Das ist ein Irrtum.
Nachdem auf dem Gipfel im Ergebnis die Einführung der europäischen Haftungsunion beschlossen wurde,* und mittlerweile ständig neue Rettungsaktionen für weitere Länder im Raum stehen, meine ich den Begriff "Sklaverei" bitter ernst.
Detaillierter beschreibt das Finanzdrama Werner Mussler in der FAZ vom 23.07.11 "Zweites Rettungspaket. Wie Griechenland abermals gerettet werden soll". In seinem "Kommentar zur Schuldenkrise: Haftungsgemeinschaft" vom gleichen Tag erläutert er, was die Gipfelbeschlüsse für uns Steuerzahler bedeuten. Die Entfaltung der Krise (bzw. der Bailout-Blödheit) ab dem 19.10.2009 beschreibt er unter "Die fünf Phasen des Schlamassels. Eine kurze Geschichte der Euro-Krise" vom 20.07.11.
Die Mittelmeerländer der Europäischen Union - von Zypern (s. a. "S&P stuft Zyperns Kreditwürdigkeit herab" Die Welt 29.07.11), Griechenland über Italien und Spanien bis Portugal (und, wer weiß, vielleicht wird ja auch Frankreich noch in diesen ganz speziellen Club Mediterranée aufgenommen) (sehr ausführlich WiWo 18.7.11 "Frankreich fällt als Stabilitätsanker aus"!) haben es geschafft. Ihre (Miss-)Wirtschaft, schon in der Antike auf Sklaverei aufgebaut, hat ein neues Sklavenpotential erschlossen: Die Steuerzahler in Deutschland und den anderen Zahlerländern. Die Kosten hat, in verschiedenen Szenarien, die Wirtschaftswoche errechnen lassen: "Die Rechnung für Deutschland steigt" (25.07.11). Während unsere Politik uns vorlügt, wie sehr Deutschland vom Euro profitiert hat, lachen sich die Euro-Verweigerer unter den europäischen Staaten ins Fäustschen.
Das Märchen von deutschen Krediten an Griechenland (Daten - und Kritik - z. B. auch in diesem FAZ-Artikel), an denen wir noch verdienen, hat der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle schon vor längerer Zeit als solches entlarvt.
Mittlerweile belügt nicht einmal mehr Bundeskanzlerin Angela Merkel das Volk damit; vielmehr erfahren wir jetzt: "Merkel bereitet Deutsche auf Kosten für Athen vor".
Was sie freilich nicht sagt ist, dass es bei verlorenen Zahlungen für Griechenland nicht bleiben wird. Portugal und wahrscheinlich weitere Länder, die jetzt noch als "Kreditempfänger" gelten, werden folgen. Stück für Stück wird unser Volk tiefer in den Sumpf geführt, und in der Berliner Politik geht es nur noch darum, wer den größeren Schritt fordert (die sogenannten "Oppositionsparteien" Linke, Grüne und SPD überbieten unsere Regierung sogar noch beim europaweiten Austeilen deutscher Steuermittel).
"Wer dumm genug [ist], - also z. B. Deutschland -, seine gebenden Hände in diese Hexenkessel der Finanzmärkte einzutauchen, wird sie als Brühwürstchen wieder herausziehen. Und wer den Investoren oder Spekulanten auch nur den kleinen Finger reicht, dem werden sie zum Dank die ganze Hand greifen. Dann zahlt nicht mehr nur Griechenland Strafzinsen, sondern auch der deutsche Bundeshaushalt wird noch fröhlicher geplündert, als die Hornissenkoalition das ohnehin schon jetzt tut."
Diese Sätze (Hervorhebung jetzt ergänzt) hatte ich am 18.12.2009 in meinem Blott "Endlich! Deutsche Nationalhymne runderneuert: Dummland Deutschland zahlt für alle, Alle PIGS der Euro-Welt" formuliert.
Leider haben sie sich bewahrheitet. Nicht nur drängt jetzt höchstwahrscheinlich Zypern unter den Euro(zonen)rettungsschirm (es geht nicht um die Rettung "des Euro", sondern allenfalls um die Kompletterhaltung der Eurozone!). Das Rating für Spanien soll herabgestuft werden, die Haushaltskonsolidierung in Italien wackelt und vor allem kann sich das Land aus der Solidarhaftung für die Griechenland befreien, weil es selbst höhere Zinsen zahlt, als es von Griechenland bekommen würde (für alles z. B. Handelsblatt-Bericht v. 29.7.11 "Euro-Rettung verpufft – neues Ungemach droht" oder diesen der Nachrichtenagentur Reuters).
Der Rettungsschirm ist bislang mit 750 Mrd. € dotiert, eine Verdopplung auf 1,5 Mrd. ist schon seit einiger Zeit im Gespräch. Nunmehr wird sogar eine Verdreifachung gefordert (s. z. B. "Zweifel an der Schlagkraft des Euro-Rettungsfonds EFSF" im österreichischen Wirtschaftsblatt vom 29.07.11): also auf ca. 2,1 Billionen €! Das ist beinahe das 7-fache des deutschen Bundeshaushalts für 2010 (ca. 320 Mrd. €). Rechnet man den deutschen Anteil niedrig mit 20% (tatsächlich liegt er höher), bürgt also allein schon Deutschland mit über 400 Mrd. € für die Verschwender-Länder in der Eurozone. Das ist mehr als das gesamte Volumen des Bundeshaushalts!
Damit nicht genug, erfahren wir im Handelsblatt:
"Bundesfinanzminister Schäuble hat ebenfalls noch 61,2 Milliarden Dollar von seinem amerikanischen Kollegen Timothy Geithner zu bekommen. Im Juni vergangenen Jahres waren es nur 52,2 Milliarden Dollar." (Diese Daten auch hier bei Der Standard sowie in dem FAZ-Artikel "Ein Spiel mit dem Feuer" von Patrick Welter vom 29.07.11.)
Ohne dass man sonst etwas in der Presse darüber liest, kauft als der deutsche Fiskus amerikanische Schrottanleihen - mit Geld, dass er sich selbst leihen muss!
Im Gegensatz zur Bundesregierung haben die deutschen Banken äußerst wenig Vertrauen in die Schuldentragfähigkeit der USA:
"Die deutschen Banken sind mit insgesamt 502,4 Milliarden Dollar (nur Staatsanleihen: 26,1 Milliarden Dollar) engagiert" erfahren wir hier im Handelsblatt.
Ich bezeichne die US-Staatsanleihen mit Bedacht als Schrott. Und zwar nicht wegen des momentanen Gerangels im amerikanischen Kongress über eine Anhebung der Schuldenobergrenze, sondern weil ich sicher bin, dass die USA ihre Schulden irgendwann entweder weginflationieren oder ganz offiziell zusammenstreichen werden. Man muss sich nur einmal diese Kurve der US-Staatsschuldenentwicklung anzuschauen (ebenfalls aus dem Handelsblatt), um zu erkennen, dass es den USA völlig unmöglich sein wird, diese jemals zu tilgen. Wie es zu dem steilen Schuldenanstieg kam (und dass beide politischen Lager, Republikaner wie Demokraten, dafür verantwortlich sind), erläutert Patrick Welter in seinem FAZ-Bericht "Vom Überschussland zum Schuldenberg" vom 29.07.2011 (auf der Grundlage einer Studie der amerikanischen Pew-Stiftung).
Auf einer bestimmten Abstraktionsebene haben die USA die gleichen Probleme wie Griechenland:
- Ein Leistungsbilanzdefizit, d. h. beide Völker leben zu einem nicht geringen Teil von sogenannten "Krediten" aus dem Ausland. Eine Rezession wie in Griechenland gibt es zwar in den USA nicht, aber der Aufschwung ist minimal (und wahrscheinlich sind die Daten ohnehin frisiert), und als einziges Rezept fällt der FED die Fortsetzung der Gelddruckerei ein. (Vgl. auch "Auf Dauer werden USA ihre "AAA"-Bewertung nicht halten können" im Wirtschaftsblatt v. 28.7.11 oder, weitaus dramatischer: "Zehn unangenehme Wahrheiten über die USA", Handelsblatt vom 18.04.11)
- Mangelnde Steuerzahlungsbereitschaft der Eliten. In Griechenland werden Steuern beschlossen, aber hinterzogen. In den USA werden sie nicht so sehr hinterzogen, aber die Wohlhabenden sperren sich politisch (Tea Party movement - mit diesem schicken die Superreichen nach meiner Einschätzung Otto Normalverbraucher für sich ins Gefecht - ähnlich wie einst im Neapel der Bourbonen die Lazzaroni für die Adelsherrschaft gekämpft haben) gegen höhere Steuern.
- Eine Herabstufung der amerikanischen Kreditwürdigkeit steht im Raum (vgl. z. B. "Vor diesem Mann zittert Washington ...", Wirtschaftsblatt 28.07.11 und "Auf Dauer werden USA ihre "AAA"-Bewertung nicht halten können", ebenda vom gleichen Datum; "Verlust der höchsten Bonitätsnote droht", FAZ v. 29.07.11).
Zu den Problemen der US-Wirtschaft (und Gesellschaft) vgl. auch den Bericht "Das Ende der Supermacht" in der Wirtschaftswoche vom 26.07.11 sowie an gleicher Stelle und vom gleichen Tag das Interview "US-Ökonom Vivek Ghosal: 'Amerika verliert den Anschluss' ". Ghosal führt die Probleme auf kurzfristiges Gewinnstreben, Defizite im nicht-universitären Bildungssystem (Berufsausbildung!) zurück und, was wir leider auch kennen, hohe Gesundheitskosten. Außerdem teilt er, für mich überraschend, mit: "Fast 45 Prozent der Amerikaner, die eigentlich Steuern zahlen müssten, zahlen keinen Cent an den Staat, so das Ergebnis einer Studie." Amerika ist also gesellschaftlich noch ein wenig näher an Griechenland, als ich vermutet hatte!
Weise wäre es gewesen, hätte unsere Regierung das deutsche Steuerpulver trocken gehalten. Dafür agitiere ich (vergeblich) schon seit dem 20.02.2009 ("Lässt Klingklax sich klaglos beklauen? Keine Euro-Anleihen zur Rettung der Mittelmeer-Länder! Keine deutschen Steuergelder gen Süden senden!").
Stück für Stück hat sich unsere Regierung, hat sich aber auch der allergrößte Teil der veröffentlichten Meinung und haben nicht zuletzt auch Sie, liebe Mitbürgerin und Mitbürger, sich über den Tisch ziehen lassen!
Offenbar macht es vielen mehr Spaß, für die Mistkäfer im Stuttgarter Schlossgarten auf die Straße zu gehen, als für die eigene Brieftasche!
Unser Geld wird in fortlaufend größerem Umfang verpulvert. Es wäre gut, wenn sich die Stimmung bei uns radikalisieren würde: um das Angebot politischer Alternativen zu erzwingen. Ich halte zwar von der Tea Party in den USA ebenso wenig wie von den griechischen Konservativen. Was beide in ihren jeweiligen Ländern dem Volk offerieren können, sind in Wirklichkeit nur Scheinalternativen. Deutschland dagegen hätte die reale Alternative, noch mehr zu zahlen (bzw. sich noch höher zu verbürgen) oder nicht. Nur bietet uns die Parteienlandschaft keine politische Alternative. Und aus alternativen Verwendungen von Kunstdünger lässt sich halt auch keine Alternativbewegung aufbauen.
Ganze Völker werden in der Mitte Europas in einem Joint Venture von Finanzmärkten und "befreundeten" Völkern finanziell versklavt, und nur wenige wehren sich dagegen. Unter den Wirtschaftswissenschaftlern so gut wie niemand - mit der rühmenswerten Ausnahme meines Bielefelder "Landsmannes" Prof. Dr. Hans-Werner Sinn (mit dem ich ansonsten keineswegs immer eines Sinnes bin):
- "Ifo-Chef Sinn: IWF sollte sich um Griechenland kümmern", Wirtschaftswoche 05.03.10.
- "Ein Fass ohne Boden", FAZ 14.03.2010 (!).
- "Rettung Griechenlands. Das Märchen vom Kredit aus dem Nichts", Financial Times Deutschland 30.05,11.
- "Ifo-Chef Hans-Werner Sinn: Dreht Griechenland den Geldhahn zu", Wirtschaftswoche 05.06.11.
- "Tickende Zeitbombe", Süddeutsche Zeitung 3.4.11 und ausführlicher "Target-Kredite, Leistungsbilanzsalden und Kapitalverkehr: Der Rettungsschirm der EZB" über noch ganz andere Schleichwege zur Versüdung unseres Geldes als die Kredite bzw. Kreditgarantien durch die deutsche Bundesregierung. (Sinns Theorien sind umstritten; zur Einführung vgl. z. B. "Trockener Geldhahn bei der Bundesbank?", Handelsblatt vom 29.06.11. Ich selbst habe die Debatte nicht in allen Verästelungen verfolgt, u. a. aber den Blog-Beitrag "Wo Hans-Werner Sinn recht hat – und wo nicht" von Henry Kaspar bei Kantoos Economics (16.06.11) gelesen. Intensiv hat sich der Londoner Handelsblatt-Korrespondent Olaf Storbeck mit der Target-Frage auseinandergesetzt. Sinn selbst hat auf einige Kritiker erwidert mit "EZB lädt Schuldenstaaten zur Selbstbedienung ein", Handelsblatt 14.06.11
- "Ifo-Chef warnt. Griechen-Rettung gefährdet deutsche Renten", Die Welt 04.07.11 (ursprünglich BILD 03.07.11)
- "Ifo-Chef fordert Ende der Erpressung durch die Banken", Die Welt 15.07.11 ("Die mit den Euro-Rettungsschirmen erkaufte relative Ruhe sei "nur die Vorstufe für einen noch größeren Sturm, der in der Zukunft kommt", warnte der Ökonom in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner". Deutschland müsse jetzt die von den Banken aufgebaute "Erpressungssituation" durchbrechen und Ruhe bewahren. "Wir müssen auch an unsere eigene Haut denken." ..... Harsche Kritik äußerte Sinn auch am Krisenmanagement der Europäer. "Die Strategie ist falsch", sagte er der "Passauer Neuen Presse". "Die Staaten Europas gehen von einer kurzfristigen Attacke der Märkte aus, die man mit der Bereitstellung finanzieller Mittel bekämpfen kann. Davon kann nicht die Rede sein. Es gibt eine massive Zahlungsbilanzkrise in Europa, die entstanden ist, weil einige Länder durch den billigen Kredit, die der Euro brachte, inflationär überhitzten und ihre Wettbewerbsfähigkeit verloren", sagte Sinn. "Die Mittel, die man öffentlich bereitstellen müsste, um die Lücken zu schließen, sind grenzenlos. Das ist ein Fass ohne Boden. Wenn man damit anfängt, endet man auf jeden Fall in einer Transferunion." ")
- "Ifo-Chef Sinn: "Steuerzahler müssen für neues Hilfspaket haften", Die Welt 22.07.11 ("„Die Finanzmärkte reagieren ja sehr positiv auf die Beschlüsse von gestern. Da es hier um einen Verteilungskonflikt zwischen den Steuerzahlern Europas und den Investoren geht, ist das eine schlechte Nachricht für die Steuerzahler“, sagte Hans-Werner Sinn am Freitag zu Reuters TV.")
- "Ein Austritt Griechenlands wäre das "kleinere Übel" ", Die Welt 24.07.11 ("Der Top-Ökonom Hans-Werner Sinn rechnet nach Euro-Gipfel ab: "Deutschland hat sich mit Sozialisierung der Haftung für Staatsschulden einverstanden erklärt". ..... "Wenn etwas die finanzielle Stabilität der Euro-Zone gefährdet, dann sind es die neuen Programme zu einem Schuldensozialismus in Europa, denn wir schaffen die Möglichkeit für neue Ansteckungswege über die Staatsbudgets". ..... Je wohlwollender die Finanzmärkte die Beschlüsse aufnähmen, desto mehr Sorgen müssen sich die deutschen Steuerzahler und Rentner machen. "Das Geld, über das sich die Gläubiger der Schuldenstaaten freuen, wird den Steuerzahlern mit genau der Wahrscheinlichkeit weggenommen werden, mit der es den Finanzanlegern zufließt, denn leider hilft der liebe Gott hier nicht mit Zuschüssen aus", sagte Sinn. "Müssten Steuerzahler und Rentner jetzt schon verzichten und nicht erst später, wenn die neuen Garantien und Staatsschulden fällig werden, würden sie das alles nicht akzeptieren." ..... Die Steuerzahler und Rentner hätten mit der Griechenland-Rettung eigentlich nichts zu tun. "Sie werden aber wie selbstverständlich mit zur Kasse gebeten, indem sie neue Schulden und Garantien in riesigem Umfang akzeptieren müssen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu ihren Lasten gehen werden." Die Gipfelbeschlüsse hätten zudem nichts an dem Problem geändert, dass Griechenland nicht wettbewerbsfähig sei. Dazu müsse die Volkswirtschaft um bis zu 30 Prozent billiger werden.")
- "Austritt ist das kleinere Übel" Interview in der WELT 25.07.11 (und unter anderem Titel dort)
- Nachtrag 07.08.11: "ifo-Präsident Sinn Brüssel verschärft die Gefahr von Staatsbankrotten", Wirtschaftswoche 06.08.11
Dass die Finanzmarktakteure die Politik mit den angeblichen Auswirkungen der Lehmann-Pleite ins Boxhorn gejagt haben, schildert der Blog Kantoos Economics u. d. T. "Das Lehman-Märchen" (28.11.2010).
Von Anfang an hat der Finanzwissenschaftler Prof. Dr. Stefan Homburg die Bailouterei kritisiert.
Indes der deutsche Steuerzahler als Sklave für eine europäische Phantomsolidarität "geschwitzt" wird, zahlt Deutschland zig Millionen für die Hungrigen in Somalia, parallel dazu schüttet auch die EU Geld aus, das man uns abgepresst hat (und von dem nur ein geringer Bruchteil bei den Bedürftigen ankommt!). Während wir zu feige ("zivilisiert" nennt man heute wohl fehlendes Rückgrat) sind, die Piraten vor dem Horn von Afrika zu den Haifischen zu schicken, kassieren die islamistischen Milizen in Somalia die Hungerhelfer - letztlich also (auch) uns! - ab. Der Staat soll es richten, fordern auch jetzt wieder viele Bürger (und die Meinungsmacher sowieso) hier bei uns. Die anderen Steuerzahler sollen für das gute Gewissen der 'Guten' bezahlen. Wer angesichts der Hungersnot Hilfe leisten will, mag das aus freien Stücken tun, und aus seinem eigenen Geldbeutel!
Zugegeben: im Verhältnis zum europäischen Rettungsschirm geht es hier um verhältnismäßig kleine Summen.(Obwohl da ja noch Haiti aufgebaut werden "muss", und wir natürlich den nordafrikanischen Staaten helfen "müssen", weil sie doch so herrlich demokratisch geworden sind, und Israel und den Palästinensern sowieso, und den Palästinensern vor allem deshalb, um sie finanziell ruhig zu stellen, während Israel ihnen ihr Land wegsiedelt.)
Aber schon kommen erste Rufe von Humanitäts-Hysterikern (Humanitätshysterikern), dass wir in Somalia nicht einfach Nahrungsmittel abliefern sollen, sondern auch noch militärisch dreinschlagen, wenn die Moslem-Milizen unser Wohltätertum behindern ("Hungersnot. Somalia helfen, notfalls militärisch" fordert der Humanitäts-Militarist (Humanitätsmilitarist) Frank Jansen in der ZEIT vom 28.07.11, bzw. im Tagesspiegel vom 29.07.11: "Katastrophe in Somalia: Unter Einsatz aller Kräfte"). Klar, dass unsere militärische Intervention ebenso alternativlos ist wie unser bornierter Eurozonen-Bailoutismus:
"Eine militärisch gestützte und geschützte humanitäre Intervention erscheint unausweichlich."
The Germans to the front? Oder eher: The idiotic Germans to all fronts of the world?
Erg. 31.07.11: Jetzt macht sogar schon die FAZ (nach Katzenart vorsichtig schleichend) auf Humanitärmilitarismus (meine Hervorhebung): "Mittelfristig kommt der Westen also an stärkerem politischen Engagement in Somalia nicht vorbei, der Konflikt muss zumindest minimal befriedet werden" fordert dort Hendrik Ankenbrand ("Hunger in Somalia", 31.07.11).
Fiskalisch bluten wir schon jetzt aus zahlreichen Wunden. Das hält aber eine ganze Menge Skribenten nicht davon ab, immer wieder neue Aderlassanlässe zu suchen und zu finden.
Wenn die Finanzmärkte uns eines Tages für das, was bisher als "Kredit" gilt, die Rechnung präsentieren, wird sich auch unser Volk radikalisieren.
Aber bis dahin wird man den Radikalinskis - also Leuten wie mir - schon das Handwerk gelegt haben.
Auch meine "Kunstdünger"-Anspielung auf den Amokläufer Anders Behring Breivik hat ihre wohl überlegte Funktion. Es scheint mir nämlich kein Zufall zu sein, dass sich jetzt Bestrebungen zur (verschärften) Überwachung des Internets regen. Potentielle Massenmörder entdeckt man auf diese Weise, wenn sie Einzelgänger sind, ohnehin nicht.
Aber denjenigen, die sich noch immer gegen die Ketten der Finanz-Sklaverei wehren: denen kann man, wenn sie die braven Bürger allzusehr aufwiegeln und sie vielleicht eines fernen Tages doch noch dazu bewegen, anstelle von Protesten für den Juchtenkäfer Demonstrationen gegen die Berliner Mistkäfer der Steuergeldveruntreuung veranstalten, die Webseiten sperren.
Momentan scheint so etwas noch unvorstellbar fern. Aber vor zwei oder drei Jahren konnten sich schließlich auch nur wenige Menschen vorstellen, dass Europa zur Transferunion und zur Sklavenhaltergesellschaft verkommen würde.
Nachträge 30.07.2011
Selbst den EUROphilen SPIEGEL beschleicht inzwischen die Angst vor den unkalkulierbaren Ausgaben (und Aufgaben) einer europäischen Transfer-Union: vgl. den langen Kollektiv-Artikel "Auf Gedeih und Verderb" vom 20.06.2011.
Selbst dort ist man aber zu 'optimistisch', wenn man die Probleme einer europäischen Vereinigung mit der deutschen Wiedervereinigung vergleicht. Trotz über 50jähriger Spaltung ist die deutsche Mentalität in Ost und West doch recht ähnlich geblieben; trotz aller Spannungen gibt es keine tiefen kulturellen Gräben zwischen Ost und West. In Italien ist das zwischen Nord und Süd anders; dort ist es dem Norden seit über 150 Jahren nicht gelungen, den Süden des eigenen Landes in die Moderne zu führen.
Und Griechenland ist, wenn man von dem dort wohl nicht so weit wie in Süditalien verbreiteten organisierten Verbrechen absieht, ein einziger 'Mezzogiorno', der sich vom Ausland her kaum durchgreifend reformieren lassen dürfte.
Gemeinsame Gesetze helfen dort nicht weiter, wo sie einfach nicht ausgeführt werden. Und beispielsweise der Steuereinzug in Griechenland kann letztlich nicht von Brüssel aus, sondern nur vor Ort, also von griechischen Beamten, organisiert werden. Wenn die korrupt sind - und das ist ja anscheinend der Fall - helfen weder europäisches Pathos noch europäische (Ober-)Verwaltung.
In Italien ziehen die Einleger ihr Geld von den dortigen Banken ab ("Italiener plündern ihre Konten" , Wirtschaftswoche 25.07.11): noch ein Netz, dass reißen kann, und welches dann die germanischen Sklavenvölker (wahrscheinlich indirekt über die EZB) mit einigen Bundes-Haushaltstotalen wieder werden flicken dürfen.
Was das bedeutet, erläutert der Schweizer Vermögensverwalter Felix Zulauf in dem Interview "Zerfall der gesamten Finanzarchitektur" der Wirtschaftswoche vom 19.07.11:
"Ich habe gesehen, dass sich die Situation des italienischen Banksystems laufend verschlechtert hat. Das Einlagenwachstum ging dramatisch zurück. Und es war mir klar, dass die Einlagen von Sommer an schrumpfen werden. Jetzt sind wir in dieser Schrumpfungsphase. Das ist ein klassischer Bank-Run, die Kunden ziehen Gelder ab. Italien ist nach Irland und Griechenland das dritte Land, wo das passiert. Das bedeutet, dass die italienischen Banken, selbst wenn sie wollten, kaum mehr Kredite vergeben können. Die italienischen Banken haben in der Vergangenheit 60 bis 90 Prozent des Staatshaushaltes finanziert, indem sie die Staatsanleihen gekauft haben. Und das können sie jetzt nicht mehr. Damit wird die Finanzierung des italienischen Staates, der hoch verschuldet ist, sehr problematisch. In diesem Monat müssen 50 Milliarden Euro refinanziert werden, im nächsten Monat etwa 70 Milliarden Euro. Wenn man das nicht finanzieren kann, dann gehen die Zinsen nach oben. Und wenn die Zinsen nach oben gehen, dann trifft das die gesamte Volkswirtschaft. Die vorlaufenden Indikatoren deuten darauf hin, dass Italien spätestens im nächsten Quartal wieder in der Rezession steckt – Spanien übrigens auch."
Vorrangig ist dieses Interview aber deshalb lesenswert, weil Zulauf die Richtung prognostiziert, in der sich die Dinge (allerdings nicht nur, und wohl nicht einmal in erster Linie, wegen der Staatsschuldenkrise) entwickeln werden: Weitere Staatsgarantien, irgendwann Zerfall der Eurozone, Insolvenz der Schuldnerstaaten, "Ankurbeln" der Wirtschaft (in nicht allzu ferner Zeit auch in Europa) durch Gelddrucken. Inflation steht also auf dem Programm, und gigantische fiskalische Belastungen. Nun ja: die schrumpfen natürlich real durch die Inflation.
Nachtrag 01.08.2011
In seinem FAZ-Aufsatz "Währungsunion. Ist Deutschland Hauptprofiteur des Euro?" widerlegt Matthias Kullas, (offenbar ein Wirtschaftswissenschaftler und jedenfalls) Forschungsreferent am Centrum für Europäische Politik (CEP) in Freiburg, überzeugend das Politiker-Märchen von dem gewaltigen Nutzen, den Deutschland angeblich aus dem Euro zieht.
Nachtrag 02.08.2011
Wie geht's wie steht's, Italien? "Italien wird zum großen Euro-Wackelkandidaten" titelt Die WELT heute:
"Die Unruhe dürfte mit dem Euro-Sondergipfel zusammenhängen. Dort beschlossen die Regierungschefs, dass künftig der Rettungsschirm EFSF anstelle der Zentralbank in Krisen eingreifen solle. „Investoren fürchten, dass die Finanzkraft des EFSF nicht ausreicht“, sagt Schmieding. Dennis Snower, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft, glaubt, die Krise könne „leicht überwunden“ werden. 'Dafür muss jedes Land eine Regel einführen, die die Schulden langfristig zurückfährt'.“
Es kommt, wie es kommen muss und exakt so, wie ich und viele andere das erwartet haben: die Finanzmärkte werden keine Ruhe geben, bis wir ihnen nach dem Finger die ganze Hand verpfändet haben: Euro-Anleihen oder irgend eine andere Form der Solidarhaftung. Und diese Solidarhaftung nimmt den Verantwortungslosen die Motivation, ihre Länder durchgreifend sozial und ökonomisch zu sanieren. Und Deutschland muss nicht nur mit seinen Exportüberschüssen die Leistungsbilanzdefizite der anderen Eurozonenländer auffangen, sondern auch noch mit seinen Steuereinnahmen deren Haushaltsdefizite. Ich kotze, wenn ich an die unglaubliche Naivität unserer Politik denke.
Eigentlich habe ich unserer Politik bislang immer noch zu Gute gehalten, dass sie subjektiv von der Richtigkeit ihrer Maßnahmen überzeugt sei. Gerechtigkeit indes ist ein politischer Fehler; mehr und mehr komme ich zu der Überzeugung, dass das Volk die Konfrontation mit seiner Kollaborateurkasten suchen muss.
Andere sind da schon weiter; ein Leserkommentator zu dem FAZ-Kommentar (Patrick Bernau, 05.06.11) "Hilfe für Griechenland. Verschenkte Milliarden" ("50 Milliarden Euro hat die EU gezahlt, um Griechenland ein Jahr lang vor der Pleite zu bewahren. Jetzt bekommt das Land schon wieder neues Geld. Obwohl es die Sparauflagen nicht erfüllt.") zitiert ein Gedicht von Theodor Körner aus der Zeit der deutschen Befreiungskriege gegen Napolen:
"Noch sitzt Ihr da oben, Ihr feigen Gestalten.
Vom Feinde bezahlt, doch dem Volke zum Spott!
Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten,
dann richtet das Volk, dann gnade Euch Gott!"
Vom Feinde bezahlt, doch dem Volke zum Spott!
Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten,
dann richtet das Volk, dann gnade Euch Gott!"
Nachtrag 07.08.11
Mit Zypern steht schon der nächste Bailout-Kandidat auf der Matte ("Mini-Staaten gefährden den Euro", WiWo 06.08.11). Macht aber nichts: Die deutschen Penner haben's ja!
Nachtrag 14.08.2011
Eine (bislang) 4-teilige Chronologie der Finanzkrise bietet der Blog "Politprofiler":
ceterum censeo
POPULISTISCHES MANIFEST
(zur Rettung von 1,5-Billionen Steuereuronen):
Ein Gespenst geht um in Deutschland - das Gespenst einer europäischen Transferunion.
Im Herzland des alten Europa haben sich die Finanzinteressen mit sämtlichen Parteien des Bundestages zu einer unheiligen Hatz auf die Geldbörsen des Volkes verbündet:
· Die Schwarzen Wendehälse (die unserem Bundesadler den Hals zum Pleitegeier wenden werden);
· Die Roten Schafsnasen (vertrauensvoll-gutgläubig, wie wir Proletarier halt sind),
· Die Grünen Postmaterialisten (Entmaterialisierer unserer Steuergelder wie unserer Wirtschaftskraft),
· Die machtbesoffenen Blauen (gelb vor Feigheit und griechisch vor Klientelismus), und selbstverständlich auch
· Die Blutroten (welch letztere die Steuergroschen unserer Witwen, Waisen und Arbeiter gerne auflagenlos, also in noch größerer Menge, gen Süden senden möchten).
Wo ist die Opposition im Volke, die nicht von unseren Regierenden wie von deren scheinoppositionellen Komplizen als Stammtischschwätzer verschrien worden wäre, wo die Oppositionspartei, welche sich der Verschleuderung der dem Volke abgepressten Tribute an die europäischen Verschwendungsbrüder wie an die unersättlichen Finanzmärkte widersetzt hätte?
Zweierlei geht aus dieser Tatsache hervor:
Das Volk wird von fast keinem einzigen Politiker als Macht anerkannt.
Es ist hohe Zeit, dass wir, das Volk, unsere Anschauungsweise, den Zweck unserer Besteuerung und unsere Tendenzen gegen die fortgesetzte Ausplünderung durch das Finanzkapital bzw. durch die Bewohner anderer Länder und durch seine/deren politische Helfershelfer vor der ganzen Welt offen darlegen und dem Märchen von dem grenzenlosen Langmut der Deutschen den Zorn des Volkes selbst entgegenstellen.
Textstand vom 14.08.2011
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