Freitag, 18. Dezember 2009

Endlich! Deutsche Nationalhymne runderneuert: Dummland Deutschland zahlt für alle, Alle PIGS der Euro-Welt


Unser Staat zu and'rer Nutze
Gern gibt unser Steuergeld!
Vom Atlantik bis zur Memel,
Vom Pazifik bis zum Golf:
Deutschland an den Melkeschemel,
Bürger frisst der Steuerwolf!

Irland, Spanien Griechenland?
Deutschland blecht; halt du den Rand!
Von Iller, Neisse bis zur Elbe
Vom Schwarzen Regen zum Niederrhein,
Überall fragt man dasselbe:
Soll Deutschland ewig Milchkuh sein?

Liebe Angela!
Weihnachtszeit ist es, und du, Engelchen, willst, so wurde uns berichtet (mittlerweile ist das Thema schon wieder vom Medienteppich - aber ganz sicherlich nicht von deiner Agenda - verschwunden), Griechenland gängeln. Zu seinem eigenen Besten glaubst du, dem Schuldensüden Vorschriften machen zu müssen, obwohl du nicht einmal die Weihnachtsmänner in unserem gemeinsamen Haus zähmen kannst.
[Den größten Weihnachtsmann identifizierte am 25.11.2009 das Handelsblatt: "Seehofer droht mit Blockade": "Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat eine Zustimmung seines Landes zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz ohne einen ermäßigten Satz bei der Mehrwertsteuer für die Hotellerie im Bundesrat kategorisch ausgeschlossen."]

Offiziell geht natürlich kein deutsches Geld an die von Korruption zerfressene griechische Steuerhinterziehernation. Mannhaft tönt man in der Deutschen Politik: "Griechenland: Schwarz-Gelb gegen Hilfen für Athen": "Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert Griechenland auf, selbst den Haushalt zu sanieren und verlangt von dem EU-Mitglied mehr Anstrengung. Schwarz-gelbe Abgeordnete unterstützen mehrheitlich Merkels Haltung" (Handelsblatt 18.12.09).

Auch die deutsche Publikzistik baut Potemkinsche Fassaden der Festigkeit auf: "Griechenland in der Krise. Hart, aber hilfreich": "Dass Griechenland die EU-Regeln permanent ignoriert, darf nicht belohnt werden" hieß es am 8.12.09 in der Financial Times Deutschland (FTD).
Na ja, ein kleiner Nachsatz folgte dann noch: "Die EU sollte seinem Mitglied deshalb nur beispringen, wenn es einen drastischen Sparkurs unter Brüsseler Ägide akzeptiert."
Harte Sparkurse haben bekanntlich schon der Internationale Währungsfonds und die Weltbank mit vielen Ländern veranstaltet und wurden dafür kritisiert. Einem EU-Mitgliedsland solche zu verordnen, dessen Bewohner bei Demonstrationen schnell, beim Steuerzahlen langsam sind, und dessen Regierungen so seriös sind wie amerikanische Wirtschaftsstatistiken (s. a. "Die Aufschwung-Lüge" v. Artur P. Schmidt, oder dieses GEAB-Bulletin vom Nov. 07, oder hier bei Urbs Media - den dort referenzierten Monatsbericht August 2008 der Deutschen Bundesbank konnte ich auf deren Webseite nicht finden - schon in 2002), wird schwer werden.

Es ist nicht nur optimistisch, es ist vor allem ausgesprochen dumm, wenn du, liebe Angela Merkel, dich in die griechische Innenpolitik einmischen willst (meine Hervorhebung):
"Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die anderen in der Gipfelrunde sorgen sich vor allem um die Stabilität des Euro. Vor ihrer Abreise nach Brüssel hatte Merkel sogar angeregt, darüber nachzudenken, inwiefern die EU ein Land zu sozialen Reformen zwingen könnte. Dies würde aber in nationale Kompetenzen eingreifen. "Über solche Probleme müssen wir sprechen", sagte sie in Bonn." So zu lesen in der ZEIT vom 11.12.09 unter "Haushaltskrise. EU nimmt Griechenland in die Pflicht": "Das griechische Staatsdefizit hat den Auftakt des EU-Gipfels überlagert. Das Bündnis mahnt Athen zu Reformen und prüft offenbar einen härteren Umgang mit Schuldensündern."
Nachdem sich das Land schon in die Euro-Zone gelogen hat, wird es kaum über Nacht mit seinen orientalischen Märchenerzählungen aufhören.
Wer dem Land Kredit gibt, tut das auf eigenes Risiko.
Wer sich dagegen in die Innenpolitik einmischen will, übernimmt - die Kehrseite der Medaille - zugleich die Veranwortung zur Hilfeleistung. (Schelte ist gewiss, Dank wird man nicht einmal für die Hilfe ernten, und für die Einmischung ohnehin nicht.)
Dass unsere Engelskanzlerin Angela Merkel genau dies vorhat, berichteten Marc Brost, Uwe-Jean Heuser und Mark Schieritz in einem Gemeinschaftsartikel in der ZEIT vom 11.12.09 unter dem (in keiner Weise auf Griechenland weisenden) Titel "Konjunktur. Abgrundtief". Auch noch die Einleitung ist sehr allgemein gehalten: "Staatspleiten, Inflation, Exportausfälle – die Volkswirtschaft steht vor einer langen Phase mit extrem hohen Risiken. Ist Berlin darauf vorbereitet?"
Ziemlich weit hinten kommen die Worte der Wahrheit (meine Hervorhebungen):
"Ein Drama, so oder so: Wenn die Griechen darauf zählen können, dass ihnen im Notfall geholfen wird, geht der finanzpolitische Schlendrian weiter. [Genau!] Einen Schuldenberg von 112 Prozent der Wirtschaftsleistung hat das Land angehäuft – Rekord in der Eurozone. Vor drei Wochen räumte der Finanzminister ein, das Staatsdefizit werde in diesem Jahr mit fast 13 Prozent der Wirtschaftsleistung doppelt so hoch ausfallen wie prognostiziert. Neues Wachstum wird die Griechen nicht aus ihrer Bredouille befreien: Die Wirtschaft kann infolge überzogener Lohnsteigerungen international kaum mithalten.
Dennoch will niemand eine Staatspleite riskieren. Allein deutsche Geldhäuser hatten Stand Jahresmitte 38,6 Milliarden Euro in Griechenland investiert. So gibt man sich offiziell in Berlin den Griechen gegenüber hart – und arbeitet dennoch an Rettungsvarianten. Um den Preis, innenpolitisch unter enormen Rechtfertigungsdruck zu geraten. Deshalb arbeitet man im Kanzleramt derzeit fieberhaft an einer internationalen Lösung, die sich national verkaufen lässt. [Ist doch kein Problem, Angela: meinen Landsleuten kann man doch alles andrehen! Die zahlen sogar 8 Milliarden Euro für unsere Kleinstaats-Fernsehkultur; man muss sie nur Glauben machen, sie bekämen dafür das beste Fernsehen der Welt.] Eine Idee ist, den Internationalen Währungsfonds einzuschalten. Das gilt in der Europäischen Zentralbank als problematisch, die Notenbanker fürchten, der Euro könne an Ansehen verlieren. Deshalb wird in Frankfurt, Brüssel und Berlin an einer zweiten Variante gearbeitet: Ein europäischer Fonds, der den Griechen – gegen strenge Auflagen [an die sich ausgerechnet die Griechen halten werden??? Sollen wir das nur vor, oder etwa gar noch nach Weihnachten glauben?] – im Notfall hilft.
"
Nun, eines will ich der Hornissenkoalition nicht unterstellen: dass sie die deutschen Banken raushauen will. Die haben ihr Engagement (hoffentlich) ohnehin über Credit Default Swaps abgesichert (hoffentlich nicht bei anderen deutschen Banken!!).

Die Angst geht vielmehr dahin, dass die Euro-Zone insgesamt in Mitleidenschaft gezogen werden könnte:
"Eine Staatspleite Griechenlands würde das Vertrauen in den Euro zerstören und damit die Grundlagen deutscher Wirtschaftspolitik gefährden. Spekulanten würden auf den Fall weiterer Länder wetten."
Mit derartigen Behauptungen habe ich mich bereits am 20.02.2009 in meinem Blott "Lässt Klingklax sich klaglos beklauen? Keine Euro-Anleihen zur Rettung der Mittelmeer-Länder! Keine deutschen Steuergelder gen Süden senden!" auseinander gesetzt.
Manche glauben das wirklich; realistisch ist das nicht. Die Furcht wird mit Sicherheit von der Finanzbranche geschürt, die so in der besten aller Welten wirtschaften will: Hohe Renditen für griechische Staatsanleihen kassieren wg. Risiko, gleichzeitig aber eben dieses Risiko den Steuerzahlern (nicht nur, aber sicherlich großenteils, auch den deutschen) aufbürden.

In den USA stehen die Bundesstaaten Kalifornien und New York (den Staat) am Rande der Pleite. (Und wahrscheinlich noch eine Reihe anderer, über die bei uns nicht berichtet wird, weil sie weniger Gewicht haben.)
Über die kalifornischen Probleme informiert z. B. der Artikel "Staatsdefizite
Moody's prophezeit Schuldensturm
"
in der FTD vom 15.12.09, in dem wir aber auch lesen, was wir ohnehin schon wissen: auch Deutschland ist fiskalisch keine Insel der Seligen; einen Juliusturm haben wir schon lange nicht mehr, und die Schulden wachsen, von der Hornissenkoalition noch vorsätzlich gefördert, rasch an.
Heute berichtet Felix Wadewitz in der ZEIT über "Börsenboom und Stadtmisere. New York kämpft gegen die Staatspleite":
"New York steht kurz vor dem Bankrott. Und die Wall-Street-Banker freuen sich auf Milliardenboni. Die Stadt steht vor einer Zerreißprobe."

Der Dollar wird noch drastisch fallen. Aber nicht im Traum kommt Jeffrey Garten in seiner diesbezüglichen Meinungsäußerung "We must get ready for a weak-dollar world" vom 29.11.09 in der englischsprachigen Financial Times auf die Idee, den Dollarkurs in irgendeinem Zusammenhang mit den Finanzschwierigkeiten der US-Bundesstaaten zu sehen. Auch die Finanzwelt tut das offenbar nicht: weil die Amerikaner sich nicht auf diese Weise erpressen lassen. (Im übrigen wären sinkende Euro-Kurse auch keineswegs unser Untergang, sondern würden, im Verhältnis zu dem jetzt kaufkraftmäßig unterbewerteten Dollar, die Exportmöglichkeiten verbessern. Auch insoweit haben uns die Savants eine Menge dummes Zeug erzählt: dass nämlich Deutschland seine Exportüberschüsse eindämmen müsse, um das internationale Gleichgewicht, besonders in der Handelsbilanz mit den USA, wiederherzustellen. Sicher sind Exportüberschüsse zunächst einmal - zeitweise - verschenktes Geld, und eher KEIN Grund zum Stolz. Jedoch hat die Euro-Zone insgesamt in ihrem Außenhandel kein Ungleichgewicht, und in den Außenbeziehungen, also etwa zu den USA, kommt es lediglich auf die Währungsräume an. Es kommt ja auch niemand auf den Einfall, z. B. die Außenhandelsbilanzen einzelner US-Bundesstaaten unter die Lupe zu nehmen; das wäre auch Quatsch. Tatsächlich subventionieren wir mit unseren Überschüssen die europäischen Außenhandels-Defizitländer, also vermutlich auch Griechenland!)

Aber in Europa sind halt nicht nur die Banker naiv, sondern auch die Politiker und die Kommentatoren. Denen muss man nur was ins Ohr säuseln von "Stabilität gefährdet" (oder von "Ungleichgewicht"), dann kehren die ihre Taschen nach außen. Ihre Taschen? Nein, das sind natürlich UNSERE Taschen, die da geleert werden!

Also denk dran Angela, falls du gern wiedergewählt werden möchtest: dass das gute Ende vom Deutschlandlied so lautet:
"Blüh im Glanze dieses Glückes,
Blühe, deutsches Vaterland!
"

Und nicht etwa:

"Blut' zum Glanze dieser Mücken,
Blute, deutsches Vaterland!
"


Einige weitere Berichte zum Thema:

- "Finanzkrise: EU macht Druck auf Griechenland", Handelsblatt 10.12.09

- "Axel Weber 'Griechenland braucht den IWF nicht' " berichtet das Manager Magazin am 9.12.09 über Äußerungen des Bundesbankpräsidenten: "Bundesbankpräsident Axel Weber hält die Unterstützung des Internationalen Währungsfonds für das finanziell angeschlagene Griechenland derzeit nicht für nötig. Gleichzeitig fordert er die griechische Regierung zum Handeln auf. Offenbar keine akute Gefahr sieht Weber für die Banken des Landes."
Doch soll man Webers Entschlossenheit nicht vor dem Artikelende loben:
"Bevor über weitere Schritte [lies: Hilfen!] nachgedacht werden könne, müssten zunächst die Bemühungen des Landes abgewartet und bewertet werden."

- Henrik Müller kommentiert im Manager-Magazin vom 10.12.09: "Staatspleiten - warten auf den Finanz-GAU" widersprüchlich (meine Hervorhebungen):
"Die übrigen Euro-Staaten werden versuchen, nicht für Griechenland und andere mögliche Problemfälle einspringen zu müssen. Aber womöglich werden sie es müssen. Das Geld für die Rettungsaktionen müsste vor allem aus den großen, finanzstarken Euro-Staaten Deutschland und Frankreich kommen. Die genießen bislang die stabile Bestnote der Ratingagenturen (AAA), können sich relativ billig verschulden. ...
Eine gerade veröffentlichte Studie von Moody's zeigt, dass auch Deutschland und Frankreich eine empfindliche Verschlechterung ihrer Finanzlage befürchten müssen - sie haben schlichtweg kein Geld zu verschenken. ...
Die Lage ist schwierig genug. Entsprechend werden die Finanzminister in Berlin und Paris sich hüten, auch noch die Schulden anderer Mitgliedstaaten mitzutragen. Der Staatsbankrott eines so kleinen Mitgliedstaates wie Griechenland könnte sogar als willkommene Abschreckungsmaßnahme gegenüber anderen Ländern mit laxer Finanzführung gesehen werden. Ein hellenischer Staatsbankrott könnte ein Exempel statuieren, das am Ende die Währungsunion stärkte, weil dadurch die finanzpolitischen Spielregeln klarstellen würden.
Ein knallharter Kurs. Aber werden Paris und Berlin ihn durchhalten? Fraglich. Denn ein Bankrott könnte eine Kettenreaktion auslösen. Anleger könnten sich geschockt auch aus anderen, schwächeren Staatsanleihen zurückziehen. Was wäre, wenn das große, hochverschuldete, schwach wachsende Italien - mit einem großen Bondmarkt, vergleichbar dem deutschen - keine neuen Anleihen absetzen kann? Das würde das Euroland im Kern bedrohen - und in Deutschland wären Abermillionen von Lebensversicherungen bedroht, die in italienische Euro-Staatsanleihen investiert haben. Dann müssten die Euro-Partner, Deutschland vorneweg, wohl prompt einspringen - und eine weitere Verschlechterung ihrer eigenen Staatsfinanzen risikieren.
"
Mit anderen Worten: für die Renten reicht das Geld angeblich nicht, aber zur Absicherung von Lebensversicherungen in aller Welt sind genügend Steuergelder da!
Aber eine Insolvenz Griechenlands würde mitnichten Italien in den Abgrund ziehen - ebenso wenig wie diejenige Kaliforniens den Markt für US Staatsanleihen ruinieren würde.
Im Gegenteil würden in beiden Fällen die Kurse für die "sicheren" Anleihen - Deutschland, Frankreich, USA - sogar steigen. Weil nämlich die Investoren gar keine andere Wahl mehr hätten, wenn sie überhaupt noch Zinsen ziehen wollen, als die wenigen dann noch verbleibenden (vermeintlich) sicheren Staatsanleihen zu kaufen. (Zitat "Dr. Doom" Nouriel Roubini: "There is a wall of liquidity…chasing assets".)
Doch haben die Kapitalbesitzer genügend Einflussagenten in der Öffentlichen Meinung(smache), um uns aus Furcht vor der Povertät in die Armut zu treiben.


P. S. Mit "PIGS" (ist einprägsamer als das eigentlich korrekte "PIIGS") werden am Finanzmarkt Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien als wacklige Schuldner bezeichnet.


http://www.blogger.com/img/blank.gifNachtrag 25.12.09
"Moody's straft Griechenland milde ab" meldete das Handelsblatt vom 22.12.09 (meine Hervorhebung):
"Nach Fitch und Standard & Poor's und Fitch hat auch die dritte große Ratingagentur Moody's ihre Einschätzung zu Griechenland gesenkt. Die Bonitätsnote für griechische Staatsanleihen sinkt aber nur um eine Stufe. Das hat die Marktteilnehmer positiv überrascht. .....
Nach der jüngsten Herabstufung bewertet Moody's die Kreditwürdigkeit Griechenlands immer noch zwei Stufen höher als die Agenturen Fitch und S&P, die das Land kürzlich auf „BBB+“ herabgestuft und damit in die zweite Liga der Schuldner verbannt hatten. .....
Tatsächlich enthält Moody's Bewertung eine Reihe positiver Einschätzungen. Die Agentur erkenne an, dass die Regierung in ihren jüngsten Ankündigungen die Schwächen des Landes klar erkannt und den Weg für eine nachhaltige Lösung vorgezeichnet habe, schrieb Sarah Carlson, Moody's Chefanalystin für Griechenland. Die Agentur sieht in den Finanzproblemen Griechenlands „keinen entscheidenden Test für die Euro-Zone“.
."


Nachtrag 25.12.09
Und weiter geht die publizistische Vorbereitung der deutschen Deppen auf Hilfe für die PIIGS, wie sie in dem langen Zeit-Artikel "Griechenland-Krise. Der Euro franst aus" von Mark Schieritz und Klaus Taatje (17.12.09) genannt werden, d. h. zunächst auf Hilfe für Griechenland:
"Die Haushaltsprobleme in Griechenland und anderen Staaten am Rand der EU bedrohen die gemeinsame Währung. .....
»Die Anleihemärkte haben Länder wie Griechenland nicht rechtzeitig für ihre verfehlte Haushaltspolitik abgestraft«, sagt Daniel Gros, Ökonom am Brüsseler Centre for European Studies. Banken, Versicherungen und Investmentfonds haben sich darauf verlassen, dass den Griechen im Zweifel von anderen Mitgliedern der Euro-Zone geholfen wird und der Regierung in Athen bereitwillig Geld geliehen. .....
Einen Staatsbankrott im eigenen Währungsgebiet will in der EU trotzdem niemand riskieren. »Dazu wird es nicht kommen«, sagt ein hochrangiger Notenbanker. Die Folgeschäden gelten als unabsehbar. So sind die europäischen Banken aufs Engste miteinander verwoben. Die unglaubliche Summe von 2119 Milliarden Euro haben deutsche Institute in Europa verliehen, 38 Milliarden in Griechenland, 183 Milliarden in Irland, 237 Milliarden in Spanien. Ein Zahlungsausfall in einem dieser Länder würde tiefe Löcher in die Bilanzen der hiesigen Institute reißen. [Na ja, die 38 Mrd. für Griechenland können die Banken schon noch verkraften, zumal üblicher Weise selbst bei einem Staatsbankrott ein Teil der Schulden letztlich ja doch getilgt wird.]
Zumal es bei einer isolierten Pleite, das lehrt die Erfahrung, wahrscheinlich nicht bliebe. Sind die Finanzmärkte erst einmal im Panik-Modus, ist niemand mehr sicher. Die nervösen Investoren würden wahrscheinlich auch Gelder aus anderen finanzschwachen Ländern wie Spanien, Portugal und Irland abziehen. Wie bei einem Dominospiel droht ein Staat nach dem anderen umzufallen. Man könnte auch sagen: Griechenland ist systemrelevant.[Völliger Quatsch bzw. bewusste Panikmache aus 'Branchenkreisen'. Wer Staatsanleihen gekauft hat, kann sein Geld nicht eben mal abziehen. Bei Fälligkeit kann er auf Bezahlung hoffen, vorher kann er seine Papiere bestenfalls an andere zu verkaufen suchen. Und je mehr Investoren oder Spekulanten das tun, desto mehr fallen die Anleihekurse, d. h. die Schuldnerstaaten könnten (wenn sie irgendwo Geld dafür auftreiben können) ihre Anleihen u. U. sogar unter pari am Markt zurück kaufen.]
in den Mitgliedstaaten und in der Brüsseler Kommission wird eifrig an Rettungskonzepten gearbeitet – obwohl der EU-Vertrag solche Stützungsleistungen eigentlich verbietet.
Das bevorzugte Konzept sieht vor, einen multilateralen Notfallfonds aufzulegen, in den die anderen EU-Staaten einzahlen. Er würde den Griechen – gegen harte Auflagen – Geld leihen. Zu den diskutierten Varianten zählt, den griechischen Haushalt von Brüssel aus zu überwachen und dem Land bei Verfehlungen Zuwendungen aus EU-Töpfen zu streichen.
Die Regierungen der EU haben sich damit für einen Spagat entschieden: Klare Solidaritätsbekundungen blieben bislang aus. Der Druck auf die Griechen soll aufrechterhalten werden, damit das Land seinen Schuldenberg so weit wie möglich selbst in den Griff bekommt. Zugleich aber steht man für den Ernstfall bereit. Die Länder der Währungsunion trügen eine »gemeinsame Verantwortung«, sagt Kanzlerin Angela Merkel. [Na also, sag' ich doch: der deutsche Steuerzahler wird sturmreif geschossen!]
Eine klare Hilfszusage der anderen EU-Staaten wiederum würde die Märkte beruhigen, doch zugleich wäre der Anreiz für die Griechen gering, ihre Probleme selbst zu lösen.
" Richtig: die Griechen einerseits und die Investoren andererseits warten nur darauf, die Dummländer auf's Kreuz zu legen!

Darum wird jetzt kräftig Angst geschürt*, vor einem Domino-Effekt, der nicht eintreten wird!
*Damit will ich nicht die Verfasser dieses Artikels der bewussten Meinungsmache beschuldigen. Sie geben nur wieder, was in den Amtsstuben und in den Börsensälen diskutiert wird. Man darf sich diese Art von Propaganda nicht primitiv nach dem Muster des Bismarckschen Reptilienfonds vorstellen; es muss sich nicht einmal bei den Urhebern um den Versuch einer bewussten Manipulation handeln. Was hier geredet wird, ist nichts anderes, als was üblicher Weise in solchen Situationen diskutiert wird. Dennoch ist es falsch, und die Risiken werden in der Debatte übertrieben. Wir sollten Griechenland erlauben, in den Staatspleite zu gehen: das würde einen heilsamen Schock auslösen, nicht zuletzt auch für unsere eigene verschuldungsfreudige Hornissenkoalition. Ein Ausscheren von Ländern aus der Euro-Zone wird nicht eintreten; wenn aber doch, wäre das für den Rest eher heilsam als gefährlich, und für die betroffenen Länder, die dann Spannungen wieder auf traditionelle Weise über Wechselkursänderungen ausgleichen könnten, ebenfalls. Angst ist der denkbar schlechteste, leider allerdings auch der einflussreichste, Ratgeber für Politik.


Nachträge 26.12.09

Steffen Bogs bietet in seinem Blog "Querschüsse" am 17.12.09 mal wieder eine Menge an Informationen, Links und Zahlen, auch zur griechischen Staatsverschuldung. Titel "Griechenland - ein PIGS Problem". Einer Meinung zur Frage, ob wir den griechischen Staatshaushalt stützen sollen, enthält er sich leider; zur Lektüre der umfangreichen Kommentare fehlt mir wie üblich die Zeit.

Dem Blog "Die Börsenblogger" (Marc Schmidt) entnehme ich unter "Erst Griechenland, dann Spanien und später? Der erste Belastungstest für den Euro" (10.12.09, rein referierender Natur) den Hinweis auf 2 weitere Artikel der deutschen Presse:
In der "Welt" vom 10. Dezember 2009 finden wir in dem Kommentar "Warum wir die Griechen im Stich lassen müssen" dasselbe wie in praktisch allen anderen oben zitierten Meinungsäußerungen: Der Autor (Jörg Eigendorf) macht dicke Backen und plustert sich in Überschrift und Vorspann gewaltig auf:
"Unter normalen Umständen wäre Griechenland längst bankrott. Haushaltsdisziplin ist dort ein Fremdwort – weil sich die Regierung darauf verlässt, dass man von den übrigen Euro-Staaten schon gerettet werden wird. Doch das ist der falsche Weg. Die Euro-Zone sollte ihre Mitglieder im Notfall hängen lassen."
Um dann im Endeffekt doch wieder den Schwanz einzuziehen:
"Im Ernstfall müsste ... die fiskalpolitische Hoheit vorübergehend de facto auf eine EU-Institution übergehen ...". Das heißt aber nichts anderes, als dass die EU "im Ernstfall" zahlen müsste.
Frank Wiebe sagt es im Handelsblatt-Blog "Global Markets" unter "Eine Pleite in Athen wäre zu teuer" (09.12.09) direkter. Ich will seine Argumente, auch wenn ich sie letztlich nicht für relevant halte, hier nicht unterschlagen (immerhin bringt er auch das argentinische Gegenbeispiel):
"Der zweite Punkt sind die griechischen Banken. Sie haben Milliarden an heimischen Staatsanleihen gekauft. Ginge der Staat bankrott, gingen die Banken mit. Deswegen kann der Staat kein Interesse haben, sich so aus der Affäre zu ziehen. Zum Vergleich: Argentinien hat es vor ein paar Jahren geschafft, seine Gläubiger vor den Kopf zu stoßen und wenig später wieder an den Kapitalmarkt zurückzukehren. Wenn die Argentinier dabei ihr eigenes Banksystem hätten ruinieren müssen, wären sie diesen Weg aber sicher nicht gegangen.
Hinzu kommt: Wenn griechische Banken in Schieflage geraten, würde das wieder Panikwellen durch die gesamte Finanzbranche jagen. Fazit: Wer den griechischen Staat nicht retten will, müsste die Banken dort retten, was auch keinen Spaß macht. Das alles spricht dafür, dass die Griechen sich, im Zweifel mit – widerwilliger – Hilfe der EU und notfalls des IWF irgendwie durchwurschteln können.
"

Fazit für mich: Die deutsche Journaille schlägt die Hacken zusammen, die deutschen Lasteselpolitiker sowieso, und der dummdeutsche Michel löhnt.

Immerhin lesen wir in dem Bericht "Verschuldeter Staat. IfW-Chef warnt vor dem Absturz Griechenlands" (WELT vom 14.12.09) von Christoph B. Schiltz, dass sich ein führender deutscher Wirtschaftswissenschaftler gegen Hilfen ausgesprochen hat:
"Laut dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) droht Griechenland der Staatsbankrott: Die Krise des hoch verschuldeten Landes kann sich nach Ansicht des IfW-Chefs Dennis Snower noch verschärfen. Snowers Vorschlag: Eine unabhängige Kommission soll die griechische Sparpolitik überwachen. .....
Der Ökonom sprach sich zugleich gegen finanzielle EU-Hilfen aus: „Griechenland muss sich selbst helfen. Es wäre falsch, wenn Brüssel mit Finanzhilfen einspringt.“ Dies setze falsche Anreize, auch für andere Länder. „Es bedeutet: Du kannst fröhlich Schulden machen, die anderen helfen Dir schon, wenn es eng wird“, sagte Snower.
"
Wer überwacht, übernimmt (Mit-)Verantwortung. Dass wird auch Snower wissen. Deshalb glaube ich nicht, dass er er diese Position auch im Ernstfalle durchhalten würde.

Wahrheiten werden nur wohldosiert geliefert. So z. B. in dem WELT-Artikel "Griechenland ist dem Staatsbankrott näher" vom 08.12.09. Dort wird „Die ökonomische Situation Griechenlands ist besorgniserregend“, schreibt Stephane Deo, Ökonom bei der UBS-Bank, mit der zutreffenden Analyse zitiert, dass "ein hartes Sparprogramm [in Griechenland politisch] nicht durchsetzbar" sei. Wie wahr! Und ganz gewiss kein Grund, den Griechen das Sparen von außen aufzuoktroyieren! Lasst die Leute doch endlich mal Fehler machen - und für ihre Fehler selbst bezahlen! Nur wenn man die normalen Rückkopplungsmechanismen nicht ständig mit einer Art von "benevolent dictatorship" aushebelt, und nicht ständig ein gütiges Eingreifen eines Deus ex machina ins Programm schreibt, können sich die Schwachstellen selbst reparieren, anstatt alle anderen mit zu schwächen.
Im "Focus" vom 10.12.09 ("Wirtschaftsweiser Bofinger. „Zittern um den Euro ist fehl am Platz“.") beruhigt auch der Professor Peter Bofinger mit jenem Vergleichsbeispiel, das auch ich wiederholt angeführt habe, nämlich die Verschuldung von Kalifornien:
"FOCUS Online: Kann die Eurozone eine Griechenland-Pleite verkraften?
Bofinger: Die Eurozone kann notfalls auch mit einer Situation zu Recht kommen, in der die Inhaber griechischer Anleihen diese nicht mehr voll zum Nennwert zurückgezahlt bekommen. Mit einem Anteil von rund 2,5 Prozent am BIP des Euroraums ist Griechenland ein vergleichsweise kleines Land, der Schock wäre regional begrenzt.
FOCUS Online: Die Währungsunion würde ein Mitglied verlieren. Der Euro wäre angezählt.
Bofinger: Das ist keinesfalls zwingend. Die Griechen stünden noch schlimmer da, wenn sie wieder zurückkehren würden zur Drachme. Und ein Mitglied der Eurozone auszuschließen, ist nicht möglich. Zittern um den Euro ist fehl am Platz. In den USA ist die Verschuldungsproblematik noch viel dramatischer: Kalifornien steht am Rande der Zahlungsunfähigkeit. Das ist eine völlig andere Dimension als Griechenland.
"

Auch der Focus-Bericht "Griechenland. Land in Not" vom 10.12.09 deutet (in einigen Textpassagen) deutsche Zahlungsbereitschaft an. Einleitung:
"Griechenland hat rund 300 Milliarden Euro Schulden angehäuft. Nun ruft Athen nach Brüssel. Die Euro-Länder sollen einspringen und dem Land aus der Finanzklemme helfen. Dann wäre Deutschland besonders gefragt."

Über Hindernisse, die einer Durchsetzung des Sanierungsprogramms der sozialistischen Griechischen Regierung innenpolitisch entgegen stehen, liest man in Deutschland selten etwas. Immerhin aber doch in dem Focus-Artikel "Staatsschulden. Griechenland trudelt ins Chaos" vom 16.12.09:
"Nach der Ankündigung des massiven Sparprogramms begannen am Mittwoch landesweite Streiks. Zunächst legten die Lehrer für 24 Stunden die Arbeit nieder, am Donnerstag wollen auch Journalisten in den Ausstand treten. 24 Stunden lang werde es keine Nachrichten geben, berichtete das Staatsradio. Am Donnerstag sollen die Fähren bestreikt werden. Viele Inseln ohne Flughafen bleiben damit für einen Tag von der Außenwelt abgeschnitten. Die Streikenden wenden sich hauptsächlich gegen die Sparpolitik der sozialistischen Regierung und gegen Pläne, finanziell gesunde Rentenkassen mit defizitären zu fusionieren.
Allerdings rief vorerst lediglich die drittgrößte Gewerkschaft Pame, die der Kommunistischen Partei (KKE) nahesteht, zu Aktionen auf. In Presseberichten war von einem Signal die Rede. Die Streiks seien erst ein „Vorgeschmack darauf, was in den nächsten Monaten in Griechenland kommen könnte“. Die zwei größten Gewerkschaften GSEE und Adedy hielten sich zurück. Ihre Vorstände, die überwiegend von den Sozialisten kontrolliert werden, wollten der Regierung noch Zeit geben
."

Kein Wenn und Aber kennt kennt Holger Steltzner im der FAZ.net vom 12. Dezember 2009. Unter der Überschrift "Der letzte Anker für Stabilität" schreibt er (wegen der Kürze seines Kommentars übernehme ich diesen hier vollständig):
"Schon vor der Finanzkrise hat der Europäische Stabilitätspakt nicht gehalten, was er versprochen hat. Nach der Krise könnte der nächste und letzte Anker für einen stabilen Euro reißen: die „No-bail-out-Klausel“ des Maastricht-Vertrags, die die Haftung der Währungsunion oder eines Mitglieds für die Schulden eines anderen Euro-Staates ausschließt.
Wenn die neue griechische Regierung dem schlechten Beispiel ihrer vielen Vorgänger folgt, sich einen Teufel um die Reduzierung der riesigen Defizite schert und weiter die Statistiken fälscht, dann kommt es nächstes Jahr zum Schwur.
Werden die Schulden der Griechen von der Union übernommen, dann wird die EU zur Haftungs- und Schuldengemeinschaft.
Für das dadurch zerstörte Vertrauen in den Euro werden am Ende alle Bürger bezahlen, in Form von Entwertung ihres Geldes und ihrer Renten. Es geht nicht darum, wie hoch oder relativ die griechischen Schulden sind. Es geht um das Prinzip, dass ein Land nicht für die Schulden eines anderen einzustehen hat. Wenn Deutschland heute den Griechen hilft, muss es morgen für Italien, Spanien oder andere zahlen. Bevor das passiert, sollte Griechenland den Euro-Raum verlassen.
"
Das ist doch mal ein Wort. Nur wird es leider, wie auch schon einige der wenige Leser-Kommentatoren in der FAZ ahnen, ungehört verhallen.

Realistisch ist Werner Mussler in seinem FAZ-Kommentar "Staatsdefizit. Der griechische Patient" vom 15.12.09 (meine Hervorhebung):
"Die Hoffnung der EU-Verantwortlichen darauf, dass es die Griechen irgendwie selbst schaffen, ist insofern bis auf weiteres verständlich. Schon wegen der angespannten innenpolitischen Lage ist das indes ein riskantes Kalkül. Wahrscheinlicher als der Ausschluss bleibt, dass im Notfall andere EU-Staaten einspringen, mit dem größten dieser Staaten vorneweg. Diese wenig beruhigende Perspektive lässt wenigstens einen Schluss aus dem griechischen Dilemma zu: Die Aufnahme neuer Kandidaten in den Euro-Raum erfordert mehr Strenge und Sorgfalt als bisher."

Hier eine FAZ.net-Grafik zu Schulden und Haushaltsdefiziten ausgewählter europäischer Länder.


Nachträge 28.12.09

Überblicke zur Geschichte der Staatsverschuldung bzw. der Staatspleiten gibt das Autorenteam Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff:
1. In einem Buch "Dieses Mal ist alles anders. Acht Jahrhunderte Finanzkrisen" (engl. OT: "This Time is Different: Eight Centuries of Financial Folly".)
Vermutlich eine Art Rohentwurf zu diesem Buch ist online gratis verfügbar: das Arbeitspapier "This Time is Different: A Panoramic View of Eight Centuries of Financial Crises" vom April 2008. (124 S.; hier eine Kurzversion mit 59 S.)
Daraus die Zusammenfassung (abstract):
"This paper offers a “panoramic” analysis of the history of financial crises dating from England’s fourteenth-century default to the current United States sub-prime financial crisis. Our study is based on a new dataset that spans all regions. It incorporates a number of important credit episodes seldom covered in the literature, including for example, defaults and restructurings in India and China. As the first paper employing this data, our aim is to illustrate some of the broad insights that can be gleaned from such a sweeping historical database. We find that serial default is a nearly universal phenomenon as countries struggle to transform themselves from emerging markets to advanced economies. Major default episodes are typically spaced some years (or decades) apart, creating an illusion that “this time is different” among policymakers and investors. A recent example of the “this time is different” syndrome is the false belief that domestic debt is a novel feature of the modern financial landscape. We also confirm that crises frequently emanate from the financial centers with transmission through interest rate shocks and commodity price collapses. Thus, the recent US sub-prime financial crisis is hardly unique. Our data also documents other crises that often accompany default: including inflation, exchange rate crashes, banking crises, and currency debasements."
Ein weiteres Papier des Autorengespanns befasst sich mit der internen Staatsverschuldung: "The Forgotten History of Domestic Debt" (49 S.). Einleitende Zusammenfassung:
"There is a rich scholarly literature on sovereign default on external debt. Comparatively little is known about sovereign default on domestic debt. Even today, cross-country data on domestic public debt remains curiously exotic, particularly prior to the 1980s. We have filled this gap in the literature by compiling a database on central government public debt (external and domestic). The data span 1914 to 2007 for most countries, reaching back into the nineteenth century for many. Our findings on debt sustainability, sovereign defaults, the temptation to inflate, and the hierarchy of creditors only scratch the surface of what the domestic public debt data can reveal. First, domestic debt is big—for the 64 countries for which we have long time series, domestic debt accounts for almost twothirds of total public debt. For most of the sample, this debt carries a market interest rate (except for the financial repression era between WWII and financial liberalization). Second, the data go a long way toward explaining the puzzle of why countries so often default on their external debts at seemingly low debt thresholds. Third, domestic debt has largely been ignored in the vast empirical work on inflation. In fact, domestic debt (a significant portion of which is long term and non-indexed) is often much larger than the monetary base in the run-up to high-inflation episodes. Last, the widely held view that domestic residents are strictly junior to external creditors does not find broad support."]

Beweise für die völlige Zahlungsunfähigkeit Griechenlands liefert "Jean Gnatzig" in der WELT vom 16.12.09 unter der Überschrift "Hellas und Pfennig. So zahlungsunfähig ist Griechenland wirklich". Unter anderem erfahren wir dort, dass man bei den griechischen Banken nicht einmal mehr Gyros-Konten eröffnen kann, dass historische Bauten schon seit Jahrhunderten in Ruinen liegen und dass Leda, um sich ein Zubrot zu verdienen, es nicht nur mit dem Schwan, sondern sogar schon mit Enten treibt.
Das ist natürlich alles scherzhaft gemeint, aber den größten Witz hat der Autor in der Einführung versteckt: "... will man sich nicht von der Europäischen Union helfen lassen".

Ernsthaft ist der Artikel "Finanzkrise. Der Bankrott der Griechen streift auch Deutschland" von J. Dams, J. Eigendorf und C. B. Schiltz. Der datiert zwar bereits vom 9. Dezember 2009, liest sich aber wie eine Zusammenfassung des (auf uns zu) Kommenden. Verunsicherung der Bevölkerung schon im Titel, Sätze wie "mit seiner Malaise könnte das Land die gesamte Eurozone krank machen", "in der EU gibt es mit Irland und Spanien weitere Wackelkandidaten. Diese werden schnell folgen, wenn Griechenland einmal gekippt ist" usw. klopfen den deutschen Steuerzahlern (und Politikern) die Knie weich und das Geld aus dem Beutel.
Informativ (u. a. in Bezug auf die unglückliche Rolle von Großmaul Steinbrück) ist auch der Mittelteil (meine Hervorhebungen):
"Die Griechen setzen drauf, dass die anderen Europäer sie im Notfall aus ihren Schulden herauskaufen. ... Außerdem dürfte es den EU-Regierungen schwer fallen, ihren heimischen Steuerzahlern die Notwendigkeit für Hilfsmaßnahmen zu erklären." [Wieso eigentlich? Die Journalistenzunft leistet doch jede erdenkliche Hilfestellung, damit unsere Politiker 'verantwortlich' handeln, dass heißt unser Geld gen Süden in die Taschen der Kapitalbesitzer schaufeln können!]
"Noch heute ärgert man sich in Berlin darüber, dass der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) einmal angedeutet hat, es sei unmöglich, Banken nicht aus der Krise zu retten, ein EU-Mitglied dagegen aber pleite gehen zu lassen. Was Steinbrück damit klar machen wollte: Wenn ein Euro-Mitglied Pleite gehen kann, steht das gesamte Währungsbündnis auf der Kippe, weil der Kapitalmarkt nicht mehr an dessen Zusammenhalt glaubt. Das sei ein Ding der Unmöglichkeit." [Was heißt das bitte konkret, "auf der Kippe stehen"? Dass der Euro von 1,50 US Dollar auf 1,20 USD fällt? Na und? Hilft doch unserer Exportwirtschaft! Außerdem entspricht doch dieser Kurs ohnehin angeblich etwa der Kaufkraftparität? Und wenn Griechenland ausscheidet, und meinetwegen auch das eine oder andere weitere Land der PIGS-Gruppe: so what?]

Panikmache betreiben auch D. Eckert und H. Zschäpitz in ihrem WELT-Artikel "Währungen. Das Vertrauen in den Euro bröckelt" vom 17. Dezember 2009:
"Nach dem Absturz des Dollar geht es jetzt auch mit dem Euro bergab. Die Länder der Währungsgemeinschaft haben Rekordschulden aufgehäuft und brauchen bald frisches Geld. Erste Euro-Staaten wie Griechenland haben Bonitätsprobleme. Das birgt enorme Sprengkraft für den Währungsverbund."
Oh Gott, wie schrecklich, denkt der Laien-Leser wenn man ihm erzählt:
„Die Finanzkrise hat zu einer größeren Differenzierung zwischen den Euro-Mitgliedern geführt“, sagt Glen Marci von der DZ Bank. Bei einer Einheitswährung wie dem Euro könnten die Risiken jedes einzelnen Landes nicht mehr separat bewertet werden. Dadurch werde dem Euro als Ganzes Vertrauen entzogen. An den Devisenmärkten heißt das: Er gerät unter Verkaufsdruck."
Nur beiläufig erfährt er im Folgesatz, welche Faktenlage überhaupt einen Anlass zu dem Gejammer bietet:
"Seit Anfang Dezember hat die Gemeinschaftswährung gegenüber der Leitdevise Dollar knapp fünf Prozent an Wert verloren."
Na und? Angesichts des ohnehin kaufkraftmäßig überbewerteten Dollar, und angesichts der Tatsache, dass die Kurse an den Devisenmärkten ohnehin ständig schwanken, ist ein Verlust von 5 % überhaupt kein Grund zur Aufregung. Absolute Werte verschweigen die Autoren; nehmen wir an, der Dollarkurs habe bei 1,50 € gelegen, dann stände er nach einer Minderung um 5% halt auf 1,425 € - immer noch weit über Kaufkraftparität. Und außerdem werden sich die Investoren schon im nächsten Monat, in der nächsten Woche oder vielleicht sogar morgen daran erinnern, dass die USA ihr Budgetdefizit teilweise mit der Notenpresse finanzieren, und auch gar nicht anders können.
In einer Diskussionsrunde "The Crisis and How to Deal with It" hatte Paul Krugman zunächst großspurig den Eindruck zu erwecken versucht, dass die USA ihr Defizit locker aus den Ersparnissen ihrer Bürger finanzieren können: "The United States has gone from approximately a zero savings rate two years ago up to about 4 percent right now, which is still below historical norms; but suddenly saving is occurring. ..... There are more savings than we know what to do with. If we ask the question "Where will the savings come from to finance the large US government deficits?," the answer is "From ourselves." The Chinese are not contributing at all."
Woraufhin der Wirtschaftswissenschaftler sich von dem US-Historiker Niall Ferguson vorrechnen lassen musste (meine Hervorhebung): "Even if the private savings rate rebounded to its highest point in the postwar period, it would still account for no more than 5 percent of gross domestic product. But this year's deficit, as I said earlier, is likely to be north of 12 percent of gross domestic product. So it doesn't quite add up."
Mit anderen Worten: der Nobelpreisträger beherrscht nicht einmal die Grundrechenarten. Oder, wahrscheinlicher, er redet nicht als Wissenschaftler [peinlich ist es, wenn einem dann so ein 'Nestbeschmutzer' wie Niall Ferguson in die Parade fällt!], sondern lügt als Patriot (was ihn mit den Griechen auf eine Stufe stellen würde). (Krugmans "Antwort" auf Fergusons Daten konnte naturgemäß nur ein Ausweichen sein: "The essence of this kind of recession is precisely that the amount that collectively we want to save is greater than the amount that collectively we want to invest. That is the problem. You can't get around that.")
Angesichts der öffentlichen und privaten Verschuldung in den USA, und angesichts der allgemein bekannten dortigen Statistikmanipulationen, werden irgendwann auch die Investoren (Spekulanten) denken, was Niall Ferguson furchtlos aussprach:
"Once you end up with public and private debts in excess of three and a half times the size of your annual output, you are [lies: America is] Argentina."
Also kein Grund für volle Hosen, doch die beiden deutschen Journalisten haben, aus welchen Gründen auch immer, die Angstmache auf der Agenda:
"Fünf Prozent mag nach wenig klingen, ist für eine Währung jedoch eine ganze Menge: Aus Sicht der Amerikaner, gegenüber deren Devise der Euro derzeit abwertet, ist die gesamte Eurozone rechnerisch 680 Mrd. Dollar „kleiner“ geworden – binnen weniger Tage."
So eine lächerliche absolute Rechnung habe ich noch nie gesehen; kein Investor interessiert sich für solche Zahlenspiele. Der Betrag muss nicht falsch sein, er ist ganz einfach für den Markt absolut irrelevant. Solche Präsentationsformen können sich nur Leute (oder 'Kreise') ausdenken, welche die Steuerzahler durch Furchteinflößen davon ablenken wollen, dass sie intellektuelle Zuarbeiter einer Bande von Trickdieben sind. Abgesehen davon, dass der Euro seinerseits vermutlich früher ebenfalls "binnen weniger Tage" um solche absoluten Summen gegenüber dem Dollar zugelegt hat (und irgendwann zukünftig auch wieder zulegen wird), ist er, wie schon gesagt, kaufkraftmäßig noch immer deutlich überbewertet.
Während den Deutschen die Muffen sausen, machen viele Griechen in Obstruktion gegenüber der eigenen Regierung: "Gegen Sparpolitik. Ärzte und Journalisten in Griechenland streiken" heißt es in der WELT vom 17. Dezember 2009:
"Griechenland droht der Staatsbankrott, die Regierung hat massive Sparprogramme angekündigt. Ärzte und Journalisten sind wütend und streiken. Sprechstunden in den Krankenhäusern fallen aus. Im staatlichen Radio und Fernsehen gibt es keine Nachrichtensendungen mehr, Zeitungen erscheinen nicht."
Allerdings klaffen auch hier Schlagzeile und Realität weit auseinander, indem Erstere einen Zustand allgemeiner Auflehnung suggeriert, der in der Realität (allerdings auch wiederum nur wegen der Verfilzung zwischen Politik und einem Teil der Gewerkschaften) denn doch noch nicht gegeben ist:
"Bislang ist es den Sozialisten gelungen, die Proteste in Grenzen zu halten: Die zwei größten Gewerkschaften GSEE und ADEDY hielten sich zunächst zurück. Ihre Vorstände, die überwiegend von den Sozialisten kontrolliert werden, wollten der Regierung noch Zeit geben."

Angela Merkel und Axel Weber drehen unsere Taschen schon mal nach außen. "Griechenland: EU will Finanzprobleme offenbar ohne IWF lösen" meldet (u. a.) das Handelsblatt vom 26.12.09:
"Einem Medienbericht zufolge sollen die Finanzprobleme in Griechenland innerhalb der Europäischen Union und ohne Hilfe des Internationalen Währungsfonds (IWF) gelöst werden. Auch Kanzlerin Angela Merkel hält ein Eingreifen des IWF politisch für das falsche Signal. .....
"Wir brauchen den IWF nicht", wird Bundesbankpräsident Axel Weber zitiert. [Kein Wähler hat einen Herrn Weber zur Verfügung über den deutschen Bundeshaushalt legitimiert!] Er verweise darauf, dass eine Finanzierung von Budgetdefiziten aus Zentralbankmitteln, die dem IWF zur Verfügung stünden, in Europa verboten seien.
Wie das Nachrichtenmagazin weiter schreibt, zieht Weber damit an einem Strang mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ein Einschreiten des IWF demnach politisch für ein falsches Signal hält. Die EU sei stark genug, um mit dem Problem allein fertig zu werden.
"
Indem (u. a.) Deutschland den Griechen einen sogenannten "Kredit" gibt:
"Nach Ansicht von Experten könnten finanzstarke Länder wie etwa Deutschland dem schwächelnden Partner einen Kredit einräumen."
Dass wir das Geld aus diesem "Kredit" jemals wiedersehen, glaubt unser Weihnachtsengelchen mit Sicherheit selbst nicht.

Ein Gerd Höhler gibt publizistischen Flankenschutz in einem Meinungskommentar (der, selbst im Vergleich zu den anderen o. a. Meinungsäußerungen pro Hilfeleistung - sachlich extrem dünn fundiert ist) im Handelsblatt vom 28.12.09 u. d. T. "Europa: Wir sind alle Griechen":
"Die Europäische Union hat viel zu lange die Probleme in Athen ignoriert und damit den verhängnisvollen Kurs der Regierungen dort unterstützt. Jetzt hilft nur ein radikaler Kurswechsel. ...
Die griechische Malaise betrifft die gesamte Euro-Zone, wie die Kursverluste der Gemeinschaftswährung zeigen.
" [Na und?]
"Die Europäische Union (EU) ist mitverantwortlich. Sie hat die Strukturschwächen der griechischen Wirtschaft und die Finanz-Alchemie an der Akropolis viel zu lange ausgeblendet." [Ach ja: der Betrogene ist Schuld, nicht etwa der Betrüger! Und schon gar nicht die Finanzmärkte, die Armen, die viel zu lange viel zu niedrige Risikoprämien für die Athener Schrottanleihen angesetzt haben!] .....
Die Schulden der Griechen sind Schulden der Euro-Zone - wir alle sind Griechen." Wieso das? Ja, doch: wenn wir vor unserer Kanzlerin (und den Finanzmärkten) kriechen - dann sind wir in der Tat selber die (Schulden-)Griechen!
Erg. 31.12.09: Kein Wunder, dass Höhler den Griechenland-Lobbyisten macht, schließlich lebt er in Athen! Da will er sich offenbar zu Lasten seiner deutschen Landsleute Liebkind bei den dortigen Machthabern, aber auch den Bürgern, machen! Ein Wunder ist eher, dass die Handelsblatt-Redaktion solche Lobbyisten-Kommentare abdruckt! Aber kann das wirklich überraschen, bei einer Wirtschafts-Zeitung, deren Chefredakteur Bernd Ziesemer den Bundesbürgern als Märchenonkel Sand in die Augen zu streuen versucht?


Nachtrag 30.12.2009

Den folgenden Text von der Webseite der CDU/CSU-Bundestagsfraktion halten wir hier doch gleich mal fest, um die Burschen ggf. daran festhalten zu können. Es handelt sich um eine Pressemitteilung vom 09.12.2009, verfasst von Norbert Barthle MdB, immerhin haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Schlagzeile: "Bail-out-Klausel im Fall Griechenland einhalten".
Der Untertitel "Euroraum ist auch ein Schicksalsraum" macht mich (auch wenn er im Kontext unten anders gewendet wird) freilich misstrauisch: "Schicksalsraum" klingt sehr nach "Schicksalsgemeinschaft", und das wiederum nach "Solidargemeinschaft"; in einer Schicksalsgemeinschaft trägt einer des anderen Last, nicht wahr?
Text (meine Hervorhebungen):
"Anlässlich der Herabstufung von Griechenland durch eine Ratingagentur erklärt der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Norbert Barthle MdB:
Die Herabstufung von Griechenland durch die Ratingagentur Fitch stellt eine große Herausforderung für den Euroraum und für die Mitglieder der Euro-Zone dar. Die Spannungen innerhalb des Euroraums nehmen deutlich zu, die einheitliche Geldpolitik wird für die Europäische Zentralbank nicht einfacher.
Griechenland erntet nun die Folgen von wirtschafts- und finanzpoltischen Fehlentscheidungen der letzten Jahre. Immer wieder wurden die Stabilitätskriterien des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts verletzt. Die griechischen Staatschulden sind in astronomische Höhen geklettert. Es fehlt das Vertrauen des internationalen Kapitalmarkts, dass es in absehbarer Zeit zu einer echten Kehrtwende in der griechischen Politik kommen könnte.
Der Euroraum ist auch ein Schicksalsraum. Daher muss der Druck durch die europäischen Partner und durch die EU intensiviert werden, damit die griechische Regierung nun das Ruder herumreißt. Griechenland muss klar sein, dass die bail-out-Klausel keine Staatshilfen von Seiten der EU oder einzelner Mitgliedsstaaten zulässt. Die vereinbarte bail-out-Klausel gilt auch ohne Wenn und Aber für den Fall Griechenland. Solche Hilfen würden nur die griechischen Bemühungen zur Konsolidierung abschwächen und wären ein schlechtes Vorbild für andere Staaten, die ebenfalls erhebliche Schwierigkeiten mit der Einhaltung der Maastricht–Kriterien haben.
Es wäre den Steuerzahlen nicht zu vermitteln, dass sie neben den eigenen Lasten aus der Finanz- und Wirtschaftskrise nun auch noch die Lasten für die europäischen Sünderstaaten schultern sollten. Und das ohne jegliche wirtschafts- und finanzpoltischen Gegenleistungen der betroffenen Staaten. Die Bundesregierung muss nun eine klare Position beziehen.
"


Nachträge 31.12.2009

Was ich oben über das Verhältnis Euro - Dollar gesagt habe, finde ich bestätigt im letzten Absatz eines Textes auf der Webseite der Deutschen Welle vom 30.12.09: "Währungen. Sprengt Griechenland den Euroclub?" (meine Hervorhebungen):
"Natürlich haben die Finanzprobleme der südlichen Euroländer, vor allem Griechenlands, Folgen für den Euro. Der wurde - wegen der anhaltenden Dollarschwäche - Mitte des Jahres mit rund 1, 50 Dollar bewertet. Heute kostet der Euro rund 1,43 Dollar, hat sich also gegenüber der Weltleitwährung etwas abgeschwächt. Aber das kann man auch anders ausdrücken: Der Dollar bleibt schwach, weil die internationalen Anleger genau sehen, dass die USA seit Jahren über ihre Verhältnisse leben. Die akuten Finanzprobleme Griechenlands haben nur dazu geführt, dass ein Teil der Dollarschwäche kaschiert wird. Es bleibt also abzuwarten, wer seine finanziellen Ungleichgewichte als erster in den Griff bekommt: Die südlichen Euroländer oder die USA." So isses!

Vgl. jetzt auch meinen neuen Blott "Widersprüchliche Signale zum Griechenland-Bailout: Machtkampf im Zentralkomitee der CDU/CSU/FDP?" vom 31.12.2009.


Nachtrag 01.01.2010
"Finanzmärkte: Angst vor der Staatspleite geht um" berichtet das Handelsblatt heute, am ersten Tag des Neuen Jahres:
"Die Finanzmärkte werden 2010 ihre Aufmerksamkeit den Staatsfinanzen und der Gefahr hoher Inflationsraten zuwenden. Wenn die Zinsen steigen, wird es ungemütlich für die Regierungen. .....
Die Zweifel an der Bonität Griechenlands schickten zum Jahresschluss Schockwellen durch die Märkte. Doch bisher seien das nur Vorboten kommender Turbulenzen, warnen Ökonomen. Die Angst vor der Staatspleite löst die Angst vor der Bankenpleite ab.
"Griechenland war nur ein Vorgeschmack auf das, was auf andere Länder zukommen wird", prophezeit Joachim Fels, Chefvolkswirt der US-Investmentbank Morgan Stanley. "Die Finanzmärkte werden 2010 das Thema Staatsbankrott und damit das Thema Inflation spielen." .....
2010 muss die Wende kommen, wenn die Finanzmärkte nicht das Vertrauen in die Sanierbarkeit der Staatsfinanzen verlieren sollen.
Pierre Cailleteau, Chef der Länder-Rating-Sparte der Ratingagentur Moody's, ..... sieht zwei Szenarios, die selbst große Staaten in ernste Probleme bringen könnten. Zum einen könnten die Zentralbanken die Zinsen so stark anheben, dass die Wirtschaft in die Rezession zurückfällt. Das könnte eine neue Serie von Bankenzusammenbrüchen auslösen, die die Regierungen womöglich nicht mehr beherrschen könnten. Das zweite Szenario ist, dass die Zentralbanken die Zinsen nicht stark genug anheben, die Finanzmärkte wegen steigender Inflationsraten in Panik geraten und die Langfristzinsen in die Höhe treiben. Das würde für Banken und Regierung gleichermaßen die Refinanzierung zu einem großen Problem werden lassen. .....
Das Beispiel Japans zeigt, dass auch enorme Schuldenberge beherrschbar sind, solange sich eine Regierung zu sehr niedrigen Zinsen im Inland refinanzieren kann. Japans Staatsverschuldung wird 2010 das Doppelte des BIP überschreiten - und das bei niedrigen Wachstumsraten und einer schrumpfenden Bevölkerung.
Doch die Japaner sind nach wie vor bereit, dem Staat zu minimalen Zinsen ihre Ersparnisse zur Verfügung zu stellen. Müsste Japan seine Staatsanleihen an das Ausland verkaufen, wäre das Land ein Topkandidat für einen spektakulären Staatsbankrott. .....
In Großbritannien kauft die Notenbank schlicht die von der Regierung neu ausgegebenen Staatsanleihen auf.
Die Europäische Zentralbank (EZB) tut das nicht, doch sie leiht Geschäftsbanken Geld gegen Staatsanleihen als Sicherheit. Die Banken verdienen leichtes Geld, indem sie sich für Zinsen nahe null Geld leihen und für ein paar Prozent Zinsen in sichere Staatsanleihen investieren. So stärken sie ihre Eigenkapitaldecke. Doch so finanziert die EZB auch indirekt die Staatsdefizite der Euro-Länder.
In den USA kauft die Notenbank ebenfalls direkt Staatsanleihen. Außerdem nutzen die USA den Status des Dollars als Weltreservewährung, um große Mengen an Staatsanleihen ins Ausland zu verkaufen, vor allem an Schwellenländer wie China, deren Exportüberschüsse gewaltige Devisenreserven auflaufen lassen. Statt den hoffnungslos überschuldeten US-Bürgern leiht China jetzt also dem Staat Geld.
"
Wer dumm genug, - also z. B. Deutschland -, seine gebenden Hände in diese Hexenkessel der Finanzmärkte einzutauchen, wird sie als Brühwürstchen wieder herausziehen. Und wer den Investoren oder Spekulanten auch nur den kleinen Finger reicht, dem werden sie zum Dank die ganze Hand greifen. Dann zahlt nicht mehr nur Griechenland Strafzinsen, sondern auch der deutsche Bundeshaushalt wird noch fröhlicher geplündert, als die Hornissenkoalition das ohnehin schon jetzt tut.


Nachträge 02.01.2010

Aufgrund eines Kommentars von "inti" zu meinem Blott "Nouriel Roubini: Aus Dr. Doom wird Dr. Zoom" habe ich ein wenig in dem Financial-Times-Blog (der englischen FT, nicht des deutschen Ablegers FTD) "Maverecon" von Willem Buiter [nicht "William" B.] (hier seine Homepage) herumgestöbert. Buiter war (oder ist noch?) Professor of European Political Economy, London School of Economics and Political Science; former chief economist of the EBRD, former external member of the MPC; adviser to international organisations, governments, central banks and private financial institutions. Ab Jahresbeginn ist er jedenfalls "Chief Economist at Citi", also wohl Chefvolkswirt der amerikanischen Citibank (und beendet daher auch seinen Blog).
In seinem Eintrag "Polite suggestion to the Dubai sovereign that creditors of Dubai World not be bailed out" vom 27. November 2009 spricht er sich indirekt auch gegen einen Bailout für die griechischen Staatsschulden aus. Ich zitiere hier einen etwas längeren Passus; die direkt oder indirekt (auch) Griechenland betreffenden Stellen habe ich gefettet:
"It is of the utmost importance that governments throughout the world learn the lesson that providing free ex-post default insurance for any debt, including debt issued by 100 percent government-owned companies, is unwise and counterproductive. The sovereign is on the hook only for sovereign and sovereign-guaranteed debt - that’s why they are called that way.
Throughout the advanced industrial countries and in some emerging markets, the sovereign debt situation has worsened dramatically as a result of the financial crisis and, even more dramatically, as a result of the revenue losses caused by the economic contractions that followed the crisis. Public debt to GDP ratios are rising everywhere, and are likely to top 100 percent of annual GDP by 2014 in the US, the UK and in the Euro Area. Structural public sector deficits and primary government financial deficits are at unsustainable levels in many countries, including France, the UK and the US.
Some countries are in a truly disastrous fiscal-financial pickle. Greece’s new government discovered on taking office that its predecessor had fiddled the data (not a novelty in Greece) and that as a result it was stuck with a 12.5 percent of GDP financial deficit for the year instead of the just over six percent fairy tale figure the last government had brandished about. Public debt in Greece is likely to get close to 130% of GDP by the end of 2010 and to go on rising. With euro-denominated public debt and no independent monetary policy capable of inflating that debt away, sovereign default is not just something to scare the children with in the dark. [Buiter hält also die Möglichkeit eines Staatsbankrotts Griechenlands für durchaus realistisch.]
Other countries, Japan comes to mind, have public debt situations that are in some ways worse than that of Greece, although the low level of Japanese interest rates at all maturities obscures the threat posed by the public debt burden. High private saving rates and a large stock of national financial wealth and of net national foreign assets mean that Japan for the moment only faces a single, internal transfer challenge - shifting resources from the domestic private sector to the domestic public sector - rather than a dual, internal and external transfer challenge. Nevertheless, I would not like to be the Japanese minister of finance when the markets wake up and impart risk premia to the interest rates on newly issued and floating rate Japanese sovereign debt instruments.
Given the severely-impaired fiscal-financial positions and prospects of so many countries, the notion of a sovereign of one of these countries assuming responsibility for any debt that is not sovereign or sovereign-guaranteed is ludicrous."

Im letzten Satz geht es zwar unmittelbar nur darum, dass die überschuldeten Staaten nicht auch noch nachträgliche Rückzahlungsgarantien für solche Schulden übernehmen sollten, die weder Staatsschulden noch vom Staat (ex ante) verbürgte Schulden sind. Man darf aber wohl annehmen (vielleicht hat er es auch irgendwo geschrieben, aber ich bin, wie gesagt, nur mal über einige seiner Blog-Einträge 'drübergebraust'), dass Buiter auch Hilfen oder Bürgschaften für andere Nationen ablehnt.
Nach etwas weiterer Sucharbeit stelle ich fest, dass ich Willem Buiter hier keineswegs falsch interpretiert habe.
Denn schon am 14.01.2009 hatte er in seinem Eintrag "Sovereign default in the eurozone and the breakup of the eurozone: Sloppy Thinking 101" in kritischer Anknüpfung an eine gegenteilige Meinungsäußerung (eines John Authers in der FT vom 13.01.09) konstatiert (meine Hervorhebungen):
"Three issues are being linked in this passage [d. h. einer Passage der von Buiter kritisierten Kolumne]. The emergence of high levels of sovereign default risk premium differentials between different eurozone member states, the external value of the euro and the likelihood of the eurozone breaking up. There is no self-evident link between these three issues. The first is neither necessary nor sufficient for the second or the third. More than that, the threat or reality of sovereign default by a eurozone member state is much more likely to reduce that country’s incentive to leave the eurozone than to increase it."
Zu deutsch also: Der Staatsbankrott eines Mitgliedslandes der Euro-Zone muss keineswegs den Außenwert des Euro beeinträchtigen. Und schon gar nicht wird er dazu führen, dass dieses Land die Eurozone verlässt, denn (wie er im weiteren Text sehr ausführlich begründet) mit einer eigenen Währung stünde es letztlich noch sehr viel schlechter dar.
"Economics 101" ist der wirtschaftswissenschaftliche Grundkurs in amerikanischen Universitäten; Buiter insinuiert also mit seiner Überschrift mit beißendem Spott, dass denjenigen, die gegenteiliger Auffassung sind (d. h. die eine Euro-Abwertung und/oder einen Zerfall der Eurozone als logische Folge der Staatspleite eines Mitgliedslandes ansehen) bereits das ökonomische Grundwissen fehlt. Dieser Einschätzung kann ich mich nur anschließen, denn sogar ich als blutiger Laie der Nationalökonomie komme zu den gleichen Ergebnissen wie Buiter! [Allerdings gehe ich davon aus, dass eine Reihe von Meinungsäußerungen pro Bailout nicht von nationalökonomischen Greenhorns stammt, sondern von Lobbyisten der Kapitaleigner!]
Aus Sicht der anderen Mitgliedsländer wäre Buiters Absatz noch anzufügen, dass es denen (also insbesondere uns in Deutschland!) herzlich egal sein kann, zumindest bei kleinen Ländern der Peripherie, ob diese Mitglieder der Eurozone sind oder nicht. Wer sich für die Gesamtproblematik interessiert, sollte den Volltext lesen; der nachfolgende weitere Abschnitt daraus beweist, dass Buiter Staaten-Bailouts ablehnt:
"I view the widening of the sovereign risk spreads inside the eurozone as a welcome development. With the revised Stability and Growth Pact effectively emasculated as a fiscal discipline device, it is essential for national fiscal discipline in the euro area, that the market believes (1) that national sovereign debt is indeed just national, not joint and several among all eurozone member states, and (2) that the ECB [oder, darf man hier sicherlich ergänzen: die anderen Mitgliedsstaaten!] will not bail out ex-ante or ex-post a eurozone member state that gets itself into fiscal problems. The very low sovereign risk premium differentials in the early years of the eurozone were worrying to me, because it seemed to indicate that the markets believed that a fiscally incontinent government would be bailed out by the other eurozone national governments or by the ECB. The new larger and healthier sovereign risk premium differentials indicate that the markets may be able to provide more fiscal discipline than suggested by the early years of the common currency. That is good news indeed.
So we may well see sovereign defaults by EU national governments, both inside and outside the eurozone. But it is more likely in my view that Scotland will leave the sterling monetary union (and the United Kingdom) and adopt the euro as its currency than that an existing eurozone member will leave the eurozone. We shall see.
"

Ein weiterer relevanter Blog-Eintrag Buiters vom 18.10.2009 ist betitelt: "Time for the ECB to get serious about the overvalued euro".
Wie ich bereits mehrfach sagte: es besteht absolut kein Grund zur Panik, wenn der Wechselkurs unserer Währung mal etwas tiefer geht!

In einem weiteren Eintrag betr. Dubai lässt Buiter es offen, ob er für oder gegen eine Hilfe der anderen Staaten beispielsweise für Griechenland wäre. Nach der Gesamttendenz von "The intrinsic unimportance of Dubai World and the important wider message it conveys" (29.11.09) gehe ich aber davon aus, dass Buiter eine solche Unterstützung aber zumindest nicht für zwingend geboten hält.
Einen interessanten Textteil, u. a. mit einer Information über die unbedachte Solidaritätszusage unseres damaligen Bundesfinanzministers Peer Steinbrück (die Deutschland aber keineswegs binden kann!), reproduziere ich hier:
"For small peripheral European nations, the threat of sovereign insolvency is therefore a real one, unless EU fiscal solidarity can be relied upon to bail them out. When Ireland was about to be swept away by a wave of global financial mistrust triggered by the Irish government’s decision to guarantee effectively all liabilities of its banks, the then German Finance Minister Steinbruck made the amazing statement (which he obviously had not checked with his coalition partners, his Chancellor or his voters) that the Eurozone countries would not let one of their own go into default.
The year that has passed since then has made this implicit commitment to a Eurozone, let alone an EU cross-border sovereign bail-out rather less credible. All EU sovereigns are, to varying degrees, in fiscal dire straits. We may well see in the next few years the first sovereign default by an old EU15 country since Germany defaulted on its debt in 1948
."


Nachtrag 17.01.2010
Jamaika hat die erste Staatspleite in der aktuellen Finanzkrise hingelegt (allerdings nur gegenüber einheimischen Investoren ("Die Regierung von Jamaika hat ihren einheimischen Gläubigern eine Umschuldung von 7,8 Mrd. $ an Staatsanleihen angeboten. ..... Papiere für 950 Mio. $, die die Regierung an den internationalen Kapitalmärkten begeben hatte, bleiben von der Umschuldung unberührt") - vgl. den FTD-Artikel "Schuldscheintausch. Jamaika ist pleite" vom 15.01.10:
"Sonne, Reggae, Traumstrände - das Bild der Karibikinsel bekommt tiefe Kratzer. Während sich Investoren um Griechenland und Dubai sorgen, legt Jamaika den ersten Staatsbankrott seit Beginn der jüngsten Finanzkrise hin."
Und was geschieht? Die Rating-Agenturen reagieren positiv (allerdings auch deshalb, weil der IWF und andere Organisationen :
"Die Umschuldung sei auf lange Sicht positiv, hieß es bei S&P und der dritten Ratingagentur Fitch. Fitch stellte gar in Aussicht die neuen Bonds mit "B" zu benoten und damit fünf Stufen unter Investment-Status, der auf geringeres Risiko hinweist. Auch die Moody's-Experten sagten, dass die neuen Anleihen aufgewertet werden könnten. Derzeit bewertet die Agentur die Verbindlichkeiten des Landes mit "Caa1".
Der IWF stützt den Umschuldungsplan der Regierung mit einem Kredit über 1,25 Mrd. $. Der Fonds teilte mit, das Land könne mit weiteren 1,1 Mrd. $ anderer Organisationen rechnen.
"
Genauso würde es bei Griechenland verlaufen, selbst wenn hier die ausländischen Verbindlichkeiten zweifellos in eine Umstrukturierung einbezogen würden. Also: Überhaupt kein Grund zur Panik! Wenn allerdings die Sparanstrengungen der Griechen nicht überzeugen, hilft auch eine Neustrukturierung der Schuldenlast nicht. Und wenn in diesem Falle wir den Griechen helfen würden, wäre auch unser Geld a fonds perdu verschwunden. Also: Überhaupt kein Grund für die Verwendung deutscher Steuergelder für Griechenland!


Nachtrag 29.01.10
Endlich einmal ein(en) Kommentar (gefunden) - und sogar auf einer finanzorientierten Webseite -, der sagt, was Sache ist: "Devisen - Worst Case: Bail Out" auf BoerseGo vom (schon) 11.12.2009. Hier der Text (meine Hervorhebungen):
"Die Finanzprobleme Griechenlands sind weiter das Hauptthema. Dabei geht es zunehmend um die Frage, von wo Griechenland Hilfe erwarten könnte. Im Kern ist das die eigentlich interessant Frage für den Devisenmarkt. Dazu muss man sich klarmachen, dass ein Default Griechenlands nicht zu einem Kollaps des EUR führen müsste. Allein schon aufgrund des geringen Volumens an griechischen Staatsanleihen wären keine größeren Kapitalströme zu erwarten, solange die anderen Länder (und damit die Währungsunion als Ganzes) solide Finanzen vorweisen könnten. Der Rückgang von EUR-USD zeigt damit letztlich die Besorgnis des Marktes um die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen im Euroraum. Und damit ist man genau bei der Frage nach einem Bail Out Griechenlands durch andere EWWU-Länder. Ein solcher würde letztlich jedes einzelne Land dazu verleiten, zuviel Geld auszugeben, da im Notfall mit Hilfe durch die anderen Mitgliedsländer zu rechnen wäre. Kommt ein solcher Moral-Hazard-Prozess aber erst einmal in Gang, würden sich die Staatsfinanzen der gesamten Eurozone schnell verschlechtern.
Eigentlich heißt es im EU-Vertrag ausdrücklich, die Union übernehme für Schulden einzelner Mitgliedstaaten keine Haftung und "tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein". Ausnahmen sind lediglich bei einer Naturkatastrophe oder einem anderen außergewöhnlichen Ereignis außerhalb der Kontrolle des betroffenen Landes möglich. Gefälschte Statistiken und unsolide Haushaltsführung gehören zweifelsohne nicht dazu. Dennoch scheint es innerhalb der Währungsunion eine gewisse Bereitschaft zum Helfen zu geben. So hat EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Joaquín Almunia bereits früher erklärt, die Gemeinschaft werde niemanden fallen lassen. Bevor ein Mitglied der Eurozone zum IWF gehen müsse, werde es eine EUinterne Lösung geben, sagte Almunia im Februar. Auch Ex-Finanzminister Steinbrück äußerte sich bereits in diese Richtung. Gestern sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel, Europa habe eine Verantwortung Griechenland beim Überwinden seiner Krise zu helfen. Aufgrund der gemeinsamen Währung trage man gemeinsam Verantwortung. Damit schlagen die Politiker in Europa letztlich den falschen Weg ein, der droht, die gesamten Staatsfinanzen im Euroraum schwer zu belasten und den EUR deshalb unter Druck bringt. Aus ökonomischer Sicht und damit auch für EUR-USD wäre ein Default Griechenlands einem Bail Out mittelfristig vorzuziehen.
"


Nachtrag 10.10.2011
Ein anderer Um-Dichter hat sich bei "Momentmal - der normale Wahnsinn" artikuliert (04.10.11): "Deutschland zahlt für alles?"


Textstand vom 12.08.2019

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