Montag, 2. April 2007

Horx! Horx! Heiße Luft gegen heißes Klima! (Und ich wär' beinah' drauf reingefallen!)

Zu Matthias Horx (Homepage hier, Wikipedia da) kam ich erstmalig zwar im Handelsblatt, hatte diese (gescheite) Meinungsäußerung aber schon wieder vergessen, als ich ihm im Zusammenhang mit einer Google-Suche nach Richard Sennett wieder begegnete. (Den wiederum, bzw. einen Teilabdruck seiner Dankesrede für den Stuttgarter Hegel-Preis, hatte ich in einer liegen gelassenen Frankfurter Rundschau im Zug gefunden.)

Horx' recht ausführliche Rezension u. d. T. "Sehnsucht nach dem Feudalismus" von Sennetts Buch "Die Kultur des neuen Kapitalismus" hat mich begeistert. Zwar kenne ich das Buch nicht, aber seine Kritik an Sennetts Positionen lässt sich auch als wuchtige Fundamentalkritik an jener uralten gesellschaftlichen Diskursgepflogenheit verstehen, welche ich an anderen Stellen als "Olim-Diskurs" bezeichnet und in dem Eintrag "WO DER OLIM HAUST oder ARM, ABER KRITISCH!" gegeißelt habe.

Aber Sätze wie seine sind mir denn doch nicht gelungen:
"Und wo sollen wir aufhören, wenn wir den 'unentfremdeten Zustand' wieder einführen wollen? Um die Ecke lugt Rousseau, am Türrahmen lächelt Ernst Jünger Arm in Arm mit dem guten Charlie Marx. Und am Ende landen wir, in guter deutscher Romantik-Tradition, wieder bei den Jägern und Sammlern " [wo es freilich Herren und Knechte noch nicht gab], "Kein Wort finden wir in Sennetts Sozialfeuilleton zu den gewaltigen Opfern jener Zeit, in denen die Lebensverhältnisse nach Sennett noch stabil, berechenbar, kontinuierlich blieben. Kein Wort über die Staublunge, an der die solidarischen Kumpels starben, nachdem sie im abgesicherten Milieu lebenslange Sicherheit erfahren hatten" [Hervorhebung von mir], "In des Autors Bild einer verklärten Vergangenheit gab es offenbar keine Massenfreisetzungen, wenn Rohstoffzyklen sich neigten oder technologische Wellen die gesicherten Arbeitsverhältnisse hinwegfegten" und "... reiht er sich ein in die Armee der Beschwörer dunkler Kräfte - also jener, die vor den Sith Lords des Kapitals warnen. Mit dieser komfortablen Negation läßt es sich allerdings prima leben im Kapitalismus. Jede Talkshow, jede Jammergemeinde von Buxtehude bis Garmisch wird die sonore Stimme seines nostalgischen Pessimismus gern hören. Man sieht ihn schon bei Sabine Christiansen sitzen, diesem medialen Brutkasten der Angstbeschwörung"
[Ähnlich (und ähnlich wirkungslos) schrieb übrigens schon vor beinahe 150 Jahren der Struwwelpeter-Vater Heinrich Hoffmann: "Es ist ein immer noch gebrauchter, wenn auch verbrauchter Redemodus der Verderbtheit der Gegenwart, die Einfalt und Solidität der Vergangenheit der sogenannten alten guten Zeit vor das Antlitz zu halten, um sie zur Schamröte zu zwingen. Rücken wir aber dieser alten guten Zeit selbst einmal etwas näher auf den Leib, und heben wir ihr den historischen Nebelschleier von dem Haupte, so finden wir gemeinlich, daß sie gar nicht besser, oft wohl noch viel schlechter als die Enkelin, die Neuzeit, war:
Das Vergangene zu preisen und die Gegenwart zu schelten,
Muß von aller Art von Tugend stets für die bequemste gelten
!"]


Vielleicht von dem Vertrauenskapital , das Horx mit seinen o. a. Sätzen bei mir deponiert hatte, allzu zutraulich gemacht, vielleicht aber auch durch die clevere Art der Präsentation seiner Argumente geblendet, erschien mir sein Essay "Warum ich nicht an die Klimakatastrophe glaube" in der WELT ONLINE vom 13.03.07 zwar nicht als absolute Wahrheit, aber jedenfalls als in sich stimmig formulierte Position eines "Klimaskeptikers" (wie, offenbar nach dem anglophonen "climate skeptic", jene Personen bezeichnet werden, welche die Warnungen zahlreicher Klimatologen usw. für unberechtigt oder übertrieben halten).
Schon vor geraumer Zeit hatte ich in meinem (englischsprachigen) Eintrag "THE (B)RAT IN THE BOX AT THE ULTIMATE LEVER?" die Rede eines anderen Klimaskeptikers, des US-Romanautors Michael Crichton, (unter dessen Stichwort sich in der englischsprachigen Wikipedia einige Links zur Klimadebatte um sein Buch "State of Fear" -"Welt in Angst"- finden) analysiert.
"Environmentalism as Religion" heißt sie, ist aber auch u. d. T. "Remarks to the Commonwealth Club" bekannt. Dabei hatte ich einerseits die Argumentationsstruktur Crichtons untersucht (bzw., aus meiner Sicht, entlarvt), andererseits den Blickwinkel allerdings auf die "Ressourcenskeptiker" ausgeweitet und damit hauptsächlich jene "Füllhornisten" ins Visier genommen, welche mit dubiosen Argumenten und Argumentationsstrategien unsere (und vielleicht auch ihre eigene?) Furcht vor einer relativ zeitnahen Erschöpfung der Lagerstätten mineralischer Rohstoffe zu beschwichtigen suchen.

So war es mir damals noch nicht in voller Schärfe bewusst geworden, dass unser Bejahen oder (was hier im Hinblick auf die Position von Horx allein von Interesse ist:) unser Bestreiten von "Erderwärmung", "globale Erwärmung", "Klimaänderung", "Klimawandel", "Klimakatastrophe", "Global Warming" usw. drei verschiedene Stufen von "(Un-)Glauben" bezeichnen kann, die sich logisch wie die Hüllen dreier Matroschkas (oder Matrjoschkas) zueinander verhalten:

1) Die dickste Babuschka (Babushka) ist ein dicker Hund: das Bestreiten, dass wir derzeit überhaupt einen Klimawandel miterleben.

2) Wer ganz so weit nicht gehen will, kann immer noch leugnen, dass die Klimaänderung "anthropogen" ist, also von uns Menschen "gemacht", wurde.

3) Selbst wenn man das einräumt, bleibt rein logisch die Möglichkeit abzustreiten, dass der Klimawandel katastrophale Folgen haben muss bzw. jedenfalls dann haben wird, wenn wir nicht rechtzeitig gegensteuern.

Was davon meint Matthias Horx, wenn er sich weigert, "an die Klimakatastrophe" zu glauben?

Sehen wir uns zunächst an, wie er seine Argumentation aufbaut:


I. Auswahl des Mottos.
Dass die "Zivilisation aufgrund der Duldung der Geologie besteht" ist zweifellos richtig, soll aber hier wohl ausblenden, dass sie möglicherweise auch von unserem pfleglichen Umgang mit der Geologie (und der Botanik) abhängig ist.


II. Ironisierende Darstellung der aktuellen Meldungen und Befürchtungen.
"Nun also ist es amtlich ...".
Botschaft: "Alles Quatsch".


III. Parallelisierung der Debatten über das "Waldsterben" und die Klimaänderung.

Es ist schon äußerlich bemerkenswert, dass Horx ca. 1/3 seines Textes diesem Thema widmet, das sicherlich seine psychologische Wirkung nicht verfehlt, dessen Beweiskraft aber ebenso groß ist wie die Argumente der Bedrohungsskeptiker in Jericho am 5. oder 6. Tag des Trompetenkorsos der Belagerer rund um die Stadtmauern.
Botschaft bei Horx: "Damals haben sich die Leute unnütz aufgeregt; jetzt ist es bzw. wird es genau so sein." Wie schon Michael Crichton in seiner o. a. Rede diskreditiert Horx (etwas geschickter) die Waldsterbens- und implizit auch die Klimawarner als religionsähnliche (lies: irrationale) Bewegungen, die "Kathedralen" bauen und ihre "Priester" haben. Dazu habe ich schon in der Analyse der Crichton-Rede darauf hingewiesen, dass sich auf einem entsprechend hohen Abstraktionsniveau alles mit allem analogisieren lässt, ohne dass man daraus Erkenntnisse gewinnt. (Ein berühmtes Beispiel dieser Art ist der 1999 publizierte Essay "The Market as God" des US-Theologen Harvey Cox.)

Immerhin muss Horx zugeben, dass es tatsächlich ein "Waldsterben" gegeben hat - nur eben regional begrenzt und nicht in einem deutschland- oder weltweiten flächendeckenden Ausmaß: "In der Tat gab es in den 70er Jahren Fabriken (die heute längst geschlossen oder saniert sind), die starke SO2-Rauchfahnen freisetzten; so wurden regionale Wälder tatsächlich zerstört ..." schreibt er [Hervorhebung von mir].

Bereits an dieser Stelle stellt sich einem kritischen Leser die (bei der Klimadebatte noch weitaus bedeutsamere) Frage, ob nicht gerade unsere Furcht vor dem Waldsterben das Waldsterben verhindert hat. Hätten wir diese Ängste nicht gehabt, wären vielleicht die Emissionsgrenzen nicht herabgesetzt und die Dreckschleudern weiter toleriert worden? (Nun könnte es hier freilich so verhalten bzw. könnte man argumentieren, dass entsprechende gesetzliche Regelungen und Verwaltungsmaßnahmen bereits aufgrund der regionalen Schädigungen erfolgt sind bzw. wären, auch wenn es diese nach Meinung von Horx übertriebene Angst vor dem Waldsterben nicht gegeben hätte. Beim Klimawandel gibt es allerdings keine regional begrenzenten Warnungen, auf die wir später immer noch rechtzeitig reagieren könnten: wenn dieses sich ändert, dann weltweit; wenn auch nicht überall gleich und vielleicht nicht einmal überall zum Schaden der lokalen Bevölkerung.)

Die Tatsache, dass befürchtete Negativereignisse nicht immer eintreten (oder meinetwegen sogar häufig nicht eintreten) hat nicht den geringsten Beweiswert dafür, ob das eine oder andere Szenario sich realisieren wird oder nicht. Auch (zu) viele Deutsche um 1930 wollten jene lästigen Mahner nicht hören, die ihnen mit ihrem ewigen "Hitler heißt Krieg" in den Ohren lagen. Und es gibt sicherlich nicht nur in der Geschichte im klassischen Sinne (und in den Prophetenbüchern der Bibel) Beispiele für wahr gewordene Warnungen, sondern ebenso in der Umweltgeschichte. Da hat es schon ganze regional isolierte Gesellschaften hingerafft: nach Grönland emigrierte Isländer im Mittelalter total, Polynesier auf den Osterinseln großenteils und für die untergegangene Hochkultur der Maya (deren Volk zwar - auf einem niedrigeren Zivilisationsstand - weiter gelebt hat) referiert das einschlägige Wikipedia-Stichwort den Meinungsstand der Archäologen so:
"Der Zusammenbruch der Maya-Gesellschaft ist Gegenstand einer breiten und langanhaltenden Forschungsdiskussion. Dabei lassen sich zwei Hauptansätze unterscheiden: Ökologische und Nicht-Ökologische Erklärungsmodelle."
Horx' Behauptung, dass "sich ganze Kulturen in den Abgrund gestürzt" hätten, "Wie etwa die Maya, deren mächtige Priesterkaste immer blutigere Opferrituale zelebrierte, um die gnadenlosen Wetter- und Naturgötter zu besänftigen" ist hinsichtlich des von ihm hergestellten Kausalnexus' von religiösen Praktiken und Kulturverfall um so weniger glaubwürdig, als er selbst eben diese Praktiken auf agrarwirtschaftliche Probleme klimatischer Art zurück führt.


IV. "Der Planet des Wandels" und "Der Mensch: ein Terraformer"

Sicher ist es richtig, dass das Klima und sogar die Zusammensetzung der Atmosphäre in der Vergangenheit starken Schwankungen unterlagen. Aber welchen Erkenntnisgewinn oder welche Handlungsanleitung oder sonstigen Nutzen soll ich daraus für die aktuelle Klimadebatte ziehen? Es kann doch an unserer Einschätzung einer eventuellen dramatischen kurzfristigen Klimaänderung als "Katastrophe" nichts ändern, wenn ich weiß, dass es früher eben solche und sogar weitaus größere Schwankungen gab (die die Menschen wohl schon damals als "Katastrophen" empfunden haben - Sintflut!)

Dass sich die Natur auch ohne mein Zutun ändert, und z. B. Karsthöhlen gelegentlich zusammenkrachen, heißt doch noch lange nicht, dass ich meine Umwelt nun auch meinerseits kräftig aushöhlen sollte, bis es (vom "natürlichen" Standpunkt aus betrachtet: "vorzeitig") kracht! Natürlich gibt es kein "Normalklima", aber deswegen muss ich doch nicht die Atmosphäre so lange aufheizen, bis aus dem nicht-normalen ein katastrophales Klima geworden ist?

Der ganze Absatz ist also logisch wertlos, eine reines Psycho-Palliativ.

Das gleiche gilt auch für Horx' lange Ausführungen über den Menschen als Terraformer. (Beide Passagen zusammen machen mehr als ein weiteres Drittel seines Essays aus.) Zum einen hat sich der Mensch als Terraformer z. B. auf den Osterinseln, vermutlich aber auch im arabischen Raum und im Mittelmeergebiet nicht unbedingt mit einem dauerhaft positiven Erfolg betätigt. Zum anderen mag, wer an die Gaia-Hypothese glauben will, daraus Optimismus ableiten. Aber dieser Glaube ist, auch wenn man ihn "Hypothese" nennt, auch nur ein Glaube. Und deutlich weniger gut begründbar als die aktuell in der Klimawissenschaft herrschenden Meinungen über eine globale, durch Klimagase verursachte Erwärmung. (Im übrigen hat James Lovelock, (Mit-)"Erfinder" der "Gaia-Hypothese", mittlerweile ein Buch verfasst mit dem Titel "The Revenge of Gaia: Why the Earth is Fighting Back".)
[Beiläufig: Die Venezianer, diese Angsthasen, haben doch tatsächlich schon im Hohen Mittelalter mit riesigen Kosten ganze Flüsse umgeleitet, weil sie sich vor dem bischen Sand fürchteten, den die in die Lagune brachten!]

Wenn man die Frage aufwirft, warum die Blaualgen eine "Oxygen Catastrophe", (auch "oxygen holocaust" genannt - auf Deutsch "Sauerstoffkatastrophe"), herbeiführen "durften" (eine allerdings nicht unumstrittene Behauptung), begibt man sich auf die Ebene teleologischer Vorstellungen, die zwar nicht zwangsläufig explizit religiöser Art sein müssen, aber doch in den Bereich des Glaubens und, weil sie "Ziele" voraus setzen, in eine anthropomorphisierende Vorstellungswelt gehören. Zwar kann niemand auf einer ganz abstrakten Ebene mit wissenschaftlicher Sicherheit ausschließen, dass unsere derzeitige Plünderung des Planeten einem höheren Plan oder "Plan" oder Muster oder "pattern" oder "design" folgt (weil wir z. B. die Nicht-Existenz eines Gottes nicht wissenschaftlich beweisen, sondern lediglich die Annahme einer solchen Existenz in unseren Handlungen und Überlegungen außen vor lassen können). Wenn man aber daraus die Folgerung ableitet, wir könnten nun die Hände in den Schoß legen und einfach weiter machen wie bisher, wird das böse Erwachen noch ein wenig schneller eintreten als es (nach meinem "Glauben") ohnehin (vielleicht etwas später) kommen muss. (Wobei ich selbst mir weniger Sorgen um das Klima mache, als um die Ressourcenverknappung.)

Zusammenfassend lässt sich also für diesen Abschnitt festhalten, dass Horx auch hier für seine emotionale Botschaft „alles nicht so schlimm“ keine rationale Begründung gibt. Statt dessen zitiert er in seinem nächsten Kapitel „Der unruhige Planet“


V. Volkes Stimme.
Ein Leserbrief-Schreiber hatte verschiedene (vermutlich verbürgte) historische Wetter-Ereignisse aufgezählt, die wir als anormal empfinden (und vielleicht als Beweise für eine Klimaänderung werten würden). Früher, meint der Schreiber, habe trotz dieser Ereignisse niemand von einer Klimaänderung gesprochen. [Kein Wunder: damals gab es weder den Begriff „Klimawandel“ noch die Vorstellung eines sich ändernden Klimas für eine geographische Zone; für unsere Ahnen war alles „Wetter“, und schon gar nicht von Menschen zu beeinflussen.]

Diese „einsame Stimme eines ‚Klimaleugners’ “ lobt Horx als kleinen „Widerstand gegen einen übermächtigen Wahrnehmungs-Kontext“. Sinnvoller Weise kann die Meinung des Leserbriefschreibers nur so verstanden werden, dass er den für unsere Zeit behaupteten Klimawandel überhaupt leugnet, also ein Klimaskeptiker im umfassendsten Sinn (o. a. Klasse 1) ist.
Genau das ist Horx aber nicht (er spricht später von einem „Erwärmungsprozess, welcher sich in den letzten Jahren abzeichnet“ und sogar von "Klimaveränderung"). Der Leserbrief ist also (abgesehen davon, dass er ohnehin nichts beweist außer der größeren Unwissenheit früherer Epochen) als Glied in der „Beweisführung“ von Horx unbrauchbar.

Dieser schließt denn auch nicht mit der Behauptung an, dass der schreibende Leser Recht hat und dass die Klimaänderung tatsächlich nur eingebildet ist, sondern führt lediglich aus, dass sich wegen der Vielfalt der klimawirksamen Einflüsse „das Klima nicht wirklich voraussagen lässt“ (was ebenfalls in einem gewissen Widerspruch zu seiner Annahme steht, dass sich in den letzten Jahrzehnten ein Erwärmungsprozess abzeichnet).
Thematisch etwas zusammenhanglos hängt er dann noch einen ‚philosophischen’ Satz dran über Lebensprodukte, die wiederum Rohstoff für anderes Leben sind, und leitet daraus die Überschrift für sein Abschlusskapitel her: „Evolution ist kreative Abfallwirtschaft“. Der Text geht jedoch auf die „Abfallwirtschaft“ gar nicht mehr ein, offenbart dafür nun aber in zwei kurzen Schlussabsätzen endlich

VI. Seine wirkliche Meinung über den Klimawandel
Zunächst räumt er zur Verblüffung des Lesers ein, dass sich in den letzten Jahrzehnten ein globaler Erwärmungsprozess abzeichnet. Ein Skeptiker der 1. Klasse ist er also nicht, weil er selbst an einen Klimawandel glaubt.
Dass er diesen „eine Erwärmungsphase von vielen" nennt, ändert nichts an der Faktizität des Sachverhalts. Der ist jedoch nicht nur durch die Tatsache einer Klimaerwärmung gekennzeichnet, sondern vor allem auch dadurch, dass heute sehr viel mehr Menschen und sensible menschliche Einrichtungen betroffen sind bzw. wären, als zu jeder früheren Erwärmungs- (oder auch Abkühlungs-)Zeit.

Bleibt zu untersuchen, ob Horx a) die anthropogene Ursache des Klimaänderung bestreitet, und ob er b) die Möglichkeit leugnet, dass der Klimawandel für die Menschheit katastrophale Auswirkungen haben könnte, wenn wir nicht rechtzeitig gegensteuern.

"Die Klimaveränderung setzt unsere Technologien einem starken Evolutionsdruck aus" weiß er. "Exzesse des Energieverbrauchs und der Substanzfreisetzungen ... werden beendet, technologische Transformationsprozesse beschleunigt".
Wenn wir unterstellen, dass Horx auch an dieser Stelle strukturiert denkt und redet (und nicht bloß so daherplappert), können wir die Erwähnung von "Substanzfreisetzungen" im Zusammenhang mit dem Klimawandel nur so deuten, dass auch er diesen Klimawandel (zumindest teilweise) durch Klimagase usw. verursacht sieht. [Tut er in der Tat: vgl. unten das Handelsblatt-Interview, das mir erst nach dieser induktiven Meinungsermittlung vor die Mouse lief.] Ein Klima-Wandel-Ursachen-Leugner der o. a. Klasse 2 ist er also auch nicht.
Offenbar hofft er jedoch, dass die Substanzfreisetzungen dank des Evolutionsdrucks noch rechtzeitig so weit vermindert werden (oder wenigstens deren weitere Vermehrung gestoppt oder gedrosselt wird), dass katastrophale Auswirkungen ["die" Katastrophe wird es ohnehin nicht geben] ausbleiben.

Das freilich ist genau die Position vieler oder der meisten Klimawarner: Dass wir das Schlimmste vermutlich noch abwenden können, wenn wir die CO2-Emissionen usw. jetzt reduzieren. Horx glaubt also nur, was die (vermutlich) meisten anderen Menschen auch glauben: dass wir die Klimakatastrophe abwenden können, wenn wir daran glauben, dass sie eintritt, wenn wir sie nicht abwenden. Und entsprechend handeln. So auf ihren rationalen Kern reduziert, ist seine Verkündigung, dass er nicht an die Klimakatastrophe glaube, gänzlich unspektakulär, weil die wenigsten Menschen daran glauben, dass sie kommen muss.
Und wenn er davon spricht, dass sich die Substanzfreisetzungen durch den Evolutionsdruck vermindern werden, dann kann das (weil er ja offenbar von einer rechtzeitigen Minderung ausgeht, also von einer Verhaltensänderung, bevor uns die Klima-Keule trifft) nur heißen, dass er erwartet, dass die Klima-Katastrophe wegen unserer Angst vor der Klimakatastrophe ausbleibt.
Denn die enormen Kosten für technologische Umstellungen würden wir nicht ausgeben, wenn wir nicht absolut davon überzeugt wären, dass ein Unterlassen dieser Investitionen uns später weitaus mehr kosten würde. Es geht also um eine Risikoeinschätzung, die emotional durchaus auch angstbesetzt sein kann, und, in einer Demokratie, vielleicht sogar sein muss, um eine entscheidende technologisch-ökonomische Wende herbei zu führen.

Werden wir auf diese Weise das Klima (relativ) stabilisieren? Oder ist das Geld zum Fenster rausgeschmissen - weil es entweder schon zu spät ist, oder weil andere Faktoren die anthropogenen Klimaeinflüsse verstärken oder konterkarieren?
Mit Sicherheit weiß das nur der liebe Gott.
Wir aber stehen vor der Frage: "Was tun"? (Oder nichts tun?)

Ob Horx „an die Klimakatastrophe glaubt“ kann uns, für sich genommen, herzlich egal sein. Wir stehen vor der Entscheidung, ob und ggf. welche Handlungsanleitungen wir aus den ermittelten Wetterdaten herleiten sollen. Glaubensbekenntnisse, auch wenn sie sich als Unglaubens-Bekenntnisse tarnen, helfen nicht weiter, mögen sie auch rhetorisch durchaus glanzvoll sein. (Oder sollten wir es gar mit PR-Lyrik zu tun haben? In der Tradition von Ron Arnolds stilistisch glanzvollem Essay "Overcoming Ideology"?)
Um Handlungsanleitungen aber drückt sich der Zukunftsdeuter Horx herum.

Das Orakel von Kelkheim möchte dem etwas bekannteren Orakel von Delphi nicht nachstehen und auf jeden Fall Recht behalten. Weise wie einst die Prophezeiung des delphischen Orakels für den Lyderkönig Krösus („König Krösus: „Wenn du gegen die Perser in den Krieg ziehst, wirst du ein großes Reich vernichten“) ist sein Satz „Wir wissen KEINESWEGS, welche Dimensionen er [der Klimawandel] haben wird, wann er sich umkehrt“ [Hervorhebung im Original].
Recht hat er: es könnte nämlich alles noch sehr viel schlimmer kommen, als selbst die extremsten Szenarien erwarten. Aber denken sollen wir natürlich: „Wird schon nicht so schlimm kommen, wie die Pessimisten glauben“ [Das erinnert mich irgendwie an eine Passage in der Rede von Michael Crichton, wo dieser sagt, dass wir (wegen unserer unzulänglichen Kenntnisse über die Zusammenhänge in der Natur) „.. need to be humble, deeply humble, in the face of what we are trying to accomplish“. Diese Demut führt bei Crichton im Ergebnis allerdings tendenziell zu der Folgerung, dass wir erst mal die Umwelt so lange weiter versauen können, bis die Natur uns handfeste Beweise für die Schädlichkeit unseres Handelns liefert. (Was ihn aber nicht hindert, an anderer Stelle, wo es im rhetorisch ins Konzept passt, zu konstatieren, dass die "natural world ... not so malleable" sei, sondern eine "harsh, powerful, and unforgiving world". Weshalb man vielleicht doch etwas vorsichtiger damit umgehen sollte?)]

Horx erweckt auf der emotionalen Ebene den Anschein, nicht daran zu glauben, dass wir etwas gegen den anthropogenen Klimawandel unternehmen sollen. Und erklärt uns gleichzeitig auf der rationalen Ebene, dass es keine Katastrophe geben wird, weil wir Menschen sicherlich etwas tun werden.
Letztlich können wir seine rationale Aussage im Ergebnis auf der Ebene der Geschehensabläufe (unabhängig von dem, was er selbst meint) ohne Sinnverfälschung in den Satz transformieren:
"Ich glaube nicht an die Klimakatastrophe, weil ich glaube, dass der Glaube (der Vielen) an die Klimakatastrophe einen Evolutionsdruck darstellt, der zur Vermeidung der Klimakatastrophe führen wird." So gesehen "glaubt" auch Horx an die Katastrophe - wenn wir so weiter machen würden wie bisher.
Nur verschüttet er diese Aussage unter seitenlangen entgegengesetzten emotionalen Botschaften.

Dumm? Ist Horx sicher nicht.
Verantwortungslos? Allerdings!

(Falls er sich missverstanden, oder gar böswillig falsch ausgelegt sehen sollte: dagegen gibt es ein Mittel. Nämlich klare Positionierung statt ambivalentes Geraune!



Der Blogger Peter Aschoff fackelt Horx’ argumentativen Heuhaufen (der in den Augen des „Blog-Kommentar“ „hervorragend recherchiert und beispielhaft erklärt“) in seinem Blog „peregrinatio“ u. d. T. "Reichlich verhorxt" mit weitaus weniger Aufwand an Wortenergie ab als ich.
Sein Kommentator „Arnachie“ aber ironisiert den Horx-Haufen in geradezu genialer Kürze. Er zitiert einen Filmdialog, der im Jahre 3000 spielt:
A: „Gut, dass eine Klimaerwärmung nie stattfand.“
B: „Doch sie fand statt, aber sie wurde ausgeglichen vom nuklearen Winter“.

Zum Thema Klimawandel hat Horx leider nur eine mentale Flatulenz entsorgt, auch wenn die geistigen Glasperlen-Dealer im Blog "Politically Incorrect" sie als Schatzfund bejubeln ("Matthias Horx zur deutschen Angst vor der Klimakatastrophe").



Von den zahlreichen Leserkommentaren, welche der Essay von Horx in der Welt generiert hat, möchte ich besonders auf den langen und fundierten von "exi" vom 13-03-2007, 18:12 Uhr, aufmerksam machen. (Stand 04.04.07 abends)



Zum Klimawandel äußert sich Horx aktuell in dem Handelsblatt-Interview „Die Welt wird nicht schlechter“ vom 26.03.07 wie folgt:

Frage: "Der größte Alarmismus dieser Tage heißt Klimakatastrophe. Wie sehen Sie dieses Problem?"
Horx: "Die Klimakatastrophe wird eben keine Katastrophe, sondern ein Wandlungsprozess, wie es ihn auf unserem Planeten schon oft gegeben hat. Der Klimawandel prägt unseren Planeten schon immer, dadurch entstehen Anpassungsprozesse, neue Technologien werden erfunden, Zivilisationssprünge finden statt. Am Klimawandel haben immer Spezies einen Anteil gehabt. Ob das die Dinosaurier waren oder Blaualgen, die durch die Produktion von Sauerstoff für das größte Artensterben aller Zeiten gesorgt haben. Alle Organismen verändern den Planeten. Wenn Sie das verhindern wollen, müsste sich der Mensch selbst abschaffen.."

Frage: "Sie sagen, es gab den Klimawandel schon immer und wir befinden uns momentan lediglich in einer Warmzeit. Ist der Temperaturanstieg also nicht vom Menschen gemacht?"
Horx: "Ein bestimmter Anteil vermutlich schon, nach meinem Gefühl sind das ungefähr 30 – 40 Prozent. Globale Erwärmung ist immer ein komplexer Prozess, ich glaube nicht, dass das nur EINE Ursache hat. Natürlich kann ich das genauso wenig nachweisen, wie die Klimaforscher. Ich sage nur: Ich weiß es nicht, und ich glaube, wir müssen vorsichtig sein. Heute nehmen die Klimaforscher eine Rolle ein, die nicht mal ich als Zukunftsforscher einnehmen würde. Sie versuchen nämlich, das Klima über lange Zeit vorherzusagen. Ich glaube, dass dies nicht möglich ist, wir können ja noch nicht einmal das Wetter für die nächste Woche richtig prognostizieren! Die Klimaentwicklung ist das, was wir in der Systemtheorie einen 'metakomplexen' Prozess nennen." [Hervorhebung von mir. (In welcher Weise sollen wir "vorsichtig sein": Emissionen stoppen oder Kyoto-Protokoll wieder aufkündigen, weil's zu teuer wird und nichts bringt?)]
Horx weiter: "Die Klimaforschung ist heute eine Expertokratie, die in ihrem eigenen Interesse extreme Prognosen aufstellen muss. Wenn man sich professionell mit Prognostik beschäftigt, dann weiß man, wie die Interessen die Aussagen steuern können. Mein Interesse ist erst einmal nicht, irgendeine Art von anderer Wahrheit zu predigen, sondern mein Interesse ist, die Gewissheit, mit der wir jetzt wieder ein Theorem daraus machen, zu erschüttern." [Hervorhebung von mir. Wenn er die Gewissheit erschüttert, nimmt er den Evolutionsdruck in der jetzigen (ich nenne sie mal:) "Signalphase" weg. Dann kommt der Druck erst in der (ich sage mal:) "Knüppelphase". In dieser wird, was aus der Sicht eines Beobachters als "Evolutionsdruck" durchaus adäquat beschrieben ist, in der ebenso adäquaten Beschreibung durch die Betroffenen als "Katastrophe" bezeichnet.]
Frage: Sie kritisieren den Alarmismus in der Klimadiskussion. Aber hat er nicht auch eine positive Funktion und erzeugt bei den Menschen erst das Gefühl, dass man etwas tun müsse?
Horx: "Das wäre schön. Aber wir haben leider kein vernünftiges Verhältnis zwischen Warnung und Veränderung mehr. Darum geht es mir: Jeder Organismus, jede Gesellschaft und jedes System braucht einen rationalen Umgang mit drohenden Gefahren und Veränderungspotentialen. Wenn in einem Dorf ständig der Feueralarm schrillt, dann kann es irgendwann brennen und es passiert nichts mehr."
[Einen rationalen Umgang brauchen wir? Also gibt es (Klima-)Gefahren? Und wir sollten etwas dagegen tun? Auf gar keinen Fall Alarmglocken schrillen lassen, sondern ganz rational - über die Gestaltung von Wandel reden? Über Sauerstoffbakterien vor 2 Mrd. Jahren? Über den Menschen, das adaptive Wesen? Oder darüber, dass die Klimawarner glauben, dass wir den (auch nach Horx' Meinung mindestens teilweise selbst gemachten) Wandel (teilweise) abwenden können?
Jedenfalls sind, falls Horx seinen Essay in "Die Welt" für einen rationalen Beitrag zur Klimadebatte hält, Grimms Märchen die reinsten Sachbücher.]


Zu einem anderen Thema ist seine Meinung allerdings präziser - und überzeugender:
Auszug aus dem o. a. Handelsblatt-Interview :
Interviewer:
"Gerade die Alterung der Industrienationen lässt sich aber recht genau vorhersagen und stellt die Systeme vor viele Probleme. Verharmlosen sie diese Entwicklung?"
Horx:
"Ich finde es wunderbar, dass wir weniger werden, denn das war immer ein Zeichen von Fortschritt. Ich glaube, dass Deutschland übervölkert ist. Es gibt zu viele Deutsche. Ich bin Ökologe, ich bin dafür, dass wir weniger Autobahnen bauen, dass es mehr Natur gibt. Unsere sozialen und politischen Systeme müssen wir natürlich den veränderten Biographien und sozialen Strukturen anpassen." [Hervorhebungen von mir. Da kann ich ihm doch glatt zustimmen!]


Die österreichische Zeitung "Die Presse" bringt ebenfalls ein Interview mit Horx u. d. T. "Apokalyptisches Spießertum". Hier steht das Klima nicht ganz so im Vordergrund, sondern mehr der seiner Meinung nach gefährliche Pessimismus (die Angst) der Menschen (speziell in Deutschland und Österreich). Gewissermaßen dem Grundsatz "audiatur et altera pars" folgend, sollte man durchaus auch dieses Interview lesen.


Nachtrag 06.04.07
Ohne einen gewaltigen (überschießenden) Input an Energie lässt sich die gesellschaftliche Haftreibung nicht überwinden.

Hätten die Bewohner Roms im Jahre 1527 mehr Angst vor den kaiserlichen Truppen gehabt, würden sie rechtzeitig mehr Mittel für die Verteidigung der Stadt lockergemacht haben. Für relativ wenig Geld hätten sie sich dann viel Leid, Not und Tod und die riesigen Lösegeldzahlungen erspart, welche ihnen die Kriegsknechte aus Spanien und Deutschland beim der Plünderung Roms, dem "Sacco di Roma", abpressten. (Vgl. dazu auch den Aufsatz "Kondratieff, Rothbard und der Sacco di Roma" auf meiner Webseite "Drusenreich drei".)

Hätten die Niederländer rechtzeitig auf die Mahnungen von Experten gehört, wäre ihnen die Sturmflut von 1953 erspart geblieben (und wir wären um das Sprichwort "Holland in Not" ärmer).

Hätte die US-Regierung die Deiche in New Orleans rechtzeitig auf Expertenrat hin verstärkt, hätte der Hurrikan Katrina nicht die Stadt verwüstet.
Aber Amerika ist mit einem mutigen Präsidenten gesegnet, der, bevor er den Irak aufmischt, zweifellos rationale Cost-Benefit-Analysen erstellt und der sich erst recht nicht vor so'nem bisschen Wind nicht fürchtet. Außerdem wohnt er ja auch nicht in New Orleans.

Und auch in den anderen o. a. Beispielen haben sich die klugen Abwarter, die Rationalen, die Furchtlosen, die Mutigen, die Maul-Helden, die Geldbeutel-Besitzer und die Geldsack-Besitzer-Beschützer durchgesetzt. Bevor sich die Natur (oder der Feind) durchsetzten.
(Sicherlich gibt es auch umgekehrte Beispiele einer übergroßen Vorsicht, aber ich höre von Horx nicht, dass er z. B. die aufwändigen Sicherheitsmaßnahmen - in den USA und anderswo - gegen mögliche terroristische Attacken kritisiert. Auch die sind schließlich 'angstgetrieben').



Weiterführend zum Thema 'Klimawandel pro und kontra' ist zeitnah z. B. der FAZ-Artikel vom 23.03.07 "Globale Erwärmung. Ist der Klimawandel nichts als Schwindel?" von Christian Schwägerl.


Nachtrag vom 20.05.07:
Der Blog-Beitrag "Die Mär von der Klimalüge" vom 08.05.07 in "Wision.ch" gibt uns endlich die ultimativen Aufschlüsse über den Klima-Kollaps.

Nachtrag vom 21.05.07:
In der Nr. 51/2002 rezensierte Reiner Klingholz in "Die Zeit" u. d. T. "Alles fließt – sogar zum Guten. Der Naturschützer Josef Reichholf kämpft gegen den Pessimismus seiner Zunft" das Buch eines anderen Umwelt"Skeptikers".
Mutatis mutandis kann man die Kritik von Klingholz an der Position Reichholfs großenteils auch auf Horx (und seinesgleichen) anwenden:
"Die Gesellschaft sei untergangsgläubig und auf dem besten Weg in die Ökodiktatur. Und schuld daran seien die 'falschen Propheten'. ... Spätestens hier schießt Reichholf, bei aller angebrachten Kritik an der Umwelthysterie, weit über sein Ziel hinaus. Zum Beispiel beim Thema Waldsterben. ... Viele Warnungen, viel Forschung, viel Geschrei um nichts, meint Reichholf. Er verschweigt dabei, dass die Angst vor dem Waldsterben in den achtziger und neunziger Jahren massive Anstrengungen zur Reinhaltung der Luft nach sich gezogen hat. Gebäudeschäden in Milliardenhöhe wurden so vermieden, Seen, Flüsse und Agrarflächen weniger versauert und menschliche Lungen weniger geschädigt. Vermutlich hat sogar der Wald von den Umweltgesetzen profitiert. ... Genauso gut könnte Reichholf also die Waldsterben-Warner loben, denn sie erst haben (und sei es zum Teil mit falschen Argumenten) den Wandel erzwungen. Es ist nun einmal das Los aller Kassandra-Rufer, dass das Unglück, vor dem sie warnen, im besten Fall nicht eintritt. Deswegen rufen sie ja.
Was Reichholf predigt, ist eine Art biologischer Fatalismus: Die Natur macht eh, was sie will, und irgendwie wird sie es richten. Seltsamerweise unterschätzt er dabei die Dynamik exponentieller Wachstumsprozesse. Von Prozessen also, die nicht linear, sondern beschleunigt verlaufen. Das Heimtückische an dieser Art von Wachstum ist, dass man es in der Anfangsphase unterschätzt, am Ende aber nicht mehr kontrollieren kann. Einige der größten Probleme der Menschheit, der Bevölkerungszuwachs, die Aids-Epidemie, aber auch die Klimaveränderung beruhen auf exponentiellem Wachstum.
Auf diese Phänome kann der Mensch erfahrungsgemäß erst reagieren, wenn es zu spät ist. Aber er kann ihren Verlauf modellieren und so im Voraus handeln. Auf Szenarien zu verzichten wäre also fatal.
"




Textstand vom 31.12.2007. Auf meiner Webseite
http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm
finden Sie eine Gesamtübersicht meiner Blog-Einträge.

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