Freitag, 26. August 2011

Zensieren die ZEIT-Eurobonditen die Gegner der europäischen Haftungsunion?

Meinen Blog-Eintrag "Warren Buffet: Ein Mirabeaumirage im Ancien Régime des Spätkapitalismus?" hatte ich auch an die Webseite der ZEIT übersandt m. d. B., ihn als Leserartikel zu veröffentlichen.

Allerdings sind die Beiträge dort auf 3.000 Zeichen (ohne Überschrift, aber einschließlich Leerzeichen) begrenzt, so dass ich den Text außerordentlich stark verdichten musste. Danach sah er wie folgt aus (ich habe in dem Leserartikel keine Links gesetzt, weil die noch mehr Zeichen-Platz gekostet hätten; wen es interessiert, findet die Verweise in dem o. a. Ursprungs-Blott):


''Während in der deutschen Politik grüne und rote Eurobonditen die Geldbörsen der Kleinen Leute unsicher machen, hält jenseits des Atlantiks ein Milliardär Geben für seliger denn Nehmen.
"US-Politik. Multimilliardär Buffett will höhere Steuern für Reiche" titelte SpiegelOnline am 15.08.201. Warren Buffets Beitrag in der New York Times vom 14.08.2011 "Stop Coddling the Super-Rich" schließt: "My friends and I have been coddled long enough by a billionaire-friendly Congress. It’s time for our government to get serious about shared sacrifice."
Ähnlich wie manche Adelige und Kleriker im 18. Jahrhundert im vorrevolutionären Frankreich verspürt wohl auch Warren Buffet ein gewisses Unbehagen an seinem Status als Empfänger eines (zum allergrößten Teil) leistungslosen Einkommens.

Eine Massenbewegung von Superreichen im Kampf gegen die eigene steuerliche Privilegierung ist noch nicht daraus geworden, aber auch zu Zeiten des Grafen Mirabeau hatte nur ein kleiner Teil des Adels der eigenen Entmachtung zugestimmt und damit die Französische Revolution in Gang gesetzt.

Damals wie heute marschiert(e) die Revolution von Westen nach Osten: schon hat das Feuer auf Frankreich übergegriffen. Unter der Überschrift "Französische Milliardäre wollen Euro retten" vermeldete das Handelsblatt am 23.08.11: "Nach US-Multimilliardär Warren Buffett wollen jetzt auch superreiche Franzosen wie L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt einen Sonderbeitrag in der Schuldenkrise leisten. „Wir sind uns bewusst, dass wir vom französischen Modell und vom europäischen Umfeld in vollem Maße profitiert haben. (...) Wir wollen dazu beitragen, es zu erhalten“, ..... . Für die vermögendsten Franzosen solle deswegen eine Sonderabgabe ….. eingeführt werden."

Und in Großbritannien bezweifelt der Konservative Charles Moore im Daily Telegraph vom 22.07.2011, ob er mit seinem rechten Glauben auf dem rechten Weg ist: "I'm starting to think that the Left might actually be right".

Reinhard Sprenger kritisiert in dem WELT-Artikel "Der Staat ist von Natur aus Geldverschwender"  Rufe nach höherer Besteuerung. In der Tat hat der Staat Probleme mit einer verantwortungsbewussten Verwendung der Steuermittel. Und für die Eurozonen-Rettung möchte ich nicht einmal die Milliardäre geschwitzt sehen.

Andererseits stimme ich jenen zu, welche die automatisch wachsende Geldkonzentration bei den Kapitalbesitzern für einen Fundamentalfehler unseres Wirtschaftssystems halten. Bahnt sich hier aus der eigenen Einsicht der Kapitalbesitzer eine revolutionäre Wende an?

"Mirage" bezeichnet im Französischen (und Englischen) eine Luftspiegelung, eine Fata Morgana. Ist der Sinneswandel der Superreichen eine Fata Morgana - oder sehen wir eine Widerspiegelung der gesellschaftlichen Zustände zur Zeit Mirabeaus? Steht der Spätkapitalismus vor seiner Selbstabschaffung - oder zumindest Selbstzähmung? Werden wir weitere Fälle von "Mirabeaumirage" sehen?"


Die Redaktion hat mir heute mitgeteilt (dass das überhaupt geschieht, ist immerhin  anzuerkennen!), dass sie meinen Leserartikel nicht veröffentlicht. Wegen der Vielzahl der Leserartikel könnten keine Einzelheiten mitgeteilt werden. Für Letzteres habe ich Verständnis; für die Nichtveröffentlichung weniger.

Den Grund glaube ich zu kennen: es waren wohl die "Eurobonditen" des ersten Absatzes, welche der ZEIT-Redaktion missfallen haben. Verständlich, denn zum Einen erinnert das (gewollt) an Banditen; zum Anderen gehört gerade die Zeit zur Avantgarde der Eurobonditen-Banditen, die uns, mit Eurobonds oder auf andere Weise, das Geld aus der Tasche zu ziehen suchen. Andere mediale Mitglieder sind in Hamburg speziell der Spiegel (SpiegelOnline- SPON) und die Financial Times Deutschland (FTD).

Dabei könnte ich mich, soweit es speziell um die Ablehnung von Eurobonds geht, jetzt sogar auf Bundespräsident Christian Wulff berufen, der in seiner Lindauer Rede am 24.08.11 u. a. sagte:
"Es ist allerdings ein Missverständnis, Solidarität allein an der Bereitschaft zu bemessen, andere finanziell zu unterstützen, für sie zu bürgen oder gar mit ihnen gemeinsam Schulden zu machen.
Was wird da eigentlich verlangt? Mit wem würden Sie persönlich einen gemeinsamen Kredit aufnehmen? Auf wen soll Ihre Bonität zu Ihren Lasten ausgedehnt werden? Für wen würden Sie persönlich bürgen? Und warum? Für die eigenen Kinder – hoffentlich ja! Für die Verwandtschaft – da wird es schon schwieriger. Vielleicht würden wir bürgen, wenn nur so der andere die Chance bekommt, wieder auf die eigenen Füße zu kommen. Sonst doch nur dann, wenn wir wüssten, dass wir uns nicht übernehmen und die Bürgschaft in unserem, dessen und dem gemeinsamen Interesse ist. Auch der Bürge kann sich unmoralisch verhalten, wenn er die Insolvenz nur hinauszögert.
In Europa sind wir alle Freunde, Partner, Verwandte – die europäische Familie, eine Solidargemeinschaft. Solidarität bedeutet für mich auch, die Interessen der jungen Generationen im Auge zu haben. Wer heute die Folgen geplatzter Spekulationsblasen, sogar jahrzehntelanger Misswirtschaft allein mit Geld und Garantien zu mildern versucht, verschiebt die Lasten zur jungen Generation und erschwert ihr die Zukunft. All diejenigen, die das propagieren, machen sich im Kern „einen schlanken Fuß“ und handeln nach dem Motto: „Nach mir die Sintflut“.
"
Wenn man die hinter diesem Redeausschnitt stehenden logisch zu strukturieren versucht, kann man eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass Wulff hier nicht einmal nur Eurobonds abgelehnt hat (wie in der Presse meist zu lesen), sondern dass er ganz grundsätzlich unsere Haftung für Länder in Frage stellen wollte, die
"..... erst im allerletzten Moment ..... Bereitschaft zeigen, Besitzstände und Privilegien aufzugeben und Reformen einzuleiten."

Aber diese Überlegungen haben schon nichts mehr mit der ZEIT-Zensur zu tun.


ceterum censeo
POPULISTISCHES MANIFEST
(für die Rettung von zwei Billionen Steuereuronen!):
Ein Gespenst geht um in Deutschland - das Gespenst einer europäischen Transferunion und Haftungsunion.
Im Herzland des alten Europa haben sich die Finanzinteressen mit sämtlichen Parteien des Bundestages zu einer unheiligen Hatz auf die Geldbörsen des Volkes verbündet:
·       Die Schwarzen Wendehälse (die unserem Bundesadler den Hals zum Pleitegeier wenden werden),
·       Die Roten Schafsnasen (vertrauensvoll-gutgläubig, wie wir Proletarier halt sind),
·       Die Grünen Postmaterialisten (Entmaterialisierer unserer Steuergelder wie unserer Wirtschaftskraft),
·       Die machtbesoffenen Blauen (gelb vor Feigheit und griechisch vor Klientelismus), und selbstverständlich auch
·       Die Blutroten (welch letztere die Steuergroschen unserer Witwen, Waisen und Arbeiter gerne auflagenlos, also in noch größerer Menge, gen Süden senden möchten).
Wo ist die Opposition im Volke, die nicht von unseren Regierenden wie von deren scheinoppositionellen Komplizen als Stammtischschwätzer verschrien worden wäre, wo die Oppositionspartei, welche sich der Verschleuderung der dem Volke abgepressten Tribute an die europäischen Verschwendungsbrüder wie an die unersättlichen Finanzmärkte widersetzt hätte?
Zweierlei geht aus dieser Tatsache hervor:
Das Volk wird von fast keinem einzigen Politiker als Macht anerkannt.
Es ist hohe Zeit, dass wir, das Volk, unsere Anschauungsweise, den Zweck unserer Besteuerung und unsere Tendenzen gegen die fortgesetzte Ausplünderung durch das Finanzkapital bzw. durch die Bewohner anderer Länder und durch seine/deren politische Helfershelfer vor der ganzen Welt offen darlegen und dem Märchen von dem grenzenlosen Langmut der Deutschen den Zorn des Volkes selbst entgegenstellen.

Textstand vom 26.08.2011. Gesamtübersicht der Blog-Einträge (Blotts) auf meiner Webseite http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm. Soweit die Blotts Bilder enthalten, können diese durch Anklicken vergrößert werden.

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