Sonntag, 19. März 2006

Vor Benutzen Körper putzen – aber bitte nur oberflächlich!



Gersfeld ist ehrlich: ehrlich wie die Rhön. Die Rhön: Deutschlands ehrliche Landschaft. Die ist, was sie ist. Wir mögen die Rhöner Landschaft.
(Leider schmeckt, nebenbei bemerkt, dass Essen in vielen Rhöner Gaststätten auch so, wie es in der Rhön halt schmeckt.)
Aber hier geht es nicht um kulinarische Defizite der Rhöner Dorfgaststätten, sondern um "Bad Gersfeld".



Diesen Begriff werden Sie selten finden. Die Google-Suche nach Bad Gersfeld ergibt gerade mal 48 Treffer (Gersfeld = 960.000 Ergebnisse).
Trotzdem dürfte sich die Stadt offiziell "Bad" nennen: tut sie aber nicht. Ist auch besser so, weil diese Art von "Bad" ein staatlicher Volksbetrug ist (im umgangssprachlichen, nicht im juristischen Sinne natürlich).
Da stellt ein Ort ein paar Wasserbecken auf, System Pfarrer Kneipp, lässt sich von einem Klima-Institut bescheinigen, dass es auch dort Luft und Wetter gibt und benennt den Stadtpark in Kurpark um. Das, und wohl noch ein paar andere Voraussetzungen, reichen hin, um den Antrag auf die Bezeichnung "Bad" einzureichen.
Wenn also ein Ort sich "Bad" nennt, bedeutet das keineswegs, dass dort – wie wohl die Meisten automatisch annehmen – Heilquellen sprudeln.

Gersfeld hat (so jedenfalls las ich vor einigen Jahren in der Zeitung) ebenfalls die Unterlagen zusammengestellt, den Antrag auf Genehmigung des Namenszusatzes "Bad" eingereicht und auch die Erlaubnis dazu erhalten. Macht aber insoweit keinen Gebrauch davon, als die Stadt sich nicht "Bad Gersfeld" nennt, sondern präzise "Kneippheilbad* Gersfeld" [* der Begriff wird häufig auch in der Form "Kneipp-Heilbad" geschrieben]. Finde ich fair.


Orte, die ein Bad sein wollen, müssen natürlich auch ein Bad haben. Gersfeld hat ein Hallenbad (Freibad natürlich auch). Das Hallenbad nennt sich "Kaskade" und liegt in schöner aussichtsreicher Lage oberhalb des Bahnhofes. Man schaut von dort u. a. auf die Eube (ein Teil des Wasserkuppen-Massivs) und auf den Feldberg – nicht den im Taunus, oder gar im Schwarzwald: auch die Rhön hat, in Gersfeld, einen Feldberg (und an dessen Westhang übrigens die – kümmerlichen – Reste der Burg: Schneeberg; faszinierend, dass jemand sich die Mühe gemacht hat, auch darüber Informationen ins Internet einzustellen).

Dieses "Wellnessbad" ist anscheinend eine Art "Joint Venture" zwischen der Stadt (die ursprünglich selbst ein Hallenbad bauen wollte) und dem Hotel "Gersfelder Hof". Das Schwimmbecken ist nicht sehr groß, doch hat es eine Reihe von Massagedüsen, Rückenduschen usw., die den Aufenthalt (sofern es nicht zu voll ist) angenehm machen. Auch ein Whirlpool ist nicht nur vorhanden, sondern häufig eingeschaltet; da kommen auch Nicht-Schwimmer (oder Nicht-so-gern-Schwimmer) auf ihre Kosten. (Eine Sauna hat es übrigens auch, aber wir sind keine Sauna-Fans.) Wir mögen das Bad, und das noch mehr, seit die Schwimmnudeln verschwunden sind, die den kleinen Raum noch enger machten, und seit man aufgehört hat, es mit Musik von jener Art und Lautstärke zu berieseln, mit denen Fast-Food-Ketten die Verweildauer ihrer Besucher zu verkürzen suchen.

Sicher wären aber meine Leser enttäuscht und würden an mir verzweifeln, wenn ich nicht etwas zu meckern hätte. Der eine Kritikpunkt ist in der Überschrift angedeutet.

In den Waschräumen fehlen Kabinen. Personen, die Wert auf Privatheit legen, werden sich in aller Öffentlichkeit kaum die Intimteile waschen.
Ebenso fehlen Seifenschalen, aber das ist in deutschen Bädern ja beinahe normal, dass diese entweder fehlen oder so tief angebracht bzw. konstruiert sind, dass die Seifenhersteller von der Selbstauflösung ihrer Produkte profitieren.
Tollkühn wäre es (auch hier mit Blick auf gleichartige Defizite in anderen Bädern), etwa einen Aufhänger für die Badehose oder eine (wasserfreie) Ablage für die Seife zu erwarten.

Der andere Kritikpunkt bezieht sich, so paradox es scheinen mag, auf einen Weltrekord, den dieses Bad hält (den es aber, bescheiden wie man nun einmal ist, nicht für Werbezwecke missbraucht). Skeptisch? Das können Sie mir ruhig glauben: dieses Hallenbad hat die kleinsten Kleiderschränke der Welt!
Jedenfalls von allen öffentlichen Schwimmbädern der Welt, welche ich kenne.
Im Winter, oder als Wanderer mit Rucksäcken, geht man also besser nicht dort hin. Man fährt, wenn man Auto hat. Wenn nicht? Bleibt man daheim?
Im Sommer, wenn man wenig Kleidung trägt, wäre der Besuch problemlos. Dann besucht man allerdings lieber das Freibad.


Nachtrag 04.04.2010:
Die Reichweite der "Tägs" ist leider eng begrenzt; wer unten den Täg "Thermalbaeder" anklickt, bekommt lediglich die neuesten Einträge zu sehen.
Aus diesem Grunde habe ich meine Thermen-Schilderungen (die allerdings nicht immer sehr detailliert sind, bzw. bei denen die Blotts nicht immer auf die Thermenbesuche fokussieren) in einem eigenen Blott "Thermenwelt: Thermen der Welt (well: meiner Welt, also Thermalbäder in Deutschland)" verlinkt.



Textstand vom 04.04.2010.
Gesamtübersicht der Blog-Einträge auf meiner Webseite http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm

1 Kommentar:

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    Azulejos

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