Ich dachte, ein Fahrgastbeirat kann etwas bewegen für die Kunden, oder zumindest etwas zu bewegen versuchen. Also schrieb ich das Gremium am 15.07.2007 wie folgt an (per Einschreiben, nachdem ich auf eine vorangegangene E-Mail keine Antwort erhalten hatte):
"Sehr geehrte Damen und Herren,
meine E-Mail vom 28.04.2007 hat Sie möglicher Weise nicht erreicht; deshalb nun noch einmal in leicht geänderter Version per Einschreiben:
1) Neben vielen anderen günstigen Tarifen gibt es beim VRN [VRN = Verkehrsverbund Rhein-Neckar] auch ein Senioren-Ticket ("Karte ab 60"). Dieses kostet es derzeit als Jahresticket für das riesige VRN-Gesamtgebiet lediglich 28,50 € p. M.; ein Spottpreis, besonders, wenn man auch die Größe des VRN-Tarifgebiets und der noch weit darüber hinausgehenden benutzbaren Strecken in anderen Verkehrsverbünden (bis Würzburg, im Odenwald ja auch bis Michelstadt usw.) bedenkt. Dass man das Seniorenticket bereits mit 60 Jahren erwerben kann, würde es derzeit sogar für mich als Berufstätigen nutzbar machen. Das halte selbst ich, obwohl ich davon profitieren würde, unter Fairnessgesichtspunkten für etwas überzogen: Seniorentickets ab 65 wären in meinen Augen ausrechend. Und preislich wäre ich auch bereit, etwas mehr als 28,50 € zu bezahlen. Aber dass der RMV überhaupt kein Seniorenticket anbietet, finde ich schade.
Es wäre schön, wenn der Fahrgastbeirat sich dieser Frage annehmen würde.
2) Obwohl ich es beruflich nicht brauche (ich wohne in Wächtersbach und arbeite in Frankfurt), habe ich das Jahresticket für das gesamte RMV-Tarifgebiet. Dies lohnt sich für mich deshalb, weil ich mit meiner Frau am Wochenende gern Ausflüge mache und weil wir kein Auto besitzen.
Häufig fahren wir nach Eberbach; das ist zum einen eine schöne Stadt und zum anderen fahren wir gelegentlich von dort mit den sehr günstigen VRN-Sondertarifen noch etwas weiter.
Ich frage mich allerdings, warum das reguläre Tarifgebiet des RMV nicht auch an der Bergstraße in der gleichen Weise an das VRN-Gebiet anschließt. Es wäre schön, wenn man z. B. in Darmstadt VRN-Karten kaufen und dann beispielsweise nach Mannheim, Heidelberg, Bad Schönborn usw. fahren könnte.
Vor langer Zeit hatte mir der VRN mitgeteilt, dass die Schaffung eines nahtlosen Anschlusses in Bereich der Bergstraße (mit der Möglichkeit einer Nutzung der Jahreskarte etwa bis Heppenheim) am RMV scheitere. Ich kann mir das insofern nicht recht erklären, als der VRN offenbar kein Problem damit hat, überlappende Tarifgebiete mit anderen Verkehrsverbünden zu bilden (z. B. auf der Strecke Eberbach – Erbach mit dem RMV).
Vielleicht kann der Fahrgastbeirat auch da etwas bewegen?
Im übrigen danke ich Ihnen ganz allgemein dafür, dass Sie für uns Fahrgäste tätig sind!" [Hervorhebungen und Links jetzt ergänzt und einige Fehler korrigiert.]
Nach wie vor liegt mir keinerlei Reaktion des Fahrgastbeirats beim RMV vor.
Das beweist natürlich nicht, dass die schnarchen.
Aber dass der Fahrgastbeirat des Rhein-Main-Verkehrsverbundes schläft, scheint mir durch diese Tatsache hinreichend bewiesen.
Im fernen Nordhessen ist der NVV (Nordhessische-VerkehrsVerbund) [Verkehrs-Verbund] wacher: dort hat man jetzt die Seniorenkarte "60plus" eingeführt. Gültig ab 60 Jahren, knapp 400,- (genau 398,-) € pro Jahr und für den oder die Partner(in) gibt es die Karte zum halben Preis, also knapp 200,- € (exakt 199,- Euro). Ein Ehepaar ist also mit ca. 600,- Euronen im Jahr dabei; macht im Monat ca. 50,- Euro: das ist ein fairer Preis, auch wenn das Streckennetz des Nordhessischen Verkehrsverbundes weitaus kleiner ist als das Netz des südhessischen RMV. (Die Wikipedia bietet eine "Liste deutscher Tarif- und Verkehrsverbünde" , die neben Links zu den jeweiligen Tarifgemeinschaften auch eine Übersichtskarte für ganz Deutschland enthält).
Also: Aufwachen, RMV(-Fahrgastbeirat)!!!
Nachtrag 21.09.07:
Nun habe ich doch eine Antwort bekommen. Diese veröffentliche ich hier, weil der Sachverhalt für eine weitere Öffentlichkeit von Interesse sein dürfte. Im übrigen will ich mich sachlichen Argumenten natürlich nicht verschließen, aber schade finde ich es doch, dass uns ein Seniorenticket vorenthalten bleibt.
"Ihre Anfrage an den Fahrgastbeirat: SeniorenTicket
Sehr geehrter Herr Brinkmann,
erlauben Sie uns zunächst den Hinweis, dass der Fahrgastbeirat ein ehrenamtliches Gremium des RMV ist, dass vier Mal im Jahr tagt und den RMV bei konzeptionellen Fragen berät.
In seiner gestrigen Sitzung hat der RMV-Fahrgastbeirat sich auf Ihre Anregung hin mit dem Thema SeniorenTicket befasst. Grundtenor dessen, was in der Diskussion besprochen wurde, ist, dass der Fahrgastbeirat grundsätzlich nicht für die Einführung eines speziellen Angebotes für ältere Menschen ist - besonders im Hinblick darauf, dass es im RMV bereits seit geraumer Zeit 9-Uhr-Zeitkarten gibt, die im Schwerpunkt von Senioren genutzt werden. Diese sind gegenüber den Regelzeitkarten im Preis bereits deutlich abgesenkt.
Der Fahrgastbeirat hat sich mit den unterschiedlichsten Möglichkeiten befasst, Anreiz-Angebote für schwach ausgelastete Verkehrszeiten zu finden. Deutlich wurde, dass es nicht eine Altersgrenze sein sollte, auf die hin Angebote konzipiert werden, zumal die Gleichung alt = arm in vielen Fällen nicht greift.
Was Ihre zweite Frage betrifft, so haben wir unsere Tarifabteilung um eine Stellungnahme gebeten. Die Aussage, dass eine Übergangslösung zur Bergstraße am RMV scheitere, haben wir mit Verwunderung aufgenommen. Die DB Regio Südwest als Tarifberechtigter befürchtet an dieser Stelle Einnahmeverluste. Zudem gibt es gerade für die von Ihnen erwähnten Strecken die Möglichkeit, vom letzten Haltepunkt im RMV - nämlich Alsbach-Hähnlein - nach Heidelberg, Mannheim oder Bad Schönborn DB-Fahrkarten zu lösen. Und diese können Sie im Vorverkauf erwerben.
Wir hoffen, dass Ihnen diese Informationen weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
i. A. Peter E. Vollmer
Leiter Unternehmenskommunikation"
Nachträge 23.02.2009:
Bewegt sich was in Sachen Seniorenticket? Bild Frankfurt berichtete am 23.02.2009: "Damit Rentner günstiger RMV fahren können. Ammann kämpft um Senioren-Tickets:" "Im Kampf um die Einführung eines Senioren-Tickets in Frankfurt (Bild berichtete) schaltet sich jetzt auch Gregor Amann ..., SPD-Bundestagsabgeordneter aus Berlin, ein." Leider stellt Bild die Inhalte der Lokalausgaben offenbar nicht online; daher weiß ich nicht, was in dem Bezugsartikel stand. Immerhin wird deutlich, dass ich nicht der Einzige bin, der ein RMV-Seniorenticket für wünschenswert hält.
Schon früher war der Wunsch nach Senioren-Tickets aufgekommen und in der politischen Debatte präsent. Im FAZ.net vom 25.03.07 berichtete darüber Hans Riebsamen u. d. T. "Nahverkehr. Keine billigeren Tickets für Senioren" (meine Hervorhebungen):
"Einen verbilligten Seniorentarif, wie er in Nordhessen im Sommer eingeführt werden soll, wird der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) nicht einrichten. Das hat RMV-Geschäftsführer Volker Sparmann ... klargestellt. 'Alter ist kein Kriterium für sozialen Status', sagte Sparmann. ... Die RMV-Gesellschafter hätten sich gegen einen Seniorentarif ausgesprochen. ...
In Frankfurt setzen sich die Sozialdemokraten für ein Seniorenticket ein, die anderen Parteien haben ihre Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen. Allerdings sieht die städtische Frankfurter Verkehrsgesellschaft unerschlossene Kundenpotentiale, die eventuell über ein solches Sonderticket für die öffentlichen Verkehrsmittel gewonnen werden können. Der nordhessische Verkehrsverbund (NVV) wird vom 1. Juni an einen Seniorentarif anbieten ... .
Beim Preisniveau ist der RMV nach Meinung von Tarek Al-Wazir, des Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Landtag, an der Schmerzgrenze angelangt. Sparmann hingegen verteidigte die im Vergleich zu einigen anderen Metropolen und Verbünde recht hohen Tarife. Die Berliner Verkehrsbetriebe zum Beispiel erwirtschaften nach Angaben Sparmanns pro Fahrt 50 Cent, der RMV dagegen einen Euro. Entsprechend hoch müsse der Nahverkehr in Berlin subventioniert werden, das Geld fehle dann anderswo, etwa bei den Investitionen.
Der RMV-Geschäftsführer tritt dezidiert für ein Nahverkehrssystem ein, das sich an den Mobilitätsbedürfnissen der Kunden orientiert und dessen Betrieb sich aus den regulären Einnahmen finanziert. Von der Haushalts- zur Nutzerfinanzierung, lautet Sparmanns Kurzformel. Doch dieses Ziel sei nur zu erreichen, wenn die politisch aufgezwungene Preispolitik ein Ende habe. Es sei sozialpolitisch gewiss sinnvoll, Schülerfahrten oder die Fahrkarten von Schwerbeschädigten zu subventionieren, doch dies solle der Staat aus Steuermitteln tun, aber nicht diese Pflicht den Verkehrsunternehmen auferlegen." [Vernünftige Positionen; sehe ich im Prinzip auch so.] ....
Textstand vom 07.02.2023
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