Nach einem bekannten Bonmot über die Entwicklungshilfe dient diese der Umverteilung von den Armen zu den Reichen: Sie nimmt den Armen aus den reichen Ländern und gibt den Reichen in den armen Ländern.
Lässt man den Umstand bei Seite, dass es sich hier um eine externe Umverteilung handelt, ist es eigentlich gar nicht erstaunlich, dass ein FDP-Politiker, nämlich der bisherige Generalsekretär der Partei Dirk Niebel, jetzt in der neuen schwarz-gelben Koalition das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung führt: schließlich war die Umverteilung von unten nach oben war schon immer d der Freien Demokraten.
Wie dem Wikipedia-Eintrag über ihn zu entnehmen ist, war Dirk Niebel von 1993 - 1998 bei der damaligen Bundesanstalt für Arbeit - jetzt Bundesagentur für Arbeit (BA) - beschäftigt und tritt er für eine radikale Reform dieser Institution ein. Nach seinen Vorstellungen sollte die Bundesagentur nur noch für die Verwaltung und Auszahlung der Versicherungsleistungen der Arbeitslosenversicherung zuständig sein. Wenn man im Koalitionsvertrag „marktgerecht ausgestaltete Vermittlungsgutscheine“ ankündigt (S. 81) dann fragt sich der Leser, ob das wohl ein Schritt in diese Richtung sein soll. Andererseits gibt es solche Gutscheine bereits, so dass sich die schwerer wiegende Frage auftut, was man sich unter „marktgerecht“ vorstellen darf. Ich vermute mal, dass die BA auf irgendeine Weise noch mehr Geld an private Arbeitsvermittler überweisen soll. Eine Reform ist das nicht, wohl aber Futter für die Klientel der Freien Demokratischen Partei.
„Wir halten Wort und es eben nicht für unfair, nach der Wahl an die Versprechen vor der Wahl erinnert zu werden, wie es einer der zahlreichen SPD-Vorsitzenden vor einiger Zeit zum besten gab“ schriebt Dirk Niebel am 14.10.09 in seinem Blog („Begleitmusik“).
Was die Versorgung der eigenen Wählerschaft angeht, gibt sich die Freche Dreiste Poujadistenpartei in der Tat alle Mühe. So wird z. B. unter der hochtrabenden Überschrift „Hochwertige und innovative Arzneimittelversorgung für Deutschland“ (S. 87) den Apothekern Bestandsschutz zugesichert, der Abbau von „Überregulierung“ (lies: Beschränkung von Verdienstmöglichkeiten auf Kosten der Beitragszahler bzw. Patienten im Pharmawesen) und eine Neuregelung unter „mittelstandsfreundlichen“ Kriterien versprochen (patientenfreundlich sollen diese Kriterien zwar auch sein, aber das ist ja angeblich auch das Mehrbesitzverbot von Apotheken) (meine Hervorhebungen):
„Die flächendeckende und sichere Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln hat für uns hohe Priorität. Die freiberuflichen Apothekerinnen und Apotheker spielen für eine gute Arzneimittelversorgung eine zentrale und wichtige Rolle. Eine Änderung des bestehenden Mehr- und Fremdbesitzverbotes lehnen wir deshalb ab. Wir werden die Auswüchse beim Versandhandel bekämpfen, indem wir die Abgabe von Arzneimitteln in den sogenannten Pick-up-Stellen verbieten. Die Vielzahl der sich zum Teil widersprechenden Instrumente, die den Arzneimittelmarkt regeln, werden wir überprüfen. Die Überregulierung wird abgebaut. Der Arzneimittelmarkt wird unter patienten-, mittelstandsfreundlichen und wettbewerblichen Kriterien effizient neu geordnet.“
Sobald es jedoch um die eigene Versorgung geht, sind Wahlversprechen schnell vergessen. „Niebel hat vor der Wahl genau das Ministerium für überflüssig erklärt, das er jetzt übernehmen soll. Es ist Teil des Wahlprogramms der FDP das Entwicklungsministerium aufzulösen und anderen Ministerien zuzuschlagen“ informiert uns Thorsten Denkler in seinem Kommentar „Merkel, Jung und Niebel. Die Nullrunde“ in der Süddeutschen vom 24.10.2009.
Im Volksmund kursiert eine maliziöse Redeweise über die angebliche türkische Bezeichnung für Hamburger von McDonalds: „Izmir übel“. So betrachtet, ist unser neuer Entwicklungshilfeminister für mich ein Türke: „Izmir Niebel“!
Am Rande (am Schluss) des Artikels „Entlastungen: FDP stellt Zeitplan für Steuerreform infrage“ vom 28.10.2009 berichtet das Handelsblatt über ein weiteres gebrochenes Wahlversprechen:
„… zu Einsparungen konnten sich die Koalitionäre nicht durchringen, aus Angst, die langsam wieder bessere Konjunktur zu stören und Wähler in Nordrhein-Westfalen im Mai zu verprellen. „Der Staat spart zuerst bei sich selbst“, sagte Westerwelle stolz. Die Vorschläge dafür stehen im „FDP-Sparbuch“ für 2009. Dort wird etwa für vier der fünf von den Liberalen jetzt geführten Ministerien jeweils der Verzicht auf einen Parlamentarischen Staatssekretär gefordert. Nach der Vereidigung am Mittwoch ziehen die neuen FDP-Ressortchef in ihre Ministerien ein: samt unverändert vielen Staatssekretären, Personal und Dienstwagen.“
Textstand vom 10.09.2022
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