Dienstag, 26. Juni 2012

Wenn Voßkuhle die Zustimmung des Bundestages zum ESM nicht knickt, dann können wir das Bundesverfassungsgericht und unsere ganze Demokratie knicken!


In seinem Gastkommentar "Ein Rettungsschirm für die Demokratie" vom 25.06.2012 schreibt der Staatsrechtler Rupert Scholz u. a. (meine Hervorhebungen):

"Für Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht in aller Klarheit ausgeführt, dass die Budgethoheit des Deutschen Bundestags auch durch supranationale Regelungen nicht ernsthaft eingeschränkt werden darf. Mit der aktuellen Euro-Krise ... ist dieses auch demokratiestaatlich unabweisbare Dilemma in aller Schärfe akut geworden. ..... Die jetzt ergriffenen Maßnahmen von EFSF und ESM überholen nicht nur die in den europäischen Vertragswerken eigentlich vorgesehene „No-Bail-out-Klausel“, sie drohen in Wahrheit eine supranationale Haftungsunion jenseits aller nationalen Haushaltsrechte zu konstituieren. Der für den ESM vorgesehene Gouverneursrat stellt ein Leitungsgremium dar, das rein exekutivischer Art ist und sich wiederum jenseits der nationalen Budgethoheiten entfalten soll. Eine definitive demokratische Legitimation hierfür besteht nicht.Die derzeit diskutierten Lösungsansätze suchen zwar - nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts -, ein gewisses Maß an Beteiligung oder Kontrolle des Deutschen Bundestags zu wahren. Von einer wirklich eigenständigen Budgethoheit des Bundestags, wie sie im Grundgesetz definitiv und - nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts - auch unabänderlich garantiert ist, kann aber kaum noch die Rede sein. ..... Die Haftungs- und Gestaltungsmechanismen des ESM überlagern und bevormunden in jedem Falle die demokratischen Rechte der nationalen Parlamente in evidenter Weise. Erneut droht ein Schritt zu uneingeschränkter Dominanz supranational-exekutivischer Gestaltungshoheit - ein Tatbestand, der unter demokratiestaatlichen Aspekten kaum noch vertretbar erscheint. Das letzte Wort hierzu wird das Bundesverfassungsgericht haben - so wie auch in seiner jüngsten Entscheidung vom 19. Juni 2012 zur Informationspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag. Vieles spricht dafür, dass das Bundesverfassungsgericht die vorgesehenen Einschränkungen der Budgethoheit des Deutschen Bundestags in der vorgesehenen Form nicht tolerieren wird. Alles spricht dafür, dass das Bundesverfassungsgericht ein nach wie vor konstitutives Maß an nationaler Budgethoheit fordern wird."

Wo immer Scholz von "kaum noch" spricht, darf man getrost davon ausgehen, dass er in Wahrheit ein "nicht mehr" meint. Also: Der vorgesehene internationale (inter-eurozonäre) Vertrag über den sogenannten Europäischen Stabilitäts Mechanismus (ESM) ist undemokratisch.
Im Gegensatz zu Scholz glaube ich nicht, dass man ihn durch irgendwelche Korrekturen verfassungskonform gestalten kann.

Grundsätzlich bin ich kein Freund einer Rechtsprechung, die sich unter der Flagge des Verfassungsrechts ständig Einmischungen in die Politik erlaubt. Aus diesem Grunde habe ich seinerzeit sogar (gegen meine inhaltliche Positionierung!) die Entscheidung des Verfassungsgerichts begrüßt, den EFSF nicht für unzulässig zu erklären (vgl. Blott "Trauer oder Freude über heutige Schlagzeilen wie: "Euro-Hilfen sind verfassungsgemäß", "Bundesverfassungsgericht billigt EU-Rettungsschirm" oder "Verfassungsgericht weist Klagen gegen Euro-Rettung ab"?" vom 07.09.2011).

Jetzt aber ist die Grenze erreicht; beim ESM ist Schluss mit lustig: Diese Missgeburt ist ein krasser Schlag ins Gesicht der Volkssouveränität und der Anfang vom Ende unserer Demokratie.
Wenn das Bundesverfassungsgericht unter seinem Präsidenten Andreas Vosskuhle (Wikipedia-Stichwort) diesen Vertrag nicht knickt, also nicht die Zustimmung des Bundestages* zu diesem Vertrag für verfassungswidrig erklärt, dann können wir die Demokratie knicken. Und das Verfassungsgericht gleich mit.
* (die zwar noch nicht erfolgt ist, die aber in der für den Abend des 29.06.2012 anberaumten Abstimmung mit Sicherheit kommen wird)


Nachtrag 27.06.2012 
Zum vorliegenden Thema vgl. auch den WELT-Artikel "Der giftige Machtkampf zwischen Berlin und Karlsruhe" vom 25.06.2012:
" 'Verfassungsgerichte dienen nicht der Stärkung der Regierung', so beschrieb Voßkuhle jüngst in der "Zeit" die Aufgabe seines Hauses. "Wir dringen darauf, dass die Regeln, die wir uns im Grundgesetz für die Entscheidung wichtiger politischer Fragen gegeben haben, eingehalten werden, auch in der Krise". Es ist der letzte Teil des Satzes, der das Gift enthält. ..... Seit seiner ersten Europaentscheidung im Jahr 1993 hat Karlsruhe die Frage, wie weit die europäische Integration mit dem Grundgesetz vereinbar ist, mit immer der gleichen Formel beantwortet: Die Verfassung sage Ja zu mehr Europa. Aber nur solange, wie ein Kern deutscher Staatlichkeit erhalten bleibe. Die Regierung habe weitgehende Gestaltungsfreiheiten, doch dürfe das Demokratieprinzip durch die Übertragung von Hoheitsrechten aus Berlin nach Brüssel nicht infrage gestellt werden. Das bedeutet: Der Bundestag als einziges unmittelbar vom Volk gewähltes Organ der Staatsleitung muss Aufgaben und Befugnisse von substanziellem Gewicht behalten. ..... Die Politik, sagt Vosskuhle, brauchte "mehr Momente der Entschleunigung, Reflexionsschleifen, um über grundlegende Entscheidungen nachzudenken". ..... Der Höflichkeitsformel, das Angebot [seinerzeit von Angela Merkel zur Kandidatur als Bundespräsident in der Nachfolge von Christian Wulff] sei eine "sehr große Ehre", ließ er eine neuerliche Spitze folgen: Sein Gericht stehe gerade im Zuge der Europäisierung weiterhin vor großen Entscheidungen: "Da geht der Kapitän nicht vorzeitig von der Brücke". Was er gemeint haben könnte: Die nächste Entscheidung Karlsruhes steht bereits vor der Tür: die Prüfung der Verträge zu Fiskalpakt und ESM. Und nicht wenige Auguren prophezeien, dass Voßkuhle und seine Mitstreiter es diesmal nicht bei Ermahnungen zu einer Einbeziehung des Bundestages belassen könnten, sondern dass sie die Übertragung von Teilen der Haushaltsautonomie des Parlamentes als Eingriff in den unantastbaren Kerngehalt der Verfassungsidentität bewerten."
Jetzt müssen Voßkuhle und seine Mannschaft beweisen, dass sie keine Papiertiger sind!

Weitere WELT-Artikel:
  • "Hans-Jürgen Papier. Ex-Verfassungsrichter warnt vor Euro-Volksabstimmung" (27.06.12). Der Titel ist einigermaßen irreführend, weil er vermuten lässt, dass H. J. Papier einer Übertragung weiterer Kompetenzen an Europa OHNE Volksabstimmung das Wort redet. In Wirklichkeit ist er aber GEGEN einen europäischen Bundesstaat: "Nach Auffassung Papiers fehlen in Europa die Voraussetzungen für einen gemeinsamen Bundesstaat. Es gebe kein europäisches Staatsvolk, keine europäische Medienöffentlichkeit und keine europäische Parteienlandschaft. 'Ich warne daher davor, die verfassungspolitische und verfassungsrechtliche Stabilität Deutschlands durch Forderungen nach einer neuen Verfassungsordnung zu gefährden'."
  •  "Neues Grundgesetz. Ex-Verfassungsrichter empfiehlt Volksabstimmung" (26.06.12). "... der frühere Bundesverfassungsrichter Hans-Joachim Jentsch hält eine Volksabstimmung bei substanziellen Kompetenzverlagerungen für unabdingbar. "Es steht außer Frage: Formen wir die Europäische Union zu einem Bundesstaat um, so geht das in Deutschland nicht auf der Grundlage unseres Grundgesetzes", sagte Jentsch der "Mitteldeutschen Zeitung". "Wir, das deutsche Volk, müssten uns eine neue Verfassung geben, die das zulässt." Ähnlich äußerte sich der Verfassungsrechtler Christian Kirchberg. "Wenn in beachtlichem Umfang Souveränitätsrechte an übernationale Instanzen abgetreten werden sollen, kommt man jedenfalls mit dem derzeitigen Grundgesetz nicht mehr aus", sagte er den Stuttgarter Nachrichten." Im gleichen Bericht erfahren wir auch: "Unter anderem will die Linke den Fiskalpakt in Karlsruhe zu Fall bringen. Es handele sich um einen "Eingriff in unsere Budgethoheit", sagte Fraktionschef Gregor Gysi am Montagabend bei "Phoenix" zur Begründung." Ausnahmsweise ist es mir in diesem Falle egal, durch welche Klage der ESM-Vertrag (hoffentlich) zu Fall gebracht wird. Aber CSU-MdB Peter Gauweiler hat ja gleichfalls eine Klage angekündigt, und ebenso der SPD-Abgeordnete Peter Danckert (vgl. SpiegelOnline-Artikel "Euro-Krise. Danckert und Gauweiler wollen gegen ESM klagen" vom 26.06.12.) Dem gegenüber versucht Horst Seehofer, Druck auf das Bundesverfassungsgericht auszüben. Dem ZEIT-Bericht "Gauweiler will gegen ESM klagen" vom 26.06.12 entnehme ich: "CSU-Chef Horst Seehofer rechnet nicht damit, dass Gauweiler und andere Kläger mit ihren Versuchen Erfolg haben, den ESM vor Gericht auszuhebeln: «Es ist schlechterdings nicht vorstellbar, dass der Fiskalpakt und der ESM überhaupt nicht kommen», sagte Seehofer in München." Das werde ich mir merken, Horst!

Nachträge 28.06.2012

Die Systempresse bringt sich schon gegen das Bundesverfassungsgericht in Stellung. Unter dem neutralen Titel "Bundesverfassungsgericht. Hüter des Verfahrens" (24.06.12) warnte Jost Müller-Neuhof in der ZEIT (ursprünglich im Tagesspiegel) das Gericht vor einer Entscheidung gegen den ESM:
"Karlsruhe hat sich aus Sicht vieler zum nationalen Bollwerk gegen den Brüsseler Integrationsansturm befestigt. Nun hat es erneute Gewaltgriffe in die Geldkammer abzuwehren. Mancher hofft, die Richter drängten endlich zur Volksabstimmung...... Fiskalpakt und ESM schaffen fraglos eine neue Pflichtendimension. Nur gehen Pflichten nicht zwangsläufig einher mit der Abschaffung von Freiheit und Souveränität. Wohl noch nie war Deutschland so souverän und frei wie heute als Kernland der EU. Es sind Versuche, die legitim sind, solange der Bundestag über Ausgestaltung und Fortentwicklung das letzte Wort behält. ..... Leider trägt das Gericht dazu bei, indem es sich zum Retter der Demokratie stilisiert, statt sich auf seine Rolle als Hüter der Verfassung zu beschränken. ..... Der Euro-Kurs der Regierung wird von einer stabilen Mehrheit getragen, vermutlich auch außerhalb des Parlaments, wenn die Haltungsnoten für die Kanzlerin in den Umfragen stimmen. ..... Keine Partei, die von Europa weg will, verzeichnet Zuwachs, neue dafür gründen sich nicht. Keine Demos, kein Aufstand, nicht mal ein Shitstorm. Klar, wie sich das ändern ließe: ein leidlich autoritärer Richterspruch aus Karlsruhe, Verwirrung, Unsicherheit und ein Nein zu allem, was kommt, im Wege einer Volksabstimmung; denn durchblicken, das tut ja keiner mehr richtig. Ist das dann die Demokratie, die wir uns alle wünschen?"
Es ist schon bezeichnend, dass Müller-Neuhof zwar "eine stabile Mehrheit" für den Eurokurs der Kanzlerin "auch außerhalb des Parlaments" zu vermuten vorgibt, gleichzeitig aber eine Ablehnung bei einer Volksabstimmung befürchtet. Ach richtig: Nicht wegen Ablehnung. Bloß weil keiner mehr richtig durchblickt. Klar: Einem solchen verblödeten Volk darf man es natürlich nicht überlassen, sein Schicksal in einer Volksabstimmung selbst zu bestimmen - da sein Jost Müller-Neuhof davor! Der weiß schon, was wir brauchen: Verdummungsartikel wie den seinen zum Beispiel!
Erg. 1.7.12: Jost Müller-Neuhof hat noch ein Brikett nachgelegt: "Andreas Voßkuhle. Der Entschleuniger aus Karlsruhe" überschreibt die ZEIT am 26.06.12 einen gleichfalls vom Berliner Tagesspiegel übernommenen Artikel. Jetzt ist er weniger optimistisch, dass das Gericht die Bundestagsentscheidung ohne Weiteres akzeptieren wird (meine Hervorhebung):
"...  will er [Voßkuhle] weiterbauen an dem Rahmen, den das Lissabon-Urteil für die weitere EU-Integration gesetzt hat. Er hat durchblicken lassen, dass er diesen für weitgehend ausgeschöpft hält. Was dies für ESM und Fiskalpakt bedeutet, ist offen. Nur dass die Vorhaben glatt durchgewunken werden, wäre eine echte Überraschung."

Eine andere Tour reitet Günther Verheugen, ehemals EU-Kommissar. In dem ZEIT-Interview "Schuldenkrise. 'Die Krise droht uns zu verschlingen' " (28.06.12) macht er (auch was ein potentielles Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone angeht) in Panikmodus. Allerdings nicht gegen das Bundesverfassungsgericht; in dem Interview geht es um die Voraussetzungen, die für eine noch tiefere Versenkung Deutschlands in der eurozonären Schuldenunion erfüllt sein sollten. Insoweit lautet sein Motto: 'Erst mal helfen, alles andere klären wir später'.
Kein Wunder, dass die Süd-Sünder das fordern, wenn es ihnen von Deutschen sogar noch vorgeblasen wird. Ärgerlich ist weiterhin, dass er die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Griechenland & Co. zu einer europäischen Aufgabe erklärt. Aber hallo: Sind wir die Kindermädchen der Welt? Und gar noch für derart renitente Blagen wie das Griechenvolk? Herzlichen Dank! Ihre Hausaufgaben müssen die einzelnen Völker und Staaten schon selber machen; anders kann es nicht funktionieren. Und Geld hat die EU schon in der Vergangenheit genug in Griechenland versenkt!

"Volksentscheid - sonst klagen wir!"

heißt es auf der Homepage "Verfassungsbeschwerde.eu"
Getragen wird diese Webseite von einem "Bündnis für Verfassungsbeschwerde zu ESM und Fiskalvertrag", "c/o Mehr Demokratie e.V. - Greifswalder Str. 4 - 10405 Berlin - www.mehr-demokratie.de -". 
Bündnispartner: Mehr Demokratie; Bund der Steuerzahler; Freie Wähler, ÖDP, Piraten, Omnibus, Bündnis Bürgerwille und democracy international.
Information auf der Eingansseite:
"Die Euro- & Staatsschuldenkrise droht zu einer Krise der Demokratie zu werden. Parlamente werden zunehmend entmachtet, immer mehr Kompetenzen & Entscheidungen auf die höhere Ebene verlagert. Wir fordern, solange die Bevölkerung nicht in bundesweiten Volksentscheiden "Ja" zu ESM- und Fiskalvertrag gesagt hat, dass die Verträge nicht ratifiziert werden.
Jetzt Verfassungsbeschwerde ausdrucken & per Post senden an Mehr Demokratie e.V., Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin!
"
Ich selbst habe diese Vollmacht für die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde erteilt.
Und Sie?


Nachträge 29.06.2012

Die FAZ ist skeptisch, dass das Gericht die Hoffnungen der Eurettungsgegner erfüllen wird: "Wahrscheinlicher scheint Experten aber eine „Bis-hierher-und-nicht weiter-Entscheidung“: Dies würde bedeuten, dass Deutschland nach dem ESM keine zusätzlichen Risiken mehr übernehmen dürfte." heißt es am Schluss des heutigen Artikels "ESM und Fiskalpakt. Das Verfassungsgericht hat das letzte Wort".

Zugleich erhält die Demokratie Sukkurs von einer Seite, von der ich das am allerwenigsten erwartet hätte. Ausgerechnet die Süddeutsche Zeitung, die stets an vorderster Front der Eurettungstruppen marschiert, macht sich für die Volkssouveränität stark, d. h. sie vertritt die Auffassung, dass der ESM-Vertrag einen verfassungsändernden Charakter hat.
Heribert Prantl hat heute in zwei Artikeln darüber geschrieben; im ersten nur am Rande, im zweiten fokussiert er das Thema: 
"Abstimmung über den ESM im Bundestag und Bundesrat. Wie man einen Vertrag ändert, ohne ihn zu ändern"
Auszüge: "Diese Beschlüsse [des gestrigen Brüsseler EU-Gipfels] erlauben unter anderem die Direktzahlung höchster Geldsummen an die Großbanken. Das alles ist im Text des ESM-Vertrages, der Bundestag und Bundesrat am Freitag vorgelegt wurde, nicht vorgesehen. Von all den Gipfelbeschlüssen findet sich im ESM-Vertrag kein Wort. In den Artikeln 14 bis 18 werden die möglichen Finanzhilfe-Instrumente aufgezählt. Die beim EU-Gipfel beschlossenen finden sich da nicht. ..... Ein Mitglied der Bundesregierung sagt: Diese Frage sei nicht nur ein heißes Eisen, "sondern die Steigerung davon". Wer genau liest, findet im Artikel 19 die Formulierung, dass der "Gouverneursrat" des ESM die im Vertrag aufgezählten Finanzhilfe-Instrumente "verändern" kann. Er wird also sogleich in seiner ersten Sitzung, nachdem der Vertrag unter Dach und Fach ist, die auf dem EU-Gipfel beschlossenen neuen Zahlungshilfen beschließen. Von einer dafür erforderlichen Zustimmung des Bundestags steht nichts im Vertrag. ..... Wer weiß, wie Gesetze und Würste zu Stande kommen, kann nachts nicht mehr ruhig schlafen" - hat einst Bismarck gesagt. Beim ESM wissen es alle."  
"Verfassungsklagen gegen ESM und Fiskalpakt Alle Staatsgewalt dem Volke, und zwar sofort". Auszüge (meine Hervorhebungen):
"Alle Parteien, die an diesem Freitag dem Vertrag über den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM und dem europäischen Fiskalpakt zustimmen, ahnen, spüren, wissen: Das geht nicht nur an die Grenzen des Grundgesetzes, das geht darüber hinaus.  Das Verfassungsgericht hat bisher in fast jeder Entscheidung zu europäischen Angelegenheiten gesagt: bis hierher und nicht weiter. Zuletzt, im Urteil zum ersten Rettungsschirm im September 2011, haben die Richter aber eindringlich klargemacht, dass sie es auch so meinen - alle Möglichkeiten, aus dem Grundgesetz in seiner jetzigen Fassung Souveränitätsrechte für Europa zu schöpfen, seien erschöpft. Aber die Verträge, über die jetzt in Bundestag und Bundesrat abgestimmt wird, schöpfen trotzdem weiter. Eine Phalanx von Verfassungsbeschwerden, Organklagen und Anträgen auf einstweilige Anordnung, die am Freitagabend in Karlsruhe eingereicht werden, versucht das zu unterbinden. ..... Haben Schäuble und Co nicht schon mehr oder weniger zugesagt, in diesem Sinne tätig zu werden? Nein. Deren plötzliche Hinwendung zur Volksabstimmung ist ein Akt offensivster Vorwärtsverteidigung. Sie soll dem Verfassungsgericht signalisieren: Wir versprechen euch hoch und heilig, dass wir künftig alles so machen, wie ihr das wollt; wir werden in absehbarer Zeit auch eine Volksabstimmung anberaumen - aber noch nicht jetzt. Dieses eine Mal, dieses letzte Mal, müsst ihr die Verträge, im Interesse des Euro und der Europäischen Union, noch einmal durchwinken, weil sonst alles in Schutt und Asche fällt . . . Das etwa ist der Sinn der Schutzschrift, welche die Bundesregierung beim Verfassungsgericht eingereicht hat. Die Gegenposition, die Position der Klagen gegen ESM und Fiskalpakt, ist folgende: Ihr Richter habt doch bisher schon alles mitgetragen und das Grundgesetz ausgepresst bis zum letzten Rest; nun müsst ihr endlich eure eigenen Urteile ernst nehmen."
In der Tat: wenn das Gericht diesmal einknickt, kann man unser Verfassungsgericht knicken.
Einen neuen 'Volksgerichtshof' nach bekanntem Muster brauchen wir nämlich nicht!
Erg. 01.07.12:
In der SZ hatte Heribert Prantl ebenfalls am 29.06.12 noch einen weiteren - langen - Artikel veröffentlicht: "Verfassungsklagen gegen ESM und Fiskalpakt. Endlich kommt es zum Schwur". Darin beschreibt er, aus rechtstechnischer (aber allgemeinverständlicher) Sicht die Inhalt der verschiedenen Klagen, insbesondere derjenigen von Peter Gauweiler und der Partei Die Linke.


Nachträge 30.06.2012

In zwei Artikeln berichtet heute die Financial Times Deutschland über die Verfassungsbeschwerden:
Im Blog WiSoPol bzw. auf der Webseite "The Intelligence" schreibt ein gewisser Sebastian Jende heute: "Voßkuhle, übernehmen Sie!". Aber sowohl der Autor selbst als auch die bisher -3- Leserkommentatoren (auf der Blogseite) sind skeptisch, ob sich das Gericht dem Druck der Politik entziehen wird.

Eine kurze Übersicht der verschiedenen Klagen bringt René Brandstädter in seinem Blog "Humanicum" u. d. T. "Verfassungsklagen gegen den ESM. Ist die juristische Gesetzeslegitimation jetzt Standardverfahren in der deutschen Politik?".

Webseiten u. a. (die Reihenfolge, bzw. überhaupt die Verlinkung, beinhaltet keine Wertung):

Nachträge 01.07.2012

In der FAZ bestreitet Eutransferfetischist Georg Hefty (biographische Informationen) dass der ESM-Vertrag die roten Linien des Bundesverfassungsgerichts überschreite: "Debatte um neues Grundgesetz. Der Geist der Verfassungsfrage" (30.06.12).

Lediglich informierender Natur ist der WELT-Artikel "Klagewelle bremst Merkels Euro-Rettung" vom 30.06.12. Vor allem enthält er im Anhang eine Reihe von Links zu  einschlägigen Abstimmungsergebnissen und Dokumenten:


Nachträge 02.07.2012

Skeptisch über die Erfolgsaussichten der Klagen äußert sich Christian Rath in der taz vom 01.07.12 unter "Widerstand gegen ESM-Vertrag. Klagen für Karlsruhe".

Zum aktuellen Sachstand vgl. auch die beiden heutigen FAZ-Artikel "Verfassungsgericht verhandelt über den Rettungsfonds mündlich" und "Leutheusser rechnet nicht mit Stopp des Rettungspakets". In diesem 2. Bericht erfahren wir u. a. auch:
"Die Justizministerin äußerte sich offen dafür, die Bürger künftig stärker bei wegweisenden Entscheidungen, etwa zur europäischen Integration, einzubinden. Man müsse sich „mehr Gedanken darüber machen, wie wir die Menschen stärker in die politischen Entscheidungsprozesse beteiligen“. Das bedeute aber nicht, „über Nacht“ das Grundgesetz zur Diskussion zu stellen. „Es braucht ganz grundsätzlich mehr Elemente direkter Demokratie in unserem Grundgesetz“, sagte sie mit Blick auf Volksabstimmungen. „Wir sollten jetzt schnell Vorschläge in dieser Richtung unterbreiten“, forderte sie."
Damit fährt die Bundesjustizministerin deutlich erkennbar jene Strategie, die Heribert Prantl in seinem SZ-Artikel so beschrieben hatte (s. o.): "Deren [d. h. von Schäuble und Co] plötzliche Hinwendung zur Volksabstimmung ist ein Akt offensivster Vorwärtsverteidigung." 
Das wäre ein implizites Eingeständnis dafür, dass sogar die Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger den ESM-Vertrag für unvereinbar mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Grenzen einer EU-Integration ohne Volksentscheid hält.
Aber wir lesen in dem genannten FAZ-Artikel auch, dass selbst ESM-Gegner nicht an eine Aufhebung der Parlamentszustimmung durch das Gericht glauben: "Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sagte der „Rheinischen Post“, er rechne nicht mit einem Stopp für Fiskalpakt und ESM durch das Verfassungsgericht. Er gehe davon aus, dass Karlsruhe dem Gesetzgeber kritische Hinweise gebe und zu einer „Bis-Hierher-und-nicht-weiter-Entscheidung“ komme. Bosbach hatte im Bundestag gegen den ESM gestimmt".

Ebenso setzt auch Olaf Henkel  keine Hoffnung in die Richter in den roten Roben um ihren Präsidenten Andreas Voßkuhle. In seiner Handelsblatt-Kolumne "Henkel trocken" schreibt er heute u. d. T. "ESM: Rette sich wer kann!" u. a.: "Mit ihrem an den Bundespräsidenten gerichteten und an die Öffentlichkeit gedrungenen Appel haben die Verfassungsrichter der Bundesregierung kräftig in die Speichen gegriffen. Wer nun aber darauf vertraut, dass das Verfassungsgericht den Marsch der Lemminge in die Schulden- und Inflationsunion stoppen wird, wird bald eines Besseren belehrt werden. Bestenfalls werden die Richter ein paar kosmetische und bürokratische Hürden aufstellen, über die die Abgeordneten in Bundesrat und Bundestag springen dürfen, um dann noch ungenierter Bürgschaften für Südländer abgeben zu können. Mit nennenswerter Opposition gegen diesen kollektiven Masochismus ist im deutschen Parlament nicht mehr zu rechnen, zumal die Regierung weiterhin den Euro mit Europa gleichsetzt und die Opposition schon lange keinen Hehl daraus macht, nicht schnell genug unseren Wohlstand mit den Brüdern und Schwestern in den Südländern teilen können".


Nachtrag 03.07.2012 
Einen kurzen aber guten Überblick - über die Kläger und ihre teils unterschiedlichen, teils identischen, Argumente, sowie  über bestimmte rechtstechnische Aspekte (Verfassungsbeschwerde, Organklage) - bietet der gestrige FAZ-Artikel "ESM und Fiskalpakt. Eine breite Koalition der Kläger".


Nachträge 04.07.2012
 
Weitere Berichte bzw. Kommentare zum vorliegenden Thema u. a. in der WELT:
  •  "Klagen in Karlsruhe. Dauerhaftem Rettungsschirm droht Verzögerung" 02.07.12
  • "Meinung. Schwächen im System. Auflösungserscheinung der demokratischen Ordnung", eine Kritik von Günther Lachmann vom 03.07.12 an Versuchen der Politik, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts durch Druck in ihrem Sinne zu beeinflussen. [Nun ja: eigentlich mache ich hier ja dasselbe, nicht wahr?] Massiv kritisiert (nicht nur) er auch den Altbundeskanzler Helmut Schmidt. Über dessen Tiraden berichtete Dietmar Neuerer im Handelsblatt vom 03.07.2012 u. d. T. "Warnung vor der Euro-Apokalypse": "..... es sind die Karlsruher Verfassungsrichter, denen er einen derben Rüffel für ihr andauerndes Euro-kritisches Dazwischengrätschen verpasst. Angesichts der Schuldenkrise seien „Entschlusskraft und Opferbereitschaft dringend geboten“, sagt der Altkanzler. „Man muss sein Herz über die Hürde werfen. Das gilt ganz gewiss auch für uns Deutsche und ganz gewiss auch für das Bundesverfassungsgericht.“ ..... Er erntet Applaus. Noch euphorischer reagieren die Festgäste, als der SPD-Politiker beginnt, die Verfassungsrichter regelrecht zusammenzustauchen. Er müsse hier mal an den Wortlaut des Artikel 23 Absatz 1 des Grundgesetzes erinnern, setzt Schmidt seine Attacke süffisant an. Dort sei Deutschland die „Mitwirkung bei der Entwicklung der Europäischen Union“ vorgeschrieben. Kurzer Applaus, dann doziert Schmidt weiter: „Und ebenso ist uns dort der „Grundsatz der Subsidiarität“ vorgeschrieben, dazu der Schutz der Grundrechte und das Verfahren bei der Übertragung von Hoheitsrechten.“ Subsidiarität bedeute, redet der 93-Jährige den Richtern ins Gewissen, dass das, was die kleine Einheit nicht regeln oder bewältigen könne, die größere Einheit übernehmen müsse. „Vom Vorrang eines deutschen Interesses ist dort keine Rede“, schließt der Altkanzler seine Zurechtweisung. Das hat gesessen. Den Leuten im Saal gefällt’s. Sie goutieren die deutliche Ansage mit viel Beifall." Der 93-jährige Altbundeskanzler Helmut Schmidt war bei einer 60-Jahr-Feier der Atlantik-Brücke im Deutschen Historischen Museum in  Berlin mit dem Eric-M.-Warburg-Preis für sein transatlantisches Engagement ausgezeichnet worden. Bei diesem transatlantischen Gästekreis überrascht es nicht, dass sie gejubelt haben; das steht ja absolut im Einklang mit jenen Erpressungsstrategien, wie wir sie von allen Ebenen der angelsächsischen Welt kennen: Finanzwelt, Wirtschaftswissenschaft, Politik: Unisono wollen sie den deutschen Steuerzahler ausbluten lassen. Dass sich ein deutscher Politiker dem anschließt, dass andere deutsche Politiker ihn dafür bejubeln: das spricht Bände!
  • "EU-Gipfelbeschlüsse. Warum dem Euro weiter die Kernschmelze droht" titelt die WELT schließlich am 04.07.2012. Auszüge: "Die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin hat im Zuge der Euro-Diskussion eine Volksabstimmung über die Abgabe von Souveränitätsrechten nach Brüssel gefordert. "Wer zentrale Kompetenzen des Bundestages nach Europa verlagern will, muss zum einen die Rechte des europäischen Parlaments stärken und zum zweiten die Menschen bei uns um ihre Zustimmung bitten", sagte Däubler-Gmelin der Düsseldorfer "Rheinischen Post". ..... [Dem Freiburger Rechtswissenschaftler und Prozessvertreter von MdB Peter Gauweiler , Dietrich] Murswiek zufolge legen die jüngsten Beschlüsse des EU-Rats zur Bankenrettung und dem dauerhaften Rettungsschirm ESM offen, "dass rechtliche Regelungen, wie sie im ESM-Vertrag stehen, den Staats- und Regierungschefs der Euro-Gruppe überhaupt nichts bedeuten, sondern dass sie diese Regeln von heute auf morgen über den Haufen werfen werden". Die Funktion der nationalen Parlamente bestehe letztlich "nur noch darin, solche Entscheidungen abzunicken". Nach der Auffassung des Rechtsgelehrten wird sich das Bundesverfassungsgericht "mit diesem Funktionswandel der Parlamente beschäftigen müssen – und zwar bereits in dem jetzt anhängigen Verfahren"."
Verhältnismäßig ausführlich hatte, bereits am 02.07.2012, auch die BILD informiert: "Andreas Voßkuhle.Vor diesem Richter zittert Merkel".


Nachträge 07.07.2012

Eine (wie man früher gesagt hätte:) 'leichtfassliche' Darstellung der rechtlichen und finanziellen Risiken des ESM bietet der FAZ-Artikel "ESM-Vertrag. Gesellschaft mit unbeschränkter Haftung" der Frankfurter Rechtsanwältin Bettina Brück vom 15.05.12:
"Wenn der ESM einmal von den Parlamenten der 17 Eurostaaten ratifiziert ist, haben sämtliche Parlamente ihren Finanzministern die unwiderrufliche Ermächtigung erteilt, unbegrenzt die Einzahlung von neuem Kapital auf das ESM-Konto zu fordern und dieses Kapital im Ergebnis nach freiem Ermessen zu verwenden. ..... Zu der Kapitalaufbringungspflicht für die einzelnen Eurostaaten kommt die Regelung hinzu, dass in dem Fall, dass ein Staat seine Kapitaleinlage nicht leistet (wie dies zum Beispiel bei Griechenland der Fall sein könnte), der nicht gezahlte Betrag von den übrigen ESM-Staaten angefordert werden wird. Die maximale Haftung Deutschlands beträgt daher derzeit im schlimmsten Fall 700 Milliarden Euro, ohne dass der Bundestag ein weiteres Mal zustimmen müsste. In Zukunft kann das Stammkapital von den Finanzministern jederzeit unbegrenzt weiter erhöht werden, so dass Deutschland maximal für die dann beschlossene Höhe haften würde. ..... Ob die Zustimmung des Bundestages völkerrechtlich überhaupt erforderlich wäre, um eine Kapitalerhöhung wirksam werden zu lassen, ist höchst fraglich. ..... Solange Deutschland seine Pflicht zur Kapitalaufbringung nicht in voller Höhe erfüllt, ruht sein Stimmrecht im ESM. Hierin könnte ein vom Bundesverfassungsgericht verbotener Verpflichtungsautomatismus liegen, der den Bundestag dazu bewegt, einer Kapitalerhöhung zuzustimmen, damit das Stimmrecht bei der Entscheidung über die Verwendung des bereits eingezahlten Kapitals nicht verlorengeht. Die Ratifizierung des ESM-Vertrages hat ungefähr die gleichen Folgen, als wenn in einem Bundesgesetz festgelegt wird, dass der zuständige Bundesminister alles Weitere allein durch Rechtsverordnung regeln darf...... Da gesetzlichen Beschränkungen für den - unbefristeten und regulär nicht kündbaren - ESM nicht gelten und er keinerlei Erlaubnisse benötigt, ist die Aussage einiger Politiker, der ESM habe keine Banklizenz, missverständlich. Nach dem Vertragstext darf er sämtliche Bankgeschäfte tätigen, ohne eine Banklizenz überhaupt zu brauchen. Theoretisch könnte sich der ESM daher auch bei der EZB refinanzieren.
Das hochbrisante Risiko des ESM besteht darin, dass er zwar für die redliche Vergabe von Finanzhilfen gegen Auflagen verwendet werden kann, von seinem Instrumentarium und seinen nichtexistenten Kontrollmöglichkeiten her aber so ausgestaltet ist, dass es möglich ist, ohne weitere Parlamentszustimmung die Überweisung von Steuergeld aller Euroländer in unbegrenzter Höhe auf ein Konto des ESM zu verlangen, das dann zur geheimen und freien Verfügung des ESM steht. ..... Aus wirtschaftlicher Sicht wird es durch den ESM im Ergebnis möglich gemacht, die Staatsschulden beliebiger Euroländer durch die Steuerzahler anderer Euro-Länder tilgen zu lassen, ohne dass auch nur eine einzige Ursache der staatlichen Überschuldung tatsächlich beseitigt wird. Das ist eine staatlich geförderte Insolvenzverschleppung, die teuer werden kann. Aus rechtlicher Sicht verstößt die unbefristete und unwiderrufliche Ermächtigung der Eurofinanzminister, deutsches Steuergeld in unbeschränkter Höhe als Stammkapital des ESM einzufordern, gegen die verfassungsmäßig garantierte Haushaltsautonomie des deutschen Bundestages und hebt diese faktisch auf."
(Den Hinweis auf diesen Artikel, der mir seinerzeit entgangen war, verdanke ich einem Posting von Arne Kuster in seinem Blog "Wirtschaftswurm" u. d. T. "Die unbeschränkte Haftung durch den ESM" vom 26.06.12.)

 Vgl. jetzt auch mein Folgeposting "Klagen gegen den ESM: Bundestagspräsident Norbert Lammert versucht das Bundesverfassungsgericht zu erpressen!" vom 07.07.2012.


Nachtrag:
Erst jetzt sehe ich den FAZ-Artikel "Das Verfassungsgericht in Zeitnot. Dalli, dalli, das Haus brennt!" vom 28.06.2012. Verfasst hat ihn  Winfried Hassemer,  der von 2002 bis 2008 Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts war (und jetzt Strafrechtswissenschaftler ist). Inhaltlich ist er die übelste Erpressung und Druckmache gegen das Gericht - und gegen einen Volksentscheid. Wenn das immer so laufen würde, bräuchte die Exekutive ja nur abzuwarten, bis die Hütte brennt (was ja die Südeuropäer auch eiskalt gemacht haben) - und dem Gericht ihre Lösung als alternativlos zu präsentieren, damit dieses - nach Hassemer-Lesart - zum Abnicken verpflichtet wäre. Das ist ja wohl ungeheuerlich, zumal für jemanden, der selbst Verfassungsrichter war. Der Hassemer-Artikel ist daher schlicht und einfach ekelhaft!


ceterum censeo
Zerschlagt die UdESFR, die UNION DER EUROPÄISCHEN Sozialistischen Falschgeldrepubliken!
Textstand vom 10.09.2022

1 Kommentar:

  1. Guten Tag, Herr Lohfing-Blanke,

    und danke für Ihre Informationen. Eine Richtigstellung meines Textes erübrigt sich, da Sie Ihren Standpunkt ja hier im Kommentar vorgetragen haben. Es ist richtig, dass ich mich nicht intensiv in die Unterschiede zwischen Ihrer Klage und derjenigen von Mehr Demokratie eingearbeitet habe.

    Wenn ich allerdings in dem von Ihnen veröffentlichten Auszug aus der Klage von Mehr Demokratie lese:
    "Mit der Zustimmung zur Errichtung des ESM, zur Änderung des AEUV und zum Fiskalpakt überschreitet der die Grenzen seiner Integrationsbefugnisse. Damit ist die verfassungsgebende Gewalt des Souveräns, also des Staatsvolks gefordert. Den Weg für die Anrufung des Souveräns eröffnet Art. 146 GG. Wenn wesentliche Integrationsschritte nicht mehr von den Befugnissen des verfassungsgebenden Gesetzgebers getragen werden, dann hat der pouvoir constituant des deutschen Volkes im Wege einer neuen Verfassung darüber zu befinden. ....."
    dann kann ich das nur als Aufforderung an das Gericht werten, den Gesetzgeber zu verpflichten, eine Volksabstimmung über diese Frage abzuhalten. Der Schriftsatz beanstandet, dass sogar "der VERFASSUNGSÄNDERNDE Gesetzgeber" seine Befugnisse überschritten habe. D. h. nicht nur reicht keine 2/3-Mehrheit bei der Verabschiedung der Gesetze, sondern das Parlament hätte auch nicht das Recht, die Verfassung so zu ändern, dass die Gesetze in deren Rahmen passen. Dieses Recht ist (nach diesem Text, und natürlich auch nach meiner - und doch wohl auch Ihrer? - Überzeugung dem Volk, also einer Volksabstimmung, vorbehalten.

    Richtig ist allerdings, dass das keine Volksabstimmung unmittelbar über den ESM-Vertrag usw. wäre. Aber das dürfte rechtstechnische Gründe haben; die Forderung nach einer direkten Volksabstimmung über den ESM und Fiskalpakt lässt sich vermutlich aus dem GG nicht herleiten.
    Um das zu entscheiden, stehe ich allerdings zu wenig in der Materie drin.

    Auf jeden Fall begrüße ich selbstverständlich auch Ihre - so wie jede andere - Verfassungsbeschwerde gegen diese Verträge und danke für die Linkhinweise.

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