Samstag, 16. Juni 2012

Warum wir die Krise in den südeuropäischen Schuldenländern der Eurozone nicht einfach mit "Geld" lösen können


Alle Welt - die potentiellen Nutznießer sowieso, aber auch zahlreiche deutsche Ökonomen, und natürlich auch die Angelsachsen (die freilich als Währunskonkurrenten und Finanz"industrie"verdiener jedes erdenkliche Interesse am Euro als einer Weichwährung haben!) - erzählt uns, dass die Austeritätspolitik schlecht sei für Schuldenländer wie Griechenland, Portugal und Spanien (aber auch für Italien - und Frankreich?). Man habe ja schon in Deutschland unter dem Reichskanzler Brüning erlebt, dass das nur zur Rezession und gar in die Depression führe.
Deshalb müsse man (d. h. der deutsche Steuerzahler und/oder die Europäische Zentralbank) so richtig Geld dort reinpumpen; das würde (und könnte) die Wirtschaft wieder zum Brummen bringen.

Aus meiner Sicht steht im Kern der Debatte (auch hinter dem Greenspan-Bernanke-Draghi-Monetärschwindel) die Annahme , dass man mit "Geld" irgend etwas bezahlen könne. Und so gelangt man zu dem fundamental falschen Schluss, dass man nur genügend "Arbeitsplätze schaffen" müsse, dann würden die Leute Geld verdienen, dann könnten sie sich etwas kaufen, was wiederum die Konjunktur antreiben würde.

Diese Sichtweise ist weder falsch noch richtig: sie ist schlicht und einfach unvollständig. Und zwar letztlich deshalb, weil man (wenn alles mit rechten Dingen zugeht) mit "Geld" nichts kaufen kann.
Ich selbst bekomme eine Rente, aber kein Geld.
Bescheuert?

Nein: nur etwas anders gemeint, als Sie es (zwangsläufig) verstehen (müssen).

Wenn ich sage „Meine Rente ist kein Geld“, dann meine ich damit: Die Scheine, welche die Rentenversicherung mir schickt, hat ‚der Staat‘ nicht einfach so gedruckt hat, um meine Rente zu bezahlen.
Vielmehr hat er (beim Umlageverfahren) von anderen einen Teil von dem abgezogen, was diese als Güter und Dienstleistungen produziert haben („Beiträge“). Und von diesem Teil gibt er nun mir meinen Anteil.
Meine Rente besteht also im realwirtschaftlichen Sinne nicht aus „Geld“, sondern aus Gütern und Dienstleistungen, die andere erarbeitet haben, und von denen sie mir (freiwillig oder vom Staat gezwungen) einen Teil abtreten. (In dieser Hinsicht macht es übrigens auch keinen Unterschied, ob die Rente aus Beiträgen finanziert wird, oder aus den Zinsen von Kapital, das ich gespart habe!)

Also: Das Geld ist nur ein Symbol, um Arbeit „aufzuheben“.

Deswegen nützt es auch nichts, einfach so "Arbeitsplätze zu schaffen".
Das wäre ein Klacks, man müsste einfach nur mehr Leute (z. B. in Griechenland) beim Staat einstellen.

Aber diese Staatsbediensteten wollen kein "Geld", und man bezahlt sie (letztlich) nicht mit "Geld": Die wollen (u. a.) einen Volkswagen.

Die Frage ist dann aber: geben sie mir (als hypothetischem VW-Arbeiter) wertloses Draghi-Bernanke-Falschgeld für den VW, oder tauschen sie meinen VW gegen reale Oliven, Sonnenenergie, Hotelzimmer, Zweitwohnungen ... ein?

Was die Defizitländer brauchen, sind produktive Volkswirtschaften, wo die Leute nicht nur (mein) "Geld verdienen", sondern etwas herstellen, was sie "mir" im Austausch geben können (vgl. dazu auch meinen "Traktat über Mond- und Sonnenwirtschaften").

"Arbeitsplätze" 'dort unten' nützen uns, als solche, nichts. Sie fördern auch nicht unseren Export - es sei denn, wir verschenken unsere Waren.

Was die Defizitländer brauchen, und was  letztlich hinter dem deutschen Ruf nach Reformen für Südeuropa steckt (Reformen brauchen übrigens, in anderer Form, auch die USA!) ist das Bemühen, die Produktion von Gütern und Dienstleistungen in diesen Ländern zu steigern.
Das geht (dauerhaft) ohne Transfermaßnahmen aber nur dann, wenn das dortige ökonomische Umfeld für Privatinvestitionen interessant wird (es ist ja kein Zufall, dass die eigenen "Reichen" ihr Geld NICHT in ihren Ländern investieren, sondern es zu uns schaffen).
Erst dann werden 'die da unten' endlich Güter (Dienstleistungen) in ausreichender Menge produzieren (können), um "mir" einen REALEN Gegenwert für die von "mir" produzierten VWs zu liefern!

Wer dagegen nur "Arbeitsplätze schaffen" oder "die Wirtschaft zum Blühen" bringen will (indem er deutsche Steuergelder - auch vorerst als "Kredit getarnte - verschenkt!), wird in den Schuldenländern eine dauernde Transferempfängermentalität etablieren. In Griechenland haben wir die schon jetzt sehr ausgeprägt, aber nicht ganz so krass sicherlich auch anderswo (vgl. auch Süditalien - "Mezzogiorno").

Schon bisher haben ja die (im Verhältnis zur griechischen Wirtschaftsleistung sehr hohen!) Hilfszahlungen von europäischen Geldern die Entwicklung dort nicht gefördert. Sie waren sogar kontraproduktiv und haben die wirtschaftliche Eigeninitiative dort (teilweise) ruiniert! (Mehr dazu vgl. im FAZ-Interview Die Gesellschaft ist reifer als ihr System vom 09.02.2012 mit dem damaligen griechischen Wirtschaftsminister Michalis Chrysochoidis).

Diese sehr reale Gefahr blenden diejenigen aus, die ständig über angeblich notwendige (noch höhere) Transferleistungen des deutschen Steuerzahlers bzw. der Europäischen Zentralbank (EZB) an Südeuropa sprechen. Die dortigen Bedingungen sind nun einmal fundamental anders als in Deutschland 1950, wo es darum ging, die vorhandenen Fähigkeiten des Arbeitskräftepotentials zu nutzen, um die teilweise kriegszerstörte Produktion wieder aufzubauen.
Darum sind auch "Marshallpläne" für Südeuropa nur kontraproduktiv. Zumindest dann, wenn sie nicht mit massiven Reformen im Arbeitsrecht, im Wirtschaftsrecht und generell in der Bürokratie (jedenfalls in Griechenland und Italien; Spanien + Portugal - ??) verbunden sind, bzw. ihnen solche Reformen vorausgehen. Und wenn sie nicht das private Kapital einbinden. (Vgl. dazu auch meinen Blott "FAZ-Realist vs. SZ-Schreibtischretterin: Kommentar "Verschwendung in der Schuldenkrise" von Rainer Hank zu 'Wie Griechenland noch gerettet werden kann' ").



ceterum censeo
Zerschlagt die UdESFR, die Union der Europäischen Sozialistischen Falschgeldrepubliken!
Textstand vom 19.06.2012

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