Donnerstag, 2. April 2020

Showdown in der AfD oder VWL-Prof. Meuthen dreht frei: Renten steuerfinanzieren, Staat („Fiskalkleptokraten“) soll hunderte Milliarden bunkern, „Sozialpatrioten“ raus aus der Partei


Auf der Webseite "Tichys Einblick" ("TE"; betrieben von Roland Tichy, ehem. Chefredakteur der Wirtschaftswoche) ist heute ein Interview von Alexander Wendt mit dem AfD-Ko-Vorsitzenden Prof. Jörg Meuthen erschienen:
Ich habe das zunächst für einen Aprilscherz gehalten (heute ist ja der 01.04.) und war damit nicht der Einzige. Auf der Tagesschau-Webseite heißt es "Sein Vorstoß kam für manchen seiner Mitstreiter im Gremium so überraschend, dass sogar ein Bundesvorstand das Interview für einen Aprilscherz hielt."

Nicht, weil Meuthen eine Trennung der AfD vom "Flügel" vorschlägt (bzw. von den Personen, welche die informelle innere AfD-Parteiströmung "Der Flügel" ausmachen; die Strömung selber ist derzeit ja in der Auflösung begriffen). Sondern deshalb, weil Meuthen (so jedenfalls mein Eindruck aus dem Text) die Trennung keineswegs damit begründet, dass ihm der "Flügel" allzu weit rechtsaußen steht. Vielmehr passt Meuthen nicht, dass der Flügel den Sozialstaat - seiner Meinung nach - allzu positiv sieht!
Meuthen hätte offenbar gerne eine Aufteilung der AfD in eine libertär-marktradikale Partei und eine sozial-patriotische. Als Beleg einige Zitate aus dem Interview (Hervorhebungen jeweils von mir):
  • TE: Aber wenn eine Partei praktisch aus zweien besteht, kann es sein, dass sich beide gegenseitig daran hindern, ihre eigentlichen Wähler vollständig zu mobilisieren? 
    Meuthen: Das kann nicht nur sein, das ist in nüchterner und unemotionaler Betrachtung bereits heute so. Jeder weiß, dass der Flügel und dessen maßgebliche Exponenten uns ganz massiv Wählerstimmen im bürgerlichen Lager kosten, und ich denke auch, dass die ordoliberalen Ansichten des bürgerlich-konservativen Teils der AfD noch bessere Ergebnisse im staatpaternalistisch geprägten Wählermilieu des Flügels verhindern. Hätten wir diese – ich betone – wechselseitige Hemmung nicht, würden wir uns angesichts des unübersehbaren Niedergangs der ehemaligen Volksparteien längst auf einem Niveau bewegen, wie es etwa die Lega von Matteo Salvini und die Fratelli d´Italia in Italien spielen. Davon bleiben wir aber durch permanente interne Kämpfe und die Abschreckung weiterer Wählerschichten leider immer noch weit entfernt. Das ist nicht nur schade, das ist angesichts der Lage unseres Landes fatal.
Meuthen glaubt also (oder behauptet zumindest), dass die "Ordoliberalen" in der AfD  im "staatpaternalistisch geprägten Wählermilieu des Flügels" Stimmen kosten.
Das kann ich schon insofern nicht nachvollziehen, als ich selber bisher die "Ordoliberalen" nicht als dominierend in der AfD wahrgenommen habe.
Diese Kreise haben zwar tatsächlich versucht, sich die Alternative für Deutschland programmatisch sozusagen "unter den Nagel zu reißen". Beispielhaft verweise ich auf meinen Blogpost "AfD-Programmentwurf: Libby Langfingers Dschihad gegen den Sozialstaat" vom 13.03.2016. Damit sind sie jedoch im Wesentlichen gescheitert.
Schon die Mitglieder hatten damals in einer Befragung mehrheitlich für eine Beibehaltung des Mindestllohns gestimmt, den die Marktradikalen offenbar gerne abgeschafft hätten.
Weitere Giftzähne hat dem seinerzeitigen Entwurf für ein Parteiprogramm dann (nach eigenem Bekunden, jedoch von ihm nicht so drastisch formuliert) Alexander Gauland gezogen.

Man kann vermuten, dass Prof. Meuthen maßlos darüber enttäuscht ist, dass sich jetzt in der Rentendebatte wiederum nicht sein Programmentwurf durchgesetzt hat, der (abgesehen von einer steuerfinanzierten Mindestrente) einen Umstieg vom derzeitigen sog. "Umlageverfahren" (Renten werden aus den laufenden Einnahmen finanziert) auf das sog. "Kapitaldeckungsverfahren" vorsah (Rente wird aus Geldern finanziert, welche die Rentner während ihrer Arbeitnehmerzeit angespart haben).
  • TE: Das heißt, durch eine Trennung könnte die Opposition von rechts insgesamt gestärkt werden?
  • Meuthen: Wenn man das kühl analytisch durchrechnet, ja natürlich. An eine AfD ohne Flügel würde die Union scharenweise sich als konservativ verstehende Wähler verlieren, und für die beliebige und mutlose FDP, die sich ja nur noch mit der verschreckten AfD-Klientel über Wasser halten kann, wäre das wohl unmittelbar existenzbedrohend. Auf der anderen Seite würde ein in seinem sogenannten Sozialpatriotismus nicht mehr durch Freiheitiche wie mich eingeschränkter Flügel der Linkspartei im Osten vermutlich auch noch weitere Wähler abnehmen. Mit einem selbständigen Flügel könnte Björn Höcke Bodo Ramelow womöglich noch weit mehr in Bedrängnis bringen.
  • Unterschiede sehe ich nicht so sehr zwischen Ost und West, sondern sie sind vor allem programmatischer Natur.
Unter "Freiheitlicher" versteht Meuthen also diejenigen, die dem Sozialstaat kritisch gegenüberstehen, darunter sich selber. Und dass die programmatischen Unterschiede, die Meuthen ausmacht, in der Sozialpolitik liegen, ergibt sich aus dem gesamten Interviewtext: An keiner Stelle wirft Meuthen dem Flügel dort seine Rechtslastigkeit vor.

  • Das [eine Aufteilung der "Rechten" in zwei Parteien wie in den Niederlanden und Belgien] ginge hier durchaus auch. Aber das müsste der Flügel entscheiden und es scheint mir ein wenig der Mut zu fehlen, das auch nur einmal gegen den Strich zu denken. Da kommen die alten Geschichten hoch, die vermeintlich belegen, dass das nicht geht, nicht auf der einen noch auf der anderen Seite. Lucke, Petry, Poggenburg, alle mit dem Versuch einer Ausgründung komplett gescheitert. Das übersieht aber, was für eine vitale Kraft der Flügel mit seinen maßgeblichen Figuren heute doch ist.
  • "..... die AfD selbst ist doch auch längst aus ihrer Gründungsphase heraus und könnte dann endlich ihr eigentliches Potential entfalten. Insgesamt ließen sich so mehr und nicht etwa weniger Wähler erreichen als in der derzeitigen, wenn man einmal ehrlich ist, permanent konfliktträchtigen Konstellation. Es ist insofern eine Torheit, sich der Bereitschaft, diesen Weg auch nur zu denken, nicht einmal ergebnisoffen zu stellen, und stattdessen wie alte Sozialistenkader permanent das Hohelied der Einigkeit zu singen, wo man Einigkeit in vielen Politikfeldern selbst mit der Lupe suchend kaum wird erspähen können. Das Parteimotto ‚Mut zur Wahrheit’ tut hier bitter not. Dann muss man das ergebnisoffen miteinander besprechen und gemeinsam entscheiden. Das ginge durchaus, zumal es allen Differenzen zum Trotz heute anders als in den frühen Tagen der Partei keine erbitterten Feindschaften mehr gibt."

Wenn man Meuthens Kritik am "Hohelied der Einigkeit" liest, wird etwas klar, was mir ursprünglich ein Rätsel war. Gestern nämlich erschien auf den Facebook-Seiten der AfD-Fraktions(mit-)vorsitzenden im Bundestag und stellvertretenden Bundessprecherin Alice Weidel und des Partei(mit-)vorsitzenden Tino Chrupalla ein Appell "Mit vereinten Kräften für unser Land!". Dritter Unterzeichner war der AfD-Ehrenvorsitzende und ebenfalls Fraktions(mit-)vorsitzende im Bundestag Alexander Gauland (der keine Facebook-Seite unterhält). Es fehlte die Unterschrift von Prof. Meuthen.
  • Auszug aus dem Chrupalla-Gauland-Weidel-Aufruf: "Darauf [auf die Bedrohung durch den Verfassungsschutz] müssen wir alle und vor allem die Führungsgremien souverän und geschlossen reagieren.Deshalb war es ein wichtiges Zeichen für unsere Partei, dass der „Flügel“ auf Forderung des Bundesvorstands selbst seine zeitnahe Abwicklung beschlossen hat. Es gibt nur eine AfD! Die Auflösung des „Flügels“ bedeutet die Rückkehr zur inneren Einheit der Partei und ist ein wichtiger Schritt zur Bündelung unserer Kräfte als freiheitlich-soziale Partei. Nur so können wir gesamtdeutsche Volkspartei werden.Wir alle sind Mitstreiter für unsere gemeinsame Sache, der politische Gegner steht ausschließlich außen. Er bekämpft uns alle und nicht nur Teile von uns. Jetzt ist die Zeit gekommen, unsere gemeinsam beschlossenen politischen Ziele wieder in den Vordergrund zu stellen und uns gemeinsam zu unserem freiheitlich-sozialen Kurs zu bekennen. Mit Mut zur Wahrheit und vereinten Kräften für unser Land, für Deutschland!"
Pikant ist, dass beide Seite hier das Parteimotto "Mut zur Wahrheit" jeweils für sich in Anspruch nehmen.
Meuthen hat das TE-Interview offensichtlich zu einem Zeitpunkt gegeben, als er von dem Aufruf seines Ko-Vorsitzenden Tino Chrupalla u. a. bereits Kenntnis hatte. Indirekt bezichtigt er die Berufung auf den "Mut zur Wahrheit" im Einigkeits-Aufruf der Lüge, wenn er sagt: "Das Parteimotto ‚Mut zur Wahrheit’ tut hier bitter not." (Und damit hat er nicht einmal Unrecht, denn auf einigen Politikfeldern gibt es tatsächlich tiefe Gräben in der Partei.)

  • "Ich jedenfalls hege gegen niemand einen Groll, es geht mir tatsächlich allein um den Erfolg unseres politischen Projekts, den ich derzeit massiv gefährdet sehe. Aus einer Zwangsgemeinschaft der permanenten programmatischen Zerrissenheit werden zwangsläufig mittelfristig viele fliehen, weil sie sich davon mit ihren politischen Überzeugungen nicht angemessen repräsentiert fühlen ....."
Auch hier zeigt sich wieder, dass es Meuthen NICHT um die Rechtsaußenlastigkeit der Flügellanten geht - sondern um die Differenzen in der SOZIALPOLITIK. (Was z. B. dieser n-tv-Kommentar völlig verkennt: Sowas passiert halt, wenn Journalisten in ihrer eigenen Filterblase gefangen sind.)

Soweit ich das auf die Schnelle überblicken kann, bietet wohl der bereits oben erwähnte Artikel auf der "Tagesschau"-Webseite momentan die informierteste Berichterstattung zum Thema. Da diese Seiten aus Rechtsgründen ja nach einem Jahr gelöscht werden, zitierte ich hier ausführlich:
  • "Schon wenige Minuten, nachdem das Interview mit Meuthen im Internet zu lesen war, wurde es in zahlreichen AfD-Chatgruppen geteilt und kontrovers diskutiert. Auch die Telefone zwischen den Mitgliedern in Bundes- und Landesvorständen sollen offenbar umgehend heiß gelaufen sein. Es gab nach Informationen von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" erste Telefonkonferenzen darüber, wie die Parteispitze reagieren solle. Dem Vernehmen nach soll bereits diskutiert worden sein, ob sich Meuthen jetzt weiter an der Parteispitze halten könne. Bisher steht er mit seinem Vorschlag in der Führungsriege offenbar fast ohne Unterstützer da. Einige Funktionäre sagten, dass sie Abwahlanträge gegen Meuthen oder sogar den gesamten Bundesvorstand erwarteten."
  • "Schon in der vergangenen Woche hatte sich Meuthen stärker als zuvor vom rechtsextremen "Flügel" distanziert und gesagt, dass nach seiner Auffassung Teile des Flügels nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stünden. Die Idee einer Trennung der Partei hatte Meuthen nach Informationen von WDR, NDR und "SZ" dem Ehrenvorsitzenden der AfD, Alexander Gauland, schon am Montag nahegebracht.Gauland, der als Beschützer des "Flügels" gilt, soll darüber so alarmiert gewesen sein, dass er Meuthens Gedanken mit Teilen der Bundestagsfraktion besprochen habe. In einem Rundbrief hätten sich Gauland, Alice Weidel und Tino Chrupalla am Dienstagabend an die Mitglieder gewandt - auch dies unabgestimmt - und die Einheit der Partei beschworen. Meuthen, dem diese und weitere Gegenwehr nicht verborgen geblieben war, ließ sich jedoch nicht beirren und zog den Veröffentlichungstermin seines Interviews sogar auf Mittwoch vor."
Die Darstellung der "Tagesschau" suggeriert, dass es Meuthen um die Rechtslastigkeit des "Flügels" gehe; ich glaube das aber nicht. Für mich folgt Prof. Meuthen hier dem Pfad von Frauke Petry, die sich lt. Äußerungen nach ihrem Parteiaustritt ebenfalls eher an der sozialpolitischen Positionierung großer Teile der Partei (nach meiner Einschätzung keineswegs nur der "Flügel"!) denn an "Rechtslastigkeit" gestört hatte.

In der Partei stößt Prof. Meuthen weitestgehend auf Ablehnung:
  • "Aus dem Umfeld Weidels war zu erfahren, dass im Parteivorstand jetzt enormes Konfliktpotenzial gesehen werde und auch eine sehr angespannte Stimmung herrsche: "Wer fordert, dass sich die Partei in zwei Lager auftrenne, besorgt das Geschäft des politischen Gegners. Die Partei steht vor einer Bundestagswahl im kommenden Jahr - und da ist es nicht angezeigt, sich in zwei Hälften zu teilen." Auch aus dem Kreis jener acht Bundesvorstände, die mit Meuthen zuletzt einvernehmlich eine "flügelkritische" Linie eingeschlagen hatten, kommt nun scharfe Kritik. Unterstützen wollte den Vorstoß auf Anfrage keiner seiner Kollegen. Bundesvorstandsmitglied Beatrix von Storch forderte als Reaktion auf das Interview eine deutliche Abgrenzung von extremistischen Personen: "Die AfD ist keine Westpartei, keine Ostpartei, sondern eine Partei für ganz Deutschland und das wird sie bleiben".

Wie bei der Journaille üblich, wittert die "Tagesschau"-Seite Machttaktik:
  • "Meuthens Vorgehen ist offenbar auch ein strategischer Schritt im Machtkampf um den Parteivorsitz. Weil sich Parteivize Weidel und Co-Parteichef Chrupalla mit den "Flügel"-Mitgliedern arrangiert haben und auch eine Doppelspitze zur Bundestagswahl anstreben sollen, könnte Meuthen jetzt seine Chance in der Flucht nach vorn sehen - weniger rechts, weiter in der Mitte, in einer Partei ohne den "Flügel", in der er Parteichef bleiben will."
Auch daran glaube ich nicht, zumal ich mir nicht entfernt vorstellen kann, dass sich Meuthen allen Ernstes Erfolgsschancen für eine derartige Strategie ausrechnet.
Ich bin überzeugt, dass ihm "die ganze Richtung nicht mehr passt" und vermute, wie gesagt, insbesondere Frust über die Ablehnung seines Rentenkonzepts als wesentlichen (bewussten oder unbewussten) Antrieb hinter seiner Aktion.
Aus meiner Sicht trifft zu, was Max Otte getwittert hat:
"Jörg #Meuthen hat den #Lucke-#Petry-Virus und betreibt aus ideologischen und persönlichen Gründen die Spaltung der #AfD."


Wie stehe ich nun selber zu Prof. Meuthen?

Ich war bislang in einem gewissen Zwiespalt. Einerseits bin ich KEIN "Flügel"-Anhänger und insbesondere definitiv KEIN Höcke-Fan.
Auf der anderen Seite habe ich mich allerdings innerlich schon lange von Meuthen gelöst, und zwar seit dem Moment (glaube, das war im November 2018), als ich Meuthens Vorschlag für ein AfD-Rentenprogramm zu Gesicht bekam ("Ansätze zur Entschärfung einer
tickenden Zeitbombe. Eine Rentenkonzeption für die Alternative für Deutschland
").

Ohne Volkswirtschaftler zu sein, habe ich mich schon seit vielen Jahren intensiv mit insbesondere den volkswirtschaftlichen Aspekten der beiden unterschiedlichen Rentenfinanzierungsarten beschäftigt und verstehe ein wenig von dieser Materie (vgl. z. B. meine Webseite "Rentenreich" aus dem Jahr 2004). Daher war mir sofort klar, was ich sehr viel später (am 17.02.2020; damals allerdings basiert auf einem Video-Vortrag von Prof. Meuthen) in meinem Blott " „Qu’ils mangent de la brioche“: Meuthens maximaler Renten-Murks" ausformuliert habe.
Das "Konzept" von Prof. Meuthen ist ein dilettantisches Machwerk, dem jeglicher wissenschaftlicher Hintergrund abgeht. Nicht nur zitiert er nicht einen einzigen der unzähligen (großenteils sogar im Internet verfügbaren) Fachtexte zum Thema: Der KENNT DIE EINSCHLÄGIGE FACHLITERATUR OFFENBAR NICHT EINMAL. Und nicht einmal die für die deutsche Debatte quasi fundamentale "Mackenroth-These". Sein "Konzept" könnte von jedem Internet-Forenheini (mit libertär-"österreichischer" Ideologie) stammen. Im Detail habe ich das im dem verlinkten Blott aufgezeigt und nachgewiesen; eine Wiederholung erspare ich mir.

Dann veröffentlichte Prof. Meuthen am 28.03.2020 auf seiner Facebook-Seite einen Eintrag, wo er die Regierung kritisierte: Weil sie die Corona-Krise nur durch Schuldenaufnahme bewältigen könne:
  • "Statt aber in diesen fetten Jahren, die die EZB dem deutschen Staatshaushalt beschert hat [durch niedrige bzw. negative Anleihezinsen], wirkliche Rücklagen zu bilden (außer einer „Asylrücklage“ in Höhe von sage und schreibe 48 Milliarden Euro - da erkennt man die Prioritäten dieser Regierung!), wurde das Geld nur so verschleudert."
Richtig ist natürlich seine Kritik an der Ausgabefreudigkeit der Regierung. Falsch ist seine Meinung, dass die Regierung das Geld hätte sparen sollen: DAS ist nicht nur nicht die Aufgabe einer Regierung; das wäre volkswirtschaftlich eine wahre Katastrophe. Das Geld würde nämlich der Realwirtschaft als Nachfrage fehlen. So dass diese Sparwut entweder zur Wirtschaftskrise führen würde, oder aber der ohnehin exzessive deutsche Export-  und Leistungsbilanzüberschuss noch mehr in die Höhe getrieben werden müsste, um die Wirtschaft am Laufen zu halten.
Und wo sollte die Regierung das Geld anlegen? Die Welt hat schon lange massive Geldspar-Überschüsse (Ben Bernanke sprach von einer "saving glut", einer Spar-Gier). Diese konnten schon früher nicht produktiv investiert werden, sondern wanderten in die Kredit-Finanzierung von amerikanischen Eigenheimen. Mit den bekannten Ergebnissen (Finanzkrise 2007/2008 ff.).
Oder soll die Bundesregierung seiner Meinung nach das Geld in italienischen und griechischen Staatsanleihen anlegen?
Oder in deutschen Aktien: Was dann mit hoher Wahrscheinlichkeit genau in jener Staatswirtschaft enden würde, die gerade Meuthen (zu Recht!) heftig ablehnt?

  • "Hätte man in diesen guten Jahren das Geld nicht mit vollen Händen für immer neue, oft komplett sinnlose linksgrüne Ideologie-Projekte ausgegeben, dann könnte man nun über echte Reserven im hohen dreistelligen Milliardenbereich verfügen, die man den Bürgern, insbesondere den nun notleidenden, zurückgeben könnte."
Hunderte von Milliarden, das 2- oder 3-fache des deutschen Bundeshaushalts, hätte die Regierung (die er in seinem Hamburger Rentenvortrag als "Fiskalkleptokraten" denunziert!) also seiner Meinung nach irgendwo bunkern sollen.
Ganz abgesehen von den realwirtschaftlichen Problemen (Nachfrageausfall) und dem Problem, wo denn der Staat diese Gelder hätte "parken" sollen: Selbst WENN diese Hindernisse irgendwie hätten überwunden werden können, würde sich jetzt das Problem stellen, auf welche Weise der Staat sein Geld überhaupt zurückbekommen könnte.
Hätte er es in Wertpapieren, egal welcher Art, investiert, müsste er diese verkaufen. Hat Prof. Meuthen überhaupt irgend eine Vorstellung davon, was Wertpapierverkäufe im Wert von mehreren hundert Milliarden Euro an den Märkten auslösen würden? Offenbar nicht - und offenbar ist es ihm zu anstrengend, darüber nachzudenken.

Richtig ist, wie gesagt, dass die Bundesregierung in der Vergangenheit sparsamer hätte wirtschaften sollen. Aber das eingesparte Geld hätte sie NICHT irgendwo horten dürfen. Von allen sonstigen Aspekten abgesehen hat Prof. Meuthen offenbar auch nicht den Schimmer einer Ahnung davon, was exzessive Geldhortung in unserem Geldsystem anrichten würde. Wir leben in einem Regime der kreditären Fiatgeldschöpfung. Das Geld kommt dadurch in die Welt, dass irgend jemand einen Kredit aufnimmt. Diesen muss der (wie ich ihn nenne) "Erstgeldempfänger" irgendwann wieder tilgen: Er unterliegt einem "Rückleistungsdruck". Wenn der "Zweitgeldempfänger" (usw.) dieses Geld bunkert, kann der "Erstgeldempfänger" seine Schulden nicht mehr tilgen: Eine gigantische Pleitewelle wäre also die Folge, wenn eine Regierung (oder sonst jemand) das Geld in gigantischem Umfang hortet ("spart"). (Die Funktionslogik der kreditären Geldschöpfung habe ich in unzähligen Blotts zum Thema Geld/schöpfung beschrieben, u. a. hier.)
Die Regierung hätte also die STEUERN SENKEN müssen, nicht den Bürgern das Geld abknöpfen, um es dann ohne Sinn und Verstand stillzulegen.

Auch hier erweist sich - trotz Studium, Habilitation und Berufsweg - Prof. Meuthen also als ein ideologisch verbohrter ökonomischer Vollpfosten.
Diese Bezeichnung dürfte, zumal von einem wirtschaftswissenschaftlichen Laien wie mir, äußerst arrogant klingen. Ich aber bedaure daran nur eines: Dass mir momentan keine noch härtere Formulierung in den Sinn kommt. Dieser Mann ist einfach die personifizierte ökonomische Inkompetenz.


Selbst in dem Wissen, dass Prof. Meuthen bei moderaten Wählern (also den weitaus meisten) gut rüberkommt, kann ich nunmehr leider nicht anders, als mich DEFINITIV GEGEN IHN ZU STELLEN.
Auf seinem eigentlich ureigensten Fachgebiet, der Volkswirtschaftslehre, ist dieser Mann ein dermaßen BORNIERTER IDEOLOGE, dass ich ihn geradezu für gemeingefährlich halte, wenn er irgendwie eine politische Verantwortung übertragen bekäme.
Prof. Meuthen ist ein RADIKALER. Zwar nicht von jener Sorte, wie sie vom VS observiert werden. Aber ein MARKTRADIKALER - und das sind auf andere Weise genauso DUMPFBACKEN, wie Rechtsradikale und Rechtsextremisten.
Und potentiell sind die Marktradikalen sogar ebenfalls Kandidaten für eine VS-Observation. In seinem o. a. Facebook-Post vom 28.03.20 erwähnt Meuthen auch den "von mir geschätzte[n] Volkswirt und Risikomanager Dr. Markus Krall". Dieser ist "der Meinung, dass Transferempfänger kein Wahlrecht haben sollten". Er will also die grundsätzliche politische Gleichberechtigung aller Bürger aufheben - und im Ergebnis eine Art von Klassenwahlrecht einführen. Bei dem tendenziell die Reichen wählen dürfen und die Armen nicht. Schwer vorstellbar, dass sich der VS dafür NICHT interessieren würde, wenn eine solche Position an herausgehobener Stelle in einer Partei vertreten würde. Meuthen würde natürlich Stein und Bein schwören, dass er das ganz und gar nicht will. Aber eine von ihm dominierte Partei würde eben solche Figuren wie den Herrn Krall anlocken.
(Dies ist zwar eine Rechtenhasser-Seite; sie informiert aber nach meinem Eindruck korrekt über Kralls einschlägige vorstellungen.)

Zu den o. a. Gründen kommt noch ein ganz wesentlicher hinzu: Dass nämlich Meuthen ein WIDERLICHER HEUCHLER ist.
In seiner (wie ich scherzhaft sage) "sozialpolitischen confessio augustana", seiner Augsburger Parteitagsrede vom 30.06.2018, hatte er nämlich einen grundlegenden Umbau des Steuer- und Rentensystems gefordert. Arbeitseinkommen sollten entlastet werden, Kapitaleinkommen belastet. Da ich auf dem Stuttgarter Programmparteitag unserer AfD (dem, wenn ich nicht irrek letzten Mitgliederparteitag) jedoch erlebt hatte, wie sich Prof. Meuthen gegen die Erbschaftssteuern in die Bresche geworfen hatte, habe ich ihm sein angebliches soziales Herz von vornherein nicht abgenommen.
Und tatsächlich: Während er in Augsburg noch getönt hatte "Zweitens, und das gehört zwingend dazu, müssen wir diesen Systemwechsel weg vom zwangsfinanzierten Umlagesystem zwingend mit einigen fundamentalen Änderungen unseres Steuersystems begleiten", hatte er bei der Abfassung seines Rentenprogramms nur zwei oder drei Monate später schon wieder vergessen, was doch angeblich "zwingend" dazu gehörte. Seiner extrem großzügigen Disposition über Steuergelder (erforderliche  STEUERERHÖHUNGEN bei Realisierung seines Rentenkonzepts ca. 30%, in der Spitze sogar ca. 40% der GESAMTEN STEUERLAST!!!). Hier ging es ihm ausschließlich darum, das den Marktradikalen ideologisch verhasste Umlageverfahren abzuschaffen - und zwar um buchstäblich JEDEN Preis!

Ich stürze mich nunmehr parteipolitisch in offene, ungesicherte Gefilde.
Obwohl ich weiß, dass Meuthen beim Wähler glaubwürdig rüberkommt, und obwohl ich auf gar keinen Fall Höcke & Co. im AfD-Bundesvorstand sehen möchte, habe ich jetzt definitiv fertig mit dem Herrn Prof. Dr. Jörg Meuthen als Parteivorsitzendem.
Nachdem er offenbar, möglicher Weise genau wie Lucke, sicher aber genau wie Frau Dr. Frauke Petry, unserer AfD seine marktradikale Schwachsinns-Ideologie überstülpen will, REICHT ES MIR ENDGÜLTIG!
Genau so, wie ich mit Prof. Lucke (dessen sozioökonomischer Horizont sich übrigens ebenfalls in überschaubaren Grenzen hält) in dem Moment abgeschlossen habe, als er uns Parteimitgliedern die Zustimmung zur "Geiger-Resolution" empfahl. Oder mit Frauke Petry in dem Moment, als ich ihren "Zukunftsantrag" las.Rien ne va plus, Herr Prof. Dr. Meuthen!


Nachtrag:

Mittlerweile ist Meuthen komplett in seine eigene mentale Filterblase entschwebt: "Meuthen: Entscheidung über AfD-Teilung bis Jahresende" betitelt t-online eine dpa-Meldung, wo u. a. berichtet wird: "Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen wünscht sich in den nächsten neun Monaten eine Entscheidung über eine mögliche Teilung der Partei. "Wir sollten in Ruhe darüber diskutieren, aber dann auch bis Ende des Jahres zu einer Entscheidung kommen", sagte er am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur."
Seiner Aufspaltungsforderung wird so gut wie NIEMAND in der AfD folgen - unabhängig von der sonstigen innerparteilichen Positionierung. Der Mann TRÄUMT!
Eine tendenziell libertär-marktradikale Partei, wie sie Meuthen für "seine" Seite offenbar vorschwebt, wäre komplett chancenlos bei Wahlen.

Der WELT-Redakteur Matthias Kamann schätzt heute in einem für mich exzellenten Kommentar die Erfolgsschancen von Meuthen realistisch ein: "Parteichef Jörg Meuthen denkt über eine Aufspaltung der AfD in zwei Parteien nach. Viel Zustimmung wird er dafür nicht ernten. Die meisten wissen, dass sie nur zusammen an Mandate und Staatsgelder kommen." Und weiter schreibt er:
"Dass Meuthens Beschreibung ['Freiheitlich-Konservative' vs. 'Etatisten';siehe Facebook] einiges für sich hat, lässt sich zwar nicht bestreiten, aber dass er damit in der AfD eine muntere Diskussion über die Umsetzung seiner Ideen auslöst, ist auszuschließen. Im Bundesvorstand schütteln selbst Flügel-Gegner die Köpfe. Denkbar ist daher, dass der in vielerlei Hinsicht geschwächte Meuthen hier nur seine eigene Frustration thematisiert und Abschiedsgedanken hegt. Das wäre dann ähnlich wie bei Bernd Lucke oder Frauke Petry."
"Der Schweißer [von "empört-liberalistischem Nationalkonservatismus" und "sozialnationalistischen Extremismus]  war Alexander Gauland. Denn er hat genau gewusst, dass es nur diese Verbindung der AfD ermöglichen würde, in hinreichendem Maße zum Projektionsfeld einer inhaltlich diffusen, aber in der Radikalisierungsbereitschaft geeinten Wählerschaft am rechten Rand zu werden. Jetzt aber erweist sich, dass die Schweißarbeiten zur Lähmung geführt haben."
Auch mir scheint, dass die Strategie von unserem alten Leitfuchs Alexander Gauland hier an eine Mauer gestoßen ist.

Das "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND) meldet in dem sehr informativen Artikel: "Chrupalla, Gauland, Höcke: AfD-Größen gegen Meuthens Teilungspläne":
"Tino Chrupalla [zeigt sich] jetzt über den unabgesprochenen Vorstoß “einigermaßen überrascht - und menschlich enttäuscht”. Das sagte Chrupalla am Donnerstag dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). “Die Einheit der Partei stand nie zur Debatte und sie wird niemals zur Debatte stehen”, sagte Chrupalla weiter." Und
"Unterstützung erhielt er vom AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland: 'Die Überlegungen von Jörg Meuthen sind wenig zielführend und extrem unpolitisch', kritisierte G,"
"Der Parteichef argumentiert hauptsächlich wirtschafts- und sozialpolitisch. [Genau wie ich oben gesagt hatte!] Die Gegensätze zwischen einem „freiheitlich-konservativen“ Lager, zu dem sich Meuthen zählt, und der eher staatsorientieren und völkischen „sozialpatriotischen“ Strömung des früheren “Flügels” seien nicht zu überbrücken. “Der sogenannte sozialpatriotische Kurs des Flügels kann niemals Kurs der Gesamtpartei sein”, sagte Meuthen dem RND."
"Der Wortführer der national-sozialen Strömung der Partei, Björn Höcke, nannte Meuthens Idee auf Facebook “töricht und verantwortungslos”. Er forderte, dass sich die AfD vor allem an Arbeiter, Angestellte und “kleine Selbständige” richten solle, “die die ersten Opfer der Globalisierungspolitik des Establishments sein werden”.
Allerdings geht es Meuthen offenbar nicht nur um die sozial- und wirtschaftspolitische Ausrichtung, sondern auch um eine harte Abgrenzung nach rechtsaußen. Denn insoweit erfahren wir:
"Meuthen reicht das [die Auflösung des 'Flügel'] nicht. “Der Flügel hat den Fehler gemacht, die Schotten nach rechtsaußen nicht zu schließen”, sagte er dem RND. Er selbst habe dessen laut Verfassungsschutz rechtsextremistische Bestrebungen erst nach und nach erkannt. So trat Meuthen noch 2017 auf dem “Kyffhäusertreffen” des “Flügels” auf. “Ich habe meine Meinung zum “Flügel” durch sehr sorgsame Beobachtung schrittweise geändert", sagte er dem RND."
"Meuthen besteht darauf, viel Zustimmung für seine Idee zu erhalten. ..... Doch selbst seine engen Verbündeten lehnen die Teilungs-Idee ab. So schrieb AfD-Bundesvize Beatrix von Storch auf Twitter: “Ich halte NICHTS von diesen Gedankenspielen".


Nachtrag 03.04.2020

In der taz (die zwar linksradikal ist, aber nicht in jeder Hinsicht dumm) teilt Sabine am Orde unter "AfD diskutiert über eigene Aufspaltung: Meuthen macht den Lucke" meine Einschätzung (meine Hervorhebung):
"Was aber treibt Meuthen, sich derart vorzuwagen? Bemerkenswert ist, dass er weniger mit Grundgesetztreue oder Verfassungsfeindlichkeit argumentiert, da hat der Parteichef sich mit vielem arrangiert. Meuthen führt den zermürbenden Konflikt vielmehr auf unterschiedliche programmatische Konzepte zurück, die er „Ordoliberalismus versus Staatspaternalismus“ nennt. Und diesen Konflikt hat er in der Rentenfrage gerade eindrucksvoll verloren, auf dem kommenden Parteitag wird seine Niederlage besiegelt werden. Vielleicht ist es das, was für den Wirtschaftsprofessor das Fass zum Überlaufen bringt."


Weiterer Nachtrag 03.04.2020

Der AfD-Ehrenvorsitzende Alexander Gauland hat sich in einem heute in der Zeitschrift "Cicero" veröffentlichten Interview zu den Vorgängen geäußert. Auszüge (Hervorhebungen von mir):

"Ich habe mit ihm einige Tage vorher telefoniert. Da war mir nicht klar, dass er das in naher Zukunft öffentlich machen wird. Ich habe ihm dringend davon abgeraten. Ich war dementsprechend auch überrascht."
Meuthen hat Gauland also immerhin vorher informiert. 

"Diesen Brief, den wir drei unterschrieben haben, hatten wir auch Meuthen vorgelegt. Er hätte sich einklinken können, hat es aber nicht getan. Das hat nichts mit Ausgrenzen zu tun."
Eine wichtige Klarstellung!

[Frage] "Wird ihm der Bundesvorstand den Rücktritt nahelegen?"
[Gauland]: "Das glaube ich nicht. Das wird sich erst langfristig auswirken."

Hier ist insbesondere Gaulands 2. Satz wichtig, den man auch so umformulieren kann: Das wird nicht ohne (negative) Auswirkungen für Meuthen bleiben, wenngleich sich diese nicht sofort zeigen werden. Das glaube ich allerdings auch!

"Ich glaube nicht, dass Meuthen die Partei verlässt. ..... Ich sehe also nicht, dass für den Fall, dass Meuthen die Partei verlässt, andere mitgehen werden. Das ist diesmal eine andere Konstellation [als bei Prof. Bernd Lucke und Dr. Frauke Petry]."
Ich bin mir nicht so sicher, ob Meuthen nicht doch gehen wird: Aus Frust darüber, dass er seine wirtschafts- und sozialpolitische Position in der Partei nicht durchsetzen kann. Insofern wäre das dann vielleicht doch ähnlich wie bei Frauke Petry, die ja nach ihrem Austritt diesen insbesondere auch mit ihrer Divergenz auf diesen Politikfeldern begründet hatte.

"..... in den Ost-Landesverbänden ist bei der Rente das Umlagesystem noch unumstrittener, und ..... Flügel-Vertreter treten stark dafür ein. Aber das tue ich auch, so wie viele andere in der Fraktion, die nichts mit dem Flügel zu tun haben. Deshalb war das nicht wirklich ein Konflikt von Flüglern gegen Nicht-Flügel-Vertreter, auch wenn Meuthen leider das Wort von der Flügelrente gebraucht hat. Es mag da eine gewisse Frustration bei ihm geben. Die Meuthenschen Vorstellungen einer kleinen, steuerfinanzierten Grundrente und einer weitgehenden Abkehr vom Umlagesystem werden in der Partei von kaum jemandem geteilt."
Das denke ich auch, dass das nicht wirklich eine Frage von "Flügel vs. Rest der Partei" ist. Ich glaube auch nicht, dass in der Bundesprogrammkommission, deren Leitantrag ich hier - kritisch - vorgestellt habe, mehrheitlich Flügler sitzen. Die haben einfach gemerkt, dass das Meuthen-Programm (genau wie das ähnliche Konzept des eigentlich zuständigen Bundesfachausschusses 11) eine schlicht unfinanzierbare SCHNAPSIDEE ist - wie ich selber hier detailliert nachgewiesen habe.

"Ich bin der letzte Gründer, und aufgrund von Alter und Lebenserfahrung hat man eine andere Autorität. Aber auf Dauer trägt das in einer Partei nicht. Es kommt darauf an, dass es viele Kräfte gibt, die für die Gemeinsamkeit stehen. Wenn Sie die Reaktionen auf Meuthens Überlegungen ansehen, dann ist das durchweg negativ."

Es ist zwar nicht Thema meines vorliegenden Blotts; aber Gaulands Antwort auf die Frage, wie sich die AfD in der Corona-Krise positionieren solle, zeigt wieder einmal unseren alten Leitfuchs, wie ich ihn kenne und wertschätze:
"In diesem Moment ist die weitgehende Einschränkung des öffentlichen Lebens richtig. Die Kollateralschäden überwiegen noch nicht. Das kann aber mit jeder Woche anders werden – und dann haben wir eine völlig andere Stimmungslage in der Bevölkerung. Wenn man eine andere Politik vorschlägt, muss man den richtigen Zeitpunkt erwischen."
Das ist wirklich das einzige, was man aus der Opposition heraus jetzt dazu sagen kann.

Festhalten möchte ich, ebenfalls "off topic" und rein "pro memoriam", hier auch Gaulands Aussage zur weiteren Parteimitgliedschaft des brandenburgischen AfD-Landesvorsitzenden und Beisitzers im Bundesvorstand, Andreas Kalbitz:
"Natürlich kann Herr Kalbitz weiterhin Mitglied der AfD sein, es sei denn, dass sich das, was der Verfassungsschutz behauptet, hieb- und stichfest belegen lässt. Zu diesem Zweck wird Herr Kalbitz juristisch gegen den Verfassungsschutz vorgehen. Denn eine Mitgliedskarte mit irgendeiner Nummer und einem Eintrag „Kalbitz“ kann Ihnen jeder Sechsjährige produzieren. Deshalb bin ich nicht bereit, die schlichte Behauptung des Verfassungsschutzes schon als Beweis zu werten. Andreas Kalbitz wird auf Herausgabe klagen, damit man sehen kann, worum es da eigentlich geht. Er beharrt darauf, nie Mitglied gewesen zu sein."


Nachtrag 04.04.2020

Heute ist auf der Webseite der Zeitung "Junge Freiheit" das Interview „Wir sollten einen Gang herunterschalten mit Prof. Jörg Meuthen erschienen, wo er nach meiner Wahrnehmung zurückrudert:
"Ich hätte noch klarer machen müssen, daß es sich hier um einen strategischen Denkansatz handelt und nicht um eine konkrete Forderung. Das war sicherlich ein Fehler. Vielleicht war auch der Zeitpunkt für das Gespräch ungünstig. Hätten alle, die mich jetzt angreifen, genau gelesen, was ich gesagt habe und was nicht, gäbe es vielleicht diese Bedrängnis so nicht. Ich habe aber in der Tat wohl unterschätzt, daß oft nur die Schlagzeilen gelesen werden und dann vorschnell geurteilt wird. Es wurden da Dinge anders als intendiert wahrgenommen. Ich habe weder eine Spaltung der Partei gefordert, schon gar nicht eine in Ost und West, und ich habe auch nicht, wie kolportiert wird, ein Ultimatum gestellt. Ich habe einen bislang tabuisierten strategischen Denkanstoß für die Zukunft unserer politischen Ziele entwickelt, mehr nicht. Keine Forderung, kein Ultimatum. Den Weg, der eingeschlagen wird, entscheidet bei uns kein Vorsitzender, sondern die Mitglieder und das ist auch sehr richtig so."

Auch zur Frage, ob der Frust über das Scheitern seines Rentenprogramms zu seinem Trennungsvorschlag geführt hat, äußert er sich:
"Nein, definitiv nicht. Ich wußte ja von vornherein, daß ich mich mit meinem durchaus radikalen Vorschlag nicht eins zu eins würde durchsetzen können. So ist das einfach mit innovativen Ansätzen, Die brauchen Zeit. Ich wollte nur den gedanklichen Ansatz auch in dem Leitantrag der Bundesprogrammkommission drin haben. Mehr ging nicht, und das wußte ich vorher. Das ist mir gelungen. Darum habe ich in der entscheidenden Sitzung zum entscheidenden Zeitpunkt auch ausdrücklich vorgeschlagen, man möge sich dem Kompromißvorschlag in großer Mehrheit anschließen. Und so kam es dann auch."


Textstand 04.04.2020

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