Bundesfamilienministerin Kristina Schröder hatte darüber einen Gastbeitrag in der FAZ verfasst; dieser Aufsatz ist ebenfalls auf der Webseite des BMFSFJ online.
Der Wissenschaftliche Beirat (für diese Studie, nicht "des Ministeriums") hat einige Formulierungen der Ministerin kritisiert. Diese Kritik ist im Original nachzulesen auf den Webseiten "Migazin" u. d. T. "Stellungnahme zur Zwangsheirat-Studie. Wissenschaftler werfen Schröder das Schüren antimuslimischer Ressentiments vor" (28.11.2011) und "Deutsch Türkische Nachrichten" (01.12.11) unter der Überschrift "Stellungnahme im Wortlaut: Wissenschaftler über Schröders Beitrag zu Zwangsehen".
Es waren also zunächst einmal NICHT die Autoren der Studie, die Kritik an der Ministerin geübt haben.
Aber auch meine Formulierung "der Wissenschaftliche Beirat" im vorhergehenden Absatz ist (in doppelter Hinsicht) FALSCH.
Die kritische Stellungnahme wurde unterschrieben von folgenden Personen in den jeweils aufgeführten Funktionen:
Als Mitglieder des Beirats: Prof. Dr. Heiner Bielefeldt, Yildiz Demirer, Dr. Nivedita Prasad, Dr. Monika Schröttle
Als Teilnehmerinnen des wissenschaftlichen Workshops: Prof. Dr. Ursula Boos-Nünning, Prof. Dr. Gaby Straßburger
Wie man der Studie entnehmen kann (S. 51/52), hat der Wissenschaftliche Beirat 10 Mitglieder. Von denen haben nur 4, also eine Minderheit, die Kritik unterschrieben.
Aus dem Teilnehmerkreis des wissenschaftlichen Workshops haben sogar lediglich 2 von insgesamt 7 Mitgliedern diese Stellungnahme unterschrieben.
Kein einziger der von mir eingesehenen (und nachfolgend erörterten) Artikel, die über diese Kritik berichten, erwähnt diesen Sachverhalt; im Handelsblatt phantasiert der Autor Dietmar Neuerer sogar sowohl faktenwidrig (nicht die Autoren haben kritisiert!) als auch verkürzend (weil er die beiden Professorinnen des wissenschaftlichen Workshops weglässt) (meine Hervorhebung):
"Umso überraschter reagieren nun die Autoren der Expertise, Heiner Bielefeldt, Yildiz Demirer, Nivedita Prasad und Monika Schröttle .....".
Nehmen wir uns aber zunächst die Stellungnahme selbst vor: was wird dort behauptet, welche Berechtigung hat die Kritik? (Hervorhebungen in den nachfolgenden Auszügen von mir.)
"Die Befürchtung, dass eine Erhebung der Religionszugehörigkeit Anlass für Missverständnisse, Fehldeutungen oder problematische Zuschreibungen werden könnte, war sowohl im Beirat als auch im Rahmen des wissenschaftlichen Workshops ausdrücklich Thema. Leider bestätigt sich diese Befürchtung durch den genannten FAZ-Beitrag, in dem Frau Ministerin Schröder behauptet, dass „nach Angaben der Betroffenen 83,4% der Eltern Muslime seien“. Diese Behauptung ist schlichtweg falsch, denn Betroffene von Zwangsverheiratung sind zu keiner Zeit im Rahmen dieser Studie direkt befragt worden. Es handelt sich bei der genannten Zahl vielmehr um das Ergebnis einer Befragung von Menschen, die in Beratungseinrichtungen tätig sind; diese sollten im Jahre 2009/2010 Auskunft über Fälle von (angedrohter) Zwangsverheiratung im Jahr 2008 geben."
Wäre ich Wissenschaftler, wäre mir schon die Unterschrift unter die hervorgehobene Passage allzu peinlich. Die Behauptung der Kritiker, dass die Behauptung der Ministerin falsch sei, ist nämlich selbst falsch.
Richtig ist daran allein, dass die Zahl nicht durch eine Befragung der Ratsuchenden durch die Autoren der Studie ermittelt wurde. Als Wissenschaftler darf (und muss) man wissen (und darauf hinweisen), dass eine indirekte Erhebungsmethode die Zahl potentieller Fehlerquellen erhöht. Ob sich hier Fehler eingeschlichen haben oder nicht, weiß aber kein Mensch. Insofern KANN die Zahlenangabe falsch sein, muss es aber keineswegs. Vor allem muss sie nicht überhöht sein; wäre sie aber zu niedrig (wären also z. B. 90% der Eltern Muslime), dann wäre die Zahl zwar im Wortsinne falsch; politisch aber mehr als richtig, weil sie dann nicht über-, sondern untertrieben hätte.
Aber auch wenn sie in der Realität um 5, oder gar um 10, Prozentpunkte nach unten abweichen sollte, bleibt sie wissenschaftlich und politisch relevant: sie signalisiert nämlich eine hohe Korrelation zwischen einer bestimmten Religionszugehörigkeit und der Praxis der Zwangsheiraten. Man gewinnt daraus die Erkenntnis, dass Zwangsheiraten bei islamischen Gläubigern weitaus häufiger sind, als bei den Anhängern anderer Religionen.
Ausnahme sind allerdings sind die Jesiden. Der Anteil der Jesiden unter den Ratsuchenden betrug 9,5%. Da die Zahl der Jesiden in Deutschland lt. Wikipedia auf 60.000 geschätzt wird, die Zahl der Muslime aber auf 4 Mio., ist die Korrelation zwischen jesidischer Religionszugehörigkeit und Zwangsheirat um ein Mehrfaches höher als bei den Muslimen. Aber bei den letzteren ist sie eben auch wieder um ein Mehrfaches höher als bei Christen und anderen.
Wollte man das alles bis ins Letzte aufdröseln, müsste man die Prozentsätze der Religionszugehörigkeit unter den Ratsuchenden in Bezug zur Religionsverteilung in Deutschland insgesamt setzen, aber das wären letztlich Spielereien.
Fakt bleibt: Zwangsheiraten sind unter Muslimen (unerträglich) weit verbreitet.
Bei den Jesiden sind es verhältnismäßig noch weituas mehr. In der Summe fällt das wegen der kleinen Zahl dieser Gruppe nicht ins Gewicht; es lässt aber stark vermuten, dass es eben doch einen (wenn indirekten) Zusammenhang zwischen Religion und Zwangsheiraten gibt.
Was allerdings die Pingel-Professoren erstaunlicher Weise nicht moniert haben ist die Tatsache, dass keineswegs für alle Ratsuchenden Angaben über die Religionszugehörigkeit vorliegen:
"Zur Religionszugehörigkeit der Eltern wurden in [nur!] knapp 60 % der dokumentierten Fälle Angaben gemacht."
Insofern ist sogar der Korrektursatz, den die Kritiker vorschlagen, im rein mathematischen Sinne falsch:
"Daher wäre die richtige Formulierung „Beraterinnen und Berater gaben an, dass sie davon ausgehen, dass 83,4% der Eltern der Betroffenen vermutlich muslimischer Herkunft sind“."
Abgesehen davon, dass diese Formulierung zwar in einem wissenschaftlichen Kontext wünschenswert wäre, in einer politischen oder journalistischen Debatte aber eine völlig verfehlte Korinthenkackerei ist, entwertet sich der pathetische Folgesatz:
"Wer solche Differenzen als beiläufig abtut, spricht empirischen Studien implizit jeden Sinn ab. Man kann sich die Mühe dann lieber gleich sparen"
allein schon dadurch, dass die "Wissenschaftler" das statistisch sehr viel größere Problem überhaupt nicht ansprechen: dass nämlich dass die Religionszugehörigkeit überhaupt nur bei 60% der Ratsuchenden erfasst wurden. Stattdessen übertragen sie diese Zahl genau so stillschweigend auf die Gesamtgruppe, wie Frau Schröder das gemacht hat.
Wie bei jeder sozialwissenschaftlichen Studie sind auch hier die kommagenauen Prozentzahlen für den Papierkorb. Wesentlich ist, dass die Dimensionen stimmen und insofern gehe ich, zumal wir ja auch aus anderen Quellen (Zeitungsberichte über Einzelfälle) etwas über Zwangsheiraten und deren ethnische und religiöse Hintergründe wissen, davon aus, dass die Dimensionen stimmen. Insofern halte ich es für vertretbar, wenn Kristina Schröder in ihrem Artikel 'pars pro toto' nimmt.
Aber, wenn die Kritiker sich denn schon anmaßen, einen politischen Diskurs mit wissenschaftlicher Pedanterie zu analysieren, dann müssten sie schon um ihrer eigenen Glaubwürdigkeit willen auf die Balken hinweisen, anstatt mit dem Finger auf Splitter zu zeigen.
Jedenfalls sieht, was die Erfassung der Religionszugehörigkeit in der Studie angeht, eine wissenschaftliche Kritik an der Aussage der Ministerin anders aus als der Vortrag in der Stellungnahme.
Selbstverständlich darf man bei jeglichen wissenschaftlichen Untersuchungen Korrelation nicht ohne weiteres mit Kausalität gleich setzen:
"Eine Korrelation beschreibt eine Beziehung zwischen zwei oder mehreren Merkmalen, Ereignissen oder Zuständen. Eine kausale Beziehung zwischen den Merkmalen, Ereignissen oder Zuständen muss jedoch nicht bestehen" heißt es bei dem entsprechenden Wikipedia-Stichwort, wo auch die Unterschiede zwischen "Korrelation und Kausalzusammenhang" ausführlich erläutert sind.
Was dort nicht gesagt wird, im vorliegenden Zusammenhang aber äußerst wichtig ist: Die Feststellung einer positiven Korrelation ist die Voraussetzung für die Feststellung eines Kausalzusammenhangs! Mit anderen Worten: Wenn ich feststelle, dass Zwangsheiraten im islamischen Milieu häufiger vorkommen als in anderen Religionsmilieus, habe ich noch lange nicht bewiesen, dass die islamische Religion die Ursache der (bei uns gesellschaftlich verurteilten und juristisch strafbewehrten) Zwangsheiraten ist.
Aber: Nur wenn ich um eine solche positive Korrelation weiß, kann ich prüfen, ob es einen (direkten oder indirekten!) Kausalzusammenhang zwischen Religionszugehörigkeit und Zwangsheiraten gibt.
Und erst dann, wenn ich einen direkten Kausalzusammenhang zur Religion (fiktiv: 'Im Koran steht, das Zwangsheiraten okay sind') ausgeschlossen habe, kann ich weitere Fragen danach stellen, welche Wirkfaktoren denn nun tatsächlich hinter dem Brauch der Zwangsheirat steht. Dazu sagt das Gutachten (S. 36) richtig:
"Mit der gewählten Methode und anhand der Datenlage konnte und sollte also nicht überprüft werden, ob und welche Zusammenhänge die Religionszugehörigkeit/Religiosität mit Zwangsverheiratung hat. Um den Einfluss von Faktoren wie Bildung, Herkunft, Religiosität etc. auf die Praxis der Zwangsverheiratung zu untersuchen, wäre weitere Forschung notwendig."
Die Autoren sind gegenüber solchen weitergehenden Forschungen also offen; die Kritiker dagegen schließen Forschungen, die irgendwie die Religion einbeziehen, von vornherein aus: das ist nicht wissenschaftlich, das ist der reine Obskurantismus, das ist im Ergebnis (wenn auch nicht in der Begründung) nicht anderes als das seinerzeitige Verbot der katholischen Kirche, bei der Berechnung der Sternenbewegungen von einer Umkreisung der Sonne durch die Erde (und die anderen Planeten) auszugehen.
Mein Hinweis, dass die Entdeckung einer Kausalität zunächst die Feststellung einer Korrelation voraussetzt* ist vorliegend deshalb von Bedeutung, weil einige der Kritiker von vornherein verhindern wollten, dass die Studie die Religionszugehörigkeit der von Zwangsheirat Betroffenen Ratsuchenden überhaupt erfasst:
"Die Problematik des Missbrauchs und der Instrumentalisierung des Themas Zwangsverheiratung für anderweitige politische Zielsetzungen und antiislamische Propaganda ist auch im Vorfeld im Beirat diskutiert worden. Mehrere Personen aus dem Beirat hatten sich daher gegen die Aufnahme der Frage nach der vermuteten Religionszugehörigkeit in den Fragebogen ausgesprochen."
* zu dieser Behauptung vgl. z. B. hier (meine Hervorhebung): "Eine Korrelation kann grundsätzlich auf eine Kausalität hindeuten, sie ist eine notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung für das Vorliegen von Kausalität."
Wer die Erhebung von Korrelationen verhindern will, agiert, wie bereits gezeigt, von vornherein nicht als Wissenschaftler, sondern als Ideologe. Weil eben die Aufdeckung von Korrelationen die Voraussetzung für die Entdeckung von Kausalitäten ist, sind die Gegner einer solchen Aufdeckung Feinde der wissenschaftlichen Erkenntnis und des wissenschaftlichen Fortschritts.
Wenn (rein hypothetisch) Anhaltspunkte dafür vorliegen würden, dass Farbige einen niedrigeren Intelligenzquotienten haben, dann kann ich darauf in zweierlei Weise reagieren:
- Den Sachverhalt für unzutreffend, irrelevant oder gefährlich (weil potentiell rassistisch) erklären und jedenfalls ein Forschungsverbot verhängen oder
- Prüfen, ob der Sachverhalt überhaupt zutrifft und, wenn ja, ob er genetisch oder kulturell begründet ist.
Beide Positionen fördern den Obskurantismus und sind äquidistante Feinde von jeglichem Wissenschaftsethos.
Eine solche Position würde im Vergleichsbeispiel nicht der Rassengleichheit nützen, sondern dem Rassismus. Denn schließlich könnten Rassisten immer behaupten, dass die Wissenschaft Frage nach der geistigen Über- bzw. Unterlegenheit bestimmter Rassen über andere deshalb nicht untersucht, weil sie fürchtet, eine positive Antwort zu bekommen.
Selbstverständlich ist, speziell auf diesem Gebiet, die Methodik allemal kritisch zu hinterfragen: Beispielsweise könnte der Intelligenzquotient in dieser oder jener konkreten Definition ein Produkt der Weißen Rasse sein, und unberechtigte Vorurteile transportieren. Und entsprechend natürlich auch bei Forschungen über gesellschaftliche Konsequenzen bestimmter Religionszugehörigkeiten.
Aber: Wissenschaftler müssen methodische von fundamentalen Einwänden unterscheiden, und wer die Religionszugehörigkeit bei Studien der vorliegenden Art gar nicht erst erfassen will, macht einen fundamentalen Einwand gegen die Erforschung möglicher Zusammenhänge.
Mit der von den kritisierenden "Wissenschaftlern" vorgetragenen Begründung könnte man schließlich mit gleicher Berechtigung die Nichterfassung von anderen in der Studie erfassten Merkmalen verlangen, etwa die Nationalität. Auch die lässt sich schließlich für "anderweitige politische Zielsetzungen" missbrauchen.
Da sie diese Differenzierung aber nicht beanstandet haben, sondern lediglich die Unterscheidung nach Religionen, ist der Verdacht substantiiert, dass es den 'Remonstranten' ausschließlich um den Schutz der islamischen Religion vor Verdächtigungen ging. Derartige Verdächtigungen werden freilich um so stärker sprießen, je mehr man versucht, sie fürsorglich der Kenntnis des Volkes und damit einer offenen Debatte zu entziehen. Wer etwas zu verbergen hat, so eine ganz allgemeine (und im Allgemeinen auch zutreffende!) Tendenz unseres Denkens, der muss doch Dreck am Stecken haben?
Was die Kritiker meinen, wenn sie der Ministerin eine "eigenwillige bzw. tendenz[i]öse Darstellung der Religionszugehörigkeit" vorwerfen, bleibt im Dunkeln. Kristina Schröder hatte dazu geschrieben:
"Nach Angaben der Betroffenen sind 83,4 Prozent der Eltern Muslime, 9,5 Prozent gehören dem spezifisch kurdischen Jesidentum an. 3,4 Prozent sind Christen und 1,3 Prozent Hindus."
Diese Feststellungen sind (selbst wenn man sie in einem wissenschaftlichen Diskurs vielleicht präziser fassen würde - aber wissenschaftliche Präzision bietet ja, wie ich oben nachgewiesen habe, nicht einmal der Text der "wissenschaftlichen" Kritiker!) im Rahmen eines journalistischen oder politischen Artikels absolut angemessen und in keiner Weise zu beanstanden.
Dass und auf welche Weise diese geistigen Zwerge intellektuelle Substanz durch das Verspritzen von Propaganda-Gift ersetzen, lässt sich anhand der folgenden Textpassage vorzüglich demonstrieren:
"Was Ministerin Schröder im Übrigen mit der Forderung meint, dass „manche traditionelle Wurzeln endgültig durchtrennt werden“ müssten, bleibt der Phantasie des Lesepublikums überlassen. Die Gefahr, dass durch diese scharfe Formulierung anti-muslimische Ressentiments Auftrieb erhalten, liegt jedenfalls auf der Hand."
In dieser Passage fehlt zunächst einmal jeglicher Hinweis, Warum eine Kritik an gewissen Traditionen geeignet sein sollte, anti-muslimische Ressentiments zu befördern. Schließlich hat die Ministerin ja nicht geschrieben: "... traditionelle religiöse Wurzeln".
Gehen wir ad fontes, nämlich zum Text von Frau Schröder, dann stellen wir fest, dass in der fraglichen Passage die Möglichkeit einer religiösen Fundierung von Zwangsheiraten ausdrücklich offen gelassen wird (Hervorhebungen von mir):
"Gerne streitet man in Deutschland über den Unterschied von Integration und Assimilation. Wer sich mit Zwangsverheiratungen tiefer beschäftigt, wird einsehen müssen: Ganz egal, ob Zwangsverheiratungen letztlich familiär, kulturell, religiös oder sozial begründet sind – keine Begründung ist mit dem Menschenbild unseres Grundgesetzes zu vereinbaren. Manche traditionelle Wurzeln müssen endgültig durchtrennt werden, wenn man es ernst meint mit dem Angekommensein in Deutschland und der Anerkennung der Grundwerte und Rechtsnormen hier."
Man sieht also, dass die Kritiker ihre Behauptung mit der übelsten Propagandatechnik des Herausreißen einer Textpassage aus dem Zusammenhang bewerkstelligen. Wer so agiert, hat sich als Wissenschaftler komplett disqualifiziert und sollte eigentlich von öffentlichen Aufträgen fürderhin ausgeschlossen werden.
Liest man den ganzen Absatz, entpuppt sich auch die Behauptung als falsch, dass es
"der Phantasie des Lesepublikums überlassen bleib, was Ministerin Schröder ... mit der Forderung meint, dass 'manche traditionelle Wurzeln endgültig durchtrennt werden' müssten":
Aus dem Folgesatzteil wird eindeutig klar, dass die Ministerin alle jene Traditionen der Immigranten für inakzeptabel hält, die mit den hiesigen Grundwerten, aber auch den sonstigen deutschen Rechtsnormen, unvereinbar sind.
Wenn die Kritiker das anders sehen, mögen sie ihre Gegenposition begründen
Aber aus der Forderung, dass Immigranten sich an deutsches Recht zu halten haben, eine Förderung "anti-muslimischer Ressentiments" herzuleiten: das ist eine Unverschämtheit ohnegleichen und ein Schlag ins Gesicht eines jeden, der sich zur deutschen Kultur bekennt und in dieser sozialisiert wurde, und der für deren Aufrechterhaltung eintritt.
Nachgerade lächerlich wird es, wenn die Kritiker ihre Kritik an der angeblich "scharfe(n) Formulierung" festmachen. An welchem Ausdruck stören sich denn diese Verbal-Sommeliers hier überhaupt? Am "durchtrennen"? Würde es sachlich das Geringste ändern, wenn man "Wurzeln kappen" sagen würde, oder "sich von den Wurzeln lösen" oder "sich von bestimmten Traditionen frei machen"?
Aber, wie gesagt: vom "Islam" war im Textzusammenhang von Frau Schröder überhaupt nicht die Rede; wenn die Kritiker ihr das dennoch an dieser Stelle unterschieben, dann beweisen sie damit nur, dass sie selbst in einer geradezu krankhaften Weise immerzu nur an "das eine" denken!
Die Ministerin hat an keiner Stelle ihres Aufsatzes einen Kausalzusammenhang zwischen islamischer Religionszugehörigkeit und Zwangsheiraten behauptet. Die folgenden Ausführungen ihrer Kritiker sind zwar partiell (im 1. Teil) sachlich richtig; sie sind aber in keiner Weise geeignet, Frau Schröder zu widerlegen, sie adressieren einen Scheingegner, einen von den Autoren selbst aufgebauten Popanz:
"Darüber hinaus ist auch die genannte Zahl mit Vorsicht zu genießen, denn sie sagt nichts darüber aus, welchen Stellenwert Religion im Alltag bzw. im Handeln gespielt hat. So ist es durchaus möglich und wahrscheinlich, dass andere Faktoren als der religiöse Hintergrund eine zentrale Rolle spielen und die Religion der Täter/-innen hier lediglich Scheinkorrelationen abbildet.
Beispielsweise dürfte der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in kirchlichen Zusammenhängen ebenfalls nicht zentral auf den christlichen Glauben der Täter zurückzuführen sein, sondern auf die Gelegenheitsstrukturen für pädosexuelle Täter und unter Umständen auf autoritäre und Täter abstützende Strukturen in entsprechenden Einrichtungen. Hierfür den christlichen Glauben per se verantwortlich zu zeichnen wäre ähnlich verkürzt wie die Zwangsverheiratungen zentral auf den islamischen Glauben zurückzuführen, der ebenso wenig Aussagen zur Legitimierung von Zwangsverheiratungen enthält wie der christliche Glauben den sexuellen Missbrauch von Kindern legitimiert."
Frau Schröder hat schon gar nicht behauptet, dass "Zwangsverheiratungen zentral auf den islamischen Glauben" zurückzuführen sind. Zwar unterstellen ihr die Autoren eine solche Behauptung auch nicht explizit; es wäre aber ein Gebot der diskursiven Redlichkeit gewesen, in diesem Zusammenhang klarzustellen, dass es lediglich um mögliche Fehlinterpretationen der Zahlen in der weiteren Debatte geht, nicht um tatsächliche Interpretationen der Ministerin. Wer so viel Anstand nicht besitzt oder nicht für nötig hält, die oder den dürfen wir legitim als Propagandist übelster Sorte verdächtigen.
Absoluter Kokolores ist die 'Beweisführung' über die Scheinanalogie mit pädophilen Priestern in der katholischen Kirche. In diesem Falle haben wir nämlich sehr viel mehr Daten für die Zuordnung zu einem konkreten Täterkreis, als im Falle der Zwangsheiraten. Wir wissen, dass die Korrelation katholische Priester + Pädophilie sehr hoch ist (oder wenigstens in der Vergangenheit war), während im Vergleich dazu die Korrelation Christ + Pädophilie niedrig oder nicht existent ist (etwa im Vergleich zu Nichtchristen).
Eine korrekte Parallelisierung müsste fingieren, dass uns zu Beginn unserer Untersuchung für die Täter nur das Merkmal "Christ" bekannt ist. Nehmen wir an, die Opfer (Kinder) wären zu einer Beratungsstelle gegangen und hätten dort den Täterkreis nur durch Angaben zur Religion gekennzeichnet: "Christ", "Moslem", "Jude", "areligiös" usw.
Schon in diesem Stadium hätte man höchstwahrscheinlich im Vergleich zu anderen Religionen nur eine recht schwache positive Korrelation zwischen "Christ" und "Pädophiler" konstatieren können, denn Im Gegensatz zur Zwangsheirat, die bei (deutschen) Christen so gut nichtexistent ist, gibt es auch bei nichtchristlichen Religionen mit Sicherheit auch Pädophile. (Es wäre sogar denkbar, dass sie bei Muslimen besonders hoch ist, aber nicht thematisiert wird, weil die Beteiligten sie nicht in gleicher Weise für schädlich halten wie "wir". Auch in Süditalien war - ist noch? - man bekanntlich gegenüber Päderastie sehr tolerant: um die Jahrhundertwende waren Capri (Friedrich Alfred Krupp?), Neapel (Guglielmo Plüschow!) oder Taormina (Baron Wilhelm von Gloeden!) das Mekka europäischer (britischer, deutscher, französischer) Päderasten. Die wurden zwar schon damals kritisiert und angefeindet; das aber anscheinend mehr in ihren Heimatländern als in den breiten Volksschichten in Süditalien selbst. Nach allem, was ich darüber gelesen habe, war diese Praxis dort nicht in gleichem Maße verpönt wie bei uns. Und das könnte immerhin auch für den islamischen Religionskreis zutreffen. Dieser Artikel über angebliche Pariser Päderasten-Minister, die Nordafrika lieben, ist zwar einigermaßen dubios; aber immerhin heißt es in der 52. Sure im Koran: "Ein Kreis von Ghelman (Jünglingen) eigenen (Blutes), so schön wie Perlen, in ihren Muscheln verborgen, wird ihnen aufwarten." Zwar steht z. B. im iranischen Strafgesetzbuch auf Päderastie Todesstrafe; aber das war, für "das unaussprechliche Laster" der Homosexualität, im Italien der Renaissance nicht anders; trotzdem scheinen homosexuelle Praktiken und Beziehungen damals - zumindest unter Künstlern - nicht selten gewesen zu sein.
Auf die Idee, dass das Christentum die Pädophilie fördert, würden wir aber selbst dann nicht kommen, wenn wir im Vergleich beispielsweise zu moslemischen Religionsangehörigen eine (leicht) positiven Korrelation zwischen Christentum und Päderastie feststellen müssten (und dabei Fehlerquellen der eben geschilderten Art ausschließen könnten). Es fehlen nämlich jedweden sonstigen Indizien für eine pädophiliefördernde Tendenz der christlichen Religion.
Wir würden also hier von vornherein weiteren Forschungsbedarf sehen und vermuten, dass es unter den Christen eine noch irgendwie anders näher bestimmbare Kategorie von Menschen sein müsse, bei denen sich die Pädophilie häuft. Und so würden wir uns forschend Schritt für Schritt weiterhangeln bis wir bei dem Personenkreis der katholischen Priester eine besonders hohe Korrelation erkennen würden. Da aber die Menge der Priester nicht identisch ist mit der Menge der Gläubigen,scheidet der christliche Glaube als 'Pädophilieförderer' von vornherein aus.
Bei dem Islam ist die Situation insofern völlig anders, als jedermann weiß, dass in sehr vielen Familien mit moslemischer Religionszugehörigkeit die Frauen (nach unseren Maßstäben) unterdrückt werden, und dass in beinahe allen moslemisch beherrschten Staaten die Menschenrechte (nach unseren Standards) nicht hinreichend beachtet werden. Von daher ist der Islam in der Tat dem Vorverdacht ausgesetzt, Zwangsheiraten zu fördern. Auch wenn darüber nicht direkt etwas im Koran steht, sind die Normen, denen die Frauen in diesem heiligen Buch unterworfen werden, für uns inakzeptabel (vgl. z. B. diese Zitatenauswahl). Und anders als die Bibel für die Christen ist der Koran für die Muslime nicht nur ein religiöser Text, sondern zugleich eine Rechtsquelle.
Wir wissen auch, dass Frauen in islamischen Ehen sehr viel häufiger physischer Gewalt ausgesetzt sind, als in nicht-islamischen. Und weiterhin dürfte jede(r) einschlägig Interessierte gelesen haben, dass es islamische Geistliche gibt, welche Handlungsweisen, Ge- oder Verbote religiös rechtfertigen, die wir als Unterdrückung von Frauen ansehen. (Und meist, wenn auch keineswegs immer, sind es ja die Frauen, die in eine Ehe gezwungen werden.)
[Freilich kann es im Alltagsleben auch bei einer allgemeinen "Unterdrückung" der Frau zu einer Machtbalance kommen, in welcher die Frau zumindest im Hause alles andere als unterdrückt ist; vgl. als Beispiel einige Stimmen in dieser Debatte.]
Trotz der, nach unserem Verständnis, Unterdrückung der Frau kann man selbstverständlich nicht den Islam als solchen für Zwangsheiraten verantwortlich machen. Dem steht schon entgegen, dass zum einen zumindest in Deutschland die große Masse der islamischen Hochzeiten doch keine Zwangsheiraten zu sein scheinen, und zum anderen hat es Zwangsheiraten in früheren Zeiten ja auch bei uns gegeben.
Ganz allgemein kann man allerdings sagen, dass der Islam mit relativ rückständigen Lebensverhältnissen, mit Unterdrückung der Frauen (in unserer Sicht), mit unterdurchschnittlicher Bildungsbereitschaft und unterdurchschnittlicher Integrationsbereitschaft sozusagen "amalgamiert" ist. Natürlich findet man auch Gegenbeispiele: Die Türkei scheint jetzt unter einer islamistischen Partei wirtschaftlich besser voran zu kommen als vorher unter der laizistischen Regierung, und die (orthodox-)christlichen Griechen stehen ökonomisch schlechter da als die Türken. Auch das christliche Süditalien gehört nicht gerade zu den Motoren der Moderne, und bei den Süditalienern scheinen Bildungs- und Integrationsbereitschaft nicht weniger unterentwickelt zu sein wie bei vielen Muslimen.
In der Summe bleibt die Feststellung gleichwohl richtig, dass islamische Religionszugehörigkeit und ein problematisches Verhältnis zu unserer Gesellschaft verhältnismäßig hoch korrelliert sind.
Das kann man natürlich überhaupt nur dann wissen, wenn man (auch) Daten über die Religionszugehörigkeit erhebt: Bei Zwangsverheirateten, bei misshandelten Frauen, bei kriminellen Jugendlichen (wobei eine wohlmeinendende Regierung ihrem deutschen Volk diese Daten freilich nach Kräften vorenthält, sodass eine private, mutmaßlich rechte, Webseite "Deutsche Opfer" die Informationslücke füllen muss). Wer uns bei dieser (notwendigen) Datensammlung ein Mosaiksteinchen aus der Hand schlagen, bzw. dessen Auflesen verhindern will, der muss und wird konsequenter Weise auch in allen anderen Bereichen die Sammlung verhindern wollen. Toleranz durch Unkenntnis zu fördern, oder nur eine selektive Wahrnehmung positiver Faktoren zu erlauben, ist Meinungsdiktatur und legt die Säge an die Wurzeln unserer Kultur der Forschungsneugier und der offenen Kommunikation. Dass Forscher hier die Sammlung bestimmter Daten verhindern wollen, ist wissenschaftlich unethisch: es ist ein Wissenschaftsskandal!
Ein weiterer Punkt, der die Kritiker in ein schlechtes Licht rückt, ist die Tatsache, dass sie mit keinem Wort ansprechen, was Frau Schröder in diesem Kontext tatsächlich über den Islam sagt. Es ist diskursiv legitim, den Kritikern zu unterstellen, dass sie diese Worte ausblenden, weil sie nicht nur nicht in ihre Pseudo-Beweisführung passen, sondern sie geradezu widerlegen (meine Hervorhebung):
"Der Zusammenhang zwischen kulturellem Hintergrund und menschlichem Handeln ist eine soziologische Selbstverständlichkeit. Trotzdem wird dieser Zusammenhang in Hinblick auf den Islam oft verleugnet oder wegdefiniert. Angesichts des Streites, ob der Islam Teil des Problems ist oder nicht, wird leider völlig ausgeblendet, dass er auf jeden Fall Teil einer Lösung sein muss. Wir müssen erreichen, dass islamische Autoritäten in Deutschland es noch stärker als ihre Aufgabe begreifen, Zwangsverheiratungen zu verweigern und dagegen einzuschreiten."
Dass sich die Kritiker davor drücken, den islamischen Autoritäten in Deutschland eine Positionierung und ein aktives Handeln abzuverlangen, ist ein Akt jämmerlichster Feigheit* und ein Verrat an den Opfern. Je mehr man den Aufsatz von Frau Schröder mit den "Argumenten" ihrer Kritiker vergleicht, desto mehr fragt man sich, worum es denen überhaupt geht? Man gewinnt den Eindruck, dass sie letztendlich dem islamischen Milieu in Deutschland einen rechtlichen Freiraum konzedieren möchten. Zumindest ist es eine legitime Befürchtung eines außenstehenden 'Kulturdeutschen', das Stellungnahmen wie die hier behandelte der "Wissenschaftler" solchen Tendenzen Vorschub leisten, wobei es völlig gleichgültig ist, ob so etwas beabsichtigt wird oder nicht.
Solche Tendenzen vehement zu bekämpfen, ist nicht nur mein gutes Recht: es ist meine kulturelle Pflicht: Wehret den Anfängen - einer Zerstörung oder Relativierung deutscher Rechtsnormen, und damit irgendwann auch einer Zerstörung unserer Kultur/Gesellschaft in der Form, in der wie sie bisher haben und weiterhin behalten wollen.
[* zum Thema 'kulturelle Feigheit' vgl. aktuell auch ein Welt-Interview mit André Glucksmann!]
Dass die Ministerin "angedrohte Straftaten mit tatsächlich stattgefundenen gleichgesetzt" hat, mag man kritisieren. Allerdings hat sie dafür eine Begründung geliefert, die ebenfalls nicht von vornherein von der Hand zu weisen ist (zitiert nach dem SPON-Artikel "Zank um Zahlen"):
"... die Ministerin wehrt sich vehement gegen die Vorwürfe: "Die Bundesfamilienministerin ist nicht bereit, die Ergebnisse der Studie und die Leidensgeschichten der Opfer von egal welcher Seite verharmlosen, verschleiern oder umdeuten zu lassen", heißt es aus ihrem Haus. Und weiter: Ein Blick ins Strafgesetzbuch zeige, dass schon der Versuch einer Zwangsverheiratung strafbar sei. "Deshalb müssen die angedrohten und vollzogenen Zwangsverheiratungen selbstverständlich in einem traurigen Kontext gesehen werden." Eine Zwangsheirat werde nicht erst durch Vollzug zur Straftat. "Deshalb ist es korrekt, von 3443 Fällen zu sprechen. Eine Aufteilung zwischen Opfern erster und zweiter Klasse wäre extrem zynisch."
Allerdings geht es den Kritiker erkennbar in allererster Linie um den "Schutz" des Islam, und so, wie sie sich äußern, schon mehr um Kritikimmunisierung dieser Religion als um legitime wissenschaftliche Einwände.
Traurig ist, dass sich mindestens 2 Autoren (und einige Oppositionspolitiker sowieso) auch noch zu Megaphonen dieser unsachlichen Kritik machen (während der Artikel bei Spiegel online deutlich ausgewogener ist). Die beiden Hetzartikel werden zudem dadurch verschlimmert, dass den beiden Autoren auch noch grobe Mängel in der Berichterstattung unterlaufen und sie sich unter Außerachtlassung journalistischer Sorgfaltspflichten in ihren Berichten ebenso leichtfertig wie vehement auf die Seite der Kritiker stellen.
Tritt man sozusagen etwas zurück und schaut weniger auf die Details und mehr auf das Verhältnis der angeblichen 'Verfehlung' von Frau Schröder und der Lautstärke ihrer Kritiker, kann man sich des Eindrucks einer Disproportionalität nicht erwehren.
Anders gesagt: Die Kritiker haben aus einer Mücke einen Elefanten gemacht. Da stellt sich dann allerdings auch die Frage, ob und ggf. welche Motive politischer Natur dahinter standen: haben sie sich geärgert, weil ihre Forderung nicht berücksichtigt wurde, bei der Befragung (der Mitarbeiter der Beratungseinrichtungen) die Religionszugehörigkeit der Opfer unter den Tisch fallen zu lassen? Oder sind da (auch) parteipolitische Motive im Spiel? Oder hatten sie auch anderweitig Streit mit der Ministerin?
Professor Heiner Bielefeldt ist UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit. Möglicher Weise verwechselt er deshalb die Freiheit des Glaubens mit der Freiheit, aus religiösen Gründen auch gegen die Rechtsnormen des Gastlandes zu verstoßen? Wenn ich in der hier verlinkten Meldung lese (meine Hervorhebung): "Derzeit wird das [UN-]Amt von der pakistanischen Rechtsanwältin Dr. Asma Jahangir wahrgenommen. "Durch ihre glasklaren Stellungnahmen zugunsten eines dezidiert liberalen Verständnisses der Religionsfreiheit hat sie hohe Standards gesetzt", sagt Bielefeldt", und außerdem in der Biographie erfahre, dass er katholische Theologie studiert hat, dann wundert es mich wenig, wenn er religiöse Werte sehr hoch schätzen und säkulare Werte eher darunter ansiedeln würde. (Allerdings wird er in dieser Mitteilung des Deutschen Instituts für Menschenrechte als Vertreter der Freiheit auch für Religionskritiker dargestellt.)
Yildiz Demirer (weiblich, Dipl.-Sozialpädagogin) "arbeitet bei KARGAH e.V. - einem Verein für interkulturelle Kommunikation, Migrations- und Flüchtlingsarbeit." Diese Information entnehme ich einem Interview, das die Deutsche Welle mit ihr geführt und am 1.12.11 u. d. T. "Wollte sich alte Vorurteile bestätigen lassen" online gestellt hat. Frau Demirer ist also keine Wissenschaftlerin; insofern ist es nicht korrekt, wenn ich oben gelegentlich den Ausdruck "Kritiker" mit "Wissenschaftler" ersetzt habe.
Eine diesbezügliche Textkorrektur wäre jedoch vertane Zeit; die verwende ich lieber auf eine Analyse des Interviews, denn die Äußerungen von Frau Demirer haben es in sich:
"Bei der Studie haben wir anonymisierte Notizen und die Erinnerungen von Beratern erhoben – daraus kann man keine Rückschlüsse auf eine angebliche Korrelation zwischen Religion und Zwangsehen ziehen."
Das ist eine krasse Falschbehauptung. Selbstverständlich lassen sich Rückschlüsse auf eine positive Korrelation zwischen islamischer Religionszugehörigkeit und Zwangsehen ziehen. Lediglich einen Kausalzusammenhang kann man daraus nicht ableiten, aber das hat die Ministerin ja auch nicht getan. Offenkundig ist Frau Demirer aber der Unterschied zwischen Korrelation und Kausalzusammenhang Hekuba.
Auf die Frage nach den Gründen für Zwangsverheiratungen hat sie u. a. geantwortet:
"Meistens gibt es einen patriarchalischen Hintergrund, also eine Familienstruktur, in der der Vater das Sagen hat."
Das erscheint plausibel, und da kommt dann auch wieder die islamische Religion ins Spiel: sie ist halt inniglich verquickt mit patriarchalischen Familienstrukturen, und auf diese indirekte Weise begünstigt der Islam indirekt (auch) die Praxis von Zwangsheiraten.
"Menschen, die in eine Zwangsehe gesteckt werden, haben - wenn sie sich später scheiden lassen wollen – das Problem, dass sie nicht beweisen können, gegen ihren Willen verheiratet worden zu sein. Schließlich wird keiner aus ihrer Familie für sie aussagen. Von diesem Thema wollte Frau Schröder beispielsweise nichts wissen."
Aha: Frau Demirer hat sich geärgert, weil die Ministerin nicht hören wollte, was sie ihr erzählen zu müssen glaubte. Nur handelt es sich bei der Beweisproblematik um eine juristische Verfahrensfrage, die absolut nichts mit der Studie zu tun hat: was hätte man denn insoweit erforschen sollen bzw. können?
Auf die sehr kluge Frage des Interviewers (Matthias von Hellfeld):
"Auch wenn der Weg der Schlussfolgerung unwissenschaftlich ist, könnte die Aussage nicht trotzdem richtig sein?"
antwortet Frau Demirer (meine Hervorhebung):
"Religionszugehörigkeit spielt größtenteils [sic!] beim Thema "Zwangsverheiratung" keine Rolle. Frau Schröder hat unsere wissenschaftliche Beratung nicht ernst genommen. Es gibt in unserem Land eine Islamophobie, der wir im Beirat keinen Vorschub leisten wollen. Sie bekommt von uns wissenschaftliches Material. Aber anstatt es seriös zu zitieren, kommen derart verkürzte und falsche Äußerungen dabei heraus."
Bemerkenswert ist zunächst das implizite Eingeständnis, dass die Religionszugehörigkeit sozusagen 'kleinerenteils' eben doch eine Rolle bei Zwangsverheiratungen spielt. Und bei diesem Eingeständnis hat sie offenkundig noch ausgeblendet, dass es auch indirekte Zusammenhänge zwischen Religionszugehörigkeit und gesellschaftlichen Praktiken gibt. Konkret: dass Patriarchalismus im religiösen Milieu des Islam einen günstigeren Nährboden vorfindet als im (modernen) Christentum.
Wenn sie kritisiert, dass die Ministerin "unsere wissenschaftliche Beratung nicht ernst genommen" habe, dann dürfte zunächst einmal das Personalpronomen deplatziert sein, weil Frau Demirer selbst ja gerade keine Wissenschaftlerin ist. Und wenn sie kritisiert, dass die Ministerin "Beratung nicht ernst" nimmt, dann verwechselt sie Beratung mit Vorschriften machen. Wo kämen wir hin, wenn unsere Politiker nach der Pfeife irgend welcher obskuren Beiräte tanzen müssten?
Die Aussage über die "Islamophobie, der wir ... keinen Vorschub leisten wollen" muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Sie enthält nämlich die Feststellung, dass die Beiratsmitglieder (ebenso wie natürlich auch jeder Zeitungsleser) schon von vornherein ganz genau wussten, dass Zwangsheiraten und islamische Religionszugehörigkeit hochgradig korreliert sind. Insbesondere sie selbst als Praktikerin weiß das nur allzu gut. Aber sie und einige andere Personen des Beirats wollten verhindern, dass dieser Sachverhalt in der Studie aufscheint. Frau Demirer tanzt also auf dem Gipfel der Verlogenheit, wenn sie (zumal in Beantwortung der o. a. Interviewfrage!) von einer "angebliche(n) Korrelation zwischen [islamischer] Religion und Zwangsehen" spricht. Denn dass zwischen beiden eine hohe statistische Übereinstimmung besteht, weiß diese Beratungspraktikerin aus ihrer eigenen Erfahrung nur allzu gut. Aber das deutsche Volk soll nichts davon wissen: das ist ja viel zu gefährlich. Schließlich könnten wir sonst auf den Gedanken kommen, dass das Patriarchat, und eine Schlechterstellung der Frauen, mit islamischer Religiosität nicht nur statistisch korreliert ist, sondern eine enge Symbiose bildet. Viel zu riskant; lieber dumm halten, die Deutschen!
Nach dem Grundsatz der präventiven Volksverdummung müsste man auch sämtliche anderen negativen Meldungen im Zusammenhang mit islamischer Religionszugehörigkeit unterdrücken; und tatsächlich tut unser Staat das großenteils ja auch.
Was die Frage angeht, ob die Erfassung von Korrelationen überhaupt sinnvoll ist, verweise ich auf meine o. a. Feststellung, dass dieser Schritt eine notwendige Voraussetzung ist, um Kausalzusammenhänge überhaupt erkennen zu können. Wer die Feststellung bestimmter Korrelationen verbieten will, blockiert die wissenschaftliche Forschung. Tatsächlich erfasst die Studie auch eine ganze Reihe von Merkmalen (z. B. Nationalität) und damit von Korrelationen dieser Merkmale zum Phänomen der Zwangsheirat.
Wir können der Ministerin dankbar sein, dass sie gegen die Anmaßung einiger Beiratsmitglieder auf dem Primat der Politik bestanden und die Aufnahme der Frage nach der Religionszugehörigkeit durchgesetzt hat. Sie hat damit die Freiheit und den Erkenntnisdrang der Forschung gegen pseudowissenschaftliche Haremswächter(innen) der politischen Korrektheit aus dem Wissenschaftsbetrieb verteidigt. Bleibt nur zu hoffen, dass Figuren mit einem derart defizitären Wissenschaftsethos zukünftig von Forschungsaufträgen und Beraterverträgen bzw. Beratungsarbeit des Staates ausgeschlossen werden.
Die Äußerungen der Ministerin sind (um auf das Interview zurück zu kommen) weder falsch noch verkürzt. Falsch wären sie, wenn es keine hochgradige Korrelation zwischen Islamzugehörigkeit und Zwangsheiraten gäbe. Wer selbst ganz genau weiß, dass es eine solche gibt, anderen aber Falschbehauptung vorwirft, lügt.
Verkürzte Behauptungen könnte man ihr vorwerfen, wenn sie gesagt hätte "der Islam ist an den Zwangsheiraten Schuld". Gerade das hat sie aber nicht gesagt.
Im Übrigen hat die Ministerin das wissenschaftliche Material nicht "von uns" bekommen; egal ob der Beirat gemeint war oder die Beratungsstellen. Vielmehr haben die Verfasser der Studie bei den Beratungsstellen Daten erhoben und daraus ein "wissenschaftliches Material", eben die Studie, gemacht.
In ihrem Furor gegen die Ministerin entblödet sich Frau Demirer auch nicht, sich in Widersprüche zu verwickeln und eigene intellektuelle Defizite zu enthüllen. So antwortet sie auf die Frage
"Ist es notwendig, wie Frau Schröder schreibt, dass "manche traditionellen Wurzeln endgültig durchtrennt werden müssen?"
mit der Behauptung
"Wir müssen keine "traditionellen Wurzeln" zerschlagen, sondern präventive Erziehung an unseren Schulen durchführen, damit zum Beispiel junge Männer ein Frauenbild bekommen, das sich an Gleichberechtigung orientiert. Aber Frau Schröder war von Anfang darauf aus, sich alte Vorurteile bestätigen zu lassen."
Ja aber - ist das etwa keine Trennung von traditionellen Wurzeln (nämlich dem patriarchalischen Familiensystem, das Frau Demirer soeben selbst noch für die Zwangsheiraten mitverantwortlich gemacht hatte), wenn die jungen Männer in unseren Schulen ein anderes Frauenbild bekommen, als es ihnen in ihrer traditionsgeleiteten Umgebung vermittelt wurde?
Wenn es darum geht, von der auffallenden Häufigkeit von Zwangsheiraten im islamischen Milieu abzulenken, hat sie selbst nicht die geringsten Hemmungen, verkürzte und falsche Äußerungen zu verbreiten:
Frage: "Aus welchen Ländern kommen Ratsuchende in Ihre Beratungsstellen?"
Antwort: "Aus sehr vielen unterschiedlichen Ländern: Italien, Rumänien, Griechenland, Pakistan oder Indien. Patriarchalische Denkstrukturen und Familienverhältnisse gibt es überall und das Problem der Zwangsverheiratungen gibt es eben auch überall."
Aus Italien, Rumänien und Griechenland kommen allenfalls wenige Ratsuchende (bzw. deren Eltern, denn darum geht es ja eigentlich; insofern ist auch die Frage etwas unpräzise). Kein einziges dieser Länder wird in der Kurzfassung der Studie erwähnt.Wenn es darum geht, von der auffallenden Häufigkeit von Zwangsheiraten im islamischen Milieu abzulenken, hat sie selbst nicht die geringsten Hemmungen, verkürzte und falsche Äußerungen zu verbreiten:
Frage: "Aus welchen Ländern kommen Ratsuchende in Ihre Beratungsstellen?"
Antwort: "Aus sehr vielen unterschiedlichen Ländern: Italien, Rumänien, Griechenland, Pakistan oder Indien. Patriarchalische Denkstrukturen und Familienverhältnisse gibt es überall und das Problem der Zwangsverheiratungen gibt es eben auch überall."
Dass sie die wesentlichen Problemländer - an erster Stelle natürlich die Türkei, gefolgt von Serbien (inkl. Kosovo und Montenegro), Irak und Afghanistan - außen vor lässt, zeigt ihre skrupellose Agitationsbereitschaft. Patriarchalische Denk- und Familienstrukturen gibt es eben NICHT überall in einem signifikanten Ausmaß, und Zwangsheiraten schon gar nicht . Einzelfälle wird man zwar auch beispielsweise im deutschen Kulturbereich feststellen können, und ebenso in anderen Industriestaaten, aber da müsste man dann auch sagen, dass es sich um Einzelfälle handelt.
Ihr Schlussatz in dem Interview liegt im ersten Teil neben der Sache, weil es nicht um die Studie geht, ist im 2. Teil unzutreffend, weil die Ministerin gerade keine "falschen Verallgemeinerungen" von sich gegeben hat und zeigt aber, dass Frau Demirer hauptsächlich aus ganz anderen Gründen als der angeblichen Falschaussage der Ministerin verägert ist: weil sie nämlich ihre Erwartungen enttäuscht sieht "dass es bessere Handlungsmöglichkeiten für die Menschen gibt, die von Zwangsverheiratungen bedroht oder betroffen sind".
Irgend jemand sollte die Diplom-Sozialpädagogin vielleicht mal darüber aufklären, dass auch Minister(innen) nicht zaubern können: Heute das Gutachten veröffentlicht, morgen alle Probleme aus der Welt geschafft?
Und wenn solche Erwartungen von einer Person geäußert werden, die wesentliche Ursachen der Zwangsheiraten unter dem Schleier des Nichtwissens halten will, erleichtert das die Hilfe für die Betroffenen mit Sicherheit nicht.
Bei Frau Dr. Nivedita Prasad muss ich nach der Lektüre dieser Vortragseinladung zum Frauenschwimmen davon ausgehen, dass sie gegenüber islamischen Wünschen einer (ggf. zeitweisen) Geschlechtertrennung im Schwimmbad aufgeschlossen gegenüber steht. Offenbar hat für sie das westliche Ideal der Gleichberechtigung nur einen begrenzten Wert, den man (zunächst) in Randbereichen durchaus zur Disposition stellen darf. Da überrascht es nicht, dass auch sie sich aktiv an der Verhüllung einiger hässliche Seiten im Bereich der islamischen Religiosität beteiligt.
Frau Dr. Monika Schröttle ist in Bielefeld am Institut "Interdisziplinäres Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung (IFF)" der dortigen Universität tätig. Motive dafür, dass sie sich an der o. a. Verschleierungskampagne beteiligt, konnte ich nicht ermitteln.
Prof. Dr. Ursula Boos-Nünning, eine Teilnehmerin des wissenschaftlichen Workshops, kommt ebenfalls aus dem katholischen Bereich ("katholische Religionssoziologie"). In dem (mir ansonsten nicht näher bekannten) Blog "Sägefisch", der sich eine "Pädagogische Islamkritik" zum Ziel gesetzt hat, wird sie als "islamwissenschaftliches Mietmaul" (des Islam oder der Vertreter multikulturalistischer Tendenzen in der Bundesrepublik?) apostrophiert. Schauen wir uns an, was sie in einem von dem Blogmaster (?) mitgeschriebenen Vortrag sagte (Auszüge; Hervorhebung von mir):
"Neben der sichtbar werdenden Moschee ist ein weiteres islamisches Symbol im öffentlichen Raum ganz wichtig, das Kopftuch, sind also die kopftuchtragenden Frauen. Leider wird immer noch empfohlen, auch für Schülerinnen das Kopftuchtragen im Schulgebäude nach dem grundfalschen Vorbild der Türkei und Frankreichs zu verbieten. Auch hierbei sehen wir also wieder diese Ablehnung des Fremden. .....
Ein beliebtes Vorurteil ist die Ursachenzuschreibung etwaiger Integrationsprobleme zum Islam. Wenn immer es irgendwo Schwierigkeiten gibt, werden diese mit dem Islam in Verbindung gebracht, der anderen Religion, werden dem Islam zugewiesen. Gerade Ehrenmord und Zwangsheirat betreffend meint die deutsche Öffentlichkeit, das habe etwas mit dem Islam zu tun. Es ist zwar richtig, zu sagen: Die Tradition der arrangierten Ehe und der Zwangsheirat wird allgemein vor allem im Hinblick auf islamische Kulturen als gültig betrachtet. In der Öffentlichkeit resultiert aus dieser Verallgemeinerung jedoch unzulässigerweise das fehlerhafte Bild von Frauenunterdrückung, Rückständigkeit und fehlender Emanzipation, was jedoch von den betroffenen muslimischen Frauen und muslimischen Familien ganz anders erlebt und bewertet wird. .....
Nehmen wir die Befreiung vom koedukativen Schwimmunterricht und von der Sexualerziehung. Das alles führte schon zu Klagen vor den Gerichten. ..... Warum verweigert sich die Mehrheitsgesellschaft dem Finden von Kompromissen? .....
An manch einer deutschen Hochschule finden sich viele Studentinnen und Studenten aus aller Welt, auch viele Studentinnen mit Kopftuch. Das ist völlig selbstverständlich. Die muslimischen Studentinnen und Studenten wollen nach eigener Auffassung den „wahren“ Islam mit der Moderne verbinden, sie wollen ihren Islam, ihre Religion mit ihrem Leben verknüpfen. Auch hier ist das Kopftuch wieder ganz zentral und bemerkenswert, denn das Mädchen kann sich gerade mit dem Kopftuch frei bewegen. Ohne Kopftuch könnte sie das unter Umständen nicht, die Familie würde ihren Lebensraum vielleicht eingrenzen. Das Kopftuch ermöglicht also einen erweiterten Aktionsradius. Das Kopftuch gibt ihr Freiheit."
Freiwilliges Kopftuchtragen ist grundsätzlich okay. Aber Solche Verhältnisse wären gerade ein Grund, das Kopftuchtragen in Schulen usw. zu verbieten: dann wären diese Frauen wenigstens dort dem Konformitätsdruck ihrer Familie oder Großfamilie entzogen. Und diese Familien würden sich zwangsläufig daran gewöhnen müssen, dass man auch ohne dieses Uniformstück des Islam leben kann.
Dass die Frau Professorin den familiären Zwang zum Kopftuchtragen nicht im Geringsten kritisiert, sondern als selbstverständlich akzeptiert, ist ein klares Indiz für eine islamophile und die Frauenrechte relativierende Gesinnung.
Bleibt noch die Frau Prof. Dr. Gaby Straßburger, Professorin für Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit mit dem Schwerpunkt „Sozialraumorientierte Soziale Arbeit“, Katholische [sic!] Hochschule für Sozialwesen Berlin, KHSB.
Als auffällig sei nebenbei auch vermerkt, dass hier von (3) Personen katholischen Glaubens ein hohes Maß an Verständnis für die islamische Religiosität gezeigt wird. Überraschen kann das natürlich nicht, denn für gläubige Katholiken dürfte die Religion einen weitaus höheren Stellenwert haben als etwa für Protestanten (von eifernden Sekten abgesehen). Ich kann mir schon vorstellen, dass die zweifellos sehr stark ausgeprägte Religiosität zahlreicher Muslime im Vergleich zur weitgehenden Religionsferne unserer Gesellschaft manchen praktizierenden Katholiken attraktiv erscheint.
Allerdings sehe ich darin auch eine Gefahr für den säkularen Charakter unserer Gesellschaft: Wir Laizisten müssen aufpassen, dass Islam und katholische Kirche nicht eines fernen Tages (in einigen Jahrzehnten) ein Bündnis eingehen (je nach demographischer Entwicklung dann möglicher Weise sogar unter islamischer Führung!), um uns zu entrechten, knechten und bekehren. Wundern würde es mich nicht, wenn es in einigen Jahrzehnten dazu kommen sollte.
Angesichts des mückenmäßigen Gewichts der Kritikervorwürfe gegen Frau Schröder war ich erstaunt, dass einige Presseorgane daraus einen Riesen-Bohai machten. Nicht erstaunt hat mich freilich, dass den Autoren teilweise gravierende Fehler bei der Darstellung unterlaufen sind. (Hervorhebungen in den nachfolgenden Zitaten jeweils von mir)
Die schlimmsten Schnitzer (sachliche wie journalistische) leistet sich Dietmar Neuerer (Handelsblatt 30.11.2011). Sein Artikel "Wissenschaftler empört: Familienministerin blamiert sich mit eigener Studie" ist auf drei Seiten verteilt, also im Verhältnis zum Anlass extrem lang. Einen gravierenden Verstoß gegen die journalistische Ethik stellt schon die Überschrift dar. Wer formuliert "XXX blamiert sich" behauptet damit, dass objektiv eine Blamage vorliegt. Ganz abgesehen davon, dass sich in Wahrheit nur die Kritiker blamiert haben, und zwar bis auf die wissensmorschen Knochen, ist es eine unzulässige Vermischung von Bericht und Kommentar und (selbst wenn eine Blamage nach dem Urteil breiter Kreise vorläge, woran es hier schon fehlt) eine inakzeptable Parteinahme (für einen Bericht).
Weiter geht es mit dem völlig aus der Luft gegriffenen Vorwurf, dass die Ministerin die Studie "komplett [!] falsch" interpretiert habe.
Dann überrascht der Zeitungsschreiber mit der Behauptung:
"Umso überraschter reagieren nun die Autoren [sic!] der Expertise, Heiner Bielefeldt, Yildiz Demirer, Nivedita Prasad und Monika Schröttle, auf die Einlassungen Schröders."Dass es sich gerade nicht um Autoren handelt, sondern um Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats (und zwar um eine Minderheit dieser Mitglieder) habe ich oben erwähnt. Die Unterschriften der zwei Professorinnen aus dem Wissenschaftlichen Workshop unterschlägt, passt zum Gesamteindruck einer schlampigen Berichterstattung, bei welcher der Schaum vor dem Mund die Glut des Gehirns weitgehend gelöscht hat.
Dass die Kritiker als weiteren wesentlichen Punkt (nachvollziehbar) die Tatsache beanstanden, dass die von Frau Schröder für Zwangsheiraten genannte Zahl von Ratsuchenden tatsächlich etwa 40% Personen umfasst, die lediglich von Zwangsheirat bedroht sind, interessiert Hr. Neuerer nicht. Er geilt sich am Religionsthema auf - klar, damit kann man schön Rabbatz machen.
Ein Oppositionspolitiker, der mitmacht, wenn es gegen die Regierung geht, ist schnell gefunden:
"Der SPD-Innenexperte Sebastian Edathy legte vor diesem Hintergrund Bundeskanzlerin Angela Merkel die Entlassung Schröders nahe." Dass Edathy genau so ein partieller Legastheniker ist wie der Artikelschreiber, merken normalen Lesern ja nicht:
"„Es ist mehr als eine Ohrfeige für eine Ministerin, wenn die Autoren [sic!] einer von ihr selber in Auftrag gegebenen Studie der öffentlichen Darstellung der Ministerin widersprechen“, sagte Edathy weiter."
Glück für Herrn Edathy, dass Dummheit nicht weh tut!
Cem Özdemir, Vorsitzender der Grünen, mixt die Angelegenheit gleich mit anderen zu einem politischen Molotow-Cocktail:
"Es sei offenkundig, dass Schröder seit ihrem Amtsantritt ihre eigene Agenda verfolgt. Sie habe die Extremismusklausel eingeführt und beharre weiterhin darauf. Sie verteidige eisern das Betreuungsgeld, und sie zögere auch nicht, selbst in Auftrag gegebene wissenschaftliche Studien „falsch und verzerrt wiederzugeben, dass sie in ihr konservatives Weltbild passen“, kritisierte der Grünen-Chef. „Dieser Vorfall ist nur ein weiteres Beispiel dafür, dass es in dieser Koalition nicht weit her ist mit bürgerlichen Werten.“
Für Herrn Özdemir ist demnach die Verteidigung der Wissenschaft gegen ihre eigenen Verräter kein bürgerlicher Wert!
Ebenfalls lang und, wenn auch nicht ganz so krass, grob fehlerbehaftet, ist der Artikel "Familienministerin in der Kritik. Wissenschaftler attackieren Schröder für islamophobe Untertöne" von Thorsten Denkler (Süddeutsche Zeitung 29.11.11).
Die Überschrift ist okay, weil sie sich einer eigenen Stellungnahme enthält und lediglich Fakten referiert. Aber schon kurz nach dem Artikelanfang finden wir Fehler und Verzerrungen:
"Das Thema ist heikel: Zwangsverheiratungen in Deutschland. Da können schnell antiislamische Ressentiments geschürt werden. Ein Umstand, der auch den Autoren der Studie bewusst war. Ministerin Schröder schien das jedoch herzlich egal zu sein. Ihr Aufsatz löste unter beteiligten Wissenschaftlern Empörung aus. Eine derart heftige Empörung, dass jetzt jene, die dem wissenschaftlichen Beirat des Schröder-Ministeriums angehören, mit einer schriftlichen Stellungnahme auf den Aufsatz der Ministerin reagiert haben. Die Kritik der Forscher [löblich immerhin, dass die SZ hier zum Originaltext verlinkt!] kann vernichtender kaum sein." Wie hier die Autoren erwähnt werden, ist sachlich zwar richtig. Im Leser weckt diese Art der Darstellung aber die Vorstellung, dass die Kritik von den Autoren kam (vielleicht war das auch die Quelle des Irrtums von Dietmar Neuerer?). Schlicht falsch ist die Behauptung, dass "jene, die dem wissenschaftlichen Beirat ... angehören" protestiert hätten. Wie oben erläutert, hat a) lediglich eine Minderheit der Beiratsmitglieder protestiert (wogegen man den Ausdruck "jene" nur als Synonym für "alle" verstehen kann) und sind b) (auch wenn das sachlich weniger wichtig ist) unter den Kritikern auch Personen, die nicht dem Beirat angehören, sondern an einem wissenschaftlichen Workshop teilgenommen haben.
Die Behauptung des Autors, dass die Kritik "vernichtender kaum sein" kann, ist eine totale Überzeichnung; da hat jemand seine Maßstäbe verloren - oder agitiert bewusst gegen die Ministerin (ein Verdacht, der mir nicht zuletzt auch bei dem Handelsblatt-Autor Neuerer kommt.) Außerdem ist "Kritik der Forscher" doppelt falsch, weil a) nicht alle Kritiker Forscher sind (s. o. für Yildiz Demirer) und b) auch hier im flüchtigen Leser wider der Eindruck erweckt wird, dass die Kritik von den Autoren der Studie kam.
Den letzten Satz der folgenden Passage hat der Autor frei erfunden:
"Schröder schreibt in ihrem FAZ-Artikel auch, dass "manche traditionellen Wurzeln endgültig durchtrennt werden" müssten. Die Forscher können sich nicht erklären, wie Schröder zu diesem Schluss kommen kann. Das "bleibt der Phantasie des Lesepublikums überlassen". Genauso wenig wie Religion sei bisher Tradition als entscheidendes Merkmal bei Zwangsehen festgemacht worden."
Aus der von mir bereits oben zitierten (und kritisierten) tatsächlichen Formulierung der Kritiker
"Was Ministerin Schröder im Übrigen mit der Forderung meint, dass „manche traditionelle Wurzeln endgültig durchtrennt werden“ müssten, bleibt der Phantasie des Lesepublikums überlassen. Die Gefahr, dass durch diese scharfe Formulierung anti-muslimische Ressentiments Auftrieb erhalten, liegt jedenfalls auf der Hand"
lässt sich in keiner Weise entnehmen, dass diese einen Zusammenhang zwischen Tradition und Zwangsehen bestreiten; täten sie es doch, müsste man ihre wissenschaftliche Qualifikation noch weitaus mehr bezweifeln als ohnehin schon (siehe auch oben!)
Schließlich ist auch Denklers folgende Zuschreibung an die Kritiker falsch, wonach "Religion und Zwangsehe ..... lediglich eine Scheinkorrelation" abbildeten. Das scheinen die Kritiker zwar zu glauben (und es dürfte, wenn man auf einen direkten Zusammenhang abstellt, auch richtig sein). Sie wahren aber wenigstens an dieser Stelle die wissenschaftliche Konvention, indem sie formulieren:
"So ist es durchaus möglich und wahrscheinlich, dass andere Faktoren als der religiöse Hintergrund eine zentrale Rolle spielen und die Religion der Täter/-innen hier lediglich Scheinkorrelationen abbildet."
Auch Denkler reiht sich also in verschiedenen Passagen seines Artikels in die Reihen der Legastheniker ein.
"Zwangsehen-Studie. Zank um Zahlen" von Anna Reimann (Spiegel Online 30.11.11) ist, schon im Titel, der objektivste der drei Berichte:
"Es ist ein hochideologisches Feld, wie fast immer, wenn es um Integrationspolitik geht, um Themen wie Ehrenmorde und Zwangsehen"
"Es ist ein hochideologisches Feld, wie fast immer, wenn es um Integrationspolitik geht, um Themen wie Ehrenmorde und Zwangsehen"
warnt zutreffend schon der Eingangssatz des Berichts. Nicht absolut falsch, aber doch die Wahrnehmung der Leser verfälschend ist allerdings auch hier die Charakterisierung der Funktionen der Kritiker im Zusammenhang mit der Studie:
"Aber richtig Ärger eingehandelt hat sich Schröder jetzt mit Wissenschaftlern, die an der Studie mitgearbeitet haben."
"Aber richtig Ärger eingehandelt hat sich Schröder jetzt mit Wissenschaftlern, die an der Studie mitgearbeitet haben."
'Otto Normalverbraucher' muss glauben, dass es sich um Mitautoren handelt. Rein referierend, auf jeden Fall zur Vorsicht mahnend und vielleicht sogar kritisch gegenüber den Kritikern, ist die Passage:
"Es geht um den alten Streit, ob Religion etwas mit Gewalt zu tun haben kann oder nicht. Ob es besser ist, wenn man über Zwangsehen und Ehrenmorde spricht, überhaupt nicht auf den Glauben der Täter zu schauen, weil man damit stigmatisiert? Oder ist es nicht unbedingt nötig, die Dinge beim Namen zu nennen, um Opfer besser schützen zu können?"Anstatt sich zur Handlangerin parteipolitischer Propaganda zu machen, wie Dietmar Neuerer im Handelsblatt, mahnt Anna Reimann zur Gelassenheit:
"Ein Beruhigungsappell kommt von der SPD: "Wir sollten mit diesen hysterischen Debatten aufhören und uns lieber um die Probleme der Betroffenen kümmern. Es ist die Aufgabe von Frau Schröder, sich für Frauenrechte einzusetzen und Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Darauf müssen wir uns konzentrieren, nicht darauf, was aus den Aussagen möglicherweise noch heraus interpretiert werden könnte. Auf die Intention kommt es an", sagt die baden-württembergische Integrationsministerin Bilkay Öney zu SPIEGEL ONLINE. Eine böse Absicht unterstelle sie Schröder nicht."
Im "Migazin" hat sich (bereits am 14.11.2011) auch eine gewisse Sakine Subaşı-Piltz, Erziehungswissenschaftlerin und Doktorandin am Exzellenzcluster (!) an der Goethe Universität Frankfurt am Main, gegen Familienministerin Kristina Schröder geäußert: "Zwangsverheiratungen. Diese Debatte stärkt die Ausgangsbedingungen für Gewalt!"
Diesen Aufsatz habe ich auf der Seite wie folgt kommentiert:
Dass die Autorin unter der Schutzmantelmadonna der Wissenschaft einen Kulturkampf betreibt, lässt sich besonders deutlich an ihrer Behauptung ablesen:
"Das Phänomen der Ehe durch Zwang wird hier schlichtweg exotisiert, obwohl es auch unter weißen, christlichen Deutschen diese Art der Ehen noch gibt, die entstanden sind, weil ungewollte Schwangerschaften aufgetreten sind."
Hier subsummiert die Autorin willkürlich einen Sachverhalt (man "muss" heiraten, weil ein Kind unterwegs ist) unter den Begriff der Zwangsheirat, den sie in ihrem Papier "Hat die Debatte über Zwangsverheiratungen eher die Ausgangsbedingungen gestärkt als Abhilfe geschafft?" der Uni Bremen (richtiger Weise) keineswegs dort verortet.
Und wo es in dem Papier noch vorsichtig heißt
"Die These, dass Zwangsverheiratungen insbesondere muslimische, gar türkische Phänomene seien, konnte in unserer Untersuchung keineswegs bestätigt werden"
verbiegt sie diesen Sachverhalt hier dreist zu der Behauptung, die Studie habe den Nachweis (!) geliefert, "dass Religion keine spezifische Rolle bei Zwangsverheiratungen spielt".
Weder Beweis noch Gegenbeweis sind auf diesem Gebiet einfach zu führen, und schon gar nicht mit Hilfe einer bloßen Metastudie (Auswertung anderer Forschungsarbeiten), zumal unklar bleibt, inwieweit die zugrunde liegenden Arbeiten die Frage überhaupt thematisiert haben.
Was allerdings feststellbar ist, ist die hohe Korrelation von Zwangsheiraten und islamischer Religionszugehörigkeit.
Komisch nur, dass lt. der neuen Studie von den wenigen (Wikipedia: 60 Tsd.) in Deutschland lebenden Jesiden etwa 10% der Ratsuchenden stellen; hier ist also die Korrelation noch weitaus höher.
Einen Zusammenhang zwischen Religion und Zwangsheiraten (der ohnehin sehr indirekter Art sein dürfte) kann man überhaupt erst dann erkennen (oder eben ausschließen), wenn man eine Korrelation festgestellt hat.
Wer aber die Erfassung der Religionszugehörigkeit kritisiert, will von vornherein verhindern, dass solche statistischen Zusammenhänge überhaupt bekannt werden. Das schließt dann aber auch weitere Forschungen in dieser Richtung von vornherein aus.
Mit Wissenschaft, Unvoreingenommenheit gar, ist das unvereinbar; da stecken offenkundig ganz andere Motive dahinter.
Abenteuerlich ist auch die Forderung der Autorin, dass eine "Patriarchatskritik in diesem Kontext ... doch wohl auch das Patriarchat in Deutschland mitkritisieren und nicht außen vor lassen" müsse.
Ganz abgesehen davon, dass man immer nur bestimmte Zusammenhänge thematisieren und ggf. kritisieren kann, und nicht gleich alle Ungerechtigkeiten der Welt auf einmal, sind die Rudimente patriarchalischer Strukturen in der deutsch-kulturellen Gesellschaft in keine Weise vergleichbar mit den sehr ausgeprägt patriarchalischen Strukturen in vielen (oder den meisten?) religiös-islamischen Familien.
Wie oben beim Thema Zwangsheirat versucht die Autorin hier also erneut, eine Gleichheit von tatsächlich völlig unterschiedlichen Sachverhalten vorzutäuschen. Und das ganz sicher nicht aus dem Ethos einer zweckfreien wissenschaftlichen Forschung heraus.
Der dortige Leserkommentator "naja" fasst den gleichen Sachverhalt kürzer:
"Das ist so ein perfider Rechtfertigungstext, da bleibt man nach dem Lesen wirklich sprachlos zurück. Zusammenfassend: “Don´t ask, don´t tell!”
“…eine kulturrassistische und imperialistische feministische Politik vorangetrieben wird, welche unter anderem zum Ziel hat, staatliche Versorgungsansprüche bei Muslimen zu minimieren und ihre gesellschaftliche Teilhabe zu verhindern.”
Mit den Geisteswissenschaften in Deutschland geht es echt bergab."
In der Tat ist der Artikel reine Propaganda, die sich das Mäntelchen einer Pseudowissenschaft der übelsten Sorte umhängt.
Ein(e?) Cahit Kaya vom "Zentralrat der Ex-Muslime" kommentiert:
"Kann es sein, dass die Autorin selbst von einem anti-westlichen Rassismus geprägt ist? .....
Wer von Zwangsheirat Betroffene kennt, oder arrangierte Ehen mitverfolgt kann sich nur wundern, was die Autorin bezweckt. Ich befürchte, es ist der Versuch jede Draht zwischen Muslimen und Mehrheitsgesellschaft zu durchtrennen. Also selbst dazu beizutragen, dass Partizipation nicht stattfindet, stattdessen Muslime die einzigen Ansprechpartner für Muslime bleiben und ihren anti-westlichen Rassismus dadurch erst rechtfertigen können. Leider mache ich zu oft die Erfahrung, dass die vermeintlichen Anwälte der Schwachen diese Schwachen erst heranzüchten um ihren eigenen Krieg zu führen."
Und ein "Menschenrechtsfundamentalist" schreibt sehr konkret:
"Sorry, aber durch die Arbeit in einem Verein, der Opfer von Zwangsheirat betreut und von Zwangsheirat Bedrohten Fluchthilfe gewährt, weiß ich, dass mehr als 90% der Betroffenen bei uns Muslime sind. Und ich weiß auch durch die Aussagen der Betroffenen, welche Rolle die Religion dabei spielt. Kristina Schröder liegt vollkommen richtig. Dieser Artikel hier verharmlost leider mal wieder in fahrlässiger Weise."
Jedenfalls ist der Artikel von Subasi-Piltz ein schöner Beweis für die Instrumentalisierung des Wissenschafts-Nimbus für einen Kulturkampf, der im Ergebnis nur zu Lasten unserer eigenen Kultur gehen kann (und soll?).
Nachtrag 17.12.2011
Auf der Webseite "Citizen Times", die ich nicht näher kenne (als Schwerpunkte nennt sie u. a.: Direkte Demokratie & Bürgerengagement, Euro-Krise & Transferunion, Kampfbegriff Islamophobie) wird die Kontroverse in ähnlichem Sinne wie bei mir u. d. T. "Die unbequeme Wahrheit einer Studie" behandelt (07.12.11):
"In diesem Zusammenhang ist es auch irritierend, dass ein Teil der an der Studie beteiligten Wissenschaftler die Religionszugehörigkeit der Betroffenen am liebsten gar nicht erst ermittelt hätte, wie das Handelsblatt berichtet. Welche Art von Wissenschaftlichkeit soll das denn sein, wenn Religion als möglicher Faktor von vorneherein in der Betrachtung und Untersuchung ausgeschlossen wird?"
Leider ohne nähere Spezifizierungen wird dort u. a. auch mitgeteilt:
- "Offenbar ist es darüber hinaus vielen Medien entgangen, dass es unter den Kritikern auch Wissenschaftler gibt, die eine wohlwollende Haltung gegenüber der als islamistisch kritisierten Gülen-Bewegung einnehmen" sowie
- "dass völlig unabhängig von der in der Öffentlichkeit hitzig diskutierten Zwangsheiratsstudie des Bundesfamilienministeriums eine Studie der Leuphana Universität Lüneburg existiert, die zu dem Schluss gelangt, dass “der Islam selbst eine Ursache dieser patriarchalen Strukturen ist”."
Nachträge 20.12.2011
Im Chor des Multi-Kulti-Weissnix-Agitprop darf natürlich die Frankfurter Rundschau nicht fehlen. "Zwangsheirat. Wie Schröder Studienergebnisse zurechtbiegt" schrieb dort Jonas Nonnemann am 30.11.2011. Wie er selber Fakten verbiegen kann, enthüllt der Vorspann, wo er behauptet, "die" Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats seien empört. Im Text heißt es dann zwar (meine Hervorhebung): "... schreiben Vertreter des zuständigen wissenschaftlichen Beirats", aber auch das ist falsch, denn für die Kritik waren sie nicht von den anderen Mitgliedern, bzw. durch einen Beiratsbeschluss, legitimiert und äußern sich insoweit also auch nicht für den Beirat. Wenn Nonnemann im Folgetext kritisiert (meine Hervorhebung): "Aus gutem Grund warnen viele Wissenschaftler vor zu kurzen und zu einfachen Kausalketten", schreibt Schröder da, konstruiert dann aber im nächsten Satz doch einen Zusammenhang. Der religiöse Aspekt dürfe uns "nicht kalt lassen", fordert sie und suggeriert, der Zusammenhang zwischen Zwangsheirat und Islam werde oft verleugnet " zeigt er damit nur, dass er intellektuell unfähig ist, zwischen Kausalketten und Zusammenhängen begrifflich zu unterscheiden.
In der WELT kritisierte am 03.12.2011 die Berliner Sozialwissenschaftlerin Necla Kelek unter der Überschrift "Wenn Forscher die fatale Rolle des Islam leugnen", dass sich bereits in der Studie selbst eine ideologische Voreingenommenheit niederschlage (meine Hervorhebung):
"Dieser Ansatz besteht darauf, die Angelegenheit als individuelles Problem zu betrachten und weigert sich, gesellschaftliche Strukturen oder kulturelle Dimensionen wie Gruppenzwang zu berücksichtigen. Religionszugehörigkeit sei, so der Beirat der Studie, eine „leere Variable“, also uninteressant. Dass es nachgewiesenermaßen einen „Zwang zur Ehe“ in der islamischen Kultur gibt, wird von diesen Wissenschaftlern geleugnet. Sexualität ist im Islam bekanntermaßen nur in der Ehe legitim, und – ob freiwillig oder mit Druck – die Eltern haben ihre religiöse Pflicht erst erfüllt, wenn sie die Kinder verheiratet haben. Wer die gesellschaftliche Dimension von Religion negiert, macht einen methodischen Fehler, kommt in der Analyse zu schrägen Ergebnissen und zieht die falschen Schlüsse. ..... Grund für diesen wissenschaftlichen Unsinn ist der wissenschaftliche Beirat der Studie. Die dort unter anderem versammelten Professorinnen Ursula Boos-Nüning, Birgit Rommelsbacher und Gaby Straßburger und ihre Mitstreiter in den Instituten setzen seit Jahren alles daran, die „Kulturalisierung“ von Integrationsproblemen speziell auch der Heiratspraxis zu verhindern. ..... Die monokausale Definitionen der Studie zeigen wie diese Migrationsforscherlobby in der Lage ist, Wissenschaft zu ideologisieren und wie immer Integrationsprobleme zunächst auf ein soziales, wenn dies nicht hilft auf ein ökonomisches und nun auf ein Bildungsdefizit zu reduzieren. Und wenn das nicht hilft, bemüht man die „Stammesgepflogenheiten“ als Ursache, ohne zu fragen, woher Tradition kommt und wer sie legitimiert. Und warum die Lage der Frauen und die Heiratspraxis sich in islamischen Gesellschaften weltweit so ähneln."
Nachtrag 23.12.2011
Kritisch mit der nur sehr eingeschränkten Ver- bzw. Auswertung der Religionszugehörigkeit in der Studie selbst (also nicht mit der Kritik einiger Beiratsmitglieder an Ministerin Schröder) setzt sich (anhand der Kurzfassung der Studie) der Text "Zwangsverheiratung zwischen empirischer Realität und ideologischer Verdunkelung. Darstellung und kritische Kommentierung der Studie 'Zwangsverheiratung in Deutschland - Anzahl und Analyse von Beratungsfällen' (Kurzfassung)" von Hartmut Krauss vom Nov. 2011 auf der Webseite der "Gesellschaft für wissenschaftliche Aufklärung und Menschenrechte (GAM)" auseinander. Auszug (meine Hervorhebung):
"Da - wie aus kritisch-wissenschaftlicher Perspektive zu erwarten - 83% der in der Untersuchung erfassten zwangsverheiratenden Eltern der islamischen Religionsgemeinschaft angehören, war - ebenfalls erwartungsgemäß - die Erhebung des Merkmals „Religion“ im Beirat der Auftragsstudie „umstritten“ bzw. Gegenstand einer „kontroversen Diskussion“(2). A priori ausgeschlossen bzw. „wegzensiert“ wurde damit eine begründungsanalytische Betrachtung der Bestimmungsgröße „religiös-normatives Orientierungsprofil“ als kausaler Faktor für ZV. Zugelassen wurde lediglich eine Erhebung der Religionszugehörigkeit zu ausschließlich „deskriptiven Zwecken“. Eine nähere Aufklärung der einstellungs- und handlungsleitenden Bedeutung islamischer Normen für ZV war demnach explizit unerwünscht und sollte weitestgehend ausgeklammert werden. „Mit der gewählten Methode und anhand der Datenlage konnte und sollte also nicht überprüft werden“, so die Autoren der Studie, „ob und welche Zusammenhänge die Religionszugehörigkeit/Religiosität mit Zwangsverheiratung hat“ (S. 36). ..... „In der Forschung“, so behaupten die Autoren undifferenziert, übergeneralisierend, ohne nähere Angaben/Verweise und wenn, dann nur für die unkritisch-auftraggebernahe „Meinungswissenschaft“ zutreffend, „besteht Einigkeit darüber, dass sich Zwangsverheiratungen nicht auf bestimmte religiöse Traditionen zurückführen lassen, sie kommen in unterschiedlichen sozialen, ethnischen und kulturellen Kontexten überall auf der Welt - und auch in Europa - vor“ (S. 9). Vor dem Hintergrund der von den Autoren selbst ermittelten erdrückenden Dominanz islamischer Akteure von ZV kann man diese Aussage nur als ärgerliches und überdies völlig untaugliches Ablenkungsmanöver klassifizieren. Zwar ist ZV zunächst tatsächlich ein strukturelles Phänomen nicht nur islamisch geprägter, sondern generell vormoderner, religiös-patriarchalisch geprägter Standesgesellschaften und Sozialmilieus. Tatsache ist aber eben auch, dass insbesondere die islamische Form einer vormodern-patriarchalischen Lebenskultur ZV impliziert und effektiv tradiert. Insofern nämlich die vormoderne Konstitution der islamischen Herrschaftskultur samt der ihr innewohnenden Normativität im Vergleich zu anderen Kulturregionen durch keine gegenmächtige Modernisierungsbewegung entscheidend aufgebrochen und abgeschliffen wurde, erweist sich die islamische Form des Patriarchalismus und der ZV als besonders zählebig, resistent und quantitativ bestimmend. Indem dieser Tatbestand immer wieder verwischt wird, laufen Studien wie die hier behandelte Gefahr, ihre eigenen Resultate in obendrein sehr unglaubwürdiger Art und Weise zu entwerten."
ceterum censeo
Ein Wundbrand zerfrisst das alte Europa,
weil es zu feige ist, Sein krankes Glied zu amputieren!
POPULISTISCHES MANIFEST
(für die Rettung von ? Billionen Steuereuronen!):
Ein Gespenst geht um in Deutschland - das Gespenst einer europäischen Transferunion und Haftungsunion.
Im Herzland des alten Europa haben sich die Finanzinteressen mit sämtlichen Parteien des Bundestages zu einer unheiligen Hatz auf die Geldbörsen des Volkes verbündet:
· Die Schwarzen Wendehälse (die unserem Bundesadler den Hals zum Pleitegeier wenden werden),
· Die Roten Schafsnasen (vertrauensvoll-gutgläubig, wie wir Proletarier halt sind),
· Die Grünen Postmaterialisten (Entmaterialisierer unserer Steuergelder wie unserer Wirtschaftskraft),
· Die machtbesoffenen Blauen (gelb vor Feigheit und griechisch vor Klientelismus), und selbstverständlich auch
· Die Blutroten (welch letztere die Steuergroschen unserer Witwen, Waisen und Arbeiter gerne auflagenlos, also in noch größerer Menge, gen Süden senden möchten).
Wo ist die Opposition im Volke, die nicht von unseren Regierenden wie von deren scheinoppositionellen Komplizen als Stammtischschwätzer verschrien worden wäre, wo die Oppositionspartei, welche sich der Verschleuderung der dem Volke abgepressten Tribute an die europäischen Verschwendungsbrüder wie an die unersättlichen Finanzmärkte widersetzt hätte?
Zweierlei geht aus dieser Tatsache hervor:
Das Volk wird von fast keinem einzigen Politiker als Macht anerkannt.
Es ist hohe Zeit, dass wir, das Volk, unsere Anschauungsweise, den Zweck unserer Besteuerung und unsere Tendenzen gegen die fortgesetzte Ausplünderung durch das Finanzkapital bzw. durch die Bewohner anderer Länder und durch seine/deren politische Helfershelfer vor der ganzen Welt offen darlegen und dem Märchen von dem grenzenlosen Langmut der Deutschen den Zorn des Volkes selbst entgegenstellen.
Textstand vom 01.04.2022
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