Offener Brief an den Düsseldorfer VWL-Professor Jens Südekum
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Sehr geehrter Herr Professor Südekum,
ich bin wirtschaftswissenschaftlicher Laie, habe mich aber zeitweise sehr intensiv mit den Grundlagen der Rentenfinanzierung (Umlageverfahren -UV- vs. Kapitaldeckungsverfahren -KDV-) beschäftigt. Damals stieß ich u. a. auch auf Ihr Rentenpapier. An dessen Inhalt erinnere ich mich nicht im Detail; jedoch hatte ich es seinerzeit als "brillante Arbeit" empfunden (Rd.Nr. 144 in meinem "Rentenreich" von 2004). Was ich umso höher einschätzte, als Ihr Papier in einem JuSo-Kontext erschienen war.
Definitiv nicht überzeugend sind dagegen Ihre aktuellen Einlassungen in der ZEIT und ganz besonders in der Frankfurter Rundschau i. S. Staatsverschuldung. Ihre Wachstumshoffnungen stehen auf sehr wackeligen Füßen; sie erinnern mich, mutatis mutandis, an zweckgeleitete Prognosen vom Typus "Laffer-Kurve".
Verteidigungsausgaben (an deren Notwendigkeit ich keineswegs zweifle) steigern nicht den Wohlstand.
Eine gute Infrastruktur ist zwar im Prinzip eine notwendige Voraussetzung für eine florierende Wirtschaft. Aber zum einen blüht die in den USA anscheinend auch mit einer ziemlich heruntergekommenen Infrastruktur. Und zum anderen generieren z. B. Aufwendungen für Bildung nicht automatisch Wachstum. Bildung bieten auch Koranschulen und Gender-Lehrstühle; aber vermutlich kann eine Gesellschaft sogar auch in naturwissenschaftlichen Fächern "überinvestieren".
Nicht immer hilft viel viel.
Ihre pauschalen Wachstumserwartungen erinnern mich fatal an die Renten-Rettungs-Phantasmagorien des (ansonsten in vieler Hinsicht ja sehr klugen) Prof. Sinn, die ich in meinem "Rentenreich" kritisch analysiert hatte.
Auch der glaubt, dass man nur 'oben' fleißig Geld (bei ihm via partielles KDV) einfüllen müsse - und flugs kämen 'unten' massenhaft Güter heraus. Das ist naiv [und beim Sinn-Modell schon deshalb falsch, weil dieses auf einem laienhaften Verständnis des Geldwesens beruht; das habe ich freilich auch selber erst sehr viel später erkannt]. Ein derartiges Denken ist das "marktwirtschaftliche" Äquivalent zur stalinistischen "Tonnage-Ideologie"!
Zudem setzen Sie die zu erwartende Schuldenquote mit 70% wohl weitaus zu niedrig an; andere Beobachter nennen 90 - 100%, was mir realistischer erscheint.
Vor allem aber ENTSETZT mich Ihr Sandmännchen-Gesäusel, wonach Staatsschulden in der Regel nicht zurückgezahlt werden (müssen). Das dürfte zwar empirisch zutreffen; INSOWEIT kann man tatsächlich argumentieren, dass sie künftige Generationen nicht belasten. Aber selbst ohne Tilgungslasten vererben wir kommenden Generationen zwei (in Deutschland sogar drei) massive Probleme:
Doch, Sie sind daran mitschuldig! Sie wissen sehr genau, dass, frei nach Franz Josef Strauß, eher ein Hund einen Wurstvorrat anlegt, als dass die Politiker sorgsam mit Steuergeldern umgehen.
Sie haben der Politik die Indulgenz zum Schuldenmachen erteilt: Damit sind die Dämme gebrochen. Und die Politik (und das Stimmvieh sowieso) wird keine neuen Dämme aufrichten - die SPD noch weniger als die CDU.
Mit freundlichen Grüßen
Burkhardt Brinkmann
ich bin wirtschaftswissenschaftlicher Laie, habe mich aber zeitweise sehr intensiv mit den Grundlagen der Rentenfinanzierung (Umlageverfahren -UV- vs. Kapitaldeckungsverfahren -KDV-) beschäftigt. Damals stieß ich u. a. auch auf Ihr Rentenpapier. An dessen Inhalt erinnere ich mich nicht im Detail; jedoch hatte ich es seinerzeit als "brillante Arbeit" empfunden (Rd.Nr. 144 in meinem "Rentenreich" von 2004). Was ich umso höher einschätzte, als Ihr Papier in einem JuSo-Kontext erschienen war.
Definitiv nicht überzeugend sind dagegen Ihre aktuellen Einlassungen in der ZEIT und ganz besonders in der Frankfurter Rundschau i. S. Staatsverschuldung. Ihre Wachstumshoffnungen stehen auf sehr wackeligen Füßen; sie erinnern mich, mutatis mutandis, an zweckgeleitete Prognosen vom Typus "Laffer-Kurve".
Verteidigungsausgaben (an deren Notwendigkeit ich keineswegs zweifle) steigern nicht den Wohlstand.
Eine gute Infrastruktur ist zwar im Prinzip eine notwendige Voraussetzung für eine florierende Wirtschaft. Aber zum einen blüht die in den USA anscheinend auch mit einer ziemlich heruntergekommenen Infrastruktur. Und zum anderen generieren z. B. Aufwendungen für Bildung nicht automatisch Wachstum. Bildung bieten auch Koranschulen und Gender-Lehrstühle; aber vermutlich kann eine Gesellschaft sogar auch in naturwissenschaftlichen Fächern "überinvestieren".
Nicht immer hilft viel viel.
Ihre pauschalen Wachstumserwartungen erinnern mich fatal an die Renten-Rettungs-Phantasmagorien des (ansonsten in vieler Hinsicht ja sehr klugen) Prof. Sinn, die ich in meinem "Rentenreich" kritisch analysiert hatte.
Auch der glaubt, dass man nur 'oben' fleißig Geld (bei ihm via partielles KDV) einfüllen müsse - und flugs kämen 'unten' massenhaft Güter heraus. Das ist naiv [und beim Sinn-Modell schon deshalb falsch, weil dieses auf einem laienhaften Verständnis des Geldwesens beruht; das habe ich freilich auch selber erst sehr viel später erkannt]. Ein derartiges Denken ist das "marktwirtschaftliche" Äquivalent zur stalinistischen "Tonnage-Ideologie"!
Zudem setzen Sie die zu erwartende Schuldenquote mit 70% wohl weitaus zu niedrig an; andere Beobachter nennen 90 - 100%, was mir realistischer erscheint.
Vor allem aber ENTSETZT mich Ihr Sandmännchen-Gesäusel, wonach Staatsschulden in der Regel nicht zurückgezahlt werden (müssen). Das dürfte zwar empirisch zutreffen; INSOWEIT kann man tatsächlich argumentieren, dass sie künftige Generationen nicht belasten. Aber selbst ohne Tilgungslasten vererben wir kommenden Generationen zwei (in Deutschland sogar drei) massive Probleme:
- Die steigende Zinslast engt den Spielraum für Staatsausgaben ein. Und bei starken Schuldensteigerungen wird die Zinslast sogar überproportional steigen, weil die Notenbanken versuchen werden und müssen, antiinflationär gegenzuhalten.
- Der steigende Schuldenberg engt den Spielraum für weitere Schuldenaufnahme ein. Die nächsten "Notlagen" kommen aber ganz bestimmt. Und so, wie die Welt heute aussieht, sogar exponentiell ansteigend.
- Und dann ist da bei uns noch die demographische Krise, d. h.
ein wachsender Schuldenberg ruht auf den Schultern einer
sinkenden Arbeitnehmerzahl. Theoretisch können wir natürlich
Arbeitskräfte importieren, d. h. uns die
"Humankapitalinvestitionen" fremder Völker aneignen. Doch mit
dieser (theoretischen) Lösung hätte das Problem der
"demographische Krise" auch bei der Rentenfinanzierung niemals
ein Thema für die Volkswirtschaftler sein dürfen. Und praktisch
holen wir uns ohnehin statt einsatzbereiter Arbeitskräfte
vorwiegend soziale Hängemattenbesatzer ins Land.
Doch, Sie sind daran mitschuldig! Sie wissen sehr genau, dass, frei nach Franz Josef Strauß, eher ein Hund einen Wurstvorrat anlegt, als dass die Politiker sorgsam mit Steuergeldern umgehen.
Sie haben der Politik die Indulgenz zum Schuldenmachen erteilt: Damit sind die Dämme gebrochen. Und die Politik (und das Stimmvieh sowieso) wird keine neuen Dämme aufrichten - die SPD noch weniger als die CDU.
Mit freundlichen Grüßen
Burkhardt Brinkmann
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ceterum censeo
Wer alle Immiggressoren der Welt in sein Land lässt, der ist nicht "weltoffen":
Der hat den A.... offen!
Textstand 06.03.2025
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