengstoffs nicht (mehr oder vorübergehend nicht) dabei. Und war ggf. nicht über evtl. weitere Plan- und Ausführungsänderungen, die vielleicht "in letzter Minute" erfolgten, informiert. Es ist zwar hochspekulativ, aber auch nicht völlig auszuschließen, dass seine Quelle (auch) die Information über die Zündung nicht hinterher aus einer "Vollzugsmeldung" hatte, sondern lediglich einen früheren Planungsstand wiedergibt (wie evtl. schon für die Ausbringung), oder gar keine echte Detailplanung, sondern bloß vorläufige Überlegungen. Das würde Abweichungen der tatsächlichen Ausbringungs- und der Zündungsoperation von der Darstellung bei Hersh erklären, jedoch ebenfalls den Kern seiner Enthüllung unberührt lassen.
Hier haben wir erneut eine "Wendung" in der Geschichte, wie sie das Leben zwar ständig schreibt, von der aber nur schwer vorstellbar ist, dass Hersh oder ein Fake-Informant sich alle diese Dinge ausgedacht haben sollten. Wenn es sich um eine erfundene Story handeln würde, hätte der Erzähler die Planungen doch genauso gut von vornherein auf eine Fernzündung hinauslaufen lassen können? Es hat keinerlei Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit, ob die Geschichte nun so erzählt wird, dass eine Fernzündung von Anfang geplant gewesen sei, oder ob sie das "Schleifchen" einer kurzfristigen Umdisposition von einer ursprünglichen geplanten Zeitzündung enthält.
In seinem Interview mit der Berliner Zeitung (am 14.02.23 veröffentlicht) ergänzt Hersh noch eine wichtige Information zur Umstellung auf eine Fern-Zeitzündung: "Die Befürchtung war allerdings, dass die Bomben nicht funktionieren würden, wenn sie zu lange im Wasser blieben, was bei zwei Bomben tatsächlich auch der Fall sein sollte. Es herrschte also Sorge innerhalb der Gruppe, das richtige Mittel zu finden, und wir mussten uns tatsächlich an andere Geheimdienste wenden, über die ich absichtlich nicht geschrieben habe." [Originaltext: "the worry was that one of the bombs, if left in the water too long, would not work, and two did not – they only got three of the four pipelines".] Ob das der britische und/oder polnische Geheimdienst war(en)? Unzutreffend ist freilich Hershs Vermutung, dass zwei Bomben nicht hochgegangen seien: vgl. Vorspann sowie meine Anmerkungen unten zu Ziff. 27. Aber das war ja ohnehin nur eine Vermutung von Hersh, keine (Falsch-)Information von seiner Quelle.
Es ist gut, dass Hersh seine Leser an die Skrupellosigkeit früherer CIA-Operationen erinnert, auch wenn das natürlich keine Beweiskraft dafür entfaltet, dass die CIA auch hinter der aktuellen Schandtat steckte.
Hersh und Postol kannten sich womöglich schon von früher. Als im Jahr 2013 Meldungen über einen Giftgasangriff der syrischen Regierung auf die Rebellen kursierten, haben, neben anderen, auch diese Beiden (operativ wohl unabhängig voneinander, denn Hersh ist ja Reporter und Postol Wissenschaftler) gezeigt, dass der Angriff höchstwahrscheinlich eine Täuschungsoperation der Rebellen war (um die US-Regierung zu einem Vergeltungsschlag zu verleiten). So jedenfalls liest man es hier: "When Barack Obama said the 2013 chemical attack in Ghouta, Syria, had crossed a “red line” and he would bomb the Assad government in retaliation, he invoked the norms-based international order. Eventually the casus belli was discredited by research from Theodore Postol, Seymour Hersh, Aaron Maté, and others—showing that the attack had likely been a false flag operation by rebels linked to Al Qaeda."
Jedenfalls könnten neugierige Journalisten (also nicht die deutsche Lemmingsjournaille) Prof. Postol mal nach seiner Meinung zur Hersh-Enthüllung befragen.
Ich frage mich übrigens, ob eine Zeitzündung nicht grundsätzlich zu gefährlich wäre. Wie will man ausschließen, dass justament zum Explosionszeitpunkt Schiffe an genau dieser Stelle unterwegs sind? Und es dadurch zu Personenschäden kommt? Ganz allgemein zu den von den Explosionen ausgehenden Gefahren erläutert das Wikipedia-Stichwort "Anschlag auf die Nord Stream Pipelines": "Für die Schifffahrt stellte das an die Wasseroberfläche aufsteigende Methan eine Gefahr dar, weil es die Dichte des Wassers und damit den Auftrieb der Schiffe verringert und sich zudem hätte entzünden können." Haben die Planer dieses Risiko in Kauf genommen (weil sie es für sehr gering hielten)? Das ist nur schwer vorstellbar, denn bei Personenschäden wären in der öffentlichen Meinung "die Puppen am Tanzen". Jedenfalls: Dass die Zündung unmittelbar erfolgte, ist wegen des Entdeckungsrisikos (sowie, je nach Ausführung, evtl. auch einer Selbstgefährdung für die Täter unwahrscheinlich. Es sei denn, man habe (anders als man nach der Darstellung bei Hersh annehmen) die Zündung aus großer Entfernung auslösen können.
Als Laie könnte ich mir aber auch ebensogut denken, dass man mittels Fernsteuerung einen kleinen Roboter ganz nah an die Sprengladung herangeführt hat, der diese dann DIREKT zündete. Das hätte vielleicht den Vorteil, dass die Explosion ihren Auslöser gleich mit vernichtet hätte. Und könnte die Stärke der Ladungen erklären, die nach Ansicht von Fachleuten für ihren Zweck grotesk überdimensioniert waren. Durch eine Direktzündung hätte man auch absolut sicherstellen können, dass zum Explosionszeitpunkt kein Wasserfahrzeug in der Nähe und somit niemand gefährdet war.
Hier kann die Darstellung von Hersh nicht stimmen; zumindest ist sie unvollständig.
Um das zu verstehen, müssen wir uns zunächst vor Augen führen, was damals - auf der öffentlich bekannten Ebene - GENAU geschah. Die Sprengungen erfolgten am 26.09.2022, und zwar zu unterschiedlichen Uhrzeiten an verschiedenen Orten. Darüber informiert der Wikipedia-Eintrag "Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines" wie folgt (Nummerngliederung und Hervorhebung von mir):
1) Die erste Explosion verursachte um 02:03 Uhr ein Leck in Strang A von Nord Stream 2, etwa 12 Seemeilen südöstlich der dänischen Insel Bornholm.zwischen Bornholm und Öland. Das ist (kurios oder bedeutsam?) ziemlich exakt 17 Stunden später. (Nur "ziemlich" deshalb, weil die -3- Sprengungen nicht gleichzeitig um 19:03 h erfolgten, sondern minimal zeitversetzt: s. u.]. Zwei dieser Lecks befinden sich in den beiden Strängen von Nord Stream 1.
2) Mindestens drei weitere Lecks entstanden am selben Tag um 19:03 Uhr
3) Das dritte Leck betraf erneut Strang A von Nord Stream 2 und wurde erst am 29. September 2022 von der schwedischen Küstenwache entdeckt.
Etwas anders formuliert stellen sich die Vorgänge also wie folgt dar:
- Es gibt VIER Lecks (entsprechend haben seismische Geräte auch -4- Sprengungen registriert: s. u.!), jedoch nur an DREI der vier Pipeline-Röhren. (Zur ungefähren Lage der Sprengstellen im Verhältnis zueinander vgl. die Wikipedia-Kartenskizze).
- Die erste Sprengung erfolgte kurz nach Mitternacht im, grob gesprochen, Süden. Sie betraf die Leitung A des (zuletzt verlegten) Projekts Nord Stream 2.
- Alle drei weiteren Sprengungen erfolgten a) 17 Stunden später und b) etwa 80 km entfernt (im Norden). Die Entfernungsangabe zwischen erstem und zweitem Anschlags"ort" (salopp gesprochen: siehe nachfolgend!), entnehme ich dem Substack-Artikel von Oliver Alexander vom 11.02.2023 (mit späteren Ergänzungen). (Zwischendurch war er kostenpflichtig; hier gibt es eine gratis zugängliche Version ohne die Updates.) Dieser Artikel informiert uns außerdem darüber, dass auch der nördliche "Sprengungsort" nicht wirklich eine einzige Stelle war: "There was in fact 6.17km between the site of the two blasts that caused the two leaks in the Nord Stream 1 pipeline." Alexander sagt also, dass zwischen den Sprengstellen der beiden Röhren von Nord Stream 1 ein Abstand von 6,17 km lag. (Aber im Verhältnis zum "Erstsprengungsort" im Süden ist das eine relativ geringe Distanz.) (Das im Wikipedia-Artikel erwähnte weitere Leck an der Röhre A von Nordstream 2, an der nördlichen "Sprengungsstelle", kennt Alexander anscheinend nicht.)
- Im Ergebnis haben wir also VIER Sprengungen, aber nur DREI (von vier) kaputte Röhren. Und zwar deshalb, weil an ZWEI (ca. 80 km voneinander entfernten) Stellen DERSELBE Röhrenstrang gesprengt worden war.
Dass es tatsächlich insgesamt VIER Sprengungen gegeben haben muss, berichtet auch der Artikel "Nord Stream Sabotage: The Evidence So Far" auf der Webseite "Geopolitical Monitor" vom 06.03.2023 (meine Hervorhebung): "Björn Lund [ein a. o. Professor an der schwedischen Universität Lund; bei uns würde man ihn wohl "Geophysiker" nennen; im Artikel wird er als Prof. für Seismologie bezeichnet, was tatsächlich sein Forschungsgebiet ist] ..... confirmed his earlier conjecture, however, that around 19:04 CEST a second and a third blast followed with 8 seconds delay. The results of the joint investigation of his SNSN with Denmark’s GEUS and the Norwegian institute NORSAR are expected to be published in 2023, and are highly relevant because, so far, there has only been talk of two explosions and four leaks." Prof. Lund hat also aufgrund der seismischen Signale in seinem Forschungsinstitut bei "der" zweiten Sprengung, am Abend, insgesamt DREI Explosionen identifiziert. Was präzise zu den 1 + 3 (also 4) Lecks passt!
Vier Lecks durch nur zwei Explosionen - das kann wohl auch schlecht sein. Allenfalls wäre es möglich, dass zwei Explosionen nur schwach waren und deshalb von den seismischen Instrumenten nicht registriert wurden. (Anscheinend hat - durch Standortnähe bedingt? - auch lediglich das Gerät im Institut von Prof. Lund alle VIER seismischen Ereignisse registriert bzw. hat nur er diese präzise identifiziert, andere Institute wohl nicht). Die schwächeren Explosionen müssten dann kleinere - aber immer noch ausreichende - Leitungsschäden verursacht haben. Tatsächlich berichtet der o. a. Artikel auch über unterschiedlich starke Gasaustritte: "The mystery of the differently sized gas bubbles". Fachleute können mit dieser Information vielleicht etwas anfangen.)
Damit lässt sich auch jene Kritik an Hershs Enthüllung unschwer aushebeln, die ihm vorwirft, keine Erklärung dafür zu haben, dass EINE Röhre intakt geblieben ist. Dabei ist noch zu beachten, dass diese Kritik implizit unterstellt, die Nichtzerstörung der einen Röhre sei ABSICHTLICH erfolgt. (Das war immer eine wenig plausible Annahme; weitaus näher liegend wäre ja eine Fehlzündung!) Die liefert er, im Artikel, in der Tat nicht; sein Informant konnte ihm das auch nicht erklären, weil er das selbst dann nicht wissen konnte, wenn er in der Endphase überhaupt noch im Planungsteam gewesen wäre (was, wie oben gesagt, schon zweifelhaft ist).
Was aber Hersh nicht ermittelt hat, das können wir auf Basis der o. a. Fakten unschwer "konjekturieren" (mit guten Gründen mutmaßen): Bei Ausbringung des Sprengstoffs an zwei Stellen der Leitung Nord Stream 2 wurden (von den Tauchern oder wem auch immer) schlicht und einfach die Röhren verwechselt! Der Plan war zweifellos, den Sprengstoff bei der Sprengstelle "Süd" an der einen Röhre (egal, ob A oder B) und bei der Sprengstelle "Nord" an der anderen Röhre der beiden Nord Stream 2 Stränge anzubringen. Durch irgend einen Irrtum haben aber die Taucher den Sprengstoff an BEIDEN "Sprengstellen" jeweils an der Röhre A angebracht. So einfach und schlicht ist des Rätsels Lösung!
Orientierungs- und Gedächtnisstütze:
Auch wenn es nicht mathematisch absolut präzise ist, kann man IN ZEITLICHER HINSICHT von 1 + 3 Explosionen sprechen (2:03 h und 19:03 / 19:04 h).
In räumlicher Hinsicht trifft das nur GROB zu; insoweit muss man sich bewusst bleiben, dass die Sprengungen an den beiden Röhren von Nord Stream 1 zwar IM VERHÄLTNIS nahe beieinander lagen; aber doch einen gegenseitigen Abstand von 6,17 km hatten. Noch einmal zusammengefasst:
- Die erste Sprengung (an der ersten Sprengstelle, im Süden) schaltet EINE Röhre von Nord Stream 2 aus.
- Die -3- Sprengereignisse im zweiten "Zeitpunkt" (an der 2. "Stelle", im Norden) zerstören BEIDE Röhren von Nord Stream 1 (die beiden Sprengstellen liegen jedoch 6,17 km voneinander entfernt). Und außerdem (wahrscheinlich durch ein Versehen) noch einmal die bereits an der ersten Sprengstelle zerstörte Röhre A von Nord Stream 2.
- Die weitere Röhre (müsste dann "B" sein) von Nord Stream 2 bleibt intakt.
An dieser Stelle noch ein Wort zur Interview-Äußerung von Hersh (engl. Originaltext), wo er sagt: "Ende September 2022 sollten in der Nähe der Insel Bornholm in der Ostsee acht Bomben gezündet werden, sechs davon gingen hoch". Wenn jeweils zwei Bomben gleichzeitig hochgingen, dann ist diese Angabe vermutlich durchaus vereinbar mit den VIER seismischen Ereignissen (bzw. mit den an den Pipelines sichtbaren Schäden). Dass man überhaupt JE ZWEI Bomben pro Pipeline angebracht hat, könnte man mit Redundanzüberlegungen erklären ("zur Sicherheit", falls eine nicht zündet). Dann müssten wohl jeweils zwei zusammen an einer Stelle angebracht worden und zum EXAKT gleichen Zeitpunkt hochgegangen sein.
Jedenfalls haben wir, anders als Hersh offenbar vermutet, tatsächlich nicht nur drei, sondern VIER Lecks an den Pipelines. (Aber über das Ergebnis hat ihn wohl NICHT seine Quelle informiert; das entnimmt der den Medienberichten.)
Hier führt er auch noch einmal seine eigene Quelle an, aber nicht mit einem Bericht zum Geschehen, sondern nur zu dessen Beurteilung: einerseits äußert sich sein Informant positiv über Bidens Standhaftigkeit: Er habe den Anschlag angekündigt und dann durchgezogen. Nachdem sein Informant außerdem die bewundernswerten Leistungen der Experten gewürdigt hat schließen dieser - und der Artikel - jedoch mit einer moralischen Verurteilung:
“The only flaw was the decision to do it.” - Der einzige Fehler sei es gewesen, dieses tolle Projekt dann auch tatsächlich durchzuführen.
Die moralische Empörung des Informanten über die Ausführung dieses Terroranschlags, der sich im Ergebnis (auch) gegen ein verbündetes Land richtete, könnte ein Motiv für das Ausplaudern gewesen sein. Der Informant hätte dann weitaus mehr Ehre im Leib, als beinahe alle deutschen Mainstream-Journalisten.
"Das ist einfach traurig. Ich werde nicht einmal meine Zeit damit verschwenden, das zu lesen. ..... Für mich als ehemaligen CIA-Offizier ist schlicht nicht zu glauben, sich alleine vorzustellen, dass eine so lächerliche Idee ihren Weg durch die Bürokratie und Aufsicht finden könnte. Das ergibt auf keiner Ebene Sinn und ist niemandes Zeit wert."
Die Behauptung (von mir hervorgehobener Teil) "Hersh behauptete zudem gegenüber der russischen Nachrichtenagentur TASS, dass das norwegische Schiff für die Taucher mit einer Dekompressionskammer von der CIA ausgestattet gewesen sei" hat Staatsfunker Siggelkow frei erfunden (und bezeichnender Weise auch nicht zu der entsprechenden TASS-Meldung verlinkt), um Hersh maximal zu diskreditieren. Die Meldung findet man problemlos hier; dort heißt es absolut korrekt (meine Hervorhebung): "The US Central Intelligence Agency (CIA) delivered a decompression chamber to a Norwegian ship during the BALTOPS exercise ....., US reporter Seymour Hersh said in an interview for the democracynow.org website." Die TASS berichtet also lediglich aus einem Hersh-Interview mit der amerikanischen Webseite "Democracy Now". Link zu DIESER Interviewseite hier; es handelt sich um dasselbe Interview, aus dessen - später publizierter - deutscher Version (Telepolis: Teil I; Teil II) die Staatsfunker selber zitieren (unter dem Zwischentitel "Hersh verbreitet russisches Narrativ vom Krieg").
Aber okay: Dass die Staatsfunker mit der englischen Sprache auf Kriegsfuß stehen, haben wir ja bereits oben gesehen .....
(Übrigens hatte Hersh die Dekompressionskammer bereits im BZ-Interview erwähnt.)
"Der russische Präsident Wladimir Putin spielte nach Erkenntnissen internationaler Ermittler eine aktive Rolle beim Abschuss des Passagierflugzeuges MH17 im Juli 2014 über der Ostukraine. Das gehe aus abgehörten Telefongesprächen hervor, teilte das Ermittlerteam in Den Haag mit. Es gebe 'starke Hinweise' darauf, dass Putin entschieden habe, den prorussischen Separatisten die Luftabwehrrakete zur Verfügung zu stellen, mit der die Maschine später abgeschossen wurde. Einen direkten Beweis, dass Putin auch dem Abschuss zugestimmt hat, haben die Ermittler aber nicht - auch nicht gegen andere Verdächtige."
"Man muss kein Fan des Kriegsverbrechers Putin sein, um Ihre Überschrift 'Putin hatte aktive Rolle bei MH17-Abschuss' als Infamie sondergleichen einzustufen. Werden Sie zukünftig auch titeln 'Scholz hatte aktive Rolle bei Tötung von Zivilisten', falls ein ukrainischer Leopard-Panzer aus Deutschland versehentlich einen Bus mit Zivilisten abschießt?"
- Trifft der allein schon von der Entscheidungsebene her keine Entscheidungen über den Abschuss von mutmaßlichen Feindflugzeugen im Anflug: Das wird vor Ort entschieden. (Anders wäre es allenfalls z. B. beim Abschuss von US-Spionageflugzeugen über Russland.)
- Kann der Abschuss der Passagiermaschine nur versehentlich, durch Verwechslung mit einem (ukrainischen) Militärflugzeug, erfolgt sein. Denn was (außer jede Menge schlechter Presse und sonstigem Ärger) sollte der Abschuss von Zivilisten den ostukrainischen Rebellen, oder gar Russland, einbringen?
- Reicht allein schon die Zeit nach Ortung der Maschine und der Feststellung, dass sie sich auf das Kampfgebiet zu bewegt, gar nicht aus, um erst noch in Moskau rückzufragen, ob man die abschießen soll oder darf.
"Im Februar 2023 forderte Russland im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine unabhängige UN-Untersuchung des Vorfalls. Dabei berief sich Russland auf einen Artikel des amerikanischen Journalisten Seymour Hersh, welcher eine amerikanisch-norwegische Urheberschaft nannte. Der Artikel, welcher kurz vorher auf Hershs Blog veröffentlicht wurde, ist wegen Ungereimtheiten und unbestätigter Quellenangaben umstritten. China begrüßte den entsprechenden Entwurf Russlands."
"On 8 February 2023, American investigative journalist Seymour Hersh published an article on his Substack page in which he alleged that the attack was ordered by the White House and carried out utilizing American and Norwegian assets. The post relied on a single anonymous source, whom Hersh described as having "direct knowledge of the operational planning." The White House responded to the story by calling it "utterly false and complete fiction". Norwegian Ministry of Foreign Affairs said that those allegations are "nonsense". Russian Deputy Foreign Minister Sergei Ryabkov told Russian state-owned media RIA Novosti that "Our assumption was that the US and several NATO allies were involved in this disgusting crime." He also threatened unspecified “consequences” for the US. Norwegian commentator Harald S. Klungtveithas challenged the accuracy of Hersh's claims, such as that Alta-class mine sweepers had participated in BALTOPS 22, or that Jens Stoltenberg has been cooperating with U.S. intelligence services since the Vietnam War (Stoltenberg was a teenager at the time)."
"Der nagelneue Regierungsflieger «Konrad Adenauer» ist ziemlich leer, als er am frühen Donnerstagabend in Berlin in Richtung US-Hauptstadt abhebt. Bundeskanzler Olaf Scholz hat wie üblich seine engsten Mitarbeiter aus dem Kanzleramt dabei und natürlich seine Sicherheitskräfte. Journalisten, sonst meistens so um die 25, dürfen diesmal aber nicht mit - sehr ungewöhnlich bei einem so wichtigen Reiseziel. Auch Wirtschaftsleute sind nicht dabei"
schläfert der Text die Aufmerksamkeit der Leser mittels Banalisierung wieder ein:
2) "Gegen Hershs Erzählung spricht vor allem, dass Planung und Durchführung der Sprengung so rational und transparent abgelaufen sein sollen, dass ein einzelner Beteiligter wie seine „Quelle“ über jeden Schritt von A bis Z Bescheid wusste. Geheimdienstoperationen dieser Größenordnung werden aber in der Regel so geplant, dass die beteiligten Gruppen oder Zellen nichts voneinander wissen, damit sie im Ernstfall nicht alles verraten oder gar „auspacken“ können. Hier wussten zu viele zu vieles. Und die Quelle war schier allwissend. Doch möglicherweise hat der Profi Hersh mehrere Quellen zu einer einzigen zusammengezogen, um die Rückverfolgung zu erschweren."
- Gegen die deutsche Bundesregierung, weil sie nicht nur dem Volk, sondern sogar dem Parlament (selbst dem Geheimdienstausschuss!) die bisherigen Ermittlungsergebnisse vorenthält.
- Und gegen die schwedische und dänische Regierung, weil sie sich weigern, bei den Ermittlungen mit Deutschland zusammenzuarbeiten. Obwohl sie doch angeblich unsere "Freunde" sind. Und WIR (neben Russland) die Opfer.
- Hersh von "dem" geeigneten Ort (den die norwegische Marine für die Sprengung identifiziert habe). Tatsächlich waren die Explosionsstellen aber (teilweise weit) voneinander entfernt (vgl. "Klärung" im Anfang von Kap. I.)
- Weiterhin spricht Hersh von den "flachen Gewässern vor Bornholm". Aber zum einen verläuft die Pipeline hier in relativ großer Tiefe; an anderen Stellen ist sie der Wasseroberfläche deutlich näher. Und zum anderen liegt lediglich einer der vier Anschlagsorte vor Bornholm; die anderen drei weit nordöstlich von der Insel entfernt (vgl. die Karte bei Alexander).
- Diese Flugzeuge sind Teil der norwegischen Luftwaffe, nicht der Marine. [Kann ein Irrtum von Hersh oder seinem Informanten gewesen sein; ist jedenfalls kein "Killer-Argument" gegen seine Darstellung!]
- Die Flugzeuge seien zum fraglichen Zeitpunkt noch gar nicht regulär in Dienst gestellt gewesen. [Das dürfte zutreffen; jedoch machten sie längst Probeflüge. Und ich wüsste nicht, wieso man auf solchen Flügen keine Sonarbojen hätte abwerfen können.]
- Solider ist da schon das Argument von Alexander, dass ein Flug eines norwegischen Überwachungsflugzeuges in der Gegend von Bornholm ganz und gar nicht nach Routineflug ausgesehen hätte. Da hat er wohl Recht.
- Wiederum unter Verwendung öffentlich zugänglicher Datenquellen zeigt er sodann auf, dass sich die norwegischen P8 Flugzeuge bei ihren Übungsflügen im hohen Norden herumgetrieben haben. Die dortige Gegend ist wohl auch tatsächlich ihr Einsatzgebiet (zur Überwachung russischer U-Boot-Bewegungen). [Scheint ebenfalls ein valider Punkt zu sein, wobei ich freilich nicht weiß, inwieweit die Geheimdienstler die Daten manipulieren oder dafür sorgen konnten, dass das Flugzeug keine Spuren hinterlässt.]
- Kurz NACH der ersten Explosion (südlich von Bornholm) überflog eine AMERIKANISCHE Poseidon-8-Maschine den Anschlagsort. Das wirft für Alexander die (berechtigte!) Frage auf, wieso die Aktion von einem norwegischen Flugzeug hätte ausgeführt werden müssen, wenn doch offenbar auch amerikanische Maschinen diese Stelle erreichen konnten. [Valider Einwand!]
- Ich selber frage mich, ob tatsächlich der Abwurf von nur einer Sonarboje die Sprengereignisse in einer Entfernung von ca. 80 km auslösen kann, d. h. ob die Signale ca. 40 km (unterstellt, der Abwurf sei in der Mitte erfolgt) "reisen" können. (Wenn das möglich sein sollte: Wo ist die Grenze? Hätte man die Sprengungen vielleicht sogar aus noch weiterer Entfernung auslösen können?)
- Unter Hinweis auf bewährte und verlässliche Signalübertragungssysteme für Unterwasser-Bohrungen usw. attackiert Alexander zum einen Hershs Ausführungen über Risiken einer möglichen Signalverfälschung durch andere (Umwelt-)Geräusche. Und zum anderen die Notwendigkeit, eine Sonarboje zu verwenden, wenn man die Signale über eben diese anderen Geräte hätte senden können. [Ein Thema für Fachleute, bei dem ich mir kein Urteil bilden kann. Allerdings: Sojarboje oder anderer "Sender": Irgendwas musste man verwenden und das musste man irgendwo - in einem Abstand, wo die Signale noch wirksam waren! - irgendwie ins Wasser bringen!]
- Wiederum führt er das Geheimhaltungsargument ein: Warum überhaupt die Norweger einweihen und als Helfer benutzen. Aber das hatte er bereits gebracht (vgl. oben Ziff. 4).
- die Ausbringung der Sprengsätze und
- deren Zündung
"Schweden, Dänemark und Deutschland wollten die Zerstörungen an den Pipelines eigentlich gemeinsam untersuchen und herausfinden, wer dafür verantwortlich ist. Doch dazu kommt es nun doch nicht. Wie das ARD-Hauptstadtstudio in Regierungskreisen erfuhr, gibt es keine gemeinsame Ermittlungsgruppe mehr. Zunächst habe sich Schweden aus dem sogenannten Joint Investigation Team (JIT) verabschiedet - und dann auch Dänemark."
- Hersh kann INSGESAMT Recht haben, d. h. er hat die Planung des Anschlags, die Ausbringung der Sprengsätze und schließlich auch den Ablauf der Zündung zumindest im Wesentlichen korrekt beschrieben.
- Hersh kann in zahlreichen, durchaus auch zentralen Detailangaben falsch liegen. Und dennoch kann seine KERNBOTSCHAFT zutreffen, dass die Terroranschlag auf die beiden Nord Stream Projekte von der amerikanischen Regierung ausging.
- (Redlicher) Informant war nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt beteiligt und hatte von späteren Änderungen keine Kenntnis mehr. Geht aber davon aus, dass die weitere Abwicklung auf Basis des ihm bekannten Planungsstandes erfolgte.
- (Unredlicher) Informant hat Hersh für perfide Informationsstrategie (eines Geheimdienstes bzw. einer Regierung) missbraucht, bei der eine wahre Kernbotschaft mit unwahren Einzelheiten derart überformt wurde, dass sie, wenn sie "auffliegen", die Kernbotschaft im Bewusstsein der Informationsempfänger total überlagern und diskreditieren (vgl. unten Ziff. 6).
- Denkbar wäre auch eine Mischform: Ein grundsätzlich redlicher Informant will, aus welchen Gründen auch immer, nicht eingestehen, dass er über bestimmte Einzelheiten eines Vorgangs nicht informiert ist. Und erfindet zu einer grundsätzlich zutreffenden Story einiges dazu.
8) Auf jeden Fall besteht Hershs Text nicht nur aus dem, was ihm sein Informant gesagt hat; es gibt auch Passagen, die ziemlich eindeutig als "Beimischungen" von Hersh auszumachen sind. So etwa die "literarische" Beschreibung der Tauchschule (I/1), der Hinweis auf eine frühere klandestine Taucheroperation (I/12) und vermutlich auch die Passage betr. Stoltenberg (I/17). Ich denke indes nicht, dass Hersh Einzelheiten über die Ausführung des Anschlages erfunden hat.
- Wie sollte Deutschland reagieren, wenn lediglich Indizien für eine US-Täterschaft sprechen und
- wie, wenn die Urheberschaft der USA sicher feststeht?
Nachtrag 30.03.2023: Einige westdeutsche Bundestagsabgeordnete der AfD haben den Versuch unternommen, die Ukrainepolitik der Partei zwar nicht im Kern zu ändern, aber wenigstens nach außen besser aussehen zu lassen. In ihrem Artikel "Beschluß der Bundestagsfraktion. AfD richtet Ukraine-Politik neu aus" vom 30.03.2023 berichtet die Junge Freiheit, dass die Fraktion "mit großer Mehrheit ein neues Positionspapier zu Bundeswehr und Ukraine-Krieg beschlossen" hat. Dort heißt es u. a.,daß die „westliche Politik die Eskalation in der Ukraine begünstigt hat. Gleichzeitig ist der russische Angriff auf die Ukraine, der durch die Fehler westlicher Politik nicht zu rechtfertigen ist, klar zu verurteilen". Und weiter: „Die richtige Antwort auf die verkürzte und einseitige Darstellung des Ukrainekrieges und seiner Hintergründe im deutschen Mainstream ist nicht eine kritiklose Übernahme russischer Positionen, sondern eine differenzierte Bewertung entlang deutscher Interessen.“ Aber der Satz "Dass wir im Ukrainekrieg Diplomatie statt Waffenlieferungen fordern, macht uns nicht zu Verbündeten linker Pazifisten, die sich seit Jahren gegen jede deutsche Wehrfähigkeit wenden" zeigt doch, dass sich im KERN nichts geändert hat: Nach wie vor lehnt es die Putin-Papagei-Partei ab, die ukrainischen Vaterlandsverteidiger mit Waffenlieferungen gegen den russischen Aggressor beizustehen. Und der Beschluss ist auch nicht auf der AfD-Fraktionswebseite veröffentlicht worden, auch nicht in den Pressemitteilungen. Mit anderen Worten: In Wahrheit ändert sich NICHTS an der putinfreundlichen und patriotenfeindlichen Ukrainepolitik der AfD!
Die sollen (den deutschen Medienberichte zufolge) am 06.09.2022 von einem offenbar kleinen Bootchen aus (Name oder zumindest Angaben zur Größe des Bootes werden selbstverständlich nicht berichtet!) an VIER verschiedenen Stellen (vgl. in Kap. I meine Anmerkungen zu Ziff. 27) Sprengstoff gelegt haben. Den sie dann ca. 20 Tage später gezündet (auf welche Weise?) oder aber gleich mit Zeitzündern versenkt haben müssten.
Welche Berufe die hatten, DAS weiß man ganz genau. Wer die Personen freilich waren: das weiß man nicht.
- 05.03.2023 LondonReal TV ("I heard about this story a month after it happened. Nobody came to me, it was somebody I asked who was inside." "Ich habe von dieser Sache einen Monat nach der Sprengung gehört. Nicht dadurch, dass jemand auf mich zugekommen wäre; vielmehr habe ich einen Insider gefragt." An anderer Stelle - ca. min. 8 - berichtet er, dass die Interagency-Gruppe beim Weißen Haus - also letztlich beim Präsidenten - nachgefragt habe, ob man Aktionspläne für reversible - etwa Sanktionen - oder irreversible Aktionen - i. e. Pipeline-Zerstörung - ausarbeiten solle. Das Weiße Haus habe sich für die "irreversible" Variante entschieden. Gegen min. 13 beschreibt Hersh, dass die Umstellung von der ursprünglich geplanten 48-Std-Zeitzündung auf eine Fernzündung enorm schwierig gewesen sei. Dazu habe die Arbeitsgruppe in allen möglichen großen Laboratorien nachfragen müssen; anscheinend hat letztlich Großbritannien - "England", sagt er - die Lösung geliefert. Bei min. 48 erklärt Hersh, wer ihn auf die Idee gebracht hat, bei Substack zu publizieren: Das sei sein Freund Matt Taibbi gewesen.)
- Dieses Interview von "Global Research" (wohl eine kanadische Organisation) datiert vom 06.03.2023. Ich habe es mir nur teilweise angehört; Ausschnitte sind auf der Gobal Research-Webseite transkribiert.
- 10.03.2023 im chinesischen TV. Dazu gibt es, praktischer Weise, auch eine teilweise Transkription. Dort erfahren wir u. a. auch, was er von der Räuberpistole über die pro-ukrainischen Freizeitterroristen hält: "They are trying to divert attention from the story that I wrote, ..... ." - "Die versuchen, die Aufmerksamkeit von meinem Bericht abzulenken."
- Wohl 10.03.2023 auf dem Kanal "Crux". (Ca. min. 8:08: "The way I described the story and the source was as vague as possible. ... It would be dangerous for anybody telling me the story to be in the media. Because one thing my governmnent can do well is find people. ..... I asked a question last fall, in October ..... so I asked a question and I got into the story ....." - "Ich habe die Quelle in der Story bewusst so vage wie möglich beschrieben. Es ist gefährlich für einen Informanten, in den Medien zu erscheinen. Denn die eine Sache, die meine Regierung wirklich gut beherrscht, ist die Identifizierung solcher Personen. Ich habe im Oktober nachgefragt ..... und das war der Beginn meiner Story."
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen