Samstag, 7. April 2007

Frohe Ostern! Die Bild-Zeitung hätte mir beinahe die Feiertage versaut!

Es war ja gut gemeint, dass die Bild-Zeitung heute im Frankfurter Hauptbahnhof Werbeexemplare verteilte. Allzu weit war der zweite Teil unserer Fahrstrecke zwar nicht, aber immerhin: auch die Fahrzeit von Frankfurt bis Mainz kann man schließlich zur Weiter-Bildung nutzen, gelle?

Nun gut, ich hätte auch was andres lesen können (und sollen): einen Internet-Ausdruck nämlich. Entweder "Der andere Schauspieler. Kritische Bemerkungen zum Kulturbegriff" von Hakan Gürses. (Auf diesen Text war ich bei meiner Beschäftigung mit dem Buch "Das Ende des Weißen Mannes. Eine Handlungsaufforderung" von Prof. Dr. Manfred Pohl gestoßen. Ob er mir bei der Suche nach dem, was "Kultur" ausmacht, helfen wird???) Oder, wenn nichts über Kultur/Zivilisation, dann vielleicht den (derzeit) 30-seitigen Wikipedia-Artikel über Carl Schmitt, der in die "Liste der lesenswerten Artikel" aufgenommen wurde.

Aber nein: die Bild-Zeitung musste es sein!
Ich kam, las - und zack! packte mich - erst mal Verwunderung, als mein Auge auf S. 7 flüchtig über die Schlagzeile vom Korea-Diktator glitt und etwas von "Riesen-Rammler" las. Nanu? So attraktiv sieht der doch gar nicht aus? dachte ich.
Erstaunt schaute ich genauer hin - und blankes Entsetzen würgte mir die Kehle! Der Artikel ventiliert einen ungeheuerlichen Verdacht, der beinahe die gesamte Menschheit erschüttert: "Korea-Diktator hat meinen Riesen-Rammler aufgegessen"!

Okay, über dem Diptychon von Kim Jong-Il, dem 10-Kilo-Rammler der Rasse "Deutscher Riese" [na also: sind wir ja doch noch irgendwo riesig!] und dem Züchter Karl Szmolinsky, (im Layout der Druckausgabe über dem Text) steht, genau wie im Online-Bericht auch, eine einschränkende Zeile: "Schlimmer Verdacht eines deutschen Kaninchen-Züchters". Er war nicht bei der Geburtstagsfeier von Kim Jong-Il dabei, wo die Kaninchen (genau zwölf Stück, Apostel des deutschen Zuchtfleißes, waren es; die Zahl lt. Spiegel Online) mutmaßlich verspeist wurde. Und am Schluss des Artikels bringt die Bild-Zeitung (die auch nicht mehr das ist, was sie mal war ...) sogar eine Gegendarstellung: "Die Koreaner bestreiten, die Kaninchen aufgegessen zu haben." Wer's glaubt - wird im sozialistischen Paradies interniert.
Ich aber sage euch nur: Ungeheuerlich! Erst frisst uns das Monster die Monster-Kaninchen weg, dann leugnen diese Schlitzaugen auch noch dreist!

Meine Osterfreuden waren zunächst dahin; das Schicksal des für die Weltrevolution geschlachteten Kaninchens wühlte mich in tiefster Seele auf.

Hätte ein verantwortungsvoller Züchter seine Kaninchen überhaupt ins Reich des Bösen schicken dürfen? Obwohl doch jeder weiß, dass "... each and every one of the rabbits will have an IQ higher than that of Kim Jung Il."? Aber, als diese Behauptung aufgestellt wurde, lebte das Kaninchen ja vermutlich noch. Denkbar sogar, dass die "Norks" ("Slang for North Koreans. Somewhat derragatory" lesen wir hier; bitte auf Großschreibung achten!) uns belügen, indem sie die Wahrheit sagen: Die haben das Kaninchen vielleicht gar nicht verputzt, sondern wollen damit im Westen Putz machen? Das jedenfalls vermutete seinerzeit, als die Meldung vom deutschen Grosskaninchen-Export um die Welt ging, ein anderer Kommentator: "Maybe kim jung il figures he might just be able to strap a nuke on to a pack of these mega-bunnies?".
Na, na, Herr Szmolinsky: haben Sie sich für Ihren Kriegswaffen-Export überhaupt eine Ausfuhrgenehmigung der deutschen Bundesregierung geholt? Das kann sonst bös' ins Auge gehen!

Übrigens habe ich Sie ganz gewaltig in Verdacht, dass Sie den Koreanern (oder gar Bin Laden und seiner Gang?) schon früher Monster-Rabbits geliefert haben. Denn irgend jemand hat bereits vor einem Jahr ein solches Tier auf seine Eignung als biologische Waffe getestet. Das ist jetzt kein Jux von mir, sondern war in den "National Geographic News" (versteckt in der Rubrik "Offbeat") zu lesen (aber offenbar hat die Menschheit, wie bei den anderen Terroristen und beim Klima auch, die Zeichen leichtfertig übersehen): "Monster Rabbit Stalks U.K. Village ". Auch hier wollte man die Sache als Aprilscherz abtun: "The news was first dismissed as an April Fool's joke." Aber jedem denkenden Menschen muss, wenn er weiter liest, klar sein, worum oder woran es hier geht: an unsere agrarischen Existenzgrundlagen! "But residents of Felton in northeast England have confirmed that a huge, floppy-eared creature is leaving behind giant paw prints and a trail of destroyed carrots, leeks, onions, and turnips following nighttime raids." [Hervorhebung von mir]
[Vgl. dazu auch "No carrot is safe as monster rabbit goes on rampage", Times Online vom 07.04.06]

Nicht nur ich winde mich in schrecklichen seelischen Qualen: Die gesamte Welt, die ziviliserte zumindest, leidet mit mir und mit Deutschlands großartigen Riesen-Rammlern! [Obwohl: die haben ja nun mutmaßlich ausgelitten?]
David Crossland schrie (als Erster?) in der internationalen Ausgabe von Spiegel Online die Verzweiflung des Riesen-Züchters bereits am 02.04.2007 [nein, also bitte: das ist nicht am 1.4. erschienen!!] in die Welt hinaus: "GERMAN BREEDER FURIOUS OVER CANCELLED TRIP. No More Monster Bunnies for North Korea". Dieser Bericht erschien in der Kategorie "Zeitgeist", Rubrik "Globalization". Zeitgeist ist ein Ausdruck, den auch die Englisch Sprechenden kennen, und jetzt wissen die endlich, was man hier zu Lande unter Zeitgeist versteht und wes Geistes Kind wir Deutschen sind.

Selbst Indien (oder gerade Indien? Gibt es dort vielleicht nicht nur Rattentempel, sondern auch Bunny-Bums-Bunker?) ist empört, und der Verdacht hat sich auf dem langen Weg dorthin (via Sydney) jedenfalls im Schlagzeilenbereich bereits zur Gewissheit verdichtet: "Kim Jong-il eats German monster bunnies meant to boost meat production in N. Korea!" Hm, na ja, well - der Züchter hat sein liebes kleines Tierchen für die Fleischproduktion da runter geschickt?

Also, wenn das so ist - warum soll sich dann der nette Kim Jong-Il, Vater der Nation [reißen Sie sich mal am Riemen und grinsen Sie nicht so blöd; ist ja bloß symbolisch gemeint!], nicht auch mal als Vorkoster der Nation versuchen? Zeigt doch, dass der Mann Mumm in den Knochen hat: früher haben die Könige und Diktatoren immer andere vorkosten lassen! Allerdings hat er dafür nun zwar kein Gift in den Knochen, aber Hasenmark. Und Hasenfüße in der Tasche. Ob der jetzt zum Hasenfuß wird und seine Atomwaffen wegwirft? Oder werden wir demnächst in der italienischen Presse lesen: "Kim il Hippie: makes love, not war?"

Mensch, Szmolinsky, endlich begreife ich: Sie sind ja vielleicht helle! Stecken den Macchiavelle, Talleyrand, Bismarck und Cavour alle miteinander glatt in die Tasche!
Ich bin baff: Der Friedensfürst von Eberswalde! Hey, George: take it from Smoky! Feed them damn Iraquis some German Stallhasen, and they'll calm down! Der "Weekly Standard", das Zentralorgan der Neokonservativen, hat jedenfalls die Lauscher schon hochgestellt und in seinem Weblog den Link (zum Spiegel-Artikel - s. unten) in seine Liste "Required Reading 04/06/2007" aufgenommen, also zur Pflichtlektüre erklärt (am Schluss des Artikels "Absence of Evidence...).

Kaninchenexport statt Ostermarschierer (und Terroristen)! Das ist die Lösung, das bringt weltweit Frieden! Das, und nur das, kann des Rammler-Züchters wahres Motiv gewesen sein. Denn für die Bekämpfung der Hungersnot sind, wie David Crossland im Spiegel Online bemerkt, die Riesen-Kaninchen eher weniger geeignet:
"It had been unclear from the start how Szmolinsky's bunnies would help given their own voracious appetite for top-quality vegetables."

Also dann: "Weitermachen, Friedens-Züchter Szmolinsky!"
Was? Meine Leser wollen von mir auch noch wissen, wie man das auf Eberswalder Kanaldeutsch sagen würde? Also, ich würde sagen: ist doch sch.egal: Hauptsache alle Beteiligten und Betroffenen sind glücklich und zufrieden:

Kim Jong-Il, dass er sich mal richtig satt hat essen können.

Die internationalen Blogger, dass sie was zu quatschen haben [nur die Deutschen sind wieder mal zu blöd: lumpige -2-(!!!) Treffer per 8.4.07, 0:44 h, für "kaninchen kim jong-il"! (Immerhin: in wenigen Minuten werden es schon drei Treffer sein! Reicht nicht zur Meisterschaft? Schade!)]

Der Züchter, über dessen Exporterfolge der Spiegel-Artikel meldet:
"Szmolinsky's deal with North Korea attracted worldwide media coverage and brought him orders from around the world. He has been in preliminary talks with potential buyers in China, Russia, Cameroon and the United States. 'The Russians wanted 400 rabbits, there's no way I could deliver that many,' said Szmolinsky, who produces around 90 rabbits a year. 'I'm getting a delegation from China in June or July and have been told that I may be asked to go to Shanghai to provide advice'." (Da soll sich unser Smoky nur vorsehen, dass die Gelben ihn nicht gleich schanghaien!)

Und am Ende bin auch ich wieder mit mir, der Welt, und den zukünftigen Nordkoreanischen Friedenstauben versöhnt.
Obwohl - kann man bei denen wirklich sicher sein, ob die nicht am Ende sogar die Friedenstauben verfrühstücken?
Andererseits: ein Unmensch wie Adolf Hitler, der einem kleinen Judenmädchen das rosa Kaninchen stahl, ist Kim Jong-Il denn doch nicht. Der hat ja schließlich bezahlt für die Stallhasen! [Schön übrigens, dass man sich in meiner Heimatstadt Gedanken über das rosa Kaninchen macht. Hoffentlich denkt man dort nicht nur an Stofftiere, sondern singt auch für Ebby und seine Brüder und Schwestern aus Eberswalde ein "Agnus Dei"! Dona eis requiem sempiternam! (Den Commies natürlich, die Kaninchen haben eh' ausgelitten!)


Nachtrag vom 10.04.07: Einige weitere Links zum Thema

- Ein umfangreicher japanischer Blog-Eintrag vom Januar/Februar 2007 (mit Links auch zu einigen englischsprachigen Meldungen)

- Fotos im Spiegel Online vom 10.01.07

- "WAS MACHT EIGENTLICH ... der 'Deutsche Riese grau'? Nordkorea retten" aus der Berliner taz-Lokalausgabe vom 05.01.07

- "Brandenburg. Mega-Rammler gegen Hunger in Nordkorea. Nordkorea will Riesen-Kaninchen aus Brandenburg importieren, sie züchten und so das Ernährungsproblem im Land in den Griff bekommen" - Focus Online vom 03.01.07

-" 'Riesen Grau' Ein Brandenburger Exportschlager. Deutsche Rammler für Nordkorea" meldete das Hamburger Abendblatt am 04.01.07.

- "Kaninchen für Kim Jong Il. Seit 42 Jahren züchtet Karl Szmolinsky 'Deutsche Riesen grau'. Jetzt verkauft er die Tiere nach Nordkorea" erfahren wir im Tagesspiegel vom 07. Januar 2007.


Nachtrag 12.04.07:
Auch nach Ostern bleibt das Kaninchen-Thema auf dem Tisch:
"Rammler von Kim Jong Il verspeist?" Von Imke Hendrich heißt es in Sachsen;
"Riesen-Rammler als Braten für Kim Jong Il?" VON IMKE HENDRICH, 10.04.07, 16:01h, AKTUALISIERT 10.04.07, 16:05h - fragt man in Köln.
Auch n-tv weiß, was heute zählt: Dienstag, 10. April 2007. "Aß Kim Jong Il die Kaninchen? Züchter tief enttäuscht"
Die Maerkische Allgemeine gibt dem Diktator 'the benefit of the doubt': "Rammler Roberts Schicksal rätselhaft. Riesenkaninchen eventuell schon verspeist / Züchter ist sauer auf Nordkorea" betitelt sie den Artikel von IMKE HENDRICH.
Das Portal "Mein Berlin" betont den lokalen Bezug: "Brandenburgische Kaninchen. Im Kochtopf des Diktators gelandet?" - es sind halt nicht irgendwelche hessischen oder bayerischen, sondern brandenburgische Kaninchen! Wenn das der Alte Fritz wüsste - der würde sich im Grabe umdrehen! (Aber dieser Heide wahrscheinlich vor Lachen.)
Den Blog politplatschquatsch habe ich allerdings auch in Verdacht, dass der die "Angst um Riesenrammler Robert" lediglich heuchelt und sich in Wahrheit auf Kosten der armen, armen Tiere lustig machen will! (Immerhin: durch einen der Kommentare erfahre ich von der Existenz von PETA - "People for the Ethical Treatment of Animals". Was hätte Oswald Spengler zur Existenz eines solchen Vereins gesagt? "Decline of the West" natürlich!)



Textstand vom 12.04.2007. Auf meiner Webseite
http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm
finden Sie eine Gesamtübersicht meiner Blog-Einträge

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