Es ist reine Geduldssache. Früher oder später fällt einem bei Ebay alles Bebotene in die Finger, und zwar zum gewünschten (niedrigen) Preis. Man muss nur geduldig an den Ufern des Mailstroms harren und warten, bis der begehrte Fisch (erneut) vorbeischwimmt.
So etwa ging es mir mit dem Buch "Bei Ankauf Mord". Wieder und wieder wurde es mir weggeschnappt (bin doch nicht jeck und zahle 5,- € oder so für ein trivialliterarisches Taschenbuch). Aber eines Tages war ich dann doch der einzige Angler am Ufer, und ein – wenn auch schon recht mitgenommenes – Exemplar war für 1,- € mir (plus Porto natürlich: die größte Gewinnerin bei Ebay ist leider die Deutsche Post!).
Ich vermute mal, dass die früheren Über-Bieter Kölner Lokalpatrioten waren, die das Buch zur Vervollständigung ihrer Sammlung haben wollten. Denn einen Herzkasper kriegt man nicht von der Lektüre dieses Romans. Aber ich wollte das ja auch gar nicht. An Krimis habe ich schon seit langem kein großes Interesse mehr; was diesen ausnahmsweise für mich begehrenswert machte, war die Majolika-Schale, die eine motivierende Rolle spielt. Majolika ist in Deutschland weithin unbekannt, sowohl in natura wie auch schon als bloßer Begriff. Und hier war sie, ganz erstaunlich, zum Gegenstand von Literatur, sogar (muss man in diesem Zusammenhang erstaunt sagen), Trivialliteratur! Kein Wunder: die Autorin, Brigitte Tietzel, war laut Vorsatztext "zuletzt fast sechs Jahre lang Direktorin des Museums für angewandte Kunst in Köln".
Von der Handlung ist mir kaum etwas in Erinnerung geblieben. Memorierenswert sind jedoch die süffisanten (und zweifellos treffenden) Bemerkungen der Ex-Museumsleiterin über ihre (Nicht-) Kunden (S. 1/2):
"Er hatte nicht mit der Wimper gezuckt, als sie 'Museum für Angewandte Kunst' gesagt hatte. ... Normalerweise reagierten die Menschen irritiert: 'Angewandte Kunst?' fragten sie zurück. Und 'Ja', antwortete Bona dann .., 'Möbel, Porzellan, Glas, Teppiche, Design, Sie wissen schon'. 'Ach so.' Und dann: 'Ist das ein neues Museum?' Oder: 'Und wo ist das?' Immer war da sofort eine gewisse Ablehnung. Man hatte sie bei etwas erwischt. Sie waren so stolz auf ihre Museen, die Kölner, ... – und dann das: Was um alles in der Welt war Angewandte Kunst? Und dafür gab's ein Museum? Gleich darauf die hochmütige Entscheidung: Kann ja nicht viel sein. Interessiert uns sowieso nicht. Es war besser, gleich zu sagen: 'Das alte Wallraf-Richartz-Museum – wissen Sie?' Dann kam der Aha-Effekt: ja, das kannte man, davon hatte man gehört. Das war ein richtiges Museum, mit Bildern, alten Bildern, Kölner Malerschule und so. Da war man irgendwann sogar mal drin gewesen, wann war das noch ... . Gott, das ist jetzt auch schon so lange her. 'Ach, und da arbeiten Sie? 'Nein, nicht da, oder doch, da schon, aber das ist jetzt ein anderes Museum.' 'Ach so? Wie interessant'."Man sieht: es ist ein hartes Brot, Direktor(in) eines Museums für Angewandte Kunst zu sein.
Doch bin ich wieder weit vom Thema abgekommen. Eigentlich wollte ich ja vom Wanderer erzählen, welcher heute bei mir eintraf, trotz seiner weiten Reise in erstklassigem Zustand. Das auch deshalb, weil er mit der Post gereist war, wenn auch nicht mit der Post-Kutsche, wie einst sein Urbild. Für 1,99 € ist das Buch von Norbert Miller ein echtes 'Schnäppchen', wie die Kölner sagen würden. Neu kostet es 50,- €, und bislang war es bei Ebay immer so auf 15,- € oder mehr hochgesteigert worden. Vielleicht sind nun alle anderen Bieter schon bedient, die ihr' (Mail-Nachrichts-)Sach' auf Goethe gestellt haben, oder waren in Urlaub. Jetzt brauche ich es nur noch zu lesen – vielleicht nächstes Jahr, im Urlaub, (leider) nicht in Italien? Möge das Buch über Goethes "Italienische Reise" spannender sein als dessen eigener Bericht, der ja seine literarischen und gattungsgeschichtlichen Qualitäten haben mag, aber sprachlich und inhaltlich unserer Zeit doch etwas fern steht (meint, jedenfalls was den Inhalt angeht, immerhin nicht nur CanAbbaia, sondern sogar Robert Walser, hier http://www.dradio.de/dlf/sendungen/buechermarkt/165534/ in einer Rezension des Buches von Miller zitiert).
(Nachdem ich mich so ausführlich über die Preise verbreitet habe, kann ich nur hoffen, dass jetzt niemand über mich sagt: "Der kennt den Preis von allem ...".)
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