Dienstag, 11. September 2007

Zur Kunst-Kurz-Kur nach Bad Sooden-Allendorf


Wächtersbacher Altstadtfest plus "KINZIGTAL TOTAL":
das ist, wenn man am Marktplatz wohnt, nicht wirklich ideal.
Sondern Time to take Reißaus!

Also ab nach Kassel, was aber für uns zu teuer ist; also in Bad Sooden-Allendorf in der Nähe übernachten!

Was uns dort in der Ferienwohnung erwartet, haben wir in unserem ganzen Leben noch nicht erlebt. 33,- Euro kostet die und liegt im Dachgeschoss eines Fachwerkhauses. Dieses ist außen hui und innen – dreimal hui!
Nämlich wunderschön und mit zweifellos hohem Kostenaufwand renoviert. Beim Anblick des Treppenhauses dachte ich, wir wären im falschen Film: nicht nur war es in angenehmen Farbtönen neu gestrichen, sondern in der Wand waren entlang den Treppenstufen kleine Lampen eingebaut – wie in einem Luxushotel.

Die Wohnung selbst ist ausreichend geräumig. Das Schlafzimmer klein, aber größer braucht man es für einen Urlaub auch nicht. Ohnehin ist eine Trennung von Wohn- und Schlafzimmern bei Ferienwohnungen unserer Preisklasse nicht selbstverständlich. Die Matratzen sind fest: da lacht die Bandscheibe (ganz im Gegensatz zu dem, was wir seinerzeit in Bad Reichenhall erleben bzw. erleiden mussten). Das Badezimmer (mit Dusche und Toilette) ist, gemessen an meinen Erwartungen, riesig. Es ist nicht nur schick, sondern vor allem auch funktionell eingerichtet: überall elegante Edelstahl-Aufhänger an den Wänden und vor allem auch ein Gestell zum Aufhängen (Trocknen) der Handtücher. Das (oder alternativ Handtuchhalter) findet man nicht häufig – leider und insofern auch merkwürdiger Weise, als man sich fragt, wie die Handtücher trocken sollen. Einfach an den Haken hängen bringt es insoweit nicht (wie wir in 2001 bei einem Kurzaufenthalt in einem Zimmer in Badenweiler feststellen konnten, wo die Handtücher und die Zimmer Modergeruch verströmten).
Sogar ein Haarföhn lag dort – es ist alles da, was man sich wünschen kann. (Lediglich eine Seifenablage in der Dusche, möglichst hoch angebracht, wäre noch ein Desiderat).

Dachschrägen gibt es auch im Wohnbereich und im Küchenbereich kaum bzw. nur in Ecken, wo sie kaum stören. 2 bequeme Sessel und ein kleines 2-sitziges Sofa (eine Art Loveseat) sind ebenfalls brandneu und nicht von der Oma geerbt oder auf dem Sperrmüll erbeutet. Auch hier keine weichen Pfühle, die beim ersten Versinken angenehm erscheinen mögen (und deshalb das Sortiment in deutschen Polstermöbelläden dominieren?), jedoch nach einiger Zeit die Bandscheiben quälen, sondern eine straffe Polsterung. Auch eine ausreichende Beleuchtung ist nach unseren Erfahrungen mit Ferienwohnungen keineswegs selbstverständlich. Hier dagegen finden wir im Wohnzimmer eine Hängelampe und zwei Wandlampen vor. In der Küchenzeile, die optisch durch eine Fachwerkkonstruktion vom Wohnbereich getrennt ist, eine Neonlampe (oben an der Decke, und nicht etwa ohne Blende unter den Hängeschränken über der Arbeitsfläche angebracht, was uns auch schon begegnet ist).

Ein altes Stück gibt es in der ebenso geschmackvollen wie gemütlichen Einrichtung aber doch: das Unterteil von einem Vertiko. Darin Bücher. U. a. ein verlockender Reiseführer in eine fremde Gegend. Ob es klug ist, die Feriengäste geistig gleich wieder in andere Regionen zu entführen? Und gar in ein solches Traumziel wie „Molwanien Land des schadhaften Lächelns“!

Mollig warm beheizt ist die Wohnung, was uns bei 9° Außentemperatur sehr freut. Außerdem ist sie traumhaft ruhig (allerdings waren wir zu dieser Zeit auch die einzigen Bewohner des Hauses). Himmlisch ruhig? Nein, nicht ganz: Ein Reisewecker, ebenfalls Teil der Einrichtung, zählt hörbar jede Sekunde. Der wird ins Wohnzimmer verbannt; danach ist hier in dieser Sackgasse direkt unter einem Berghang aber wirklich nichts mehr zu hören.
Traum-haft!


Ach so, Namen und Anschrift der Vermieter hätten Sie noch gerne gewusst? Na die werd' ich Ihnen grad verraten!
Sprechen wir doch lieber von etwas anderem.


Wir waren nach Bad Sooden-Allendorf gefahren, um in Kassel die weltbekannte Ausstellung moderner Kunst, die „documenta 12“, anzuschauen.

So pendelten wir am Freitag 07.09.07 und Samstag, 08.09.07, im schaukelnden Schienenfahrzeug des privaten Streckenbetreibers Cantus-Bahn zwischen Bad Sooden-Allendorf und Kassel hin und her. Oder lag das Schaukeln an den Schienen? Mir jedenfalls schien es so, als hätten die Züge der Bundesbahn weniger geschaukelt. Schick sind sie zwar, die neuen Fahrzeuge, und die eigenen Prospekte der Betreiber loben sie (natürlich) auch als komfortabel. Aber die Anpreisung u. a. der Toiletten als „großzügig“ bezieht sich lediglich auf deren großen Innenraum (gut für Behinderte, ansonsten bringt es nichts) und verschweigt diskret, dass es nur eines dieser diskreten Örtchen in diesem sehr langen Schienenfahrzeug gibt. (Allerdings spart auch die Deutsche Bundesbahn in diesem Bereich, und über die Bedingungen der Ausschreibung hätten es die Verkehrsverbünde natürlich in der Hand, das zu ändern.)
Wie auf vielen anderen Gebieten (Beispiel Erdbeeren: Hauptsache groß; Aroma ist unwichtig) und wie nicht erst seit Potemkins Zeiten wird auch hier dem Auge Luxus suggeriert, in Wirklichkeit aber dieses Versprechen nicht eingehalten (oder die Produktqualität sogar verschlechtert).

Der Zug war zu unseren Fahrzeiten gut besetzt; vielleicht auch deshalb, weil offenbar Tages-Randverbindungen wegen Mittelkürzungen gestrichen worden sind (wir kamen um 20.16 h an; das ist bereits die letzte Verbindung aus Richtung Fulda!).
Dafür kann die Cantus-Privateisenbahn nichts und wer dafür verantwortlich ist, dass es in Bad Sooden-Allendorf am Bahnhof keinen Fahrkartenautomaten gibt, weiß ich nicht. Dafür werden Fahrkarten in Automaten im Zug verkauft – mit Hürden für den Fahrkartenkäufer. Lediglich einen Geldschein darf man einschieben, andererseits sind 50,- € schon zu viel. Wie bezahlt man dann z. B. ein Hessenticket für 29,- €, wenn man z. B. nur 10,- und 50,- Euroscheine einstecken hat und natürlich keine Euro-Münzensammlung mit sich führt?
Andererseits: warum rege ich mich darüber auf? Ist das vielleicht mein Problem, wenn die Bahnbetreiber mir den Fahrkartenkauf objektiv unmöglich machen?

Meine Eindrücke von der documenta12, hauptsächlich aber von Kassel, habe ich mittlerweile in einem separaten Eintrag geschildert (im übrigen können Kunst-Fans auch im umfangreichen Documenta-Portal des "Kassel-Lexikons" im "Regio-Wiki" der nordhessischen Regional-Zeitung "HNA" schmökern).
An dieser Stelle muss ich noch meiner selbst auferlegten Pflicht als Thermen-Tester nachkommen.


Am Sonntag Morgen blieb uns (dank des Entgegenkommens des Hausbesorgers, der uns erlaubte, die Ferienwohnung bis zum Nachmittag zu nutzen) noch Zeit für einen Besuch der Werratal-Therme. Die ist gewisser Maßen noch „brandneu“, wurde sie doch erst im Jahre 2005 eingeweiht.
Energiesparen war da schon ein Thema, aber offenbar nicht hier. Einem Zeitungsartikel der (oder des?) HNA [wofür steht die Abkürzung; vielleicht für „Hessischer Neuer Anzeiger“? Nein: "Hessische/Niedersächsische Allgemeine", weiß die Wikipedia – aber warum verrät mir die Homepage der HNA das nicht?] zu Folge, der just am Freitag erschien [wenn ich auf meine Bayerwald-Urlaubsberichte zurück blicke scheint es, als würden die Lokalzeitungen immer genau dann Interessantes im Zusammenhang mit dem lokalen Tourismus berichten, wenn wir dort auftauchen] war zu entnehmen, dass bei der Planung der Energieverbrauch erheblich unterschätzt worden war und dass die Kosten – auch aufgrund der gestiegenen Energiepreise – stark am Etat der kleinen Stadt (knapp 9.000 Einwohner) zehren.
[Nachtrag vom 30.10.2007: Wieder waren wir in BSA (genauer: in Allendorf); diesmal für gut eine Woche (von Freitag, 19.10 - Sonntag, 28.10.). Und natürlich las ich wieder regelmäßig die Lokalzeitung "Witzenhäuser Allgemeine" (= Regionalausgabe der HNA]. Nach dem Bericht "Stück für Stück zahlen. Stadtwerke sollen nicht auf Energiekosten der Therme sitzen bleiben" vom 26.10.07 belaufen sich die Energiekosten (wohl nicht nur für die Beheizung des Wassers und der Räume, sondern auch für den Betrieb des Wellenbades usw.) auf 700.000,- € pro Jahr. Die Betreibergesellschaft hat "über eine Million Euro Energiekosten aus den Jahren 2005 und 2006 noch nicht bezahlt", anderenfalls wäre die Kurbetriebs-GmbH offenbar insolvent gewesen. Jetzt will anscheinend die Stadt die Kosten tragen. Bei aller Freude am Planschen: über die juristischen Aspekte dieser Zwangskreditierung der Kurbetriebs-GmbH durch die Stadtwerke mag ich lieber nicht nachdenken.]
[Nachtrag 17.09.08: Inzwischen haben andere über die Insolvenzverschleppung nachgedacht - und (im März 2008) Strafanzeige erstattet: vgl. den Bericht "Konkursverschleppung: Razzia im Rathaus und in Wohnungen" in der HNA vom 28.08.2008.]

Nicht einmal eine Abdeckung des Außenbeckens in der Nacht war eingeplant, und eine nachträglichen Installation erweist sich wegen der Beckenform als schwierig.
[Also noch ein Beispiel für ein Produkt, das mehr für die schöne Optik als unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit konzipiert wurde.]
Interessant ist, dass man jetzt die Möglichkeit prüft, durch Beheizung des Bades (und insbesondere des Badewassers) mit Holz, großenteils aus dem gemeindeeigenen Wald, Heizkosten einzusparen. Auch das wäre aber wohl eine Subvention aus Steuermitteln, denn wenn es sich rentiert, statt Öl oder Gas (ich weiß nicht, womit dieses Schwimmbad beheizt wird) Holz zu verheizen, werden auch die Holzpreise entsprechend steigen und die Verwendung im Thermal-Sole-Bad wäre für die Stadt mit entgangenen Gewinnen bei der Waldbewirtschaftung erkauft.
Dies alles aber nur zur Information am Rande; meine Sorge soll das, momentan jedenfalls, nicht sein.

Am Sonntag zur Mittagszeit ist das Bad gut besucht, aber nicht unangenehm voll und deutlich leerer als z. B. die Spessart-Therme in Bad Soden-Salmünster. (Ebenso verhielt es sich auch am Samstag Abend, als ich von draußen schon mal gekiebitzt hatte.)

Aber nicht nur aus diesem Grund ist das Schwimmen dort ein Vergnügen. Die Sole ist im Innen- und Außenbecken mit 32° angenehm warm temperiert. Beide Becken sind durch einen Ausschwimmkanal miteinander verbunden; man muss also das Wasser nicht verlassen, um ins Freie zu kommen. Das ist eine (erfreuliche) Ausnahme unter den mir bekannten Thermal-Bädern. (Wieso eigentlich?)

Wie z. B. auch in Badenweiler und Königstein lockt am Ende des Außenbeckens ein runder Strömungskanal („Strömungskreisel“ könnte man die Anlage anschaulicher benennen). Drinnen ebenso wie draußen gibt es Sprudelliegen. Deren Benutzung macht Spaß; beim Schwimmen jedoch wirken sie als Unterwasser-Zehenfallen.
Auch sonst wird vielfältiges Geblubber geboten. Allerdings frage ich mich, welche Körperteile die durchgängig (zu) tief angebrachten Massagedüsen massieren sollen. Klarer ist dies bei den beiden Nackenduschen draußen, von denen eine die Schultermuskulatur erfreulich kräftig durchwalkt (nicht jedermanns Sache –dafür ist die andere schwächer-; ich mag das aber).

Das größte Becken, in einer anderen Halle, ist meist besucherleer, füllt sich aber zweimal in jeder Stunde für jeweils 10 Minuten. Dann nämlich wird der Wellenbetrieb eingeschaltet und vermittelt, zusammen mit dem Salzwasser (gleichfalls 3%ige Sole), das Gefühl von Meeresbrandung. Das Wasser in diesem Becken ist nur 25 Grad warm; mehr braucht es auch nicht, weil man sich in den Wellen warm schwimmt. Weit über den Beckenrand schießen die Wellen hinaus, aber entkommen kann die Sole nicht: auf drei Seiten ist der Rand mit niedrigen Glaswänden umfasst. Auch Nichtschwimmer können sich in diesem Schwimmbecken überall bewegen, weil man auch am Beckenende noch stehen kann.

Die Zugangskontrolle und der Kleiderschrankverschluss werden bequem mit einem Chip in einem „Transponder“-Armband abgewickelt. Da macht es im Prinzip auch nichts, wenn man die Kleiderschrank-Nr. oder die Uhrzeit, zu der man das Bad verlassen mus, vergessen hat: im Umkleidebereich hängen Ablesegeräte, an welche man den Chip hält und die daraufhin diese Daten anzeigen.
Nur ist für Menschen mit reduzierter Sehschärfe, also mich z. B., die Anzeige zu klein. Und eine Brille nimmt man normaler Weise ja nicht mit in den Schwimmbereich.

Flächenmäßig geknausert wurde beim Sanitärbereich. Da kann man sich zwar auch in abgeteilten Winkeln in den Raumecken waschen, doch ist auch dort die Intimsphäre nicht geschützt, weil die Kabinen nicht verschließbar und auch keine Vorhänge vorhanden sind. Wie schon beim Hallenbad in Gersfeld frage ich mich also auch hier: „Vor Benutzen Körper putzen – aber bitte nur oberflächlich?"


Sehr klein (schmal, vor allem aber niedrig) sind auch die Spinde; einen Mantel kann man darin nicht aufhängen.

Aller Detailkritik zum Trotz ist es aber ein SCHÖNES BAD. Auch wenn es allemal schmerzt, sich von einem derart knappen Gut wie dem Gelde trennen zu müssen: für die Fülle des hier Gebotenen sind z. B. 7,- € für 2 Stunden oder 9,- € für 3 Stunden (Kurgäste haben -nur- bei diesem Tarif eine Ermäßigung; auf 8,- €) ein angemessener Preis.

Genießen wir also die Bäder, so lange wir können. Im alten Rom haben die Barbaren dem fröhliche Badeleben ein Ende bereitet - nach einigen Jahrhunderten. Bei uns wird es wohl nicht so lange dauern, bis die Ressourcenverknappung die Thermalbäder erkalten lässt.


So wie das Playboy-Magazin den Charme von erotischen Dosenfutter versprüht, sind auch die Webseiten von Städten und Gemeinden häufig zwar mehr oder weniger professionell gemacht, doch irgend etwas fehlt ihnen.
Und dann kommt ein Privater daher, in diesem Falle Helmut Schulte, und gestaltet eine Webseite über seine Stadt mit dem, was den offiziellen Seiten häufig abgeht: mit Liebe! Wenn sich die Liebe zur Heimat (nicht selten sind es, wie auch in diesem Falle, die Zugewanderten, die sich in besonderem Maße für die Geschichte ihres neuen Wohnortes interessieren und für den Ort begeistern) mit einer sicheren Beherrschung der Gestaltungsmittel für Webseiten verbindet, kann ein Ergebnis herauskommen, wie bei jenen zahlreichen Webseiten, die Helmut Schulte privat und für den Heimat- und Geschichtsverein gestaltet hat und welche über diese 'Gesamthomepage' erreichbar sind.


Nachtrag 04.04.2010
Die Reichweite der "Tägs" ist leider eng begrenzt; wer unten den Täg "Thermalbaeder" anklickt, bekommt lediglich die neuesten Einträge zu sehen.
Aus diesem Grunde habe ich meine Thermen-Schilderungen (die allerdings nicht immer sehr detailliert sind, bzw. bei denen die Blotts nicht immer auf die Thermenbesuche fokussieren) in einem eigenen Blott "Thermenwelt: Thermen der Welt (well: meiner Welt, also Thermalbäder in Deutschland)" verlinkt.

Textstand vom 04.04.2010

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