Montag, 9. Juni 2014

Ein Professor, der vom Schlagschatz träumt: Wie Joseph Huber uns Willkürgeld als "Vollgeld" andrehen will


Heute habe ich bei Internet-Recherchen einen mir bisher unbekannten Begriff (aber für einen mir vom Inhalt her längst vertrauten Sachverhalt) entdeckt: Willkürgeld.

Willkürgeld in dem Sinne, wie ich es hier verwenden möchte (und wie es für einen Erkenntnisgewinn allein sinnvoll ist), ist nicht identisch mit "Fiatgeld" (engl. fiat money).
Vielmehr gehe ich von der Definition von Rudolf Schilcher aus, der in seinem Buch "Geldfunktionen und Buchgeldschöpfung: ein Beitrag zur Geldtheorie" (1958) auf S. 105 im Anschluss an John Maynard Keynes unterscheidet (meine Hervorhebung):
"Es ist schließlich drauf hinzuweisen, dass selbstverständlich zwar nicht der Begriff, wohl aber der ökonomische Gehalt und die Wirkungen der Geldschöpfung ganz verschieden sind, je nachdem, ob es sich um die Vermehrung von Warengeld, Willkürgeld oder Kreditgeld handelt."
Warengeld (engl. commodity money) gibt es heute praktisch nicht mehr. Für die vorliegende Diskussion ist daher nur Schilchers Unterscheidung zwischen "Willkürgeld" und "Kreditgeld" erheblich. (Zum Begriff Willkürgeld vgl. auch diese Erörterung im "Umbruch-Wiki" im Zusammenhang mit der sog. Eigentumsökonomik.)

Bekannter als diese Dreiteilung der Geldarten dürfte allerdings die Unterscheidung zwischen "Warengeld" (also historisch insbesondere Edelmetallgeld) und "Fiat Money" sein.
Der einschlägige Wikipedia-Artikel zum Fiatgeld warnt aber ausdrücklich davor, Fiatgeld mit Kreditgeld gleichzusetzen:
"Fiatgeld wird oft fälschlicherweise mit Kreditgeld gleichgesetzt, Kreditwährungen stellen allerdings nur eine Teilmenge von Fiatwährungen dar. Kreditgeld ist der Kredittheorie nach per Saldo mit der Geldschuld und diesbezüglichem „Rückleistungsdruck“ bzw. verpfändeten Sicherheiten gedeckt. Verringert sich allerdings die Qualität der Sicherheiten bei der Kreditvergabe, nimmt nach Friedrich August von Hayek die Neutralität des Geldes und damit der Marktwert des Geldes ebenso ab."
Dieser Hinweis ist zwar hilfreich. Er liefert uns aber leider keinen Begriff für diejenige Teilmenge von Fiatgeld, die nicht Kreditgeld ist.

Und eben hier kommt uns Schilchers "Willkürgeld" zu Hilfe:
"Willkürgeld beruht allein auf staatlicher Deklaration, kann ohne Produktionskosten hergestellt werden [in diesem Punkt unterscheidet es sich, auch nach Schilcher, nicht vom Kreditgeld] und wird zum Geld, indem es der Staat ohne Rücksicht auf ökonomische Erwägungen kraft seiner Autorität den Wirtschaftssubjekten aufdrängt."
Das ist eine sehr gewundene Definition, die man deutlich vereinfachen kann:
"Willkürgeld" ist Geld, das der Staat produziert und mit dem er unmittelbar "einkaufen geht". Diese Staatsfinanzierung durch Gelddrucken hat z. B. in der Weimarer Republik 1923 zur Hyperinflation geführt. Es gab sie aber schon zu Zeiten des Warengeldes: Der Staat hat dann einfach die Münzen verschlechtert, d. h. immer weniger Edelmetall beigefügt oder, anders betrachtet, weitaus mehr Münzen als normal geprägt. (Ein historisch besonders drastischer Fall war um 1620 in der Anfangszeit des 30jährigen Krieges die "Kipper- und Wipperzeit"; vgl. dazu auch das Buch "Das Prager Münzkonsortium 1622/23: Ein Kapitalgeschäft im Dreißigjährigen Krieg am Rand der Katastrophe" von Steffen Leins.)

Hier die Geldarten nach den verschiedenen möglichen Formen der Geldschöpfung noch einmal übersichtlich dargestellt:
  1. Warengeld (im Prinzip - wenn auch nicht immer in der Wirklichkeit - ganz oder weitgehend durch den Warenwert gedeckt) und
  2. Fiatgeld
Beim Fiatgeld wiederum lassen sich unterscheiden
  • Kreditgeld (Geldschöpfung erfolgt durch Kreditvergabe der Zentralbank und - hauptsächlich - der Geschäftsbanken. Die Deckung des Geldes ergibt sich durch die Rückzahlungspflicht des Schuldners) und
  • Willkürgeld (vom Staat gedruckt und unmittelbar ausgegeben: Print & spend, sozusagen. Dieses Geld ist völlig ungedeckt; hier setzt sich der Staat als Mitesser an den Wirtschaftstisch, ohne seinerseits eine Gegenleistung einzubringen. Es handelt sich also im Ergebnis um eine Besteuerung, eine Inflationssteuer.)

Meine Recherchen standen im Zusammenhang mit Meldungen, wonach ein Verein in der Schweiz ein Volksbegehren für die Einführung von Vollgeld durchzusetzen versucht (hier die Webseite der "Vollgeld-Initiative"):


An dem Verein und an der Schweizer Initiative wohl nicht beteiligt ist Prof. Joseph Huber, der jedoch als Ideengeber anzusehen ist.
Schauen wir uns im Detail an, was für ein monetäres Wunderwerk er ausgetüftelt hat.

"Geldregal bedeutet das hergebrachte Vorrecht des Staates, in seinem Hoheitsbereich die offizielle Währung zu bestimmen und die gesetzlichen Zahlungsmittel in dieser Währung zu schöpfen und in Umlauf zu bringen. Daraus erwächst dem Staat ein Geldschöpfungsgewinn. Dieser wird als Seigniorage bezeichnet"
lesen wir im "Halleschen Graureiher" 2004-5. Bei dieser Publikationsreihe handelt es sich um nichts weniger als die "Forschungsberichte des Instituts für Soziologie. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg". Texter dieser Zeilen ist der oben erwähnte Joseph Huber (Wikipedia), (mittlerweile) emeritierter Soziologieprofessor der Universität Halle an der Saale. Und bis zu diesem Punkt ist seine Darstellung immerhin noch zutreffend.
Wörtlich genommen stimmt auch der folgende Teil seiner Darstellung noch:
"Die Seigniorage [zum Begriff s. a. den Wikipedia-Eintrag] besteht in der Differenz zwischen den Produktions- und Bereitstellungskosten der Zahlungsmittel einerseits und ihrer Kaufkraft andererseits, die der Staat realisiert, indem er neu geschöpfte Zahlungsmittel durch öffentliche Ausgaben in Umlauf bringt."
Nur werden bereits hier sehr viele Leser übersehen haben, dass der Text eine "wenn ... dann"-Bedingung enthält: Nur dann, wenn ein Staat "neu geschöpfte Zahlungsmittel durch öffentliche Ausgaben in Umlauf bringt", hat er einen Gewinn, welcher in der "Differenz zwischen den Produktions- und Bereitstellungskosten der Zahlungsmittel einerseits und ihrer Kaufkraft andererseits" besteht.
Würde der Staat lediglich das Bankensystem verstaatlichen, ohne sonst etwas ändern, müsste die Geldschöpfung nach wie vor im Kreditwege erfolgen. Der Staat würde dann anstelle der Banken einen (im Verhältnis) bescheidenen Zinsgewinn (Kreditzinsen abzüglich Kosten, einschl. Kosten der Kreditausfälle) kassieren. Aber eben keine Seigniorage [den Gewinn des Staates bei der Münzprägung nannte man in alten Zeiten den "Schlagschatz", daher dieser Begriff in der Überschrift]. Seigniorage fällt lediglich dann an, wenn der Staat selbst hergestelltes Geld unmittelbar ausgibt.

"Vor der Währungsunion betrugen die Produktionskosten eines 1-Mark-Stücks 16 Pfennige. Die Seigniorage, hier als Münzgewinn , betrug damit 84 Pfennige oder 84% abzüglich der Verwaltungs- und sonstigen Transaktionskosten. Die Produktion einer deutschen Banknote kostete durchschnittlich 15 Pfennige. Auch die Herstellungskosten Für die jetzigen Euro-Banknoten betragen im Durchschnitt 7–8 Cent pro Geldschein. Dabei
handelt es sich zumeist um 10, 20 und 50 Euro-Scheine ..... . Bei Banknoten ist die Seigniorage also noch höher als bei Münzen, und bei unbaren Sichtguthaben am höchsten, da die Herstellungskosten (nicht die Transaktionskosten) in diesem Fall nahe null liegen – oder richtiger gesagt, sie wären es, würde dieses Geld durch Staatsausgaben in Umlauf gebracht und nicht, wie heute, durch Kredit der Zentralbank an die Banken bzw. der Banken an das Publikum." (Hervorhebung von mir)
Hier verbirgt sich bereits ein Denkfehler anderer Art, wenngleich ein weit (wenn nicht gar universal) verbreiteter. Für die vorliegende Argumentation ist er allerdings nebensächlich und ich werde in einem separaten Blott darauf eingehen. [Erg. 3.7.14: S. jetzt "Was kostet die Herstellung von Fiatgeld?"]
Deswegen hier nur kurz die Anmerkung, dass in die Herstellungskosten von Geld, welches im Kreditwege geschöpft wird, bei richtiger Betrachtung auch diejenigen Kosten einzurechnen sind, welche durch die Kreditvergabe entstehen: Also beispielsweise für die Kreditverhandlungen, Bonitätsprüfung und ganz besonders die durch Kreditausfälle anfallenden Verluste. (Allerdings kann es sein, dass Huber diese Kosten gedanklich unter den "Transaktionskosten" subsumiert.)

"Die heute überwiegende Form der Geldschöpfung besteht in der Bereitstellung von Sichtguthaben auf Girokonten durch die Banken. 'Sicht' kommt von 'auf Sicht' und bedeutet, dass es sich um eine Verbindlichkeit der Bank gegenüber dem Kunden handelt, die jederzeit, also 'täglich fällig' sein kann, sobald die Bank vom Kunden eine solche Forderung zu 'sehen' bekommt. Sichtguthaben stellen in der Eurozone heute 85% der Zahlungsmittel dar, wie die Geldmenge M1 sie repräsentiert (siehe Tab. 1 und 2). Damit ist das Geldregal dem Staat faktisch entglitten und auf die Banken übergegangen. Dies ist eine unmittelbare Folge der historischen Ausbreitung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs im 20. Jahrhundert und zuletzt seiner Beschleunigung durch die IuK-technischen Zahlungsverfahren. Die Absicht der hier dargelegten Reform der Geldschöpfung besteht darin, das Geldregal in zeitgemäßer Weise wieder herzustellen und die damit verbundene Seigniorage ungeschmälert dem öffentlichen Haushalt zugute kommen zu lassen." (Meine Hervorhebungen.)

In diesem Abschnitt wird Hubers Darstellung nun vollends schief:
  1. Die Geldschöpfung der Banken durch Kreditvergabe ist nicht davon abhängig, dass die Banken dafür SICHTeinlagen verwenden können. Das funktioniert im Prinzip auch dann, wenn sie dafür lediglich Spar- und Termineinlagen nutzen dürfen (s. u.) 
  2. Kreditgeld hat es, neben Münzgeld, schon seit unvordenklichen Zeiten gegeben (auch wenn es im Verhältnis zum Münzgeld früher weit weniger gewesen sein mag als heute). Die Staaten haben also zu keinem Zeitpunkt die gesamte Geldschöpfung kontrolliert.
  3. "Entglitten" ist dem Staat gar nichts. Vielmehr erfordert es das Prinzip der Gelddeckung, dass Geldformen, die keinen substantiellen Materialwert haben (also insbesondere Papiergeld und Buchgeld) ausschließlich im Kreditwege in Umlauf werden. Anders gesagt: Wenn ein (mehr oder weniger) substanzgedecktes Warengeld durch eine andere Geldform abgelöst wird, dann muss dafür gesorgt werden, dass auch diese Geldform realwirtschaftlich gedeckt ist. Schon Edelmetallmünzen waren früher zwar nicht voll durch den Materialwert (und die Kosten der Ausmünzung) gedeckt, aber immerhin doch zu einem sehr großen Teil. Wenn dieser Zusammenhang zerstört wurde, d. h. wenn der Staat in rauen Mengen minderwertige Münzen prägte (was er besonders in Kriegszeiten tat, etwa in der Kipper und Wipper-Zeit um 1620) hatte das regelmäßig eine Teuerung (Inflation) zur Folge. Auf welche Weise die Geldschöpfung im Kreditwege dafür sorgt, dass das ausgegebene Geld (im Prinzip) "gedeckt" ist, hatten wir schon oben im Wikipedia-Stichwort "Fiatgeld" gelesen: "Kreditgeld ist der Kredittheorie nach per Saldo mit der Geldschuld und diesbezüglichem „Rückleistungsdruck“ bzw. verpfändeten Sicherheiten gedeckt." Sehr schön (und zudem mit einer präzisen Unterscheidung zwischen finanzwirtschaftlicher und realwirtschaftlicher Gelddeckung) formuliert auch Otto Veit in seinem Buch "Reale Theorie des Geldes" (1966, S. 29), auf welche Weise kreditgeschöpftes Geld gedeckt ist: "Solches Kreditgeld ist volkswirtschaftlich nicht 'ungedeckt', wie manchmal gesagt wird. Bankmäßig liegt die Deckung in dem Anspruch gegen den Schuldner; volkswirtschaftlich liegt sie in der antizipierten Güterleistung, die der Schuldner erbringen muss, um den Kredit einzulösen". Ausführlicher habe ich die Zusammenhänge (in der realwirtschaftlichen Dimension) in meinem Blott "Einen Kredit gibt es nicht. 100 Jahre "Kredittheorie des Geldes" (Credit Theory of Money) von Alfred Mitchell Innes" beschrieben. Entscheidend ist jedenfalls, dass derjenige, der zuerst Geld ausgibt (als Privatmann oder als Staat) eine Leistung in die Volkswirtschaft zurückspeist. Nur dann hat das Geld eine Deckung; anderenfalls geht der "Erstgeldempfänger" für lau einkaufen. Auf Kosten aller anderen Geldverwender. Sehr eindrucksvoll hat das (im Zusammenhang der Eurokrise) Gero Jenner in seinem Artikel "Die Lügen der Politik" beschrieben (Januar 2012; auch hier online): "Eine halbwegs funktionierende Geldwirtschaft, wie sie in Deutschland noch bis vor wenigen Jahren bestand, stattet Privatleute und den Staat theoretisch nur unter zwei Bedingungen mit Geld aus. Sie müssen dieses entweder durch eigene Leistung erwerben – der Privatmann in Form von Einkommen, der Staat, indem er für seine Leistungen Steuern erhebt – oder sie können sich Geld von anderen Leistungsträgern zeitweise gegen wertgleiche Sicherheiten entleihen. In einer funktionierenden Geldwirtschaft sind Staat und Bürger in dieser Hinsicht vollkommen gleichgestellt. Weder ist es einem Privatmann erlaubt, Falschgeld in Umlauf zu bringen und sich damit Reichtum aus dem Nichts zu verschaffen, noch darf der Staat die Notenpresse der Zentralbank für sich rotieren lassen. Denn dann würde auch er sich eine Art von Falschgeld verschaffen: Willkürgeld, das durch keine Wirtschaftsleistung gedeckt ist."
Huber sagt das zwar nicht direkt, aber er erweckt hier bei weniger kundigen Lesern den Eindruck, als würden sich gegenwärtig die Geschäftsbanken gigantische Seigniorage-Gewinne unter den Nagel reißen. Und als würde sein Vollgeld lediglich diese (ungerechtfertigten) Gewinne von den privaten Banken (wieder) zum Staat hin verlagern.
Er selber weiß das zwar besser (S. 10 unten/11 oben; dagegen S. 12 letzter Absatz vor dem "Exkurs" wieder unklar), aber in dieser falschen Weise wird das Vollgeldwunder in der Öffentlichkeit verstanden:
"Geld schaffen zu können, ist tatsächlich ein riesiges Privileg. Wer Geld prägt, kann die Seigniorage kassieren. Darunter versteht man die Differenz zwischen dem Warenwert des Geldes und seinem Tauschwert. Das schenkt ein. Eine Hunderternote beispielsweise hat einen Warenwert von etwa 15 Rappen. Wenn nur noch die Zentralbank Geld schaffen könnte, dann würde die öffentliche Hand gewaltig profitieren. Allein bei der Einführung des Vollgeldes würden der Schweiz etwa 600 Milliarden Franken zufliessen. Die Staatsschulden von aktuell 211 Milliarden könnten damit gleich mehrfach beglichen werden. Auch danach würde der Staat viel Geld einnehmen. Für jedes Wachstum des Bruttoinlandprodukts um 1 Prozent erhielte er 7 Milliarden Seigniorage"
heißt es in dem obenerwähnten BAZ-Artikel vom 28.11.2013.
Der Fehler liegt darin, dass der Journalist die bei der Erzeugung von Willkürgeld (das der Staat einfach "druckt" und ausgibt)  in Höhe der Herstellungskosten : Kaufkraft anfallende Seigniorage auch bei der kreditären Geldschöpfung vermutet. Tatsächlich fällt dort aber nur der Reingewinn aus den Zinsen als (wenn man so will) "Seigniorage" an. Denn die Bank gibt das Geld ja nicht aus (d. h. sie kauft damit nichts ein), sondern erzeugt es lediglich für einen Kreditnehmer. Und wenn der den Kredit tilgt, ist das Geld wieder verschwunden ("vernichtet").
Die fast 100%ige Seigniorage beim Willkürgeld ist das Ergebnis eines staatlichen Betruges, indem dieser sich einfach selber Geld druckt und (wie in den Anfangsjahren der Weimarer Republik) direkt mit diesem ungedecktem Geld "bezahlt" (nicht anders als ein Geldfälscher).
Wenn man weniger hart formulieren will, wäre es anstatt eines Betruges eine (freilich hinterhältige) Form der Besteuerung der Bürger.
Insofern können die Schweizer froh sein, dass das Vollgeld-Volksbegehren voraussichtlich wenig Chancen hat: "Diese Volksbegehren sind sehr schwer vermittelbar" berichtete die Basler Zeitung am 02.06.2014.
Von den 31 S. seines hier behandelten Textes (natürlich hat er noch andere Papiere und Bücher darüber geschrieben) verwendet Huber den allergrößten Teil auf Darstellungen der vermeintlichen oder tatsächlichen Nachteile des derzeitigen Bankensystems und der wundersamen Vorteile seines Vollgeldes.
Logischer Weise bleibt dann nur einen relativ kurzer Teil für das, was doch eigentlich im Zentrum seiner Untersuchung stehen sollte: Die Frage nämlich, wie denn sein Vollgeldsystem überhaupt genau funktionieren soll ("Die Vollgeldreform im Einzelnen", S. 14 Mitte bis S. 21 oben; meine Hervorhebungen):
"Die Reform der Geldschöpfung durch Vollgeld besteht aus zwei Komponenten, die als zwei Seiten einer Medaille angesehen werden können: zum einen die vollumfängliche Wiederherstellung des staatlichen Geldregals und der daraus fließenden Seigniorage, zum anderen die Beendigung der Sichtguthabenschaffung der Banken durch Umwandlung der Girokonten in Geldkonten. Das eine setzt das andere voraus. Auf Geldkonten werden die unbaren Guthaben keine täglich fälligen Zahlungsversprechungen mehr sein, sondern positives unbares Geld, vollwertige gesetzliche Zahlungsmittel, eben Vollgeld."
Nun kann es dem Bankkunden herzlich gleichgültig sein, ob seine Einlagen Zahlungsversprechen der Bank sind oder sogenanntes "Vollgeld": Hauptsache, diese Gelder sind bei einer Insolvenz der Bank geschützt.

Theoretisch sind sie das momentan zwar nur bis zur Höhe bestimmter Einlagensicherungsbeträge. Praktisch aber ist in Deutschland in der Finanzkrise noch keine Bank in die Insolvenz gegangen; im Zweifel hat der Staat für die Einlagen gebürgt. Nach den Vorstellungen von Huber sollen die Kundeneinlagen auf den Sichtkonten nicht mehr Forderungen gegen die Bank sein, sondern gegen die Zentralbank. Die kann niemals pleite gehen, also problemlos für das Geld garantieren. D. h. für den Nennwert des Geldes - nicht aber für die Kaufkraft.
Huber geht, wie alle Geldsystemzauberer, selbstverständlich davon aus, dass sein Geldsystem inflationsfrei wäre: "Darüber hinaus kann man davon ausgehen, dass in einem Vollgeldregime die benötigte inflationsfreie Geldmenge etwas umfangreicher als heute wäre." (S. 16)
In der Realität würde aber freilich die Kaufkraft bereits dadurch untergraben, dass die Zentralbank dem Staat das frisch gedruckte Geld einfach schenken soll (auch wenn es nach Hubers Vorstellung bilanziell als Kredit erfasst würde):
"Die Ausgabeabteilung [der Notenbank] würde das Geld auf das Konto des Finanzministers überweisen, zinsfrei, und faktisch auch tilgungsfrei, zum allgemeinen Nutzen der öffentlichen Hand, durch deren Ausgaben es in Umlauf gebracht würde."
Diese Geldschöpfung soll zwar nicht die gesamten Staatsausgaben finanzieren, und die Umstellung soll auch über einen gewissen Zeitraum gestreckt werden. Der Schweizer Vollgeld-Verein beschreibt seine einschlägigen Vorstellungen wie folgt:
"Es ist nur sinnvoll, die langfristig benötigte Geldmenge schuldfrei in Umlauf zu bringen. Angesichts der vor der Finanzkrise 2008 benötigten Geldmenge ist eine schuldfreie Auszahlung innerhalb von 15 Jahren von etwa 300 Milliarden wahrscheinlich – eine erfreuliche Folgewirkung der Vollgeldreform."
Dem Schweizer Staat würden damit jedenfalls in dieser Phase jährlich mindestens 20 Mrd. sfrs zusätzlich zufließen. (Wozu aber noch die "Seigniorage" der laufenden Geldmengensteigerung käme.) Setzt man den Schweizer Staatshaushalt ganz grob mit 200 Mrd. sfrs an, wären das immerhin ca. 10% Mehreinnahmen - und entsprechend natürlich Mehrausgaben (mit frisch gedrucktem ungedecktem Geld), denn die Politik würde diesen Geldsegen sicherlich nicht irgendwo bunkern.

Wobei ohnehin unklar ist, wie die Vollgeld-Freaks sich das In-Verkehr-Bringen des Vollgeldes vorstellen.
Denn dieses Vollgeld soll ja die bisherigen Nicht-Vollgeld-Geldbestände DER BÜRGER ablösen, also den Bürgern im Tausch für ihre bisherigen Guthaben zufließen. Wieso bei dieser Sachlage der Staat benötigt wird, um das Geld in Umlauf zu bringen, ist mir schleierhaft. Ich vermute, dass die Vollgeld-Fans hier (genau wie der oben zitierte BAZ-Journalist) der Autosuggestion erlegen sind, die Seigniorage würde bereits durch die Geldschöpfung als solche entstehen. Was, wie wir oben gesehen haben, unzutreffend ist; sie wird nur dann und dadurch realisiert, wenn bzw. dass das Geld zusätzlich zu schon vorhandenem Geld gedruckt wird, und jemand damit einkaufen geht.
Wird aber lediglich eine Geldsorte gegen eine andere umgetauscht, fällt für den Herausgeber des Geldes natürlich auch keine Seigniorage an.



Die inflationäre Wirkung von Hubers famoser Seigniorage-Alchemie (wenn denn das Geld überhaupt über den Staat in Umlauf gebracht würde bzw. überhaupt werden könnte - s. o.) ist aber nur EIN Aspekt, der daran zweifeln lässt, dass Hubers Vollgeld-Vorstellungen auch nur halbwegs durchdacht sind.
(Wobei allerdings Huber, wenn ich mich recht erinnere, eine Seigniorage nur aus der laufenden Ausweitung der Geldmenge erwartet; nicht aus dem Umtausch. Sodass sie deutlich geringer wäre, als die Schweizer sich das vorstellen.)


Ein anderer Nachteil für die Bürger liegt darin, dass sie, sobald ihre Girokonten bei den Banken nur noch Forderungen gegen die Zentralbank wären (und damit für die Geschäftsbanken völlig nutzlos) (S. 19 u. a.), den Banken Verwaltungsgebühren bezahlen müssten. Denn aus welchen Einnahmen sollten die Banken die Kosten dafür tragen?
Freilich haben die Banken durchaus noch Einnahmen - und dürfen auch weiterhin Kredite vergeben. Aber mit welchem Recht oder nach welchen ökonomischen Grundsätzen könnte man von den Banken erwarten, dass sie die Verwaltung der für sie dann nutzlosen Sichteinlagen aus den davon völlig unabhängigen Erträgen ihrer Kreditvergabe subventionieren? 
 
Darüber, wie die Kreditvergabe bzw. Kreditgeldschöpfung bisher funktioniert, erzählt Huber uns eine Menge. Ausgesprochen wortkarg wird er dagegen bei der Frage, wie die Kreditvergabe denn in seinem System funktionieren soll, und welche Folgen sie innerhalb dieses Geldsystems hätte. Immerhin liest man auf S. 20:
"Wenn eine Bank unter Vollgeldbedingungen ein Darlehen vergibt, so müssen die betreffenden Geldmittel auf dem Zentralbankkonto der Bank positiv vorhanden sein, in der Regel dadurch, dass sie diese zuvor aufgenommen hat. Sofern dabei die Bank Geld von ihren eigenen Kunden leiht, kann dies nicht mehr dadurch geschehen, dass eine täglich fällige Verbindlichkeit in eine längerfristige Verbindlichkeit umgebucht wird. Stattdessen wird ein realer Geldtransfer stattfinden: vom Geldkonto des Kunden auf das Zentralbankkonto der Bank. Wenn umgekehrt eine Bank einem Kunden ein Darlehen auszahlt, so erfolgt dies nicht durch Girokontogutschrift, sondern: durch einen Vollgeldtransfer vom Zentralbankkonto der Bank auf das Geldkonto des Kunden."

Also konkret:
  1. Kunde S1 (1. Sparer) überweist 100.000,- von seinem Geldkonto auf sein Sparkonto. Damit ermöglicht er seiner Bank B1 eine entsprechende Kreditvergabe.
  2. Bank B1 gibt Kunde K1 (1. Kreditnehmer) 100.000,- Kredit.
  3. K1 kauft sich davon ein schönes Auto und das Geld landet auf dem Geldkonto V1 (1. Verkäufer) bei der Bank B2.
  4. V1 transferiert das Geld wiederum auf sein Sparkonto und wird damit in unserer Notation zu S2 (2. Sparer). Jetzt kann auch seine Bank (also B2) das Geld wieder als Kredit vergeben.
  5. B2 gibt 100.000,- Kredit an K2; der kauft bei V2, der transferiert das Geld wiederum auf sein Sparkonto und wird damit zu S3 (3. Sparer).
Wir haben damit auch im Vollgeldsystem eine wundersame Geldvermehrung: -3- Sparer besitzen je 100.000,- Sparguthaben (in der Summe also 300.000,-), wo anfänglich nur 100.000,- gespart wurden.

Ob das Geld auf Sparkonten oder auf Sichtkonten liegt, ist relativ gleichgültig. Dass Sparkonten nur mit einer Frist gekündigt werden können (Huber: "Die Regulierungsbehörde oder die Zentralbank könnte zum Beispiel, auf gesetzlicher Grundlage, ein strikteres Regime bei der Auflösung von kurzfristigen Geldeinlagen verordnen, vor allem, keine vorzeitige Auflösung von Geldeinlagen auf Termin- und Sparkonten u. ä. zulassen. Wird zum Beispiel die Mindestanlagefrist von vier auf sechs Wochen erhöht ....") ist weitgehend belanglos. Auf jeden Fall sind die Sparlaufzeiten nicht fristenkongruent mit Kreditlaufzeiten von (beispielsweise) 
10 Jahren und mehr.
Und was wird die Zentralbank machen, wenn sie zu dem Schluss kommt, dass die Bankkunden zu viel Geld auf ihren Geldkonten liegen haben und zu wenig auf den Sparkonten, um eine (nach Meinung der Zentralbank) ausreichende Kreditversorgung der Wirtschaft zu gewährleisten?
Richtig: Sie wird den Banken die Differenz leihen.

Also alles wie gehabt.
Hubers Geldzauber ist demnach in vielfacher Hinsicht ein fauler Zauber. Daher ist es kein Wunder, dass er nicht enthüllen (und anscheinend nicht einmal darüber nachdenken) mag, wie auch in seinem Supersystem eine wundersame Kreditgeldvermehrung stattfinden würde.


Dass es  (zumal nach den Erfahrungen, die wir mit der Fed usw. bislang gemacht haben!) eine hoffnungslos naive Annahme der Vollgeld-Fetischisten ist, irgend eine hochwohlmögende Behörde könne auch nur halbwegs exakt die "richtige" Geldmenge für die Wirtschaft festlegen sei zum Abschluss nur noch kurz behandelt.

Sicherlich sind im derzeitigen System die Möglichkeiten der Zentralbanken zur Krediteinschränkung beschränkt. Aber der Staat insgesamt hat, beispielsweise durch Festlegung von Beleihungsgrenzen von Wohnimmobilien usw., durchaus diese Möglichkeit. Nur war weder in den USA noch in Spanien ein Ende der Party gewollt. (Nicht einmal seitens der Zentralbanken, deren Ideologie es ja gerade ist, dass Blasen sich nicht ex ante erkennen, sondern lediglich ex post reparieren lassen!)
So dass das Ende dann ungewollt kam.

Ohnehin gibt es, wie oben schon angedeutet, auch in Hubers sogenanntem Vollgeldsystem "die" Geldmenge gar nicht. Denn in den ökonomischen Wirkungen käme es bei ihm ja wesentlich auf die Verteilung zwischen Sichtkonten und Sparkonten an.
Wenn die Kunden plötzliche Verschiebungen zwischen den beiden Kontenarten vornehmen, kann eine Zentralbank das schon deshalb kaum angemessen ausgleichen, weil sich das "richtige" Maß gar nicht bestimmen lässt.
Normaler Weise leistet der Markt als Selbstregelmechanismus diese Bestimmung (wenn auch nicht immer optimal). Wenn man den Markt insoweit ausschaltet wird man bald feststellen, dass man auch an anderer Stelle administrativ "nachjustieren" muss.
Und so rutscht ein Staat dann langsam in den Sumpf einer Zentralverwaltungswirtschaft.
[Erg. 12.07.2014: vgl. dazu Nachtrag von heute; unten]


Dass auch ein Vollgeldsystem genauso wenig wie mutmaßlich unser derzeitiges System gegen Probleme mit einer Kapitalüberakkumulation bzw. Unterkonsum immun wäre, will ich hier nur der Vollständigkeit halber noch erwähnen.
Nähere Ausführungen dazu spare ich mir, um die Erörterung nicht vollends ausufern zu lassen.

Nachtrag 03.07.2014In seinem Papier - Erster Entwurf - "Finanzsphäre und Demokratie. Reformdebatten um ein krisenhaftes Verhältnis" ("für die Tagung der DVPW-Sektion „Politische Ökonomie" auf dem DVPW-Kongress an der Eberhard Karls Universität Tübingen, 24.-28.9.2012") kritisiert Beat Weber ("Experte in der Abteilung für Integrationsangelegenheiten und Internationale Finanzorganisationen der Oesterreichischen Nationalbank") die Vollgeld-Ideen von Prof. Huber (S. 8/9; Hervorhebungen + Anmerkungen von mir):
"Der Vollgeld-Plan übersieht eine Reihe von Problemen: Kreditgeld muss heute eine Deckung auf der Passivseite aufbringen (Eigenkapital, Kundeneinlagen, Anleihen), und seine Schöpfung basiert auf der Aussicht auf Wertschöpfung: Kredite werden von Banken vergeben, wenn die Schuldner aussichtsreiche Investitionsprojekte oder Aussicht auf künftiges Einkommen aus anderen Quellen nachweisen können. Giralgeld erhält seinen Wert durch diesen Konnex zu Wertschaffungsprozessen. „Vollgeld" hingegen ist diesbezüglich nicht gedeckt, sondern wird von einer Zentralinstanz einfach so in die Welt gesetzt. Das ist eine zweifelhafte Wertbasis. [Nicht "zweifelhaft": Das ist ÜBERHAUPT KEINE Wertbasis!] Private Geldschöpfung lässt sich letztlich nicht verbieten (wie vom Vollgeld-Konzept angestrebt), da private Schuldscheine zu Zahlungszwecken weitergereicht werden können, wenn sie ausreichend Vertrauen genießen, und damit stets unter Privatleuten „Geld" geschaffen werden kann. Das Vollgeld-Konzept sieht eine Geldmengenausgabe auf Basis einer Vorausschätzung der Zentralbank über die zu erwartende jährliche wirtschaftliche Aktivität vor. Geld ist aber nicht nur Zahlungsmittel, sondern auch Vermögenswert, und die Einschätzung der Geldnähe (Liquidität) von verschiedenen Vermögenswerten ist sehr volatil, deshalb ist die Geldnachfrage sehr instabil, und kann nicht mit ausreichender Sicherheit von einer Zentralbehörde vorausgeschätzt werden. Geldpolitik hat deshalb nicht nur Inflationsbekämpfung als Aufgabe, sondern auch eine Stabilisierungsfunktion in Krisenzeiten, und diese erfordert Flexibilität. Es gibt auch kein fixes Determinationsverhältnis zwischen Geldmenge und Inflation, weil ob eine erhöhte Geldmenge die Produktion erweitert oder bloß die Preise erhöht, kann nur mit Blick auf den Verwendungszweck der Kredite eingeschätzt und nur im Nachhinein mit Sicherheit festgestellt werden.
Statt über die Geldmenge operiert die Geldpolitik der Zentralbank heute vorwiegend über den Zinssatz. „Vollgeld" wird als ordnungspolitische Konsistenzherstellung gepriesen. Dies ist aber zweifelhaft, denn in einer dezentralen Privatwirtschaft, in der die Mehrzahl der wirtschaftlichen Entscheidungen (u.a. jene der Kreditaufnahme für Investitionen, Konsum etc.) privat und dezentral erfolgt, kann es durchaus als kongruent erachtet werden, auch die Kreditgeldschöpfung privaten Entscheidungen zu überlassen, [in der Tat ist ein "kybernetischer" Selbstregelmechanismus besser als Behördeneingriffe] sofern sie in einen öffentlichen Rahmen eingebettet ist, der die Recheneinheit garantiert, regulierend und stabilisierend eingreift. Der öffentlichen Dimension dieser privaten Entscheidungen (u.a. Wirkungen auf die Finanzstabilität), wird durch staatliche Regulierung, Besteuerung und Aufsicht des Finanzwesens sowie Zinspolitik Rechnung getragen, die im Lichte neuer Erfahrungen laufend angepasst werden. ..... Die unmittelbare Verbindung von Einlagen mit Krediten in diesem Plan bedeutet eine drastische Erhöhung des Risikos für Sparer. Deren Einlagensicherheit ist jetzt unmittelbar an Krediterfolg gebunden, und sie müssen auf Liquidität verzichten. [Nach meinem Verständnis der Huber-Vorschläge gibt es KEINE Fristenkongruenz zwischen Spareinlagen und Kreditlaufzeit: s.o. Das ist gut für die Sparer, macht aber die Huber-Vorschläge noch inkonsistenter.] Dies könnte zu einem enormen Anstieg der Zinsen führen. Der Zahlungsverkehr wird sich ebenfalls stark verteuern, da die Quersubventionierung mit dem allgemeinen Bankgeschäft unterbunden würde [wie auch ich oben ausgeführt hatte].


Nachtrag 12.07.2014
Eine noch ausführlichere Kritik am Vollgeld-Vorschlag liefert Beat Weber in seinem Papier "Ordoliberale Geldreform als Antwort auf die Krise? Bitcoin und Vollgeld im Vergleich". Wie oben ich progonostiziert auch Weber die Notwendigkeit weiterer bürokratischer Eingriffe in einem derartigen System:
"Durch die Zentralisierung der Geldschöpfung würden behördliche Entscheidungen eine Vielzahl an Risikoeinschätzungen in der Gesellschaft ersetzen. Als unbenannte Folge einer Implementierung des Vollgeld-Konzepts würde sich die Notwendigkeit der Übertragung sozialer Planungskompetenzen, die bislang dem Markt überlassen waren, an den Staat einstellen. Dafür gibt es im Vollgeld-Konzept aber gar keine Vorkehrungen oder auch nur Argumente, dass dafür die wissenschaftlichen und politischen Voraussetzungen gegeben wären."



 

ceterum censeo
 Blockis* bluten brave Bürger!
Deshalb Deutschland in Europa:
Weder Zuchtmeister, noch Zahlmeister!
* Die eurofetischistischen "Blockparteien" CDUCSUFDPGRÜNESPD
Textstand vom 07.06.2015

15 Kommentare:

  1. Der Autor beweist eindrucksvoll das Vollgeldsystem nicht einmal im Ansatz verstanden zu haben. Leider ist er damit nicht allein. Wer sich selbst schlau machen möchte kann es hier tun.

    http://www.monetative.de/
    http://vollgeld.de/
    http://www.youtube.com/user/Monetative

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  2. Dann erklären Sie mir und insbesondere den anderen Lesern doch mal, an welchem Punkt ich die Vollgeldidee falsch verstanden habe, Anonym.
    Beispielsweise täte ich mal interessieren, wo die 300 Mrd. Umstellungsgewinn für den Schweizer Staat herkommen, die der Schweizer Verein errechnet hat.
    Oder haben auch die das Vollgeld falsch verstanden?
    Verstehen SIE das?

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  3. Auf jeden Fall aber danke für die Links, Anonym.
    Die haben mich zu diesem http://schweizerdialog.ch/2010/09/28/ein-vorschlag-zum-masshalten-das-100-prozent-geld/ Aufsatz von Prof. Hans Christoph Binswanger geführt bei dem vor allem der Kommentar von einem "Burgold" bemerkenswert ist:

    "Damit würde eine 100%-ige Kontrolle der Zentralbank über das Kreditvolumen erzeugt, aber eben nur über das Volumen, nicht über die Art der Verwendung der Kredite.
    Sie scheinen mir die unbegründete Annahme zu machen, daß eine Restriktion der Kreditvergabe nur die Spekulanten rationiert. Selbst wenn dies überwiegend der Fall wäre, z.B. weil allein der Systemwechsel die Vermögenspreiserwartungen stabilisierte, bliebe doch das Problem, daß die Zentralbank zentral und exogen das Kreditwachstum vorgeben müsste, was bisher von Geschäftsbanken nach Einzelfallkontrolle dezentral festgelegt wurde, oder?"

    Worauf Prof. Binswanger, der auf einen anderen Leserkommentar noch reagiert hatte, dann anscheinend nichts mehr zu sagen wusste.
    Wäre es nicht sinnvoller, wenn man im bisherigen System verbleibt, aber die Zentralbank dafür die Refinanzierung der Geschäftsbankenkredite je nach aktueller Marktentwicklung erschwert oder erleichtert? Bei einer befürchteten Immobilienpreisblase würde die Zentralbank dann Kredit an Geschäftsbanken nur mit erheblichem Abschlag auf die immobilienbasierte Sicherheiten gewähren. Im Ergebnis würde die Geldmenge weiterhin endogen gemäß den volkswirtschaftlichen Bedürfnissen festgelegt.

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  4. Wenn man die Vor- und Nachteile von Vollgeldsystem und aktuellem fraktionalem Teilreservesystem vergleicht, gewinnt das Vollgeld.

    Die aktuelle weltweite Finanzkrise (und die vielen Krisen zuvor) sind doch gerade durch das fraktionale Teilreservesystem entstanden, indem eine kleine superreiche Finanzelite die Geldschöpfung nur zu ihrem eigenen Vorteil massivst genutzt hat, und sich die wahren materiellen Werte des Planeten anzueignen. Wieso soll der Staat, also wir alle über unsere Steuern, für privat aus dem Nichts geschaffenes Giralgeld Zinsen bezahlen? Da der Staat seine Schulden NIE zurückzahlen kann und wird, ist das aktuelle Giralgeld-System IMMER und auf Kosten der Masse der Menschen zum Scheitern verurteilt, wie wir es gerade erleben. Auch die Inflation ist eine direkte Folge des fraktionalen Teilreservegeldsystems: die Geldmenge M2 hat sich in den Jahren des Euro mehr als verdoppelt ohne das sich entsprechend die Menge an realen Assets/Werten verdoppelt hätten.

    Die aktuelle Zentralbankstruktur ist zu stark vernetzt mit den Finanzeliten. Auch hier wäre eine 4. unabhängige gewählte Gewalt, die Monetative angebracht.

    Das Argument mit den Sicherheiten für Kreditgeld ist hanebüchen: verfallende Bauruinen wie sie in z.B. Spanien en Masse mit Fiat-Kreditgeld entstanden sind, als werthaltige Assets anzusehen entbehrt jeder Grundlage.

    Aber auch die Monetative hat weiterhin wie das aktuelle fraktionale Teilreservesystem einen gewaltigen Nachteil: den Faktor Mensch. Immer haben und werden Menschen versuchen, das System zu ihrem eigenen Vorteil auszunutzen. Ein (Waren-)Geld das nicht beliebig reproduzierbar ist, ist - Gold -. Aber kein historischer "Goldstandard", der auch nur Papiergeld darstellte, sondern echtes gedecktes Goldgeld. Jährlich steigt die weltweite verfügbare Goldmenge um ca. 2%, ideal um mit dem Wachstum der Wirtschaft mitzuhalten. Keine Enteignung von Sparern mehr. Der Staatsapparat müsste sich einschränken, da der Bürger höhere Steuern ablehnen würde und die "Inflationssteuer" wegfallen würde.

    Sehr zu empfehlen, Philipp Bagus, Andreas Marquart:
    http://www.amazon.de/Warum-andere-Kosten-reicher-werden/dp/3898798577/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1402388677&sr=8-1

    Ich bin zwar nicht der Autor von oben (Anonym), aber "Beispielsweise täte ich mal interessieren, wo die 300 Mrd. Umstellungsgewinn für den Schweizer Staat herkommen, die der Schweizer Verein errechnet hat." versuche ich mal zu beantworten. Ein Problem des aktuellen fraktionalen Teilreservesystems ist, dass Kreditgeld nach der Rückzahlung wieder ins Nichts verschwindet. Dies bewirkt aber dass immer wieder woanders neue Kredite aufgenommen werden müssen, um alte abzuzahlen zzgl. Zinsen. Damit die gesamte Geldmenge im Laufe der Umstellung von Teilreserve- zu Vollgeld nicht abnimmt, wird dem Staat (Finanzminister) mit jeder Rückzahlung von Giralgeld-Krediten eine !einmalige! entsprechende Seniorage zugebilligt. Wenn der Staat, also der Steuerzahler, keine Zinsen mehr auf seine Schulden zahlen muss, können Steuern gesenkt, überfällige Infrastrukturausgaben getätigt werden, uvm.! Die Seniorage, die bisher privaten Finanzeliten zufließt, würde der Allgemeinheit zukommen.

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  5. Endlich mal ein substantieller Kommentar; danke rpc.

    Einverstanden bin ich natürlich trotzdem nicht; bzw. sehe manches noch immer nicht klar.

    "Damit die gesamte Geldmenge im Laufe der Umstellung von Teilreserve- zu Vollgeld nicht abnimmt, wird dem Staat (Finanzminister) mit jeder Rückzahlung von Giralgeld-Krediten eine !einmalige! entsprechende Seniorage zugebilligt."
    Frage mich, wie das konkret funktionieren soll. Auf jeden Fall müsste die Zentralbank in dieser Höhe Geld drucken und dem Staat schenken. Aber der Zusammenhang mit den Kredittilgungen ist mir dunkel.
    Huber sieht das anscheinend auch anders (http://www.soziologie.uni-halle.de/publikationen/pdf/0405; S. 20 oben)

    Bei Huber (S. 8) ergibt sich "die Seigniorage ..... [lediglich] aus dem JÄHRLICHEN Zuwachs der Geldmenge."

    Im Gegensatz zu Ihnen sieht Huber (realistisch) das Vollgeld auch NICHT (S. 22) als Mittel zur Überwindung des Zinssystems und der Kapital(über)akkumulation:
    "Vollgeld, obwohl es zinsfrei und im Prinzip auch tilgungsfrei in Umlauf kommt, ist kein Beitrag zum Ausstieg aus der Zinswirtschaft. Solange die Wirtschaft langfristig noch wächst, und damit ein gewisser milder Preisauftrieb verbunden ist, wird die dem Zinsmechanismus inhärente Problematik der Umverteilung von Einkommen und Vermögen von Schuldner zu Gläubiger kompensiert durch eben diese beiden Faktoren, erstens dem Wachstum der Realeinkommen und zweitens dem damit einhergehenden Preisauftrieb (Inflation). Irgendwann freilich wird die Zeit wieder kommen, und zwar in Annäherung des historischen Endes der transsäkularen Modernisierungs- und Wachstumsphase, wo die Einkommens- und Vermögensumverteilung durch den Zinsmechanismus wieder zu einer virulenten sozialen Frage werden müsste. Obwohl eine Vollgeldreform wie hier dargelegt noch keine Antwort auf diese Frage gibt, dürfte Vollgeld als zins- und tilgungsfreie Geldbasis der Wirtschaft eine bessere Ausgangsbasis zur Lösung des Problems bieten als die heutige verzinsliche Kreditschöpfung der Zahlungsmittel."
    An irgend einer anderen Stelle weist er auch darauf hin, dass die Kapitalansammlung eben nicht nur über Kreditzinsen erfolgt. Was diejenigen beharrlich übersehen, die gegen die Zinsen wettern. Ohnehin werden dabei im Geiste Zinsen mit reinem Zinsgewinn verwechselt; tatsächlich aber macht der nur einen Bruchteil der Kreditzinsen aus. (Vgl. näher meinen Blott "Der "Eigentrag" oder: Der Zins besteht nicht nur aus Zinsen - und nicht alle Zinsen sind ein Zins " - http://beltwild.blogspot.de/2011/07/der-eigentrag-oder-der-zins-besteht.html)

    Tatsächlich sollen ja auch im Vollgeldsystem Kredite vergeben und müssen somit Zinsen verlangt werden. Nur der Staat soll seine Kredite zinslos bekommen. Hehehe: Was meinen Sie, wie die Politiker da zugreifen werden!

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  6. Genau, immer wenn Giralgeld während der jahrelangen Umstellung auf Vollgeld "vernichtet" würde, würde die Monetative den entsprechenden Betrag schuld- und zinsfrei schöpfen und dem Finanzminister gutschreiben. Auch heute weiß die Zentralbank durch die Bilanzierungspflicht genau wieviel Giralgeld Banken selbst geschöpft/vernichtet haben (sonst könnte man auch die Geldmengen M2, M3 ... nicht bestimmen). Ob jetzt Privatbanken das Geld gegen Zins digital "drucken" und dem Staat "leihen", oder die Monetative, macht in dieser Hinsicht keinen unterschied. Die wichtige Differenz aber: keine Zinsen durch den Staat mehr (= weniger Steuern). Es ist im Endeffekt eine Ungeheuerlichkeit, daß Private etwas gegen Zins verleihen, was sie selbst nicht haben. Und wir alle sollen dafür bezahlen.

    "Im Gegensatz zu Ihnen sieht Huber (realistisch) das Vollgeld auch NICHT (S. 22) als Mittel zur Überwindung des Zinssystems und der Kapital(über)akkumulation":
    Dann habe ich mich wohl schlecht ausgedrückt. Daß keine Zinsen für den privaten Geldverleih mehr anfallen würden, ist falsch. Auch beim Verleihen von bereits existentem Vollgeld an Privat/Firmen/Banken würden Zinsen durch den Schuldner an den Gläubiger zu berappen sein. Es geht nur darum, daß der Akt der Geldschöpfung selbst durch die Monetative schuld- und zinsfrei erfolgt, und nur der Staat als Erstnutzer erhielte das neue Geld schuld- und zinsfrei. Die Monetative wäre theoretisch dabei absolut Unabhängig von der Exekutive, so wie sich auch die Bundesbank in der Vergangenheit Lockerungsversuchen seitens diverser Finanzminister erfolgreich widersetzt hat, um nur eine Geldmenge zu schöpfen die die Wirtschaft benötigt und Inflation verhindert. Ein Gelddrucken im Zimbabwe- oder Reichsbankstil soll so ausgeschlossen werden. Ob das so immer sichergestellt werden kann, ist eine andere Frage. In der Sicherstellung der völligen Unabhängigkeit liegt die große Aufgabe! Langfristig wäre wohl eine warengedeckte Währung anzustreben.

    Wenn Sie einen Bankkredit aufnehmen würden, könnten Sie in der Monetative aber nur leihen, was andere real angespart haben, und müssten natürlich Zinsen bezahlen. Die Banken wären nur noch ein Vermittler zwischen Sparern (diese müssten das Geld dafür freigeben/anlegen) und Kreditnehmern, und wurden einen Teil der Zinses auch zur Schuldenabsicherung nutzen müssen (Kreditausfallhaftung bei Bank, nicht beim Sparer). Die meisten Menschen würden im Alltag mit Vollgeld keinen Unterschied feststellen. Nur daß ihr Geld auf dem Girokonto jetzt sicher und keine Enteignung nach Zypernart möglich wäre.

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  7. Wenn Sie einen Bankkredit aufnehmen würden, könnten Sie in der Monetative aber nur leihen, was andere real angespart haben.

    Der Umstand, dass dann nur noch Geld von Sparkonten verliehen werden darf, ändert nichts am System. Auch dann geht die wundersame Geldvermehrung weiter - wie ich oben gezeigt hatte. Kredite werden zwangsläufig ihrerseits wiederum zu Einlagen. Und eine direkte Kreditkoppelung mit konkreten Einlagen gibt es nicht. Die Banken könnten genau wie heute ihre ZB-Geld-Transaktionen saldieren usw.
    Und wenn die ZB zu dem Schluss kommt, dass die Kreditvergabe zu niedrig ist, würde sie genau wie heute das System mit Geld fluten.
    Der logisch nächste Schritt wäre (vgl. dazu den oben von mir zitierten "Burgold") eine administrative Feinsteuerung der Kreditvergabe durch die ZB ("nur noch für realwirtschaftliche Geschäfte").
    Vollgeld ist also nur die Startrampe für den Marsch in den Sumpf einer Zentralverwaltungswirtschaft.

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  8. Da liegt ein Missverständnis/Denkfehler vor. Dem Sparer steht das Geld während der Einlage NICHT zur Verfügung, die Gesamtgeldmenge nimmt daher durch den Kredit aus Spareinlagen nicht zu, und Banken dürften kein neues Schöpfen (wie jetzt). Erst wenn der Schuldner den Kredit abbezahlt hat, bekommt der Sparer es wieder und könnte es ausgeben bzw. anderweitig investieren, vorher nicht! Inflation im klassischen Sinne ist doch gerade wenn die Geldmenge ohne Gegenwert ausgeweitet wird. Dies trifft hier aber nicht zu.

    Im heutigen System treiben die Banken in der Tat ihr Schindluder, da Giralgeld als vollwertiges Zahlungsmittel verwendet (Überweisungen, Kartenzahlungen ... ) wird, aber Giralgeld ist heutzutage nur eine Forderung auf echtes Geld = Zentralbankgeld welche Banken beliebig erzeugen (wie in Ihrem Beispiel oben). Und wenn Sie heute eine Überweisung machen, transferieren Sie diese Forderung an einen anderen, nicht das Geld. Im Giralgeld-/Teilreservesystem entstehen dann in der Tat abstruse Forderungen auf Forderungen auf Forderungen ... auf Zentralbankgeld. Es geht dann soweit daß 2012 84% der €-Geldmenge M1 schon aus diesen Forderungen bestand, dies ist aber nur im fraktionalen Geldsystem so. In der Monetative ist die Geldmenge begrenzt, da nur die Zentralbank/Monetative Geld erzeugen darf. Wenn dich die Monetative also mal entscheidet, in einem Jahr kein neues Geld zu erzeugen, entsteht real auch keines, da Banken es NICHT mehr dürfen.

    In einem Vollgeldsystem wäre das Geld, was Sie auf einem "Girokonto" hätten, vollwertig, keine Forderung auf Geld. Die Bank darf es nicht verleihen, duplizieren, verbriefen, oder was auch immer sie heute machen würde um Geld zu schöpfen. Wenn die es Überweisen, wird volles Geld transferiert, keine (Forderung)^X auf echtes Geld. Das ist doch gerade der riesen Unterschied. Sie müssten Ihr Geld erst auf ein Festgeldsparkonto überweisen, damit die Bank es verleihen könnte. Doch dann sitzt es wirklich fest, bis der Schuldner seinen Kredit abbezahlt, sie können es vorher nicht benutzen, verpfänden oder was auch immer. Die Gesamtgeldmenge steigt dadurch also nicht = keine Inflation mehr!

    Heute ganz aktuell gefunden: http://www.jjahnke.net/rundbr104.html#3110

    Ich stehe dem Staat auch kritisch gegenüber, er kann sicher nicht alles. Feinsteuern müsste die Monetative aber nicht, dazu würde sie zu wenig neues Geld schöpfen (schätze mal 0-2% Jahr). Wenn der Staat mehr bräuchte, müsste er es sich halt wieder bei den Sparen leihen, aber dann zu ordentlichen Zinsen, was Herrn Schäuble sicher nicht gefallen würde.

    Die Schweiz wäre dank direkter Demokratie der ideale Ort zur Ersteinführung. Politikern die Blödsinn machen, könnten einfach abgestraft werden. Schade das wir nicht so ein System haben.

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  9. "Erst wenn der Schuldner den Kredit abbezahlt hat, bekommt der Sparer es wieder und könnte es ausgeben bzw. anderweitig investieren, vorher nicht!"

    Das ist ein Missverständnis Ihrerseits, rpc. Zumindest soweit es um das Huber-Vollgeld geht. Hatte ich doch oben exzirpiert: "Huber: "Die Regulierungsbehörde oder die Zentralbank könnte zum Beispiel, auf gesetzlicher Grundlage, ein strikteres Regime bei der Auflösung von kurzfristigen Geldeinlagen verordnen, vor allem, keine vorzeitige Auflösung von Geldeinlagen auf Termin- und Sparkonten u. ä. zulassen. Wird zum Beispiel die Mindestanlagefrist von vier auf sechs Wochen erhöht ...."
    Ist ja auch logo. Sonst müssten Sie nämlich die Sparguthaben auf 10 oder gar 30 Jahre festlegen. Oder sogar das konkrete Guthaben mit dem konkreten Kredit verknüpfen.
    Das gäbe einen Volksaufstand. Zumal die Sparer ja auch noch das Insolvenzrisiko der Bank tragen sollen. Das sich in 30 Jahren enorm verschlechtern kann.


    Aber nicht einmal mit einer solchen Verbindung können sie die Ausweitung der Geldmenge verhindern. Denn der vergebene Kredit landet auf einem anderen Girokonto, von dort ggf. auf einem weiteren Sparkonto: Und schon haben Sie sozusagen "die Geldmenge verdoppelt". Sobald Sie irgend einen Verleih von Geld zulassen (z. B. auch privat), setzen Sie den Mechanismus der wundersamen Geldvermehrung (oder jedenfalls Forderungsvermehrung) in Gang.

    Und zwar deshalb, weil Geld bei kreditärer Geldschöpfung für den "Erstgeldempfänger" (Kreditnehmer) zwar schuldenbelastetes Geld ist. Aber nicht mehr für den "Zweitgeldempfänger" (usw.).
    Deswegen ist die Forderung nach "schuldenfreiem" Geld auch irrelevant. Denn für jeden weiteren Geldempfänger nach dem Kreditnehmer IST das Geld, was er erhält, schuldenfrei.
    Wenn ich meinen Lohn ausgezahlt bekomme, dann kann es mir jedenfalls zunächst einmal egal sein, ob mein Arbeitgeber dafür einen Kredit aufnehmen musste, oder ob der Staat bei ihm eingekauft und mit Falschgeld (Willkürgeld) bezahlt hat. (Nur dass ich im letzteren Falle inflationäre Auswirkungen spüren werde.)

    Es bringt mir keinen Nutzen, "schuldenfreies" Geld zu bekommen. Aber Schaden, wenn der Staat das Geld einfach druckt und damit bezahlt.

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  10. Sie und die anderen Vollgeld-Anhänger haben von eine einigermaßen einfache Hintergrundvorstellung davon, wie Wirtschaft funktioniert: Oben Geldmenge X reinschütten, kommt unten Gütermenge Y raus. Denn logisch lässt sich nur auf der Basis einer solchen Annahme die Idee rechtfertigen, dass irgend eine Zentralbank die "richtige" Geldmenge bestimmen könne.

    Dabei gehen Sie bereits insoweit von einer falschen Grundlage aus, als Sie dem Bankensystem unterstellen, dass es zu viel Kredit vergeben habe.
    Weil Sie auch hier eine nur eindimensionale Vorstellung davon haben, was "zu viel" ist.

    In den Augen der Vollgeld-Anhänger (wie aber auch so ziemlich aller anderen Menschen - Volkswirte eingeschlossen) haben die Banken dann zu viel Kredit vergeben, wenn die Kreditnehmer ihre Schulden nicht zurückzahlen können.

    Das ist aber lediglich die betriebswirtschaftliche Seite.
    Gesamtwirtschaftlich sieht es für mich so aus, dass die Banken dann zu viel Kredit vergeben haben, wenn die Realwirtschaft heiß läuft: Inflation usw.
    Genau das war aber nicht der Fall. Wir hatten bestenfalls (hier und da) eine Vollauslastung.

    Und wenn wir mit der Kreditmenge X eine (sagen wir) Vollauslastung erzielt haben heißt das zugleich, dass wir mit einer geringeren Kreditmenge Z (X-Y) eine Unterauslastung der Weltwirtschaft gesehen hätten.

    Die eigentlich spannende Frage ist also, welche Mechanismen dazu geführt haben, dass eine volkswirtschaftlich richtige und nötige Kreditversorgung nunmehr von den Kreditnehmern nicht getilgt werden kann.
    Und das hat für mich nichts mehr mit dem Geldsystem zu tun. Liquidität für sich ist eben nicht alles; es kommt auf den richtigen "Mix" zwischen Kredit und dem an, was ich "Eigengeld" nenne. Anders gesagt: Inwieweit sich Leute verschulden (müssen), und inwieweit sie dann ihre Produkte usw. wieder absetzen können.

    Hier gehe ich als Anhänger der Unterkonsumtionstheorie vom Monopoly-Modell aus: Allzu viele Geldempfänger haben allzu viel gespart. Das müssen nicht zwingend die "Kapitalisten" sein; insoweit ist es völlig egal, wer das Kapital akkumuliert. "Schuldig" sind also auch die Renten-Sparer (die natürlich bei uns vom Staat geradezu zum Sparen getrieben werden), vielleicht sparwütige Massen an chinesischen Wanderarbeitern, amerikanische Pensionsfonds usw. (Aber konkret werden es wohl doch hauptsächlich die Reichen sein, direkt oder auch indirekt als Besitzer von Firmen wie Apple usw., die ihrerseits nicht mehr wissen wohin mit dem Geld.)

    Diese fehlende Nachfrage haben die Zentralbanken vermutlich mit vermehrter Kreditschöpfung wettgemacht. Ein solches Ponzi-Spiel kann auf Dauer nicht funktionieren. Aber hätten sie es nicht getan, hätte es vielleicht auf andere Weise ebenfalls schon gekracht.
    So oder so kommen Sie der (m. E.) gegenwärtigen Kapitalüberakkumulation auch mit einem anderen Geldsystem nicht bei.
    Da muss man ans Eigentumssystem ran: Besteuerung internationaler Konzerne erhöhen, Erbschaftssteuer erhöhen usw.

    Das mögen sich die meisten nicht einmal vorstellen, weil jeder mit seinen paar Kröten Angst hat, selber davon betroffen zu sein. Deswegen phantasiert man sich lieber etwas vom "Geldsystem" zusammen, das man nur irgendwie ändern müsse, und schwupps ist alles wieder gut.
    Das ist intellektuelle Schlamperei und Feigheit.
    Huber ist immerhin zu Gute zu halten, dass er einräumt mit dem Vollgeldsystem für dieses Problem keine Lösung zu haben. Im Übrigen datiert sein Text von 2004, also aus der Zeit vor der Krise. Mittlerweile wäre er wohl nicht mehr so optimistisch, dass das Problem der Kapitalüberakkumulation erst irgendwann in der ferneren Zukunft virulent wird.

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  11. Ich schätze -wie Sie wissen- Ihre Ausführungen sehr, Cangrande!

    Aber hier liegen Sie meines Erachtens ausnahmsweise mal nicht 100% richtig! Hier könnte ich Seiten füllen, aber mir fehlt aktuell die Zeit, also in aller Kürze und vereinfacht:

    Richtig ist, dass die staatliche, unverzinsliche Geldschöpfung durch eine vierte, unabhängige Gewalt namens Monetative, das Grundproblem hat, dass die Unabhängigkeit nicht durchzuhalten ist und am Ende zuviel Geld geschöpft würde. Aber das passiert ja nun im heutigen System auch schon.

    Richtig ist auch, dass die Zinsprobelmatik, die zu einer Kapitalakkumulation in den Händen weniger führt, auch im Vollgeldsystem stattfindet. Der Zins ist eine Folge des Eigentums, nicht des Kreditgeldes! Aber in einem Vollgeldsystem dauert es wesentlich länger, bis das Kapital akkumuliert ist und die dann folgenden Kreditausfälle führen zwar zum Geldverlust des Gläubigers, aber nicht zwingend zur Bankenpleite, was es leicher macht, die bereinigenden Kreditausfälle zuzulassen (weniger Dominoeffekte).

    Falsch ist, dass in einem Vollgeldsystem durch die Geschäftsbanken die Geldmenge ausgeweitet werden kann, hier liegt rpc meines Erachtesn richtig. Vollgeld ist letzlich wie eine umlaufende Goldmünze. Wenn ich sie verleihe, habe ich sie nicht mehr und ein Zweiter hat sie. Und wenn dieser sie nochmal verleiht, hat sie halt ein Dritter. "Sparen" ist dann natürlich vertraglich ganz ander zu regeln als heute.


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    1. Danke für Ihren Kommentar, RealTerm.
      Zugegeben: Ich müsste lügen, wenn ich behaupten wollte, dass ich die Vollgeld-Ideen von Prof. Huber voll verstanden habe.
      Das liegt aus meiner Sicht allerdings nicht zuletzt auch daran, dass Huber zumindest in dem von mir analysierten Papier mehr Propaganda für sein System macht, als detaillierte Beschreibungen der Funktionsweise gibt. Und vor allem auch mögliche Probleme erörtert.

      Wahrscheinlich stellen sich Huber und seine Anhänger das System tatsächlich genau so vor, wie Sie es schildern: Es wird kein von den Banken geschöpftes Geld mehr verliehen, sondern nur das, was die Kunden gespart, und somit ausdrücklich zum Verleih bestimmt haben, indem sie es auf einem Sparkonto hinterlegen. Die außerdem bestehenden Sichteinlagen der Kunden darf die Bank dagegen nicht antasten.

      Aber was geschieht dann mit den Spareinlagen, in welcher Weise werden die im Bankensystem bei der Kreditvergabe wirksam?

      Dafür habe ich ja ein Beispiel gebracht:
      1) Ich lege bei meiner Bank 1.000,- auf mein Sparkonto, d. h. ich leihe der Bank dieses Geld. Die verleiht es ihrerseits weiter.
      Für meine Einlagen gibt es aber, auch nach Hubers Vorstellung, keine Fristenkongruenz zwischen der Kündigungsfrist und der Laufzeit von Kredite, welche die Bank mit meinem Geld vergibt. Somit entfällt auch eine individuelle Zuordnung von Spareinlage und Kredit: Die Bank vergibt Kredite nach wie vor auf der Grundlage ihrer GESAMT(spar)einlagen.

      2) Ist der Kreditnehmer Kunde bei meiner Bank, braucht meine Bank zunächst einmal KEIN Zentralbankgeld, um den Kredit seinem Konto gutzuschreiben. (Die Geschäftsbank kann also, da immer ein Teil des Geldes bei ihr verbleibt, schon deshalb mehr Kredit vergeben als sie an Spareinlagen hat. Je größer die Bank ist, desto mehr bleibt natürlich im eigenen Bereich hängen.)

      3) ZBG braucht die Geschäftsbank erst dann, wenn der Kreditnehmer das Geld abzieht UND es an den Kunden einer anderen Bank ("Fremdbank") überweist (für einen Kauf von Was-Auch-Immer).

      4) Der Kunde der Fremdbank legt seinerseits die 1.000,- auf ein Sparkonto. Nunmehr hat das Bankensystem aus 1.000,- € bereits ZWEI Sparkonten mit zusammen 2.000,- € gemacht.
      Fremdbank verleiht das Geld an ihren Kreditkunden; der überweist das Geld an irgendeinen Kunden meiner Bank, der es wiederum auf sein Sparkonto einzahlt.
      Unter diesen Bedingungen hat meine, also die "Ausgangs-"Bank ihren ursprünglichen Bestand an Zentralbankgeld wiederhergestellt, also wieder 1.000,-. Aber zugleich hat sie nun auch -2- Sparer mit zusammen 2.000,- Ansprüchen gegen die Bank.
      Wir haben also folgende Situation:
      a) Es hat eine Geldvermehrung durch das Bankensystem stattgefunden (Einlagenvermehrung bei den Banken).
      b) Wir haben nach wie vor Geld im System, das im Kreditwege geschöpft wurde. Die Kreditnehmer tätigen Einkäufe mit diesem Geld. Bei den Geldempfänger macht das keinen Unterschied: Für die ist das eingenommenes (im Gegensatz zu kreditärem) Geld. Aber das ist bisher ja auch so: Die Geldschöpfung im Kreditwege belastet immer nur den Erstgeldempfänger, also den Kreditnehmer, mit einer Rückzahlungspflicht.
      Im System kursiert also nunmehr Vollgeld gemeinsam mit kreditgeschöpftem Geld - ohne dass das für diejenigen, die damit bezahlt werden, ersichtlich ist oder einen Unterschied macht. Insofern bleibt alles wie gehabt.

      Vielleicht mache ich ja irgendwo einen Denkfehler. Nur kann ich nicht erkennen, dass Huber überhaupt über diese Fragestellung nachgedacht hätte. Der erweckt den Eindruck, dass plötzlich nur noch "richtiges" Geld im System sei - und dass damit alle Probleme gelöst wären.

      Aber so ist das halt mit Missionaren: Die leben vom Glauben, nicht vom kritischen Hinterfragen ihrer eigenen Heilslehren.

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    3. Korr.: ".... vor allem auch mögliche Probleme NICHT erörtert"

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  12. Auch ich habe mich nicht mit Hubers Vollgeld beschäftigt. Man kann ja nicht alles studieren. Ich male mir also ein Vollgeldsystem auf der grünen Wiese aus und überlge, ob es theoretisch Sinn machen würde.

    Ich werde zunächst nocheinmal darüber nachdenken, und zwar mit der HIlfestellung, dass ich Vollgeld als Goldmünzen betrachte und mir dann überlege, wie in einer Goldwährung die Kreditwirtschft aussähe.

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