Samstag, 24. September 2011

Widerstand gegen Ausplünderung Deutschlands durch Finanzinteressen und europäische 'Brudervölker' wächst: Wolfgang Kaden (Spiegel), Horst Seehofer (CSU), Wirtschafts-Professoren Harald Hau und Volker Lucke (FAZ) sowie Manfred J. M. Neumann und Investor Jim Rogers (Handelsblatt-Interviews)


Verlernt DER SPIEGEL das Lügen? war mein erster spontaner Gedanke, als ich in diesem "Rettungsfachblatt" (ein Ausdruck des Bloggers politplatschquatsch, dort auf die ZEIT bezogen) den Kommentar "Euro-Rettung. Die fatalen Irrtümer der deutschen Krisenmanager" von Wolfgang Kaden (22.09.2011) gegen die Eurettungsmanie las.
In seiner messerscharfen Argumentation gegen die Bankenretter (denn darum, konstatiert Kaden zutreffend, geht es in Wahrheit!) lässt dieser Text sogar einen Leser der rettungskritischen Webseite FAZ.net mit den Ohren schlackern (meine Hervorhebungen; Links im Original):
"Noch nie haben die Regierenden so gravierende und kostspielige Fehler gemacht, sind sie so vielen Irrtümern erlegen wie bei ihrem Großeinsatz für Europa. Sie wollen die Einigung des Kontinents festigen - und tragen kräftig dazu bei, Ängste und Empörung zu nähren, in den Geber- wie in den Nehmerländern. ..... Es fängt schon mit der Begrifflichkeit an. Stets war und ist im Polit-Sprech von einer "Euro-Krise" die Rede. Die Kanzlerin beharrt gar auf ihrem unsinnigen "Scheitert der Euro, scheitert Europa". ..... Wo, bitteschön, ist die Euro-Krise? Wie es scheint, können viele Politiker wie auch viele Journalisten und Wissenschaftler nicht mehr unterscheiden zwischen den Staatshaushalten und der Geldversorgung durch die Notenbank. Was wir erleben ist eine krachende Staatsschuldenkrise, keine Krise der Währung. ..... Wir erleben das Debakel der staatlichen Schuldenmacherei. Und dies ist nicht allein ein europäisches Phänomen, sondern ein globales. ..... Aber was tun die selbsternannten Euro-Retter in den Regierungszentralen? ..... Jene Staaten, die sich noch guter Rating-Noten erfreuen, meinen, die in Misskredit geratenen mit frischem, geliehenen Geld aus der Not retten zu müssen. Sie verletzen damit den Gründungsvertrag der Euro-Zone, der solche Hilfen ausschließt. Sogenannte Stabilitätsfazilitäten werden erfunden, um die neuen Schulden zu vergemeinschaften. Die Europäische Zentralbank springt ein. Ebenfalls grob vertragswidrig kauft sie Staatsanleihen auf und beschädigt damit ihr wichtigstes Gut, die Glaubwürdigkeit. Und was bringen all diese Verzweiflungstaten, an denen die deutschen Politiker aktiv beteiligt sind ..... im Fall Griechenland ist nach allen Erfahrungswerten der Ökonomie ausgeschlossen, dass dieses wirtschaftlich moribunde Land mit einer Mischung von neuen Schulden und mühsamen Reformen dem Offenbarungseid entkommen kann. Das alles geschieht angeblich, um den Euro zu retten. Unfug. ..... "Alternativlos" seien die atemlosen Rettungsaktionen für die Sicherung des Euro (in Wahrheit: der Geldhäuser), beten uns die Regierenden monoton vor. Wenn sie das denn wirklich glauben. ..... Ein Schnitt, der die wirkliche Zahlungsfähigkeit der Schuldner realistisch spiegelt, könnte natürlich einige Banken in Bedrängnis bringen und die Gefahr eines neuen Bankencrashs heraufbeschwören. Aber dieses Problem könnte leichter zu beherrschen sein als eine sündhaft teure Rettungsaktion nach der anderen. Vor allem wäre diese Lösung für die Staaten günstiger, die Hauptlast müssten ja die Kreditgeber tragen. ..... Die Berliner Krisenmanager Angela Merkel und Wolfgang Schäuble haben weder die Berechnungen der beiden Finanzwissenschaftler [Hau + Lucke, vgl. unten] noch die Anregungen von IWF-Chefin Lagarde aufgegriffen. Sie sind unverdrossen dabei, Deutschland mit nie dagewesenen, gigantischen Bürgschaftsverpflichtungen zu belasten, aus denen mit Sicherheit reale Forderungen werden. Dann kommt es zu Steuererhöhungen und / oder Kürzungen bei den Ausgaben. So schafft man sich keine Freunde der europäischen Idee."


In Sachen Eurozonen-Rettung agiert Der Spiegel (bzw. genauer SpiegelOnline) in meiner Wahrnehmung als Teil einer massiven pro-Bailout-Meinungskampagne der in Hamburg erscheinenden Blätter: Financial Times Deutschland, Die Zeit, Der Spiegel (mit dem zugehörigen Manager Magazin). Die Position der ebenfalls in Hamburg beheimateten Illustrierten "Stern" ist mir nicht bekannt, weil ich die dortigen Artikel nur selten lese. Wolfgang Kaden ist ein offenbar pensionierter Mitarbeiter ("... leitete ab 1979 das Ressort Wirtschaft des SPIEGEL und übernahm dort 1991 die Chefredaktion. Von 1994 bis Juni 2003 war er Chefredakteur des manager magazins." heißt es am Rand), den man wohl gelegentlich noch zu Wort kommen lässt (und der sich schon früher gegen den Rettungswahn ausgesprochen hatte).

Man kann natürlich nicht ausschließen, dass es die Sorge um die Funktionsfähigkeit unseres Finanz- und Wirtschaftssystems insgesamt ist, die die Hamburger Meinungsmacher umtreibt. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble schürt präventiv ja fleißig Panik: "Schäuble rechnet mit einem Zerfall der Europäischen Union und einer weiteren Bankenkrise, sollte Griechenland in der aktuellen Euro-Krise nicht gerettet werden können" (Bericht "Schäuble: Rettung Griechenlands dauert zehn Jahre" der Wirtschaftswoche vom 24.09.11 über ein Interview mit Wolfang Schäuble.) Wie das vereinbar sein soll mit seinem angeblichen Beharren darauf, dass die Griechen die mit den Hilfszahlungen verbundenen Anpassungslasten tragen - "Ob die Rettungsmaßnahmen letztlich erfolgreich sein werden, hänge vom Durchhaltewillen des griechischen Volkes ab. „Wir können dem griechischen Volk die erforderlichen Anpassungsleistungen nicht ersparen. Am Ende muss das Volk entscheiden, ob es die Last tragen kann und will" - muss freilich Schäubles Geheimnis bleiben. Jedenfalls gibt
 es in der regierenden sozialistischen PASOK-Partei gewaltigen Widerstand gegen die Anpassungsmaßnahmen, und die oppositionellen Konservativen verhalten sich ohnehin total verantwortungslos. Und angesichts der Tatsache, dass mittlerweile sogar schon der niederländische Notenbankgouverneur (und Mitglied des EZB-Rates) die Möglichkeit einer griechischen Insolvenz einkalkuliert, wirkt das Beharren der deutschen Bundesregierung auf einer Griechenland-"Rettung" auf Teufel komm raus ausgesprochen eigenartig: als würde man die Furcht vor dem großen Crash vortäuschen, um Einzelinteressen (der Banken, Frankreichs usw.) durchzusetzen.
Merkwürdig bleibt jedenfalls bei dem Meinungskartell aus dem Norden der Gleichklang der Hamburger Rettungsposaunen; denkbar wäre, dass sich in kollegialen Kontakten, oder einfach in der wechselseitigen Beobachtung der Äußerungen, ein entsprechender Konsens herausgebildet hat.
Aber wer kann wissen, ob nicht die Finanzinteressen massiven Einfluss auf die Meinungsäußerungen der Hamburger Medien nehmen? Man muss ja nicht gleich unterstellen, dass die Rettungsjournalisten für jeden aus Sicht der Finanzbranche "positiven" Kommentar einen Scheck erhalten. Einflussnahmen können auch über Anzeigenschaltung (bzw. -verweigerung) laufen, über freundschaftliche Gespräche mit den Chefredakteuren ..... .
Und im Falle der FTD orientiert man sich nach meinem Geschmack allzu sehr an den ökonomischen Meinungsäußerungen aus dem angelsächsischen Raum. Als ob diese Bankrotteure qualifizierte, oder gar uneigennützige, Ratgeber wären! Und auch unsere politische Klasse fühlt sich anscheinend mehr ihren Zunftgenossen überall in der Eurozone, den Finanzinteressen und den amerikanischen Wünschen verpflichtet, als den wohl verstandenen Interessen des eigenen Volkes, das sie doch angeblich vertreten.


Immerhin: was die Berichterstattung angeht, auch über die Gegner des Eurozonen-Bailouts, kann man SPON wohl vertrauen. Nach dem FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler, dessen Äußerungen in Sachen Griechenland-Insolvenz freilich allein dem Berliner Wahlkampf geschuldet waren, und die deshalb zu Recht von den Wählern nicht ernst genommen wurden, wagt sich nun auch der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer weiter als bisher aus der Deckung. Wenn man seine Äußerungen freilich genauer ansieht, hat er sich bzw. seine Partei in Wahrheit keineswegs darauf festgelegt, gegen die Rettungsschirme zu stimmen. Immerhin lässt allein schon die Tatsache, dass sich Seehofer auf Aussagen gegen die Euretterei festgelegt hat, auf einen enormen parteiinternen Druck gegen den Weg unserer Politiker in eine europäische Haftungsunion schließen. Wenn Seehofer ein hemmungsloser Populist, bedeutet das eben auch, dass er das Ohr am Puls des Volkes hat.
Und sein Parteivolk will ihm jetzt den Peter Gauweiler hinsetzen - als Stellvertreter im Parteivorsitz:
"... auch wenn Gauweiler eigentlich als renitenter Solitär in der Partei gilt. In der derzeit alles dominierenden Eurofrage ist er auf Linie mit vielen Parteimitgliedern. Das könnte für die Delegierten möglicherweise das entscheidende Argument für Gauweiler sein" meint die Süddeutsche Zeitung. Und weil diese in München erscheint, scheint sie ebenfalls ziemlich nah dran an den CSU-Mitgliedermeinungen. Auch einige andere Feststellungen in dem Bericht "CSU-Rebell kandidiert als Partei-Vize. Gauweiler will Seehofer-Stellvertreter werden" vom 13.09.2011 sind im vorliegenden Zusammenhang interessant:

"Wenn Ende des Monats im Bundestag über die Erweiterung des Rettungsschirms abgestimmt wird, wird Gauweiler der Bundeskanzlerin die Zustimmung verweigern. Sein Parteichef Horst Seehofer verhält sich in dieser Frage wesentlich verhaltener und betont noch immer die Solidarität mit den Griechen."
Offenbar ist die Unzufriedenheit in der Partei mit Seehofers europäischer Solidarität ganz gewaltig gewachsen. Zwar scheint seine Position als Parteivorsitzender noch unangefochten - denn schließlich hat Gauweiler ja nur für den Stellvertreterposten kandidiert -, aber vielleicht befürchtet Seehofer ein schlechtes Abstimmungsergebnis? 80% Stimmen für den Vorsitzenden, 95% für Stellvertreter Gauweiler: das sähe gar nicht gut aus (zumal der Münchner Merkur andeutet, dass nach der Stimmung an der Basis Gauweiler sogar eine Konkurrenz für Seehofer werden könnte). Wie gefährlich Seehofer die Kandidatur einschätzt, lässt sich auch daran ermessen, dass er ihr keinen Widerstand entgegen setzt, obwohl er lt. SPON ganz andere Pläne hatte. Freilich mag dabei auch die Überlegung mitspielen, dass die CSU bei den nächsten Landtagswahlen von einem Eurettungskritiker in herausgehobener Position nur profitieren kann. Trotzdem hat Seehofer selbst sich scheinbar unter diese Kritiker eingereiht, und rasch einige warme Worte (mit denen er sich freilich später von jenen konfrontiert sehen könnte, die darin ein Versprechen sehen) in die Debatte geworfen:
"Er lehne weitere Hilfspakete für Länder wie Griechenland strikt ab, sagte Seehofer. Die bereits vereinbarten Maßnahmen wolle er zwar noch mittragen. Einen grenzenlosen Weg in eine "Schuldenunion" werde er aber nicht mitgehen. ..... Zwar wünsche er sich den Erfolg der Rettungsbemühungen für Griechenland, sagte der CSU-Chef in dem Gespräch. "Aber wenn die griechische Regierung und das Parlament diesen Weg nicht mehr gehen wollen oder können, dann sollten wir nicht darauf warten, bis uns die Finanzmärkte zur Einsicht in die Realität zwingen. Dann muss auch ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone denkbar sein." Auch auf der Klausurtagung der CSU-Fraktion bekräftige Seehofer am Donnerstag: Wenn zum Beispiel ein Land aus der Euro-Zone "ausscheiden würde", dann ändere dies nichts an der Lebensfähigkeit Europas."
Da fragt man sich natürlich, wieso Seehofer und seine CSU nach wie vor die Einführung einer Pkw-Maut fordern, um Verkehrsprojekte finanzieren zu können ("Die CSU werde "massiv" darauf dringen, dass die Bundesregierung jetzt ihre Aufgaben etwa bei der ..... Finanzierung von Verkehrsprojekten erledige."). Wenn Deutschland die Verschleuderung deutscher Steuergelder an die europäischen Verschwendungsbrüder stoppen würde, sollte doch das Geld bei uns verfügbar sein?
Schon diese Überlegung zeigt also, was von Seehofers rettungskritischer Scheinwendung zu halten ist: letztendlich ist das nichts als heiße Luft, genau wie auch bei Philipp Rösler. Interessant wird es immerhin sein, was ihm später einfallen wird, um die Zustimmung zu diesem oder jenem Rettungsschirm dann doch zu rechtfertigen. Dass er selbst seine Worte nicht ernst gemeint hat bedeutet ja nicht, dass das Volk, das Parteivolk und die Medien ihn nicht immer wieder damit konfrontieren dürften.
Noch einen weiteren interessanten Hinweis gewinnen wir dem SZ-Artikel ab: "Muss Ramsauer weichen?" ist nämlich die S. 2 überschrieben. Dieser Sachverhalt war es wohl, der unseren Verkehrsminister Peter Ramsauer veranlasst hat, sich in einem am 15.09.11 veröffentlichten Zeit-Interview "Das Wutvirus steckt in jedem" kritisch zur Griechenland- und zur Eurozonen-Rettung zu äußern [wobei der Interview-Titel bzw. Ramsauers entsprechende Äußerung sich allerdings auf die Gegner des Tiefbahnhofs in Stuttgart - 'Stuttgart 21' - bezog]:
"ZEIT: Haben Sie beim Thema Europa eigentlich manchmal Angst, das könnte richtig schiefgehen?
Ramsauer: Ich habe beispielsweise den Vertrag zum ESM, dem dauerhaften Rettungsschirm, der ab 2013 kommen soll und der den vorläufigen Hilfsfonds EFSF ersetzen soll, im Urlaub ausgiebig studiert. Schon der Hilfsfonds, den wir im September im Bundestag beschließen sollen, und eventuell ein zweites Rettungspaket für Griechenland sind schwer zu verdauen. Der ESM würde uns zum Teil Zahlungsverpflichtungen diktieren, über die das Parlament keine Kontrollmöglihttp://www.bild.de/regional/muenchen/muenchen-regional/gauweiler-will-ramsauer-als-csuvize-beerben-20122808.bild.htmlchkeiten mehr hat. Das ginge an die Grundfeste der parlamentarischen Haushaltshoheit. Ich warne davor, das übers Knie zu brechen. Die Verdauungsprozesse der Parlamentarier brauchen ihre Zeit."
(Bild meldete am 23.09.11 sogar konkret: "Gauweiler will Ramsauer als CSU-Vize beerben").


Durch den Hinweis von Wolfgang Kaden (s. o.) gelangte ich zu dem bislang von mir übersehenen FAZ-Artikel "Die Alternative zum Rettungsschirm" vom 15.09.11. Darin vergleichen die beiden Wirtschaftswissenschaftler Prof. Harald Hau (Universität Genf und Swiss Finance Institute) und Prof. Bernd Lucke  (Universität Hamburg und Indiana University, Bloomington) die Kosten einer Bankenstützung (bei einer Insolvenz Griechenlands) mit denen einer fortdauernden Stützung des Landes und kommen zu dem Schluss, dass ein Konkurs Griechenlands die deutschen Steuerzahler weitaus billiger käme. Auch schätzen sie die Gefahren deutlich geringer ein, die aus der ständigen Eurozonen-Rettung und den damit verbundenen stillschweigenden Erwartungen der Schuldenländer und der Märkte verbundenen Risiken dagegen hoch:
"Konzeptionell kann die Politik der Rettungsschirme nicht mehr überzeugen. Weder wird damit die Situation in den Krisenländern durch wirklichen Schuldenabbau verbessert, noch wurde die Krise eingedämmt. Seit nicht nur Griechenland, Irland und Portugal, sondern auch Spanien und sogar Italien gestützt werden mussten, sind auch die Größenordnungen außer Kontrolle. ..... Keine Alternative, behauptet die Bundesregierung? Die pointierteste Alternative besteht darin, den Rettungsschirm durch eine obligatorische Rekapitalisierung gefährdeter Banken zu ersetzen. Den Banken frisches Kapital zuzuführen, damit sie einer Staatsinsolvenz trotzen können, ist genau der Vorschlag, den die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, vor drei Wochen in einer vielbeachteten Rede in Jackson Hole gemacht hat. ..... Ansteckungseffekte vermeidet man durch rechtzeitige Rekapitalisierung der Banken und nicht durch Garantieerklärungen für Staatsschulden (das heißt "Rettungsschirme"). Dies ist ein vernichtendes Urteil über die bisherige Politik der Bundesregierung. ..... Nach einer europäischen Bankenrekapitalisierung besäße Deutschland große Aktienpakete sowohl des deutschen als auch des Bankensystems der potentiell insolventen Länder. [Das wäre der Idealfall. In der Realität wird es freilich so laufen, dass Deutschland den 'Bruderländern' Geld leiht, mit dem dann die dortigen Regierungen ihre Banken rekapitalisieren - und von deren Wiederbelebung dann diese Länder allein profitieren!] Dass das deutsche Aktienpaket mittelfristig werthaltig sein wird, kann kaum bezweifelt werden. Die Wertentwicklung des ausländischen Anteilseigentums hängt davon ab, ob die entschuldeten Länder künftig prosperieren. In diesem Fall kann sich der von Deutschland geleistete Rekapitalisierungsaufwand als eine bessere Investition erweisen als prima facie erwartet."
Auch auf linke Sentimentalitätsargumente gehen die Autoren (kritisch) ein:
"Gleichwohl sollen die wirtschaftlichen Härten nicht verharmlost werden. Die gegenwärtige Situation Griechenlands ist für die Bevölkerung mit Opfern und Entsagungen verbunden. Aber auch hier muss man die richtige Relation setzen. Derzeit schrumpft das griechische Bruttoinlandsprodukt um rund 5 bis 6 Prozent pro Jahr - das entspricht der Entwicklung Deutschlands 2009. Der kleine EU-Staat Lettland aber, dem nie jemand einen Rettungsschirm angeboten hat, hat 2009 ein Schrumpfen seines Wirtschaftsleistung um 18 Prozent relativ klaglos ertragen. Wohlgemerkt: Lettland ist viel ärmer als Griechenland - und wächst inzwischen wieder. Eine geordnete Insolvenz Griechenlands könnte das Siechtum des Landes im Würgegriff von Schuldendienst und Austeritätspolitik beenden und wie ein Befreiungsschlag wirken. Aber die EU kann dies nur verkraften, wenn ihre Banken zuvor rekapitalisiert wurden."

Als weitere Rettungskritiker sind aktuell hervorgetreten:

Professor Manfred J. M. Neumann (Uni Bonn) in dem Handelsblatt-Interview "Griechenland hat keine Bedeutung für den Euro" vom 23.09.2011 (meine Hervorhebung):
HB: "Halten Sie für denkbar, dass einzelne Mitglieder aus der Eurozone austreten?"
Ja, im Fall von Griechenland ist ein Austritt nicht nur denkbar, sondern sehr wahrscheinlich, weil die Politik, wenn auch langsam, einzusehen beginnt, dass das griechische Problem nicht einfach mit Krediten zu lösen ist. Sondern dass es umfassender Reformen der wirtschaftlichen Strukturen bedarf, die nicht innerhalb weniger Jahre erfolgreich ins Werk gesetzt werden können.
"
HB: "Wäre das der Anfang vom Ende des Euros?"
"Der Euro ist eine stabile Weltwährung. Die zerbricht nicht, wenn ein wirtschaftlich unbedeutendes Land die Währungsunion verlässt. Das Gegenteil ist richtig. Der Euro wird international noch attraktiver werden, weil der Austritt als ein Signal verstanden werden kann, dass Deutschland und Frankreich die Währungsunion nicht zu einer Transferunion verkommen lassen wollen
."


Star-Investor Jim Rogers (in Singapur lebender Amerikaner) bestätigt diese Sicht, ebenfalls in einem HB-Interview (vom 22.09.11) "Wenn Staaten pleitegehen, kaufe ich so viele Euro wie möglich":
"Die nächste Rezession in den USA ist früher oder später fällig und je länger es dauert, desto schlechter wird die Lage. Die USA können nicht endlos Geld drucken, die Märkte werden das nicht zulassen. Das heißt, die Probleme dort werden sich verschärfen und werden Asien und Europa anstecken."
HB: "Hat nicht Europa genug eigene Probleme, die noch schwerer wiegen als die der USA?"
"Nein. Die USA sind die größte Schuldennation der Geschichte. Wir haben Bundesstaaten, die bereits Pleite sind wie Illinois oder Kalifornien. Dazu liest man nur im Moment keine Schlagzeilen, da alles über Europa spricht. Aber natürlich sind die Probleme hier auch gravierend: Es gibt in Europa Staaten, die Pleite sind, was die Politiker aber nicht akzeptieren. Sie helfen ihnen weiter mit Transferleistungen. Das Gleiche gilt für Banken. Ich finde es absurd, dass hart arbeitende Österreicher, Holländer oder Deutsche für Banken geradestehen müssen, die bei der Kreditvergabe Fehler gemacht haben. Warum sollte jemand für eine deutsche oder französische Bank bezahlen, die Fehler gemacht hat? Und wenn die Griechen am Strand Ouzo trinken wollen, sollen sie das tun. Aber es sollen nicht andere dafür zahlen."
HB: "Sie würden Griechenland pleitegehen lassen?"

"Absolut. Man kann nicht ewig damit weitermachen, denjenigen Geld hinterherzuschmeißen, die Fehler gemacht haben, nur damit niemand zugeben muss, dass diese Fehler gemacht wurden. Europa braucht eine große Lösung. Aber ich bin nicht sehr zuversichtlich, dass die Politiker den Mut für eine solche Lösung haben. ..... der Schmerz ist geringer, wenn wir es jetzt angehen, als wenn dies in der Zukunft geschieht. Die Alternative ist, dass wir 2012 vor der gleichen Situation stehen und 2014 wieder und 2016 erneut. Jedes Mal, wenn die Krise zurückkommt, wird sie schlimmer sein . ..... auch ohne eine Fiskalunion kann das System überleben – vorausgesetzt, man lässt Pleitestaaten auch pleitegehen. Wenn Griechenland insolvent wird, ist das nicht das Ende für den Euro. Das jetzige System kann fortbestehen, wenn jeder die Situation akzeptiert. Das heißt: Die Banken nehmen keine faulen Kredite mehr auf ihre Bücher, niemand kauft mehr absurde Anleihen, Griechenland muss die Lasten alleine schultern. Dann wäre eine Menge gewonnen."
HB: "Die Angst der Märkte ist, dass es nicht bei Griechenland bleibt."
"Auch das könnte das System verkraften. Wenn zwei oder drei Staaten in der Euro-Zone pleitegehen würden, wüsste auch der letzte, dass er nach den Regeln spielen muss, weil er andernfalls kein Geld mehr bekommt. Käme es dazu, würde ich so viele Euro-Anlagen kaufen, wie ich bekommen kann. Natürlich würde der Euro zunächst fallen, alles würde fallen. Aber an diesem Punkt wüsste ich, dass die Euro-Staaten den richtigen Weg gehen.
"

Wer redet unserer Politik, und sogar (und noch mehr als den Konservativen) den angeblichen "Linken" bloß das Gegenteil ein? Bzw. von welchen Szenarien geht unser Polit-Kartell in Wahrheit aus, welche Interessen wollen die schützen, welchen Herren dienen?
Eine politische Landschaft, in welcher die Linken die besten Bündnispartner der Kapitalbesitzer sind, bleibt mir nach wie vor rätselhaft. Darf man die prima facie-Gründe und Begründungen akzeptieren, oder steckt etwas anderes dahinter? Solidarität der europäischen Politikerklasse gegen die eigenen Völker? Angst vor der Macht der USA? Servilität gegenüber den Kapitalbesitzern, von denen wir bei Hau/Lucke erfahren (meine Hervorhebung):

"Mit Blick auf die Verteilungsgerechtigkeit ist zudem hervorzuheben, dass sich etwa 70 Prozent des betroffenen Kapitals von Banken und Finanzinvestoren im Besitz der 5 Prozent weltweit reichsten Individuen befinden. Die durch einen Rettungsschirm erfolgende Übernahme von Verlusten dieser kleinen Vermögenselite bedeutet eine gewaltige Umverteilung zuungunsten des durchschnittlichen Steuerzahlers."

Angesichts solcher Sachverhalte haben sich die Grünen und Sigmar Gabriel mit seinen Sozialdemokraten das Etikett "Arbeiterverräter" in meinen Augen redlich verdient!


Nachträge:
Ausgerechnet die Süddeutsche Zeitung, die man ebenfalls zu den "Rettungsfachblättern" zählen darf, informiert ihre Leser über Debatten zur Erschließung neuer Schleichwege der Schuldensünder an die Fleischtöpfe Europas: "Schuldenkrise in Europa. Schwindelgefahr im Geld-Karussell" (23.09.11, Autor Claus Hulverscheidt) (meine Hervorhebungen, Links im Original):
"Die Bundesregierung hat mehrfach klargestellt, dass sie keine Euro-Bonds will, wobei im Nebensatz oft ein kaum hörbares "derzeit" hinterhergeschoben wird. Dennoch kommt ihr die beinahe hysterische Debatte im Land gelegen, verschleiert sie doch den Blick darauf, dass bei der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank an diesem Wochenende in Washington hinter den Kulissen eine andere Neuerung diskutiert wird, deren Sprengkraft die einer europäischen Gemeinschaftsanleihe weit übersteigt: Um die Debatte darüber, ob der Euro-Rettungsschirm EFSF mit 440 Milliarden Euro ausreichend ausgestattet ist oder nicht, ein für allemal zu beenden, denken die Euro-Länder darüber nach, dem Fonds eine unlimitierte Kreditlinie bei der Europäischen Zentralbank (EZB) einzuräumen. Der EFSF könnte also künftig Anleihen kriselnder Euro-Staaten aufkaufen, sie bei der EZB hinterlegen und dafür weitere Darlehen der Notenbank erhalten. Dieses Geld stünde für neue Bond-Käufe zur Verfügung - ein gigantisches Karussell käme in Gang. Am Ende hätten die Euro-Länder faktisch unbegrenzt Zugriff auf Zentralbankgeld. Die EZB müsste immer dann die Notenpresse anwerfen, wenn eine Regierung mit dem Geld nicht auskäme - mit womöglich verheerenden Folgen für die Entwicklung der Verbraucherpreise. Auch wären sämtliche Anreize für den Staat, sorgsam zu wirtschaften, perdu. ..... Vor allem US-Finanzminister Timothy Geithner verlangt deshalb von seinen EU-Kollegen, die Debatte über die Höhe der EFSF-Mittel zu beenden. Nur wenn klar sei, dass der Fonds unbegrenzt hafte, so sein Argument, werde sich die Furcht der Anleger legen."
Logo: Amerika hat jedes Interesse daran, den Euro zur Weichwährung zu machen. Denn schließlich droht sonst die Gefahr, dass er den längst maroden US-Dollar als Welt-Reservewährung ablösen könnte.

Dagegen ist, wie der STERN in seinem Bericht "Schäuble. Athen braucht zehn Jahre lang Hilfen" vom 24.09.11 meldet, selbst der IWF skeptisch gegenüber einer Ausweitung der Rettungsschirme:
"Der IWF betrachtet Überlegungen zu einer deutlichen Ausweitung des Euro-Rettungsschirms EFSF mit großer Skepsis. «Wer argumentiert, dass wir einen gigantischen EFSF brauchen, bewegt sich jenseits dessen, was vernünftig ist», sagte der Leiter der Europa-Abteilung des IWF, Antonio Borges, am Freitag in Washington. Der Rettungsfonds sei zwar ein zentrales Element der Krisenbekämpfung. «Er ist allerdings nicht die Lösung für jedes einzelne Problem», betonte der Experte. EU-Währungskommissar Olli Rehn hatte erklärt, es sei «sehr wichtig, dass wir die Ausweitung des EFSF mit Hilfe eines Hebels erörtern, um seine Wirkung zu verstärken und ihn effektiver zu machen». Auch US-Finanzminister Timothy Geithner soll den Europäern empfohlen haben, die Mittel für den Euro-Hilfsfonds auf eine Weise deutlich zu erweitern, ohne dass der EFSF selbst sein Kapital aufstocken muss."

Nachtrag: Glaubt man freilich dem Bericht "Multi-trillion plan to save the eurozone being prepared" des Telegraph vom 24.09.11, wird der EFSF-Fonds doch mit frisch gedruckten Geldern der Europäischen Zentralbank sozusagen 'gehebelt' werden - damit auch Spanien und Italien unter die Rettungsfittiche schlüpfen können:
"German and French authorities have begun work on a three-pronged strategy behind the scenes amid escalating fears that the eurozone’s sovereign debt crisis is spiralling out of control. Their aim is to build a “firebreak” around Greece, Portugal and Ireland to prevent the crisis spreading to Italy and Spain, countries considered “too big to bail”. According to sources, progress has been made at the G20 meeting in Washington, where global leaders piled pressure on the eurozone to fix its problems before plunging the world back into recession. In a G20 communique issued on Friday, the world’s leading economies set themselves a six-week deadline to resolve the crisis – to unveil a solution by the G20 summit in Cannes on November 4. Sources said the plan would have to be released as a whole, as the elements would not work in isolation. ..... The second leg of the plan is to bolster the EFSF. Economists have estimated it would need about Eu2 trillion of firepower to meet Italy and Spain’s financing needs in the event that the two countries were shut out of the markets. Officials are working on a way to leverage the EFSF through the European Central Bank to reach the target. The complex deal would see the EFSF provide a loss-bearing “equity” tranche of any bail-out fund and the ECB the rest in protected “debt”. If the EFSF bore the first 20pc of any loss, the fund’s warchest would effectively be bolstered to Eu2 trillion. If the EFSF bore the first 40pc of any loss, the fund would be able to deploy Eu1 trillion. Using leverage in this way would allow governments substantially to increase the resources available to the EFSF without having to go back to national parliaments for approval, which in a number of eurozone countries would prove highly problematic."

Mehr zum amerikanischen  Druck auf die Europäer (lies: insbesondere auf Deutschland) in diesem Blogposting der Voice of America vom 24.09.11. Ich finde es ausgesprochen unverfroren, dass die USA ihre eigenen Bundesstaaten pleite gehen lassen, aber von uns Europäern verlangen, für die hiesigen Schuldensünder einzustehen!


Ergänzungen 25.09.11:
Sogar Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat in meinen Augen jetzt dem Grunde nach bestätigt, dass die EFSF-Rettungsfittiche mit Krediten aufgeplustert werden. Lt. WELT-Bericht "Schäuble schließt früheren Rettungsschirm-Start nicht aus" vom  hat er gesagt (meine Hervorhebung):
"Zu Forderungen, die Finanzkraft des EFSF weiter zu stärken mit einer Refinanzierung über die EZB, sagte Schäuble: Es gebe auch andere Formen, einen Kredithebel ("Leveraging") einzusetzen als den Rückgriff auf die EZB. Nähere Angaben machte Schäuble nicht. "
Während Deutschland noch im Tiefschlaf liegt, pfeifen es in den anglophonen Medien die Spatzen schon von den Dächern, dass man die Fondsmittel auf irgend eine Weise hebeln wird. Und das macht ja nur dann Sinn wenn man davon ausgeht, dass auch Italien und Spanien, wenn nicht gar am Ende noch Frankreich, unter den Schirm schlüpfen dürfen. Nix Reformen: alle ab in die Hängematte. Bis auch der Michel-Esel zu Boden fällt. Meldungen betr. Hebelung z. B.:
Agentur Reuters 24.09.11: "Euro zone considers leveraging EFSF: EU's Rehn" (meine Hervorhebungen): "In the meantime [d. h. bis zur Einführung von Euro-Bonds, die wir am Ende also wohl doch bekommen werden!] we need to build a bridge and I think this bridge will be developed on the basis of the current reform of the EFSF and as one part of that next stage we are contemplating the possibility of leveraging the EFSF resources to have more firepower and thus have a stronger financial firewall to support our member states that are doing the right thing," Rehn said. Billionaire investor George Soros, also present, said several ways of leveraging were being explored: "Turning the EFSF into a bank is one, making it function as an insurance company could be another one, and using it to provide the first tranche of a guarantee, thereby relieving pressure on the others, could be yet another," Soros said. "There are a number of options, and I am glad they are all being explored, because something needs to be done," he said."
Reuters-Meldung "Europe aims to beef up crisis fund, world urges action", ebenfalls 24.09.11: "The European Union's top economic official, Olli Rehn, said as soon as the region's governments confirm new powers for their 440-billion-euro fund, known as the EFSF, attention will turn to how to get more impact from the existing money. "We need to find a mechanism where we can turn one euro in the EFSF into five, but there is no decision on how we could do that yet," another senior European official said on condition of anonymity."
The Wallstreet Journal meldet gleichfalls am 24.09.11 unter "EU Rehn: Growing Political Will In Euro Zone To Maximize EFSF": "There is an increasing political will that we have to get more impact" from the European Financial Stability Facility, said European Commissioner for Economic and Monetary Affairs Olli Rehn during the annual meetings of the International Monetary Fund here. Until euro bonds, which require deep fiscal integration, can be put in place in the euro zone, the single currency bloc will need some kind of bridging mechanism to make sure it has adequate safety nets in place. Rehn said euro zone governments should look at ways to leverage the EFSF lending capacity once the fund's new powers have been enacted by all 17 parliaments of the euro area by the end of October".



Und wieder steigt der unermüdliche Hans-Werner Sinn gegen die Rettungsringe in die Bütt, und wieder ist es das Handelsblatt, dass uns heute, am 24.09.11, ein Interview mit Sinn präsentiert: "Die Euro-Krise bürdet Deutschland große Lasten auf":
"Es kommen noch große Lasten auf Deutschland zu. Wenn überhaupt, so werden die südlichen Länder ihre Schulden mit dem Geld zurückzahlen, das wir ihnen vorher als Transfers haben zukommen lassen. Und die 390 Milliarden Euro, die die Bundesbank den peripheren Ländern über die EZB in den letzten drei Jahren zu einem negativen Realzins geliehen hat, kommen bestimmt nicht mehr zurück. Wenn der Euro kollabiert, sind sie weg. Wenn nur die Südländer pleitegehen, verlieren wir ein Drittel davon. Jedes Jahr, in dem wir die Leistungsbilanzdefizite der südlichen Länder durch das EZB-System oder die Rettungsschirme weiter finanzieren, erhöht sich die Schuldenlast dieser Länder um etwa 100 Milliarden Euro. Und je größer diese Schulden werden, desto unwahrscheinlicher wird es, dass sie zurückgezahlt werden. Es wird für die Politiker immer schwerer, einen Kurswechsel durchzusetzen. Sie werfen immer mehr gutes Geld dem schlechten hinterher und überlassen das Problem der jeweils nachfolgenden Politikergeneration. .....Im Falle Griechenlands ist im Grunde Hopfen und Malz verloren. Seit über drei Jahren wird deren Leistungsbilanzdefizit vollständig von der Zentralbank finanziert. Das Beste wäre, die nächste Tranche an Gemeinschaftskrediten nicht auszuzahlen. Dann wird Griechenland zur Abwendung des Konkurses aus dem Euro austreten und seine Staatsschulden in Drachmen umwandeln. ..... Die Politik redet immer davon, dass man aus den Problemen herauswachsen könne. Das macht mich als Volkswirt nervös. Wenn man über seine Verhältnisse lebt, kann man sich nur gesundschrumpfen. ..... Auf jeden Fall müssen die Investoren an den Verlusten beteiligt werden, sonst geht das Spiel immer weiter. Und wenn darüber Banken pleitegehen?Dann müssen sie vorübergehend einen staatlichen Miteigentümer akzeptieren. Das ist besser, als Geld zu verschenken, denn man muss die Banken retten, nicht deren Aktionäre. Es ist im Übrigen billiger, die Banken zu retten, als einen überhöhten Lebensstandard ganzer Völker zu finanzieren."
Vor einem solchen Hintergrund kann man die Berliner Rettungspolitik und die Zustimmung der Oppositionsparteien dazu eigentlich nur noch als kriminell bezeichnen, als eine verbrecherische Verschwörung gegen die deutschen Steuerzahler und gegen das deutsche Volk.

Zu Jim Rogers vgl. auch dessen Interview "Jetzt hilft nur noch die Kettensäge" im österreichischen Wirtschaftsblatt vom 23.09.11.

Ein interessanter Fall ist Uwe Jean Heuser von der ZEIT. Ganz zu Anfang hat er sich noch von der Panikmache der Finanzmarktakteure in die Falle locken lassen. In seinem Artikel "Der letzte Sirtaki" vom 28.04.2010 forderte er, obwohl schon damals skeptisch bezüglich der Rückzahlung, sofortige Hilfe für die Griechen:
"Seit dieser Woche ist endgültig klar: Ohne Hilfe ist Griechenland pleite – und könnte andere Länder mitreißen. Damit das nicht geschieht, braucht das Land Zeit, und die können nur wir ihm kaufen. Zu Recht hat Angela Merkel verhindert, dass Europa den Griechen bedingungslos hilft. Endlich beginnen sie zu sparen. Trotzdem ist Berlin nicht ehrlich mit uns. Die Regierung will uns weismachen, man müsse den Griechen als Gegenleistung für die Hilfe nur ein ultrahartes Sparprogramm abringen, dann erhielte Deutschland seine 8,4 Milliarden Euro mit Zins und Zinseszins zurück. Doch die Europäer sind besser darin, Verträge zu unterschreiben, als sie zu halten. ..... Man stelle sich vor, die empörten Griechen drohten linke oder rechte Extremisten zu wählen und sparten weniger. Würde Deutschland sie fallen lassen? Wohl kaum. In Wahrheit beginnt jetzt ein Ringen mit ungewissem Ausgang."
Damals gehörte auch er zur Front der Märchenerzähler:
"Gleichwohl profitiert kaum ein Land so stark vom Euro wie die Bundesrepublik."
 Schon am 25.06.2010 beschuldigte er freilich die Politik, hinsichtlich der Notwendigkeit einer Hilfe für Griechenland gelogen zu haben (objektiv halte ich das zwar für zutreffend halte; wenn aber jemand, der diese angebliche Notwendigkeit nur 2 Monate früher selbst postuliert hatte, einen derartigen Vorwurf gegenüber der Politik erhebt, finde ich das ziemlich unfair). "Finanzkrise Wer dreimal lügt": "..... die Politiker verteidigten ihre milliardenschweren Notmaßnahmen mit der zweiten Lüge: Es gebe keine Alternative. Die gibt es aber immer, wie zuletzt auch bei Griechenland. Man hätte nämlich die Griechen auch frühzeitig umschulden können, sodass die Gläubiger des bankrottgefährdeten Landes nur einen Teil ihres Geldes zurückbekommen hätten."
Am 06.07.2011 begnügte er sich in seiner Kolumne "Finanzkrise. Ewige Retter" noch damit, bezüglich der Behandlung des griechischen Schuldenproblems Alternativen aufzuzeigen und zu verlangen, dass man sich für eine entscheide: "Man wird angesichts solcher Ablenkungsversuche den Verdacht nicht los, die Euro-Retter in Berlin, Paris oder Brüssel hätten etwas zu verbergen. Und das haben sie wohl auch: Ihre Rettung funktioniert nicht. Wie hieß es so schön in den Meldungen zu Beginn der Woche? Griechenland bis September gerettet! Schönen Sommer, allerseits. Danach geht die Retterei wieder los. ..... Europa kann einen Schuldenschnitt organisieren und gleichzeitig mit einem Marshall-Programm Solidarität beweisen. Oder die Euro-Staaten brechen endgültig mit dem Prinzip, dass die einen Europäer nicht für die Schulden der anderen zahlen. Sie können dafür gemeinsame europäische Anleihen begeben; sie können auch auf andere Weise mit ihrem Geld und guten Namen dafür einstehen, dass griechische Schulden auf Dauer zurückgezahlt werden. Entweder Europa schuldet um, oder es verschuldet sich gemeinsam. Eine schwierige Wahl, gewiss, aber besser als das ewige Zittern."
Jetzt endlich ist auch ihm der ausgedünnte Geduldsfaden endgültig gerissen. In seinem Kommentar "Schuldenkrise. Die Rechnung, bitte" vom 16.09.11 redet Uwe Jean Heuser endlich (spät, aber immerhin!) Klartext (meine Hervorhebungen): "Die Euro-Kontrolleure reisen an und zornig wieder ab, weil Athen seine Sparversprechen trotzdem nicht erfüllt. Dann geben sich die Griechen den üblichen Ruck – nur um kurze Zeit später achselzuckend festzustellen, sie brauchten leider doch mehr Geld als gedacht. Die Deutschen erklären in aller gebotenen Strenge, es gäbe keinen Rabatt für Athen, und nicken kurz darauf die nächste Tranche ab. Griechenland ist die Wiege des Theaters, und heute führt es ein Stück auf mit der ganzen Welt als Publikum. ..... Die Behauptung, Griechenland sei zu »retten«, ist also eine (Selbst-)Täuschung. Berlin und Brüssel haben sie aufrechterhalten, weil sie hofften, die Krise würde schnell vorüberziehen. ..... Tatsächlich aber sorgen sie auf diese Weise dafür, dass die Krise täglich schlimmer wird. ..... Der neueste Clou ist die Behauptung, Euroland dürfe die Griechen gar nicht hinauswerfen, weil das in keinem Paragrafen vorgesehen sei. Also bitte, im Laufe der Staatsschuldenkrise hat man fast jedes Prinzip der Währungsunion gebrochen – und jetzt ist etwas ausgeschlossen, bloß weil es gar nicht geregelt ist? Europa hat solche Verteidiger nicht nötig. ..... Der Euro ist heute jeden Kampf wert, sofern er eine realistische Erfolgschance hat. Die Rettung der Unrettbaren gehört dazu nicht."
Auch das Deutschland-profitiert-vom-Euro-Märchen hat er jetzt als solches durchschaut, und ebenso die Propagandabehauptung, dass Jean-Claude Trichet als EZB-Präsident zum Kauf von Staatsanleihen der PIGS gezwungen gewesen sei, weil die Staatschefs der Eurozone mit Rettungsmaßnahmen gezögert hätten (meine Hervorhebung):
"Mit dem Sündenfall der Zentralbank kamen die Halbwahrheiten. Bis heute sagt die Koalition der Retter, Trichet habe keine Wahl gehabt, als er gegen seine Statuten verstieß. Natürlich hatte er eine Wahl. Ohne ihn hätte Euroland gleich entscheiden müssen, ob ein griechischer Schuldenschnitt nicht billiger wäre als der fortwährende Rettungsversuch. Aber wenn Griechenland fällt, so geht das Argument weiter, dann würden sich die Spekulanten auf Spanien und Italien stürzen. Bloß haben sie das längst getan. Als deutsche Bürger skeptisch wurden, hielt man ihnen entgegen, kein Land profitiere mehr vom Euro als das ihre. Im Jahr 2011 ist das auch so, im vergangenen Jahrzehnt aber litt die wachstumsarme Bundesrepublik lange unter den hohen gemeinschaftlichen Zinsen."


Nachtrag 25.09.2011
Über die Gefahrensituation der französischen Banken - für die Deutschland nach den Planungen - s. o. a. Telegraph-Bericht - wohl mithaften müsste, vgl. den Artikel "Bankenanalyst: „Wir sind in einer sehr gefährlichen Phase“ " in den Deutschen Mittelstands Nachrichten vom 24.09.11.
Allgemeiner der Welt-Aufsatz "Insolvenz-Szenario. Fallen Europas Banken, wenn Athen fällt?" vom gleichen Datum (Autoren J. Dams, S. Jost und A. Rexer|).


Nachtrag 12.10.2011
Einen Überblick über einige 'Aufständische' im Bereich der Politik, in Deutschland und anderen europäischen Ländern (auch Euroskeptiker außerhalb der Eurozone sind einbezogen) bringt heute das Handelsblatt u. d. T. "Rebellen in Europa: Diese Politiker kämpfen gegen die Euro-Rettung".


ceterum censeo
Der Wundbrand zerfrisst das alte Europa,
weil es zu feige ist ein krankes Glied zu amputieren!


POPULISTISCHES MANIFEST
(für die Rettung von zwei Billionen Steuereuronen!):
Ein Gespenst geht um in Deutschland - das Gespenst einer europäischen Transferunion und Haftungsunion.
Im Herzland des alten Europa haben sich die Finanzinteressen mit sämtlichen Parteien des Bundestages zu einer unheiligen Hatz auf die Geldbörsen des Volkes verbündet:
·        Die Schwarzen Wendehälse (die unserem Bundesadler den Hals zum Pleitegeier wenden werden),
·        Die Roten Schafsnasen (vertrauensvoll-gutgläubig, wie wir Proletarier halt sind),
·        Die Grünen Postmaterialisten (Entmaterialisierer unserer Steuergelder wie unserer Wirtschaftskraft),
·        Die machtbesoffenen Blauen (gelb vor Feigheit und griechisch vor Klientelismus), und selbstverständlich auch
·        Die Blutroten (welch letztere die Steuergroschen unserer Witwen, Waisen und Arbeiter gerne auflagenlos, also in noch größerer Menge, gen Süden senden möchten).
Wo ist die Opposition im Volke, die nicht von unseren Regierenden wie von deren scheinoppositionellen Komplizen als Stammtischschwätzer verschrien worden wäre, wo die Oppositionspartei, welche sich der Verschleuderung der dem Volke abgepressten Tribute an die europäischen Verschwendungsbrüder wie an die unersättlichen Finanzmärkte widersetzt hätte?
Zweierlei geht aus dieser Tatsache hervor:
Das Volk wird von fast keinem einzigen Politiker als Macht anerkannt.
Es ist hohe Zeit, dass wir, das Volk, unsere Anschauungsweise, den Zweck unserer Besteuerung und unsere Tendenzen gegen die fortgesetzte Ausplünderung durch das Finanzkapital bzw. durch die Bewohner anderer Länder und durch seine/deren politische Helfershelfer vor der ganzen Welt offen darlegen und dem Märchen von dem grenzenlosen Langmut der Deutschen den Zorn des Volkes selbst entgegenstellen.

Textstand vom 12.10.2011

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