Donnerstag, 2. April 2009

Lidl-Werbung "Luxus für alle": Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte ...

... wenn ich einen solchen Werbespruch lese.


Nicht zum ersten Mal wirbt der Discounter Lidl mit dem Slogan "Luxus für alle".
Doch reißt mir darob jetzt erstmalig der Geduldsfaden.

Auf der Webseite "Werbewahn.net" findet sich hier ein (allerdings relativ unkritischer) Eintrag vom 24.12.2006. Möglicher Weise hat Lidl damals erstmalig mit diesem Motto geworben? Auf der Webseite "Slogans.de" finde ich ihn leider nicht.

Zu Lidls zwischenzeitlich offenbar ausgeweiteten Luxus-Marketing-Konzept insgesamt vgl. auch den Artikel "Lidl greift Markenhersteller mit Premium-Linie an" auf der Webseite "Horizont.net. Portal für Marketing, Werbung und Medien" am 02.04.09:"Die Discounterkette Lidl weitet ihr Eigenmarken-Sortiment in eine Richtung aus, die Markenherstellern gar nicht gefallen dürfte: Am kommenden Montag bringt das Neckarsulmer Unternehmen eine neue Premiumlinie mit dem Namen "Deluxe" in seine Regale. Das Label prangt auf preislich höher positionierten Waren, die für Genuss stehen - darunter eine Eistorte, Trüffel-Pralinés und gemahlener Röstkaffee.
Auch in den begleitenden Werbemaßnahmen geht der Discounter neue Wege: Beworben wird das Deluxe-Sortiment unter anderem mit Magazin-Anzeigen im "Stern". Dort verspricht Lidl selbstbewusst "Luxus für alle" und Qualität zu Niedrigpreisen.
"

Warum bringt mich eigentlich der Werbeslogan so auf die Palme?
Habe ich grundsätzlich eine Abneigung gegen Luxus? Nein!
Möchte ich Luxus exklusiv halten? Noch weniger!

Was mir stinkt, ist der Umstand, dass ich viele einfache Dinge, die ich gern hätte, nicht oder nicht in der Form bekommen kann, wie ich sie benötige oder bevorzuge (breite Schuhe, große Brillen, Hosen, die nicht auf dem Hintern hängen; Hemden, die nicht aus der Hose kriechen usw.; vgl. z. B. auch meine Blotts "Es muss nicht immer Frottee sein: Klassenkampf im Morgenmantel?" und "KEIN "HAPPY END" FÜR DIE HAUSHALTSKASSE oder "WER STIEHLT UNS DEN PRODUKTIVITÄTSFORTSCHRITT BEIM TOILETTENPAPIER?").

Immer wieder müssen wir feststellen, dass gute Produkte verschwinden vom Markt und werden garnicht oder durch weniger gute ersetzt oder aber in schlechterer Qualität produziert.
Und dass man uns Analog-Käse (Kunstkäse, Käseimitat) serviert, und ggf. noch vorsätzlich falsch deklariert (mehr in diesem TAZ-Artikel)!

Und auf der anderen Seite schwätzt man uns allen Mist auf, klebt Krokodile auf T-Shirts und erzählt uns dann, dass wir doch alle im Luxus leben (können).

Das ist natürlich kein Problem, dass ich exklusiv mit Lidl hätte, aber deren Werbestrategie macht die Sache greifbarer - und damit auch angreifbar.
Viele Hersteller bewerben ihre Produkte mehr oder weniger deutlich als "Luxus". Doch angesichts der von mir vielfältig empfundenen realen Verschlechterung der Versorgung fühle mich geradezu verhöhnt von der pauschalen Lidl-Luxus-Verheißung für alle.
(Und die zukünftig sicherlich rasch steigende Zahl von Arbeitslosen müsste sich noch mehr verhöhnt fühlen, denn ihnen ist nicht einmal Lidls Pseudo-Luxus zugänglich. Dafür tragen sie über die Mehrwertsteuer und, soweit sie Raucher sind, über die astronomische Tabaksteuer möglicherweise sogar überproportionale Steuerlasten.)

Das Zitat im Titel soll, in noch etwas gröberer Fassung („Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte“) übrigens von dem deutschen impressionistischen Maler Max Liebermann stammen und wird hier ausgiebig diskutiert.


Nachtrag 10.06.2009
Vergleiche zur Luxus-Thematik auch den Artikel "Discounter-Studie. Jetzt kommen Edel-Aldi und Luxus-Lidl" von Hagen Seidel auf Welt Online vom 12. September 2008:
"Die Einkaufswelt der Discounter teilt sich: Demnächst soll es Läden mit der alten Aldi-Masche für hauptsächlich ärmere Kunden geben: wenige Billig-Produkte direkt von der Palette. Besonders in den großen Städten setzen die etablierten Ketten dagegen auf mehr Auswahl, Frische – und Technik."


Nachtrag 12.06.09
Im vorliegenden Themenkreis von Interesse ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshof zu Gunsten von Vertriebsbeschränkungen durch Luxushersteller, über das der Rechtsanwalt Philipp Koehler in der Financial Times Deutschland vom 21.05.2009 informiert hatte: "Urteil der Woche. Discounter dürfen Luxus nicht verramschen":
"Luxusmarken können den Verkauf ihrer Produkte in Discountern verbieten und sich dabei auf europäisches Markenrecht stützen. FTD.de erklärt das Urteil."




Textstand vom 12.06.2009. Auf meiner Webseite
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