Mittwoch, 11. Oktober 2006

Impressionen aus Baden-Baden

Bemooste Häupter wohnen in diesem einstigen Weltbad (und auch solche mit viel Moos).


Doch leben hier offenkundig auch Menschen, welche noch voll im Saft stehen - wie dieser Werbeaufkleber am Badezimmerspiegel unserer Ferienwohnung beweist (oder behauptet / suggeriert / vorgibt??).



Brahms on the rocks: Johannes Brahms war jedenfalls ein fruchtbarer Komponist. Das Haus, in welchem er in zwei bescheidenen Dachkämmerchen häufig einen Sommeraufenthalt in Baden-Baden (Ortsteil Lichtental) verbrachte, liegt wie eine Burg in Spornlage, ist aber klein und hat mit seinen weiß gestrichenen hölzernen Wandschindeln ein ganz adrett-ziviles Aussehen.
Ein grausames Schicksal hat meine Aufnahme des Gebäudes von unten - durch eine derzeitige Baulücke, die wohl nicht mehr lange Lücke sein wird - vernichtet: gemeinsam mit etwa der Hälfte unserer Urlaubsfotos, darunter ausgerechnet die besten Aufnahmen, die meine Frau in Baden-Baden gemacht hatte. Ein falscher Tastendruck an der Digitalkamera - und schon wurde eine volle 1-GB SD-Speicherkarte zu einer leeren. Das ist um so bedauerlicher, als ich im Weltnetz kein Foto des des Brahmshauses insgesamt entdecken (und somit hier verlinken) kann.

(Immerhin: zur Not vermittelt dieses Bild auf der Webseite der Brahms-Gesellschaft eine gewisse Vorstellung vom Äußeren des "Brahmshauses".)

Eine freundliche und lebhafte Dame zeigte uns die Innenräume im Dachgeschoss, wo wir im Gästebuch enigmatischen Eintragungen begegneten.
Ja, ja, schon Pythagoras hatte auf den engen Zusammenhang von Mathematik und Musik hingewiesen (dachte ich bei mir).


Wir wallen weiter, zuvor noch einen kurzen Blick auf die "Cäcilienburg" oder "Villa Stroh" werfend.





Aber nicht nur die Musik wird in Baden-Baden, mit seinem (überdimensionierten) Festspielhaus, gepflegt; auch die Literatur hat viele Freunde.
An jedem 1. Samstag im Monat veranstalten einige rührige ältere Damen im Kurhaus-Restaurant ein "Literarisches Café". Da sind zwar keine prospektiven Kandidaten für den Literaturnobelpreis am Werke, aber die Iniatiative mag doch einige zu einer netten Freizeitbeschäftigung anregen.
Die Stadtbibliothek ist, wie ich schon in einem früheren, recht umfangreichen, Blog-Eintrag über Baden-Baden ("VOM FRIEDHOF DER UNVERWESLICHEN LEICHEN ZUM MITTAGSMENUE AUS DER SCHÄDELKALOTTE") beschrieben habe, recht groß und gut bestückt und es gibt sogar einen eingetragenen Verein, die Bibliotheksgesellschaft e. V., welche die Stadtbücherei mit privaten Mitteln unterstützt und hier z. B. mit einem Bücherflohmarkt [ich bemerkte ja schon früher in meinem Reisebericht "REICH DURCH HALL?" (aus Bad Reichenhall): immer dann, wenn wir wo auftauchen, gibt's dort einen Bücherflohmarkt] Einnahmen zu generieren sucht.
Die Flöhe, welche den Besucher animieren sollen, seine Flöhe auf dem Bücherflohmarkt zu lassen, schmökern übrigens in Büchern mit dem Titel "Stiche alter Meister".

Meine eigene Begeisterung für (Bücher-)Flohmärkte hat sich allerdings in letzter Zeit deutlich abgekühlt: allzu vieles, was lesenswert erscheint, speit täglich der PC-Drucker aus. Da bleibt für Bücher kaum noch Zeit, zumal das Gelesene dann auch wieder zu Internet-Texten verarbeitet werden soll (vgl. aktuell z. B. meinen Blog-Eintrag "Alpine Fairytale" und meine laienhaften Webseiten-Exkurse in die Politologie u. d. T. "IN THE MACCHIA OF SPECIAL INTERESTS – A WELL OF CLEAR-CUT ANALYSIS?")
So kehrte denn Turgenjews Baden-Baden-Roman "Rauch" ungelesen wieder heim. Aber immerhin hat die Zeit (hauptsächlich diejenige der Rückfahrt) doch ausgereicht, um die Geschichten aus der Anthologie "Lust am Spielen. Lesebuch einer Leidenschaft" (Piper-Verlag, hrsg. von Linda Walz und Gerhard Seidel) zu lesen.


Baden-Baden ist natürlich kein billiges Urlaubsziel

(das asiatische Mittagmenü in "Zhengs Garden", welches man über diese 'Himmelstreppe' erreicht, einmal ausgenommen).













Verblüffend preiswert ist aber eine Ganzkörpermassage. Die kostet 6,50 € für 2 Personen - bis zu 24 Stunden lang.
Ich will jetzt nicht denken, dass Sie denken, was ich denke, das Sie denken; da wären Sie auch auf dem völlig falschen Dampfer.
Das Massage-Sonderangebot konnte nämlich nur in enger Zusammenarbeit zwischen der für den Straßenbau verantwortlichen Stadtverwaltung und den Stadtwerken, welche die lokalen Buslinien betreiben, realisiert werden.
Die Qualität der Straßenoberflächen einerseits und die sportliche Federung der Nahverkehrsbusse andererseits vereinigen sich zur Wirkung eines tief eindringenden Massageeffekts.
Deshalb könnte ein boshafter ÖPNV-Nutzer ein Sprichwort aus dem vor-vorigen Jahrhundert auch auf Baden-Baden beziehen:
"Wer reisen will, muss die Börse eines Adeligen und den Rücken eines Lastträgers besitzen."

Da geht man vielleicht besser zu Fuß - z. B. in den herrlichen Parkanlagen der Lichtentaler Allee.


Für Frau Hinz und Herrn Kunz dürften derartige Spaziergänge (tagsüber zumindest) ungefährlich sein. Höher gestellte Persönlichkeiten mussten dagegen schon in früheren Zeiten gelegentlich mit Problemen rechnen.



Was tun? Weichen wir in nahe gelegene Wälder aus? Darf ich es wagen, meine geehrten Leser ins Rotliegende zu führen, oder werde ich mir damit den vereinten Zorn der 900 Baden-Badener Millionäre zuziehen? Oder denken Sie gar sonst was von mir, weil ich ins Geotob gehe? Ja, ja, ich weiß schon: "Legastheniker", werden Sie denken (oder, noch schlimmer, sogar sagen?).
Weh' mir: das alles muss ich erdulden, nur weil ich Ihnen das Geotop "Verbrannter Felsen" zeigen wollte!

Da entflieht doch der Herr des Zwergenreichs zu seinen kleinen Freunden gleich.
Ständig hält man es in einer solchen Gesellschaft freilich auch nicht aus.


Also weiter zur Burgruine Alt-Eberstein (Ebersteinburg).

Unterwegs jedoch noch ein wenig Wegzehrung sammelnd (dies sind - oder genauer: waren - die essbaren!).

Das hat die Bildregie aber ganz gewaltig vermasselt! Den Burschen, der das hier eingestellt hat, den werd' ich mir mal gehörig vorknöpfen!






Wir wenden uns Kopf schüttelnd ab und suchen lieber nach den inneren Werten der Stadt, von denen uns hier z. B. das Kaufhaus Wagener welche präsentiert.


Bei einem Blick aus dem Rathaus (wo Erinnerungsstücke an Clara Schumanns Aufenthalte in Baden-Baden ausgestellt waren) enthüllt sich von den zahlreichen Facetten der Stadt sogar eine surrealistische. "Madonna mit Raubvogel und Gaslaterne". Gell, Salvador D.: da geht sogar dir noch ein Licht auf?


Für uns indes verlischt das Urlaubslicht. Ein wehmütiger Blick zurück auf die Burg Hohenbaden und die Felsen des Battert: die Erinnerung nehmen wir mit, das Geld ließen wir da.














Nachtrag: Bessere Bilder bietet Beltwilds Blog jetzt in dem Posting vom 19.10.2006 "Herbsterinnerungen an Baden-Baden".



Wie für Schwäbisch Hall, hat auch für Baden-Baden ein gewisser Markus Huck zahlreiche und schöne Fotoaufnahmen ins Weltnetz eingestellt.
Im übrigen habe ich nicht allzu viele (umfangreichere) Bildsammlungen über Baden-Baden gefunden; evtl. sachdienliche Hinweise bitte mir mitteilen oder in den Kommentaren aufführen.

Nachtrag vom 24.10.06: Doch, es gibt eine riesige Bildersammlung im Internet, eine professionelle allerdings, von der Baden-Badener Fotografin Nathalie Dautel.





Textstand vom 24.10.2006. Auf meiner Webseite
http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm
finden Sie eine Gesamtübersicht meiner Blog-Einträge.


P. S.: Trotz meiner Bemühung, Fortuna mit Methoden fernöstlicher Magie zu überlisten, hatte das Glück ein Einsehen und hat uns den Schock erspart, den 37-Millionen-Euro Jackpot im Lotto zu knacken.

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