Sonntag, 8. März 2009

Recht - gerecht - richtig. Die Opel-Krise und mein (partieller) Meinungswandel in der Enteignungsdebatte.

 
Für mich war es selbstverständlich: wenn der Staat insolvente Firmen rettet, soll er auch Eigentümer werden (und selbstverständlich ohne etwa eine Entschädigung an die Alteigentümer zu zahlen).

In der Enteignungsdebatte um die Banken stehe ich nach wie vor zu dieser Meinung, wie ich sie in dem Blott "HRE Enteignungsdiskussion: Ministerpräsident Oettinger gegen christliche Goldfinger?" geäußert habe.
Bei anderen Firmen, konkret bei der Firma Opel, hat ausgerechnet ein Handelsblatt-Kommentar von Pierre Briançon (breakingviews.com) vom 05.03.2009, der eben diese Meinung vertritt, bei mir einen Sinnes wandel herbeigeführt.


"General Motors. Opel sollte einfach Pleite gehen" ist der Titel, und der Forderung Briancons an die Politik, eine Insolvenz der Fa. Opel zuzulassen, stimme ich ihm voll zu (vgl. meine Blotts "Opel: Rettung für lebendige Tote? ..." und "Mehr Milch für die Mütter! Die Grünen als Seelsorger in der Opel-Krise"):
"Wenn Marken wie Opel und Vauxhall verschwinden, würden sich auch die Überkapazitäten in der Autoproduktion drastisch reduzieren."
Briancon fürchtet (oder weiß) indes:
"Aber dazu wird es nicht kommen. General Motors kann sich ganz auf die Ängste der europäischen Regierungen vor den Gewerkschaften verlassen. ... Zu irgendeinem Zeitpunkt werden die Regierungen das Geld also auf den Tisch legen."
Daher meint er:
"Realistischer ist jetzt die Frage, was die Regierungen im Gegenzug für die unvermeidliche Rettung fordern sollten"
und gibt zur Antwort:
"... den Platz am Steuer. ... Die Verstaatlichung wäre die gerechte Kompensation für eine Investition dieses Umfangs."
"Nur noch die Regierungen [sind] legitimiert, den Gewerkschaften die einschneidenden Zugeständnisse abzuverlangen, die notwendig sind, um die Fabriken wieder wettbewerbsfähig zu machen" meint der Kommentator, obwohl er doch genau weiß:
"Dies würde allerdings einen stärkeren politischen Willen voraussetzen als ihn die europäischen Regierungen in letzter Zeit an den Tag gelegt haben."
Da muss ich ihm leider Recht geben: die Regierungen (an erster Stelle natürlich die hessische Landesregierung) wäre sehr schnell ein Spielball der Beschäftigten bzw. der Gewerkschaften. Deshalb verstehe ich auch nicht, wie er fordern kann:
"... die oberste Priorität ist es, eindeutig klar zu machen, dass die Bereitstellung öffentlicher Mittel auch staatliche Kontrolle bedeutet."

Verglichen damit ist ja sogar der hessische Ministerpräsident Roland Koch ein Ausbund an Weisheit, wenn er zwar staatliche Hilfe für einen privaten Investor fordert, eine Beteiligung des Staates am Unternehmen jedoch strikt ablehnt (vgl. unten). Er weiß warum: er will (unter anderem) offenbar die Politik den Pressionen der Arbeitnehmer nicht mehr als unbedingt vermeidbar aussetzen.
Es hat allerdings nicht der Lektüre der Koch-Vorschläge bedurft um mich zu überzeugen: wenn der Staat schon den Ruderknecht für Opel (und ggf. andere Firmen) machen will (was ich an sich nach wie vor ablehne), dann soll er gleichwohl gerade nicht 'auch das Steuer übernehmen'. Denn der Platz am Steuer wird nochmal so teuer, wie bloßes Rudergeld.
Ich habe mich hier an eine Erkenntnis erinnern müssen, die ich schon mehrfach (in anderen Zusammenhängen) einsehen musste: Recht, gerecht und richtig sind manchmal drei Paar Schuhe.


Nachfolgend weitere Links und Kommentare (fremde zum Thema und eigene zu den Fremdkommentaren):

Handelsblatt 17.02.2009 "Finanzkrise. Opel-Krise schürt Angst vor „VEB Autobau“ "Wie soll der Opel-Konzern vor dem Komplettabsturz bewahrt werden? Über eine mögliche Staatsbeteiligung zur Loslösung des Autobauers vom angeschlagenen Mutterkonzern GM ist ein heftiger Parteienstreit entbrannt. Während SPD und Grüne eine Rettung mit Hilfe des Staates favorisieren, warnen Union und FDP vor einem „VEB Autobau“. Auszüge (meine Hervorhebungen):
"Der Grünen-Politiker Kuhn plädierte in der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ zur Rettung des deutschen Automobilkonzerns für eine zeitlich befristete Staatsbeteiligung. „Es wäre tragisch, wenn ein Automobil-Dino wie GM ein modernes Unternehmen wie Opel in den Untergang reißen würde“, wird Kuhn zitiert. In diesem Sonderfall sollte der Staat die Ablösung Opels vom amerikanischen Mutterkonzern unterstützen, „etwa durch eine zeitlich befristete Minderheitsbeteiligung“. Kuhn riet: „Wenn Opel gleichzeitig die ökologische Modernisierung seiner Fahrzeugflotte fortsetzt, wird der Konzern eigenständig konkurrenzfähig sein können. ...
Der europapolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Axel Schäfer, sagte der WAZ: „Notfalls muss sich der Staat zur Rettung von Opel zeitlich befristet an dem Unternehmen beteiligen.“ Dagegen zeigte sich der Sprecher des rechten Seeheimer Kreises in der SPD-Fraktion, Klaas Hübner, mit Blick auf eine Staatsbeteiligung an Opel skeptisch. „Es ist immer die Frage: Wo ziehen wir die Grenzen?“, sagte er. Ein klares Nein kam vom CDU-Mittelstandspolitiker Michael Fuchs. „Ich bin strikt gegen einen Einstieg des Staates bei Opel. Was machen wir denn, wenn morgen Ford oder BMW kommen?“, wird der Unionspolitiker zitiert.
Auch der Stuttgarter Regierungschef Oettinger lehnt eine staatliche Beteiligung an der Opel AG nach dem Muster des VW-Gesetzes ab.
Der FDP-Politiker Brüderle sagte der „Berliner Zeitung“, es sei grundsätzlich legitim, dass sich Bund und Länder Gedanken über die Arbeitsplätze in der deutschen Automobilindustrie machten. „Es darf am Ende aber kein VEB Autobau dabei herauskommen“...
"

Handelsblatt, 24.02.2009 "Finanzkrise. Staatskredit statt Bürgschaft für Opel?" Auszüge (Hervorhebung von mir):
"Zur Rettung des angeschlagenen Autobauers Opel ist nun auch ein Staatskredit im Gespräch. Laut einem Zeitungsbericht erwägt die Bundesregierung einen solchen Schritt, weil Opel damit schneller unter die Arme gegriffen werden könnte als mit einer Bürgschaft. Die Union lehnt das aber strikt ab - auch wenn die Regierung eine direkte Staatsbeteiligung an dem Autobauer ausschließt.
Auch Linken-Chef Oskar Lafontaine sprach sich in der "Leipziger Volkszeitung" gegen eine Staatsbeteiligung an Opel aus. Eine Rettung gelinge nur über ein Modell der direkten Belegschaftsbeteiligung. Lafontaine sagte, bei Opel bestehe die Chance, "wenn Steuermittel eingesetzt werden, die Belegschaft endlich zu beteiligen, wenn es um ihre Existenz und um ihre Arbeitsplätze geht."
Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin kritisierte eine mögliche Finanzspritze des Staates ohne Gegenleistung: 'Steuergeld darf es nur gegen Beteiligung des Staates und bei echter Mitsprache über die Unternehmenspolitik geben'
."

Nicht einmal der hessische Ministerpräsident Roland Koch will Opel verstaatlichen. In seinem Gastbeitrag "Investorenmodell. Staatshilfe für Opel: Kochs Sieben-Punkte-Plan" im Handelsblatt vom 06.03.2009 stellt er einleitend klar (meine Hervorhebungen):
"Opel ist ein wichtiges Unternehmen der für Deutschland zentralen Automobilbranche. Sein Verschwinden hätte ein bedrückendes Schicksal für Zehntausende von Familien zur Folge, würde das Innovationspotenzial verringern und dauerhaft den Wettbewerb verengen. Der Staat darf nicht jedes Mittel ergreifen, um dies zu vermeiden. Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer. Er darf keine Risiken eingehen, die private Investoren nicht tragen wollen. Zugleich befinden wir uns in einer atypischen Krise. Um die systemisch bedingten besonderen Probleme der Finanzierung zu lösen, darf und muss der Staat befristet unterstützend eintreten. Bei Opel gibt es ohne staatliche Hilfe bislang keinen privaten Investor. Der Staat darf jedoch nicht ohne privaten Investor selbst handeln. ...
3.Die öffentliche Hand bietet einem privaten Investor an, sein Engagement im Eigenkapital der neuen Gesellschaft in der Anfangsphase zu sehr erheblichen Teilen zu verbürgen. Das heißt konkret, ein Investor trägt in den ersten Jahren nicht oder nicht in vollem Umfang das Konkursrisiko der neuen AG. Nach einigen Jahren wird er aber das unternehmerische Risiko ohne Unterstützung zu tragen haben.
Dieses Engagement eines privaten Investors nimmt der Staat als Beweis der positiven Fortführungsprognose. Die Verbürgung des Eigenkapitals ist ungewöhnlich, jedoch in der systemischen Finanzkrise die einzige Möglichkeit zur Auflösung des Dilemmas. Die Verbürgung sollte in den ersten beiden Jahren sehr hoch sein, dann stufenweise reduziert und spätestens nach fünf Jahren beendet werden. Je nachdem, wie das Verhältnis von Fremd- und Eigenkapital gestaltet wird, können normale Kreditbürgschaften in konventioneller Weise notwendig sein. ...
In einem schwierigen Umfeld für private Investoren besteht eine begründete Aussicht, allerdings keine Sicherheit, dass sich unter diesen besonderen Bedingungen Investoren finden lassen.
Ohne eine einschneidende Sanierung wird Opel keine Zukunft haben. Auch der faire Wettbewerb erfordert das. Es ist außerordentlich beachtlich, zu welchen Opfern die Arbeitnehmer nach Aussagen ihrer Vertreter bereit sind. Je mehr Werke erhalten werden, umso einschneidender werden diese Opfer für alle sein. Kein Werk sollte voreilig geschlossen werden. Die Kosten- und Kapazitätseinsparungen müssen ohne Abstriche durchgesetzt werden, um das Überleben sichern zu können. Unternehmensleitung und Arbeitnehmer müssen schnell die richtige Kombination dieser Maßnahmen aushandeln und gegenüber potenziellen Investoren verbindlich erklären. .....
Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass jeder dieser Schritte Fragen auslöst und neue Zweifler auf den Plan ruft. Dennoch, dieses Konzept hilft unter strikter Beachtung des Vorrangs privater Investoren. Es ist eine Chance. Es verschafft zugleich Antwort auf die Frage, ob es kundige und risikobereite Unternehmer und Kapitalanleger gibt, die auf die Zukunft Opels setzen. Bleibt nicht zuletzt die Frage, ob wir in der Politik risikobereit genug sind, in schwierigen Zeiten wie diesen den Versuch zu wagen, Opel eine solche Brücke in die Zukunft zu bauen.
"
Aus meiner Sicht sind das mutige Äußerungen, denn damit nimmt der Minsterpräsident von Hessen, also desjenigen Landes, das von einer Opel-Insolvenz möglicher Weise am härtesten betroffen wäre [freilich nicht unbedingt: bei einer Fortführung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens würden möglicher Weise nur die Werke außerhalb von Hessen 'abgenabelt'] auch das Risiko eines Scheiterns - nicht erst der Opel-Hilfe, sondern schon des Versuchs einer Opel-Rettung in Kauf. Der wiederholt vorgetragene Tenor seiner Ausführungen ist immerhin: 'Keine Staatsknete für eine Opel-Rettung, wenn sich kein privater Investor findet'.


Die Meldungen zur 'Operation Opel' überschlagen sich geradezu. Nachfolgend Links zu einigen aktuellen Handelsblatt-Artikeln (Hervorhebungen jeweils von mir):
"Autobauer. Opelaner kritisieren ihr Management" vom 06.03.09:
"Das Management des Opel-Mutterkonzerns General Motors (GM) verbreite derzeit „einzig und allein negative Botschaften“ und übertreffe sich in den „Ankündigungen zur Höhe des geplanten Personalabbaus gegenseitig“, kritisierte [Betriebsratschef Klaus Franz,] der oberste Arbeitnehmervertreter von GM in Europa. '... weil niemand in Europa dieses Durcheinander versteht und niemand Steuermittel zur Vernichtung von Arbeitsplätzen im großen Stil bewilligen wird'." Wenn ich dann noch lese:
"Nach Informationen des Handelsblatts aus Konzernkreisen hat das Top-Management von Opel und GM beim Treffen im Kanzleramt Entgegenkommen signalisiert. „Wir werden die Flexibilität ermöglichen, die die Politik braucht“, sagte ein GM-Manager, der namentlich nicht genannt werden wollte" kann ich nur sagen: Steuerzahlerklau, ick hör dir trapsen!
Denn offenbar hindert die Politik das Management ja geradezu daran, ein (vielleicht) realistisches Rettungskonzept vorzulegen (und ggf. zu implementieren):
'Rettet Opel, aber ohne (größere) Arbeitsplatzverluste'! fordert die Politik (aber wohl auch die Öffentlichkeit) und erwartet im Grunde vom Management kein realistisches Rettungskonzept, sondern Unehrlichkeit und die Präsentation eines Pseudo-Sanierungsplans. Da kann man auch gleich verlangen: "Verschwendet so viele Steuergelder wie nur möglich für den Opel-Dino."

"Staatshilfe. Laurenz Meyer mahnt bei Opel-Hilfe zur Vorsicht" vom 08.03.2009:
"Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Laurenz Meyer (CDU) hat den Vorstoß von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU), Opel solle über eine Insolvenz nachdenken, verteidigt. "Es ist richtig, die Folgen einer Insolvenz von Opel jetzt juristisch zu durchdenken auch im Sinne des Erhalts möglichst vieler Arbeitsplätze", sagte Meyer dem Handelsblatt."

"Autobauer. GM lehnt Opel-Insolvenz ab" vom 8.3.09:
"Eine Lösung der Opel-Frage rückt in immer weitere Ferne: Der ums Überleben ringende Autohersteller General Motors lehnt einen Insolvenzantrag seiner deutschen Tochter ab. Und in Deutschland streiten sich die Politiker immer heftiger um das richtig Vorgehen. Die in der Politik als Rettungsmaßnahme debattierte Möglichkeit einer Opel-Insolvenz sei derzeit keine Option, sagte ein Sprecher von GM Europe am Sonntag."

"Kannegiesser ist gegen Staatshilfe für Opel" vom 08.03.2009:
"Martin Kannegiesser hat sich grundsätzlich gegen staatliche Hilfen zur Rettung der Autoindustrie ausgesprochen. Der Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall fürchtet vor allem bei Opel Wettbewerbsverzerrung. ... 'Wenn ein großer Automobilhersteller gescheitert ist, dann ist er gescheiter'", sagte Kannegiesser im vorab veröffentlichten Interview des Deutschlandfunks. 'Dann muss man sehen, wie man helfen kann, dass er in die anderen Strukturen sich irgendwo wieder einfindet.' Konkret fügte er im Fall Opel hinzu: 'Es heißt ja immer, das Werk in Eisenach sei problemlos auch anderweitig verwertbar'."

"Autobauer. GM plant offenbar schon ohne Opel" vom 08.03.09:
"Der amerikanische Autokonzern General Motors plant laut Medienberichten seine Zukunft offenbar bereits ohne die deutsche Tochter Opel. Außerdem spitzt sich der Streit rund um die Opel-Rettung zwischen den Parteinen zu: Vor allem die SPD spricht sich klar für staatliche Hilfen aus. So auch Franz Müntefering im Gespräch mit dem Handelsblatt. Das Internationale Technische Entwicklungszentrum (ITEZ) in Rüsselsheim habe nach den Neuentwicklungen des künftigen Meriva und des neuen Zafira keinen weiteren Großauftrag mehr, berichtet die Branchen- und Wirtschaftszeitung [hier fehlt: "Automobilwoche"] vorab aus ihrer am Montag erscheinenden Ausgabe unter Berufung auf einen mit der Angelegenheit vertrauten Manager. Demnach könnte der übernächste Astra statt im ITEZ bei der GM-Tochter Chevrolet/Daewoo in Südkorea entwickelt werden. Opel-Chef Hans Demant wolle nun Aufträge von Entwicklungsdienstleistern zurück nach Rüsselsheim holen, heißt es in dem Blatt. Damit solle zugleich auch das Rettungspaket für die Bundesregierung attraktiver werden. Unterdessen schwindet laut "Automobilwoche" auch bei den Händlern das Vertrauen in eine Opel-Rettung: So stehe der größte Opel-Händler AVAG bereits in Gesprächen mit Ford."

"Verlust von 11 000 Arbeitsplätzen. Opel droht offenbar dem Bund", ebenfalls vom 08.03.09:
"Nach einem Medienbericht [von Spiegel Online] droht Opel der Bundesregierung mit der Schließung dreier Werke und dem Verlust von 11 000 Arbeitsplätzen, sollte der Staat nicht mit Finanzhilfen einspringen. Kanzlerin Merkel sieht noch keine Basis für eine Staatshilfe, bekräftigte jedoch den Willen des Bundes für eine Lösung. Unterdessen wurde bekannt, dass Opel offenbar nie einen Cent Steuern in Deutschland zahlte."
Ein realistisches Szenario als "Drohung" zu bezeichnen, ist journalistischer Quatsch (zwar durchaus Spiegel-typisch, aber muss denn das Handelsblatt den Spiegel-Titel-Mist unbedingt übernehmen?), denn wenn die Regierung keine Zahlungen leistet, sind nicht nur 11.000 Stellen weg, sondern möglicher Weise weitaus mehr (nicht zwangsläufig alle, weil ja auch in der Insolvenz eine Betriebsfortführung möglich ist). Im Spiegel-Online-Bericht selbst vom 07.03.09 erfahren wir:
"Opel droht der Bundesregierung mit der Schließung dreier Werke. So sieht es das 60 Seiten umfassende Konzept vor, das der Konzern der Regierung übergeben hat. Nach diesem Szenario würden die Fabriken in Eisenach, Bochum und Antwerpen geschlossen. 20 Prozent der derzeit europaweit 55.000 Mitarbeiter würden ihren Arbeitsplatz verlieren. Ziel der Sanierungsmaßnahme ist es, 1,2 Milliarden Dollar an Personalkosten einzusparen. Ein Alternativszenario kommt mit dem Wegfall von 3500 Arbeitsplätzen bei Opel aus, setzt aber einen massiven Lohnverzicht der verbleibenden Belegschaft voraus. ...
Immer lauter wird indes darüber nachgedacht, ob eine Insolvenz für Opel nicht der bessere Weg wäre - eine Lösung, die Experten seit längerem befürworten. Am Freitag hatte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble diese Möglichkeit als erster Regierungsvertreter ins Spiel gebracht.
Eine Insolvenz hält die Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Dagmar Wöhrl, inzwischen sogar für kaum noch vermeidbar. Ob Steuergelder wie von Opel verlangt an ein Unternehmen fließen sollten, das bereits Werksschließungen und die Entlassung Tausender Mitarbeiter angekündigt habe, sei "höchst fragwürdig und unwahrscheinlich", sagte sie dem Magazin "Focus". [So sehr ich gegen Staatshilfen für Opel bin: die Verweigerung solcher Hilfen nun daran festzumachen, dass Opel Mitarbeiter entlassen will, ist fies und unappetitlich. Wenn die Firma Opel überhaupt eine Chance für ein Überleben hat, ist eine Verschlankung ja gerade eine wesentliche Voraussetzung dafür. Was also will die Politik: ein Überleben von Opel oder einen Fortbestand sämtlicher Arbeitsplätze?] ...
Nach Informationen des "Focus" benötigt Opel deutlich mehr Kapital als bisher bekannt. Opel habe Staatshilfen in Höhe von vier Milliarden Euro gefordert, berichtete das Magazin.
"
Aber auch bei 4 Mrd. wird es nicht bleiben, wenn die Politik erst einmal ins Rettungsboot gelockt wurde.


Wie die Opel-Krise in der Politik ausgeschlachtet (oder auch zerredet) wird, liest man auf Spiegel Online in dem Bericht "OPEL-KRACH IN DER KOALITION. SPD schlachtet Merkels Schwäche aus" von Christian Teevs vom 08.03.2009.


Nachtrag 11.03.09
In dem Artikel "Guttenberg verweigert Opel Blitzrettung" der Financial Times Deutschland kommt ausnahmsweise einmal nicht der "Autopapst" Ferdinand Dudenhöffer zu Wort, sondern der Autoexperte Stefan Bratzel,Professor von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. Der redet Tacheles (meine Hervorhebungen):
"... hat sich skeptisch geäußert, ob eine Sanierung von Opel überhaupt möglich ist und rechnet mit drastischem Personalabbau. "Wenn eine Sanierung überhaupt gelingen könnte, dann nur, wenn die Kosten ganz erheblich gesenkt werden", sagte []er]. Hohe Überkapazitäten auf dem europäischen Markt erforderten eine Senkung der Opel-Kapazitäten um mindestens 20 Prozent. "Auch Werksschließungen sind nicht auszuschließen. Die Standorte, die nicht so modern sind und wo nicht neuere Modelle angelaufen sind, haben die schlechteren Karten." Weiter sagte er: "Das Problem ist auch: Den Mitarbeitern und der Öffentlichkeit wird nicht reiner Wein eingeschenkt." Es sei falsch "zu sagen, wir schaffen es nur mit weichen Maßnahmen, ohne betriebsbedingte Kündigungen und ohne Standort-Schließungen." Die angekündigten Einsparungen von 1 Mrd. Euro seien wohl kaum ausreichend. Auch wenn "intelligente Maßnahmen" wie etwa die Viertage-Woche umgesetzt würden, halte er einen deutlichen Stellenabbau für nicht vermeidbar."

Textstand vom 10.09.2022

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