Zufällig bin ich jetzt auf einige interessante (englischsprachige - was sonst?) Blogeinträge gestoßen, die diese Mythologie hinterfragen.
Ein brillanter Analytiker, dessen Denken vor allen Dingen weder durch irgendwelche Lobby-Interessen noch durch die Zugehörigkeit (oder Anhänglichkeit) zu irgend einer ökonomischen Schule getrübt wird, ist der in den USA lebende Grieche Nikos Tsafos.
Im Fokus seines Blogs "Greek Default Watch" steht naturgemäß die Beobachtung der Lage in Griechenland, zu der er schlechthin brillante Kommentare liefert, die eigentlich jeder gelesen haben muss, der über diese Frage mitreden will.
Letztens hat er jedoch am 01.12.2011 einen Eintrag zur Eurozonen-Rettung gepostet: "Markets and Politics in the Eurozone Crisis". Man muss seine Meinungen nicht in allen Einzelheiten teilen, aber die Klarheit und Unvoreingenommenheit seines analytischen Vorgehens ist bewunderswert. Unbedingt lesen!
Das Gleiche gilt für sein Posting "Europe's Impossible Trinity – Or Why European Leaders are Not as Dumb as you Think" vom 23.05.2011 zum selben Thema.
Noch wichtiger ist aber ein Eintrag in dem (irischen?) Wirtschaftsblog "true economics" vom 01.12.2011: "Euro crisis: wrong medicine for a misdiagnosed patient" von Dr. Constantin Gurdgiev (der Blogmaster?). Der hat nämlich völlig Recht mit seiner Meinung (meine Hervorhebung):
"There's been much talk about the fiscal union and ECB money printing as the two exercises that can resolve the euro area crises. The problem is that all the well-wishers who find solace in these ideas are missing the very iceberg that is about to sink the Eurotanic. ..... In other words, it's not the lack of monetary easing or fiscal discipline, stupid. It's the lack of dynamism in European economy. ..... My view is that low growth historically combined with high expectations in terms of social benefits have resulted over the decades in a build up of debt, which was not sustainable even absent the economic recession. ..... You can police fiscal neighborhood as much as you want (and some policing is desperately needed), but you can't turn European economy from growth slum to growth engine by doing so. You can also let ECB buy all of the debt of the Euro area members, but short of the ECB then burning the Government bonds on a massively inflationary pyre, you can't do away with the debt overhang. Neither the Euro-bonds (opposed by Germany) nor warehousing these debts on the ECB balance sheet (opposed by Germany & the ECB) will do the trick. Only long-term growth can. And in that department, Europe has no track record to stand on."
Er beleuchtet dann mit konkreten Zahlen die Problematik der italienischen Schuldentragfähigkeit und schließt:
"The above shows why, in the case of Italy, none of the solutions to the crisis presented to-date will work. Alas, pretty much the same applies to all other peripheral countries, including Ireland. Which means that the latest round of euro area policies activism from Merkozy is simply equivalent to administering wrong medicine in greater doses to the misdiagnosed patient."
Eine derartige Diagnose hätte man sich in deutschen Medien gewünscht. Denn es liegt in doppelter Hinsicht in unserem ureigensten (und legitimen!) Interesse, die wirklichen Krisenursachen herauszustellen:
- Kurzfristig vermeiden wir, unser Geld (einschl. EZB-Geld) ins Feuer zu werfen und
- Langfristig bringen wir die Eurozone auf Erfolgskurs, wenn wir dafür sorgen, dass in allen Ländern (auch bei uns natürlich!) schädliche und überflüssige Regulierungen, Bevorzugungen von Interessengruppen und allzu üppige Sozialleistungen (speziell Frühverrentung) abgebaut werden.
Anderenfalls wird man immer mehr Geld von uns verlangen, und am Ende verlieren wir alles.
Aber anstatt die tatsächliche ökonomische Problematik herauszuarbeiten, prügeln große Teile der deutschen Journaille auf die eigenen Bürger (und die eigene Regierung!) ein, um uns auch noch das letzte Hemd auszuziehen.
Sie lassen sich einwickeln von den Forderungen der Schuldenländer, die mit hemmungsloser Unverschämtheit unsere Solidarität (sprich: unser Geld) zu erpressen suchen, obwohl sie sich selber helfen könnten, und den Forderungen der Kapital-Lobbyisten, die den Deutschen Steuerzahler und/oder die Europäische Zentralbank in gemeinschuldnerische Haftung nehmen wollen.
Ein aktuelles Beispiel für diese falsche Positionierung (die auch vor üblen rhetorischen Tricks nicht zurückschreckt, um die Deutschen zu 'verhaften') ist der Artikel "Euro-Krise : Am deutschen Wesen könnte die Währungsunion scheitern" von Harald Schumann im Tagesspiegel vom 04.12.2011. Und um den Widerstand in Deutschland herunterzuspielen, hat man die Redaktion des Tagesspiegel von meinen zwei Leserkommentaren einen wegzensiert. Zum Glück bietet das Internet die Möglichkeit, wenn schon nicht wirklich eine Gegenöffentlichkeit herzustellen, dann doch zumindest die zensierten Texte online zu stellen:
Kommentar 1 (veröffentlicht):
Titel: Welchen Weg will der Autor?
"Finanzierung der Staatsschulden aus dem Vermögen der Über-Reichen ist ja in Ordnung.
Wenn man freilich den bequemen Weg der Gelddruckerei einschlägt, ist dieses Thema rasch vom Tisch.
Vielleicht fordern "führende Ökonomen" (insbesondere aus der angelsächsischen Welt, und die ganze Finanzbranche sowieso) ja gerade deshalb noch weitere Gelddruckerei: um vom Problem der Vermögens- und Einkommensverteilung abzulenken?
Offenbar ist sich der Autor aber nicht darüber im Klaren, dass sein Weg 1 in der Praxis den Weg 2 ausschließen würde.
Vorschlag: erst gründlich nachdenken, dann einen STRINGENTEN Lösungsweg aufzeigen!"
Kommentar 2 (wegzensiert):
"Griechenland ist, wie auch der Autor sagt, ein Sonderfall.
Wozu dient es also, wenn er seinen Artikel lang und breit mit einer Schilderung einleitet, wie deutsche Firmen griechische Amtsträger korrumpiert haben?
Daran bin
a) ich nicht Schuld,
die Firmen haben b) nicht die allgemeine griechische Korruptionskultur verursacht und
c) hat das alles absolut nichts mit der Finanzierung von Staatsanleihen zu tun.
Und wenn die deutsche Regierung den Griechen U-Boote angedreht hat, dann mag man das tadeln. Es ist aber absolut kein Gegenbeweis dafür, dass staatliches Staat einen Ausweg aus der Krise bietet (ganz im Gegenteil!).
Für mich soll der Artikel dazu dienen, den Deutschen Angst einzujagen, damit sie alles akzeptieren, was die kapitalhörigen Ökonomen (jene Schlechtschwätzer, die - Krugman ausgenommen - schon die Krise 2008 nicht vorhergesehen haben!) uns als Scheinlösung andrehen wollen.
Und die Forderung nach Steuern für die Besitzenden am Schluss angeht, hat sie für mich lediglich Alibicharakter.
Im Übrigen möchte ich nicht einmal die Reichen in Deutschland "schwitzen", wenn das Geld dann gen Süden wandert!"
Nachtrag 07.12.2011
Dass die griechische Verwaltung ein Saustall sondergleichen ist, kann man jetzt in einem Bericht der OECD nachlesen; vgl. den WELT-Artikel "Griechenlands Staatsapparat außer Kontrolle" vom 07.12.2011. Siehe dazu auch den WELT-Bericht vom 02.12.2011 "Papademos bekommt die Lage nicht in den Griff" vom gleichen Autor (Florian Hassel).
Und für diesen Scheißladen verbrennen unsere verbrecherischen Kartellparteien unsere Steuergelder!
Nachtrag 09.12.2011
Dass das von den Berliner Kartellparteien unterstützte aktuelle Handeln der Bundesregierung geradezu VERBRECHERISCH ist, kann man, im Ergebnis, jetzt in der "Bogenberger Erklärung" zahlreicher Wirtschaftswissenschaftler (u. a. Prof. Dr. Hans Werner Sinn) und Unternehmer nachlesen. Der Text wurde z. B. in der FAZ veröffentlicht (06.12.2011); Titel: "16 Wege aus der Krise. Sorge um Deutschland und Europa".
Skandalös ist die Unterdrückung dieses Dokuments durch die deutschen Medien. Zumindest auf den Webseiten folgender Zeitungen/Zeitschriften ergibt die Suche danach keinen Treffer:
Financial Times Deutschland; Handelsblatt; SpiegelOnline, Wirtschaftswoche; Zeit;
ceterum censeo
Der Wundbrand zerfrisst das alte Europa,
weil es zu feige ist ein krankes Glied zu amputieren!
POPULISTISCHES MANIFEST
(für die Rettung von ? Billionen Steuereuronen!):
Ein Gespenst geht um in Deutschland - das Gespenst einer europäischen Transferunion und Haftungsunion.
Im Herzland des alten Europa haben sich die Finanzinteressen mit sämtlichen Parteien des Bundestages zu einer unheiligen Hatz auf die Geldbörsen des Volkes verbündet:
· Die Schwarzen Wendehälse (die unserem Bundesadler den Hals zum Pleitegeier wenden werden),
· Die Roten Schafsnasen (vertrauensvoll-gutgläubig, wie wir Proletarier halt sind),
· Die Grünen Postmaterialisten (Entmaterialisierer unserer Steuergelder wie unserer Wirtschaftskraft),
· Die machtbesoffenen Blauen (gelb vor Feigheit und griechisch vor Klientelismus), und selbstverständlich auch
· Die Blutroten (welch letztere die Steuergroschen unserer Witwen, Waisen und Arbeiter gerne auflagenlos, also in noch größerer Menge, gen Süden senden möchten).
Wo ist die Opposition im Volke, die nicht von unseren Regierenden wie von deren scheinoppositionellen Komplizen als Stammtischschwätzer verschrien worden wäre, wo die Oppositionspartei, welche sich der Verschleuderung der dem Volke abgepressten Tribute an die europäischen Verschwendungsbrüder wie an die unersättlichen Finanzmärkte widersetzt hätte?
Zweierlei geht aus dieser Tatsache hervor:
Das Volk wird von fast keinem einzigen Politiker als Macht anerkannt.
Es ist hohe Zeit, dass wir, das Volk, unsere Anschauungsweise, den Zweck unserer Besteuerung und unsere Tendenzen gegen die fortgesetzte Ausplünderung durch das Finanzkapital bzw. durch die Bewohner anderer Länder und durch seine/deren politische Helfershelfer vor der ganzen Welt offen darlegen und dem Märchen von dem grenzenlosen Langmut der Deutschen den Zorn des Volkes selbst entgegenstellen.
Textstand vom 09.12.2011. Gesamtübersicht der Blog-Einträge (Blotts) auf meiner Webseite http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm. Soweit die Blotts Bilder enthalten, können diese durch Anklicken vergrößert werden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen