Sonntag, 8. Juni 2008

MONUMENTI E NATURA A FRANCOFORTE SUL MENO oder ZWEI FÜCHSE AUS WÄCHTERSBACH ZU BESUCH BEI IHREM FRANKFURTER ARTGENOSSEN

Schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts begaben sich die Bürger der Weltstädte an schönen Wochenenden zum Zwecke der Rekreation gern in die Vororte.
Wächtersbacher pflegen diesen alten Brauch noch heute, und was man für die damalige Zeit z. B. für die Stadt Leipzig bei Karl Heinrich Krögen ("Freye Bemerkungen über Berlin, Leipzig und Prag" - heutige Schreibweise: Freie Bemerkungen über Berlin, Leipzig und Prag) nachlesen kann, hat der Blogger Cangrande unter dem Suchlabel "Tagesausflüge" erfasst.

Dort erfährt sowohl der als auch die geneigte Leser/in, wie wir vor dem Dom das Paradies plündern, anderer Leute Tagebücher betreten oder den erschröcklichen Gefahren der nahen Sumpfwälder heldenhaft Paroli bieten.

Am gestrigen Samstag war unser Ausflug weniger gefährlich, denn im Wächtersbacher Vorort Frankfurt am Main hat das thätige Wirken eines fleißigen Völkchens die Natur total gezähmt und marginalisiert. (Justament jetzt wurden hier die "Gateway Gardens" eröffnet -wo wir doch eher beginnen sollten, unseren ölbasierten Lebensstil in getaway gardens zu vergessen- und ein "Quartier Alpha" folgt auf dem Fuß.)
Manchmal wird auch, zur Freude des Betrachters, ein wenig Natur von auswärts importiert.

Hier schnüren wir aber zunächst einmal um ein Denkmal herum (derzeit ist das noch möglich, weil es leer steht und renoviert wird): das frühere US-Generalkonsulat in der Siesmayerstraße am Palmengarten.









Schön ist es schon, doch stehe ich aus demographischen und zivilisationstheoretischen Überlegungen der fortschreitenden Verdenkmalung unserer Umwelt recht reserviert gegenüber. Muss man denn alles konservieren, was ganz nett anzuschauen ist? Oder stecken in diesem Falle vielleicht Alt-68er dahinter, welche auf ihrem langen Marsch durch die Institutionen nun endlich im Denkmalamt deponiert sind und dort ihre petrifizierenden Hände schützend über die Kampfstätte ihrer vitalen Phase halten?
Übrigens war ich selbst, erfolgloser Kurzzeit-Student, damals als Mitglied des Nationaldemokratischen Hochschulbundes (NHB) gewissermaßen der 'Kamerad mit der anderen Feldpostnummer'. (Aber, vorsorglich sei es gesagt, nicht NPD-Mitglied!)
Artig wie ich nun einmal bin möchte ich nicht versäumen, den damaligen Roten meinen verbindlichen Dank für die konstruktive Zusammenarbeit abzustatten.
Als Pressereferent der rechten Frankfurter NHB-Gruppe hatte ich jedenfalls keine Schwierigkeiten, deren Meldungen in der linken Studentenzeitung unterzubringen. Was freilich weniger einem großherzigem Demokratieverständnis des SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund) zuzuschreiben war als dem Umstand, dass ich mich in den Mitteilungen immer sehr positiv über den RCDS (Ring Christlich-Demokratischer Studenten) geäußert habe (diese goutierten meine lobenden Erwähnungen naturgemäß eher weniger). Und nach den ewigen Gesetzen der politischen Mechanik hüpft auch ein rotes Herz, wenn es auf diese Weise der schwarzen Konkurrenz braune Flecken anhängen kann. Man könnte also sagen, dass die Linksradikalen insoweit meine berechenbaren Partner waren. (Nach ähnlichen Regeln der Politphysik haben später die US-Amerikaner in Afghanistan im Kampf der Islamisten gegen den sowjetischen Laizismus ihre eigene Natternzucht eröffnet. Jaja, Barbara, irgend jemand sollte noch ein Kapitel dranhängen an dein Werk über die "Torheit der Regierenden".)
Was Cangrande angeht, ist der ausgestiegen aus jenem universitären System, welchem er nur auf dem Papier angehörte, und hat sich als Rotationshilfsarbeiter in der Frankfurter Societäts-Druckerei auf die Seite des Proletariats gestellt. (Alldieweil die roten Proletarierfreunde uns doch wahrhaftig an der Auslieferung der allerallergrößten - wenn auch nicht gerade der allerdicksten - deutschen Tageszeitung hindern wollten!) Nach seinem kometenhaften Aufstieg zum Rotationsfacharbeiter, stieg er freilich auch aus diesem System aus und als freier Reiseleiter in eine Beschäftigung ein, die letztendlich nachhaltige Veränderungen in seiner Existenzweise auch insoweit nach sich zog, als sie den fliegenden Holländer in den obligaten Hafen bugsierte.

Zurück aber nun von dieser ausschweifenden Abschweifung zum Gebäude des ehemaligen amerikanischen Generalkonsulats. Das steht im Frankfurter Westend, und da stehen auch viele schmucke Gründerheithäuser (vor einigen Jahrzehnten hätte man noch gesagt: eklektizistischer Kitsch),
von denen wir hier ein Detail von einem besonders elaborierten (derzeit leider teilweise eingerüsteten) Exemplar publizieren.















Dass ein Gebäude "sensibel eingepasst" worden sei in eine historische Umgebung wird öfter behauptet als es in der Realität zutrifft. Aber bei
diesem neu erbauten Wohnaus hinter dem ehemaligen Konsulatsgebäude ist es tatsächlich gelungen, die Gründerzeit zu evozieren und zu zitieren, ohne eine fragwürdige Postmoderne zu produzieren. Eine Art von rustiziertem Steinband in jedem Stockwerk schmückt und gliedert zugleich die Fassade.


Das Pendant dazu verzichtet auf historische Anklänge, ist aber gleichfalls eine Augenfreude. Und somit sind hinter dem Baudenkmal schon wieder zwei neue Baudenkmälerkandidaten aus dem Boden gewachsen.










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Freilich waren wir nicht der Architektur wegen hergekommen, sondern wegen der Natur. Eigentlich der mediterranen Natur wegen, welche die Biologin Dr. Ulrike Brunken einigen Mitgliedern der Deutsch-Italienische Vereinigung e. V. in Frankfurt am Main im Botanischen Garten der Frankfurter Universität (hier eine Karte) zu erklären sich bereiterklärt hatte. ("BESUCH IM BOTANISCHEN GARTEN. «Ein Nachmittag in der mediterranen Flora in Frankfurt»")

Doch konnte ich es nicht lassen, zu meiner Freude (und Freud hätte es sicherlich auch gefreut) unterwegs einige Bilder von einem
rankenumflorten Schornstein zu schießen, welcher sich bei den Gebäuden des Botanischen und des Zoologischen Instituts erhebt und mich irgendwie an die Filz- und Fell-Objekte von Joseph Beuys erinnert.
Das wiederum ist ein Beweis gegen die Meinung von Prof. Eckart Voland, dass die Menschheit keinen Fortschritt mache.
Denn während es noch zu Zeiten Giorgio Vasaris ein großes Lob für die Künstler war, die Natur (beinahe) perfekt imitiert zu haben, kann diese heute froh sein, wenn sie der Kunst das Wasser reichen kann.













Wir kamen zu früh zum Mittelmeer, also unternahm ich eine Fotoexkursion zu den Ruderalpflanzen. Diese liegen mir nicht nur deshalb am Herzen, weil sie
allen Schutt überwuchern.




Sie sind nämlich auch wunderschön.




Das tröstet mich irgendwo, denn schließlich wird in meinen Augen eine Ruderalzivilisation unsere Zivilisation beschließen. (Zur Begriffserläuterung vgl. in meinem Blott "Magonza, da capo" meine Auseinandersetzung mit den Zukunftsprognosen des Völkerkundlers Prof. Hans Peter Duerr.)


Vorerst freilich genießen wir den heiteren Sommertag und vertrauen uns der Führung
von Frau Dr. Ulrike Brunken an.
Die hat über die Grewioideae promoviert (mir wäre schon das Wort zu schreiben viel zu schwierig, doch kann man das ja aus der Wikipedia abkopieren), kennt sich aber auch mit der Vegetation des Mittelmeers bestens aus.


Ein wahres Naturparadies hat menschliche Gartenkunst in diesem Teil des Botanischen Gartens mit seinen verschlugenen Pfädchen geschaffen; nur gut, dass das nur wenige Menschen wissen.
Doch diese werden es nicht vergessen.






Ein Fuchs ist, wer den Beitrag für die Führung spart, und trotzdem im Gebüsch alles mitbekommt. (Kein Fuchs war freilich ich und habe bei sämtlichen Aufnahmen die Entfernungseinstellung vermasselt; dies ist noch die klarste von allen.)











An den Füchsen kann man übrigens erkennen, dass Welten zwischen Wächtersbach und Frankfurt liegen. Bei uns sind diese Tiere scheu; hier in den Vororten dagegen lümmeln sie sich ungeniert und unbekümmert um Scharen fotografierender Besucher so zwei oder drei Meter vom Wegesrand entfernt in der Vegetation.






Inmitten dieser üppigen Natur scheinen der Städte graue Mauern weit weg; wo sie sich doch ins Bild schieben, tun sie das manchmal auf durchaus romantische Weise.




Auf dem Heimweg erhaschen unsere Augen noch eine Vision von Italien, bevor uns die Deutsche Bundesbahn geradewegs in Zustände transportiert, wie sie in Italien wohl längst überwundene tempi passati sind: reihenweise waren nämlich bei unserer Rückfahrt die Züge verspätet; unser Regionalexpress fiel sogar ganz aus.














Textstand vom 20.06.2009. Auf meiner Webseite
http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm
finden Sie eine Gesamtübersicht meiner Blog-Einträge (Blotts).
Soweit die Blotts Bilder enthalten, können diese durch Anklicken vergrößert werden.

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