Dass jedoch mein Vokabular keineswegs perfekt, sondern im Gegenteil "far from perfect" war, entdeckte ich zu meinem Leidwesen (und Schaden) auf einer Tour, welche nach den mir vom Reisebüro übergebenen Unterlagen die Bezeichnung "Alpine Fairytale" trug.
Ein schöner Name, wie mir schien, und natürlich wusste ich, dass "fairytales" auf Deutsch "Märchen" heißt, und ebenso, was "fairies" sind: Elfen oder Feen natürlich - was denn sonst?
Jedoch hatten meine Touristen, vorwiegend Lehrer und Lehrerinnen (mit Ehepartnern), die Reise nicht unter der Bezeichnung "Alpine Fairytales" gebucht, sondern als eine Art Studienreise - was mir wiederum unbekannt war.
Der beiderseitige Überraschungseffekt war deshalb ganz enorm, als ich in bester Laune mit einem strahlenden Lächeln den Bus bestieg, zum Mikrofon griff und die Gäste mit "Hello you fairies" begrüßte.
An dieses Ereignis musste ich bei der Abfassung meines Blog-Eintrages "Die Deutsche Welle - hier nicht sehr helle" denken.
Und erneut wurde ich etwas später daran erinnert, als ich durch Zufall auf einige Webseiten bzw. Blogs stieß, welche kulturelle Unterschiede zwischen Deutschland und anglophonen Ländern (speziell den USA) thematisieren.
Für eventuelle Leser meines Blogs, welche sich eventuell dafür interessieren [was den Bereich des Alltagslebens angeht, bin ich selbst auf die Lektüre solcher Texte als Informationsquelle eher weniger angewiesen, weil ich diesbezüglich fortlaufend gratis et privatissimum von meiner Ehefrau instruiert werde :-)], hier die Links (die ich selbst nicht mühsam recherchiert habe, sondern zu denen ich gewissermaßen durchgereicht wurde) und kurze Beschreibungen (die habe ich mühsam selbst erdacht):
"Stranger in a Strange (Deutsch)land"
ist der Blog einer hier mit einem Deutschen verheirateten Kalifornierin. Aufgrund ihrer japanischen Abstammung ist sie in Deutschland so zu sagen Ausländerin in Potenz: Amerikanerin mit asiatischen Gesichtszügen.
Ihre Kritik kz. b. am deutschen Gesundheitswesen, am fehlenden Hygienebewusstsein deutscher Bäckereiverkäuferinnen usw., ist nachvollziehbar.
Jedoch sind die Blog-Einträge auch humorvoll gemeint.
Insoweit freilich spricht
Der Rezensent manchmal bei sich:
"Witz komm raus, du bist umzingelt!"
Das mag aber auch daran liegen, dass mir die letzten sprachlichen Feinheiten im Englischen/Amerikanischen auch heute noch entgehen.
Ach ja: sie heißt Cheryl Watamura Martinez und ihre beeindruckende (Berufs-)Biographie findet man hier oder auch da [dies ist wohl ihre oder eine ihrer Unternehmenswebseite(n)].
Neben ihrem Beruf und Blog ist sie auch sonst gesellschaftlich aktiv.
"Things My Girlfriend and I Have Argued About" betitelt ein gewisser Mil Millington (der Nachname ist real, der Vorname fingiert) seine Webseite. Mit glanzvoll sprühendem Humor beschreibt er seine eheähnlichen Auseinandersetzungen mit seiner deutschen Freundin und seine Bemühungen, ein wenig Ordnung in die deutsche Sprache zu bringen (Plural von "Bus"? "Busen" natürlich! - Bin ich froh, dass der nicht versucht hat, "birds-busses" ins Deutsche zu übersetzen!)
Die Streitpunkte, über die sich die beiden zusammen raufen (oder heißt es "zusammenraufen"? Die Rechtschreibreform hat mich total verwirrt!) sind allerdings eher die uralten Themen des Geschlechterkampfes als interkulturelle Missverständnisse.
Vieles von seinen Feinheiten entgeht mir (Vokabular, Anspielungen auf Filme, Schauspieler usw.), aber schon das, was ich verstehe, ist ein Genuss. (Wer nunmehr noch mehr über oder von Millington wissen will, kann z. B. das lange Interview "A Study in Scarlet: An Interview with Mil Millington" lesen.)
Wer neugierig ist, wie seine Lebensgefährtin Margret aussieht, wenn sie "insane" ist, fahre auf seiner Webseite mit der Maustaste über ihr Porträtfoto.
[Meine Frau ist nicht "insane", und wenn ich jetzt europäische Vorurteile bedienen wollte ("Mad as he undoubtedly is, I can't imagine even GW Bush ..." schreibt z. B. Mil Millington, oder in einem Vergleich mit seiner Freundin: "... this still makes her policy less ill-considered and asinine than the one that actually advised the invasion of Iraq") und Lacher auf meine Seite ziehen, könnte ich das dem Umstand zuschreiben, dass die Bürger jenseits des Atlantik die Verrücktheit an der Staatsspitze konzentrieren. Das wäre aber schon deshalb zumindest voreilig, weil ich meine Analyse der Ursachen für die Irak-Invasion der USA ("IN THE MACCHIA OF SPECIAL INTERESTS – A WELL OF CLEAR-CUT ANALYSIS?") noch lange nicht abgeschlossen habe.]
Ausgangspunkt meiner kulturvergleichenden Surftrips war der sehr lange und sehr ernsthafte und systematisch angelegte
"(A) subjective comparison of Germany and the United States"
von einem gewissen Axel Boldt. Wer immer sich etwas intensiver mit der Thematik befasst hat, kennt vieles schon. Als zusammenfassende Übersicht ist es aber auch z. B. für mich von Interesse.
"Becoming an American Citizen"
Unter dieser Überschrift überlegt eine in Florida verheiratete Deutsche, ob sie die amerikanische Staatsbürgerschaft beantragen soll oder nicht. Für Deutschland sprechen eigentlich nur Kindheitserinnerung und - zunächst überraschend - das Wetter! Immer nur Sonne ist halt auch keine Wonne.
Der Titel ist missverständlich und deshalb fragen in den Kommentaren auch hauptsächlich Nicht-Amerikaner, wie sie ganz schnell Bürger in diesem scheinbaren Schlaraffenland werden können.
Nachdem der Aufsatz schon aus dem Jahr 2003 datiert, wüsste man gern, wie sie sich mittlerweile entschieden hat, doch erfährt dort nichts.
Unter dem Titel
"The Good, The Bad, and The Ugly"
geht - typisch amerikanisch! - ein US-Bürger, der (auch) in Berlin studiert hat, die Sache von der positiven Seite an, indem er nicht auflistet, was ihm missfällt, sondern was ihm in dem jeweiligen Land besser gefällt als in dem anderen. (Am Ende, when all counts are made, überwiegen aber auch bei ihm die Pluspunkte für die USA.)
Schließlich vergleicht noch ein gewisser Philipp Lenssen in
"Germans. Recalling Memories"
die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und den USA. Dabei überzeichnet er freilich die negativen Aspekte in Deutschland und die positiven in den USA, und Ersteres noch derart humorlos, dass man leider sagen muss "typisch deutsch".
Ein auffälliger Unterschied (der natürlich wiederum zu Lasten Deutschlands geht) fiel mir in den Restaurants auf (in Deutschland; für die USA, die ich nicht näher kenne, unterstelle ich mal, dass so etwas dort nicht vorkommt): Dass nämlich die Kellner(innen) nicht selten vom Gast eine Bestellung ohne Einsichtnahme in eine Getränkekarte (manchmal sogar ohne Speisekarte) erwarten, ist ein Ärgernis. (Vgl. dazu mein Blog-Eintrag "GiD, GiD, GiD, GiD".)
Sonderlich tief schürfend ist keine der o. a. Seiten; wenn wer weitere einschlägige Web-Werke, oder gar was Besseres kennt, möge er/sie es mir mitteilen oder - einfacher - gleich im Kommentar posten.
Aufschlussreich könnte z. B. ein Vergleich unter dem Aspekt des (typisch deutschen?) Begriffs "Kitsch" sein:
- der Kitschbegriff als Mittel des kulturellen Klassenkampfes in Deutschland?
- Rosa (wenn ich an die amerikanische Grußkartenkultur denke) als Leitfarbe der US-Gesellschaft?
- Einst genossen die Amerikaner manchen hier hergestellten Kitsch mehr als wir selbst (Hummel-Figuren! Und auch die Barbie-Puppe ist ja eine Emigrantin); jetzt entdeckt die ästhetisch geschockte Gattin von beltwild bei Weltbild einen "Kunst"kalender von Thomas Kinkade, "Maler des Lichts" (und momentan im Visier des FBI).
- Was oder wer wäre das funktionale Äquivalent für Kinkade bei uns? Rosina Wachtmeister? (Denn röhrende Hirsche, saufende Mönche und barbusige Zigeunerinnen sind ja schon seit einigen Dezennien nicht mehr "in").
Schluss jetzt: Sie, liebe(r) Leser(in), sollen selbst ja auch noch was zu denken übrig behalten!
Aber schon finde ich wieder was Neues:
Toytown Germany
ist die Webseite für "Germany's English-speaking crowd", und über deren Befindlichkeit in unserem Land informieren in direkter Weise die lebhaften Forenseiten.
[Hört sich alles traurig vertraut an, wenn ich z. B. einige Diskussionsbeiträge zum Thema "German (lack of) politeness" lese! Also benehmt euch gefälligst mal, ihr Mit-Germanen. Aber Leute, die Blogs lesen, sind wahrscheinlich ohnehin zivilisierter. Und die Barbaren lesen leider nicht.]
Nachtrag vom 04.02.07:
Den Blog "Dialog International. German-American Opinion: Politics and Culture" habe ich heute entdeckt, und zwar über den Eintrag "German Press on the Israel Lobby Controversy". (Über die Studie von John J. Mearsheimer und Stephen M. Walt zur habe ich an anderen Stellen, auch in diesem Blog, mehr berichtet und verlinkt: vgl. "Washington – Segesta – Athen – Tel Aviv: William Kristol und der peloponnesische Krieg" und "MORAL'S OWN COUNTRY oder LASSET UNS EINANDER BRÜDERLICHE HÜTER SEIN!".)
Anscheinend wird er von einem gewissen David Vickrey (aus den USA?) betrieben. Die genauen Hintergründe sind mir nicht klar geworden; eine Erläuterung in einem Eintrag "About" wäre wünschenswert.
Nachtrag 21.08.2010
Heutiger Flohmarktfund in Wiesbaden-Biebrich (auf dem Flohmarkt jeden 3. Samstag im Monat am Schloss) war das Buch "Nothing For UnGood: Deutsche Seltsamkeiten aus amerikanischer Perspektive". War im Zug schnell durchgelesen und liegengelassen (hatte auch nur 50 Cent gekostet). Vieles treffend, manches lustig, die Summe trifft in etwa der Amazon-Kundenrezensent T. Oertel wenn er schreibt "überwiegend lustig und in massentauglichem Humor geschrieben".
Dem spaßigen Blog "Nothing For Ungood" des Autors John Madison verdanke ich den Link zur (ernsthaften, deutschsprachigen) Seite "USA Erklärt. Der faktische Hintergrund, freundlich erklärt". Scheint lesenswert; hier die Selbsterklärung der Blogger.
Nachtrag 21.11.10
Der hier ist an allem Schuld. Kein Wunder: wenn man "Johannes Gensfleisch, genannt Gutenberg" heißt. Jetzt schaut er unschuldig und sauber restauriert (d. h. vom Grünspan befreit) von seinem Denkmalsockel in Mainz, aber in Wahrheit hat er die Einkaufstüten, die da
seinen Denkmalsockel verschandeln, sich (jedenfalls teilweise) selbst zuzuschreiben.
In einer Art Torschlusspanik vor unserem bevorstehenden Umzug nach Schwangau habe ich gestern in Mainz noch einige Druckerzeugnisse erworben, welche mir am Alpenrand zur geistigen Nahrung dienen sollen.
Eins davon, bei Oxfam gefunden, habe ich freilich als Schnellimbiss noch auf der Rückfahrt von Mainz nach Wächtersbach aufzufuttern begonnen: "Dear Germany. Eine Amerikanerin in Deutschland".
Die (50) Kundenrezensionen bei Amazon sind extrem verteilt: 15 mit 5 Sternen, aber 18 Leser haben ihr nur einen gegeben; Durchschnitt 3. Bei den Negativ-Kommentaren sieht man deutlich, dass sich Deutsche auf den Schlips getreten fühlen, wenn Frau Kloeppel (übrigens die Ehefrau des RTL-Chefredakteurs Peter Kloeppel, den ich als Nicht-Fernsehzuschauer freilich nicht kenne) Deutschland nicht immer zu seinem Vorteil mit den USA vergleicht. Hallo Freunde, sperrt mal eure Augen auf: Deutschland ist nicht das Paradies! Zwar würde auch ich nicht in den USA leben wollen, aber z. B. die Kundenorientierung und die Orientierung auf den Verbraucher hin sind dort deutlich besser; übrigens auch die Qualität mancher Güter (Gummilitzen z. B., die in Deutschland regelmäßig binnen kurzem ausleiern).
Dass die Amerikaner, zumal solche aus dem Mittelwesten (Carol Kloeppel kommt aus Minnesota und hat übrigens schweizer und deutsche Vorfahren) ziemlich prüde sind, wissen wir natürlich. Besonders drastisch hatte das im Jahr 1999 (aber bei mir noch so in Erinnerung, als wäre es erst vor wenigen Jahren geschehen) der gesamten Welt ein Strafverfahren gegen den 11-jährigen (bei seiner Verhaftung sogar erst 10-jährigen) Raoul Wüthrich vor Augen geführt, der beschuldigt worden war, an seiner 5-jährigen Halbschwester sexuelle Handlungen vorgenommen zu haben und von der US-Justiz wie ein (erwachsener) Schwerkrimineller behandelt worden war. (Am Ende wurde er dann wegen Verfahrensfehlern freigelassen.) (Ausführlich unter "Vorsicht in den USA" bei indymedia - unten -; vgl. auch die Spiegel-Berichte "moralische Panik" vom 18.10.99 und "Kinder als Opfer des Rechts" vom 25.10.1999.) Allerdings, während uns der Umgang der USA mit vermeintlichen "Sexualdelikten" von Kindern befremdet, sollten wir uns auch eingestehen, dass wir selbst im Umgang mit wirklichen Rechtsbrechern im jugendlichen Alter entschieden zu lasch umgehen. Und dass bei uns auf anderen Gebieten (Lärm!) die Toleranz gegenüber Kindern sehr zu wünschen übrig lässt, dürfen wir uns ruhig eingestehen. Man sollte damit leben können, wenn z. B. hier im Blog Translationmusings eine offenbar amerikanische Kommentatorin "Margo" zu einer Rezension des Buches von Frau Kloeppel anmerkt:
"I grew up in Germany and all I can say, thank God I’m outta there. The rudeness, the lack of service and the feeling of inconveniencing the sales people and waiters, the idiotic rule of recycling.(I have great respect for their love of their environment, though). The school system, the noise restrictions and the Kleiderschraenke. My sister had a frog in a property she was renting out. Someone complained about frog noise, the police came and they decided, that the frog needs to be quiet between 1pm and 3pm. I hope they all stayed serious during this event. I love noise, especially from children and frogs. I love to live in this country" [also in den USA]. (Und was für den Froschlärm gilt, trifft erst Recht auf Kinderlärm zu - darüber lesen wir oft genug in den Lokalteilen der Zeitungen.)
Aber zurück zu Frau Kloeppel und der amerikanischen Prüderie:
Zum einen macht sie deutlich, dass sie auch selbst schon etwas Abstand davon gewonnen hat und diese nicht mehr ganz unkritisch sieht.
Zum anderen ist ja vielleicht gerade dieser Prüderie ein wesentliches Antriebselement der amerikanischen Energie und Kreativität? Es scheint so zu sein, dass Kreativität zwar bei vielen von Druck unterdrückt wird. Andererseits kann aber gerade das Reiben an Beschränkungen und Beschränktheiten diese fördern. (Aktuell habe ich mich oberflächlich ein wenig mit den Biographien der beiden Schriftstellerinnen Elfriede Jelinek, hier deren Homepage, und Herta Müller beschäftigt. Die sind beide nicht in den glücklichsten Umständen aufgewachsen - bei Frau Müller kam neben der Beschränktheit des persönlichen Umfeldes der bäuerlichen Banat-Deutschen noch die Ceaucescu-Diktatur hinzu - haben es aber immerhin beide bis zum Nobelpreis für Literatur gebracht. Während wir, wie man etwas versteckt auch bei Carol Kloeppel erfährt (wenn sie nämlich die amerikanischen Vorbilder von deutschen Fernsehserien erwähnt) jedenfalls im Unterhaltungsbereich hauptsächlich abkupfern.
Das Leben verläuft halt nicht ganz so linear, wie unsere Naivität sich das träumen lässt.
Bislang habe ich nur die Hälfte des Buches gelesen (und das in jeder Hinsicht: in einem Zug). Es ist keine große Literatur, aber eine nette individuelle Beschreibung ihrer Erlebnisse und ihres Empfindens beim Sprung aus der großen Welt der USA in die kleine Welt Deutschlands. Kein "must read", aber auf jeden Fall ein netter Zeitvertreib! Besser als das eher aufgesetzt-lustige "Nothing for ungood" ist es allemal und hat die mehreren Auflagen, die es erlebt hat, verdient, auch wenn sein Inhalt, wie Nadine Leonhardt anmerkt, nicht wirklich überraschend ist.
Hier noch ein Auszug aus einer Rezension von LilliBelle auf der Webseite "Büchertreff", der ich mir nur anschließen kann:
"Ich fand das Buch... sehr kurzweilig und leicht zu lesen und insgesamt auch sehr ausgewogen. Bevor ich das Buch bekam, hatte ich in vielen Rezensionen gelesen, die Frau Kloeppel wurde Deutschland schlecht achen und zu dem Schluss kommen, dass in Amerika alles besser sei. Das kann ich überhaupt nicht bestätigen. Sie macht nichts schlecht, sondern sie vergleicht sehr systematisch und anschaulich verschiedene Aspekte der beiden Länder und Nationen und zieht dann ihre eigenen Schlüsse. Bei einem Vergleich liegt es in der Natur der Sache, dass meistens entweder die eine oder die andere Seite besser bei weg kommt. Und das ist in dem vorliegenden Buch mal Deutschland und mal Amerika. Ich finde es vollkommen legitim, wenn man an liebgewonnenen und vertrauten Gewohnheiten erstmal festhält und Neuem gegenüber zumindest skeptisch ist. Und auch dass man bei näherem Hinsehen und objektivem Vergleichen dennoch das eigene Land in diesem Punkt besser findet, halte ich für in Ordnung. In vielen Punkten gibt Frau Kloeppel Deutschland den Vorzug gegenüber Amerika. Was einigen Lesern sauer aufgestoßen sein mag, sind die Punkte, wo sie sogar berechtigte Kritik übt. Über die berühmte Servicewüste Deutschland darf sich jeder Deutsche vollkommen zurecht aufregen und seine Erfahrungen dazu schildern. Wenn das eine eingewanderte Amerikanerin tut, kommt dies vielen wohl als “Schlechtmachen” und “Lästern” vor. In den meisten Punkten ihrer Kritik musste ich Frau Kloeppel recht geben, und vieles, was sie an Deutschland lobt, ist mir noch gar nie so bewusst aufgefallen."
Hier noch ein Auszug aus einer Rezension von LilliBelle auf der Webseite "Büchertreff", der ich mir nur anschließen kann:
"Ich fand das Buch... sehr kurzweilig und leicht zu lesen und insgesamt auch sehr ausgewogen. Bevor ich das Buch bekam, hatte ich in vielen Rezensionen gelesen, die Frau Kloeppel wurde Deutschland schlecht achen und zu dem Schluss kommen, dass in Amerika alles besser sei. Das kann ich überhaupt nicht bestätigen. Sie macht nichts schlecht, sondern sie vergleicht sehr systematisch und anschaulich verschiedene Aspekte der beiden Länder und Nationen und zieht dann ihre eigenen Schlüsse. Bei einem Vergleich liegt es in der Natur der Sache, dass meistens entweder die eine oder die andere Seite besser bei weg kommt. Und das ist in dem vorliegenden Buch mal Deutschland und mal Amerika. Ich finde es vollkommen legitim, wenn man an liebgewonnenen und vertrauten Gewohnheiten erstmal festhält und Neuem gegenüber zumindest skeptisch ist. Und auch dass man bei näherem Hinsehen und objektivem Vergleichen dennoch das eigene Land in diesem Punkt besser findet, halte ich für in Ordnung. In vielen Punkten gibt Frau Kloeppel Deutschland den Vorzug gegenüber Amerika. Was einigen Lesern sauer aufgestoßen sein mag, sind die Punkte, wo sie sogar berechtigte Kritik übt. Über die berühmte Servicewüste Deutschland darf sich jeder Deutsche vollkommen zurecht aufregen und seine Erfahrungen dazu schildern. Wenn das eine eingewanderte Amerikanerin tut, kommt dies vielen wohl als “Schlechtmachen” und “Lästern” vor. In den meisten Punkten ihrer Kritik musste ich Frau Kloeppel recht geben, und vieles, was sie an Deutschland lobt, ist mir noch gar nie so bewusst aufgefallen."
Was die Prüderie "der" Amerikaner angeht, kann man mit guten Gründen auch das genaue Gegenteil behaupten. Denn von dort kommen auch die größten Sauereien. Zwar erinnere ich mich kaum noch an Details (jedenfalls nicht der Sexfilme; in Erinnerung ist mir aber noch ein Film mit Kettensägen-Monstern: sollte es "The Texas Chain Saw Massacre" - hier Werbung für die DVD - gewesen sein??), wohl aber daran, dass ich doch ziemlich geschockt war von jenen Underground-Filmen, die (in einer Art Film-Festival an mehreren Abenden) irgendwann um 1970 in dem damals noch existierenden Amerikanischen Kulturinstitut ("Amerikahaus" - einführender Text mit weiteren Links) in Frankfurt gezeigt wurden.
Eine zutreffende Beschreibung der gesellschaftlichen Positionen ist wohl, dass in den USA die Spannbreite des (nicht immer Erlaubten, wohl aber:) Vorhandenen, Vorkommenden, weitaus größer ist als bei uns. Und gerade das macht eben auch einen Teil jener Faszination aus, welche die amerikanische Kultur (im weitesten Sinne) auf viele von uns ausübt. Amerikanische Kulturschaffende schöpfen sozusagen aus einem weitaus größeren Pool von Möglichkeiten (und Wirklichkeiten) als das in Deutschland der Fall sein kann, und wahrscheinlich gibt es selbst in Europa insgesamt keine vergleichbare Bandbreite an sozialen Möglichkeiten und Realitäten.
Man könnte (etwas, aber nicht völlig, unernst gedacht) den Umgang "der" Amerikaner mit der Dimension des Sexuellen auch anders sehen: als eine ausgefeilte Strategie zur Luststeigerung. Denn Perversionen machen ja nur dann Spaß, wenn sie eben das sind: tabu. Und je größer der Claim des Tabubezirkes, desto größere Lustmengen kann man dort abbauen. Die Amis wissen halt, wie man die größtmögliche Menge an Lustgold schürft (und natürlich auch, wie man eine maximale Goldausbeute aus der Lust gewinnt - aber das hat nichts mit dem vorliegenden Buch zu tun)!
Im Übrigen wussten bereits die alten Kirchenlehrer, dass das Ganze nicht nur aus jenen Teilen besteht, die uns angenehm sind: der Begriff von der "coincidentia oppositorum", dem Zusammenfall der Gegensätze“, bringt das zum Ausdruck. Und was sich Nikolaus von Kues (Cusanus) noch eher statisch vorgestellt haben mag, wurde in Georg Wilhelm Friedrich Hegels Lehren von der Dialektik der historischen Entwicklung ins Dynamische gewendet.
Das alles hat allerdings mit Carola Kloeppel nichts mehr zu tun ;-) .
Nachtrag 23.11.2010
Nun habe ich die Lektüre beendet: es ist ein sympathisches, weil ehrliches und persönliches Werk. Mit übertriebenen Erwartungen auf einen tief schürfenden Kulturvergleich darf man natürlich nicht an das Buch herangehen; es ist eine bewusst subjektiv gehaltene, aber trotz aller kritischen Äußerungen letztlich doch sehr warmherzige Betrachtung unseres Landes. Kein Ruhmesblatt sind jene allzu zahlreichen Amazon-Kundenrezensenten, die über die Autorin herfallen als hätte sie sie persönlich angegriffen, und von manche sie gar umgehend repatriieren wollen, im Stil von "Ami go home, du bist zu blöd".
Diese Typinnen und Typen haben wohl sämtlich keine Spiegel im Hause .....
Nachtrag 02.12.10
Auch die (mutmaßlich deutschsprachige) Bloggerin hinter dem "poetryshelf" bzw. bookshelf (Annette Boehm?) stellt einen Vergleich der Bücher "Dear Germany" von Carol Kloeppel und "Nothing for Ungood" von John Madison an, und der geht auch bei ihr eindeutig gegen das Buch von Madison.
Nachtrag 26.05.2011
"Der Freitag" hat eine 16-teilige Reihe "Alltagsrituale. Wie uns die Anderen sehen" (konzipiert von Hanna Engelmeier und Marco Formisano) veröffentlicht. Schade, dass es wohl keine Übersichtsseite mit Links zu allen Artikeln gibt. Jedoch enthalten die einzelnen Veröffentlichungen jeweils Links zu weiteren Teilen der Serie, so dass man sich durchklicken kann. Letzte Folge (24.05.11) war "Ich kann nicht zwei Mütter haben“ von Colin G. King (über die Unmöglichkeit, als Ausländer ein "native speaker" zu werden). Von diesem Beitrag kann sich, wer mag, zurück hangeln. (Informativ: "Die Fallhöhe für Künstler ist niedriger" vom 26.04.11, wo die Schweizerin Valérie Favre über die Berliner Kunstszene berichtet und über Ihre Gründe, als in Paris schon etablierte Künstlerin dennoch nach Berlin umzuziehen.)
Textstand vom 16.06.2023
danke fuer's vorbeischauen und den link.
AntwortenLöschenes ist schon etwas sonderlich mit "den amerikanern" - in mancher hinsicht ist die toleranzschwelle sehr niedrig, in anderen sehr hoch. so wird ein film, in dem bestimmte flueche oder schimpfwoerter benutzt wird als "r" (= ab 18) eingestuft, aber gewalt und blutvergiessen haben weniger einfluss auf die wertung.
...die zweit-bedeuting von "fairies" ist ihnen sicherlich inzwischen bekannt...