Montag, 22. Juli 2024

Wackelkontakte zur Wirklichkeit: Die Worte des Vorsitzenden Muhammad Ali Höcke


VORBEMERKUNGEN

Zitatensammlungen von Björn Höcke gibt es mehrere. Zum Beispiel

Gelegentlich werden Fake-Zitate von ihm - immerhin! - von Faktencheckern widerlegt:

Manche der Zitatensammlungen (und die Webseite "Volksverpetzer" generell) erscheinen mir primitiv. Obwohl auch ich den Herrn Höcke nicht für einen Demokraten halte, stößt Holzhammer-Agitprop
 mich ab.
Vor allen Dingen geht es bei allen dieser Zusammenstellungen letztlich nur um "schnelle Beute" für Propagandazwecke. Keine dieser Sammlungen versucht, den Strukturen von Höckes Denken (das nicht selten ein Nicht-Denken ist) ein wenig tiefer nachzuspüren.

Auch meine nachfolgende Zusammenstellung, eine Art "Polit-Psychogramm" Höckes (aber in meinem Falle sozusagen "von rechts") ist eine scharfe Kritik an ihm. Bereits in Zeiten meiner einstigen AfD-Mitgliedschaft war ich sein bekennender Nicht-Fan (vgl. die einschlägigen Tägs im vorliegenden Blog "Canabbaia" und meinem früheren AfD-Blog "BlockiBlockerBlog"). 
Aber meine Ablehnung ist politischer Art und reflektiert, nicht ideologiedurchtränkt und hassgeleitet, wie etwa beim "Volksverpetzer".

Der unterschiebt (beim Zitat Nr. 2) Höckes (Dresdener) ÄußerungWir Deutschen […] sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat“ eine "absichtliche Doppeldeutigkeit" und streitet sogar ab, dass Höcke "den Holocaust mit der 'Schande' gemeint" habe: "der Kontext seiner Rede lässt das ... nicht vermuten".
Dass das glatt gelogen ist, erhellt bereits daraus, dass dieses linke Hass- und Hetzportal KEINE alternative Deutung vorlegt.

Tatsächlich ist (insoweit gehe ich ausnahmsweise sogar mit Götz Kubitschek konform) Höckes Botschaft in dem o. a. Satz völlig eindeutig: Deutschland hat ein Verbrechen begangen ("Schande" auf sich geladen). Andere Völker haben das, in anderer Weise, aber auch getan. Und nur die Deutschen gedenken ihrer eigenen Schande mit einem Denkmal.
Eben das sagt Höcke in seiner persönlichen Erklärung (vom 18.01.2017) zu seiner Dresdner Rede. Da lügt er auch nicht; genau das hat er wirklich gemeint. (Sonst ergäbe, wie gesagt, dieser Satz auch keinen Sinn für ihn und seine Hörer.)

Was er allerdings verschweigt: Dass er den Holocaust relativiert hat, und zwar ganz bewusst. Jedoch nicht durch die Wortwahl "Denkmal der Schande", sondern durch seinen Vergleich mit zeitlich und sachlich völlig anders gelagerten und damit "unserem" Zivilisationsbruch absolut inkomparablen Verbrechen anderer Völker. Diese Relativierung wiederholt er in seiner Erklärung sogar :
"Außer uns Deutschen hat kein Volk der Welt in seiner Hauptstadt einen Ort des Gedenkens an die von ihm begangenen Gräueltaten geschaffen."
Und täuscht dort nunmehr einen Stolz vor, den er selber in dieser Hinsicht am allerwenigsten hat:
"Diese Fähigkeit, sich der eigenen Schuld zu stellen, zeichnet uns Deutsche aus.

Dennoch HASSE ich es, wenn das "Denkmal der Schande" immer wieder unkommentiert, aber irgendwie ominös-sein-sollend in journalistischen Texten über Höcke auftaucht. Dort soll der Leser die falsche Schlussfolgerung selber ziehen. 
Es zerstört das Vertrauen in die Redlichkeit der Journalisten usw., wenn sie durchaus berechtigte Kritik sozusagen "der Einfachheit halber" mit falschen Begründungen vortragen.
[Inhaltlich anders gelagert, aber ebenfalls eine vom Hass auf alles Rechte motivierte Irreführung der Leser ist es übrigens, wenn die Journaille beim ewigen Wiederkäuen der "Vogelschiss"-Passage aus Alexander Gaulands berühmt-berüchtigter Rede vom 02.06.218 unterschlägt, dass er unmittelbar vor dieser Passage die Verantwortung Deutschlands für die NS-Verbrechen anerkannt und bejaht hatte!) (Der SPIEGEL hatte in seinem Bericht über die Rede zwar noch auf den vorangegangenen Satz hingewiesen, diesen aber bereits im parallelen Kommentar unterschlagen.)]

Dass, wie öfter explizit gesagt bzw. mit dem ominösen "Denkmal der Schande" unterschwellig suggeriert wird, Höcke die Errichtung des Denkmals selber für eine Schande hält, trifft zwar ebenfalls zu. Dies lässt sich aus seinem Vergleich mit anderen Völkern herleiten sowie aus anderen Elemente seiner Rede. 
Aber eben nicht aus seiner Bezeichnung des Holocaust-Denkmals als eines Denkmals deutscher Schande.

Mit der vorliegenden Zitatensammlung versuche ich, Strukturen und Widersprüche, Zusammenhänge und logische Konsequenzen in Höckes gesellschaftlich-politischem Denken zu identifizieren, irgendwie thematisch zu sortieren und offenzulegen.
Rauschende Erfolge (oder rauchende Colts😉) werde ich dabei nicht präsentieren können. Doch freue ich mich, dem Strudel der ewigen Wiederkunft des Gleichen, wo einer dem anderen nachdackelt und die Blinden die Lahmen führen, für diesmal zu entweichen - wohin auch immer der neue Ansatz führen mag.


Die nachfolgende
 (kommentierte) ZITATENSAMMLUNG

ist alphabetisch sortiert (etwas gewaltsam, denn für die allermeisten Einträge kämen mehrere Stichworte in Betracht).

Die Quellenangabe "(Höckes) Buch" meint das Gesprächsbuch

* (Links zu zahlreichen Rezensionen in einem früheren Blogpost)

Soweit nicht anders erwähnt, stammen Hervorhebungen in den Textzitaten von mir.

Hier noch vorab eine (nicht unbedingt vollständige) Übersicht der Stichworte
Das bei den jeweiligen Einträgen vorgeschaltete X- (= Anfang) bzw. XE- (= Ende eines Stichworts) erleichtert mir die seiteninterne Suche und hat sonst keine Bedeutung.

ANTISEMITISMUS?   -   DEMOKRATIE   -   DEUTSCHLAND ÜBER ALLES

EUROPA   -   GELDSYSTEM   -   HERZOG, Roman   -   HITLER (NS)

HOLOCAUST ("Vergangenheitsbewältigung")   -   JORDIS-LOHAUSEN, Heinrich

KAPITALISMUS   -   KRIEGSSCHULD   -   LADIG, L.   -   LIBERALISMUS

MESSIAS   -   NPD-NÄHE   -   OSTPOLITIK   -   RELIGION   -   SOZIALPOLITIK

UMWELT   -   USA (NATO)   -   VERSCHWÖRUNGSTHEORIEN

VIERERBANDE   //   NACHBEMERKUNG

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X-ANTISEMITISMUS?
(s. a. ==> GELDSYSTEM; HOLOCAUST; JORDIS-LOHAUSEN; KAPITALISMUS)

Ist Höcke ein Antisemit? Bejahen werde ich nicht.
Nicht aus Angst, dass er mich dafür verklagen könnte. Es gibt eine so große Menge von Anhaltspunkten dafür, dass er zumindest ein "sekundärer" Antisemit ist, dass eine solche Einstufung von der Meinungsfreiheit gedeckt ist.
Und tatsächlich wird Höcke sehr häufig als Antisemit charakterisiert, auch vom Verfassungsschutz.

Aber der Begriff "sekundärer Antisemitismus" ist mir suspekt. Er bedeutet im Grunde: "XYZ äußert sich zwar nicht direkt antisemitisch, doch lässt sich aus seinen Äußerungen ..... schließen, dass er antisemitische Vorurteile pflegt." Das wird - häufig, in vielen oder vielleicht sogar in den meisten Fällen - zutreffen.
Aber beispielsweise gegen Finanzkonzerne haben auch Linke etwas, die (soweit mir bekannt) nicht antisemitismusverdächtig sind. So gibt es etwa von Jens Berger, Autor bei den linken "Nachdenkseiten", ein Buch mit dem Titel "Wer schützt die Welt vor den Finanzkonzernen? Die heimlichen Herrscher und ihre Gehilfen" (Rezension).

Es ist, wie gesagt, durchaus möglich, dass Höcke Antisemit ist. Und mit Sicherheit sind das nicht wenige unter seinen Anhängern. Diese werden seine antisemitischen "Chiffren", seien sie nun als solche gemeint oder nicht, als solche verstehen. Das weiß er ganz zweifellos auch. 
Mit Sicherheit muss ihm das z. B. 2011 bewusst gewesen sein, als er (unter dem Pseudonym Landolf ==> LADIG) in einem NPD-Blättchen über die "Hochfinanz" schwafelte (==> KAPITALISMUS). Mögliche antisemitische Interpretationen dieses Begriffs durch seine Leser hat er offenbar in Kauf genommen - oder sogar beabsichtigt?
Jedenfalls habe ich nie davon gehört, dass Höcke einer solchen Deutung seiner Äußerungen entgegengetreten wäre. Egal, ob (oder inwieweit) er nun selber ein Antisemit ist oder nicht, spielt er jedenfalls mit antisemitischen Ressentiments und hat keine Probleme damit, von diesen zu profitieren.
Das allein schon ist widerlich und macht ihn (und seine AfD, in der er eine führende Rolle spielt) unwählbar.

In seiner Rede vom 25.11.2017 auf einer sogenannten "COMPACT-Souveränitätskonferenz" in Leipzig (abgedruckt in der COMPACT-EDITION Nr. 6: "Höcke. Interviews, Reden, Tabubrüche") redet Höcke über "eine kleine Geldmacht-Elite, [die] ihre Interessen auf Kosten aller Völker der Welt durchzusetzen trachtet. Es handelt sich um die Interessen einer winzigen Minderheit, also der wenigen hundert Letzteigentümer der miteinander verflochtenen internationalen Konzerne, die sich willfähriger Dienstklassen bedienen, zu denen neben den Funktionseliten auch die korrumpierten politischen Klassen der westlichen Länder zählen. Ein Patriot, der das erkannt hat, hat seinen wahren politischen Gegner erkannt."
Entsprechend formulierte er fast genau ein Jahr später (24.11.2018) auf einer Rede zum Thema Europa: 
"Die EU ist heute ... ein undemokratisches Elitenprojekt einer nicht national, sondern einer global ausgerichteten Führungsschicht. Und dieses Welt-Establishment müssen wir als unseren politischen Hauptgegner begreifen und bekämpfen."

Einen Gegner zu bekämpfen, der überhaupt kein Gesicht hat, sondern rein abstrakt definiert ist, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Wie stellt Höcke sich das vor? Auch hier stellt sich Höcke gar nichts vor: Er drischt Phrasen, von denen er erwartet (bei seinem Klientel zu Recht!), dass sie gut ankommen.
Doch werden die Massen (d. h. diejenigen, die sich nicht eh schon ihren eigenen Reim drauf gemacht haben) früher oder später fragen, was bzw. wen sie denn nun konkret "bekämpfen" sollen. Eine Person hat Höcke bereits benannt: George Soros. Der ist, welch ein Zufall, ein Jude (s. u.). Damit, aber auch schon durch die verschwörungstheoretische Anlage gegen ein obskures "Welt-Establishment", ist dem Diskurs bereits eine Richtung vorgegeben. Ob nun von oben oder von unten, wird eine präzisere Feindbestimmung am Ende auf die "altbewährten" Denkschablonen zurückgreifen. Damit ist der Antisemitismus strukturell in Höckes Rhetorik verankert - selbst wenn ihm das nicht bewusst sein sollte.
Dann wäre er allerdings noch dümmer, als selbst ich ihn einschätze.

Wiederum in seiner o. a. Leipziger Ansprache postuliert er einen "Geldmachtkomplex".
Von diesem angeblichen "Geldmachtkomplex" sprach er auch in seiner o. a. Rede vom 24.11.2018 auf einer hochtrabend "Alternativer Kulturkongress" genannten Veranstaltung (thematisch ging es dort um "Europa"):
"Der internationale Geldmachtkomplex, der heute zu Recht auch schon des Öfteren erwähnt worden ist, der internationale Geldmachtkomplex mit seiner krakenhaften Machtstruktur ...".

Einen Hintergrund derartiger Vorstellungen offenbart er in seinem Buch:
"Wichtige Hinweise gibt der 2016 verstorbene Sozialwissenschaftler Hans Jürgen Krysmanski [Wikipedia]. Er hat die Strukturen des globalen Geldmachtkomplexes erforscht und war im wissenschaftlichen Beirat des globalisiserungskritischen Netzwerkes attac. Seine Studien legen nahe, unsere politische Klasse und ihre medialen Claqueure als Dienstklassen jener Eliten zu erkennen."
Der hat in seinem Buch "0,1 Prozent. Das Imperium der Milliardäre" (Wikipedia) tatsächlich einen Abschnitt "Geldmacht und Geldmachtkomplex". Jedoch nicht in verschwörungstheoretischer Bedeutung; auch nicht im Zusammenhang mit der Massenimmiggression in den Westen. 
Sondern z. B. so:
"Man sollte deshalb zunächst einmal versuchen, die Akteure und Profiteure einer
möglichen »Refeudalisierung« Europas als ein komplexes Netzwerk teils
kooperierender, teils konkurrierender Eliten darzustellen. Und um dieses
Netzwerk vorurteilsfrei zu erkunden, tauchen Begriffe wie »Geldmachtapparat« oder »Geldmachtkomplex« auf."
Es handelt sich dabei also um Begriffe, mit denen Soziologen eine Annäherung an eine Menschenklasse ("Klasse" i. S. v. gemeinsames Definitionsmerkmal verstanden) versuchen, die rein äußerlich (etwa: "Milliardäre") leicht bestimmbar ist. Und von denen auch durchaus zu vermuten ist, dass sie, interessenbedingt, ein irgendwie gleichgerichtetes Verhalten zeigen. Soziologen wie Krysmanski wissen aber natürlich, dass es innerhalb dieser Menschenklasse durchaus auch objektiv gegensätzliche Interessen gibt. Und subjektiv folgt ohnehin nicht jeder dem, was sich von außen als sein "objektives" Interesse darstellt. 
Es ist also kompliziert: sogar in den Augen der Soziologen und noch mehr in der Realität. Nur nicht für den Bornhagener Großdenker Höcke; der verkocht das internationale Kapital kurzerhand zu einer Verschwörergemeinschaft. Er selber würde diese Sichtweise natürlich bestreiten. Aber eine überzeugende Alternativ-Interpretation wird und kann er nicht vorlegen. Weil er eben nicht in den Dimensionen der Wirklichkeit denkt, sondern sich mit der Konstruktion abstrakter Narrative begnügt, die seinen anspruchslosen Anhängern als tiefe Einsichten eines großen Gurus erscheinen. Und das einfach deshalb, weil Höckes Erzählungen ihnen bestätigen, was sie ohnehin schon "wissen". Höcke und seine Jünger bewegen sich in einer geschlossenen Filterblase, wo auch der Antisemitismus wächst, blüht und gedeiht.


Im Übrigen gilt hier wie anderswo: Wer Höckes Vorstellungen zu irgendeinem Themenkomplex auf irgend eine Weise gültig darstellen will, der versucht, einen Pudding an die Wand zu nageln.

In seinem Ladig-Artikel Nr. 2 hatte er von einem "Wachstumszwang, der vom
Zinsgeldsystem auf die Realwirtschaft ausgeübt wird" gesprochen. Damals identifizierte er also nicht die Realwirtschaft als Problem, sondern (irgendwie halt), das Geldwesen bzw. die Finanzwirtschaft. Nun aber soll es plötzlich um die "Letzteigentümer der ... internationalen Konzerne" gehen, also um die Kapitalbesitzer der Realwirtschaft. Die sollen indes, lt. seinem Buch, doch nicht wirklich schlimm sein - solange sie zum "eigenen" (deutschen) Clan gehören: Dort werden nur die ausländischen Kapitalbesitzer als Problem hingestellt
Kapitalimport verbieten und schon ist die Macht der vermeintlichen Volksaustauscher gebrochen? Hm: Die Immiggressoren wird das wenig jucken. Die werden weiterhin bei uns einfallen - bis endlich die Politik den Eindringlingen wirksame Grenzen entgegenstellt.

Aber Höcke will sich seinem intellektuell schlichten Anhang unbedingt als Allwissender präsentieren, als historischer Seher, der hinter die Kulissen schaut.
Und ist doch in Wahrheit nichts als ein intellektueller Müllschlucker, der aufsammelt, was ihm in seine Weltanschauung zu passen scheint. Der aber wenig bis nichts davon verdaut. Systematisches Denken ist ihm fremd; selbstkritisches Denken erst Recht. Das zeigt sich hier ebenso wie bei den Themenfeldern Kapitalismus, Geldsystem, Umwelt, Europa - eigentlich überall. Peinlich wird seine "Methode" dann, wenn er z. B. mit unkritisch adoptiertem Gen-Gefasel über einen angeblichen "afrikanische[n] Ausbreitungstyp" zu punkten sucht.
Als Historiker sollte er wissen, dass auch bei uns die Familien vor ca. 150 Jahren noch um die sieben Kinder hatten. Und dass die demographische Schrumpfung in den entwickelten Gesellschaften die Folge von verbesserten Lebensumständen ist, nicht von irgendwelchen genetischen Vorgängen. Aber nein: hat er in irgend einem Buch eine genetische Erklärung gelesen, dann greift er unbesehen zu! Und legt damit sein biologistisches Weltbild offen.


Dass er sich immer wieder an George Soros abarbeitet, ist ebenfalls ein Indiz dafür, dass er wissentlich und willentlich antisemitische Strömungen bedient.
So hatte er z. B. irgendwann, irgendwo behauptet, dass:
"die EU in ihrer heutigen Form nichts anderes als eine Globalisierungsagentur [ist], die den als pervers zu bezeichnenden Geist eines George Soros exekutiert'."
An anderer Stelle hatte er die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel "als 'Soros-Kundin' tituliert."
In seinem Buch spricht er von einer "Doppelstrategie der amerikanischen Regierung und ihrer Hintermänner" (nämlich islamische Regime zu destabilisieren und muslimische Masseneinwanderung nach Europa zu fördern). Auch der abstrakte Begriff "Hintermänner" lässt sich problemlos mit antisemitischem Inhalt füllen.
In einem COMPACT-Interview "Vom Schielen auf die ominöse Mitte" (Mai 2019; abgedruckt in der oben zitierten COMPACT-EDITION NR. 6, S. 106 ff.) sprach er vom "völkerauflösenden und als pervers zu bezeichnenden Geist eines George Soros". Man muss indes kein Fan von Soros sein um zu wissen, dass es letztlich immer noch die Völker selber sind, die an der Wahlurne darüber entscheiden, ob sie die Massenimmiggression zulassen oder nicht.
Wenn Höcke diesen Aspekt (in seiner Agitation) ausklammert, dann deutet das darauf hin, dass er nicht wirklich an die Steuerung der Politik in unserer Demokratie durch Wahlen glaubt. Sondern durch Direktiven aus den Hinterzimmern gewisser Kreise, die er in der Regel als "Globalisten" bezeichnet. Damit könnte er ganz allgemein die Superreichen meinen. Aber natürlich auch die Juden, die in ultrarechten Kreisen traditionell als verschwörerische Strippenzieher betrachtet werden.
Was die Superreichen angeht darf man zwar anzunehmen, dass die keineswegs einflusslos sind. Dennoch waren es die Wähler, welche Angela Merkel nach ihrem illegalen Immiggressoren-Import aus Ungarn wiedergewählt und der Politik damit ein "Weiter so!" ermöglicht haben.

In seinem Buch räumt Höcke das sogar selber ein:
"Niemand kann ein Volk gegen seinen Willen abschaffen. Es wäre also zu billig, die Verantwortung auf obskure fremde Mächte abzuschieben. Hier hat sich vielmehr der alte europäische Universalismus und Kosmopolitismus mit einem tiefsitzenden Schuldkomplex verbunden und zu einer Ideologie der Selbstaufgabe extremisiert. Unabhängig davon bin ich überzeugt, daß sich hinter der weichen humanitären Phraseologie unserer herrschenden Klassen ein hartes politisches Programm verbirgt, das den latenten Masochismus der Europäer für üble Zwecke instrumentalisiert: Die Entnationalisierung der europäischen Völker und die Umwandlung der bisherigen Nationalstaaten in multi-ethnische Gebilde."
Der wahre Feind ist also das bornierte bzw. gleichgültige Stimmvieh, dass sich von seinem Machthabern, im dolosen Zusammenwirken mit den Immiggressoren, sein Geld, seine Wohnungen - und schließlich seine eigene kulturelle Heimat stehlen lässt. Und dennoch dem herrschenden Deutschlandhasserkomplex immer wieder zur Macht verhilft! 
Diese Binsenweisheit verschweigt Höcke in seinen Ansprachen, weil ihm die Wahrheit zu banal ist (vielleicht auch zu entmutigend). Er möchte vor seinem Anhang mit der Vorspiegelung tiefer Einblicke in geheime Zusammenhänge glänzen. Das schafft er, weil seine Fans eher nicht mit eigenständigem Denken glänzen, sondern danach gieren, des Kaisers neue Kleider zu bestaunen. Wie Kinder sind sie glücklich, wenn sie immer und immer wieder denselben uralten Märchen lauschen dürfen - von deren Wahrheit sie ohnehin von vornherein überzeugt waren.

Dabei billige ich Höcke sogar zu, ein "redlicher Lügner" zu sein. 
Anders als Donald Trump, Adolf Hitler oder Nigel Farage ist Höcke von der Wahrheit dessen überzeugt, was er seinem gläubigen Stimmvieh auftischt. Und natürlich glaubt er auch felsenfest, dass seine pathetischen Phrasen, etwa über seinen substanzleeren  Begriff eines angeblichen "wahren ==> EUROPAS", tatsächlich einen sachlichen Gehalt haben. Diese Strategie der Verschleierung seiner wahren Ansichten und Absichten, sogar sich selbst gegenüber, war für ihn in der Zeit seiner inneren Emigration wohl psychologisch notwendig (und als Lehrer unvermeidlich, wenn man NPD-Fan ist), um seinen angebräunten Kern nicht nach außen durchschimmern zu lassen. Und so verhält er sich noch heute, wo er, nunmehr als Politiker, noch immer seinen ewiggestrigen großdeutschen Nationalismus wenigstens so weit kaschieren muss, dass er sich jederzeit mit einem angeblichen Missverständnis seiner wahren (selbstverständlich super edlen) Intentionen herausreden kann (vgl. z. B. seine Grauwaschung von Adolf ==> HITLER).

XE-ANTISEMITISMUS



X-DEMOKRATIE

Deutsche Politiker, die ein Problem mit Freiheit und Demokratie haben, tragen auffallend häufig Nachnamen mit dem Anfangsbuchstaben "H".

Zwar sind Hitler, Himmler und Heydrich in Intensität und Qualität ihrer Demokratiefeindschaft nicht entfernt mit Höcke (==> LIBERALISMUS) auf eine Stufe zu stellen.

Und den wiederum trennen Welten von Thomas Haldenwang, dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Aber auch der ist kein lupenreiner Demokrat, sondern arbeitet nach Kräften etwa daran, die im Grundgesetz verfassungsrechtlich garantierte Meinungsfreiheit einzuschränken. Und schreckt nicht einmal davor zurück, öffentlich gegen nicht verbotene Parteien zu agitieren!

Dass aber ein "H"-Namensbeginn bei Demokratiegegnern kein naturgesetzlicher ist beweist schon die Tatsache, dass weder (Jürgen) Elsässer noch (Nancy) Faeser und (Lisa) Paus, die ein DemokratieMördergesetz planen (frischmilchentrahmt zum "DemokratieFördergesetz"; s. a. hier), mit einem "H" beginnen.

XE-DEMOKRATIE



X-DEUTSCHLAND: SCHREBERGARTEN ÜBER ALLES (Nationalismus, Überheblichkeit)
(s. a. ==> EUROPA; KRIEGSSCHULD; LADIG; OSTPOLITIK; USA)

Höcke erstreckt seinen persönlichen Hang zum historisch Großen (==> MESSIAS) auf sein Land. 
Das ist folgerichtig, denn wer als Politiker Dinge vollbringen will, die als "große Taten" in die Geschichte eingehen sollen (tun sie zwar heute weniger; aber Höcke lebt, schwebt und schwelgt ohnehin weitestgehend im Gestern), der benötigt als Knetmasse ein wie auch immer "großes" Land.
Wer der Allergrößte sein will, braucht dafür das irgendwie allergrößte Land.

Im Jahr 2011 prahlte Björn Höcke (als "Landolf ==> LADIG") im damaligen NPD-Theorieblatt "Volk in Bewegung" "Deutsche Impulse überwinden den Kapitalismus. Krisen, Chancen und Auftrag":
"... im letzten Jahr [also 2010] erschien das opus magnum Genius der Deutschen" eines Peter Watson (England), der auf über 1000 Seiten kenntnisreich darlegt, daß kein anderes Volk in den letzten 250 Jahren mehr zur Höherentwicklung der Menschheit beigetragen hat als das deutsche."

Auf der formalen Ebene ist in dieser Höcke-Äußerung eine fehlerhafte Zitierung wichtig bzw. war für ihn selber verhängnisvoll: Der KORREKTE Buchtitel lautet nämlich "Der deutsche Genius (und weiter: Eine Geistes- und Kulturgeschichte von Bach bis Benedikt XVI"). Dass Höcke den Schnitzer in seinem o. a. Kurztitel-Zitat später unter seinem Klarnamen wiederholte, war ein ganz wesentliches Indiz für die Aufdeckung seiner "Landolf Ladig"-Identität durch Andreas Kemper (vgl. dessen "Ladig-Höcke-Synopse"). (Auslöser war allerdings der Begriff "organische Marktwirtschaft".)

Inhaltlich ist diese Prahlerei einfach ekelhaft. Ein ungetrübtes Selbstbewusstsein hat es nicht nötig, seine eigene Nation derart über andere Nationen zu erheben. 
Aber es ist (hier wie an anderen Stellen) auch nicht so, wie es Moritz Hoffmann (an anderen Beispielen und mit Bezug auf die rechtsaußen häufig versuchte Relativierung oder gar Aufwertung des NS-Regimes) in seinem Referat "Rechtspopulismus und geschichtspolitische Argumentationsmuster" (Friedrich Ebert-Stiftung, 2020) darstellt: Dass nämlich die "Rechtspopulisten" ihre historischen Aussagen mit kühlem Kalkül konstruieren und verbreiten würden, "um Nationalismus wieder zu einer vertretbaren Politikform zu machen".
Vielmehr ist Deutschlands Niederlage im Zweiten Weltkrieg (==> KRIEGSSCHULD) für diese Kreise offenbar eine narzisstische Kränkung (für viele auch der ==> HOLOCAUST). Dieser/n Kränkung(en) versuchen sie, mit verschiedenen psychischen Strategien beizukommen:
  • Leugnen
  • Relativieren
  • Überkompensieren.
Mir fehlen jegliche einschlägigen psychologischen Fachkenntnisse; mögen Berufenere meine Diagnose überprüfen. Doch wenn ich unter dem Wikipedia-Eintrag "Die Zukunft einer Illusion" über die gleichnamige Schrift von Sigmund Freud dessen Analyse lese:
"Der Erwachsene deutet seine Hilflosigkeit nach dem Vorbild derjenigen Hilflosigkeit, die er als Kind erfahren hat; und wie das Kind verbindet er seine Hilflosigkeit mit der Sehnsucht nach einem schützenden Vater. Diese Vatersehnsucht ist die Grundlage für die Entstehung der Götter. Die Götter sind idealisierte Vatergestalten. Die Religion ist eine Art Menschheitsneurose – eine kollektive Zwangsneurose",
dann kann ich mir durchaus vorstellen, dass für den nicht religiösen Björn Höcke das Vaterland eine Art Übervater ist. 
Jedenfalls entnehme ich dem FOCUS-Report "Björn Höcke. Wie aus einem unbeherrschten Sohn der meistgefürchtete Politiker Deutschlands wurde" (27.09.2023) eine äußerst intensive Vaterbindung.
Die Einschätzung der Autoren, sein emotionaler Ausbruch und seine Trauerrede bei der Beerdigung des Vaters seien "wütend" gewesen, kann ich anhand des Artikels in keinster Weise nachvollziehen.
In seinem Buch sagt er: "Mein Vater unternahm mit mir viele Fahrten zu bekannten Burgen und Ruinen an Rhein und Mosel. ...  Zu der Heimat, die mir mein Vater wies, mußte natürlich die kommen, die ich selbst eroberte." Dort erfährt man zwar auch: "Ich hatte ... eine recht freie Kindheit, wenn sie auch nicht ganz unbeschwert war."
Doch wenn man an anderer Stelle liest "Als Günter Schabowski an jenem Abend [09.11.89] ... verkündete, die Grenze sei offen, 'ab sofort, noch heute', da hätten, berichtet Höcke, sein Vater und er sich weinend in den Armen gelegen", dann spricht das doch für ein Vertrauensverhältnis. [Die Information stammt ursprünglich aus Höckes berüchtigter Schnellrodaer "Gen-Rede" vom 21.11.2015, nach min. 5:00]


Zurück zum Thema Höcke und Deutschland. In seiner Dresdner Rede vom 17.01.2017 strunzte er:
"anstatt die nachwachsende Generation mit den großen Wohltätern, den bekannten weltbewegenden Philosophen, den Musikern, den genialen Entdeckern und Erfindern in Berührung zu bringen, von denen wir ja so viele haben ..., vielleicht mehr als jedes andere Volk auf dieser Welt, ... wird die Geschichte, die deutsche Geschichte, mies und lächerlich gemacht."

In seinem Buch reagiert Höcke auf die Vorlage seines Gesprächspartners
Hennig: "Es wird im Zusammenhang mit dem Romantiker-Vorwurf argumentiert, daß wir international wettbewerbsfähig bleiben müssen und uns nicht in eine romantische Gartenlaube verkriechen können."
mit der einigermaßen realitätsfernen Behauptung:
Höcke: "Und dennoch haben wir als doch so 'gedankenvolles und tatenarmes' Volk die erfolgreichste und stärkste Wirtschaftsordnung der Welt geschaffen – übrigens bevor wir uns der angelsächsischen Doktrin mit ihrer Gewinnmaximierungs- und Rentabilitätsideologie unterwarfen. Die Deutschen scheinen mit ihrer seltsamen Romantik eine ganz eigene Kraftquelle zu besitzen, selbst in so profanen Bereichen wie der Ökonomie."

Hennig: "Und von woher fließen uns diese Kräfte zu?"
Höcke: "Jedenfalls nicht in einem träumerischen Absehen von der Wirklichkeit, was man der romantischen Haltung immer ankreidet. Es geht vielmehr um einen besonderen, tieferen Blick auf die Erscheinungen der Welt. Peter von Matt sprach einmal von einem »zweiten Augenpaar«, das man dafür benötige und das in unserem Volk anscheinend mehr vorhanden ist als in anderen. Die Romantik fußt auf der alten platonischen Erkenntnis, daß jenseits der vordergründigen, sichtbaren Welt eine hintergründige, unsichtbare existiert, in der das eigentliche Wesen der Dinge zu finden ist."

"Das Ansehen, welches die Deutschen bei unzähligen Erdenbürgern in Afrika, Amerika und Asien genießen, die nicht durch die Narrative der westlichen Soziologen und Politologen erreicht werden, beruht auf einem Wohlstandsaufbau, der in der Zeit von 1850 bis 1918 aus dem Geist und der praktischen Tüchtigkeit der Deutschen erwuchs. Das bleibt den Menschen von Bagdad bis Zanzibar
unvergessen."
Na klar: Daran denken die bis in alle Ewigkeit! Haben ansonsten weder Probleme noch Wünsche. Noch essen die amerikanische Hamburger oder schauen US-Filme. Haben die gar keine Zeit dazu - weil sie der Höcke dazu verdonnert hat, dankbar des deutschen Wohlstandsaufbaus zu gedenken. (Nur gelegentlich, wenn die Hereros frech wurden, mussten wir auch mal deutsche Disziplin durchsetzen. Alles zum Besten der Eingeborenen, versteht sich!)
Nicht, dass ich irgendwelche Schuldgefühle wegen der deutschen Kolonialgeschichte hätte, oder das Bedürfnis, diese "aufzuarbeiten". Doch dämlicher als in Höckes substanzloser Großsprecherei ist deutschnationaler Autismus kaum denkbar.

Ich habe mir nicht viele Rede von Höcke angehört. Aber z. B. in seiner Geraer Rede (==> LADIG) behauptet er:
"Bei uns, liebe Freunde, hier in Deutschland, ist fast alles gründlicher durchdacht und verbessert worden als irgendwo anders auf der Welt."
Ebenfalls dort unterschiebt er den Russen, was sein germanischer Größenwahn selber glaubt, aber ganz so unverhohlen denn doch nicht auszusprechen wagt:
"Die deutsche Kultur, liebe Freunde, gilt in Russland als Krönung dessen, was man komponieren, was man denken und was man bauen kann."


Für den deutschnationalen Prahlhans Muhammad Ali Höcke waren, sind und werden wir sein bis in alle Ewigkeit die Allergrößten. Vielleicht wäre sein Weltbild weniger germanozentrisch, wenn er auch das Werk "Großer Kulturfahrplan" von Werner Stein rezipiert hätte, einen der bedeutendsten deutschen Beiträge zur Wissensvermittlung über die Geschichte. Aber okay, dieses Buch hat ein Physiker und SPD-Politiker verfasst, das muss man als nationalautistischer Fachhistoriker nicht kennen. Es reicht völlig aus, wenn die Chinesen dieses Werk würdigen
(Dafür hat Höcke bestimmt "Der Große Wendig: Richtigstellungen zur Zeitgeschichtedaheim: das Erbauungsbuch für deutsche Geschichtsrevisionisten.)

Auf jeden Fall hätten die "genialen Entdecker und Erfinder" in einem vom Höckegeist geprägten Deutschland einen schweren Stand, denn im Buch erfahren wir:
"Heidegger[s] Kritik an der Technikgläubigkeit ... stehen für den konservativen
Anteil in meinem politischen Denken." (S. a. ==> UMWELT; zur Verbindung von Höcke mit Heideggers Technikkritik vgl. z. B. hier.)

XE-DEUTSCHLAND: SCHREBERGARTEN ......



X-EUROPA (X-MITTELEUROPA)
(==> DEUTSCHLAND; JORDIS-LOHAUSEN; OSTPOLITIK; USA)

In Höckes Buch gibt es überraschend wenige Passagen, wo er seine Ideen für eine (neue) deutsche Europa-Politik vorträgt. Hauptsächlich kommt der Kontinent im Zusammenhang mit der Massenimmiggression (mein Ausdruck, nicht Höckes!) vor, welche die europäischen Völker möglichst irgendwie gemeinsam abwehren sollen.

Ansonsten sind seine Aussagen vage; im Zentrum stehen
a) seine Aversion gegen die USA, von denen sich nicht nur Deutschland, sondern Europa insgesamt abnabeln soll und
b) seine Obsession mit einer deutsch-russischen Zusammenarbeit. Er begründet die im Buch mit der räumlichen Nähe; andere Äußerungen von ihm zeigen aber, dass er Russland vor allem als Partner (bzw. eher als Helferlein, speziell als Rohstoff-Lieferant) für eine Stärkung Deutschlands ansieht, mit Frontstellung gegen die USA.

Auf die Frage, ob er einen neuen deutschen Isolationismus anstrebe, antwortet Höcke gleich mit einem langen Redeschwall, bei dem die beiden o. a. Punkte (pro Russland, gegen USA) im Zentrum stehen. Zwar hält er angeblich eine enge Zusammenarbeit der europäischen Länder für sinnvoll. Aber dann geht es um plötzlich Russland, und er stellt unsere außenpolitische Lage insofern in einem Gegensatz zu derjenigen Italiens und Frankreichs, als Deutschland näher an den osteuropäischen Länder dran liege. An dieser Stelle meint er mit "osteuropäisch" zweifellos Russland. Denn dass er den Interessen osteuropäischer Länder, wie den Baltenstaaten und Polens, Rechnung tragen will, die sich bekanntlich vor dem russischen Expansionismus fürchten, hat er m. W. noch niemals verkündet.

Ihm geht es einzig und allein um Deutschland. Und zwar nicht darum, dass Deutschland irgend etwas für Europa tun könnte oder sollte. Sondern darum,  Deutschland wieder groß und mächtig zu machen. Dafür setzt er in allererster Linie auf freundschaftliche Beziehungen zwischen Deutschland und Russland; die europäischen Staaten denkt er sich als eine Art Vasallen, die bei der Stärkung Deutschlands mithelfen sollen. 
Dass er sich in keinster Weise als Verteidiger Europas versteht oder überhaupt von Europa her denkt, beweist schon seine prorussische Positionierung im Ukrainekrieg. Und ebenso, dass er einen Vorschlag Putins in seiner Bundestags-Rede von 2001 zur Zusammenarbeit mit Europa bedenkenlos zum Angebot einer Zusammenarbeit mit Deutschland fälscht (s. => OSTPOLITIK).
Im Zentrum seines Denkens steht 'des Reiches Macht und Herrlichkeit'; von diesem Ziel her organisiert er seine ganze verquere Weltsicht. Man kann sich seinen Gehirninhalt ähnlich vorstellen, wie die ironisierenden Karikaturen von Männerhirnen. Nur dass bei ihm nicht das Feld "Sex" den allergrößten Raum beansprucht, sondern "Großdeutschland".

Bislang sind das nur Behauptungen von mir; schauen wir uns an, was Höcke tatsächlich äußert.
Auf die Frage "Streben Sie ... in Anlehnung an die Trump-Regierung einen neuen deutschen »Isolationismus« an?" antwortet er:

"Nein, ich halte eine enge Zusammenarbeit insbesondere der europäischen Länder für sinnvoll. Im Gegensatz zu den Geopolitikern in den USA leben wir mit dem riesigen Rußland, wie mit der Türkei auch, auf einem Doppelkontinent. Zwischen Deutschland und den USA liegt ein Weltmeer, zwischen Deutschland und Rußland wenige hundert Kilometer Landweg! Unsere Beziehung zu den osteuropäischen Ländern ist durch die Lage seit je unausweichlicher als jene der Italiener und Franzosen. Daraus erwächst eine Verantwortung. Wir müssen uns selbst überlegen, wie wir diese Verhältnisse einrichten wollen und können uns nicht aus purer Nibelungentreue zur US-geführten NATO bei allen unseren Nachbarn unmöglich machen. Über kurz oder lang werden wir in diesen Konflikt [das kann nur den 2018 noch "kleinen" Krieg - seit 2014 - in der Ostukraine meinen] mit hineingezogen. Die Willfährigkeit wird uns nicht davor schützen, daß andere in kühler Abwägung ihre Interessen durchsetzen. Der alte Wirtschaftskrieg der Seemächte Großbritannien und USA gegen den Kontinent im 20. Jahrhundert nährt weiterhin die Konfliktdynamiken des 21. Jahrhunderts. Es ist im Interesse des Kontinents und der ganzen Welt, daß wir der Situation innewerden und die nächste Katastrophe dadurch abwenden."

"Nibelungentreue zur ... NATO" heißt: Bündnistreue, die dem entgegensteht, was Höcke für das deutsche Interesse hält. Was das damals gewesen sein soll, wo es ja noch keine deutschen (bzw. NATO-koordinierten) Waffenlieferungen in die Ukraine gab, weiß nur er selber. Klar ist allerdings, dass Höckes Kritik an der (eigentlich selbstverständlichen) Vertragstreue die deutsche Bündnisleistung für den Fall zur Disposition stellt, dass ihre Einhaltung Deutschland nach seiner Einschätzung schadet. Das ist für ihn immer dann der Fall, wenn Deutschland sich gegen russischen Expansionismus und Imperialismus stellen müsste. Insbesondere die Baltenländer wären also gut beraten, sich für den Fall eines russischen Angriffs auf den Verrat eines ggf. Höcke-regierten Deutschlands einstellen.

Auf welche Weise man sich durch Bündnistreue bei Nachbarländern unmöglich machen kann, die fast alle selber NATO-Mitglieder sind: Das wird wohl auf ewig des Björns Geheimnis bleiben. Jedenfalls soll sein ganzes pathetisches Geschwafel, u. a. über unsere besondere Verantwortung gegenüber den osteuropäischen Ländern, lediglich seine Bereitschaft zum Bündnisverrat verschleiern. Denn eine Konfrontation mit Russland ist im Höcke-Kosmos nicht vorgesehen. Um deutsche Bündnisverpflichtungen gegenüber osteuropäischen NATO-Mitgliedern würde sich der skrupellose Patrioten-Verhökerer Höcke im Ernstfall genauso wenig scheren, wie er (bei Abfassung seines Buches odeer gegenwärtig im "großen" Ukrainekrieg) irgendeine Verantwortung gegenüber den heldenhaft ihr Vaterland verteidigenden Ukrainern empfindet (==> OSTPOLITIK). Höcke ist, was die internationalen Beziehungen angeht, tendenziell ein Sozialdarwinist. Und damit sozuagen schon per definitionem kein verlässlicher Vertragspartner. 

Dass das Märchen von einem "Wirtschaftskrieg der Seemächte Großbritannien und USA gegen" Deutschland bereits in Hitlers Geheimem Zweiten Buch herumgeistert, habe ich bei ==> KRIEGSSCHULD erörtert. Wenn Höcke darüber hinausgehend gleich "den Kontinent" insgesamt als Opfer der westlichen Thalassokratien hinstellt, lässt sich das als deutscher Besitz- oder Dominanzanspruch deuten und/oder als vermeintlicher Unterstützungsanspruch gegenüber den anderen Kontinental-Ländern. Aus irgendwelchen Fakten lässt sich diese Phantasie jedenfalls nicht herleiten.
Hitler und die (wohl nicht wenigen) anderen Nationalisten, die damals in der Weimarer Zeit den Angelsachen einen Dauerkrieg gegen Deutschland unterstellt haben, befanden sich selber in einem von ihnen geführten Krieg: Für die war der Erste Weltkrieg noch nicht zu Ende; sie wollten dessen Ergebnis revidieren (oder, wie Hitler, gar noch mehr). Und führten vorerst den Krieg in Gedanken weiter - was sie ihrerseits auf die Briten und Amerikaner projizierten.
In gleicher Weise darf man annehmen, dass auch für Höcke der 2. Weltkrieg noch nicht beendet ist und er auf jeden Fall mit den USA noch ein Hühnchen zu rupfen hat. Klingt schräg; aber, wie ich hier gezeigt habe, ist Höcke ein schräger Politclown. Und seine sämtlichen einschlägigen Äußerungen lassen auch gar keine andere Deutung zu, als dass sein ganzes Sinnen und Trachten im Kern auf die Wiederherstellung von Deutschlands Glanz und Gloria gerichtet ist.


Höckes Gesprächspartner bleibt am "Europa"-Thema und fasst nach: "Und die Europäische Gemeinschaft taugt als ein solches friedensstiftendes Mittel?"

Höcke: "Ja, aber nicht im Sinne der heutigen EU. Es kann nur eine Kooperation souveräner Nationalstaaten auf freiwilliger Basis sein und sollte sich auf Bereiche  wie Verteidigung, Wirtschaft und einzelne Großprojekte beschränken."
Und etwas später:
"Wie eine neue europäische Architektur genau aussehen wird, kann man jetzt noch  nicht  sagen.  Grundlage  sollte,  wie  gesagt,  die  Achtung  der  nationalen Souveränität sowie der kulturellen und ethnischen Eigenständigkeit sein. Jede Form von Entmündigung und Nivellierung ist abzulehnen. Das bedeutet keine Abschottung oder Vereinzelung. Allein aufgrund unserer geopolitischen Lage haben  wir  Deutschen  ein  großes  Interesse  an  einem  gedeihlichen  Modus  vivendi mit unseren Nachbarstaaten und befreundeten Völkern und StämmenEine solche mitteleuropäische Friedensordnung wäre auch die optimale Basis für  einen  dauerhaften  Ausgleich  mit  Rußland.  Diesen  befürworte  ich  sehr, auch  weil  ich  weiß,  daß  es  einen  dauerhaften  Frieden  in  Europa  niemals gegen Rußland, sondern nur mit Rußland geben kann."

Höcke will also die EU auflösen, hat aber keinerlei nähere Vorstellung darüber, wie eine neue europäische Architektur aussehen soll! Einem solchen Intelligenzpolitiker laufen erwachsene Bürger hinterher?
Er selber dagegen hält sich zweifellos für eine Reinkarnation Bismarcks. Denn wenn er, anderswo in seinem Buch, fordert: "Politische Entscheidungsträger sollten sich gedanklicher Tiefe nicht verweigern", dann meint er offenbar zuallererst sich selber.

Mit welchen "Stämmen" der Bonsai-Bismarck aus Bornhagen einen "gedeihlichen Modus vivendi" finden will: Ich weiß es nicht. Vielleicht mit Kimbern und Teutonen? Oder mit dem Stamm der Ukrainer, deren Souveränität er so wenig achtet, dass er sie, durch verweigerte Hilfeleistung, in den Staat des despotischen Kreml-Kleptokraten bugsieren will?

Extrem verräterisch, was seine angebliche Begeisterung für irgendein imaginäres "wahres Europa" angeht, ist sein Reden von einer Friedensordnung, die lediglich eine "mitteleuropäische" sein soll. Da verschenkt man doch, um des lieben Friedens Willen, gerne so ein "kleines Zwischenland" (==> OSTPOLITIK) wie z. B. die Ukraine an eine "raumfremde" Macht! Denn zu den für Europa "raumfremden Mächten" in Höckes globaler Sandburgen-Welt gehört auch Russland: "Sowohl Russland als auch die USA haben sich da [in der Ukraine] rauszuhalten" hatte er auf Facebook getönt (==> OSTPOLITIK). Würde er sich wirklich als Verteidiger Europas verstehen, müsste er seiner eigenen politischen Logik nach die Ukraine gegen Russland unterstützen. Indem er genau das nicht tut, sondern sich de facto sogar auf die russische Seite schlägt, straft er sein eigenes hehres Geschwurbel über "raumfremde Mächte" (also im Plural) Lügen: Für ihn sind einzig und allein die USA diejenige "raumfremde Macht", die er gerne aus Europa rauswerfen möchte (aber zum Glück nicht kann).


Dass Höckes Gerede nicht ernst zu nehmen ist (dem jeweiligen Wortsinne nach; als innere Bedrohung durch Dumpfbacken-Nationalismus ist es dagegen bitterer Ernst!), zeigt auch der Vergleich dieses Satzes aus seinem Buch:
"Das Europa vor dem Maastricht-Vertrag, also das 'Europa der Vaterländer' war die friedliche Phase der europäischen Einigung, weil sie vom Prinzip der Einheit in Vielfalt geleitet war"     ["Friedliche" bezieht sich auf seine vorangegangene Behauptung, die Stimmung zwischen den Mitgliedsländern sei so feindselig wie noch nie.]
mit seiner Augustdorfer Rede aus demselben Jahr (s. u.), wo er das Gegenteil behauptete:
[Nach 13:03] "De Gaulle ... [und] Adenauer ... versuchten ... vergebens, mit einer deutsch-französischen Allianz sich aus der US-amerikanischen Umklammerung zu befreien. ..... Kurzum, die damalige europäische Gemeinschaft mit ihrem Binnenmarkt dümpelte mehr schlecht als recht vor sich hin ... . ... diese EU [diente] von Anfang an nicht den europäischen Interessen" (sondern amerikanischen).

Die Rede "Europa ist nicht Brüssel" (Video) hatte Björn Höcke am 24.11.2018 auf einer Veranstaltung des AfD-nahen Paderborner Vereins "Alternativer Kulturkongress Deutschland e.V." in Augustdorf gehalten. (Facebook-Seite des Vereins. Über diesen informiert, in den rein sachlichen Angaben vermutlich zutreffend, der Artikel "Geschichtspolitik für die AfD" vom 30.10.2018 auf der Webseite der "antifaschistischen Zeitung" "Lotta".) 


Zum nachfolgenden Abschnitt verweise ich auch auf meinen Blogpost "Ein Reich, ein Großraum, ein GröFaZ: Björn Höcke und der NS-Jurist Carl Schmitt" vom 13.06.2022.

Auf diese Rede komme ich noch zurück; zunächst weiter mit Höckes Gesprächsbuch. Dort bringt (nicht Höcke, sondern) sein Gesprächspartner Sebastian Hennig Carl Schmitt ins Spiel, ein lt. Wikipedia "deutscher Jurist, der auch als politischer Philosoph rezipiert wird":
"Das geht in Richtung einer neuen Großraumordnung, wie sie von Carl Schmitt Ende der 1930er Jahre entwickelt wurde."
Vorangegangen war der oben schon wiedergegebene Text von Höcke 
"Wie eine neue europäische Architektur genau aussehen wird, kann man jetzt
noch  nicht  sagen. ....." In diesem Text vermag ich nichts zu entdecken, was "in Richtung ... Großraumordnung" gehen würde. Man darf also unterstellen, dass einschlägige Vorstellungen Höckes seinem Gesprächspartner bereits vorher bekannt waren und er ihm nunmehr Gelegenheit geben wollte, sich darüber zu verbreiten. Dafür spricht auch der Umstand, dass Carl Schmitt im Vorwort zu seiner 1939 erschienenen Aufsatzsammlung "Positionen und Begriffe im Kampf mit Weimar - Genf - Versailles 1923-1939" genau jenes Heraklit-Zitat verwendet hatte, das bei Höcke dann zum Buchtitel wurde:
 "Man kann, sagt Heraklit, nicht zweimal durch denselben Fluß gehen. So kann man auch nicht zweimal dieselbe Rede halten oder denselben Aufsatz schreiben."
Zudem hatte sich Höcke in anderem Zusammenhang vorher auch selber schon auf Carl Schmitt bezogen:
"Freund ist, wer den Interessen der Nation dient, Feind ist, wer diesen entgegensteht – festgemacht ganz im Sinne des politischen Begriffs von Carl Schmitt, also ohne jeden Haß und Ressentiments. Den politischen Feind oder auch Freund dürfen wir nicht mit unserer Privatsphäre verwechseln."

Schmitt war ein Nazi und hatte in seinem berühmt-berüchtigten Essay "Der Führer schützt das Recht" die Morde rund um den sog. "Röhm-Putsch" gerechtfertigt. Seine Anbiederung an die Nazis mag opportunistisch gewesen sein. Allemal war er erzkatholisch, erzkonservativ und liberalismusfeindlich sowie antisemitisch. Schließlich erweist ihn sein Büchlein "Völkerrechtliche Großraumordnung mit Interventionsverbot für raumfremde Mächte" (ursprünglich April 1939) auch als deutschen Nationalisten: "Das Großraum-Konzept [stellt] zweifellos einen Anspruch auf eine deutsche Hegemonie in Europa dar" urteilt der britische Historiker Brendan Simms. 
Aber niemand hatte Schmitt damit beauftragt, außenpolitische Leitlinien für das NS-Regime zu entwickeln; dazu brauchte Hitler weiß Gott keine Ratschläge. Es wäre also irreführend zu behaupten, dass Höcke hier Nazi-Ideen übernimmt. So weit muss man auch gar nicht gehen. Zur Ablehnung reicht die Feststellung aus, dass Schmitts Ideen einen europäischen Großraum postulieren, der unter der Fuchtel von Großdeutschland als Hegemonialmacht stehen sollte.

Diese Idee beschreibt der bereits zitierte britische Historiker Brendan Simms so:
"Dieser Großraum war sowohl ein imperiales als auch ein antikoloniales Projekt. Einerseits sollte es Deutschland von der angloamerikanischen Bevormundung emanzipieren. Andererseits stellte es auch nichtdeutsche Bestandteile des Großraums unter nationalsozialistische Herrschaft. Diese beiden Aspekte waren für Schmitt eng miteinander verbunden, weil das Reich in seiner Sicht nur durch die Kontrolle eines 'größeren Raumes' die eigene kritische Masse sichern konnte, um eine Unterwerfung Deutschlands unter die Kräfte des internationalen Kapitalismus und des angloamerikanischen Imperialismus zu verhindern. Nur durch eine 'völkische Großraumordnung', argumentierte Schmitt, könne man dem 'imperialistischen Völkerrecht der westlichen Demokratien' und dem damit verbundenen 'universalistisch-imperialistischen Weltrecht' entkommen."

Dass "das Reich [bzw. Deutschland] ... nur durch die Kontrolle eines 'größeren Raumes' die eigene kritische Masse sichern konnte" (um gegen die Angelsachsen anzustinken) war, unabhängig von der Bewertung des Ziels, damals richtig und gilt heute natürlich noch weitaus mehr.

Höcke selber sagt:
"Ganz  allgemein  ist  das  Modell  eines  übernationalen  Staatenbundes  ein
möglicher  Gegenentwurf  zur  Utopie  der  Weltgesellschaft,  wie  sie  von  den
Globalisten  unter  den  Stichworten  »Weltrepublik«,  »Cosmopolitan
Democracy«  oder  »Global  Governance«  propagiert  wird.
Aber er propagiert dieses Modell nicht. Das ist auffällig, weil ein Staatenbund eine (auf der rein gedanklichen Ebene) saueinfache Lösung für Höckes Problem bieten würde: EU in Staatenbund umwandeln!
Warum will Höcke das nicht, sondern fordert stattdessen einen Austritt Deutschlands aus der EU, also einen "Dexit"?

Im Fortgang der Diskussion favorisiert er irgend eine Art von Großraum:
"Die Etablierung von relativ autonomen Großräumen wäre ein gangbarer Mittelweg zwischen unipolarer und multipolarer Weltordnung und würde mit der Beschränkung auf kleinere, überschaubare Einheiten für die Selbstbestimmung der Völker größere Erfolgschancen bieten."
Auf den Einwand "Aber ist die Idee des »Großraums« überhaupt noch anwendbar auf die heutige Zeit?"
erwidert er: "Natürlich müßte sie weiterentwickelt und von zeitbedingtem Ballast befreit werden – vor allem vom NS-Imperialismus, der eine Mißachtung des Selbstbestimmungsrecht der Völker war und anstelle der nationalen Identitäten das Prinzip der Rasse favorisierte. Die nationale Selbstbestimmung darf nie angetastet werden, alle etwaigen Souveränitätsverzichte in einem übernationalen Verbund müssen auf Freiwilligkeit und freier Entscheidung basieren. Unter dieser Prämisse sind die Grundgedanken aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts durchaus
interessant und sollten in die Konzeptionen alternativer Modelle mit einbezogen werden."
Höckes heilige Schwüre, die Souveränität fremder Völker achten zu wollen, sind, wie seine Positionierung zum Ukrainekrieg zeigt, ein Muster ohne Wert. Und Schmitts Großraum-Idee geht nun mal von einem Hegemonialstaat im Kern und abhängigen Staaten drumherum aus; anders macht sie auch keinen Sinn. Es drängt sich also die Schlussfolgerung auf, dass genau das auch Höckes Ziel ist. Dem lässt sich freilich entgegenhalten, dass er keineswegs deren Umsetzung fordert, sondern ganz vage formuliert:
"... die Grundgedanken aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts [sind] durchaus interessant und sollten in die Konzeptionen alternativer Modelle mit einbezogen werden."

In seiner schon oben erwähnten Augustdorfer Rede sagt er:
[Nach 48:00] "An unserem Land und seinem Schicksal hängt letztlich Europas Zukunft. Und das ist keine neue deutsche Hybris, das hat schon Lenin gesagt: Wer Deutschland hat, der hat Europa, war seine politische Erkenntnis. Warum ist das so? Es ist die schiere Substanz und Größe in der Mitte des Kontinents, der sich in diesem deutschen Kern zu einem Kraftzentrum verdichtet, ohne das Europa nicht bestehen kann. Schon gar nicht, wenn es darum geht, die Invasion von raumfremden Mächten abzuwehren. Das bedeutet aber auch: Wenn das Kraftzentrum Europas nachhaltig geschwächt oder gar zerstört wird, dann hat auch Europa keine Zukunft mehr. Das, das sollten die anderen europäischen Länder, die noch immer die deutsche Gefahr beschwören und die deutsche Kuh bis zum Kollaps melken wollen, bedenken. Ihr Kampf gegen die europäische Mitte, ihr Kampf gegen Deutschland ist ein Kampf gegen sich selbst. Das ist neben, das ist neben der Dekadenz und dem Masochismus, der schnell ins Gegenteil umschlagen kann - wie ich zeigte -, die größte Gefahr für die Europäer, für die Zukunft Europas. Die europäische Selbstzerfleischung tobte sich im letzten Jahrhundert in zwei furchtbaren Weltkriegen aus, als deren Folge die Unterwerfung unter die raumfremden Mächte USA und UdSSR stand. Das, liebe Freunde, das darf uns nie wieder passieren."

Hier ist zunächst festzuhalten, dass Höcke Russland ausdrücklich zur "raumfremden Macht" erklärt. Womit er sie gedanklich aus Europa rauswirft. (Dass er real das vollste Verständnis für die Intervention dieser raumfremden Macht in der europäischen Ukraine hat, steht auf einem anderen Blatt.)

Welche Zukunft er sich für Europa erhofft oder erwartet, sagt er nicht. Aber ersichtlich eine, in der Deutschland eine führende Rolle spielt. Ob er die anderen europäischen Länder zu benötigen glaubt, um Deutschland auf Augenhöhe gegenüber den USA zu bringen oder ob er meint, wir könnten das im Bündnis mit Russland alleine schaffen, verrät er nicht.
Höchst unwahrscheinlich ist jedenfalls, dass sich die anderen Europäer gegen die USA in Stellung bringen lassen und dass denen eine raumnahe deutsche Hegemonialmacht, mit der sie bereits zweimal schlechte Erfahrungen gemacht haben, lieber wäre als der weit entfernte US-Hegemon. Und ebenso, dass sich speziell die Osteuropäer nach einem Verräter- und Gauner-Hegemon sehnen, der Schutz gegen raumfremde Mächte verspricht, sie aber für ein Rohstoff-Linsengericht bedenkenlos über die Klinge springen lässt.
Dass Höcke beiläufig auch noch die deutsche (Allein-)Schuld am Zweiten Weltkrieg (in Europa) weglügt, indem er die deutsche Zerfleischung des Kontinents als "europäische Selbstzerfleischung" darstellt, wird auch nicht gerade Beifallsstürme in den anderen europäischen Ländern auslösen.

Aus alledem ist zu folgern, dass dem Bismarck-Trampel aus Bornhagen unsere Mit-Europäer lediglich als Untergeordnete willkommen sind; ansonsten vertraut er auf die "schiere Substanz und Größe" des "Kraftzentrums" Deutschland. Damit setzt zwar nicht mehr auf die Hilfe Gottes, die dei Deutschen im ersten Weltkrieg ("Gott mit uns"). Allerdings glaubt er (immer noch oder schon wieder), dass Deutschland sich ganz allein gegen den Rest der Welt positionieren sollte und durchsetzen kann. Nur auf die Unterstützung des subordinierten Rohstoff-Lieferanten Russland mag er dann doch nicht verzichten. Weil sich aber auch die dortigen Seelen-Menschen keineswegs dem Willen des Bornhagener Weltenlenkers unterordnen wollen, müssen wir Russland bei der Vergrößerung seines Imperiums halt gewähren lassen. (Vielleicht fallen dabei im Osten ja sogar territoriale Brosamen für das deutsche Brudervolk ab? Siehe ==> KRIEGSSCHULD / Thema "Gebietsrevisionismus".)

Im vorliegenden Zusammenhang ist die Einschätzung von Brendan Simms, Professor für die Geschichte internationaler Beziehungen und Direktor des Zentrums für Geopolitik an der Universität Cambridge, von Interesse, die er in seiner als Buch erschienenen Carl-Schmitt-Vorlesung "Die Rückkehr des Großraums?" [Rezension; den Buchinhalt hat Simms auch zu einem ZEIT-Artikel verdichtet] formuliert hat (S.60/61 Simms-Buch):
"In den letzten 120 Jahren haben wir beobachtet, dass eine dominante 'angelsächsische' und 'universalisierende' Kraft von regional verwurzelten aufstrebenden Mächten herausgefordert wurde. Zweimal, 1918 und 1945, endeten diese Angriffe schlecht. Wie es dieses Mal ausgehen wird, ist nicht abzusehen, aber Henry Luces Aussage von 1941, dass Freiheit einen größeren 'Lebensraum' als 'Tyrannei' benötigt, bleibt auch heute noch gültig. Die westliche Unipolarität muss die chinesisch-russische Multipolarität verdrängen oder bei dem Versuch untergehen. Der universelle 'Raum' der westlichen Demokratie und die 'größeren Räume', in deren Mittelpunkt die Diktaturen Russlands und der VR China stehen, können auf Dauer nicht nebeneinander bestehen."
Jedenfalls sehe ich eine gewisse Ähnlichkeit mit Überlegungen, die ich selber (seinerzeit noch als AfD-Mitglied) in der Auseinandersetzung mit dem AfD-Ethnopluralisten Hans-Thomas Tillschneider entwickelt hatte (und die entsprechend auch gegen Höcke gelten): "Guderian statt Maginot: Wider den Schrebergarten-Identitarismus der Tillschneider-Truppe!" vom 22.05.2016 (späterer Folgepost hier und, im weiteren Sinne, auch dort). Meine Annahme (damals wie heute):
"Was nicht mehr wachsen will, muss weichen". 
Das ist, als Gegensatz zur Schrebergartenwelt des Ethnopluralismus, natürlich eine "universalistische" Position. Womit ich freilich nicht, im heutigen Stadium, einer Welt ohne Grenzen das Wort rede!

Dass Höcke gegen eine europäische Einigung ist, ergibt sich z. B. auch aus dieser Belegstelle in seinem Buch:
Hennig: "Dann sind Sie also gegen eine europäische Einigung?"
Höcke: "Moment, die EU ist nicht gleich Europa! Das ist eine der größten politischen Lügen, die die polit-mediale Klasse in die Hirne der europäischen Völker hineinstreut. Gehören die Schweiz und Norwegen etwas nicht zu unserem Kontinent? Dazu wird uns immer eingeredet: Wer gegen die EU ist, der ist für Nationalismus und Krieg."
Die (empörte) Antwort liegt neben der Sache. Auch wenn nicht alle europäischen Staaten zur EU gehören, ist (egal, wie man dazu steht) diese selbstverständlich ein Versuch, Europa zu einen. Indem Höcke der Frage ausweicht, bekennt er, dass er einen europäischen Superstaat ablehnt. Was freilich nicht überrascht; das hat er ja immer wieder klar gemacht.
Auch ich sehe eine "EUdSSR" durchaus kritisch - einerseits. 
Andererseits bezweifle ich, dass diese Entwicklung jetzt überhaupt noch rückgängig gemacht werden kann; jedenfalls nicht ohne gewaltige Schäden für unser Land. Was allerdings auch jetzt noch möglich sein sollte, wäre ein "Rollback" der Brüsseler Überregulierung und eine Gewährung von mehr Eigenständigkeit für die Mitgliedsstaaten. Das würde allerdings Verbündete in den anderen Ländern voraussetzen. Mit deer aktuellen Gemeinschaftsfraktion im Europaparlament mit ultrarechten Fringe-Figuren von der politischen Resterampe ist insoweit nichts zu erreichen; die AfD hat sich (was Höcke freilich freuen dürfte) auf europäischer Ebene bei allen seriösen Rechten, gründlich ins Abseits manövriert.

Betrachtet man allerdings die Dinge unter dem Aspekt ihrer politischen Eigenlogik, dann müsste, wer Europa wirklich als Großraum gegen die USA (oder auch andere Mächte) will, einen europäischen Superstaat anstreben. Ein bloßes Verteidigungsbündnis souveräner Staaten, deren außenpolitische Interessen  zudem stark divergieren, könnte unmöglich genügend militärische Macht in die Waagschale werfen. Wie soll eine derart fragile Struktur kostspielige Rüstungsprojekte wie Flugzeugträger, Cyberwar, Militarisierung des Weltraums und Atomwaffen finanzieren, bauen und unterhalten? Wo wird (bzw. will) die welche Waffen bauen, Soldaten stationieren, Großprojekte ansiedeln? Ständiger Streit und Zank in allen Bereichen wären vorprogrammiert: Anteil der finanziellen Lasten, Aufteilung von Forschung, Produktion und Stationierung  und ganz besonders die politischen Prioritäten: Für Griechenland ist die Türkei der potentielle Feind; dagegen sehen sich Polen, die baltischen Staaten und Finnland vorrangig von Russland bedroht. Die Franzosen sind insgesamt eher auf das Mittelmeer fixiert - und natürlich auf ihre Uranversorgung aus dem Niger.

Von diesen vielfältigen Schwierigkeiten und spaltenden Tendenzen ganz abgesehen, ist heutzutage militärische Macht ohnehin längst nicht mehr alles. Mindestens ebenso wichtig sind die Stärke der eigenen Währung, die Robustheit der eigenen  Zahlungsnetze gegen Sanktionen, ggf. eine Loslösung des eigenen Internets von internationalen Abhängigkeiten sowie eine finanzielle (Devisenvorräte!), notfalls aber auch militärische Sicherung der Rohstoffbezüge sind wesentliche Machtelemente, die kein einzelnes europäisches Land für sich allein organisieren kann.

Das alles gilt entsprechend auch für das bei Höcke aufscheinende Konzept von "Deutschland + Russland gegen den Rest der Welt". Russland hat zwar viele Rohstoffe, doch dafür ist die Industriekapazität umso dürftiger. Und letztlich würden  abweichende bis gegensätzliche Interessen auch ein solches (hypothetisches) Bündnis schwächen.

Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass auch die Deutschnationalen irgendwann zu solchen Einsichten kommen: Entweder schon vorher durch Überlegung oder erst nach der Implementierung einer solchen Politik durch die (eigentlich vorhersehbar!) schlechten Erfahrungen. 
Deswegen kann ich mir, in ähnlicher Weise wie ich innerdeutsch ein gesellschaftliches Bündnis der ultrarechten Mief-Konservativen mit den Islamisten irgendwann für denkbar halte (==> RELIGION), sehr wohl auch vorstellen, dass die deutschnationalen Amerikahasser selber irgendwann die Einigung Europas vorantreiben werden. 
Zwar darf man die historisch "bewährte" Realitäts-Resistenz deutscher Nationalisten nicht unterschätzen. Doch irgendwann werden selbst die einsehen müssen, dass unser reales Land doch nicht so ganz dem Großdeutschland ihrer feuchten Träume entspricht. Und dass die Verbandelung mit Russland uns noch längst nicht auf Augenhöhe mit der amerikanischen Supermacht hochhievt.


"Die EU ist heute nicht nur ein fremdgesteuertes Projekt der US Politik sondern ein undemokratisches Elitenprojekt einer nicht national, auch nicht europäisch und zur-zeit noch nicht einmal US-amerikanisch, sondern einer global ausgerichteten Führungsschicht. Und dieses Welt-Establishment müssen wir als unseren politischen Hauptgegner begreifen und bekämpfen."


Wenn ihm allerdings (sein rhetorisches) "Europa" behilflich helfen kann, sich im Glanze fremder Leistungen zu sonnen, dann vereinnahmt Höcke sogar die britische Weltmacht via Europa verbal (auch) für Deutschland: "die Entwicklung Europas zur führenden Weltmacht" heißt es an einer Stelle im Buch.


Gegen "Europa" zu sein, macht sich heute nicht mehr gut. Also positionieren sich auch deutsche Ultranationalisten rhetorisch "für Europa". Dafür arbeitet Höcke
spiegelbildlich umgekehrt mit demselben Trick, der es ihm erlaubt, sich bei Bedarf als Gegner des ==> KAPITALISMUS aufzuspielen. Vom einen wie vom anderen schnitzt er sich seinen ganz privaten idiosynkratischen Begriffspopanz, der es ihm erlaubt, seine Hörer an der Nase herumzuführen. In Wahrheit ist er ebenso für den Kapitalismus, wie er gegen Europa ist. 
Aber während er beim Kapitalismus dem zu bekämpfenden, aber real nicht greifbaren "Globalismus" (oder auch "Kasinokapitalismus") einen guten einheimischen Kapitalismus gegenüberstellt, den er selbstverständlich bejaht, erfindet er hier ein imaginäres "wahres Europa", dass er als Scheingegensatz zum politisch realen EU-Europa in die Debatte stellt.
Schauen wir uns sämtliche Passagen aus seiner Rede an, die vom "wahren Europa" handeln, dann sehen wir, dass Höckes "wahres Europa" keinerlei konkreten Gehalt hat:

[Nach 6:05] "wir sagen nein zur EU, wir sagen ja zum wahren Europa. ... Jeder, der auch nur eine vage Vorstellung von der historisch-kulturellen Größe Europas hat und diese mit dem öden Bürokratiemoloch der EU vergleicht weiß, dass Europa nicht Brüssel sein kann.".
[Nach 20:00] "Wir sind die wahren Europäer!" 
[Nach 23:05] "Europa ist nicht Europa. Wir meinen hier natürlich das wahre Europa, das wahre Europa... . Wenn wir uns die heutige Zeit anschauen, mit ihrem platten Materialismus, ihrem kulturellen Niveauverlust, ihrer Gier nach seichter Unterhaltung, Sensation und Klamauk, da kann man berechtigt fragen: Gibt es das wahre Europa heute überhaupt noch [24:02] oder es ist nur ein Traum aus einer längst und längst vergangenen Zeit? Ja, es klingt vielleicht etwas dramatisch-theatralisch. Aber Europa, unser Europa, scheint seine Seele verloren zu haben."
[Nach 47:03]  "... die EU-kritischen und wirklich proeuropäischen Kräfte werden bei der kommenden Europawahl ... in einer noch nie dagewesenen Mandatszahl in das EU-Parlament einziehen und sie werden dort die Interessen des wahren Europa verteidigen.
[Ab 56:05] "Es ist der Mantel der Geschichte, ... der an uns vorbeigeht! Ich sage: ergreifen wir ihn. Halten wir ihn fest und lassen wir ihn nicht mehr los: Bis die Zukunft Europas, bis die Zukunft des wahren Europas gesichert ist! Es lebe unser geliebtes deutsches Vaterland; es lebe das wahre Europa.

So viel darf man immerhin feststellen, dass für Höcke das "wahre Europa" das Europa von gestern ist. Auf der politischen Ebene eine Ansammlung souveräner Staaten in einem geographischen Raum, der üblicher Weise mit dem Namen "Europa" bezeichnet wird.
Höckes Kontrastierung der "historisch-kulturellen Größe Europas" mit "dem öden Bürokratiemoloch der EU" vergleicht Äpfel mit Birnen. Und dazu noch nur sorgfältig selektierte Äpfel: Kultur, Macht Größe. Die unangenehmen Seiten, wie z. B. die Kriege, blendet er routiniert aus. Würde er die einbeziehen, dann müsste er nämlich die historische Wahrheit schildern: 
"Jeder, der auch nur eine vage Vorstellung von den zahlreichen Kriegen, von Hunter und Seuchen des alten Europas hat und diese mit dem der heutigen Vereinigung des allergrößten Teils von Europa in der EU vergleicht weiß, dass sogar der Bürokratiemoloch Brüssel dem alten Europa um ein Vielfaches vorzuziehen ist".
Aber Höckes Gedankenwelt ist insgesamt* im 19. Jahrhundert steckengeblieben; Geschichte besteht für ihn wie für die damaligen Historiker aus den Taten großer Männer**. Für die kleinen Leute, die häufig genug die Leidtragenden solcher "Großtaten" waren (und sind), ist kein Raum in Höckes geistiger Herberge. Seine Selbsterhöhung als vermeintlicher Kulturmensch gegenüber den kleinen Leuten als verachteten Massenmenschen, die bereits für die Rechten der Weimar Zeit charakteristisch war, schimmert stark in seinen Landolf-Ladig-Artikeln durch (==> UMWELT), doch auch im Buch an einigen Stellen:
    "... wir kämpfen im Westen mit den Problemen einer Wohlstandsverwahrlosung. Damit will ich keine neue Armut herbeisehnen, aber etwas mehr Bescheidenheit und Orientierung an immateriellen Werten wären heilsam für uns". (Dem wird jeder grüne Kohlkopf begeistert beipflichten!)
  • "... Ramsch- und Saisonartikel für den schnellen Konsumspaß", 
* (Die Moderne ist ihm eine einzige Krise. Sie hat "zu einer Entwurzelung der Menschen geführt", wogegen "eine neue Bodenständigkeit zu fördern [ist]". Und "Wenn sie uns zu Konsumtrotteln und Jobnomaden degeneriert hat", dann "müssen wir den idealistischen Wert sinnstiftender Arbeit beleben". Höcke hockt in einer selbstreferentiellen Phrasenwelt, deren einzig konkrete Dimension die Nostalgie nach einer vermeintlich guten alten Zeit ist. Für ihn zweifellos verkörpert im zweiten deutschen Kaiserreich, wo
 zwar die Arbeiter arm waren, aber "sein" Deutschland noch internationalen Ruhm und Macht genoss.)

**(Dass Frauen heutzutage ebenfalls Politik machen dürfen, geht für Höcke in Ordnung. Doch weist er denen in seinem Buch als ihre eigentlichen Aufgabenfelder "Intuition, Sanftmut und Hingabe" zu.)


[Nach 23:05] "Europa ist nicht Europa. Wir meinen hier natürlich das wahre Europa, das wahre Europa, ... . Wenn wir uns die heutige Zeit anschauen, mit ihrem platten Materialismus, ihrem kulturellen Niveauverlust, ihrer Gier nach seichter Unterhaltung, Sensation und Klamauk, da kann man berechtigt fragen: Gibt es das wahre Europa heute überhaupt noch [24:02] oder es ist nur ein Traum aus einer längst und längst vergangenen Zeit? ... Europa, unser Europa, scheint seine Seele verloren zu haben. Und das, liebe Freunde, ist die eigentliche, ist die tiefere Krise, aus der die unzähligen Problemlagen von heute nur als Symptom an die Oberfläche drängen. Was aber haben wir Europäer genau verloren haben, dazu müssen wir uns vergegenwärtigen, was Europa zu seiner geschichtlichen Größe hat werden lassen. Zunächst: Europa hat im Gegensatz zu den USA als spätes Produkt der Neuzeit nicht nur eine tausendjährige Geschichte, sondern eine mehrtausendjährige Geschichte ... .[25:02] ... Auf diesem räumlich kleinsten aller Kontinente entfaltete sich eine erstaunliche geistige-kulturelle Dynamik. Europas Forscher- und Erfindergeist ..., seine Philosophie und Spiritualität, seine Kunst und Kultur, seine technisch wissenschaftliche Intelligenz und nicht zuletzt seine ökonomische Leistungsfähigkeit: all das, liebe Freunde, macht Europa einzigartig in der Weltgeschichte! Aber das Wertvollste neben seinem besonderen Genius, und wohl auch dessen Voraussetzung, ist seine kulturelle Vielfalt, seine mannigfaltigen National- und Regionalkulturen. ... [26:02] ... Nach einer wechselvollen Geschichte ... sind die Europäer Anfang des 21 Jahrhunderts vor [27:02] allem in ihren westlichen Teilen von einer schweren inneren Krise betroffen. Selbstzweifel, Schuldkomplexe, Geschichtsvergessenheit und Erschlaffung haben sich wie ein hoch ansteckender Virus verbreitet. ... Dieser Nihilismus wird durch einen seltsamen Masochismus ergänzt. Was den Deutschen ihre ewige NS-Schuld ist, ist anderen europäischen Völkern die Kolonialschuld. Beide wirken in ihrer Einseitigkeit und Extremisierung identitätsdeformierend und lähmen die natürlichen Selbstbehauptungsreflexe. Das sehen wir heute nur allzu [28:11] deutlich bei der Unfähigkeit der Europäer, sich gegen die illegale Masseneinwanderung nichteuropäischer Bevölkerung zur Wehr zu setzen. Man nimmt die Verdrängung aus den angestammten Siedlungs- und Lebensräumen ... einfach mehrheitlich hin. Das Hauptproblem Europas ist also nicht ... der unzureichende EU-Apparat und es sind auch nicht ausschließlich seine europafeindlichen Eliten - das alles ist schlimm genug -, sondern seine tiefe innere Krise. Welche Folgerungen ziehen wir daraus? Die Europäer müssen nach langer Zeit der Entfremdung wieder zu sich selbst zurückfinden. Der lähmende Schuld-komplex [29:01] und der grassierenden Nihilismus müssen überwunden werden. Eine neue Selbstbejahung, eine Selbstbefreundung, ... muss in Gang gesetzt werden. Sie gründet auf dem Bewusstsein vor allen Dingen einer großen gemeinsamen Kultur anzugehören, .... Das alles, ohne in eine falsche Überheblichkeit umzuschlagen und ohne die eigenen Schattenseiten, die ebenso wie die Lichtseiten vorhanden sind - und beides gehört ja systemisch unabdingbar zusammen,- Schatten und Licht - zu verleugnen. Mit dem Geist Johann Gottfried Herder, dem großen Humanisten und Aufklärer, der [30:04] die nationale Vielfalt in der europäischen Einheit predigte ..., stemmen wir uns gegen die öde Nivellierung der One World Massengesellschaft. Kurzum, es geht um die Re-Europäisierung Europas. ... Der ... englische Autor Douglas Murray spricht von einem „Selbstmord Europas“, so lautet einer seiner bekannten Buchtitel. ... [31:05] ... Wie auch immer: Man kann im Grunde ein Volk und eine ganze Völkergemeinschaft nicht gegen den eigenen Willen auslöschen. Und es ist leider wahr, dass sich die Europäer nur wenig wehren gegen ihren offensichtlich geplanten Untergang. Es könnte also sein, so Murray, dass die Europäer ihrer selbst überdrüssig geworden sind, dass für sie die alte identitätsstiftende Erzählung nicht mehr relevant ist. Wenn das, liebe Freunde, die Überzeugung der übergroßen Mehrheit von uns Europäern ist, dann wären unsere Bemühungen tatsächlich umsonst, dann ließe sich maximal noch der unweigerliche Niedergang ein wenig abbremsen und abfedern. Konkret: wenn die afrikanische und [32:04] orientalische Massenimmigration nicht gestoppt würde, so würden wir als autochthone Bevölkerungsfragmente zwar irgendwie weiter existieren. Aber die allermeisten auf dem niedrigen Status von Fellachen, wie das Oswald Spengler einmal genannt hat."

Hier sagt Höcke scheinbar enorm viel. Doch an realem Gehalt enthalten seine zahlreichen Worte denkbar wenig:
  1. Europa ist Vielfalt und muss Vielfalt bleiben. Höcke redet von Kultur; die meint er tatsächlich auch. Was er aber vor allen Dingen meint, spricht er nicht aus:  die Politik! Die politische Vereinigung Europas lehnt er vehement ab.
  2. Europa soll stolz sein auf die Dauer seiner Geschichte. Auf die Dauer ihrer Geschichte können auch die Chinesen stolz sein. Und insofern, als deren Geschichte eine durchgehende war, sogar mit größerem Recht. Aber ohnehin ist das Kinderei; es ist weder ein Verdienst, eine lange Geschichte zu haben, noch eine Schande, wenn diese nur kurz ist. Und die USA, gegen die Höcke hier herumsnobbt, haben eine genauso lange Geschichte wie wir: Die Amerikaner kommen zum allergrößten Teil aus Europa und sind genauso legitime Erben unserer Geschichte, wie wir auch. Amerika ist das Produkt und die Steigerung der europäischen Kultur (während der Nazizeit noch einmal mit einer kräftigen jüdisch-deutschen Injektion gestärkt).
  3. Europa soll stolz auf die im Laufe seiner Geschichte erbrachten Leistungen sein. Das dürfen wir durchaus. Auch Chinesen, Inder oder Japaner dürfen auf ihre jeweiligen Hochkulturen stolz sein. Aber so anregend der Kulturrelativismus von Oswald Spengler auch ist: Europa hat, weit über alle, was alle früheren Hochkulturen hinaus, einen "großen Sprung nach vorn" gemacht. Unsere moderne, weltumspannende Zivilisation ist etwas qualitativ anderes als die Zivilisationsstadien früherer Hochkulturen. Natürlich können wir darauf nicht in gleicher Weise stolz sein, wie auf eigene Leistungen: Weder Höcke noch ich haben etwas zur Entwicklung der Moderne beigetragen. Aber gewiss müssen wir als Europäer keine Minderwertigkeitsgefühle kultivieren - und Schuldgefühle auch nicht. Zwar dreht Höcke frei, wenn er behauptet, dass "der Wohlstandsaufbau, der in der Zeit von 1850 bis 1918 aus dem Geist und der praktischen Tüchtigkeit der Deutschen erwuchs, ..... den Menschen von Bagdad bis Zanzibar unvergessen" bleibe (==> Deutschland). Insgesamt haben aber europäische Länder die Moderne in der Welt verbreitet und die Kolonialgeschichte war auch keineswegs ausschließlich eine Horrorgeschichte. Es ist weder unsere Schuld noch unsere Verantwortung, wenn zahlreiche ehemalige Kolonialländer heute hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben. Das aber nur am Rande. Das Problem mit Höckes Erfolgsmeldungen aus Europa wie aus Deutschland ist, dass er in der Vergangenheit schwelgt - statt an die Zukunft denkt. Aber nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern - und die Leistung von gestern. Wie gefährlich es ist, sich wie eine Wildsau im Schlammbad vergangener Größe zu suhlen, zeigt sich am Beispiel Griechenlands. Auch dort sind die Menschen rasend stolz auf die Leistungen der Antike. Und kriegen wohl auch deshalb die Gegenwart nicht in den Griff. So zumindest bis vor ca. 10 Jahren; mittlerweile scheint sich da was zum Besseren zu verändern. Aber jedenfalls zeigt dieses Beispiel, dass keine Gesellschaft gut beraten ist, aufgrund einer ruhmreichen Vergangenheit die Nase in der Luft zu halten. Höcke ist insoweit ein schwelgerischer Erbeverprasser. Dass man das, was man von seinen Vorvätern ererbt hat, erst noch einmal selber "erwerben" müsse, um es zu besitzen, ist seinem Denken fremd. Dafür, dass der deutsche Sprachraum im "langen" 19. Jahrhundert tatsächlich substantielle Beiträge zum zivilisatorischen Fortschritt geleistet hat, können wir uns heute weder als Land noch als Individuen etwas kaufen. (Wenn man davon absieht, dass wir natürlich allesamt "auf den Schultern von Riesen" stehen.) Und wenn wir uns in diese ruhmreiche Vergangenheit hineinsteigern und sie in unserer Phantasie zur gegenwärtigen Realität machen, dann behindert uns das sogar - und zwar massiv.
Bei Höcke deutet nichts, aber auch gar nichts darauf hin, dass er in irgendeiner Weise, als Person oder als Politiker, zukunftsorientiert wäre. Ganz im Gegenteil sonnt er sich in der deutschen Vergangenheit (deren wenige ruhmreiche Teile er kurzerhand teils abtrennt, teils relativiert) und manchmal auch im Sonnenglanz alter europäischer Errungenschaften. Davon, dass er etwa über das  CERN geschwärmt hätte oder von der Europäischen Südsternwarte, habe ich zumindest nichts mitbekommen. Obwohl das CERN nach dem 2. Weltkrieg gegründet wurde, um der europäischen Grundlagenforschung ein Aufholen zu den USA zu ermöglichen
Das liegt wohl daran, dass (soweit ich den einschlägigen Wikipedia-Artikeln entnehme) noch kein deutscher Physiker sich an diesen Institutionen einen Nobelpreis erforscht hat. Andere Europäer schon (am CERN); aber daran mag sich das Herz eines Deutschnationalen mbH (mit beschränktem Horizont) nicht delektieren. Ein weltveränderndes "Abfallprodukt" der CERN-Forschung, das World Wide Web, wurde leider auch nicht von einem Deutschen erfunden (sondern von einem Briten) - und ebenso wenig der Touchscreen (sondern von einem Dänen und einem Briten); also nirgends ein Lendenwärmer für deutsche Dumpfpatrioten in Sicht. 
Nun sind zwar auch unsere Blockparteien und speziell die Linksgrünen Erbeverprasser. Zwar auf eine ganz andere Weise, doch wahrscheinlich sogar noch weitaus gefährlicher als Höcke. Das ist keine Rechtfertigung für ihn sondern zeigt, dass in dieser Hinsicht auch er zeitgeistversifft ist. Zukunftsweisendes, etwa Unterstützung für den geplanten „Future Circular Collider“ (vgl. aktuell hier; aber schon 2014 ein Thema) habe ich insoweit nicht von ihm vernommen.

Über die zukünftige Zusammenarbeit der europäischen Länder kommt NICHTS Konkretes über Höckes Lippen. Sondern reine Phrasen:
  • Europa hat seine Seele verloren - muss sie also wiederfinden. Mit realem Inhalt mag jeder nach Belieben diese Vorstellung selber abfüllen. Hat wohl irgendwas mit Materialismus zu tun - dem Höcke mit seinen Fraktionsführer-Diäten genauso überzeugend abschwören kann, wie die linksgrünen Öko-Despoten und Klima-Weltreisenden.
  • Der Schuldkomplex soll verschwinden; Europa soll wieder Selbstbewusstsein und, gegen die Massenimmiggression (wie gesagt: mein Ausdruck!) Selbstbehauptungswillen entwickeln. Ja, da gebe ich ihm im Grundsatz Recht. Allerdings nicht beim Verschweigen (Unterschlagen) historischer Schattenseiten. Will Höcke angeblich auch nicht: "Stolz auf seine individuellen nationalen Blüten an dem gemeinsamen europäischen Baum. Das alles, ohne in eine falsche Überheblichkeit umzuschlagen und ohne die eigenen Schattenseiten, die ebenso wie die Lichtseiten vorhanden sind - und beides gehört ja systemisch unabdingbar zusammen,- Schatten und Licht - zu verleugnen." Das sind aber Sonntagsreden bei Höcke, die er in dem Moment vielleicht sogar selber glaubt. Dass die Realität bei ihm jedoch völlig anders aussieht, zeige ich u. a. bei dem Stichwort ==> HOLOCAUST.
  • Das "Bewusstsein, ... einer großen gemeinsamen Kultur anzugehören" darf man haben. Aber nicht in Höckes rückwärtsgewandter Weise im schwelgerischen Blick zurück zur historischen Salzsäule erstarren. Geschichtsbewusstsein ist ein nettes Accessoire; wichtiger aber sind konkrete Planungen für die Zukunft. Alte Mauern locken Touristen an; altes Denken vermauert müde Gesellschaften.
  • Die Forderung nach einer Re-Europäisierung Europas ist so substanzhaltig wie die warme Luft in einem Heißluftballon.

Hier habe ich mich festgebissen und will nun versuchen, den Überblick zurück zu gewinnen.
Üblicher Weise lautet der AfD-Schnack zu diesem Thema "Zurück zur EWG". 
Doch Höcke hasst JEGLICHE europäischen Zusammenarbeit. Es sei denn, Deutschland würde dominieren.
Über die ursprünglichen Ziele des (ich sage mal unspezifisch: ) EuropaProjekts erzählt Höcke seinen Hörern:

[Nach 9:01] "Man wollte einerseits Deutschland nach dem Imperialismus des Dritten Reiches durch die enge politische Einbindung und das Abschöpfen der ökonomischen Ressourcen nicht mehr zu einer relevanten politischen Machtgröße werden lassen. Das war das primäre Ziel der französischen und englischen Politik. Andererseits sollte generell die Macht der europäischen Nationalstaaten durch die verschiedenen Souveränitätsübertragungen begrenzt werden und zwar deshalb, um einen zuverlässigen, möglichst geschlossenen Verbündeten für den Einsatz im sogenannten kalten Krieg, in der Blockkonfrontation zu haben. Das, liebe Freunde, war das primäre Ziel der Amerikaner. Henry Kissinger, der bekannte US-Stratege, hat die Ausrichtung der USA dahingehend auch mal sehr offen und deutlich dem Tenor nach artikuliert. Ein vereinigtes, US-loyales Westeuropa sollte stark genug sein, um die alten Nationalstaaten klein zu halten. Aber nicht so stark, dass es sich zu einer ernsthaften politisch ökonomischen Konkurrenz für die USA entwickeln konnte. Das US-amerikanische Leitbild war ein großes, aber schwächliches Monstrum, ein Begriff, den der Völkerrechtler Samuel von Pufendorf, ein Mann des 18. Jahrhunderts, mal für das dahinsiechende damalige Heilige Römische Reich Deutscher Nation angewandt hat."

Dass insbesondere die Franzosen und Engländer das Europaprojekt auch als ein Mittel verstanden, eine eventuelle Neuauflage des deutschen Imperialismus zu verhindern, dürfte zu treffen. Und ebenso, dass speziell die Amerikaner darin ein Mittel sahen, den Westen in der Blockkonfrontation mit dem Osten zu stärken. Ich wüsste nicht, was gegen beides sprechen sollte. Und tatsächlich kritisiert Höcke diese beiden Ziele hier nicht. Auf welches Kissinger-Zitat Höcke sich bezieht, weiß ich nicht*. Zwar mag es zutreffen, dass sich die USA in Europa keine Machtkonkurrenz heranzüchten wollten. Doch kann ich mir nur schwer vorstellen, dass die Amerikaner insoweit überhaupt größere Befürchtungen hatten. 
* Zu unterschiedlichen Zeiten wird Kissinger sich sehr unterschiedlich geäußert haben. Ziemlich zutreffend ist seine Analyse
 "Die europäische Nation des neunzehnten Jahrhunderts war auf eine gemeinsame Sprache und Kultur gegründet ... Ihr künftiger Einfluss wird davon abhängen, ob es ihnen [den europäischen Nationalstaaten, d. Hg.] gelingt, die Europäische Union zu festigen oder nicht: Als Union wird Europa weiterhin eine Großmacht darstellen, zerfällt es freilich in Nationalstaaten, so wird sein Status zweitrangig sein.“ (Henry Kissinger: Die Vernunft der Nationen, S. 896)
Dass allerdings selbst ein vereintes Europa jemals eine Großmacht nach Art der USA werden kann, halte ich für illusorisch. Sicher ist freilich, dass ein nur lose zusammengeschlossenes Europa nicht entfernt ein Machtfaktor wäre. Damit habe ich persönlich auch keine Probleme; das treibt nur Menschen wie Höcke um, deren ganzes Sinnen und Trachten darauf gerichtet ist, den USA etwas entgegenzusetzen.
Jedenfalls hat Kissinger mit seinem Bonmot über Deutschland als* "Zu groß für Europa, zu klein für die Welt“ die Befindlichkeiten der deutschen Reichsträumer ebenso richtig eingeschätzt, wie die objektive Unmöglichkeit für unser Land, einer Macht wie den USA jemals auf Augenhöhe gegenüberzutreten.
*(Der hier verlinkte Aufsatz von Timothy Garton Ash, “Die neue deutsche Frage” aus dem Jahr 2013 ist insgesamt sehr lesenswert!)

Das angebliche weitere Ziel der bösen Amis, Europa schwach zu halten, widerspricht der von Höcke identifizierten Zielsetzung, "einen zuverlässigen, möglichst geschlossenen Verbündeten für den Einsatz im sogenannten kalten Krieg" zu haben. Der doch jederzeit in einen heißen Krieg hätte umschlagen können.
Zudem ist diese Kritik aus Höckes Mund unredlich: Er selber will am allerwenigsten ein geschlossenes Europa! Mehr als alles andere laufen seine Vorstellungen von einem europäischen Militärbündnis völlig souveräner Nationen auf ein Pufendorf-"Monstrum" nach Art des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation hinaus. Das gilt noch mehr für die anschließende Passage
"Wenn man den heutigen Status der Supernationalität der EU betrachtet, der ja Souveränitäten den Nationalstaaten, wie wir wissen, wegnimmt - 80 Prozent der Gesetze, zumindestens der Gesetzesvorlagen die in unseren Landesparlamenten und dem Bundestag ja meistens durchgewunken werden, kommen ja bekanntlich schon aus Brüssel - und gleichzeitig kein neues souveränes politisches Subjekt schafft, dann muss man neidlos anerkennen, dass die US-amerikanische Strategie fast vollumfänglich aufgegangen ist."
Höcke selber will ganz bestimmt KEINEN europäischen Superstaat als "souveränes politisches Projekt". Aber wenn er gegen die Amis hetzen kann, dann ist ihm kein Vorwurf zu abstrus, als dass er ihn verwerten würde.
De Gaulle und Adenauer hätten, behauptet Höcke "ein Europa der Vaterländer schaffen" wollen. Tatsächlich war das ein reines Schlagwort. Und was mehr hätte das sein sollen als ein machtloses "Monstrum"? Von daher ist es auch nichts als heiße Luft, wenn Höcke tönt "Ihr damaliges Wollen [also das angebliche Wollen von de Gaulle und Adenauer], liebe Freunde, ist unser heutiger Auftrag."

Was Höcke an diesem angeblichen Projekt wirklich fasziniert ist, wie immer bei ihm, die angeblich antiamerikanische Frontstellung: "Beide versuchten bekanntlich vergebens, mit einer deutsch-französischen Allianz sich aus der US-amerikanischen Umklammerung zu befreien." Worin die Bemühungen bestanden haben und wann und wodurch sie gescheitert sein sollen: Das ist Höckes Geheimwissen.

"Interessant ist, dass das europäische Integrationsprojekt im weiteren Verlauf praktisch nur auf wirtschaftlichem Gebiet vorankam. Und auch da lief es alles andere als reibungslos. Ich kann mich noch gut an die Milchseen an die Getreideberge und an die Rindfleischhalden erinnern, die damals ... in  [der Tagesschau] und anderswo in bundesrepublikanischen Nachrichtensendungen transportiert wurden. Kurzum, die damalige europäische Gemeinschaft mit ihrem Binnenmarkt dümpelte mehr schlecht als recht vor sich hin."

[Nach 22:02] "... diese EU [diente] von Anfang an nicht den europäischen Interessen diente, keine den europäischen Interessen dienende Stoßrichtung gehabt hat und dass ihre heutigen Eliten mehrheitlich nicht auf der Seite Europas, auf der Seite der Völker und Kulturen dieses Kontinents stehen, sondern auf der Seite der völker- und kulturfeindlichen Globalisten."
Lassen wir den Sprung von der EWG zur EU mal beiseite, dann ist Höckes Ausführungen in keinster Weise zu entnehmen, in wieweit die EWG gegen die europäischen Interessen gerichtet gewesen sein sollte. "Milchseen,... Getreideberge und... Rindfleischhalden" gab es wirklich. Aber ebenso einen größeren Handelsraum mit entsprechenden Rationalisierungsvorteilen (Skaleneffekte) und einer außerordentlich erfolgreichen deutschen Exportwirtschaft. Wenn das im Hirn des Bornhagener Nesthockers nichts ist, dann gnade uns Gott, sollte dieser geistige Gartenzwerg jemals Macht in unserem Lande bekommen.
Ja, Deutschland war Nettozahler. Damals schon, und ist es heute noch weitaus mehr. Aber damals hielt sich das noch in überschaubaren Grenzen. Heute sind die Summen weitaus größer. Aber im Verhältnis etwa zum deutschen Bundeshaushalt immer noch überschaubar (wenn man auf die reinen Zahlungen abstellt; die deutschen Bürgschaften im Rahmen der Europäischen Währungsunion - EWU - sind natürlich jenseits von Gut und Böse). Doch kommt für Otto Normalverbraucher nach der Million nur noch "Viele" und relationale Vorstellungen vom Verhältnis der Haushaltsposten untereinander und zum Gesamthaushalt hat kaum jemand. Von daher ist es leider leicht, den Hörerschäfchen Horror einzuflößen.

Was die EWG praktisch war oder nicht, ist für Höcke aber eh unwichtig: "Um zu begreifen, warum die Lage heute in Deutschland und Europa so ist wie sie ist" reicht ihm bereits der Hinweis, dass die Amerikaner bei der Entstehung eines (mehr oder weniger) vereinten Europas Geburtshilfe geleistet haben. Das ist ihm Beweis genug, dass das Ganze nichts taugen kann:
[Nach 12:01] "1948 wurde in New York das American Committee on United Europe gegründet und im gleichen Jahr in Brüssel die Europäische Bewegung, in der praktisch alle relevanten europäischen Politiker und Staatsmänner involviert waren. Beide, ich betone beide Institutionen wurden von den USA finanziert und gesteuert. Neben der Ford- und Rockefeller Foundation und dem amerikanischen Außen-ministerium war das allen voran - wir wundern uns nicht – die CIA. Wer hier Verschwörungstheorien wittert, der liegt falsch. Diese US-Einflussnahme seit den Anfängen der europäischen Einigung ist absolut seriös aktueller Wissensstand der historischen Forschung."
Nein, daran ist tatsächlich nichts Verschwörerisches. Bis auf das, was Höcke hinzufantasiert, kann man das alles in den oben verlinkten Wikipedia-Artikeln nachlesen. 
Jedoch wurde die "Europäische Bewegung International" (so der vollständige Name lt. Wikipedia) lediglich zu 50% vom ACUE finanziert - und auch das nur anfänglich. Und "die Ursprünge des Verbands gingen im Juli 1947 auf Initiative von Winston Churchill ... und anderen französischen und britischen Organisationen aus" und damit nicht von den USA. Das hat Höcke zwar auch nicht gesagt. Es ist jedoch insofern wichtig, also wir allein schon deshalb (also vom Selbstbewusstsein der Briten und Franzosen ganz abgesehen) seine Behauptung von einer Steuerung dieser Organisation durch die Amerikaner getrost ins Reich seiner Phantasie verweisen dürfen.


Halten wir fest: Höcke bietet alles auf, um jegliche konkrete Ausgestaltung von "Europa", heute oder früher, madig zu machen. Sein verbales Kontrastprogramm eines imaginären "wahren" Europas, dem er dienen wolle, ist komplett substanzlos.
Ziehen wir andere Äußerungen und Reden von ihm heran, dann erkennen wir, dass er in Wahrheit auf eine enge Verbandelung (von deren genauer Ausgestaltung er keine nähere Vorstellung hat) zwischen Deutschland und Russland setzt. Damit können nach seiner Weltsicht beide "Mächte" gegenüber den USA den dicken Max machen. Ein europäisches Bruderland wie die Ukraine lässt der große Matador des "wahren Europa" dafür gerne über die Klinge springen.
Darüber hinaus darf man allerdings auch vermuten, dass Höcke sich vom Zusammengehen mit Russland eine Stärkung autoritärer Tendenzen innerhalb Deutschlands erhofft, um dem ihm verhassten "Liberalismus" ein Ende zu machen.
Und eine Zusammenarbeit mit den anderen Europäern kann er sich nur mit Deutschland als Hegemonialmacht vorstellen.

Nein, Höckes "Retrologie", sein deutschnationales Ideologiegebräu aus "Weimarer" Zeiten, heckt wahrlich keinen Segen für Deutschland.
Zweimal haben die Nationalisten mit der großen Fresse und den kleinen Hirnen unser Land bereits verkleinert; eine weitere Runde mit diesen Nationalzombies möge uns ein gnädiger Gott gütig ersparen!


Mit Sicherheit wäre zum vorliegenden Stichpunkt auch das auf YouTube verfügbares Video "Europa und die Nation: Björn Höcke im Gespräch [mit Dr. Maximilian Krah, ebenfalls AfD]" vom 31.01.2023 aufschlussreich. Doch fehlt mir momentan die Zeit, auch das in meine Analyse einzubeziehen.


Eine kritische, aber nicht hetzerische, sondern grundsolide Studie zur Europapolitik der AfD hat Helmut Kellershohn vom Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung am 05.03.2024 vorgelegt: "Rückbau, Austritt, Auflösung, Neugründung – oder was? Das Europakonzept der AfD 2023".

XE-EUROPA



X-GELDSYSTEM (Geldwesen)
(s. a. ==> KAPITALISMUS)

Björn Höcke interessiert sich für das Geldwesen.
In einem Facebook-Post vom 12.07.2016 teilte er (was durchaus sympathisch ist!) seinen Followern mit, welche Bücher er für seinen anstehenden Sommerurlaub eingepackt hatte. Von der Lektüre des Buches „Geldsozialismus“ von Roland Baader erhoffte er sich "eine Auffrischung meiner geldtheoretischen Kenntnisse".
Wahrscheinlich hatte ein libertär-"österreichisch" ausgerichteter AfD-Parteifreund ihm das Buch empfohlen. ("Austrians", zu deutsch also "Österreicher", nennen sich jene in aller Regel auch mehr oder weniger libertär eingestellten Personen, die sich selber als Anhänger der "österreichischen" Schule der Wirtschaftswissenschaft verstehen. Aus meiner Sicht ist diese Denkrichtung allerdings schon vor Jahrzehnten zu einer "vulgärösterreichischen" Ideologie herabgesunken.)

Doch muss sich Höcke schon vorher mit "österreichischen" Vorstellungen über das Geldsystem beschäftigt haben, denn bereits am 18.03.2016 hatte er auf Facebook autoritativ dekretiert (meine Hervorhebungen):
"Das Scheingeld des Geldsozialismus ist der Treibstoff des Kasinokapitalismus, der marktwirtschaftliche Selbstregulierungsprozesse teilweise außer Kraft setzt. Der Wachstums- und Rationalisierungsdruck, der auf der Realwirtschaft lastet, und der auch dazu führt, daß der Mittelstand verschwindet und immer mehr Menschen in Deutschland von ihrer Hände Arbeit nicht mehr leben können, hat seinen Ausgang auch in einem kranken Geldsystem.
Wer in die Diskussion über den Mindestlohn einsteigt, sollte sich darüber im Klaren sein, daß er sich im Bereich des Nachsteuerns bewegt, also Symptompolitik betreibt. Das ist mir für die AfD zu wenig. Sie muß den Anspruch haben, die Ursachen für Fehlentwicklungen zu benennen. Der Kasinokapitalismus und der mit ihm korrespondierende Geldsozialismus dürfen nicht das Ende der Weltgeschichte sein. Die AfD muß Visionsfähigkeit zeigen. Dazu gehört auch der Mut, den Kapitalismus neu zu denken."

Liest man Höckes Text sorgfältig, fällt auf, dass er keinerlei konkrete Kausalzusammenhänge identifiziert, also nicht sagt, was "Scheingeld" "Kasinokapitalismus" und "Geldsozialismus" sein sollen. Und ebenso wenig, was seiner Meinung nach "richtiges" Geld wäre und wie es beschaffen sein müsste. Vergeblich sucht man auch irgendwelche Hinweise, durch welche Gesetze und Maßnahmen der Höcke den "Kasinokapitalismus" und den "Geldsozialismus" abschaffen will. Schon gar nicht erfährt man, auf welche Weise seine neue Ordnung der Dinge die Mindestlöhner (ggf. auch andere Gruppen) wirtschaftlich besserstellen könnte.

Soweit sie sich überhaupt vom Leser mit konkreten Wirkzusammenhängen unterlegen lässt, ist seine "Argumentation" sogar selbstwidersprüchlich:
Höcke bringt "Scheingeld" und "Kasinokapitalismus" gegen den Mindestlohn in Stellung. Ob er (wie in der AfD weitgehend üblich) den Mindestlohn ablehnt, lässt diese Passage nicht erkennen. Aber jedenfalls hält er ihn offenbar dann für überflüssig, wenn "Kasinokapitalismus" und "Geldsozialismus" abgeschafft wären.
Nun soll aber der Mindestlohn den schlecht entlohnten Arbeitnehmern mehr Geld verschaffen (also letztlich mehr Güterkonsum ermöglichen). 
Rein theoretisch lässt sich das auf zwei Wegen (und natürlich auch einer Kombination beider) erreichen:
  • "Umverteilung" (von wem auch immer) hin zu den Mindestlöhnern (gesamtwirtschaftlich ein Nullsummenspiel) und/oder
  • Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Produktivität. Nur in diesem Szenario kann eine Gruppe von Wirtschaftssubjekten mehr "in der Tasche haben", ohne dass andere weniger hätten.
Wer indes beklagt, dass ein bestimmtes Geldsystem der Realwirtschaft einen "Wachstums- und Rationalisierungsdruck" aufzwinge, der will die geschichtsumwälzende Leistung der eigentumsbasierten, geldgesteuerten Marktwirtschaft ("Kapitalismus") rückgängig machen: Dass sie nämlich die Verteilungskonflikte durch (gewaltige) Produktivitätssteigerungen entschärft hat!
Hier stellt sich also die Frage, was Höcke eigentlich will: 
  • Umverteilung statt Produktivitätssteigerungen? Kann er (zumindest theoretisch) mühelos durch Steuererhöhungen erreichen! Eine Änderung des Geldsystems braucht es dazu nicht. 
  • Oder vielleicht doch lieber Produktivitätssteigerungen (auf die setzt übrigens auch das Rentenpapier der Thüringer AfD-Fraktion!)?

Hier wie bei vielen anderen Äußerungen, mit denen er sich als profunder Denker und großer Staatsmann aufspielt (und von seinen Anhängern als solcher wahrgenommen wird), jongliert Höcke mit ideologischen Begriffen, die bei ihm selber und bei seinen Zuhörern gut ankommen, weil sie irgendwie substanzhaltig (und auf alle Fälle ganz toll) klingen. Für die er aber nicht beschreiben kann, welche konkreten Zusammenhänge genau dahinter stehen sollen. Und schon gar nicht, wie man das mit seinen Begriffen irgendwie vage adressierte bzw. kritisierte soziale System durch ein anderes ersetzen könnte. Weil er mit den schönen Worten KEINERLEI KONKRETE VORSTELLUNGEN verbindet.

Natürlich merkt er auch nicht, dass der Begriff "Geldsozialismus" bei den libertär-"österreichischen" Verwendern eine Fundamentalkritik an jeglicher Sozialpolitik überhaupt beinhaltet.
So beklagt z. B. Roland Baader bereits im Vorwort (S. 5) zu seinem "Geldsozialismus"-Buch, dass die Menschen "das Bildungswesen, das Gesundheitswesen und das Rentensystem als kollektivistische Staatsapparate konstruiert haben".
Das alles haben die Privatleute gefälligst selber zu organisieren; der Staat hat, im Wesentlichen, nur das Eigentum zu beschützen.
Libertäres Gesellschaftsdenken und (mehr oder weniger) "österreichisches" Wirtschaftsdenken haben sich zu einer unauflöslichen IDEOLOGIE amalgamiert. Für deren Exponenten ist JEGLICHE soziale Fürsorge des Staates für seine Bürger das reinste Teufelswerk. (Roland Baader ist schon vor geraumer Zeit verstorben. Heute findet sich diese Ideologie in extremer Zuspitzung bei dem bekannten Crashpropheten Dr. Markus Krall.)
Hintergrund der libertär-österreichischen Gesellschaftsvorstellung ist ein ebenso ausgeprägter wie widerlicher Sozialneid nach UNTEN. Jeglicher Sozialstaat ist für die "Sozialismus" (in seinem Buch "Kreide für den Wolf" spricht Baader auf S. 173 z. B. vom "Sozialsozialismus im modernen Sozialstaat mit seiner sakrosankten Sozialgesetzgebung"). Finanziert wird der Sozialstaat aus libertärer Sicht durch die Notenbanken: DAS ist es, was diese Kreise als "Geldsozialismus" geißeln.
So sagt Roland Baader in "Kreide ..." auf S. 287 (meine Hervorhebungen): "Merke: Die Notenbanken und internationalen Institutionen, die den Sozialsozialismus der Sozialstaaten finanzieren und den Kapitalismus deformieren und pervertieren, sind Spielbanken.")
In "Geldsozialismus" wettert Baader auf S. 137 gegen einen angeblichen "monetäre[n] Sozialismus mit seinen Hauptkomponenten fiat money und Zinsplanwirtschaft" und auf S. 138 gegen einen imaginierten "monetäre[n] Sozialismus in Form des ungedeckten Papiergeldes und der Zinsmanipulation"

Wer also den nach libertären Vorstellungen bestehenden "Geldsozialismus" kritisiert, der will eigentlich den Sozialstaat abschaffen. Höcke will das sicherlich nicht; aber das hindert ihn nicht daran, mit aufgegabelten, geistig unverdauten Begriffen bei seinen insoweit uninformierten Anhängern hausieren zu gehen.

Hochsprachlich gesagt, ist Höcke hier (wie auch auf anderen Politikfeldern) ein substanzloser Blender. Vulgärsprachlich, aber sehr treffend, charakterisiert ihn der Ausdruck "Begriffswichser": Er geilt sich an bloßen Worten auf; er "löst" Probleme, in dem er Worte "druffpappt" (wie man in Frankfurt sagen würde).
"Den Kapitalismus neu zu denken": DAS ist ein Heißluftballon nach Höckes Geschmack! Eine großartige Hülle; welcher Banause wird da nach Inhalten fragen? 
Wie seine "Lösungen" funktionieren sollen, worin diese Neuformulierung des Kapitalismus eigentlich bestehen soll: das weiß Höcke nicht; danach fragt er ABER auch gar nicht. Sonst würde die widrige Nadel der Wirklichkeit sein Selbstbildnis als politischer Heilsbringer (Messias) zerplatzen lassen. Doch seine narzisstische Selbstwahrnehmung lässt er sich nicht rauben. Weder von anderen, noch durch eigenes, selbstkritisches Hinterfragen.
Als politischer Narzisst bzw. Autist ist Björn Höcke das bildungsbürgerlich emaillierte alteuropäische Gegenstück zum eher cowboyhaft auftretenden Donald Trump. Gefährlich sind alle beide schon deshalb, weil sie realitätsblind sind! 
Die Welt ist für beide (vielleicht bei Höcke nicht ganz so krass ausgeprägt) ein Konstrukt ihres Willens und ihrer Vorstellung.

Die Methode, mit der Höcke sich selber und seinem Publikum eine tiefe Einsicht in tatsächlich völlig unverstandene gesellschaftlich-politische Komplexe vortäuscht, kann man frei nach Goethe so beschreiben:
"Denn dort, wo ihm Begriffe fehlen, da fällt ein Wort zur rechten Zeit ihm ein."

Irgendwelche seriöse Literatur zum Thema Geldsystem (z. B. "Geld aus dem Nichts" des Schweizer Prof. Mathias Binswanger) hat Höcke offensichtlich niemals gelesen. Denn um Erkenntnis geht es ihm nicht und kritisches Denken ist nicht sein Ding: Höcke hascht nach einem Narrativ, dass ihn in seiner Selbstwahrnehmung und gegenüber seinem intellektuell weniger anspruchsvollen Gefolge als Erlöser erscheinen lässt. Ein solcher "bescheidener Weltenlenker" muss die schmutzige Realität transzendieren: In Wort-Reiche, welche die gewöhnlich Sterblichen mit offenen Mündern staunend ergaffen und wo die Blinden das Fehlen der kaiserlichen Bekleidung gar nicht bemerken.

Seinen im Facebook-Beitrag vom 16.03.2016 zur Parteiwebseite verlinkten Geldtext freilich haben seine Parteifreunde, so sehr sie ihm sonst ergeben sind, dort gelöscht.


Doch schon weitaus früher hatte sich Björn Höcke zum Thema Geldwesen geäußert.
In ihrem Heft 43/2008 vom 17.10.2008 hatte die Zeitschrift JUNGE FREIHEIT auf S. 2 einen Gastkommentar von Prof. Dr. Hans-Olaf Henkel (der übrigens später zeitweise selber AfD-Mitglied war) zur damaligen weltweiten Bankenkrise veröffentlicht. Überschrift "Kein Dritter Weg"; daraus:
"Wer die deutsche Debatte der vergangenen Wochen verfolgt hat, muß den Eindruck gewinnen, die Bankenkrise sei ein Beweis für das Versagen der Marktwirtschaft. Landauf, landab wollen uns sowohl ganz linke als auch ganz rechte Politiker weismachen, daß nun ein Epochenwandel ansteht und der (National!-)Staat zum beherrschenden Akteur werden muß.
Versagt hat aber nicht der Markt, versagt haben Institutionen und Personen. ... Daß trotzdem wieder neue Formen des Sozialismus propagiert werden, ist absurd. Es gibt kein besseres System als die Marktwirtschaft, wenn wir das Ziel verfolgen, das Streben nach Glück und Wohlstand in produktive Bahnen zu lenken. Der Dritte Weg ist der schnellste Weg in die Dritte Welt."

Das provozierte Höcke, in einer Antwort (veröffentlicht im Heft 45/2008, S. 19 unter "Dritte Wege diskutieren") seine vermeintlich tiefere Einsicht in die Zusammenhänge zu verkünden. Übereinstimmend mit Henkel bekennt er sich dort zunächst ebenfalls zur Marktwirtschaft:

1) "Die gegenwärtige Krise ist definitiv keine des herrschenden Wirtschaftssystems,
also der Marktwirtschaft .....".

Vielmehr identifizierte er das Geldsystem als Ursache des Übels:
2) "..... sondern eine [Krise des] des korrespondierenden Geldsystems ....."

Dieses Geldsystem beschreibt er als "zinsbasierter Kapitalismus":
3) "..... des zinsbasierten Kapitalismus".

Offenbar hat er etwas gegen Zinsen für Geldverleih. Möglich, dass er das Buch "Die Zinsknechtschaft" des Nazi-Geldtheoretikers Gottfried Feder gelesen hat (den  die Nazis rasch kaltgestellt haben, weil er selbst denen zu spinnert war). Das muss allerdings nicht sein; jedenfalls spielen bei Höcke, anders als bei Feder, auch ökologische Besorgnisse eine wichtige Rolle (meine Hervorhebung):
4) "Wenn es der Menschheit nicht bald gelingt, ein Geldsystem zu erschaffen, das
nicht darauf angewiesen ist, ein ewiges Wachstum in einer endlichen Welt zu generieren, wird die letzte Hoffnung auf eine Selbstregulation von Mensch und Natur aufgegeben werden müssen."   (Folgt im Original auf meine u. g. Nr. 5.)
Dass das Geldsystem (speziell durch die Kreditzinsen) ein Wachstumstreiber sei, ist ein in Laienkreisen grassierender Irrtum. 
Einen Einstieg in diese Debatte bietet z. B. der (jetzige) Juniorprofessor (damaliger Student) BARTOSZ BARTKOWSKI in seinem Blogpost "WACHSTUMSFRAGEN. Gibt es einen monetären Wachstumszwang?" vom 31.05.2015. Eine Widerlegung liefert der Autor in seinem Blogpost "Profite, Zinsen und Wachstum" vom 17.04.2016. Auch die Wikipedia hat einen Eintrag zum Thema "Wachstumszwang".
Dieser Diskurs ist aber ein weites Feld; ich lasse ihn an dieser Stelle auf sich beruhen und begnüge mich mit der (wertneutralen oder positiven) Feststellung, dass Höckes Denken jedenfalls auch eine ausgeprägte ökologische Konstante hat (==> UMWELT)

Der folgende Satz schließt in Höckes Original-Leserbrief an den oben (von mir) mit der Nr. 3 markierten Text an:
5) "Enorme Buchgeldschöpfungen, gigantische Kapitalakkumulationen und globale
Konzentrationsprozesse führen zwangsläufig zu zyklischen Krisen einer hochgradig vernetzten, monokulturalisierten Weltwirtschaft."
Hier packt Höcke eine Menge von aus seiner Sicht problematischen Entwicklungen in einen Satz. Das klingt enorm wissend; aber wie eigentlich die Kausalzusammenhänge beschaffen sein sollen, also auf welchem Weg Buchgeldschöpfungen, Kapitalakkumulationen und Konzentrationsprozesse die Weltwirtschaft krisenanfälliger machen und was eine  "monokulturalisierte" Wirtschaft eigentlich sein soll, das verrät er uns nicht. (Im Parteiprogramm der NPD von 2010, das auch aktuell noch für die umbenannte Partei "DIE HEIMAT" gilt, heißt es: "Die Globalisierung der Wirtschaft beruht auf dem überholten und falschen Ziel der maximalen Ausbeutung der Erde durch Schaffung von wirtschaftlichen Monokulturen.")
Klar ist aber natürlich, dass weltwirtschaftliche Krisen nur bei einer weltweiten Vernetzung entstehen können. Doch gab es internationale Wirtschaftskrisen schon im 19. Jahrhundert ("Die Wirtschaftskrise von 1857 war die erste Weltwirtschaftskrise" informiert die Wikipedia). Wollen wir wirklich heutzutage hinter den schon damals erreichten Globalisierungsstand zurückfallen???
Und vor allem sind die "gigantische[n] Kapitalakkumulationen" wohl nicht auf das Geldsystem, sondern auf das Eigentumssystem zurückzuführen. (Das bedeutet nicht, dass ich ein von der Realwirtschaft weitgehend entkoppeltes Eigenleben des Geldsystems für ungefährlich halte. Aber ich habe da keine fixen Antworten, sondern viele offene Fragen.)

Eine weitere Detaildiskussion wäre unfruchtbar; ich beschränke mich auf die Feststellung, dass Höcke für die "gigantische[n] Kapitalakkumulationen" das Geldsystem verantwortlich macht - und nicht etwa das Eigentumssystem. Damit fährt er dieselbe psychologische Entlastungsstrategie wie die "Austrians". 
Die haben nichts gegen die Reichen. Weil sie aber selber vergeblich nach (großem) Reichtum streben, können sie für ihren eigenen Status nicht das Eigentumssystem verantwortlich machen. Also entlasten sie sich mit der Phantasie einer Fehlkonstruktion eines Geldsystems, das angeblich die anderen bereichere und ihnen selber den Reichtum verwehre. (Dieses Konstrukt tragen sie freilich nur im luftleeren Raum vor. Wenn es um ganz konkrete Reiche geht, dann haben die ihren Besitz redlich verdient!) Und auch Höcke will (allem Gerede von "solidarischem Patriotismus" zum Trotz) um Gottes Willen keine Umverteilung: Also identifiziert auch er das Geldsystem als Ursache z. B. von geringen Löhnen.

Immerhin behauptet er in seinem Leserbrief nicht, selber eine Patentlösung parat zu haben, sondern fordert abschließend:
6) "Die JF sollte schleunigst in eine Diskussion über 'Dritte Wege' einsteigen."


Das vermeintlich kranke Geldsystem treibt Höcke noch immer um. So hatte er z. B. in einer Rede im Thüringer Landtag am 08.05.2020 (S. 697) gesagt:
"Unser Geldsystem ist krank und muss grundlegend reformiert werden, damit sich Leistung und Ehrlichkeit wieder lohnen, und nicht Schläue und Verschlagenheit. ..... Lassen Sie uns gemeinsam Geldsozialismus und Casinokapitalismus überwinden und eine menschliche Marktwirtschaft anstreben!"
Dass er diese Ausführung mit der Corona-Krise verknüpft hatte zeigt, dass Höcke spinnerten Meinungsmüll aus seiner politischen Filterblase wie ein Schwamm aufsaugt und unverdaut weiterverbreitet. Der folgende Text steht im oben von mir ausgelassenen Teil seiner Rede:
"Es darf nicht sein, dass mithilfe von Corona einfach die Reset-Taste gedrückt wird und das Spiel, das vor allen Dingen die Enteignung des Mittelstands zugunsten einer kleinen globalen Schicht Superreicher bedeutet, von vorn beginnt. Lassen Sie uns gemeinsam wachsam bleiben, damit in der Corona-Krise nicht still und heimlich alte riesige Problemhalden entsorgt werden können!"


Wenn es wen interessiert: Über die grundlegenden Mechanismen der kreditären Geldschöpfung habe ich ausgiebig gebloggt

XE-GELDSYSTEM



X-HERZOG, Roman (ehemaliger Bundespräsident)

Dieses Stichwort fällt aus dem Rahmen; es ist ein Notbehelf. 
Die Diskussion der einschlägigen Höcke-Äußerung würde unter mehrere meiner Kategorien passen - aber nirgends voll und ganz. 

Ich erörtere hier eine Passage aus Höckes Dresdener Rede vom 17.01.2017 [hier im Video], wo er jene berühmte "Ruck-Rede" attackiert, die Roman Herzog als damaliger Bundespräsident am 26.04.1997 in Berlin gehalten hatte:
"Und auch [zuvor hatte er bereits die 'Befreiungs-Rede' von Präsident Weizsäcker kritisiert: ==> HITLER] die Ruck-Rede, die sogenannte Ruck-Rede von 1997, gehalten vom letzte Woche verstorbenen Bundespräsidenten Roman Herzog, war eine Rede gegen das eigene Volk. Sie war nichts anderes als der perfide Versuch in der Ansprache durch nationale Emotion – und er sagte: „Durch Deutschland muss ein Ruck gehen!“ – welcher Patriot könnte sich dieser Aussage nicht anschließen? Selbstverständlich muss durch Deutschland ein Ruck gehen, liebe Freunde. Aber er versuchte diese nationale Emotion nur zu schüren und zu transportieren, um die Gemeinschaft von uns Deutschen der vollständigen Ökonomisierung auszuliefern. Seine Rede war nichts anderes als eine deutliche Begleitmusik zur Entfesselung der Finanzmärkte, zur Auflösung der Solidargemeinschaft, sprich zum neoliberalen PluralismusDie Menschen haben Roman Herzog damals geglaubt, so wie viele Menschen sehr lange Angela Merkel geglaubt haben. Beide haben sie unser gutmütiges Volk heimtückisch hinters Licht geführt."

Dass Höcke die unter Rechtsradikalen als "Befreiungslüge" geschmähte Weizsäcker-Rede angegriffen hat, ist aus seiner Sicht nachvollziehbar; die dürfte, in eben diesem Sinne, den allermeisten seiner Hörer ein Begriff gewesen sein. 
Bekannt ist zwar auch die "Ruck-Rede" von Roman Herzog; aber vermutlich weniger in Rechtsaußen-Kreisen und unter Jugendlichen.
Bei der Ausarbeitung seiner eigenen Rede ist Höcke offenbar deshalb auf Weizsäcker gestoßen, weil dieser eine Woche vorher, am 10.01.2017, verstorben war
Mit ziemlicher Sicherheit wollte Höcke mit seiner Herzog-Kritik auch der damaligen Parteivorsitzenden Frauke Petry eins auswischen. Die nämlich hatte Herzogs Wirken in einer Pressemitteilung (vom 10.01.), die noch heute auf der Webseite des Mitgliedermagazins "AfD Kompakt" online ist und die ursprünglich oder parallel als PM der AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag verbreitet worden war, gewürdigt:
"Der Tod Roman Herzogs hat mich tief getroffen. Mit ihm verliert Deutschland einen Mann, der klare Worte schätzte und der sich nie scheute, diese würdevoll aber auch deutlich und fordernd auszusprechen. Erinnert sei an dieser Stelle an seine in die Geschichte eingegangene ‚Ruck-Rede‘ in der er anmahnte, dass wieder ein Ruck durch Deutschland gehen müsse. Roman Herzog war zwischen 1994 und 1999 der siebente Bundespräsident. In dieser Zeit arbeitete er erfolgreich für das politische und persönliche Zusammenwachsen des zuvor 40 Jahre lang geteilten deutschen Volkes. Anders als spätere Bundespräsidenten übte er sein Amt tatsächlich als überparteiischer Staatsmann aus, dem es wichtig war, möglichst alle Deutschen anzusprechen und deren würdiges Staatsoberhaupt zu sein. Mit dem Tod von Roman Herzog verliert Deutschland einen weiteren Staatsmann von dessen Größe und Würde es immer weniger gibt. Meine Gedanken sind bei seiner Familie.

"Ökonomisierung" ist eigentlich ein linker Kampfbegriff (und ebenfalls beliebt zur Durchsetzung von Partikularinteressen). In der Sache ist er strunzdämlich bzw. abgrundtief verlogen. Seine Anwender wollen damit in aller Regel mehr Staatsknete für ihr jeweiliges Arbeitsfeld herausschlagen.
Wenn beispielsweise die Immiggressionsfanatiker von einer „Ökonomisierung des Sozialen“ sprechen, dann wollen die damit sagen, dass der Staat gefälligst jede beliebige Menge Steuergelder als Sozialleistungen sowohl für die Bürger des Landes als auch für die Immiggressoren verfügbar zu machen habe ("es ist genug für alle da"). Das Soziale wird zur heiligen Kuh und die Staatskassen werden zum Schweinetrog, wo alle Welt reinrüsseln darf. Die Steuerzahler werden dabei gedanklich als Sklaven behandelt - oder wie Nutten, die gefälligst für die linksgrünen "Asyl"-Zuhälter der Fa. Geldverteiler Inc. schuften und (r)anschaffen sollen. [Für diesem Zweck haben die deutschlandhassenden Volksausbeuter noch eine weitere, mindestens ebenso dämliche Kampfparole konstruiert: (Leistungen für) die Immiggressoren dürften nicht gegen (Leistungen für) die indigene Population "ausgespielt" werden - als ob man Geld doppelt ausgeben könne!]
Entsprechend wettern die jeweiligen Interessenvertreter auch gegen eine "Ökonomisierung der Justiz"- und besonders gern des Gesundheitswesens: Alle Versuche, in diesen Sektoren zu sparen oder zu rationalisieren, werden (mit eifriger Unterstützung der Medien) als böse, böse "Ökonomisierung" verteufelt: Für die Gesundheit muss beliebig viel Geld da sein; Rationalisierungen oder die Einschränkung von Leistungen auf das wirklich Notwendige sind des Teufels. Tönen, unisono Leistungsanbieter und Leistungsnutzer, wobei letztere freilich als Beitragszahler für ihre Borniertheit auch selber bezahlen müssen.
Auf dem Feld der Bildungspolitik hatte Höcke bereits im SEZESSIONS-Doppelinterview vom Oktober 2014 (Teil 1) geklagt:
"Die in den letzten Jahren verstärkt zu beobachtende Nivellierung, Trivialisierung und Ökonomisierung der staatlichen Bildungs- und Erziehungsinstitutionen vom Kindergarten bis zur Hochschule drängten mich immer öfter zum offenen Widerspruch.

Amüsant ist, dass auch DIE LINKE (und gar noch die Thüringer!) Herzog scharf kritisiert. Und an anderer Stelle auch die "Ökonomisierung der Gesellschaft" beklagtHier existiert wohl so etwas wie eine mentale Querfront zwischen den Kommunisten der Mauermörderpartei und Höcke.

Freilich geht es in Roman Herzogs Rede weitestgehend um die deutsche Wirtschaft, also um die Ökonomie. Wer Herzogs Appell als einen Versuch geißelt, "die Gemeinschaft von uns Deutschen der vollständigen Ökonomisierung auszuliefern", der beanstandet also, dass Herzog die Ökonomie ökonomisieren wolle. 
Solche Kritik an der Selbstverständlichkeit, dass Ökonomie "ökonomisiert" ist und sein muss, zeugt nicht gerade von Klugheit und staatsmännischem Denken. 
Bei Höcke ist häufiger zu beobachten, dass er sich wonnig in Worten wälzt, ohne deren Realitätsgehalt zu hinterfragen und ohne darüber nachzudenken, ob und auf welche Weise seine Verbalkonstrukte überhaupt umsetzbar sind, bzw. was eine Umsetzung bedeuten würde. Seine politischen "Rezepte" entspringen in vielen Fällen einer selbstreferentiellen Worte-Welt und sind dann mit der Wirklichkeit allenfalls durch einen Wackelkontakt verknüpft.  (s. a. ==> GELDSYSTEM; KAPITALISMUS; UMWELT).

Aus Anlass von Herzogs Tod hatte der SPIEGEL die Ruck-Rede auf seiner Webseite eingestellt; vermutlich hat Höcke sie dort gelesen. DASS er sie damals tatsächlich (wieder?) gelesen hatte (und somit nicht auf etwas eindrischt, was er überhaupt nur vage in Erinnerung hatte), zeigt der Fortgang seines Textes: "Immerhin wagte Roman Herzog von Visionen zu sprechen. .....
Aus dieser weiteren Beschäftigung Höckes mit der Ruck-Rede ist hier noch der folgende Abschnitt wichtig:
"Liebe Freunde, es ist gut, dass Roman Herzog damals die Kraft der Visionen angesprochen hat. Aber vielleicht aus Unwissen oder weil er es nicht wollte hat er unerwähnt gelassen, dass sich auf Ökonomismus keine Visionen gründen lassen. Roman Herzogs Rede und sein Appell an ein Wir-Gefühl, eine neuen Vision, an einen inneren Ruck der Deutschen zielt nur darauf ab, uns Deutsche noch effektiver und produktiver wirtschaften zu lassen. Das, liebe Freunde, ist uns als Sinngebung im beginnenden 21. Jahrhundert eindeutig zu wenig."

Wie häufig bei Höcke tun sich hier Widersprüche auf, die uns mit der Frage konfrontieren sind, was uns der Dichter eigentlich sagen wollte? Denn die letzte Passage
1 - (Hier: ) "Roman Herzogs Rede ... zielt nur darauf ab, uns Deutsche noch effektiver und produktiver wirtschaften zu lassen"
und das sei
"als Sinngebung im beginnenden 21. Jahrhundert eindeutig zu wenig"
klingt wesentlich gemäßigter im Vergleich zur ersten
2 - (oben) mit dem Vorwurf, Herzog habe
"die Gemeinschaft von uns Deutschen der vollständigen Ökonomisierung"
ausliefern wollen und seine Rede sei
"nichts anderes" gewesen, "als eine deutliche Begleitmusik zur Entfesselung der Finanzmärkte, zur Auflösung der Solidargemeinschaft, sprich zum neoliberalen Pluralismus."

Wenn ich mir Herzogs Rede anschaue, dann sehe ich nichts, was einen deutschen Patrioten, sogar einen ultrarechten Patridioten, derart zur Weißglut reizen könnte, wie Höcke speziell in seiner o. a. Textstelle 2 (= im Redetext die erste der beiden einschlägigen Passagen).
 
Allerdings hatte bereits die "Vereinigung Deutscher Wissenschaftler" Herzogs Berliner Rede Ruck-Rede angegriffen. Deren Offener Brief war veröffentlicht worden  im Augustheft 1997 der "Blätter" unter den Titel "Konkurrenz- und innovationstoll". Schon diese hatte u. a. eine "Ökonomisierung" (des Bildungswesens) beklagt:
"Ihrer 'Vision einer Gesellschaft, die jedem die Chance einräumt, an der Wissensrevolution unserer Zeit teilzunehmen', steht - realistisch gesehen - ein Bildungs- und Wissenschaftssystem scharfer Konkurrenz unter betonter Förderung kleiner Eliten entgegen. Im Sinne von Rationalisierung und Ökonomisierung steht an Schulen und Universitäten - mit den Worten eines englischen Sozialwissenschaftlers - ein fortwährendes 'rat race' bevor".
Und auch sonst hatten die Verfasser eine Reihe von Bedenken geäußert. Wenn man etwa liest:
"Eine zukunftsfähige Zivilisation erfordert nicht nur ökologische Nachhaltigkeit, sondern auch eine Berücksichtigung der sozialen Verträglichkeiten und der individuellen Grundbedürfnisse. Nur in einer gerechten und lebenswerten Gesellschaft wird langfristig eine friedliche Entwicklung möglich sein. Die rücksichtslose Blindheit, mit der wir heute in den industrialisierten Ländern unsere immer intensiveren, umfangreicheren und vielfältigeren Aktivitäten gegeneinander und gegenüber der uns tragenden Mitwelt durchsetzen, bringt die menschliche Gesellschaft in tödliche Gefahr"
dann ahnt man schon, aus welcher Ecke diese Kritik kommt und in welche Richtung sie geht: Nämlich aus der bzw. in die (damals politisch noch nicht ganz so mächtigen) linksgrüne(n)!
Die Selbstbeschreibung ("über uns") des Vereins (dessen Name eine zweifellos nur angemaßte Repräsentanz der deutschen Wissenschaftler insgesamt vortäuscht) bestätigt diese Wahrnehmung:
"In der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler vernetzen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus allen wissenschaftlichen Disziplinen, die ihre Verantwortung für die Folgen von wissenschaftlicher Forschung und technischer Entwicklung kritisch reflektieren und mit differenzierter Expertise an der gesellschaftlichen Debatte, vor allem auf den Gebieten Frieden, Klima, Biodiversität und Ökonomie, aktiv teilnehmen."
Neigt Höcke, der ja auch sonst durchaus, sagen wir mal: umweltbewegt ist (==> UMWELT), derartigen Meinungen zu, dann möge er das offen und ehrlich bekennen. Statt Worte rauszuhauen, bei denen nur er selber weiß, was er damit überhaupt meint. Und wo er dann (genau wie er das beim ==>"KAPITALISMUS" macht) jederzeit eine andere, ihm in der jeweiligen Situation zweckmäßig erscheinende Bedeutung unterschieben kann.

Höcke benennt nur ganze zwei Punkte, an denen er sich stößt:
  • Begleitmusik zur Entfesselung der Finanzmärkte und
  • Auflösung der Solidargemeinschaft,
(Den "neoliberalen Pluralismus" verwendet Höcke lediglich als Sammelbegriff für diese beiden Punkte in seiner Rede.)

Was die angebliche "Entfesselung der Finanzmärkte" sein soll, inwiefern Herzog damit zu tun haben soll und was an einer bloßen "Begleitmusik" (die ihrem Begriff nach doch lediglich etwas parallel mit anderen Vorgängen laufendes wäre!) schlimm sein sollte: Wir wissen es nicht. Aber Hauptsache, der Dichter hat sich etwas dabei gedacht!
Wahrscheinlich stört sich der Schrebergarten-Ökonom Höcke insoweit an Passagen wie diesen:
  • "... wir [stehen] wirtschaftlich und gesellschaftlich vor den größten Herausforderungen seit 50 Jahren ..... die wirtschaftliche, technische und politische Herausforderung der Globalisierung". - Haben wir nicht nötig, uns der "Globalisierung" zu stellen: Weiche von uns, satanischer Versucher! Sollen die anderen machen, was sie wollen: Was ein wackerer Germane ist, der ist es zufrieden, in seinem deutschnationalen Sandkasten versonnen vor sich hin zu wirtschaften.
  • Deutschland müsse "den Willen zu haben, im weltweiten Wettbewerb um Wissen in der ersten Liga mitzuspielen." - Wettbewerb ist unsolidarisch und in der künftigen Volksgemeinschaft denkbar überflüssig!
  • "Wir müssen von dem hohen Roß herunter, daß Lösungen für unsere Probleme nur in Deutschland gefunden werden können. ..... Also müssen wir Teil einer lernenden Weltgesellschaft werden, einer Gesellschaft, die rund um den Globus nach den besten Ideen, den besten Lösungen sucht." - Wie? Was? WIR sollten von anderen was lernen müssen? Obwohl uns doch Peter Watson attestiert hat, dass wir die Größten waren? (Was Höcke umstandslos in die Zukunft projiziert.) Sollen gefälligst die anderen von uns lernen! Schließlich hat der Kulturhistoriker Höcke eruiert, dass wir mehr als alle anderen das nötige "zweite Augenpaar" haben, um die "jenseits der vordergründigen, sichtbaren Welt" existierende "hintergründige, unsichtbare" zu erschauen, "in der das eigentliche Wesen der Dinge zu finden ist." (==> DEUTSCHLAND)
  • "Die Globalisierung hat nicht nur einen Weltmarkt für Güter und Kapital, sondern auch einen Weltmarkt der Ideen geschaffen, und dieser Markt steht auch uns offen." - Globalisierung? Weltmarkt? Alles böse, böse, böse für den Beamten-Björn! Für den das Geld vom Staat fließt - so, wie für andere der Strom aus der Steckdose. Und genau wie die linksgrün Versifften keine Kraftwerke brauchen, braucht der nationalversiffte Oberstudienrat in Deutschland keine weltweit konkurrenzfähige Wirtschaft!
  • "Sechstens: Ich wünsche mir deshalb eine Gesellschaft, die die internationale Verantwortung Deutschlands annimmt und sich für eine Weltordnung einsetzt, in der die Unterschiedlichkeit der Kulturen nicht neue Konflikt- und Kampflinien schafft. Auch im Inneren muß eine offene Gesellschaft entstehen, eine Gesellschaft der Toleranz, die das Zusammenleben von Menschen unter-schiedlicher Kulturen möglich macht." - Nun, auch ich bin, in diesem Falle mit Björn Höcke übereinstimmend, kein Fan der Massenimmiggression und der daraus (wenn es so weitergeht wie bisher) früher oder später zwangsläufig resultierenden Zerstörung unserer abendländisch-deutschen Kultur: Das Kopftuch (z. B.) ist für mich ein verfassungsfeindliches (frauenfeindliches) Symbol. Das in Behörden und Schulen nichts zu suchen hat. Aber auf den Straßen hinzunehmen ist. Und Herzog fordert ja auch keine Grenzöffnung, sondern lediglich einen toleranten Umgang mit den bereits hier lebenden Fremdkulturellen. Das ist selbstverständlich; und selbst wenn man das ablehnen würde wäre das kein Grund, Herzogs Ansprache in Bausch und Bogen als "Rede gegen das eigene Volk" zu verurteilen. Und selbstverständlich will auch ich, wie Herzog, mein Deutschland als eine "offene Gesellschaft". Und nicht als miefiges Volksgenossenheim ewiggestriger Krampfpatrioten.
  • "Die Amerikaner haben nicht versucht, den Wandel aufzuhalten, sondern sie haben sich an die Spitze des Wandels gesetzt: Durch Förderung von Forschung und Technologie, durch Deregulierung, durch den Aufbau einer Infrastruktur für das Informationszeitalter. Sie haben das Potential der Durchbrüche in Mikroelektronik und Biotechnologie zur Schaffung neuer Produkte genutzt, aus denen ganz neue Industrien entstanden sind." - Höcke hast die ==> USA mit einer rotglühenden Leidenschaft. Dass die seinem einzigartigen Volk der Deutschen hier als Vorbild vorgesetzt werden dürfte ihn zutiefst kränken.
Inwiefern irgend etwas in diesem Passagen, selbst vom Standpunkt des Ami- und Globalisierungshassers Höcke her gesehen, gegen das deutsche Volk gerichtet sein kann, erschließt sich mir nicht.

Ebenso wenig kann ich im Herzog-Text einen Versuch der Abschaffung der Solidargemeinschaft identifizieren.
Dass ihm die stetige Ausweitung der Sozialleistungen unheimlich ist, darf man aus seinen Äußerungen vermuten.
  • "Der Staat leidet heute besonders unter dem Mythos der Unerschöpflichkeit seiner Ressourcen. ..... Die Bürger überfordern den Staat, der Staat seinerseits überfordert die Bürger."
  • "... wir brauchen einen neuen Gesellschaftsvertrag zugunsten der Zukunft. Alle, wirklich alle Besitz-stände müssen auf den Prüfstand".
  • "Wäre es nicht ein Ziel, eine Gesellschaft der Selbständigkeit anzustreben, in der der Einzelne mehr Verantwortung für sich und andere trägt, und in der er das nicht als Last, sondern als Chance begreift?"
Es ist auch durchaus wahrscheinlich, dass Herzogs Denken in diesem Bereich weiter geht, als er auszusprechen für opportun erachtet. Aber wenn er z. B. fragt:
"Wann endlich werden die Kosten der Arbeit von versicherungsfremden Leistungen befreit?", dann will er doch vermutlich Ausgaben auf den Staatshaushalt verlagern, nicht abschaffen. 
Und die Forderung, "das Lohnabstandsgebot für die durchzusetzen, die wirklich arbeiten könnten" sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein; jedenfalls ist sie ist weiß Gott kein Ruf nach Abschaffung irgendwelcher Sozialleistungen. Aber ohnehin sind das nur beiläufige Bemerkungen in seinem Vortrag, der wieder und wieder die Erhaltung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft fordert - und dazu eine ganze Reihe konkreter Vorschläge vorlegt.

Dieses krasse Missverhältnis von Höckes abstrakter Kritik zum tatsächlich Gesagten lässt sich nur als "Übersprungsrhetorik" verstehen.
In Wahrheit dürfte Höcke nämlich ganz andere Gravamina gegen Herzog haben, als seine substanzlosen Beanstandungen des Redeinhalts erahnen lassen. Doch ähnlich wie bei Übersprungshandlungen war Höckes eigentlicher Handlungstrieb durch die Überlegung ausgebremst, dass eine Kritik an dem, was ihn an Herzogs Reden und Tun WIRKLICH stört, in der Öffentlichkeit nicht gut ankommen würde. 

Ein gewisser Kurt Nelhiebel hat auf seiner Webseite den Artikel "Roman Herzogs Vermächtnis. Zum Tod des verstorbenen ehemaligen Bundespräsidenten" eingestellt, den er ursprünglich am 10.01.2017 (also an  Herzogs Todestag) veröffentlicht hatte:
"Nein, nicht die so genannte Ruck-Rede ist das Wichtigste, das der verstorbene ehemalige Bundespräsident Roman Herzog der Nachwelt hinterlassen hat ....., viel wichtiger ist seine Rede zur Einführung eines Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus. Die Ruck-Rede vom 26. April 1997 war nach innen gerichtet, an die eigenen Landsleute, die andere, die Rede vom 19. Januar 1996, richtete sich an die Weltöffentlichkeit, an die europäischen Völker, die unter der Naziherrschaft gelitten haben, an die in alle Welt verstreuten Überlebenden und die Hinterbliebenen der Opfer des Holocaust. Ähnlich wie der Kniefall Willy Brandts vor dem Mahnmal für die Opfer des Warschauer Ghettoaufstandes bewegte diese Rede die Herzen der Menschen. ..... Roman Herzog war in seinem Denken und Handeln ein Konservativer, aber einer von denen, die den Blick für das Wesentliche und das Wahre niemals verlieren. So manchen aus den eigenen Reihen missfiel es, dass Herzog Liebgewordenes in Zweifel zog. „Ich glaube nicht“, sagte er als frisch gekürter Bundespräsident, „dass Nationalgefühl oder gar Nationalstolz – diesem Begriff begegne ich mit allergrößter Vorsicht – noch ein Movens für unser Volk sein kann.“ Deutschland möge der Welt unverkrampft und nicht mit gefletschten Zähnen gegenübertreten. Zu denen, die sich von solchen Aussagen zutiefst irritiert fühlten, gehörten die Vertriebenen, die selbst nach der völkerrechtlichen Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze als polnische Westgrenze ihre Träume von der Wiedergewinnung der verlorenen gegangenen Ostgebiete nicht aufgeben wollten. Sie beschimpften Roman Herzog als „Vaterlandsverräter“, weil er 1996 in seiner Rede auf der zentralen Veranstaltung des Bundes der Vertriebenen zum Tag der Heimat allen Ansprüchen auf ehemals deutsche Gebiete eine Absage erteilt hatte. ..... Geschehen ist das im selben Jahr, in dem Herzog im Bundestag seinen Entschluss erläuterte, den 27. Januar, den Tag der Befreiung des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz durch sowjetische Truppen, künftig als Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus zu begehen. Ihm sei es wichtig, sich daran zu erinnern, wie alles begonnen habe, sagte er damals. ..... Das sei der Grund gewesen, den 27. Januar mit Zustimmung aller Parteien zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus zu erklären."
Jene Satzteile, die ich in diesem Text gefettet habe, sind zweifellos die wirklichen rote Tücher, die der Kryonik-Björn (in der 1. Hälfte des vorigen Jahrhunderts eingefroren; beim Auftauen nichts vergessen und seither nichts hinzugelernt) vor seinen Augen auftauchen sieht, wenn er seine Hörner zur Attacke auf Roman Herzog senkt.

Von der Sache her ist es absolut unverständlich, dass ein Politiker, in diesem Falle sogar ein nationalistischer Politiker, Herzog dafür tadelt, dass er "nur darauf ab[zielt], uns Deutsche noch effektiver und produktiver wirtschaften zu lassen".
Was sollte   a) schlimm daran sein und was hätte er nach Höckes Vorstellung in seiner Rede noch darüber hinaus anstreben sollen?
Einerseits will Höcke so etwas wie eine nationale Wiedergeburt. Andererseits sonnt er sich in dem von Peter Watson beschriebenen ererbten Glanz des deutschen Gestern. Die Vorstellung, dass man sein Erbe erst noch erwerben müsse, um es in einem zukunftsrelevanten Sinne zu besitzen, ist ihm fremd. Höcke lebt im Widerspruch zwischen biedermeierlich-schrebergärtnerischer Selbstbesonnung (als Deutscher wie als Person) und gründerzeitlicher deutscher Dominanzvorstellungen (==> Europa). Insofern sollte er eigentlich wissen, dass zwar eine effiziente Wirtschaft ist nicht alles. Dass aber ohne eine solche alles nichts ist. 

In dem WELT-Artikel "Die Bewegung - Ein Kampfbegriff kehrt zurück" vom 09.02.2017 bezog sich der Autor u. a. auch auf die Höcke-Rede und arbeitet diese Widersprüchlichkeit als allgemeines Kennzeichen "populistischer" Bewegungen heraus:
'Um ihren historischen Auftrag zu erfüllen, muss die AfD Bewegungspartei bleiben!' rief Thüringens AfD-Chef Björn Höcke bei seiner Rede vom 17. Januar in Dresden. ..... Die schlimmste Gefahr für die Partei sei die 'Erstarrung'. ..... Diese ganze Bewegungsmetaphorik soll verschleiern, dass es sich bei den Populisten – wie übrigens ..... zuvor bei der außerparlamentarischen Opposition – um eine zutiefst bewegungsfeindliche, oder besser bewegungsängstliche Gruppe handelt. ..... Höcke ....., der die 'fundamentaloppositionelle Bewegungspartei' proklamiert, sagt im gleichen Atemzug, sie sei 'die einzige politische Kraft des Bewahrenden, die gegen die kollektiven Kräfte der Auflösung der One-World-Ideologen und Ihrer Verbündeten steht'. Was denn nun? Bewegen oder bewahren? Soll die Volksgemeinschaft nach vorne stürmen oder aus dem Zug der Bewegung in eine Stellungsfront gegen den Globalismus gebracht werden? ..... All dieses Stürmen und Drängen, und das alles nur, damit das Stürmen und Drängen endlich aufhört!"

Dass Höcke kein Realpolitiker ist, der in realen Größen rechnet, zeigt sich hier ebenso wie bei seinen innenpolitischen Vorstellungen eines vermeintlich machtvollen Bündnisses der "Patrioten" (==> LADIG) und außenpolitisch in seinen Vorstellungen eines vermeintlich machtvollen Bündnisses von vollständig souveränen europäischen Staaten (==> Europa). (Auf andere Weise auch beim ==> Geldsystem.) Für ihn ist Politik das Reich der Verknüpfung bloßer Begriffe; sein politisches Denken verschiebt sozusagen Divisionsfähnchen auf der Magnettafel, ohne die jeweilige tatsächliche "Kampfkraft" ins Kalkül zu ziehen.

XE-HERZOG



X-HITLER ("NS" usw.)

Bei dem Stichwort ==> KRIEGSSCHULD habe ich auch ein Interview behandelt, dass Höcke am 17.01.2017 in Dresden dem Wall Street Journal (WSJ) gegeben hatte. 
Vorliegend geht es um eine Art "Ehrenrettung" Höckes für Adolf Hitler (die im Interviewtext in Höckes Relativierung der deutschen Kriegsschuld eingebettet ist):
"Wissen Sie, das große Problem ist, dass man Hitler als das absolut Böse darstellt. Wir wissen aber natürlich, dass es in der Geschichte kein Schwarz und kein Weiß gibt. Und dass es viele Grautöne gibt.
Dieser Ausschnitt ist vollständig eingebettet in Höckes Relativierung der hitlerischen bzw. deutschen Schuld am Zweiten Weltkrieg (vollständiges Zitat und Bewertung s. unter ==> KRIEGSSCHULD).
Nachdem Höcke insoweit ausgesprochen hatte, schloss sich dieser Dialog mit dem Interviewer an:

WSJ: Natürlich wenn jetzt in der deutschen Öffentlichkeit, wenn man das hören würde, dass Hitler irgendwie als absolut Böse dargestellt wird und dass es Grautöne gibt, dann würde es bestimmt Aufruhr geben - also was meinen Sie genau damit - Grautöne?
Höcke: Alle menschliche Politik - also ich müsste jetzt philosophisch werden - 
Geschichten sind Grautöne. Also wir haben - in der Philosophie haben wir die Möglichkeit, Absolutes zu denken. Wir können Gott denken als allmächtiges, allgütiges Wesen, wir können den Teufel denken als absolut Böses. Aber die Welt hat - der Mensch hat - Grautöne. Sogar der schlimmste Schwerverbrecher hat vielleicht irgendetwas Gutes, irgendetwas Liebenswertes, aber er ist trotzdem ein Schwerverbrecher. Das meine ich damit. Es gibt kein absolutes Schwarz und kein absolutes Weiß in der Sphäre der Wirklichkeit.
[...]
WSJ: Ich will sicher sein, dass ich das richtig verstehe. Wenn Sie von den Grautönen von Hitler sprechen, was ist da das Gute?
Höcke: Ich habe jetzt nicht gesagt, dass es etwas Gutes gibt, aber es ist ausgeschlossen - rein von der Logik her, also rein philosophisch gesehen ist es ausgeschlossen - dass ein Mensch nur dunkel ist.

Die Öffentlichkeit hat Höckes Position selbstverständlich (und zu Recht!) skandalisiert. Aber weder der Interviewer (in der konkreten Interview-Situation verständlich)noch die öffentliche Debatte haben versucht, Höckes Schein-Argumente logisch radikal zu zerpflücken.
Der Interviewer lässt (keine Kritik: Ich wäre da gewiss nicht schlauer gewesen!) Höcke auf eine abstrakt-philosophische Ebene entkommen. DIE will Höcke gemeint haben. Das ist jedoch eine Lüge.
Nur darf man sich Höcke (hier wie auch anderswo) nicht als zynischen Lügner vorstellen, der ständig darauf sinnt, wie er andere hinters Licht führen kann: Höcke ist ein "Überzeugungslügner"; der glaubt selber, was er sagt.

Höckes Hitler-nicht-absolut-Böse-Argument ist ein Element (von insgesamt fünfen, s. ==> KRIEGSSCHULD), mit dem er beweisen möchte, dass Hitler unmöglich der Alleinschuldige am Zweiten Weltkrieg gewesen sein kann. Mit "Philosophie" hat das nicht das Geringste zu tun. 

Bei sehr genauem Hinschauen (oder sagen wir: bei einer philosophisch tiefgründigeren Analyse😎) ist Höckes scheinbar sonnenklare "schwarz - weiß - grau"-Metapher uneindeutig und lässt zwei verschiedene Deutungsvarianten zu. Denn "grau" können Dinge, Personen oder Sachverhalte entweder
  1. von vornherein sein (Modell "Immergrau"), oder
  2. durch Mischung von für sich betrachtet rein schwarzen mit rein weißen Elementen erst in unserer Zusammenschau erscheinen.
Das allgemeine Verständnis dürfte das einer "Zusammenschau" sein: Die Akteure der Geschichte begehen gute (weiße) und schlechte (schwarze) Taten*. Als Gesamtbild betrachtet ergibt sich daraus ein jeweils helleres oder dunkleres Graugemälde. 
*(Wertneutrale Taten weggelassen, weil für den "Helligkeitswert" unerheblich)

Höcke fährt in seiner metaphorischen Argumentation doppelgleisig. Einerseits behauptet er, dass es in der Geschichte ein Schwarz und Weiß überhaupt nicht gäbe:
"Wir wissen ..., dass es in der Geschichte kein Schwarz und kein Weiß gibt. ... Es gibt kein absolutes Schwarz und kein absolutes Weiß" (Modell Immergrau). 
Doch wenn er seine Meinung am Beispiel konkretisiert:
"Sogar der schlimmste Schwerverbrecher hat vielleicht irgendetwas Gutes, irgendetwas Liebenswertes, aber er ist trotzdem ein Schwerverbrecher",
dann geht auch er von der Zusammenschau aus: Der Schwerverbrecher ist als solcher absolut böse, hat aber irgendwo auch gute Aspekte. Also gilt insgesamt für ihn die moralische Gleichung: Schwarz + Weiß = Grau (wie dunkel auch immer).

Eine analoge Übertragung auf Höckes Versuch, Hitler von der (alleinigen) Kriegsschuld zu entlasten, zeigt die Untauglichkeit einer derartigen Bildersprache. Hitlers Kriegsentschluss kann dann ebenso gut die "schwarze" Tat eines Schwerbrechers sein wie man sie einem "weißen" oder "grauen" Feld zuzuordnen kann: Das Bild als solches ist für eine Bewertung wertlos, weil es uns lediglich die Information liefert, dass es gute, böse und neutrale Taten gibt. Aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, auf welches dieser drei Felder wir welche (Un-)Tat vom Adolf richtiger Weise hinstellen müssen.

Auf der rein logischen Ebene wäre eine solche Operation nur dadurch möglich, dass man entweder

a) die Berechtigung jeglicher moralischen Bewertung von Handlungen komplett bestreitet. Das tut Höcke nicht. Und ohnehin wäre jede Schulddebatte in diesem Falle gegenstandslos: Mangels Wertkategorien gäbe es keine Schuld(frage). (Ich nenne das mal "Amoral".)

Oder man müsste 
b) postulieren, dass es durchaus einen Wertmaßstab gibt, aber keine absolut guten oder bösen Handlungen. Sondern dass jede einzelne Tat "grau" sei. Damit wäre sie zwar nicht am einen oder anderen Pol zu verorten, doch müsste man ihr dann einen Platz auf einem Kontinuum zwischen diesen absoluten Polen zuweisen.
Es gäbe weder absolute Freisprüche noch absolute Schuldsprüche, doch könnte man (theoretisch) eine "Schuldbewertungskennziffer" zwischen 0,000...1% und 99,999...% ermitteln. (Dies nenne ich mal "Relativmoral".)
So tief wollte der Meisterphilosophen aber gar nicht einsteigen. Umso weniger, als sein Zweck eben keineswegs philosophischer Natur, sondern rein politisch war.
Dafür reicht ihm das dreiwertige Modell von schuldig, unschuldig und 'nicht allein Schuld' völlig aus.

Wir können also folgendes philosophische Fazit ziehen:
  1. Das Immergrau-Modell ist nicht Höckes theoretische Position. Sein "Schwerverbrecher"-Beispiel zeigt vielmehr, dass auch er vom Modell der Zusammenschau ausgeht. Wo sich die einzelnen Handlungen sehr wohl in schwarze und weiße einteilen lassen und erst die Gesamtbetrachtung den Grauwert ergibt.
  2. Aus der Prämisse eines Zusammenschau-Modells lassen sich keine Wertungen für Einzeltaten deduzieren; das macht es für Höckes Zweck unbrauchbar.
  3. Das Amoral-Modell legt er sowie nicht zugrunde.
  4. Das Modell Relativmoral auch nicht, denn sein Schwerverbrecher-Beispiel macht nur dann Sinn, wenn er Gut und Böse sehr wohl als absolute Kategorien ansieht, und die "Grau-"Bewertung erst auf die Person des Verbrechers insgesamt bezieht.
  5. Ohnehin kann allein schon deshalb keines der o. g. Modelle irgendeine Beweiskraft entfalten, weil es sich um Prämissen handelt. Das ist dem Weisen aus Bornhagen gänzlich entgangen.
Im Übrigen: 
Wollte man Hitler mit dem o. a. Modell "Relativmoral" (teilweise) schuldbefreien, dann wäre nicht einmal der Holocaust "absolut böse".
Indes halte ich es für äußerst unwahrscheinlich, dass Höcke diese Position einnehmen möchte; jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit.

Wie auch immer: Das Märchen vom "philosophischen Diskurs", den er mit dem WSJ-Interviewer über Hitler habe führen wollen, glaubt Höcke felsenfest selber.
So heißt es in dem NZZ-Artikel "Der wohl meistgehasste Politiker Deutschlands" (eine Art Bericht über ein Interview) vom 03.11.2017 erfahren wir:
"Im «Wall Street Journal» kritisierte er, dass Hitler als das «absolut Böse» dargestellt werde. Darüber will er nicht mehr reden. Das hat der Journalist willfährig verdreht, sagt Höcke. Er habe versucht, mit dem Herrn vom «Wall Street Journal» einen philosophischen Diskurs zu führen, sei aber offenbar gescheitert. «Eine meiner Lehren aus der medialen Hexenjagd auf mich ist: Ich darf in der politischen Sphäre nicht in Kategorien der Transzendenz und Metaphysik denken und kommunizieren»."
Die Einsicht freilich, dass er dem Publikum besser keinen philosophischen Diskurs vortäuschen sollte, wo er in Wahrheit nur einen Gräueltäter grauwaschen will: Die wird ihm erst am St.-Nimmerleinstag zuteil werden.


Unter dem Stichwort "Kriegsschuld" habe ich geschildert, wie Höcke (als "Landolf Ladig") die primitive, dem damaligen deutschen Devisenmangel gehorchende NS-Außenwirtschaftspolitik zur genialen und vermeintlich vorbildhaften "Antiglobalisierungsbewegung" verklärt hatte. Damit hatte er implizit Hitler seine Bewunderung (für diesen Aspekt des Nationalsozialismus) ausgedrückt.
Nun spricht er ihn auch von der alleinigen Kriegsschuld frei.


Fehlt noch der ==> HOLOCAUST. Den bestreitet Höcke nicht, sondern relativiert ihn, indem er einen irgendwie negativ zu bewertenden (hypothetischen) Sachverhalt durch Gleichbenennung mit diesem tatsächlichen Zivilisationsbruch auf ein und dieselbe Ebene stellt. Er beraubt den Holocaust seiner historischen Singularität also u. a. dadurch, dass er das Wort "Zivilisationsbruch" banalisiert. 
So kann er aufatmen: "Die anderen haben ja auch ..... (Dreck am Stecken)".
Die sehr unterschiedlich zu bewertenden Hintergründe der jeweiligen Untaten:
  • völlig unmotivierter ideologischer Natur (Rassismus der Nazis) einerseits und 
  • historisch-faktischer Natur (Kriegsauslösung durch Deutschland bzw. Japan bei den Bombardierungen von Dresden bzw. Hiroshima und Nagasaki) andererseits
blendet er entschlossen aus und will nur die Ergebnisse (das Maß der Leiden) als einzigen Wertmaßstab gelten lassen. Denn philosophische Feinarbeit lässt er nur dem Adolf Lämmlein angedeihen.
Auch mit diesen Strategien verfolgt er das Ziel, Hitler von "schwarz" in "grau" umzufärben.

Mit seinen geschichtsrevisionistischen Lebenslügen verschafft sich Höcke eine emotionale Entlastung. Was nicht weiter schlimm wäre, wenn das im privaten Kämmerlein verbliebe. Tatsächlich aber vergiftet er die gesellschaftlich-geschichtliche Debatte, indem er die historische Wahrheit verdrängen und ethische Wertmaßstäbe außer Kraft setzen will: DAS ist absolut inakzeptabel.

Zwar  wird der sog. "Schuldkultauch in meinen Augen heute übertrieben und vor allem für Zwecke instrumentalisiert, die auch ich nicht gutheiße, nämlich insbesondere für die Hinnahme der ruinösen Massenimmiggression in unsere sozialen Hängematten. Aber ein Umlügen, Ausblenden oder "Grauwaschen" der NS-Zeit ist keine akzeptable Alternative. Eine Desertion vor der Wahrheit demonstriert Feigheit vor der Geschichte. So etwas macht kein "Germane": Das haben nur eskapistische Germemmen nötig!


Der nunmehr sich aufdrängenden Frage, ob Höcke ein (Neo-)Nazi ist, will ich nicht ausweichen.

Als Behauptung taugt das für den meinungspolitischen "Straßenkampf". Ich aber werde den Teufel tun, mein Gehirn an der Antifanten-Garderobe abzugeben.
Was man beim Höcke jedoch seriös feststellen kann, ist eine nicht geringe Nähe zu mindestens zwei Wesensaspekten des Nationalsozialismus:
  • Autoritarismus (==> LIBERALISMUS; MESSIAS) und
  • imperialistischer Nationalismus (==> EUROPA; OSTPOLITIK).
Ein Anhänger unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist Höcke nicht. Sich selber hält er für eine messianische Führerpersönlichkeit (==> MESSIAS), berufen zu Deutschlands Errettung. Wovon auch immer (Masseneinwanderung: dieses Ziel teile ich mit ihm!), Amis und Nato (da wahnwichtelt er), aber auch von der Last der Vergangenheitsbewältigung (==> HOLOCAUST). Auf alle Fälle weiß er, WOHIN er will: Deutschland mit einem autoritären Regime  teils gegen die Welt abschließen, teils zu neuer Weltgeltung führen.
Autarkie und Weltgeltung sind in sich widersprüchlich; aber kritische Selbstreflexion ist keine Kernkompetenz Höckes (und der Deutschnationalen insgesamt). Eine nüchterne Wahrnehmung der weltweiten Realitäten auch nicht: Das sind gefühlsgesteuerte, traumverlorene Polit-Autisten. Brandgefährlich sind solche Irrationalisten allemal.
Übrigens hatte sogar mal ein ZEIT-Artikel (der allerdings am 19.10.2015 und damit vor seiner Schnellrodaer "Gen-Rede" vom 21.11.2015 erschienen war) Höcke vom Vorwurf "freigesprochen", ein Neonazi zu sein. Was seine Gesinnung freilich nicht akzeptabler macht. Der Verfasser Toralf Staud urteilte damals:
"... wer das Denken, Reden und Handeln von Björn Höcke verstehen will, muss etwas tiefer in die deutsche Geschichte und jene der völkischen Bewegung eintauchen. Denn Höcke und viele Protagonisten von AfD oder Pegida beziehen sich nicht auf den Nationalsozialismus, sondern auf dessen Vorläufer – auf die sogenannten Jungkonservativen und die Konservative Revolution. Für sie war das Volk ein Organismus, an dem jede und jeder seinen biologisch vorbestimmten Platz hat (die Frau jenen der Kinderaufzucht). Wenn Leute wie Höcke von Deutschland sprechen, dann meinen sie nicht die Bundesrepublik, sondern eine metaphysische Schicksalsgemeinschaft, deren Kultur unveränderlich ist. Individuelle Freiheiten, die Vielfalt von Lebensstilen, gar 'kulturfremde' Zuwanderung sind für sie per se eine Bedrohung und ein Ausdruck von Verfall. Den Jungkonservativen schwebte eine Ständehierarchie mit festem Oben und Unten vor, freie Wahlen und Parlamentarismus verachteten sieAll das ist natürlich antidemokratisch und steht im Widerspruch zu den Werten des Grundgesetzes – aber es ist eben nicht neonazistisch."


Indes ist bei Höcke auch keine entschiedene Ablehnung des Nazi-Regimes zu erkennen. Im Gegenteil  kann man seriös sagen, dass Höcke einen Fortbestand des NS-Regimes der deutschen Kriegsniederlage vorgezogen hätte.

In seiner berühmt-berüchtigten Dresdener Rede vom 17.01.2017 im Rahmen einer Veranstaltung der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative Deutschland hatte Höcke u. a. den einstigen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker attackiert:
"Liebe Freunde, die Bundespräsidenten dieser Republik, die haben keine Geschichte geschrieben und sie haben sehr wenig bedeutsame Reden gehalten. Eine der bedeutsamsten Reden, die von einem Bundespräsidenten gehalten wurde, das war die Rede von Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1945 [Link von mir ergänzt - br.]. ..... es war eine Rede gegen das eigene Volk und nicht für das eigene Volk."
Eine Begründung für seine Behauptung, v. Weizsäckers Rede sei "gegen das eigene Volk" gerichtet gewesen, lieferte Höcke nicht. Offenbar ging er davon aus, dass seine (jungen) Zuhörer das ohnehin wussten - womit er sie von vornherein im Lager der Ultrarechten verortete. Dort deklariert man diese Rede als "Befreiungslüge".

Was ihn (und alle anderen Ewiggestrigen) an der Rede stört, ist Weizsäckers Bewertung der deutschen Kapitulation (die üblicher Weise auf den 08.05.1945* datiert wird) als "Tag der Befreiung". Weizsäcker:
"Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft." 
*(Dass es real etwas komplizierter war, muss hier nicht interessieren.)

Für Höcke ist es ausschließlich ein Tag der Niederlage und umso mehr ein Grund zur Trauer, als seiner Meinung nach Adolf Hitler gar nicht, oder zumindest nicht allein, am Krieg, oder zumindest an der (wann und wie auch immer imaginierten) Ausweitung des Krieges zum Weltkrieg Schuld war (==> KRIEGSSCHULD).

Es gibt sogar ein Wikipedia-Stichwort "Befreiung von Nationalsozialismus".
Wie unzählige andere Debatten ist auch diese dadurch kontaminiert, dass alle Seiten von einem eindimensionalen Befreiungsbegriff ausgehen: dem emotional rundum positiv konnotierten Schlagwort, das häufig auch als Schlachtruf gebraucht wird. 
Dass die Überlebenden der KZs befreit wurden, ist rundherum gut.
Viele Vertriebene, die mit der Befreiung vom Nazi-Regime zugleich von ihrer Heimat "befreit" wurden, dürften ihre eigene "Befreiung" anders bewerten. Wenn die rückblickend sagen würden "mir wäre es lieber gewesen, die Nazis wären nicht besiegt worden und ich nicht aus meiner Heimat vertrieben", dann wäre das für mich eine absolut legitime (wenngleich hypothetische) Wahl. 
Aber von der Vertriebenengeneration (oder anderen "Befreiungsopfern", z. B. vergewaltigten Frauen) lebt heute fast niemand mehr. Wer also in unseren Tage die Niederlage nicht als Befreiung vom NS-Regime anerkennen mag, der negiert die Befreiung nicht deshalb, weil er deren Opfer war. Sondern der "hat es" mit diesem Regime - und der hat ein Problem mit unserer Demokratie. Die ausgezeichnete Untersuchung "Das Kriegsende als Erinnerungsort der extremen Rechten" (bpb 08.04.2015) liefert dafür eine überzeugende Einordnung:
"Der 8. Mai als Erinnerungsort* der extremen Rechten repräsentiert zu großen Teilen nicht die Erinnerungen jener 'Erlebnisgeneration', die den 8. Mai 1945 aus verschiedenen Gründen tatsächlich nicht als Befreiung wahrnahm. Er konstituiert sich vielmehr weltanschaulich."
* ("Ort" ist in diesem Kompositum nicht topographisch gemeint. "Erinnerungsorte" sind "reale wie mystische Gestalten und Ereignisse, Gebäude, Denkmäler, Institutionen und Begriffe, Bücher und Kunstwerke", die sozusagen das Substrat für ein wie auch immer geartetes Gedenken bereitstellen.
Was immer die Ultrarechten selber behaupten: Denen geht es nicht um eine irgendwie historisch "richtige" Bewertung; es geht immer darum, historische Narrative so zu formulieren, dass sie die eigene heutige politische Positionierung rechtfertigen oder ihr zumindest nicht entgegenstehen.
Genau so verhält es sich auch bei Höcke. 

In einem am 17.02.2017 (also genau einen Monat nach Höckes Rede in Dresden) veröffentlichten Interview unter dem Titel „Ich denke ganz anders“ spricht der SPIEGEL Höcke auf seine Redepassage an an:
"In Ihrer Rede kritisierten Sie Bundespräsident Richard von Weizsäcker, der den 8. Mai als 'Tag der Befreiung' bezeichnet hatte. Wäre es Ihnen lieber gewesen, die Naziherrschaft hätte angedauert?"

Höckes Äußerung zum letzten Satz Frage behandele ich weiter unten. Zunächst ziehe ich den zweiten Teil seiner Replik vor, wo er den angeblichen Grund für seine Weizsäcker-Kritik vorträgt :
"... selbstverständlich war der 8. Mai 1945 für die Menschen, die in diesem vollkommen ausgebombten Land dahinvegetierten, nicht nur eine Befreiung, sondern eben auch eine totale Niederlage. Die Deutschen erlebten den 8. Mai 1945 nun mal ambivalent. Die einen hatten Glück und wurden von Soldaten befreit, die ihnen Kaugummis und Schokolade gaben. Andere trafen auf Soldaten und wurden vergewaltigt. Für viele Deutsche begann auch eine neue Diktatur. In Ostdeutschland war erst der 9. November 1989 der Tag der Befreiung. Als Geschichtslehrer muss ich diese Ambivalenz berücksichtigen."
Das ist Höckes übliche Täuschungsmethode (die, wie bereits an anderer Stelle gesagt, nicht eiskaltem Kalkül entspringt, sondern ihm schon in Fleisch und Blut übergegangen ist). Denn:

1) Hatte v. Weizsäcker diese Ambivalenzen bereits selber ausführlich in seiner Rede berücksichtigt; mit Sätzen wie 
  • "Der 8. Mai ist für uns Deutsche kein Tag zum Feiern". Und
  • "Wir haben wahrlich keinen Grund, uns am heutigen Tag an Siegesfesten zu beteiligen. Aber wir haben allen Grund, den 8. Mai 1945 als das Ende eines Irrweges deutscher Geschichte zu erkennen, das den Keim der Hoffnung auf eine bessere Zukunft barg."
Darüber täuscht Höcke unkundige Leser mit seiner "Geschichtslehrer"-Äußerung hinweg. Und man darf (zumal wenn man an Höcke als "Landolf ==> LADIG denkt), durchaus bezweifeln, dass Höcke die Nazizeit als "Irrweg" ansah - oder ansieht.

2) Ändert das subjektive Empfinden der Besiegten nichts an der objektiven Dimension: Nach der Niederlage war Deutschland von der NS-Herrschaft frei. Die Überlebenden der politischen und rassistischen Verfolgung waren in Sicherheit.

3) Gilt alles gilt auch für die ehemalige DDR, wo eine kommunistische Diktatur der Nazi-Diktatur folgte.

Ändern können wir vergangene Geschehnisse sowieso nicht mehr; insoweit ist es total egal, ob wir den 08.05.1945 als Tag der Niederlage, Tag der Befreiung oder (richtiger) als beides ansehen.
Es ist auch durchaus legitim, wenn "Otto Normalverbraucher" dieser Frage völlig gleichgültig gegenübersteht: 'Was muss mich das interessieren? Ist doch schon lange her; ich habe heute ganz andere Probleme!'

Die Folgen jener Ereignisse, etwa die starke Gebietsverkleinerung Deutschlands (bezogen auf die Grenzen von 1937), wirken aber natürlich weiter. Und wer sich für die Geschichte interessiert, wird sich wahrscheinlich gedrängt fühlen, sich auch zu den damaligen Ereignissen innerlich irgendwie zu positionieren.
Für mich ist Weizsäckers Rede eine Aufforderung an uns Deutsche, uns mit unserer Niederlage auszusöhnen. Meine Meinung: In vieler Hinsicht unschön - und dennoch als Befreiung vom NS-Regime positiv. So war es besser für uns, zumindest für alle diejenigen, die unter einem solchen Regime nicht leben mögen - oder gar nicht überlebt hätten. Das dürfte heute die übergroße Mehrheit aller Deutschen sein; für Höcke (und seinesgleichen) gilt das nach meiner Einschätzung nicht. 
Ob der dem Nazi-Regime als solchem nachtrauert, oder aber hauptsächlich Deutschlands damaliger (relativer, aber immerhin auch schon vor 1938 in Europa dominierender) "Größe", können wir nicht mit Sicherheit wissen. Dass aber der alte "Landolf Ladig", der Bewunderer vermeintlich großartigen NS-Außenwirtschaftspolitik, in ihm "gestorben" sein sollte: Das ist extrem unwahrscheinlich.
 
Dem (unbedingt lesenswerten) Essay von Katrin Hammerstein und Birgit Hofmann, "Wir […] müssen die Vergangenheit annehmen- Richard von Weizsäckers Rede zum Kriegsende 1985", Deutschland Archiv, 18.12.2015, entnehme ich, dass schon damals (genau wie ich heute) die New York Times "in der Ansprache vor allem eine Aufforderung an die Deutschen [sah], ihre Vergangenheit zu akzeptieren".

Eine weitere Stelle aus dem bpb-Aufsatz trifft auf Höcke zu:
"Beim offiziellen Staatsakt zu seinem [Weizsäckers] Tode am 11. Februar 2015 betonte der amtierende Bundespräsident Joachim Gauck, sein Amtsvorgänger habe sich mit seiner "Rede [zum 8. Mai 1985] um sein Vaterland verdient gemacht. Nicht, weil er gesagt hätte, was damals niemand gewusst hat. Er hat vielmehr das gesagt, was 1985 alle wissen mussten, was aber auch 1985 noch immer nicht alle wissen wollten."
Höcke und Konsorten finden sich noch heute nicht mit der Nazi-Niederlage ab.

Damit sind wir endlich bei der Frage angelangt, ob Höcke ein Fortbestand der Naziherrschaft lieber gewesen wäre.

An dieser Stelle kehrt Höcke nicht den Geschichtslehrer heraus. Der müsste  lehren, dass das NS-Regime damals überhaupt nur noch durch eine deutsche Kriegsniederlage beseitigt werden konnte; das möchte er nicht einmal sich selber eingestehen. Freiwillig hätten sich Hitler oder theoretische Nachfolger nicht von der Macht getrennt; auch nicht in (hypothetischen) Friedensverhandlungen. 
Und die Alliierten ihrerseits wären schön blöd gewesen, sich auf Verhandlungen mit einem Regime einzulassen, dass Europa und halb Asien beinahe voll unter seine Kontrolle gebracht hatte. Diese Gefahr musste man aus der nachvollziehbaren Sicht der Kriegsgegner ein für allemal beseitigen, indem man Deutschland als Machtfaktor ausschaltete.
Und genau diese Zerstörung der deutschen Machtposition ist das Trauma des Herrn Höcke. Für den gilt: "Deutschland, Deutschland über alles". Vielleicht nicht gerade in der Welt, aber doch wenigstens in Europa, und weltweit zumindest auf Augenhöhe mit den USA. Davon träumen Höcke und seine deutschnationalen Anhänger. Momentan (über-)kompensiert er sein Leiden an der (weitgehenden) deutschen Machtlosigkeit mit dem Schwelgen in der (tatsächlich aber ebenso vergangenen!) wissenschaftlich-technisch-kulturellen Größe Deutschlands (==> DEUTSCHLAND). Und bramarbasiert, wie das schon die Intellektuellen in der Zeit der Weimarer Republik getan hatten, über die angeblich kulturlosen Amis (==> USA). 
Was er allerdings wieder herstellen will, ist nicht eine intellektuelle Größe Deutschlands: Dazu macht er keinerlei Vorschläge. Muss er aus seiner Sicht auch nicht, weil wir vermeintlich immer noch die Größten sind. Beweise braucht ein Gläubiger nicht. Höcke überträgt kurzerhand das Watson-Lob eines vergangenen Deutschlands in die Jetztzeit. Vorgeblich geht es ihm um die Wiedererlangung der deutschen "Souveränität". Doch in Wahrheit will er Macht: ür sich als Person in Deutschland; aber okay: das wollen auch alle anderen Politiker. Aber mit seiner Macht will er Deutschland wieder zu großer politischer Macht führen. Dafür trampelt er hemmungslos auf der Souveränität anderer Länder herum. Seine ==> "OSTPOLITIK" enthüllt mit brutaler Klarheit, dass er genau so skrupellos wie die Nazis ist, wenn es in seiner vulgärdarwinistischen Weltsicht Deutschland wieder mächtig macht. Und dafür würde er auch gerne das gute Leben des Volkes opfern, denn das versteht er ja "nicht hedonistisch-materialistisch" verstanden, sondern als "sinnvolles, sittlich-tugendhaftes Leben". Volk ist für ihn das summum bonum; "die Völker ... zugunsten einer ökonomisch brauchbareren Species abzuschaffen" das absolute Böse.

Öffentlich sagen kann Höcke das aber natürlich nicht. Also verlegt er sich auch hier auf eine (durchaus geschickte) Täuschung:
"Dass die Nazidiktatur überwunden werden musste, das ist doch selbstverständlich."
Wer und auf welche Weise die Nazi-Diktatur hätte überwinden sollen (und in der damaligen Situation überhaupt hätte überwinden können), verrät Höcke nicht. Und vor allem auch nicht, wie es dann seiner Meinung nach hätte weitergehen sollen - und können.
Man kann darüber spekulieren, dass er sich einen "Nazi-light"-System gewünscht hätte (und aktuell immer noch wünscht). Dafür gibt es eine ganze Menge Indizien; aber für eine Widerlegung des vorhersehbaren Einwands, Höcke sei froh darüber, dass die Nazis damals mit der Kriegsniederlage weg waren, ist das unerheblich. Höckes Anhänger, aber auch viele "Neutrale", werden meine Deutung bestreiten: Schließlich hat er doch selber gesagt, dass die Nazidiktatur überwunden werden musste - und sogar im Brustton der Überzeugung ("selbstverständlich").

Tatsächlich ist eine Antwort jedoch ein cleveres Ausweichmanöver. Die Fragestellung war ganz einfach; entsprechend einfach wäre ein ehrliches Bestreiten gewesen: "Nein, ich bin froh (oder wenigstens: "es war gut"), dass mit dem Kriegsende [eindeutiger wäre: "mit der deutschen Niederlage"] auch die Nazis verschwunden sind".
Warum hat Höcke nichts dergleichen gesagt, sondern von einer nebelhaften "Überwindung" des NS-Regimes geschwafelt, die damals überhaupt nicht anders möglich gewesen wäre als durch die totale deutsche Kapitulation?
Weil für ihn 
  • die Nazis (bzw. Hitler) gar so böse nun auch wieder nicht waren, sondern das Regime auch ganz tolle Seiten hatte (z. B. ein geniales Außenhandelssystem)
  • Hitler nicht allein am Krieg Schuld war (==> KRIEGSSCHULD) und
  • Deutschland wieder zu alter Größe zurückkehren soll; dafür muss Deutschland aus seiner Sicht das tun, was auch Wladimir Putin mit dem Menschenschlächter Stalin macht: Die schlechten Seiten aus der Erinnerung verdrängen; tatsächliche oder angebliche gute Seiten hochjubeln.
  • Vor allem war Deutschland damals groß und stark; das ist dem Höcke das Wichtigste überhaupt. Der ==> HOLOCAUST war wirklich eine Schande; aber denken wir doch lieber an "unsere" Opfer. Deutsche Juden sind weniger zahlreich umgekommen. Und die anderen sind eben - die anderen!
Übrigens sprach der SPIEGEL Höcke später noch einmal auf seine angeblich philosophische Hitler-Reflexion an, in dem Interview "Der Waldgänger" vom 26.10.2018. Immer noch (oder erst Recht) spielte er die verfolgte Unschuld:
"Das Schlimme sei doch, dass man heute nicht einmal die Selbstverständlichkeit aussprechen dürfe, dass Hitler bei allen Untaten trotzdem nur ein Mensch gewesen sei. 'Was ist nur los in der deutschen Gesellschaft?', barmt er."


Ich denke, in den vorliegenden NS-Kontext gehört auch eine Information über Höckes außenpolitische Ideen zum Umgang mit arabischen Ländern. In seinem Buch entwickelt er den Plan, unbedingt auch mit jenem Sympathiekapital zu wuchern, das die NS-Judenschlächter bei den Arabern akkumuliert haben:

"Der Islam ist ein sehr komplexes Thema, ..... . Ich bin kein Religionsfachmann und kann den theologischen Gehalt nicht beurteilen. Beim Blick auf die Geschichte sehe ich die traditionelle Islam-Abwehr des christlichen Europas, die Türkenkriege auf dem Balkan, aber auch die enge Zusammenarbeit mit muslimischen Mächten und Kräften während des Kaiserreichs und auch während der Zeit des Dritten Reiches. Der gute Ruf der Deutschen im Orient – ganz im Gegensatz zu dem der Engländer, Franzosen und heute auch der Amerikaner – bildet eigentlich eine solide Grundlage für einen möglichen modus vivendi, aber die intransigente Außenpolitik der USA, an die wir sklavisch gekettet zu sein scheinen, verhindert das."

Es würde sich dann m. E. anbieten, dass deutsche Politiker bei Staatsbesuchen in diesen Ländern "Mein Kampf" in arabischer Übersetzung als Gastgeschenk überreichen. Zweckmäßig wohl in Bocksaffian gebunden und mit einem handschriftlichen Gedicht vom ZDF-Ziegenficker-Fachmann Jan Böhmermann geschmückt. Vermutlich fänden aber auch geschmackvoll ausgestattete Auschwitz-Bildbände in diesen Regionen dankbare Bibliophile. 
Und wer keine Leseratte ist, der freut sich möglicher Weise über ein geschmackvolles Haushalts-Accessoire als Gastgeschenk. Vielleicht lagern ja in irgendwelchen Depots noch handgefertigte Lampenschirme?

XE-HITLER



X-HOLOCAUST (hier auch: "X-VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG")

Das WELT-Interview "Das sind die Frontverläufe unserer Zeit" vom 17.11.2017 endet mit diesem Dialog:
DIE WELT: "Von Ihrer [Dresdner – br.] Rede haben Sie sich später distanziert. Haben Sie seither mal überlegt, was Sie stattdessen über Erinnerungskultur zu sagen hätten?"
Höcke: "Ich konzentriere mich auf meine Kernaufgaben hier in Thüringen. Dazu gehört nicht die Geschichtspolitik."

Das ist die für Höcke charakteristische Heuchelei, wenn er bei fragwürdigen Äußerungen (hier: in seiner Dresdner Rede) erwischt wird. Bereits im Dezember 2015 hatte die FAZ-Journalistin Friederike Haupt in dem Artikel "BJÖRN HÖCKE: Ausbreiter und Platzhalter" seine Strategie der Selbstverharmlosung gültig beschrieben: "Björn Höcke ist formal bloß Landes- und Fraktionschef seiner Partei in Thüringen... . Aber zugleich ist er ein enorm populärer Mann in der AfD ... . Dafür gibt es viele Gründe. Einer ist, dass Höcke gut reden kann. Ein weiterer, dass er sich gut rausreden kann."

Dass ihn die deutsche "Geschichtspolitik" in Wahrheit immer und überall umtreibt, verrät z. B. seine Rede im Thüringer Landtag vom 08.05.2020.
Dort hatte der Ministerpräsident Bodo Ramelow (dessen Fan ich nicht bin!) gesagt (S. 682):
"An diesem 8. Mai gedenken wir einer zweifachen Befreiung: von Krieg und von nationalsozialistischer Terrorherrschaft. Diese Sicht auf den 8. Mai war in der Geschichte unseres Landes nicht unumstritten. Insbesondere in der alten Bundesrepublik war lange Zeit die Rede von Kapitulation oder Niederlage. Es ist dem damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker und seiner zu Recht berühmt gewordenen Rede aus dem Jahr 1985 zu verdanken, dass die Interpretation des 8. Mai 1945 als Tag des Aufbruchs und des Neubeginns ohne Nationalismus und Chauvinismus erfreulicherweise gesamtdeutscher Konsens ist, auch wenn der Aufbruch in Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Ost und West unterschiedlich lange gedauert hat.
Ein Neubeginn auf der Grundlage der ehrlichen Anerkennung der Singularität des Holocausts und der millionenfachen Opfer der NS-Herrschaft. Wir erinnern zudem an die zahllosen Opfer, die zur Befreiung Europas erbracht wurden. Opfer, die erbracht wurden sowohl vonseiten der Alliierten als auch von den vielen unterschiedlichen Widerstandsgruppen in zahlreichen europäischen Staaten gegen die NS-Besatzung, aber auch der Widerständler hier in Deutschland."

An diese unschöne Epoche der deutschen Geschichte mag sich jedoch der Historiker Höcke ums Verrecken nicht erinnern lassen (S. 693):
"Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, der Ministerpräsident hat zu Beginn seiner Regierungserklärung zur Corona-Pandemie die Gelegenheit genutzt – sehr prominent, weil eingangs platziert –, zum 8. Mai auszuführen. Ich will diesen Ausführungen nur drei kurze Anmerkungen mitgeben: Bei Ihren Ausführungen, Herr Ministerpräsident, dachte ich spontan an Friedrich Nietzsche – Sie wissen schon –, die Wiederkehr des ewig Gleichen. Zweitens, es war Franz Josef Strauß, der schon vor vielen Jahrzehnten sagte: Die Vergangenheitsbewältigung als gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe lähmt ein Volk mit der Zeit. Und drittens, sehr geehrter Herr Ministerpräsident: Sie haben natürlich jedes Recht und jede Freiheit, jeden Tag das Nazischweinchen durch das Thüringer Dorf zu jagen." [Die weiteren Ausführungen betreffen die "Coronapolitik" der Landesregierung.]

Zunächst einmal ist es quasi zwingend, dass ein Ministerpräsident solche Sätze des historischen Gedenkens in einer Regierungserklärung, die ansonsten von ganz anderen Dingen handelt, an den Anfang stellt: Wohin denn sonst?
Und mit der "Wiederkehr des ewig Gleichen" hat Höcke selber nicht das mindeste Problem, wenn er sich rhetorisch im Deutschland-Lob von Peter Watson wälzt wie die Sau in der Suhle: seine Reden strotzen nur so davon!
Total daneben und komplett aus der Luft gegriffen ist schließlich seine Unterstellung, der Redner würde mit der Erinnerung an einen (wie auch immer) herausragenden Gedenktag "jeden Tag" so etwas wie Vergangenheitsbewältigung betreiben.
Wenn er dann noch Ramelows angemessene und würdige Erinnerungsworte mit der Beschreibung "Nazischweinchen durch das Thüringer Dorf ... jagen" lächerlich zu machen sucht, dann müsste eigentlich jedem neutralen Beobachter klar sein, dass dieser Mensch eine regelrechte Obsession mit den Nazis hat. Deren Verbrechen er komplett aus der deutschen Erinnerung tilgen möchte.

In seinem Buch mimt er den Einsichtigen. Er gesteht dort zu, dass "wir" zwar nicht schuldig sind, uns aber doch von der historischen Last nicht freisprechen können:
"Wenn man unter einem Volk eine Gemeinschaft versteht, deren Angehörige in einer schicksalshaften, generationsübergreifenden Verbindung stehen, dann kann ich mich als Deutscher nicht einfach mit der Bemerkung aus der Verantwortung stehlen, das ginge mich gar nichts an, weil ich erst nach den Ereignissen geboren wurde. Damit würde ich ja wieder in ein »atomistisches« Selbstverständnis zurückfallen, das ich vorhin bereits bemängelt habe."
Und etwas später:
" Wenn man den Begriff 'Volk' im Sinne Edmund Burkes als ideelle Gemeinschaft der Toten, Lebenden und noch nicht Geborenen ernstnimmt, muß man auch die damit verbundenen Komplikationen akzeptieren. Es kann einem dann nicht egal sein, was die eigenen Vorfahren an Gutem und Bösem getan haben. Die Annahme einer kollektiven Verantwortung heißt aber nicht, daß diese auf selbstzerstörerische Weise geschehen muß."

Und keineswegs fordert er dort, die Erinnerung an die Nazi-Verbrechen zu tilgen; ihm geht es angeblich lediglich um Ausgewogenheit; "böswillig" ist, wer ihm was anderes unterstellt:
"Selbstverständlich dürfen wir unsere Augen nicht vor den Fehlern und Verbrechen der NS-Zeit verschließen. Aber kein Mensch und kein Volk kann sein Selbstbewußtsein nur auf negativen Bezügen aufbauen. Die Lichtseiten der Geschichte bilden den Kern der Identität, ohne die ebenso vorhandenen Schattenseiten zu leugnen."
(Frage) "Es ging Ihnen also nicht um das Umkehren des Bewertungsmaßstabes?"
Höcke: "Nein, auch wenn mir das immer wieder böswillig unterstellt wurde. Ich habe lediglich dafür plädiert, den Ansatz unserer Selbstbegegnung als Volk und Nation zu überprüfen. Anstatt uns allein von den belastenden, auf Dauer krankmachenden Zügen beherrschen zu lassen, sollten wir uns den heilsamen Aspekten unserer Geschichte mindestens ebenso verpflichtet fühlen – vor allem aber nicht diese ständig durch jene diskreditieren."

Nun verkenne auch ich nicht, dass das Gedenken an die Nazi-Verbrechen heute exzessiv betrieben wird - und vor allen Dingen von den herrschenden,  deutschlandhassenden Neonutsies für ihre Zwecke instrumentalisiert wird.
Aber Höcke lügt wenn er suggeriert, dass er der Vergangenheitsbewältigung lediglich einen angemessenen Platz zuweisen möchte: In Wahrheit will er sie abschaffen!

Dafür dürfte es zwei Gründe geben:
  • Zum einen gehe ich davon aus, dass Höcke emotional am Holocaust regelrecht leidet. 
  • Zum anderen ist seine Distanz zum NS-Regime bzw. zu dessen nationalistischer Ideologie nicht so groß, wie es wünschenswert wäre und wie er dem Volk vorgaukelt (==> HITLER). Höcke schleppt den schweren Dottersack der großdeutschen Vergangenheit mit sich herum. Der freilich mit  Rausch-Giften statt Nährstoffen gefüllt ist.

Schauen wir uns im Einzelnen an, wie sich Höcke in seinem Buch in Sachen Vergangenheitsbewältigung aus der Bredouille zieht
    1. Es "ist eine problematische Trennung zwischen Schicksalen entstanden, die allenfalls etwas bepflegt werden, damit Gras darüber wächst – denken Sie neben der Massenvertreibung aus Ostdeutschland auch an die hunderttausenden Alten, Frauen und Kinder, die im Inferno des anglo-amerikanischen Bombenterrors umkamen – und anderen, bei denen eine umfassende Erinnungsbewirtschaftung etabliert ist. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Dabei wird uns doch die Dimension des Grauens vor allem dort am deutlichsten bewußt, wo uns unmittelbar Nahestehende davon ergriffen werden." - Lies: Unserer eigenen Opfer gedenken wir viel zu wenig. Dagegen wurde für die Holocaust-Opfer eine "Erinnerungsbewirtschaftung" etabliert: Noch zynischer kann man das Gedenken an Opfer des Nazi-Regimes nicht abwerten. Und nein, hier wird nict mit "zweierlei Maß gemessen": Hier liegen den jeweiligen Leiden zwei völlig unterschiedliche Sachverhalte zu Grunde: Einerseits haben wir es mit den Opfern eines von Deutschland, also sozusagen von "uns selber" ausgelösten Krieges zu tun (Richard von Weizsäcker: "Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen.") Und andererseits die unschuldigen Opfer einer rassistischen und nationalistisch-imperialistischen Wahnideologie: Für Höcke kein Unterschied. Leid ist Leid. Außer natürlich, dass wir das Leid der "Unseren" doch eigentlich weitaus mehr beklagen sollten als das Leid der "Anderen". Höcke denkt in den primitiven Begriffen von Clan und Horde. Werte, die Grundlage unserer Zivilisation, sind für den Weisheitsliebenden aus Bornhagen nur "westlicher Werteschaum".
    2. "Keiner hat ... die zwanzigjährigen Mütter, die kaum mehr als ihres und ihrer Kinder nacktes Leben gerettet haben, gefragt, welche Traumata sie erlitten haben. Heute dagegen ist eine Konkurrenz um die grausigste Verfolgungsgeschichte entstanden, ein lukrativer Markt, auf dem das Gewicht des eigenen Leids die Waagschale nach unten drückt." - Spielt also keine Rolle, welche Ursache das Leid hatte: Von den Opfern unverschuldete Nazi-Verbrechen sind nicht schlimmer als die Opfer eines von Deutschland selber angezettelten Krieges! Unverschämt, dass die Holocaust-Opfer nur an ihr eigenes Leid denken und sich aufspielen, als ob dieses Leid irgendwie anders zu bewerten sei als das der Opfer von Krieg und Vertreibung! Die wollen nur abkassieren und erfinden grausige Verfolgungsgeschichten, um sie lukrativ zu vermarkten!
    3. "Ein weit verbreiteter aufrichtiger Wille, die Verfehlungen und Verbrechen des Dritten Reiches zu verarbeiten, wurde überlagert von den Interessen der Siegermächte. Das hat eine wirkliche Katharsis erschwert, wenn nicht gar vereitelt." - Klar doch: Die Sieger haben uns dran gehindert, eine echte Vergangenheitsbewältigung zu entwickeln. Obwohl uns das damals sowas von auf den Nägeln rannte! Aber clever, wie die Angelsachsen nun einmal sind, haben sie unseren "... vorhandene[n] moralische[n] Impuls ... geschickt in die einsetzende 'Vergangenheitsbewältigung' überführt". Natürlich "zum Zwecke politischer Gängelung und Paralyse unserer nationalen Identität.
    4. Hier allerdings kommt der Interviewer Höcke in die Quere. Auf die Frage: "Wären denn die Deutschen damals zu solch einer 'Läuterung' überhaupt in der Lage gewesen?" muss er einräumen: "Natürlich waren die allermeisten in den Nachkriegsjahren mit dem nackten Überleben beschäftigt und hatten zigfache Existenzprobleme zu bewältigen." Aber Höcke möchte seine so hübsch ausgedachte Legende vom deutschen Drange zur Vergangenheitsbewältigung nicht aufgeben und behauptet: "Nachdem der erste Schock aufgrund des Zusammenbruchs überwunden war und die Lebensverhältnisse sich langsam normalisierten, wären jedoch noch genug Antriebe vorhanden gewesen." Dann merkt er wohl, dass damit die Frage im Raum steht, warum die Deutschen ihrem dringenden Bewältigungsdrang doch nicht nachgegeben haben? Auch hierzu hat Höcke eine Antwort: "Diese [Impulse] erlahmten ... nach und nach in der aufkommenden Wohlstandgesellschaft mit ihren vielfältigen Verheißungen und Ablenkungen." Dabei übersieht er dummer Weise, dass seine beiden Antworten zusammen seine Ausgangsbehauptung Lügen strafen. Denn im Ergebnis sagt er nun: Erst hatten die Deutschen keine Zeit und Kraft, "die Verfehlungen und Verbrechen des Dritten Reiches zu verarbeiten". Und als es ihnen dann besser ging, hatten sie keine Lust mehr dazu. So tritt der Großdenker aus Bornhagen sein eigenes Märchen-Narrativ in die Tonne - und merkt es noch nicht einmal.
    5. Sondern bricht auf zu neuen Lügen-Ufern. Frage: "Sie sind also nicht grundsätzlich gegen eine 'Vergangenheitsbewältigung'?" Antwort: "Im Gegenteil: wir brauchen sogar eine erneute Beschäftigung mit unserer Geschichte, aber eben eine ganz andere als die wir heute erleben. Dieses übereifrige Abhaken von gut und böse zeugt eher von einer Bequemlichkeit, die einem tiefergehenden, auch schmerzlichen Nachdenken über die eigene Vergangenheit ausweichen will. Es geht nicht um das 'Weißwaschen' anstelle eines 'Braunfärbens'. Die Wirklichkeit ist immer viel komplexer und widersprüchlicher, als es die allzu simplen politischen und moralischen Schubladen erfassen können." - Nein, Höcke geht es nicht ums Weißwaschen dessen, was (nicht erst braun gefärbt werden muss, sondern: ) braun ist. Er will vielmehr das Dunkelbraune mit aller Macht aufhellen, grauwaschen! Indem er (genau wie er das mit Hitlers ==> KRIEGSSCHULD macht) die Kategorien von Gut und Böse a priori verabschiedet. Angetrieben wird er selbstverständlich von den alleredelsten Motiven: Ein solches Schubladendenken wäre ihm viel zu simpel! Dass ein Denken in klaren Werten hauptsächlich seiner NS-Grauwäscherei abträglich wäre: Das muss der Leser nicht wissen. Und welche hochwertigen Resultate sein algolagnisches Tieftauch-Denken über die deutsche Vergangenheit gezeitigt hat, verrät er uns natürlich auch nicht. Logisch, denn sein Gerede vom "schmerzlichen Nachdenken" ist die übliche Höcke-Heißluft.
    6. "Schon wer den Begriff 'Vergangenheitsbewältigung' für die heutige Art und Weise der Geschichtsverarbeitung verwendet, unterliegt einem semantischen Irrtum: Bewältigt werden soll hier gar nichts – das wäre ja innere Reifung und Stärkung –, sondern nur unser nationales Selbstwertgefühl unterminiert werden." - Aha! Doch wie bewirken wir dann unsere "innere Reifung und Stärkung"? Höcke suggeriert tiefschürfendes Nachdenken, wo er überhaupt nur ein Ziel hat, dass er mit viel Brimborium geschickt verschleiert: Diese unangenehme Debatte unter den Teppich seiner bedeutungsschwangeren Wort-Weberei zu kehren! Deswegen erfahren wir auch nichts darüber, auf welche Weise wir aus dem Umgang mit unserer Geschichte Reifheit und Stärke gewinnen könnten.
    7. Stattdessen banalisiert er die Beschreibung des Holocausts als "Zivilisationsbruch". Auf die Vorlage seines Interviewers, "daß es ohnehin nur eine individuelle Schuld gebe und damit die Kollektivschuldthese hinfällig sei", antwortet er: "Rein strafrechtlich betrachtet ist das richtig. Sonst gäbe es ja eine Art nationaler Sippenhaft und das wäre ein Zivilisationsbruch." - Die viehische Ermordung von Millionen unschuldiger Menschen ist für Höcke also ethisch nicht schlimmer einzustufen als eine rein abstrakte Kollektivschuldthese es wäre!
    8. Auch den Horror, den jeder normale Mensch angesichts der industriell organisierten Mordmaschine des NS-Regimes empfindet, zieht Höcke ins Lächerliche mit seiner Wertung "Selbst im Grauen schimmert hier bisweilen ein perverses Identitätsbild von uns Deutschen durch: Keiner mordet so perfekt, der Tod kann nur ein 'Meister aus Deutschland' sein." Seine Botschaft: Alles übertrieben; kein "Zivilisationsbruch", kein industriell organisierter Genozid - und somit auch in keinster Weise singulär!
    9. Dankbar "verwandelt" Höcke eine Vorlage seines Befragers, wenn er sagt "das 20. Jahrhundert ist allgemein ein Jahrhundert der brutalen Massenvernichtung gewesen. Das böse Gemisch aus fanatischem Sendungsbewußtsein und fortgeschrittener Technik bezahlten viele Millionen Menschen mit dem Leben". - Botschaft: Rassistische Massenmorde der Nazis waren keineswegs einzigartig; auch andere Regime haben Millionen umgebracht. Und Schuld waren sowieso nicht (bei den Nazis) Rassismus und imperialistischer Nationalismus. Eigentlicher Täter war ein "Gemisch" aus "Sendungsbewusstsein und fortgeschrittener Technik". Es kam halt so; es hat sich irgendwie ereignet. Kein Grund, gleich reflexhaft zu Grundkategorien wie Gut und Böse zu greifen; man muss die Naziverbrechen genau so betrachten, wie uns die herrschenden Immiggressionsfanatiker die politisch korrekte Sichtweise der Immiggressorenkriminalität beizubiegen bemüht sind: differenziert!
    Diese Schuldentlastungsstrategien fährt Höcke natürlich nicht erst in seinem Buch. 

    Bereits im Jahr 2010 ist er in einem angeblichen "Trauermarsch" für die Opfer der Bombardierung Dresdens mitmarschiert. Für die ultrarechten Veranstalter und die ebenso ultrarechten Teilnehmer ging (und geht) es jedoch nicht um die Opfer, sondern um die Anschuldigung der Alliierten. Die früher verwendete, mittlerweile verbotene Parole "Bombenholocaust" zeigt, das es um die psychologische Entlastungsstrategie des "die anderen haben ja auch" geht.

    Diese Strategie fährt auch Höcke in seiner Dresdener Rede vom 17.01.2017: "Die Bombardierung Dresdens war ein Kriegsverbrechen. Sie ist vergleichbar mit den Atombombenabwürfen über Hiroshima und Nagasaki."
    Besonders relativierend ist Höckes Satz über das Holocaustdenkmal, den ich bereits eingangs behandelt hatte, hier aber noch einmal in Erinnerung rufen will:
    "Wir Deutschen ... sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat."
    Diese Formulierung macht überhaupt nur dann Sinn, wenn auch die anderen Völker historische Schandtagen begangen haben - die sich auch qualitativ nicht vom Holocaust unterscheiden. Und eben die Singularität (nicht die quantitative, sondern die staatsrassistisch-organisatorisch-qualitative Dimension, die in der Neuzeit allenfalls - bedingt - mit dem türkischen Genozid an den Armeniern vergleichbar ist) und den "Zivilisationsbruch", den Umstand, dass ein Kulturvolk ein solches Verbrechen begehen konnte verwischt Höcke mit allen Mitteln.

    Unter "Björn Höcke und das 'Denkmal der Schande' ", SEZESSION 18.01.2017, springt Höckes Freund Götz Kubitschek ihm bei. Er reduziert die Rede weitgehend auf Höckes Denkmal-Kritik und setzt dabei, genau wie Höcke auch, Ungleiches gleich: "Keine andere Nation hat dem negativen Anteil seiner [recte: ihrer] Geschichte im Herzen seiner  [recte: ihrer] Hauptstadt den zentralen Erinnerungsort zugeteilt."
    Es hat halt eine jede Nation "negative Anteile" in ihrer Geschichte, da müssen wir doch die unseren nicht derart hochspielen? Machen die andern doch auch nicht! 

    XE-HOLOCAUST 



    X-JORDIS-LOHAUSEN, Heinrich (Geburtsname: Heinrich Freiherr Jordis von Lohausen. Offenbar durch die Abschaffung des Adels in Österreich in J.-L. geändert.)

    Wie z. B. "HERZOG, ROMAN" liegt auch das vorliegende Stichwort irgendwie "quer zum Strom". Aber eine Zuordnung der verschiedenen hier versammelten Einträge zu irgendwelchen Sach-Stichworten wäre auch keine wirklich befriedigende Lösung.

    Im "Höcke-Buch" erwähnt der Interviewer (also nicht Höcke selber) einen früheren österreichischen Geopolitiker:
    "Der geopolitische Denker Jordis von Lohausen schrieb einmal, daß in
    politisch öden Zeiten auf gesamtstaatlicher Ebene neben dem
    vorübergehenden »Rückzug in Bücher und Partituren« auch der in die
    greifbare Nähe der eigenen Heimat bleibe."
    Die Aussage dieser Textpassage ist unpolitisch; interessant ist jedoch das Denken von Lohhausen - und was sich davon evtl. bei Höcke wiederfindet.

    Wie gesagt: Nicht Höcke selber hat den Lohausen erwähnt. Wir wissen also nicht einmal, ob er überhaupt irgend etwas von dem gelesen hat.
    Doch allemal gewinnen wir hier einen Einblick in Denkweisen, bei denen Indizien vermuten lassen, dass sie im geistigen Kosmos des "Höckitschek"-Komplexes (==> VIERERBANDE) herumwabern.
    Allerdings kenne ich die Bücher von Lohausen nicht. Für meine Analyse bin ich als auf Internet-Fundstücke angewiesen. 


    Zu Antisemitismus

    In der Broschüre Das Herz am rechten Fleck. Der Leopold Stocker Verlag und die rechtsextreme Szene  aus dem Jahr 2000 über den Grazer Leopold-Stocker-Verlag erfahren wir über Jordis-Lohausen, dass er die Juden als "aus dem Hintergrund wirkende, aber eben doch ... letztentscheidende" Drahtzieher in beiden Weltkriegen hingestellt habe:
    "Gleich zwei Bücher brachte der mittlerweile verstorbene Rechtsextremist Heinrich Lohausen bei Stocker heraus: In Reiten für Russland (1998) verfälschte er den Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion zum antibolschewistischen Befreiungsversuch und schob die Schuld am 2. Weltkrieg Polen und den Alliierten zu. Als Höhepunkt dieses Amoklaufs gegen die Tatsachen benannte er in antisemitischer Codierung als drahtziehende › Mächte ‹ im 1. und 2. Weltkrieg eine › unauffällige und verborgene, eine bloß aus dem Hintergrund wirkende, aber eben doch die letztentscheidende, jedes Volk und jede Quadratmeile dieser Erde ausbeutende Macht ‹ (S.198), die er › Mr. Baruch ‹ nannte, so dass selbst die begriffsstutzigsten LeserInnen die antisemitische Hetze begreifen mussten."
    Jordis-Lohausen ist also eindeutig ein Antisemit. (Der Verlag hatte gegen diese Behauptung geklagt, hat aber jedenfalls in erster Instanz verloren. Da die Broschüre weiterhin online ist gehe ich davon aus, dass er auch in der letzten Instanz unterlag.


    Zu Höckes Dresdener Rede

    Das folgende Lohausen-Zitat wurde von einem Kommentator eingestellt im Forum „WallstreetOnline“, 14.09.2003  (auch hier vom Kommentator "Dietmar"):

    "In den Augen der Zerstörer von 1945 waren die von 1918 Stümper gewesen. Der Unterschied ist der einer psychologischen Kriegführung, einer sehr mangelhaften nach 1918 und einer erheblich vervollkommneten nach 1945. 1919 hielt man den Krieg mit den unter Dach und Fach gebrachten Vertragswerken von Versailles, St. Germain usw. für im großen und ganzen vollendet. 1945 war man sich klar, daß er mit der dem Feind abgerungenen Kapitulation eigentlich erst begann, denn kein Sieg ist jemals vollständig bei bloßer Vernichtung der Streitkräfte des Feindes oder der bloßen Abrüstung seiner Wirtschaft. Er wird vollständig erst durch die Vernichtung seiner Gedankenwelt, durch die Verstümmelung seines Geschichtsbildes und die Zerstörung seiner Wertlandschaft. Einen Feind wirklich besiegen, heißt seine Erinnerung auslöschen. Erst der Feind ohne Gedächtnis ist ein für allemal unschädlich, denn aller Wille zur Selbstbehauptung, alle Fähigkeit der Besinnung stammt aus der Erinnerung. Es gibt eine Strategie des Vergessens. Über das zu Vergessende wird nicht mehr geredet, nicht mehr geschrieben, bis es eines Tages ins Unterbewußtsein hinabsinkt und bei der heranwachsenden Jugend auch unterschwellig nicht mehr vorhanden ist. Ohne Vorbehalt glaubt sie, was die Sieger verkünden. Sie selber glauben es mittlerweile." - 
    (Aus: Jordis von Lohausen, "Mut zur Macht. Denken in Kontinenten", 1979, S. 203)

    Das erinnert mich stark an diese Zeilen aus Höckes Rede:
    "Mit der Bombardierung Dresdens und der anderen deutschen Städte wollte man nichts anderes als uns unsere kollektive Identität rauben. Man wollte uns mit Stumpf und Stiel vernichten, man wollte unsere Wurzeln roden. Und zusammen mit der dann nach 1945 begonnenen systematischen Umerziehung hat man das auch fast geschafft."
    Aber vielleicht sind derartige Vorstellungen ja Allgemeingut bei den deutschen Rechtsaußen. 

    XE-JORDIS-LOHAUSEN, Heinrich 



    X-KAPITALISMUS
    (s. a. ==> GELDSYSSTEM)

    Im Jahr 2011 schrieb Björn Höcke (als "Landolf ==> LADIG") im damaligen NPD-Theorieblatt "Volk in Bewegung" "Deutsche Impulse überwinden den Kapitalismus. Krisen, Chancen und Auftrag":
    "Tag für Tag erbringen unsere Systempolitiker oder auch die von ihnen vorgeschobenen Wirtschaftsexperten den Nachweis ihres Nichtwissens bzw. ihrer Böswilligkeit, indem sie die Begriffe „Marktwirtschaft'' und „Kapitalismus" synonym verwenden. Damit verstellen sie den Menschen den Blick auf Alternativen. Wer letzteren Terminus kritisiert, ist damit nicht zwangsläufig antimarktwirtschaftlich eingestellt. Das Wirtschaften für den Markt läßt sich bei vernünftiger Steuerung mit Gerechtigkeit und Erhaltung der Natur versöhnen, der Kapitalismus nicht. So ist denn die gegenwärtige Krise definitiv keine des herrschenden Wirtschaftssystems, sondern eine des korrespondierenden Geldsystems, des zinsbasierten Kapitalismus. Dieses die Gier schamlos belohnende System ermöglicht enorme Buchgeldschöpfungen, gigantische Kapitalakkumulationen und globale Konzentrationsprozesse. Die Hochfinanz führt die wertschöpfende Realwirtschaft und die Politik am Nasenring durch die Manege. Zudem unterwirft die Zinsforderung des Kapitals die Realwirtschaft einem permanenten, ressourcenvernutzenden Wachstumszwang.

    In formaler Hinsicht sind hier die weitgehenden textlichen Übereinstimmungen mit dem (ebenfalls von Andreas Kemper aufgedeckten) Leserbrief Höckes aus dem Jahr 2008 in der Jungen Freiheit (==> GELDSYSTEM) bemerkenswert, die es Kemper erlaubten, Björn Höcke durch "Indizienbeweis" als Autor hinter dem Pseudonym "Landolf ==> LADIG" zu identifizieren.

    Inhaltlich sehen wir einige Abweichungen bzw. Ergänzungen im Vergleich zu Höckes Leserbrief, bei dem es thematisch ja um denselben (realen oder imaginierten) Sachverhalt geht.

    Zunächst einmal taucht hier der Begriff "Hochfinanz" auf. 
    Den findet man schon im "Manifest zur Brechung der Zinsknechtschaft des Geldes" von Gottfried Feder. Das Büchlein (62 S.) hat er bereits 1919 verfasst, unmittelbar nach dem I. WK. Später trat er der NSDAP bei und war dort ein sehr erfolgreicher Propagandist. Nach der Machtübernahme wurde er allerdings rasch ausgebootet, denn selbst den Nazis war seine Geldtheorie dann doch zu doof war; das hindert freilich nicht, das sein (auf welchen Wegen auch immer weitertransportiertes) Gedankengut noch heute virulent ist

    In Feders Buch erscheint der Ausdruck "Hochfinanz" zwar nur ein einziges Mal:
    "Das Haus Rothschild wird heute auf 40 Milliarden geschätzt. Die Milliardäre der amerikanischen Hochfinanz, die Herren Cahn, Löb, Schiff, Speyer, Morgan, Vanderbilt, Astor werden zusammen auf mindestens 60 - 70 Milliarden geschätzt; bei einer nur 5prozentigen Verzinsung bedeutet dies ein Einkommen dieser 8 Familien von 5—6 Milliarden, das ist nahezu soviel, als ... im Jahre 1912 75% aller Steuerzahler in Preußen Jahreseinkommen hatten. ... Rund 38 000 000 Deutsche haben also davon leben müssen, was die oben erwähnten Milliardäre im Jahr Einkommen haben." (S. 18)
    Jedoch hat er eine ganze Reihe äquivalenter Begriffe zur Verfügung (hier jeweils im Substantiv formuliert; im fortlaufenden Buchtext jedoch z. B. statt "internationale/s" "internationalen" usw.):
    "internationales Großkapital", "goldene Internationale"*, "internationale Plutokratie", "internationale Spekulanten", "internationale Geldmächte", "die internationale Zusammenarbeit der großen Geldmächte", "internationalen Zinswirtschaft", "internationales Leihkapital".
    In der heutigen Debatte, und entsprechend auch in Höckes Buch) wird "international" usw. großenteils ersetzt durch "globalistisch" usw. Inwieweit auch dahinter antisemitische Vorstellungen stehen, wird sich allenfalls aus dem Zusammenhang solcher Äußerungen erschließen bzw. vermuten lassen, oder aus den ggf. bekannten sonstigen politischen Positionen des Sprechers.

    In der antisemitischen NS-Propaganda dürfte die Parole "jüdische Hochfinanz" eine herausragende Rolle gespielt haben (z. B. bei Alfred Rosenberg). Die hat wohl auch Feder im Visier, obwohl er mit "Morgan, Vanderbilt, Astor" auch Nichtjuden einbezieht. Die allerdings waren, als Amerikaner, den geschlagenen Germanen damals fast genauso verhasst wie die Juden - und sind es noch heute dem Höcke und seinem Anhang (s. ==> USA). 
    Nun ist die "jüdische Hochfinanz" keine bloße Imagination; es gibt sogar eine wissenschaftliche Arbeit (von 1999) zur "Gesellschaftsgeschichte der deutsch-jüdischen Hochfinanz vor dem Ersten Weltkrieg". Aber zum einen gab es eben auch eine nichtjüdische "Hochfinanz", nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland: Schließlich war die Bagdadbahn weitgehend mit deutschem Kapital finanziert worden. Und zum anderen wurde die starke Stellung jüdischer Banken und deren internationale Vernetzung durch den Ersten Weltkrieg und die Weltwirtschaftskrise zerschlagen. So dass der Verfasser der o. a. "Gesellschaftsgeschichte ..." seine Untersuchung mit der Bemerkung schließt:
    "Es gehört zu den Paradoxien der neueren deutschen Geschichte, daß die pathologisch populistischen Angriffe auf die angebliche jüdische ,Weltfinanz' genau in dem Moment aus dem Schattendasein esoterisch-antisemitischer und völkischer Sekten hinaustraten und auch in der bürgerlichen Oberschicht salonfähig wurden, als die Zeit der großen jüdischen internationalen Finanziers definitiv zu Ende gegangen war."

    Den Ausdruck "JÜDISCHE Hochfinanz" kennt Höcke mit Sicherheit. Zumindest wäre es an ihm, ggf. klarzustellen, dass er NICHT (oder nicht ausschließlich und nicht vorrangig) die Juden meint, wenn er von "'Hochfinaz" spricht. Das gilt besonders für seinen Aufsatz ==> LADIG (1) in einem NPD-Blatt (s. a. ==> KAPITALISMUS).
    Nachdem er das NICHT getan hat ist davon auszugehen, dass er jedenfalls nichts dagegen hatte, vom Antisemitismus vieler seiner Leser zu profitieren.

    Den "Kapitalismus", den er in seinem o. a. JF-Leserbrief noch "freigesprochen" hatte, erklärt er nunmehr für unvereinbar "mit Gerechtigkeit und Erhaltung der Natur". Das ist aber natürlich keineswegs sein letztes Wort zum Thema. Vielmehr findet man in seinem Gesprächsbuch diesen Dialog:
    "Die AfD muß sich ... langsam entscheiden, ob sie als kritischer Teil des Establishments agieren möchte, wie es die sogenannten »Realpolitiker« in der Partei fordern, oder ob sie eine wirkliche Alternative zum Bestehenden sein will – was eine globalisierungs- und kapitalismusüberwindende Position einschließt."
    "Sie sind ein strikter Antikapitalist?":
    "Wenn man die heute herrschende Ökonomie als Grundlage nimmt, dann schon. Denn ein ungebändigter Kapitalismus fördert nicht nur die Gier, sondern zerstört neben dem sozialen Zusammenhalt langfristig auch die Völker und Nationen. Mit Kapitalismus meine ich also nicht eine sinnvolle Marktwirtschaft, die in einer erneuerten Volkswirtschaft ihren wichtigen Platz haben wird, sondern die einseitige Dominanz und Extremisierung eines Produktionsfaktors – des Kapitals – unter Vereinnahmung der beiden anderen: Arbeit und Boden. Man kann dieses System mit der Formel zusammenfassen: Geld regiert die Welt! Dagegen stellen sich völlig zurecht linke wie rechte Globalisierungs- und Kapitalismuskritiker."
    Hier hat sich Höcke also seinen privaten, idiosynkratischen Kapitalismusbegriff zusammengestrickt.

    Nur halb scherzhaft kann man daher konstatieren, dass Höckes Denken i. S. Kapitalismus einen dialektischen Dreischritt vollzogen hat:
    1. Von der These (JF-Leserbrief - 2008) "Kapitalismus ist grundsätzlich gut"
    2. über die Anti-These (unterm Ladig-Pseudonym - 2011) "Kapitalismus ist fundamental böse"
    3. zur "Synthese" (im Buch - 2018): "Kapitalismus ist gut oder böse, je nachdem wie ich's gerade rhetorisch brauche".
    Seriös ist Höckes fluide Begriffsdefinition natürlich nicht im Entferntesten. Sie entwertet die Bezeichnung "Kapitalismus" als Erkenntnisinstrument und für jegliche ernsthafte Diskussion. Was bleibt, ist ein sinnentleertes Wort, dessen Inhalt nur für den in der jeweiligen Situation angestrebten Propagandazweck gilt - aber natürlich eine absolute Gültigkeit vortäuscht. Auch hier erweist sich Höckes Denkerpose als aufgeblasener Luftballon für einfältige Jünger.
    Ich bin alles andere als ein Fan von Sahra Wagenknecht. Und habe deren Buch "Reichtum ohne Gier: Wie wir uns vor dem Kapitalismus retten" nicht gelesen. Doch bin ich sicher, dass DIE einen (wie auch immer gearteten) "robusten" Kapitalismusbegriff verwendet. Und keine Wieselworte, die sich der Sprecher je nach Bedarf ad hoc mit unterschiedlichen Inhalten vorstellt - häufig mit der Absicht, seine Hörer zu täuschen.

    Durchaus informativ ist im vorliegenden Zusammenhang eine Lektüre der Bachelor-Arbeit "Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie. Eine Ideologie- und Frameanalyse" von Tim Kühn vom Oktober 2020. Höchst irritierend ist freilich die "aktivistische" "Antifa-Sprache", die in einer wissenschaftlichen Arbeit nichts zu suchen hat. Und wo der Verfasser politisch steht, lässt sich bereits aus der Tatsache herleiten, dass er ein taz-Autor ist. Dennoch: Wer in der Lage ist, zwischen Information und Wertung zu unterscheiden, wird nicht dümmer, wenn er das liest.

    Schwerpunkt von Höckes "Ladig-Artikel" ist allerdings die Ökologie; diesen Aspekt behandele ich unter dem Stichwort ==> UMWELT. (Die dem Textteil vorangestellte, sozusagen "Unter-Überschrift" macht das auch deutlich: "Teil 1: Kapitalismuskrise und Peak Oil").

    Randbemerkung:
    Dass Höcke sich überhaupt verpflichtet fühlt, seinen Anhängern Kritik am Kapitalismus anzubieten (und sich dafür einen fluiden Kapitalismusbegriff zusammenzubasteln) beweist, wie fundamental unser (deutscher, aber zweifellos auch insgesamt der westliche!) gesellschaftlicher Diskurs insgesamt, und sogar bei den Rechten, von Karl Marx und linken "Großerzählungen" dominiert wird! 

    Es stellt Höckes Urteils vermögen nicht das beste Zeugnis aus, wenn er Donald Trump "als Immobilienunternehmer" für "viel bodenständiger und konservativer" einschätzt "als die internationalen Finanzhaie, die dem modernen Kasino-Kapitalismus verfallen sind." Ganz davon  abgesehen, dass Worte wie "internationale Finanzhaie", "Kasino-Kapitalismus" und "verfallen (hörig) sind" zwar prima Trigger für's einfache Volk sind, aber keinerlei deskriptiven (oder gar analytischen) Wert haben. 
    Aber letztlich denkt Höcke auch hier in keinster Weise irgendwie abstrakt über "den Kapitalismus" nach, sondern suhlt sich in seiner clanistischen Horden-Denke:
    "Das von [Carl] Schmitt geforderte 'Interventionsverbot raumfremder Mächte' ... müßte ... nach den schlechten Erfahrungen der Vergangenheit um das 'Investitionsverbot raumfremden Kapitals' ... ergänzt werden." 
    Welche angeblich schlechten Erfahrungen der Vergangenheit Höcke meint, und ob er damit ausländische Investitionen in Deutschland, oder deutsche Investitionen im Ausland kritisieren will (oder beides), das verrät er uns nicht. Klar ist aber, dass für ihn die heimischen Kapitalisten per se gut und die fremden per se böse sind. Die Welt kann so herrlich einfach sein - wenn man sie mit infantiler Einfalt betrachtet. 


    Leseempfehlung zum Thema 'Wirtschaftspolitische Vorstellungen der AfD':

    Kellershohn ist alles andere als ein AfD-Fan. Aber anders als bei vielen anderen zeichnen sich seine Texte durch sachliche Sprache und kenntnisreiche Einschätzung aus. So sagt er z. B. in dem (insgesamt lesenswerten) taz-Interview "Rechtsextremismusforscher über Höcke: 'Er ist kein eigenständiger Denker' " vom 26.10.2019 über Björn Höcke:
    "Höcke ist kein eigenständiger, origineller Denker. Er ist eher ein Plagiator. Er setzt bestimmte Begrifflichkeiten, die er zusammenklaubt, in einer populistischen und aggressiven Weise ein. Er ist ein Stimmungsmacher, versucht, so Massen zu mobilisieren, auch aus dem neonazistischen Lager."
    Und später:
    "Als einzelne Person genommen, würde ich ihn nicht als gefährlich bezeichnen. Aber man muss ja die ganze Szenerie sehen. Das Umfeld bringt ihn in diese Rolle, und er füllt sie bereitwillig aus. Um es mal zugespitzt zu sagen: Man ist nicht Führer, sondern man wird zum Führer gemacht."
    Zu ergänzen wäre, dass Politiker wohl höchst selten "eigenständige, originelle Denker" sind. In aller Regel werden die "plagiieren", was der Meinungsmarkt anbietet. Das ist nicht grundsätzlich verwerflich. Erwarten darf und muss man allerdings die Fähigkeit, ein in sich widerspruchsfreies Weltbild zu entwickeln, das der Realität angepasst ist. Um eine "Politik als Kunst des Möglichen" zu machen.

    XE-KAPITALISMUS



    X-KRIEGSSCHULD (Zweiter Weltkrieg)
    (==> HITLER; LADIG)

    Im Jahr 2011 freute sich Björn Höcke (als "Landolf ==> LADIG") im damaligen NPD-Theorieblatt "Volk in Bewegung" "Deutsche Impulse überwinden den Kapitalismus. Krisen, Chancen und Auftrag":
    "Wurde das Deutschlandbild der gebildeten angelsächsischen Schichten im 20. Jahrhundert von der Kriegspropaganda ihrer Heimatländer geprägt, scheint seit etwa zehn Jahren auch in der „etablierten" Wissenschaft eine Neubewertung des ehemaligen Gegners Fuß zu fassen".
    Keines derjenigen vier Werke, die er anführt, hat auch nur entfernt mit dem Zweiten Weltkrieg zu tun. Es geht vielmehr um die Schuldfrage beim ERSTEN Weltkrieg, soowie um Ehrenrettungen für Preußen einerseits und das Kaiserreich andererseits (die keineswegs so autoritär und gesellschaftlich rückständig gewesen seien, wie sie heute häufig wahrgenommen werden).
    Und ganz besonders um Peter Watsons Buch "Deutscher Genius", an dem sich Höcke in abstoßender Weise regelrecht hochzieht (==> DEUTSCHLAND, DEUTSCHLAND ÜBER ALLES .....)

    Doch das ist für einen großen Geist wie Höcke kein Hinderungsgrund, sich quasi "über Bande" von imaginierten Engländern Deutschlands (Hitlers) Unschuld am 2. Weltkrieg bescheinigen zu lassen:
    "Damit haben Bücher mit durchaus revisionistischen Zügen in den letzten Jahren in der angelsächsischen Welt jenseits des 'rechten' Ghettos eine beachtliche Verbreitung erfahren
    Eine Ahnung schleicht sich dabei vielleicht bei immer mehr gebildeten Angelsachsen ein, daß eben nicht die Aggressivität der Deutschen ursächlich für zwei Weltkriege war, sondern letztlich ihr Fleiß, ihre Formliebe und ihr Ideenreichtum. Das europäische Kraftzentrum entwickelte sich so prächtig, daß die etablierten Machtzentren sich gezwungen sahen, zwei ökonomische Präventivkriege gegen das Deutsche Reich zu führen. 
    Der zweite Krieg war allerdings nicht nur ökonomisch motiviert, sondern darf auch als ideologischer Präventivkrieg angesprochen werden, hatte sich im nationalsozialistischen Deutschland doch eine erste Antiglobalisierungsbewegung staatlich etabliert, die, wären ihr mehr Friedensjahre zur Erprobung vergönnt gewesen, wahrscheinlich allerorten Nachahmer gefunden hätte." *
    * Nachtrag 07.09.24: In seiner Ansprache vor den Oberbefehlshabern auf dem Obersalzberg vom 22.08.1939, in der Hitler seine Militärführer auf den Überfall auf Polen einstimmte, hatte er u.a. eingestanden:
    "Wir haben nichts zu verlieren, nur zu gewinnen. Unsere wirtschaftliche Lage ist infolge unserer Einschränkungen so, daß wir nur noch wenige Jahre durchhalten können. Göring kann das bestätigen. Uns bleibt nichts anderes übrig, wir müssen handeln."
    Tatsächlich war es also Deutschland, dass einen wirtschaftlichen Präventivkrieg führte - und führen musste. Was nicht gerade für die Vorbildlichkeit der angeblichen "Antiglobalisierungsbewegung" der Nazis spricht. Aber ein Höcke studiert Geschichte nicht, um sich von unliebsamen Fakten irritieren zu lassen. Sondern um diese souverän auszublenden.

    Wir Deutschen waren also auch in der Nazizeit geistige Riesen. Unser Fleiß war übermenschlich, unser Ideenreichtum weltweit einmalig. Und gar erst die damals von den Nazis erfundene Antiglobalisierungsbewegung: Die war sowas von genial, dass die anderen sie unbedingt zerstören mussten, um nicht selber unter die - deutschen - Räder zu kommen. Den armen, armen Nazis konnten die deshalb keinen Frieden mehr VERGÖNNEN(!), weil die sonst ihr geniales Welthandelssystem in aller Ruhe ausprobiert und weltweit zum Exportschlager gemacht hätten. Und dann hätten wir den Amis und den Briten mal gezeigt, wie handelspolitische Weltmacht geht!

    Ganz klar also, dass Adolf Lämmlein gänzlich unschuldig am 2. Weltkrieg war. Begabt mit "romantischer Tiefenhellsichtigkeit" hat Landolf Ladig, alias Björn Höcke, die von den Lügen der Mainstream-Historiker verdeckte geschichtliche Wahrheit durchschaut: Irgendwelche finsteren Mächte (nämlich die Angelsachsen) haben, auf welche Weise auch immer, die Nazis in den Krieg reingeluchst! 
    Natürlich mag es manchen merkwürdig vorkommen, wenn ein Überfall von A. auf B. in Wahrheit ein Präventivkrieg des Opfers B. gegen A. gewesen sein soll. Aber beim Überfall des neostalinistischen Kreml-Kleptokraten auf die Ukraine haben die Amis doch ebenfalls den lieben und friedliebenden Onkel Putin gezwungen, einen Krieg anzufangen!

    Einfältige Menschen mögen bereits den inszenierten False-Flag "Überfall auf den Sender Gleiwitz" als Beweis dafür ansehen, dass der Angriffskrieg der Nazis (zunächst gegen Polen) unprovoziert war. Wozu sonst hätte Hitler eine Schein-Provokation Deutschlands durch die Polen inszenieren sollen, wenn nicht in der Absicht, die EIGENE Kriegsschuld zu verschleiern?
    Und die Aufteilung Polens (und Osteuropas insgesamt) in Interessensphären durch den Hitler-Stalin-Pakt werden die so deuten, dass es bei Hitlers Überfall auf Polen um die Eroberung dieses Landes ging - und keineswegs um Danzig (wie Gerd Schultze-Rhonhof behauptet) oder einen Korridor nach Ostpreußen.
     
    Doch solche sich dem Durchschnittsbürger aufdrängenden Überlegungen sind für den studierten Historiker Höcke viel zu simpel. Otto Normalverbraucher sieht stets nur den Vordergrund; große Geister wie Höcke haben einen "tieferen Blick auf die Erscheinungen der Welt". Und in der Tauchtiefe eines deutschnationalen Schauers tun sich wahre Abgründe an Gemeinheit auf. Die Angelsachsen waren nämlich schon immer hinter uns her - und sind das sogar heute noch: "Der alte Wirtschaftskrieg der Seemächte Großbritannien und USA gegen den Kontinent im 20. Jahrhundert nährt weiterhin die Konfliktdynamiken des 21. Jahrhunderts" erfährt der unbeleckte Leser im Höcke-Buch. 
    Diese beiden Mächte haben also während des gesamten 20. Jahrhunderts einen Dauerkrieg gegen "den Kontinent" (lies: Deutschland) geführt. Meist haben sie das versteckt als "Wirtschaftskrieg"; doch wenn die beiden Thalassokratien das Gefühl hatten, Deutschland mit einem bloßen Wirtschafts"krieg" nicht beikommen zu können, haben sie einen heißen Krieg  angezettelt.
    Dass Deutschland als Schuldiger dasteht, ist nur der äußere Schein. In Wahrheit musste es aus purer Verzweiflung zum Schwert greifen! Die hinterhältigen Seemächte haben dieses bedauernswerte Unschuldslamm Deutschland heimtückisch verleitet, scheinbar anlasslos einen Krieg vom Zaun zu brechen!

    Die Phantasmagorie eines durchgängigen "Wirtschaftskrieges" der Angelsachsen gegen Deutschland taucht übrigens schon in einem Buch auf, das Adolf Hitler 1928 verfasst hat ("Hitler, Adolf - Das Geheime Zweite Buch"). Wahrscheinlich war das aber ein damals ohnehin weit verbreitetes deutsches Narrativ, das der Autor des "Zweiten Buches" lediglich übernommen hat. 
    Jedenfalls ist das ein frei erfundener Versuch der Schuldumkehr (damals für den Ersten Weltkrieg), der durch keinerlei historische Dokumente (oder Erfahrungen) nachweisbar ist. Wer solche Behauptungen verbreitet, und das noch als Historiker, der LÜGT. 
    Doch Höcke (Ladig) ist kein zynischer Lügner: Der hat sich wie eine Seidenraupe in einen Kokon von deutschnationalen LEBENSLÜGEN eingesponnen. Zusammen mit seinen sonstigen abenteuerlichen Vorstellungen, etwa in den Bereichen ==> GELDWESEN, KAPITALISMUS und UMWELT,  ist das "ideologische Irrlicht" also ein SPINNER im doppelten Sinne des Wortes.

    Dass es mit der ach so prächtigen Entwicklung des "europäische[n] Kraftzentrum[s] in der Nazizeit auch nicht weit her war, habe ich im einleitenden Teil ("I. ADOLFS ARMLEUCHTER oder HÖCKE ALS NAZI-FAN") meines Blogposts "Björn Höcke ist nicht von dieser Welt!" gezeigt. Auch das kann jeder Historiker wissen, der SERIÖSE geschichtswissenschaftliche Literatur durcharbeitet. Aber Höcke dürfte eher ein Fan der rechtsradikalen Schmöker aus Herbert (und später dessen Sohnes Wigbert) Graberts "Verlag der Deutschen Hochschullehrer-Zeitung" (plus späterer Mutanten) sein. Höckes Verständnis von Geschichtsschreibung ist offenkundig ein (pseudo-)"patriotisches", also propagandistisches. 
    Jene wissenschaftlichen Leistungen, die Peter Watsons Buch "The German Genius" schildert ("German Historicism: 'A Unique Event in the History of Ideas' " lautet z. B. die Überschrift von Kap. 12, S. 261) wären in einem Höcke-Reich a priori ausgeschlossen: Verboten!😅

    Die Sache mit der angeblichen Antiglobalisierungsbewegung der Nazis ist selbstverständlich ebenfalls eine Schimäre, und gleichfalls nicht auf Höckes eigenem Mist gewachsen.
    In ähnlicher Weise findet sie sich beispielsweise in dem Buch "Unternehmen Patentenraub 1945: Die Geheimgeschichte des größten Technologieraubs aller Zeiten" von Friedrich Georg (erschienen 2008, 5. Auflage 2010, im ultrarechten Tübinger Grabert-Verlag), wo es heißt:
    "Es mußte für ihr [der US-Eliten] wirtschaftliches Wohlergehen ..... verhindert werden, daß sich ein neues Handelssystem [nämlich das NS-System des Tausch-Außenhandels] den globalen Weg bahne und den wirtschaftlichen Liberalismus wie eine Börsenblase platzen lasse. Auch von einer anderen Seite drohte Gefahr für das 'westliche System', wie wir es heute kennen: Was würde geschehen, wenn autoritä­ren Wirtschaftssystemen der Nachweis gelingen werde, daß der bis heute immer noch für zutreffend gehaltene 'unaufhebbare Zusammenhang' zwischen liberaler Demokratie und Wohlstand ein reiner Zufallstreffer war?"
    Hier wird sichtbar, aus welchen trüben Quellen der studierte Historiker Höcke sein "Wissen" schöpft. Wahrscheinlich ist die die angebliche Nazi-Erfindung eines neuen Welthandels-Systems eine Standardimagination bei den Ultrarechten. So hatte die Zeitschrift "Volk in Bewegung" bereits mit der Nr. 5/2008 (also vom September/Oktober jenes Jahres) eine Ausgabe "Das Ende des Kapitalismus" herausgebracht. Dort phantasierte der inzwischen verstorbene Herbert Schweiger, "einer der bekanntesten rechtsextremen Publizisten aus Österreich" (Wikipedia) in seinem Vorwort "Vom Untergang der USA zur Neuordnung Europas":
    "Es wurde [nach der Machtübernahme der Nazis] eine neue Währungsordnung auf den Weg gebracht, als Voraussetzung der wirtschaftlichen Aktivierung und einer neuen Sozialordnung. Nicht das Gold bestimmt den Wert des Geldes sondern die Arbeit; mit dem Begriff der Volksgemeinschaft wird das Volk und der Volksgenosse Mittelpunkt der gesellschaftlichen Wertung; die Reichsmarkwährung ist nicht konvertierbar und das Geld bekommt seine Wertdeckung durch die wirtschaftliche Leistung und nicht für das Gold. Gleichzeitig begann das Deutsche Reich einen regen bilateralen Handel auf Verrechnungsbasis unter Ausschaltung der Zinswirtschaft. Diese revolutionäre Wirtschaftsordnung wurde von der Kapitalmacht der USA, Englands und Frankreichs entschieden abgelehnt. Der unausgesprochene Kriegsgrund war die Einführung der neuen Geldordnung (einer an die Arbeitsleistung gekoppelten Indexwährung) und des Handels auf Verrechnungsbasis. Das bedeutete, verbunden mit der Aufhebung des Versailler Diktates, die Kriegserklärung Englands und Frankreichs an Deutschland. Die von der Wallstreet gesteuerten USA waren aber die Drahtzieher für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges."
    Von einer Indexwährung der Nazis habe ich noch nie etwas gehört - und finde auch jetzt nichts im Internet. Die Reichsmark war ganz gewiss KEINE Indexwährung, jedenfalls nicht nach innen. Dass es bei dem bilateralen Tauschhandel (das nämlich meint "auf Verrechnungsbasis"!) eine irgendwie geartete Indexierung der für die Verrechnung zugrunde gelegten Währung gegeben haben könnte, will ich nicht ausschließen. Konkret bekannt ist mir das jedoch nicht. Im übrigen ist ein solcher Tauschhandel nicht "revolutionär", sondern ökonomisch primitiv. Im internationalen Handel wurde er häufig dann eingesetzt, wenn einer der beiden Partner keine Waren anzubieten hatten, die auf dem freien Markt begehrt gewesen wären bzw. keine ausreichenden Devisenvorräte hatte; im Nachkriegs-Handel zwischen Ostblockländern und westlichen Unternehmen bezeichnete man das mit der englischen Bezeichnung "Barter (Trade)". 
    So erfährt man z. B. im Stichwort "Tauschhandel" der deutschsprachigen Wikipedia, dass "die Deutsch-sowjetischen Röhren-Erdgas-Geschäfte seit Februar 1970 ..... ein Barter [waren], der deutsche Großröhren und Bankkredite gegen sowjetische Erdgaslieferungen austauschte."
     Wäre das wirklich ein so tolles System gewesen, dann hätte es sich rasch verbreitet.

    In gleicher Weise war schon der deutsche "Verrechnungs-Außenhandel" der Nazizeit ein Notbehelf wegen Devisenmangel (und gegen den damals international grassierenden Protektionismus). Eine Bedrohung anderer Handelsnationen war das schon deshalb nicht, weil sie es einfach hätten abkupfern können. 

    Es geht mir nicht darum, mit den oben zitierten Texten Höcke Behauptungen anderer anzulasten. Sie sollen meinen Lesern nur ein Gefühl dafür vermitteln, aus welchen intellektuellen Mülldeponien der studierte Historiker seine Wackelkontakte zu historischen Fakten ausgebuddelt hat.
    Angeblich liest er "seit Jahren keine etablierten Medien mehr. 'Aus psychologischem Selbstschutz'." Diese Behauptung musste er zwar revidieren: "Ab und zu lese er schon mal etablierte Medien, gab er daraufhin [auf einen Vorhalt des Gerichts] zu". 
    Dass Höcke "etablierte Medien" schon früher nicht häufig konsumiert hat, und dass er nicht erst seit Beginn seiner politischen Karriere in einem informatorischen Paralleluniversum unterwegs ist, dessen bin ich mir sicher. Sein politisches Wahn-Wichtel-Weltbild stammt offenkundig weitestgehend aus realitätsverdrehenden rechtsradikalen Publikationen. Und sein Selbstbild als geschichtlicher Seher steht in eklatantem Missverhältnis zu seiner Praxis als Informationsmüll-Recycler.


    Nach seinem Eintritt in die AfD und besonders seit seiner Wahl zum Vorsitzenden des AfD-Landesverbandes Thüringen war Höcke zweifellos klar, dass er sich mit geschichtsrevisionistischen Legenden besser zurückhalten sollte.
    Einmal hat er seine ideologische Deckung aber doch aufgegeben: In einem Interview mit  Anton Troianovski, dem damaligen Deutschland-Reporter der Zeitung "The Wall Street Journal" (WSJ), am 17.01.2017. Dieses Interview wurde (nur auszugsweise und erst) am 07.03.2017 im Internet veröffentlicht; steht jetzt allerdings hinter der Bezahlschranke. Am Tage dieses Interviews, also am 17.01.2017, hatte Höcke zuvor in Dresden vor der Jungen Alternative, der AfD-Jugendorganisation, eine Rede gehalten, die "innerhalb und außerhalb der Partei heftige Reaktionen auslöste". So liest man es im Vorspann zum TAGESSPIEGEL-Redenabdruck "Höcke-Rede im Wortlaut: 'Gemütszustand eines total besiegten Volkes' " (vom 19.01.2017).

    Man darf vermuten, dass Höcke, nachdem er in dieser Ansprache aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht hatte und von seinen Zuhörern umjubelt wurde, ziemlich euphorisch drauf war. Vielleicht hat er auch geglaubt, im Journalisten einen verständnisvollen Zuhörer zu finden.  (Insofern ist es schade, dass das Interview nicht vollständig publiziert wurde; vielleicht würde man dann den Hintergrund besser verstehen.)
    Die einschlägige Passage zur Kriegsschuldfrage lautet:

    "WSJ: Es gibt zum Beispiel den Historiker [Stefan] Scheil, ich habe gelesen, Sie haben zusammen mal mit ihm ein Interview gemacht in der Sezession. Was halten Sie von seinen Thesen? Da geht es ja auch darum die unmittelbare Schuld, oder wie auch immer, für den Anfang des Zweiten Weltkriegs etwas anders zu sehen.

    Höcke: Also, Stefan Scheil hat sicherlich zu dem Thema profund geforscht. Es gibt andere Bücher, die erschienen sind in den letzten Jahren, die für große Furore gesorgt haben. Zum Beispiel, Gerd Schultze-Rhonhof, der kein Historiker von Hause aus ist, der aber ein sehr guter Autodidakt ist, der aber ein Buch geschrieben hat, das heißt, '1939: Der Krieg, der viele Väter hatte.' Das ist über 50.000 Mal meines Wissens auch verkauft worden und da geht’s eben darum [also um die Kriegsschuldfrage].
    Wissen Sie, das große Problem ist, dass man Hitler als das absolut Böse darstellt. Wir wissen aber natürlich, dass es in der Geschichte kein Schwarz und kein Weiß gibt. Und dass es viele Grautöne gibt. Und es gibt viele Quellen, die darauf schließen lassen, wenn man es interpretiert, dass dieser 2. Weltkrieg nicht unbedingt zum 2. Weltkrieg - Betonung auf Weltkrieg - hätte werden müssen, wenn nicht auch interessierte Mächte am Werke gewesen wären, die diesen Krieg eskaliert haben.
    Und ich denke, das wird sicherlich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch zur entsprechenden Aufarbeitung führen und wird sicherlich neue Historikerdiskussionen auch hervorrufen. Ich glaube, jetzt ist so die Zeit, die letzten Überlebenden der Zeit des 2. Weltkrieges sterben langsam, es gibt dann kaum noch einen der lebt und diese Zeit am eigenen Leibe erlitten und erlebt hat, und es wird dann auch zu einer anderen, zu einer neuen Sicht auf die Dinge führen, und zu einer neuen Fragestellung, davon bin ich überzeugt."

    Zunächst einmal ist unklar, wann und wodurch nach Höckes Meinung der 2. Weltkrieg zum Weltkrieg geworden ist. Das Buch von Schultze-Rhonhof behandelt (jedenfalls in der mir vorliegenden 2. Auflage) die Entwicklung bis zu Hitlers Überfall auf Polen am 01.09.1939. Von irgendwelchen weiteren Entwicklungen zum "Weltkrieg" ist dort nicht die Rede; der Autor relativiert einfach Hitlers Kriegsschuld. Eben darum dürfte es auch Höcke in Wahrheit gehen; seine (implizite) Unterscheidung zwischen dem Überfall auf Polen und einem irgendwie später beginnenden Weltkrieg ist eine Nebelkerze, um allzu viel mentalen Widerstand bei seinen Rezipienten zu vermeiden.

    Ob Höcke also seine früheren "Ladig"-Ideen wirklich aufgegeben hat, wissen wir nicht. Damals hatte er die Kriegsschuld gänzlich ungeteilt den "etablierten Machtzentren" zugewiesen (was sicherlich Großbritannien plus USA meint; Frankreich wohl nicht und Russland sowieso nicht), die einen "Präventivkrieg" gegen Deutschland führten. Im Interview windet er sich verbal wie ein Aal, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten und sich bei Bedarf als unschuldiges Opfer angeblicher Missverständnisse präsentieren zu können (wie er das bei seiner historischen Grauwäsche für Hitler tatsächlich tut):
    "es gibt viele Quellen, die darauf schließen lassen, wenn man es interpretiert, dass dieser 2. Weltkrieg nicht unbedingt zum 2. Weltkrieg - Betonung auf Weltkrieg - hätte werden müssen, wenn nicht auch interessierte Mächte am Werke gewesen wären, die diesen Krieg eskaliert haben."

    Versuchen wir, seine Argumentation möglichst systematisch aufzudröseln, dann schälen sich sozusagen als Knochengerüst von Höckes "Beweisführung" gegen eine deutsche (hitlerische) Alleinschuld am 2. Weltkrieg fünf Punkte (Literaturbelege bzw. Argumente) heraus:
    1. Zunächst geht er (allerdings nur beiläufig) auf die vom Interviewer angesprochene Arbeit des (revisionistischen) deutschen Historikers Stefan Scheil ein.
    2. Wärmstens empfiehlt er sodann ein Buch von Gerd Schultze-Rhonhof: Das sei die Arbeit eines "sehr guten Dilettanten". Als Qualitätsbeweis benennt er den Absatz beim Lesepublikum. 
    3. Es folgt ein "Argument", das ich unten ausführlicher analysiere: Entgegen der allgemeinen Einschätzung sei Hitler gar nicht das (der) absolut Böse gewesen. Das begründet Höcke damit, dass es in der Geschichte kein Schwarz und kein Weiß gebe, sondern viele Grautöne
    4. Weiterhin behauptet Höcke das Vorhandensein vieler Quellen, welche beweisen würden, dass der 2. Weltkrieg nicht unbedingt zum Weltkrieg geworden wäre, hätten ihn nicht einschlägig interessierte Mächte eskaliert.
    5. Schlussendlich hofft er auf ZUKÜNFTIGE weitere Forschungen, die, da ist er sich sicher, eine neue Sicht auf die Dinge und neue Fragestellung bringen werden (lies: weitere Entlastungsbeweise für Adolf, den Friedfertigen).

    Zu 1)  Konkreter Bezugspunkt ist wohl Scheils Buch "Fünf plus Zwei: Die europäischen Nationalstaaten, die Weltmächte und die vereinte Entfesselung des Zweiten Weltkriegs" aus dem Jahr 2003. Dieses liegt mir nicht vor; die FAZ hatte es seinerzeit verrissen.
    Höckes Äußerung dazu klingt seltsam distanziert: "Stefan Scheil hat sicherlich zu dem Thema profund geforscht".


    Zu 2) Das Buch von Schultze-Rhonhof trägt den Titel "1939 - Der Krieg, der viele Väter hatte". Selbst ein Laie wie ich konnte in 2-tägiger Internet-Recherche mühelos nachweisen, dass dieser Herr ein GESCHICHTSKLITTERER ist ("Logik ade beim Generalmajor a. D.: Gerd Schultze-Rhonhofs fragwürdiger Feldzug für Adolf Lämmleins Ehrenrettung").
    Bezeichnender Weise attestiert Höcke dem Autor zwar, "ein sehr guter Autodidakt" zu sein. Aber als eigentlichen "Beweis" für den angeblichen Wert dieses Machwerks führt er keine wissenschaftlichen Qualitätsargumente an; dafür müssen ihm die Verkaufszahlen herhalten ("Das ist über 50.000 Mal ..... verkauft worden"). 
    Mit diesem "Argument" hatten "zu meiner Zeit" bereits die linksakademischen Dumpfbacken der "68er"-Bewegung den Wahrheitsgehalt der "Mao-Bibel" "bewiesen" (und das rein quantitativ mit weitaus größerer "Berechtigung"😁). Was das intellektuelle Niveau angeht, reiht sich also der Herr Höcke mit dieser "Beweisführung" würdig bei diesen Linksradikalen ein.

    zu 3): s. u.

    zu 4) Welche Quellen Hitler entlasten sollten, sagt er nicht. Man kann entgegenhalten, dass eine detaillierte Auflistung für eine Interviewsituation zu viel verlangt wäre. 
    Jedenfalls hat aber Höcke selber keine Quellenforschung zum Kriegsschuldthema betrieben, sondern bezieht seine Meinung aus Sekundärliteratur. (Das wäre auch in Ordnung - würde er dort nicht ausschließlich nach jenen Flaschen wühlen, die ihm als Unterpfand für eine Hitler-Entlastung brauchbar erscheinen.)
    Möglicher Weise hält er sogar Machwerke wie das Buch "Kriegsursachen-Kriegsschuld-Kriegsverbrechen-Kriegsfolgen: Eine Zitatensammlung" von Alfred Zips für eine ernst zu nehmende Quellensammlung, die Hitler seiner Meinung nach entlastet.

    Soweit es aber darum geht, sich ein anschauliches Bild von der Struktur seiner Adolf-Entlastungs-Argumentation im WSJ-Interview zu machen, ist die genaue Herleitung von Höckes Geschichtsrevisionismus egal. 
    Man kann dann den o. a. Punkt 4) mit den Ziffern 1) und 2) dahin gehend zusammenfassen, dass er sich auf einschlägige Bücher beruft. Dabei handelt es sich ausschließlich um geschichtsrevisionistische Literatur. Gegenteilige Meinungen nimmt Höcke erst gar nicht zur Kenntnis - obwohl er selber Geschichte studiert hat und obwohl diese Sichtweisen in Fachkreisen wahrscheinlich die überwältigende Mehrheitsmeinung sind. 
    Diese Abkapselung ist ein für Gläubige jeder Art typischer geistiger "Selbstschutz": Damit hatte er in einem anderen Zusammenhang auch seine Lektüreabstinenz von Mainstream-Medien begründetFür einen studierten Historiker ist ein solcher Umgang mit der Geschichte eine geistige Bankrotterklärung

    Aber bei Höcke gilt: schlimmer geht immer. Trotz aller mentaler Selbstisolierung kann er Zweifel wohl doch nicht gänzlich unterdrücken. Nicht unbedingt daran, dass der Adolf so böse gar nicht war, wie ihn die Nachwelt erinnert. Eher wohl Zweifel, dass sein Kriegsschuldrevisionismus den Interviewer bzw. die Leser überzeugt.
    Also erfindet er noch zwei weitere scheinbare Entlastungsgründe, die allerdings seinen deutschnationalen (Un-)Geist in seiner ganzen ERBÄRMLICHKEIT entblößen.

    Der eine ist die Hoffnung auf zukünftige Forschungen (o. a. Ziff. 5). 
    Historiker arbeiten üblicher Weise auf der Basis von Dokumenten; dass insoweit noch sensationelle Entdeckungen gemacht werden, kann man praktisch ausschließen. Tatsächlich beruft sich Höcke auch gar nicht darauf. Vielmehr behauptet er (implizit), dass das Verschwinden sämtlicher Kriegsgenerationen zu einer Revision der historischen Urteile über die Kriegsschuld führen werde. Das ist natürlich purer Unsinn. 
    Selbst wenn man der historischen Forschung unterstellt, von Vorurteilen und Interessen nicht frei zu sein, müsste es doch gerade umgekehrt ein Anliegen der Kriegsgeneration sein, Hitler und Deutschland bestmöglich "freizusprechen". Denn damit entlasten sie zugleich sich selber von der Schuld, an einem verbrecherischen Angriffskrieg mitgewirkt zu haben. Während wir "Spätgeborenen" die damaligen Ereignisse sehr viel distanzierter und gelassener betrachten und bewerten können.


    Zu 3) Ausgespart habe ich bislang die Passage über Adolf Hitler, die in Höckes Relativierung der deutschen Kriegsschuld eingebettet ist und die ich hier noch einmal isoliert wiedergebe:
    "Wissen Sie, das große Problem ist, dass man Hitler als das absolut Böse darstellt. Wir wissen aber natürlich, dass es in der Geschichte kein Schwarz und kein Weiß gibt. Und dass es viele Grautöne gibt.

    An dieser Stelle geht es mir nicht um die (skandalöse) politische Dimension von Adolfs "Ehrenrettung" durch Höcke; diesen Gesichtspunkt thematisiere ich bei dem Stichwort ==> HITLER. 
    Sondern um jenen sozusagen "epistemologischen Skandal", für den in der öffentlichen Reiz-Reaktions-Empörung über "Hitler nicht absolut böse" kein Raum war.

    Die Passage ist, wie gesagt, davor und dahinter vollständig in Höckes (relativierende) Äußerungen zur Kriegsschuldfrage eingebettet. Das heißt: Höcke will (auch) hiermit so etwas wie einen Beweis für Hitlers (teilweise) Unschuld am Kriegs"ausbruch" liefern. Um aber den Beweiswert dieser drei Sätze richtig zu würdigen, müssten wir Höckes hier präsentiertes Argument logisch formalisieren. In der "Grobstruktur" sähe das so aus:
    1. Geschichte ist niemals absolut gut oder böse, sondern immer "grau" (in unterschiedlicher Abstufung.
    2. So war auch Adolf Hitler nicht absolut böse, sondern teils mehr, teils weniger böse (und teils wohl auch gut).
    3. Also ist auch die Schuld am 2. Weltkrieg "grau": Hitler war irgendwie mit-schuldig, aber nicht alleinschuldig.
    Eine ECHTE logische Struktur hinter Höckes Äußerung gibt es aber nicht (dazu ausführlich ==> HITLER). 
    Sie will rein psycho-logisch  bei den Empfängern ein gewisses Maß an Verständnis für Hitler aufbauen; ihr Beweiswert liegt schon deshalb bei Null, weil Höckes Argument gar keine logisch-formale Struktur hat.
    Ob man nun geschichtliche Ereignisse als gut, böse, uneindeutig oder ethisch irrelevant einstufen will hat rein gar nichts damit zu tun, ob eine bestimmte historische Person diese verursacht hat oder nicht und ob diese Person absolut böse war oder nicht.
    Friedrich der Große HAT den Ersten Schlesischen Krieg widerrechtlich vom Zaun gebrochen; das wusste er auch selber und es hat ihm nichts ausgemacht. Auch seine glühendsten Verteidiger werden das, jedenfalls soweit sie Historiker sind, nicht bestreiten. Ob er nun "wirklich" groß war oder nicht, ist eine müßige Frage. Mit solchen Urteilen werden in aller Regel zeitgeschichtliche Strömungen und Interessen transportiert. Heutzutage ist "Preußens Friedrich" vor allem eines: In der breiten Öffentlichkeit wenig bekannt (wird aber immer mal wieder thematisiert). In seiner eigenen Zeit war er mit der Abschaffung der Folter und weitgehender religiöser Toleranz ein Vorreiter. Dass er als Feldherr ein übler Menschenschinder war und militärisch auch nicht ohne Fehl und Tadel war, dürfte damals nicht außergewöhnlich gewesen sein; unser Sofa-Rückblick verübelt ihm aber natürlich die Behandlung seiner Soldaten.

    Jedenfalls wäre der alte Fritz in Höckes historischer Wertungsskala ein "Grauer" - wie hell oder dunkel auch immer. Das ändert aber nichts daran, dass er die alleinige Schuld am "Ausbruch" jedenfalls des Ersten Schlesischen Krieges trug. Das ist, wenn man wirklich "ans Eingemachte" von Höckes Argumentation geht, auch nur nur logisch:
    Eine geschichtliche Gestalt begeht gute und schlechte Taten. Mal davon abgesehen, ob man speziell Hitler überhaupt irgendwelche "guten" Taten zuordnen kann (oder will), ist "Grau" zunächst einmal nur ein GESAMTbild einer historischen Person oder Epoche. Natürlich kann man auch Einzelereignisse gemischt bewerten (typisch insoweit z. B. das Thema "Tyrannenmord" bzw. konkret i. S. Hitler der 20.07.1944).
    Doch was hinter Höckes Argument allenfalls als Struktur auszumachen ist, geht LOGISCH GAR NICHT: Die Behauptung, dass sich aus einer auf historische Gesamtstrukturen bezogenen Wertung ("Geschichte ist immer 'grau' ") die Folgerung herleiten lasse, dass auch jede einzelne Handlung oder Entscheidung nur "grau" sein könne.
    Ganz im Gegenteil können wir den, ich sage mal: "Misch-Schluss" "grau" für eine größere Struktur überhaupt nur dadurch ziehen, dass wir bei den Einzelelementen dieser "Großstruktur" das Vorhandensein von "schwarz" und "weiß" (und meinetwegen auch vielen Elemente von unterschiedlicher "Gräue") postulieren.
    Wäre es anders, dann wäre logisch zwingend sogar der Holocaust nicht mehr rabenschwarz, sondern nur noch "grau" - wie dunkel auch immer.

    Selbst also dann, wenn man Höckes Prämisse akzeptiert, dass Adolf der Schreckliche gar nicht immer böse war, ist daraus dennoch in keinster Weise die Schlussfolgerung herzuleiten, dass er nicht der Alleinschuldige am Krieg (oder, mutatis mutandis, am Holocaust!) gewesen sein könne.
    Und eben darin, dass er uns das Gegenteil weismachen will, liegt der "epistemologische Skandal" einer solchen Argumentation durch den akademisch als Historiker ausgebildeten Björn Höcke.

    Die eigentliche Aussage von Höcke ist hier:

    So böse, wie heute behauptet wird, war der Hitler nun auch wieder nicht.
    Und kann deshalb auch unmöglich allein am Krieg Schuld gewesen sein.

    Diese Aussage ist eine partielle Reinwaschung von Hitler - und zwar nicht nur bezüglich der Kriegsschuld, sondern für diesen Menschheitsverbrecher insgesamt.


    Dass er es offenbar für nötig hält, sein Bestreiten von Hitlers (alleiniger) Kriegsschuld mit dem o. a. Sammelsurium von fünf Behauptungen zu substantiieren, verrät große Unsicherheit. 
    Ob er selber nicht mehr so vollständig von Adolfs Unschuld überzeugt ist, wie er das damals als "Landolf Ladig" war oder ob er lediglich die Skepsis seiner Leser in Rechnung stellt und diese mittels schierer Masse überwältigen will, können wir nicht entscheiden. 
    Kurios ist im Übrigen, wenn er schon jetzt ganz sicher wissen will, dass ZUKÜNFTIGE Forschungen das beweisen werden, was er von Anfang an "wusste".

    Ergänzung 30.09.2024
    In einer Rede in Cottbus (anlässlich des Brandenburger Landtagws-Wahlkampfs) vom 20.09.24 hat Höcke seine Zuhörer aufgefordert: „Glaubt nichts, was in den Geschichtsbüchern steht“ (WELT vom 20.09.24; bei msn kostenfrei lesbar). Man muss also davon ausgehen, dass jedenfalls seine Thüringer AfD, wenn sie das Kultusministerium übernehmen würde, die Geschichtsbücher für die Schulen fälschen würde, um den Schülern ihre 'alternative historische Wahrheit' aufzudrücken.


    Einen anderen, ganz allgemeinen Aspekt des "GESCHICHTSrevisionismus" möchte ich hier zumindest erwähnen: Er ist die logische Vorstufe von GEBIETSrevisionismus!
    Wenn der Adolf Lämmlein so böse gar nicht war, wenn ihn vielmehr die anderen (hinterlistig) in den Krieg gelockt oder bugsiert haben, dann hätte Deutschland gar keinen Angriffskrieg geführt, sondern sich lediglich (erfolglos) seiner Haut gewehrt. Folglich wäre es es verdammt ungerecht, dass man Deutschland als Strafe Gebiete abgenommen hat. Somit müsste man "uns" diese Gebiete eigentlich zurückgeben.

    Ich bin sicher, dass nicht wenige Geschichtsrevisionisten tatsächlich auch Gebietsrevisionisten sind. 
    Von Höcke kenne ich allerdings keine Äußerung, die wenigstens ein politischer Beweis (von juristischem Beweis zu schweigen) für "Gebietsrevisionismus" wäre. 
    Für sehr gut möglich halte ich eine solche Einstellung bei ihm dennoch:

    Zum einen wegen seiner früheren ==> NPD-NÄHE. Deren Parteiprogramm von 2010 (das nach wie vor für die umbenannte "DIE HEIMAT" gilt) fordert (S. 32):
    "Unrecht kann niemals die Grundlage eines dauerhaften Friedens zwischen Völkern sein. Die 'HEIMAT' bestreitet die Rechtmäßigkeit der durch die Alliierten erzwungenen Grenzanerkennungsverträge. Eine nationale Regierung hat sich in Kenntnis der Geschichte und unzweifelhafter Verstöße gegen das Völkerrecht strikt gegen die Preisgabe deutscher Gebiete zu verwahren. Konflikte sind ausschließlich auf friedlichem Weg zu lösen."
    Entsprechend heißt es auf der Folgeseite unter "Europäische Friedensordnung":
    "In Übereinstimmung mit dem Völkerrecht fordern wir eine Politik zur Wiedervereinigung Deutschlands innerhalb seiner geschichtlich gewachsenen Grenzen. Hierzu ist im Rahmen einer europäischen Friedensordnung ein Friedensvertrag mit den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges abzuschließen."

    Aber auch Höckes "ostpolitische" Vorstellungen (==> OSTPOLITIK) deuten darauf hin, dass er über die Köpfe der vielen Zwischenländer hinweg einen Deal mit Russland machen möchte, bei dem außer vielen feinen Rohstoffen auch ein paar Gebiete für sein Großdeutschland abfallen könnten.
    Dennoch, kann ich, wie gesagt, Höcke juristisch oder auch nur politisch KEINEN Gebietsrevisionismus nachweisen.

    Wäre ich allerdings ein Politiker eines osteuropäischen Landes, würde ich diesem Träumer nicht eine Sekunde lang über den Weg trauen. 
    Und natürlich ebenso wenig einer Partei, in der ein solcher National-Nostalgiker einen starken oder gar dominierenden Einfluss hat.

    Aber auch als Politiker bzw. als - zumal rechte! - Partei eines anderen europäischen Landes würde ich Björn Höcke und seiner Partei nicht eine Sekunde lang den Rücken zuwenden.
    Ich halte es auch für gut vorstellbar, dass die Distanz, die das "Rassemblement National" von Marine Le Pen und die "Fratelli d’Italia" Giorgia Meloni zur AfD halten, keineswegs nur das Resultat aktueller Irritationen über konkrete Einzelvorkommnisse ist. Sondern Ausdruck eines (leider nur allzu begründeten!) grundsätzlichen Misstrauens gegen die deutschnationale AfD.

    Dass Höcke und Konsorten derzeit konkrete Absichten haben, "gen Ostland zu reiten", glaube ich nicht. Aber noch weniger glaube ich, dass sie entsprechende (wenngleich aus heutiger Sicht rein hypothetische) Gelegenheiten nicht beim Schopf greifen würden. Die Deutschnationalen fühlen noch heute heftige Phantomschmerzen in den "uns" abgetrennten Territorialgliedern ..... .

    Es verhält sich hier ebenso wie beim ==>  ANTISEMITISMUS: Unabhängig davon, was Höcke bewusst will oder ist, gehören der Gebietsrevisionismus und der Antisemitismus untrennbar zur Logik seiner politischen Gedankenwelt.

    XE-KRIEGSSCHULD



    X-LADIG, Landolf
    (s. a. ==> GELDSYSTEM; KAPITALISMUS; KRIEGSSCHULD; UMWELT)

    Der Soziologe Andreas Kemper* (Wikipedia) hat aufgedeckt, dass Björn Höcke unter dem Pseudonym LANDOLF LADIG drei Texte in zwei Blättchen der damaligen NPD (heute: DIE HEIMAT) veröffentlicht hatte. Björn Höcke bestreitet die Identität; seine Ankündigung, alle zu verklagen, welche sie behaupten, hat er allerdings nicht umgesetzt.
    *(Dass Kemper ideologisch linksaußen steht, ändert nichts an der Richtigkeit seiner Entdeckung.)
    Ebenso hatte er sich, nach Aufdeckung der Identität, der Aufforderung des damaligen AfD-Bundesvorstands um Bernd Lucke widersetzt, die von ihm behauptete Nicht-Identität eidesstattlich zu versichern.
    Die Übereinstimmung lässt sich jedoch aufgrund inhaltlicher, vor allem aber sprachlicher Übereinstimmung mit anderen Höcke-Texten nachweisen, die unmöglich zufällig zustande gekommen sein können. Übersichtlich dargestellt hat Kemper das in seinem (späteren) Blogpost "Ladig-Höcke-Synopse" (23.06.2019): "Im Folgenden findet sich eine eine vergleichende Gegenüberstellung der Texte / Reden von „Landolf Ladig“ und Björn Höcke."

    Es handelt sich um die Artikel
      1. "Deutsche Impulse überwinden den Kapitalismus. Krisen, Chancen und Auftrag". Erschienen ist er im Heft 5/2011 (von vermutlich 6 Ausgaben) im damaligen NPD-Theorieblatt "Volk in Bewegung" (Untertitel: "Der Reichsbote"). Der Aufsatz ist als "Teil 1: Kapitalismuskrise und Peak Oil" markiert. 
      2. "Ökologie und Postwachstumökonomie. Die Krise des Liberalismus" - im Heft 1/2012 von "Volk in Bewegung" publiziert. Auch wenn er nicht als solcher gekennzeichnet ist, handelt es sich zweifellos um den 2. Teil zum o. a. Aufsatz Ziff. 1. Und schließlich noch
      3. "Was wird aus unserer HEIMAT? Der demografische Wandel ist kein Naturgesetz!" - Dieser Aufsatz erschien, ebenfalls im Jahr 2012, in der lokalen NPD-Postille "Eichsfeld Stimme. Patriotisches Mitteilungsblatt für das Eichsfeld" (eine historische Landschaft im Nordwesten von Thüringen).
      Andreas Kemper hat für die Rosa-Luxemburg-Stiftung Gesellschaftsanalyse und politische Bildung e. V., also die Parteistiftung der LINKEN, eine größere Studie erstellt "… die neurotische Phase überwinden, in der wir uns seit siebzig Jahren befinden«. Die Differenz von Konservativismus und Faschismus am Beispiel der »historischen Mission« Björn Höckes (AfD)".
      Auch wenn man nicht seinen linken Prämissen und Schlussfolgerungen aufsitzt, liefert die Arbeit interessante Informationen.


      Hockt "Landolf Ladig" noch heute im Höcke? Oder denkt Björn Höcke heute geschichtlich und politisch fundamental anders als damals "Landolf Ladig"? 
      Solche Hoffnungen kann man sich mit allergrößter Gewissheit abschminken!

      Allein schon deshalb, weil er sich nicht zu seiner damaligen Tarnidentität bekennt und seine damaligen Positionen nicht selbstkritisch aufarbeitet.
      Und dann natürlich, weil er nach seinem Eintritt in die AfD seine völkischen und deutschnationalen Positionen zwar nicht mehr ganz so deutlich ausdrückt, wie damals im vermeintlichen Schutz des Ladig-Pseudonyms. Sie aber für den Kundigen - Kritiker wie Anhänger - immer noch deutlich sichtbar sind. (Was gegenüber den Anhängern zweifellos auch gewollt ist).

      Klar würde es ihm politisch massiv schaden, wenn er plötzlich sagen würde "Ja, ich bin's. Aber ich habe jetzt eingesehen, dass ich damals auf dem falschen Dampfer unterwegs war ... usw.". Manche Moderaten, aber Naiven, die an ihn geglaubt haben, würden zweifeln. Und er würde diejenigen vergrätzen, die definitiv um diese Identität wissen oder (im positiven Sinne) von einer solchen ausgehen. 
      Von diesen politischen Kumpanen mag er sich nicht trennen. Am Montag, 03.10.2022, also am Deutschen Einheitstag, hat Höcke auf einer Veranstaltung in Gera eine Rede gehalten (Berichte darüber meist hinter der Bezahlschranke; frei zugängliche Bildstrecke mit etwas TextVgl. ausführlicher meinen Blott "Wie der Schleim-Björn das Ukraine-Aas für russische Rohstoffe fleddert" vom 29.12.2022). Besonders daran ist, dass es sich nicht um eine von der AfD Thüringen organisierte Versammlung handelte. Angemeldet wurde sie vielmehr von dem "Neonazi" Christian Klar, wohl im Rahmen von sogenannten "Montagsdemos" im Zusammenhang mit den damaligen Corona-Einschränkungen. Redner waren, neben Höcke und seinem Querfront-Kumpel Jürgen Elsässer, der Chemnitzer Rechtsanwalt Martin Kohlmann, "der Gründungsvorsitzende der in Sachsen vom dortigen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Kleinstpartei 'Freie Sachsen'." 
      Es widerstrebt mir, mich auf den Verfassungsschutz zu beziehen, von dem ich eher kein Fan bin (vgl. auch mein 'Haldi-Buch', dass ich noch als AfD-Mitglied verfasst hatte). Doch Höcke hat mit Sicherheit nicht zufällig in Gera gesprochen: Das liegt gerade noch in "seinem" Thüringen, aber ganz nah an der Grenze zu Sachsen. Er wollte also offenbar bewusst eine große Menge Ultrarechter ("Freie Sachsen"*) von dort anlocken, gerne auch Rechtsextremisten. Die alle sieht er als Bündnispartner der AfD für das, was Leute seines Schlages sich unter einer "patriotischen Einheitsfront" vorstellen. Daher sein Rede-Appell an die politische Resterampe rechtsaußen:
      "[Wir] dürfen ..... uns vom Establishment, das versucht, Spaltkeile in uns hineinzutreiben, niemals auseinandertreiben lassen. Wir müssen als Einheit, wir müssen als freiheitsverliebte Volksopposition zusammenstehen und diesen Kampf jetzt durchkämpfen."

      Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz hat die "FREIEN SACHSEN" bereits am 17.06.2021 (unmittelbar im Jahr der Parteigründung) als rechtsextremistisch eingestuft. Für diese Einstufung werden zwei Gründe genannt:
      1. dass sich der Vorstand der Partei "ganz überwiegend aus namhaften sächsischen Rechtsextremisten aus dem Raum Chemnitz und dem Erzgebirgskreis" zusammensetze und
      2. dass es ihnen bei den damaligen Corona-Protesten "nicht um sachliche Kritik am Staat, sondern um dessen Verächtlichmachung und Delegitimierung" gegangen sei. 
      De 2. Begründung ist inakzeptabel; damit maßt sich der VS die Entscheidung an, welcher Protest legitim ist und welcher nicht. Das geht gar nicht. 
      Die erste gefällt mir juristisch nicht wirklich. Denn offenbar hat der VS deshalb auf die politische Vergangenheit der Akteure abgestellt, weil er zumindest zum damaligen Zeitpunkt kein handfestes inhaltliches Material hatte, das die Einstufung als rechtsextremistisch hätte rechtfertigen können. Das Programm erscheint mir zwar einigermaßen schräg (u. a. wird, unter bestimmten Bedingungen ein "Säxit" des Landes aus der Bundesrepublik gefordert, sowie eine Einbeziehung der alten sächsischen Königsfamilie in die Politik.). Aber jedenfalls bei oberflächlicher Durchsicht konnte ich ansonsten keine rechtsextremen Positionen feststellen. 
      Politisch habe ich dennoch keine Zweifel daran, dass sich in dieser Partei Extremisten versammeln. Die "alten Kameraden" ändern nicht ihre Gesinnung, wenn sie eine neue Partei gründen bzw. ihr beitreten: Dafür ist Björn Höcke das beste Beispiel. Und vor Jahren hatte ich auf Facebook mit Mitgliedern von "Pro Chemnitz", der Vorläuferorganisation der FREIEN SACHSEN, debattiert. An Einzelheiten erinnere ich mich nicht mehr; wohl aber daran, dass einige Teilnehmer keine Probleme mit Positionen hatten, die wohl als rechtsextrem einzustufen sind.

      Völlig zu Recht hat der AfD-Bundesvorstand die Partei am 07.02.2022 auf die sogenannte "Unvereinbarkeitsliste" [UVL] der Partei aufgenommen; ehemalige Mitglieder der F. S. können also keine AfD-Mitglieder werden. Aktuelle Mitglieder der F. S. können das sowieso nicht, weil die AfD-Satzung eine Doppelmitgliedschaft in einer konkurrierenden Partei ausschließt. 
      Die FREIEN SACHSEN ihrerseits handhaben das anders. In § 2 ihrer Satzung heißt es: "Die gleichzeitige Mitgliedschaft in anderen Parteien oder Wählergruppen ist nicht ausgeschlossen. Bei Eintritt ist der aufzunehmende Verband jedoch darüber zu informieren. Erfolgt der Eintritt in eine andere Partei oder Wählervereinigung während der Mitgliederschaft bei der Partei FREIE SACHSEN, ist vor dem Eintritt eine Genehmigung des aufzunehmenden Verbandes einzuholen."
      Lt. Verfassungsschutz "verstehen sich [die F. S.] als Sammlungsbewegung, unter deren Dach verschiedene extremistische und nicht extremistische Akteure zusammenwirken sollen." Das halte ich für eine korrekte Beschreibung.

      Dass eine reputierliche Partei von einer derartig dubiosen Organisation viele Rekerlängen Abstand halten muss, sollte sich eigentlich von selber verstehen. Nicht aber für Höcke. Der hat (gemeinsam mit dem 2. Thüringer AfD-Landessprecher Stefan Möller) sogleich am 07.02.2022 auf Facebook gegen den AfD-Bundesvorstand geschossen:

      "Der Bundesvorstand hat heute beschlossen, die Freien Sachsen auf die sogenannte 'Unvereinbarkeitsliste' unserer Partei zu setzen. Die Unvereinbarkeitsliste ist bereits in der Vergangenheit oft Gegenstand innerparteilicher Kritik gewesen. Dabei steht grundsätzlich außer Frage, dass ein Großteil der dort aufgeführten Organisationen tatsächlich nicht mit der politischen Positionierung der AfD vereinbar ist."
      Die innerparteiliche Kritik an der UVL kam stets von den Rechtsaußen, also von den Höcke-Anhängern. Die sich schon immer daran gestört hatten, dass sie ihre Gesinnungsgenossen, soweit sie durch die frühere Zugehörigkeit zu rechtsextremen Organisationen "verbrannt waren", nicht in die Partei einschleusen konnten. Dem entsprechend wird mit der Formulierung "ein Großteil" auch schon an dieser Stelle implizit eine Streichung von welchen Organisationen auch immer (u. a. sind zweifellos die FREIEN SACHSEN gemeint) gefordert.
      Im weiteren Text (der den größten Raum einnimmt!) suggerieren die Verfasser jedoch zunächst, dass sie ganz im Gegenteil die Liste sogar erweitern möchten:
      "Das ändert aber nichts daran, dass die Unvereinbarkeitsliste in ihrem Fokus zu sehr verengt ist."
      Bemängelt wird dann, dass die UVL nicht auch Geheimdienstmitarbeiter und Grüne enthalte, die doch ebenfalls parteischädigend für die AfD seien. Aber eine konkrete Forderung nach entsprechender Ausweitung wird nicht erhoben.
      Erst gegen Ende lassen die Verfasser die Katze aus dem Sack und kommen wieder auf die FREIEN SACHSEN zurück:
      "Wer nun entgegnet, dass eine gleichzeitige Mitgliedschaft bei den Grünen und in der AfD aufgrund des Konkurrenzverhältnisses verboten ist, sei darauf verwiesen, dass dies auch für die Freien Sachsen gilt. Denn natürlich sind die Freien Sachsen auch eine mit der AfD konkurrierende Partei."
      Um gleichzeitige Mitgliedschaft geht es aber gar nicht; die wird nicht erst durch die UVL ausgeschlossen, sondern bereits durch die Satzung. Das weiß Höcke natürlich und entschleiert am Schluss sein wahres Wollen, freilich wiederum  verschwurbelt verpackt: 
      "Eine Unvereinbarkeitsliste sollte nach unserer Überzeugung interne Prozesse der AfD erleichtern und vereinheitlichen. Sie sollte aber nicht - insoweit vergleichbar mit dem »Verfassungsschutz«-Bericht - der Gegnermarkierung und politischen Positionierung dienen. Wenn eine Partei hierfür eine Unvereinbarkeitsliste benötigt, macht sie etwas falsch. Wir schlagen daher vor, dass auf dem nächsten Bundesparteitag eine innerparteiliche Arbeitsgruppe mit der Prüfung der Unvereinbarkeitsliste betraut wird und dabei auch Vorschläge zum sinnvollen Einsatz selbiger gemacht werden."

      Wie eine solche Liste "Prozesse ... erleichtern und vereinheitlichen" soll, ohne "der Gegnermarkierung und [der] politischen Positionierung [zu] dienen": Das weiß nur Höcke selber. In Wahrheit passt ihm die ganze Richtung nicht; er erhofft sich von der Aufnahme ehemaliger Mitglieder rechtsextremer (bei den Ultrarechte als "aufrechte Patrioten" bezeichnet) in die AfD einen Zuzug von Unterstützern. 
      Es ist nun zwar rein theoretisch nicht ausgeschlossen, dass Rechtsextremisten einen inneren Wandel durchmachen. Sehr wahrscheinlich ist das jedoch nicht. Aber Höcke, der selber das beste Beispiel für einen unbelehrbaren Rechtsausleger ist, hat ohnehin kein Problem mit solchen Gesinnungen. Der möchte die Scheunentore zur AfD für Rechtsextreme genauso sperrangelweit öffnen, wie das die Immiggressionsfanatiker der Blockparteien für ihre "Klientel" mit unseren Grenzen machen. Offenbar hat man ihm da aber gehörig die Meinung gegeigt; jedenfalls ist mir nicht bekannt, dass er den Antrag zur Revision der Unvereinbarkeitsliste auf einem AfD-Parteitag eingebracht hätte.

      Aber alle Indizien beweisen, dass dieser Mann seine depperte deutschnationale Weltanschauung nicht geändert hat; im heutigen Höcke-Paulus verbirgt sich nach wie vor der alte Ladig-Saulus. 

      XE-LADIG



      X-LIBERALISMUS (Demokratie)

      Bei dem Stichwort ==> MESSIAS hatte ich eine Passage aus dem zweiten Teil eines Doppelinterviews der Zeitschrift "Sezession" mit Stefan Scheil und Björn Höcke vom Oktober/November 2014 wiedergegeben.
      Es ging dort zunächst abstrakt um den richtigen Politikertyp für Deutschland. Dann spitzte sich die Diskussion zu auf die Frage, ob der damalige AfD-Parteivorsitzende Prof. Bernd Lucke der Richtige sei. Höcke verneinte das und bezeichnete, verklausuliert, sich selber als Erretter unseres Volkes. Scheil bewertete Lucke als Politiker positiv und ging dann zur Erörterung der AfD-Positionen über:
      Scheil meinte, man solle "... würde ich ... die Bedeutung von weltanschaulichen Differenzen nicht überschätzen. Es herrscht breiter innerparteilicher Konsens darüber, daß eine weitere, bloß wirtschaftsliberale Partei nicht das ist, was in Deutschland gebraucht wird."
      HÖCKE griff das Stichwort "wirtschaftsliberal" erweiternd auf:
      "Ich kann mir insgesamt nur schwer vorstellen, daß es für diese Gegenwart eine liberale Vision geben kann."
      Hier outet sich Höcke also als Gegner einer liberalen Gesellschaftsordnung - und somit im Umkehrschluss ans Anhänger einer nicht-liberalen. Das wäre im schlimmsten Falle (wieder) eine Diktatur; zumindest aber wäre es eine autoritäre oder ständische Staatsform. Was er insoweit genau im Sinn hat, kann hier offenbleiben: Auf alle Fälle ist er kein Demokrat. Das haben auch die allermeisten Rezensenten seines Buches herausgearbeitet. In meinem Blott "Linksammlung zu Rezensionen des (Gesprächs-)Buches 'Nie zweimal in denselben Fluss' von Björn Höcke" habe ich zu einer großen Anzahl dieser Buchbesprechungen verlinkt. Dort habe ich auch die Zwischenüberschriften dieser Texte wiedergegeben, die schon für sich aussagekräftig sind und einen Einblick in Höckes Gedankenwelt vermitteln.

      Wahrscheinlich würde Höcke für sich in Anspruch nehmen, dass er lediglich gegen die Auswüchse des Liberalismus sei, nicht gegen diesen selber. (Also z. B. gegen offene Grenzen; die von ihm kritisierte Masseneiwanderung bekämpfe auch ich - und bezeichne sie sogar als "Massenimmiggression"). Tatsächlich kommt etwa der Begriff "Demokratie" des Öfteren in seinem Buch vor und mit einer positiven Bewertung.
      Und in seiner Geraer Rede hatte Höcke sogar gesagt "den alten, klassisch-liberalen Westen gibt es zu meinem Bedauern nicht mehr" und wiederholt das wenig später: "... Neue Westen. Der, wie ich schon sagte, nichts mit dem klassisch liberalen Westen zu tun hat".

      Wann es diesen 'guten' Liberalismus gegeben haben soll, verrät uns Höcke freilich nicht. In seinem Buch verknüpft er "Liberalismus" mit "westlich-dekadent:
      "Wir Deutschen sind im Zuge des westlich-dekadenten Liberalismus und der ausufernden Parteienherrschaft zu einer bloßen Bevölkerung herabgesunken.
      Auch da würde er behaupten, er habe die heutigen Zustände gemeint. Während es einstmals einen "echten" Liberalismus gegeben habe, den er selbstverständlich ebenfalls gut finde. 
      Dagegen spricht allerdings der Umstand, dass "westlich-dekadenter Liberalismus" hier als eine stehende Wendung gebraucht, als etwas untrennbar Zusammengehöriges: 'Der Liberalismus ist westlich und der Westen ist dekadent'. Bzw.: 'Der Liberalismus ist eine Ausgeburt des dekadenten Westens.'
      Der "dekadente Liberalismus" ist auch ein Hauptthema des französischen Vordenkers der sog. "Neuen Rechten", Alain Benoist.

      Aktuell gehört Deutschland zwar irgendwie zum Westen:
      "In unserer westlichen Hemisphäre, in der Freiheit meist mit 'ungestörtem Fressen' gleichgesetzt wird, ...".
      Tatsächlich teilen auch wir den "Multikulturalismus in der westlichen Welt" (und marschieren dabei sogar vorneweg).
      Und die Formulierung "wir kämpfen im Westen mit den Problemen einer Wohlstandsverwahrlosung" ordnet Deutschland eindeutig diesem Westen zu.

      Aber das ist eine politische, aktuell auch "ideologische" Zugehörigkeit; dagegen sitzen wir schon geographisch als "Brückenbauer" in der Mitte.
      Geistig ist uns das "Westliche" wesensfremd:
      "Warum will uns jemand aus dem Establishment von einer der fruchtbarsten geistig-literarischen Epochen unserer Kulturgeschichte [der Romantik] fernhalten? Ist es die Sorge vor »deutscher Innerlichkeit«, die sich mit dem verordneten westlichen Rationalismus nur schwer vereinbaren läßt? Sollen wir deswegen unseren Volkscharakter aufgeben? Wir Deutschen sind in unserem Kern nun einmal keine »smarten Praktikusse«, wie es das alte angelsächsische Vorbild fordert."
      An anderer Stelle:
      "Das Ansehen, welches die Deutschen bei unzähligen Erdenbürgern in Afrika, Amerika und Asien genießen, die nicht durch die Narrative der westlichen Soziologen und Politologen erreicht werden, ...".
      Und wenn 
      "wir mit unserer eigenen Kultur und unseren Traditionen nicht mehr viel anfangen können" 
      so ist das ein 
      "Selbstentfremdungsprozeß, der vor allem von dem dekadenten westlichen Lebensstil vorangetrieben wurde."
      Dieser Lebensstil kam für Höcke offensichtlich von außen zu uns, eben aus dem "Westen" (was sicherlich die USA meint). Worin diese Dekadenz bzw. die angebliche Entfremdung von der eigenen Kultur und Tradition bestehen soll, bzw. durch welche Kausalzusammenhänge dieser (neue) Lebensstil zu dieser Entfremdung geführt haben soll,  erfahren wir nicht. Ebenso wenig gibt Höcke an, zu welchem Zeitpunkt dieser Prozess seiner Meinung nach begonnen. Das alles sind große Worte ohne große Substanz: Die muss der Leser sich selber ausdenken. Und wird (und soll) dann auf jeden Fall glauben, mit Höcke einer Meinung zu sein.
      Der auch die "westlichen Werte" für etwas Deutschland Wesensfremdes hält, für "aufgeblasene[n] Werteschaum".
      Jene "neoliberale Ideologie des Westens" die sich "nach dem Wegfall des östlichen Kontrahenten die  hemmungslos durchgesetzt" hat, ist natürlich die amerikanische "Ideologie". Aber mit Sicherheit verortet Höcke den Beginn der negativen Einflüsse des Westens auf Deutschland weitaus früher. Denn schon vor dem 2. Weltkrieg war "Hauptfeind der Weimarer Konservativen ... der Liberalismus." Auf diese Konservativen nimmt Höcke in seinem Buch positiv Bezug: "Auch die Strömungen der sogenannten Konservativen Revolution in der Weimarer Republik hatten verschiedene Lösungsansätze entwickelt, bedenkenswerte wie ungeeignete. So konnten die Niedergangsprozesse eine Weile aufgehalten und gebremst werden." Es ist dieser alte Diskurs, den Höcke aufgreift und für die Gegenwart fortführt.

      Das zeigt sich auch viele Seiten weiter, wenn Höcke eine schädliche Parteiendominanz bereits für den Beginn des vorigen Jahrhunderts konstatiert:
      "Der Nationalsozialismus und Faschismus sowie der Kommunismus versuchten Anfang des 20. Jahrhunderts mit brachialen Mitteln und Methoden die Krisen der Moderne in den Griff zu bekommen, scheiterten aber dramatisch und hinterließen Trümmerfelder, auf denen sich der zersetzende Materialismus noch ungezügelter ausbreiten konnte."
      Worin Höcke die "Krisen der Moderne" sieht, erschließt sich aus dem folgenden Satz, der dem obigen im Buchtext vorausgeht:
      "Die Staatlichkeit, die den produktiven Ordnungs- und Gestaltungsrahmen garantierte, verfiel ..... mit der zunehmenden Dominanz der Parteien und ihrer Okkupation öffentlicher Institutionen."
      Die (chrono-)logische Struktur von Höckes Argument sieht also so aus:
      1. Es gab einen Verfall der Staatlichkeit (schon) "Anfang des 20. Jahrhunderts". (Diese Zeitbestimmung darf man sicherlich präzisieren mit "in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts"),
      2. Ausgelöst wurde dieser Verfall durch die "zunehmende ... Dominanz der Parteien".
      3. Dieser Verfall und die ihm zugrunde liegende Parteiendominanz sind die (oder eine der; dann aber zweifellos die zentrale) "Krise(n) der Moderne".
      Für Höcke war also schon die damalige Demokratie in Deutschland ein Verfallszustand, ausgelöst durch die Parteien.
      Allerdings bemüht er sich auch in diesem Zusammenhang nicht um eine (chrono-)logische Strukturierung seines Narrativs, denn seine (frühere) Äußerung "Es ist auffällig, daß der Abstieg der politischen Eliten mit dem Aufstieg der Parteien einhergeht" bezog sich auf die Bundesrepublik, die in ihren Anfängen "noch eine politische Führung [hatte], die im Gegensatz zu heute die Bezeichnung 'Elite' verdient."
      So weit hat Höcke das sicherlich nicht durchdacht; aber wenn man seine Worten ernst nimmt und seine Äußerungen logisch durchstrukturiert, dann hätten wir in Deutschland vor Hitler einen allzu großen Einfluss der Parteien gehabt. Und nach Hitler wieder; jedoch erst mit Verzögerung. Denn in der Gründungszeit der Bundesrepublik gab es ja eine qualifizierte Politikerelite, die sich nicht von den Parteien abschleifen ließ. Das könnte dann nur dem Umstand zu verdanken sein, dass die Nazis die üblen Einflüsse des Westens auf das deutsche Wesen eliminiert hatten. Höcke würde das sicherlich als eine Fehldeutung bezeichnen. Aber es ist eine zwanglose und plausible Deutung. Und es ist Höckes eigenes Verschulden, nicht das des Rezipienten und Ausdeuters, wenn er luftige Worte ablässt, die einen historischen Tiefenblick vortäuschen sollen, tatsächlich aber einen nur vagen oder sogar widersprüchlichen Gehalt haben. 
       
      Zahlreiche andere Stelle belegen, dass Höcke mit der Demokratie hadert:

      "mediokre... Schweinchen-Schlau-Figuren der heutigen Parteiendemokratie"
      Tatsächlich war die Bundesrepublik von Anfang an eine "Parteiendemokratie". Jenseits von Träumereien, die weite Teile der Wirklichkeit außer acht lassen, ist in einer Massengesellschaft auch gar keine andere Demokratieform möglich als die "Parteiendemokratie", die die Politik sozusagen vorstrukturiert, bevor dieses oder jenes davon durch Parlament und Regierung implementiert werden.

      "Der Parteigeist muß überwunden, die innere Einheit hergestellt werden."
      Was ist überhaupt "innere Einheit" ? Wer soll sie, und auf welche Weise, herstellen?
      Die folgende Passage setzt auf 'Dialog:
      "Wenn wir die innere Einheit in unserem Volk ernsthaft wiederherstellen wollen, kommen wir um die Aufgabe einer nationalen Verständigung nicht herum." (Unter anderem durch Gespräche mit den Linken.) 
      Bezogen auf den AfD-Parteivorsitz soll eine "Führungsfigur", es richten:
      "Wenn man in absehbarer Zukunft ... Regierungsverantwortung übernehmen möchte, ist die Form der Doppelspitze ... eher hinderlich, es bedarf dann einer zentralen Führungsfigur, die auch als einzelne Person in der Lage ist, die innere Einheit der Partei herzustellen. ... Kurzum: es braucht eine starke Persönlichkeit und eine feste Hand an langer Leine, um die zentrifugalen Kräfte zu bändigen und zu einer politischen Stoßkraft zu bündeln.
      (Aber okay: Hier geht es um die Frage, ob ein Ein- oder Mehrpersonen-Vorstand bessere ist. Und die stellt sich für jede Partei.)

      Weiter kommt man, wenn man sich den Textzusammenhang anschaut, wo Höcke die Überwindung des Parteigeistes fordert:
      Frage: "Nach all den Ausführungen zum inneren und äußeren Neubau: Sehen Sie sich eigentlich eher in der Rolle des Rebellen oder in der eines politischen Gestalters?"
      Höcke: "Mir behagt eindeutig die zweite Rolle mehr. ... Ich bin immer
      wieder positiv überrascht, welche Fülle wir in unserem Land an alternativen
      Ansätzen und Ideen haben, die bislang brachliegen und von der herrschenden
      Politik ignoriert werden. Mein Wunsch ist es, genau diese kreativen Potentiale
      zu mobilisieren und ihnen eine Entfaltungschance zu geben. Wichtig dabei ist,
      daß eine Verständigung über alle politisch-weltanschaulichen Gräben
      zustandekommt. Mich macht der heutige Zustand der Zerrissenheit traurig, der
      durch die Ideologisierung und die Spaltung in Hell- und Dunkeldeutschland
      entstanden ist. Der Parteigeist muß überwunden, die innere Einheit hergestellt
      werden".
      Auch das klingt dialogorientiert. Aber wer soll einen solchen Dialog führen, bzw. im Rahmen welcher Institutionen soll der geführt werden bzw. welche Institutionen sollen dessen Träger sein? Außerhalb von Parteien und (Partei-)Politikern sehe ich hier nichts? Ein herrschaftsfreier "Habermas-Diskurs" ist ohnehin ein potemkinsches Dorf, die Vortäuschung einer irgendwie "echten" Demokratie. Die gab es in Wahrheit nicht einmal auf der Agora der alten Athener. In unserer heutigen Massengesellschaft wäre sie von vornherein ein Ding der Unmöglichkeit.

      Andere Textstellen zeigen, dass Höcke die "Parteiendemokratie" insgesamt verhasst ist:
      "Verkrustungen unserer Parteiendemokratie"
      "Unsere Parteiendemokratie ist über den Weg einer Oligarchie zu einer Ochlokratie, einer Herrschaft der Schlechten, verkommen."

      "Oligarchie" bezieht sich offenbar auf das von dem Soziologen Robert Michels aufgestellte „Eherne Gesetz der Oligarchie“. "Danach bilden Parteien und andere Großgruppen immer bürokratische Organisationen heraus, deren Spitzen sich zu oligarchischen Machteliten entwickeln."
      Das ist nicht besonders überraschend, dass Organisationen (auch z. B. Unternehmen) hierarchisch gegliedert sind: Mit ständigem "Volkspalaver" kämen die nicht weit. Und es gibt gegenläufige Einrichtungen: Beiräte, Betriebsräte - und in den Parteien und im Staate Wahlen.
      Wirklich überraschend ist, dass sich in Parteien die Funktionäre in manchen Bereichen gegen die Mitgliedermehrheit durchsetzen können, ohne abgewählt zu werden und ohne dass es eine Korrekturbewegung gäbe. Ich bin sicher, dass eine Mehrheit der Mitglieder sowohl in der SPD wie auch in der CDU die Massenimmiggression ablehnt. Dennoch hat Merkel sie durchgedrückt, ohne abgewählt zu werden. Und setzen die roten Bonzen sie im kollusiven Zusammenwirken mit den grünen Immiggressionsfanatikern fort - ebenfalls ohne von den Mitgliedern ihrer Ämter enthoben zu werden.
      Letztlich passiert dasselbe sogar auf der gesamtstaatlichen Ebene, wo die Blockparteien in einer ganzen Reihe von Sachgebieten Politik gegen den Willen des Volkes machen - und dennoch ständig wiedergewählt werden. Sicherlich haben wir das speziell in Deutschland ganz wesentlich der Agitationsmacht unseres linksgrün versifften Staatsfunks zu "verdanken", der ja schon für die Nazis ein ungeheuer machtvolles Propagandaelement war. Und heute für Putin dieselbe Funktion erfüllt, nicht zuletzt im Ukrainekrieg. In totalitären Regimen erfordert das eine Steuerung "von oben"; bei uns funktioniert das "von selber", weil speziell die Medienschaffenden sich sozusagen autopoietisch selber gleichgeschaltet haben (weshalb ich unser Regime als "konsensfaschistisch" bezeichne).

      Schließlich ist hier noch ein Passus wichtig, den ich auch unter  ==> MESSIAS  (dort etwas weiter ausgeführt) einstellt habe:
      Politik ist vermeintlich ganz einfach.
      Zumindest ein mit (romantischer) "Tiefenhellsichtigkeitbegabtes Genie wie Höcke muss nicht erst mühselig analysieren, welche Politik in einer konkreten Situation richtig ist. Dem Zweifel seines Buch-Gesprächspartners
      "Das wiederholt von Ihnen genannte »Gemeinwohl« ist nun auch ein sehr schwammiger Begriff, der sich überall für ganz egoistische Interessen in Anspruch nehmen läßt."
      setzt er seine (Selbst-)Gewissheit entgegen:
      "Ein guter Politiker und Staatsmann kann das intuitiv erfassen und braucht
      dazu keine mühselig hergeleiteten Definitionen von Politikwissenschaftlern."

      Diese Stelle lässt erkennen, dass Höcke an die Stelle der von ihm wieder und wieder abgewerteten "Parteiendemokratie" einen Führerstaat setzen will. Denn mit seinen o. a. Ausführungen negiert Höcke implizit die Demokratie als eine Institution, wo Regierung und Opposition (nach dem Prinzip "Versuch und Irrtum") um bessere Lösungen ringen müssen: Was richtig ist, steht von vornherein fest. Man muss es lediglich noch erkennen. (Für einen Staatsmann wie Höcke eine seiner leichtesten Übungen!)

      Dieses politisch "Richtige" ist nicht unbedingt das, was sich das Volk darunter vorstellt. Denn: "Wir sind als Volk bereits stark fragmentiert und bringen im Grunde keinen einheitlichen Volkswillen mehr hervor, sondern eher eine dissonante Kakophonie."
      Ganz abgesehen davon, das es einen "einheitlichen Volkswillen" auch in der Vergangenheit eher selten gab (beispielsweise in den Befreiungskriegen gegen Napoleon mag das, mehr oder weniger, der Fall gewesen sein), zeugt auch Höckes (implizite) Kritik an der "dissonanten Kakophonie", die sich dann ja speziell in den Wahlergebnissen niederschlägt, dass er mit unserer Demokratie fremdelt.

      Als einigermaßen kurios (auf den ersten Blick; auf den zweiten ist es verräterisch!) möchte ich in diesem Zusammenhang anmerken, dass ausgerechnet das Regime (Politik, Medien usw.) die herrschenden immiggressionsfanatischen Neonutsies der AfD eine "Spaltung der Gesellschaft" vorwerfen. Damit negieren unsere Machthaber die zentralen Funktion von Demokratie: Durch das Zulassen konträrer Positionen ein Suchverhalten nach der optimalen Lösung zu ermöglichen. Die niemand a priori kennt.
      Die Blockparteien sind nicht im gleichen Sinne wie Höcke Antidemokraten: Schließlich ist die Staatsfunk-dressierte Formaldemokratie ihr ureigenstes Biotop.
      Sie sind keine ideologischen Demokratiegegner;  wenn sie sich jedoch bedroht fühlen, dann schränken sie die Freiheit fast ebenso skrupellos ein, wie asiatische Despoten vom Schlage Putins.
      Nur geschickter: Mit Sonderrechten für Politiker (Politikerbeleidigung, § 188 StGB), Outsourcing von Zensur an private Betreiber sozialer Netzwerke (damit sie sich selber nicht die Finger schmutzig machen müssen) und einem Demokratiemördergesetz, das sie selber als "Demokratiefördergesetz" deklarieren.  Mit dem "Correctiv-Coup" hat der machthabende Komplex die sogenannte "Zivilgesellschaft" äußerst geschickt hysterisiert; ob einer derart abgefeimten Professionalität würde selbst ein Joseph Goebbels neidvoll den Griffel niederlegen.
      Generell hetzen die Herrschenden  ihre Verfassungs-Stasi (alias Verfassungsschutz) derart skrupellos gegen die Fundamentalopposition, dass ich sogar den Höcke mal in Schutz nehmen musste. (Und die AfD sogar in einem ganzen Buch "Gesamtschau-Geheimdienst: Wie der Sepia-Haldi die AfD in den braunen Hades laviert: Analyse des 'Prüffall'-Gutachtens des VS vom 15.01.2019"; aber damals war ich noch Parteimitglied.😁)
      Sie operieren auf andere Weise, und bislang (weil sie es noch nicht nötig haben) weniger krass als Höcke und andere National-Nostalgiker seines Schlages. Sind aber nicht minder gefährlich. Und richtig gefährlich würde es werden, wenn der rechte Narrensaum eines Tages diese Instrumente in die Hand bekommen sollte: Die wüssten schon, was sie damit anstellen könnten.

      Aktuell sind freilich die herrschenden Benevolenzdemokratoren weitaus gefährlicher; auch deshalb, weil sie ihren Kampf gegen die Demokratie ziemlich erfolgreich in einen Kampf für die Demokratie umrubeln. Zentral ist dabei die Unterstützung durch einen Staatsfunk, der zu einem verfassungsfeindlichen Propagandaapparat verkommen ist und der die Wahlschafe erfolgreich  zu "selbstverschuldeter Unmündigkeit" abgerichtet hat.

      Kräftige Beihilfe leisten freilich ultrarechte National-Nostalgiker wie Höcke und Konsorten. Die sind der Krill, den sich die Machthaber durch die Kiemen ziehen, um daraus Futter zu saugen für ihren Deutschlandhass und für ihre fortlaufende Demokratie-Demontage.
      Ohne die ewiggestrigen Vollpfosten stünden die Blockparteien argumentativ blank da; mit diesen denkfaulen Deutschnationalen hat das Regime der Blockparteien die idealen Buhmänner, um das leichtgläubige Stimmvieh immer wieder mühelos in den Pferch zu treiben. Blockparteien und Ultrarechte bilden ein perfektes Ökosystem von Fressfeinde und Futtertieren: Weil die somnambulen Ewiggestrigen mit dem Kopf in der Luft umher stolzieren, tappen ihre Füße verlässlich in die Fußangeln der Deutschland dominierenden Neonutsies. 
      Aber die Ultrarechten wollen aus der Geschichte nichts lernen - und das befolgen die absolut konsequent. Von politisch intelligenten Rechtsaußen zu sprechen wäre  selbstwidersprüchlich.

      XE-LIBERALISMUS



      X-MESSIAS, Höckes Selbstverständnis als

      In seinem Buch berichtet Höcke, wie es ihm schon seit frühester Jugend um Großes geht.

      "Das Große" wollte er (vergeblich) "im religiösen Bekenntnis finden."

      Seine Sterblichkeit treibe den Menschen "zu großen Taten'" an.

      Aber "Früh kam der Wunsch auf, an etwas Großem teilzuhaben".
      Zwar lediglich in dienender Funktion, und "am liebsten in der Gemeinschaft mit anderen". Aber wo kann man seinem Volke besser dienen als an der Spitze? Nur dort kann man "als Medium" (des Weltgeistes?) "Bewegter und Bewegender zugleich" sein. 
      Diese Überzeugung verleiht Höckes heutigem "Bewährungsfeld eine überpersönliche Notwendigkeit", die größer ist als er und die er deshalb "nur in Ansätzen fassen kann".
      Seine historische Mission ergibt sich zwanglos aus der "Sehnsucht der Deutschen nach einer geschichtlichen Figur, welche einst die Wunden im Volk wieder heilt, die Zerrissenheit überwindet und die Dinge in Ordnung bringt". 
      Verzaget nicht: Der Herr Höcke wird das Flehen seines Volkes erhören und uns erlösen!

      Am 13.11.2014 erschien in der Zeitschrift Sezession der zweite Teil eines "Doppelinterviews" (zu Teil 1 s. a. ==> UMWELT), das der Herausgeber Götz Kubitschek (ein Freund Höckes) mit diesem und mit dem (ebenfalls revisionistischen) Historiker Stefan Scheil geführt hat. 
      Beginnend bereits im Teil 1 (vom 15.10.2014) dreht sich ein großer Teil des Gesprächs um die dort von Höcke selber aufgeworfene Fragestellung, "wie ein Politiker beschaffen sein müßte, der dem Volkswohl dienen kann". Kubitschek das kommentiert mit "..... wenn mich nicht alles täuscht, müßten Sie beide nun sich selbst beschreiben".
      Diese Diskussion geht dann noch weit in den 2. Teil hinein, bevor Höcke das liefert, was man in der Tat als sein Selbstbildnis verstehen muss:
      "Vielleicht ist die Zeit für einen neuen Politikertypus gekommen. Für einen, der dadurch das so unerläßliche Charisma entfaltet, daß er auf der Basis der Vernunft und des Verstandes seiner Liebe zum Eigenen und zum Immergültigen gefühlsstark Ausdruck verleihen kann. Das Auftauchen einer solchen Persönlichkeit könnte viel bewegen."
      Mit der Frage
      "..... Diese Person ist noch nicht aufgetaucht, und wenn sie auftauchte, dürfte sie keinesfalls dem von Olaf Henkel verkörperten liberalen Flügel der Partei [AfD] angehören, oder? ....."
      liefert Kubitschek das Stichwort für Höcke, nunmehr sich selber als jenen Auserwählten zu offerieren, der sich durch Vernunft, Verstand und gefühlsstarke Liebe zum Vaterland zu dessen Rettung berufen glaubt:
      "Ich bin der festen Überzeugung, daß es diese Person schon gibt. Als noch nicht gesetzte Partei katalysiert die AfD permanent nicht nur Inhalte, sondern auch Personen und deren Entwicklung zu politischen Persönlichkeiten."
      Damit niemand auf den dummen Gedanken kommt, Höcke könne damit den seinerzeitigen Parteivorsitzenden Bernd Lucke gemeint haben, fügt er noch hinzu:
      "Was man wohl ausschließen kann, ist, daß sie aus dem Milieu der Technokraten oder Besitzstandswahrer kommt."

      (Stefan Scheil war übrigens anderer Meinung: "SCHEIL: Warum nicht? Wenn ich mir unsere Parteiführung ansehe, dann sind wir personell bereits durchaus gut besetzt. Besonders Bernd Lucke hat in meinen Augen genau die Portion und die Art Charisma, die derzeit in Deutschland gebraucht wird." Ob Höcke ihm das verübelt und deshalb Scheils Arbeit zur ==> KRIEGSSCHULD nur nebenher gewürdigt hat?)


      Den vorliegenden Passus nehme ich ausnahmsweise DOPPELT in meinen Text auf (s. a. ==> LIBERALISMUS). 
      Er ist eminent wichtig, weil er einen zentralen Irrtum nicht nur Höckes, sondern auch unzähliger Bürger (nicht nur Rechter) ausformuliert:

      Politik ist vermeintlich ganz einfach.
      Zumindest ein mit "Tiefenhellsichtigkeit" begabtes Genie wie Höcke muss nicht erst mühselig analysieren, welche Politik in einer konkreten Situation richtig ist. Dem Zweifel seines Buch-Gesprächspartners
      "Das wiederholt von Ihnen genannte »Gemeinwohl« ist nun auch ein sehr schwammiger Begriff, der sich überall für ganz egoistische Interessen in Anspruch nehmen läßt"
      setzt er seine (Selbst-)Gewissheit entgegen:
      "Ein guter Politiker und Staatsmann kann das intuitiv erfassen und braucht
      dazu keine mühselig hergeleiteten Definitionen von Politikwissenschaftlern."

      Damit negiert Höcke sozusagen im Vorübergehen auch die Demokratie als eine Institution, wo Regierung und Opposition (nach dem Prinzip "Versuch und Irrtum") um bessere Lösungen ringen müssen: Was richtig ist, steht von vornherein fest. Man muss es lediglich noch erkennen. Für einen Staatsmann (also für Heiland Höcke) eine seiner leichtesten Übungen!

      Tatsächlich aber enthüllt schon unmittelbar in dieser Passage seine Rede über die (überflüssigen) "Definitionen von Politikwissenschaftlern" seine Gedankenlosigkeit. Denn natürlich können Wissenschaftler (und exklusiv die Politikwissenschaftler sowieso nicht!) nicht im Definitionswege angeben, ob das "Gemeinwohl" z. B. eine staatliche Sozialversicherung erfordert oder nicht, ob und in welcher Höhe wir einen Verteidigungshaushalt brauchen, ob wir zusätzliche Mittel in den Straßenbau oder den Schienenverkehr lenken sollten oder ob die in Höckes Buch geforderte "aktive, pronatalistische Bevölkerungspolitik" nicht im Widerspruch zu seinen eigenen umweltpolitischen Vorstellungen steht. Solche Dinge stehen nicht in den Sternen geschrieben; die können nur im politischen Ringen ausgehandelt werden. Bzw.: Insgesamt ist ein Staat mit der Methode des politisches Aushandelns definitiv besser bedient, als mit einer autoritativen Festlegung durch einen vermeintlich allwissenden Guru.

      Aber Höcke weiß es besser (und wir können seinem Gesprächspartner für seine beharrlichen Einwendungen dankbar sein!): 
      Das demokratische Aushandeln ist in Wahrheit nur ein "Ausklüngeln" des [vorgeblichen] Gemeinwohls, das "die Parteien und die gesellschaftlichen Verbände ... unter sich" ausmachen. Wer dieses schnöde Geschachere zum "prozeduralen Kompromiß" hochjubelt, der will es lediglich rhetorisch "aufblasen".
      "Eine Verengung auf den bloßen Ausgleich partikularer Interesses führt in die Irre, es gibt durchaus eine eigenständige, übergeordnete Kategorie der Wohlfahrt. Dafür brauchen wir einen Metastandpunkt und stabile Koordinaten zur Orientierung. Ein Staatsmann wie Bismarck besaß noch dieses Sensorium zur sicheren Navigation" Und was Fürst Bismarck konnte, das kann der Bornhagen-Bismarck schon lange!

      Überhaupt sehen Leute wie ich (aber leider wohl auch Sie?!😉) das Gemeinwohl aus einer flachen, materialistischen Perspektive. Höcke thinks big(ger):
      "In der Summe geht es um das »gute Leben« des Volkes. Allerdings nicht hedonistisch-materialistisch verstanden, sondern als »eudaimonía« im antiken Sinne – als sinnvolles, sittlich-tugendhaftes Leben. Der Staatsrechtler Josef Isensee ... betont daher, daß das Gemeinwohl weniger eine empirische als eine sittliche Größe darstelle und über das konkret Machbare hinausweise. ... Die Arbeit am Gemeinwohl beinhaltet im übrigen nicht primär die Pflege privater Gärten, sondern öffentlicher Park".
      Hat man den Gemeinwohlbegriff erst einmal in solche Nebelwolken gehüllt, kann man als Politiker nichts mehr falsch machen. Sondern allemal behaupten, dass es bei dieser oder jener umstrittenen Maßnahme gar nicht um das Gemeinwohl gehe, sondern um "private Gärten". Im Übrigen die Regierung aber ein "sinnvolles ... Leben" durchsetzen müsse, das "sittlich-tugendhaft" zu sein habe. Und dessen Inhalt eben nur "eine fordernde und fördernde politische Elite" definieren - und dem Volke abverlangen - könne.
      Diese Eliten bilden sich aus Menschen wie Björn Höcke: "starke ... Einzelpersönlichkeiten, die sich dem Ganzen verbunden fühlen".
      Stärke und Gefühl werden weiterhelfen, wenn individuelles Wissen und Einsicht an ihre Grenzen stoßen.

      Ich indes bin skeptisch: Wenn ich von Gurus regiert werden wollte, würde ich meine Wahlstimme direkt bei den linksgrünen Ökosozialisten abliefern. 
      Auch die sind starke (wenn auch nicht gute) Persönlichkeiten; auch die fühlen sich subjektiv "dem Ganzen verbunden". Und wissen ohnehin weitaus besser als das gemeine Stimmvieh, welches "sinnvolle" Leben diesem geziemet. An Sittlichkeit und Tugendhaftigkeit kann sich sowieso niemand mit unseren Naturschändern, Immiggressionsfanatikern und Heimatvernichtern messen. Zumindest in deren eigener Nabelschau.


      Messianisches Sendungsbewusstsein lugt auch in einem (vom ihm schließlich abgebrochenen) ZDF-Interview Höckes vom 15.09.2019 hervor (ca. 17:07):
      "Vielleicht werde ich auch mal eine interessante persönliche, politische Person in diesem Lande. Könnte doch sein."


      Bei dem BILD-Bericht "Größenwahn. Höcke vergleicht sich mit Jesus" vom 03.07.2024 darf man sich zwar nicht auf die typisch reißerische Überschrift verlassen. Dennoch zeigt auch der Bericht selber (von dessen Korrektheit ich ausgehe), dass da jemand nicht alle Latten am Zaun hat. 

      XE-MESSIAS



      X-NAZI usw. ==> HITLER, Adolf



      X-NPD-NÄHE

      Es gibt weite Überschneidungsfelder von Höckes Thesen mit denen der NPD. Das ist kein Zufall; Höcke ist definitiv ein Ultrarechter.
      Allerdings darf man auch nicht übersehen, das es auch in der Mitte und auf der linken Seite des politischen Spektrum eine Zins- und Wachstumskritik gibt.
      In seinem zweiten "==> LADIG"-Aufsatz verweist er mit der (einzigen) "Literaturempfehlung" auf die Webseite "Postwachstumsökonomie". Auch dort wird  gefragt, ob "Marktwirtschaft ohne Kapitalismus" möglich sei.
      Weil es im vorliegenden Zusammenhang um mögliche Quellen für Höckes ökonomisch-ökologisches Denken geht ist es unerheblich, dass Werner Onken, der diese Frage formuliert hat, mit dem rechten Narrensaum nichts zu tun haben will. Doch beweist seine Abwehr, dass die "Postwachstumsökonomie"-Webseite kein rechtes Projekt ist.
      Für Höckes Nähe zur NPD gibt es, ganz abgesehen von seinen drei Publikationen in NPD-Blättchen in den Jahren 2011/2012 (==> LADIG) auch inhaltlich zahlreiche Indizien. Aber speziell auf den Feldern Geldsystem und Ökologie gibt es eben auch zahlreiche Überschneidungen von rechtsaußen, links und irgendwo mehr oder weniger "mittigen".
      Ich vermute, dass Höckes Überlegungen in seinen damaligen beiden Aufsätzen (==> LADIG, Nr. 1 + 2) zwar vom NPD-Parteiprogramm ausgingen. Dass ihm aber dieses nicht konkret genug war und er die Partei deshalb auf die Postwachstums-Webseite hinweisen wollte.
      Je nach eigenem Standpunkt kann man daraus unterschiedliche Schlussfolgerungen ziehen:
      • Dass die NPD umweltpolitisch auf dem richtigen Weg ist - oder
      • dass die Postwachstumsstrategen auf dem falschen Dampfer sind.
      Der Abschnitt "Umsetzungen" in dem Beitrag "Grundzüge einer Postwachstumsökonomie" des Webseiteninhabers Prof. Niko Paech aus dem Jahr 2009 (den Höcke übrigens in seinem 2. ==> LADIG-Aufsatz auch ausgiebig verwertet!) enthält starke Parallelen zur den Vorstellungen Höckes bzw. der NPD/DIE HEIMAT; das macht es nur allzu verständlich, dass Höcke Gefallen daran gefunden hat:
      • "1. Entrümpelung und Entschleunigung" meint (bzw. fordert) Konsumverzicht.
      • "2. Balance zwischen Selbst- und Fremdversorgung" zusammen mit dem Punkt "3. Regionalökonomie" zielt auf Deglobalisierung ab; die NPD nennt das "RAUMORIENTIERTE VOLKSWIRTSCHAFT".
      • "5. Zur Milderung systemimmanenter Wachstumszwänge ist eine Boden- und Geldreform nötig." Eine Bodenreform strebt die NPD/DIE HEIMAT wohl nicht an; lediglich sagt sie auf S. 18 ihres Programms "Eigentum an deutschem Grund und Boden kann nur von Deutschen erworben werden." Dafür hat sie zur Geldreform ziemlich krause Ideen (S. 20: Geldschöpfung nur durch Zentralbank; "Zinswucher ist zu bestrafen"). Jedenfalls i. S. "Geldreform" zumindest insoweit übereinstimmend, als beide eine solche wollen - wie auch immer die ausgestaltet sein soll.
      Unabhängig davon, dass ich selber von alledem wenig halte, muss ich doch zusammenfassend konstatieren, dass speziell im Geld- und Umweltbereich der, ich sage mal: "NPD-Diskurs" gar nicht so spezifisch rechts(außen) ist, wie es bei isolierter Betrachtung erscheinen mag; da wabert auch in anderen Kreisen der Bevölkerung und der diversen Wissenschaften viel fragwürdiges Gedankengut herum.

      Entsprechend konstatiert der CICERO-Artikel "Wie braun ist die Wachstumskritik" von Justus Enninga (21.03.2023) über die rechte Öko-Zeitschrift "Die Kehre" [zu deren Namen und Tendenz vgl. z. B. die taz-Berichte vom 17.09.2021 und 19.04.2024]:
      "Das braune Blatt mit grünen Inhalten setzte sich jüngst in einer ganzen Ausgabe kritisch mit dem Wachstumszwang des Kapitalismus auseinander. Dabei stehen sie in Sprache, Narrativ und Argument der wachstumskritischen, aber bisher eher links verorteten Umweltschutzbewegung sehr nahe."
      Als Appetithäppchen und als Nachweis, dass der Text auch sonst unbedingt lesenswert ist, reproduziere ich hier außerdem die beiden Schlusssätze:
      "... die Wachstumskritik führt geradewegs in die geschlossene Gesellschaft, wo die rechten Extremisten schon warten. Denn wenn es gegen die offene Gesellschaft und den Fortschritt geht, haben Rechte intellektuellen Heimvorteil."

      Einschub:
      Gemeinsam ist solchen Überlegungen aus meiner Sicht, dass sie implizit allesamt weitgehend auf die deutsche Situation abstellen und keine Überlegungen anstellen, ob oder wie sich so etwas überhaupt weltweit umsetzen ließe. Aber natürlich ist eine auf Deutschland (oder auch die entwickelten Länder) beschränkte Umweltpolitik genauso wirkungslos, wie ein auf Deutschland (usw.) beschränkter Kampf gegen den Klimawandel (unterstellt, er wäre möglich, was hier offen bleiben kann). 
      Gestehen wir dem Rest der Welt zu, auf unser Niveau aufzuholen, bevor weiteres Wachstum ausgebremst wird? Dann geht das Wachstum noch sehr lange fort - solange es halt noch geht. Wenn nicht, werden sich die weniger entwickelten Länder kaum für "unsere" genialen Wachstsumsverzichtsprojekte erwärmen.
       
      Weitaus bedenklicher sind zwei andere Aspekte solcher Menschheitsentwürfe:

        • Sie würden die technisch-wissenschaftlich-zivilisatorische Weiterentwicklung der Menschheit, also den "Fortschritt" stoppen: Raumfahrt, Teilchenphysik usw. kann eine genügsame Gesellschaft sich nicht mehr leisten.

        • Und umsetzbar wären sie letztlich nur in autoritären bis diktatorischen Strukturen. (Eine - undatierte - Buchrezension "ÖKOLOGISCHER SOZIALISMUS VON RECHTS?" bringt es auf den Punkt: "Seine übrigen Thesen führen zwangsweise zu einer Schlussfolgerung, die er [Alain Benoist] selbst (noch?) nicht auszusprechen wagt: Die bei der modernen Produktivität noch vorhandene Arbeit und die finanziellen Mittel müssten bei einer Konsum- und Wachstumsstagnation auf die Bevölkerung verteilt werden, was in einen wie auch immer gearteten Sozialismus münden müsste.") Nur hoffnungslose Traumtänzer können eine Gesellschaft imaginieren, in welcher eine staatlich verordnete Genügsamkeit ohne eine mit staatlicher Macht, also mit "Gewalt", organisierte Ressourcenzuteilung auskommt. "Ökosozialismus" ist ein politischer Kampfbegriff. Dennoch adressiert er reale Gefährdungen unserer freiheitlichen Gesellschaft durch erzwungene Einschränkungen des Wohlstands. Und nicht-demokratische Gesellschaftsvorstellungen sind an beiden Enden des "Hufeisens", linksunten wie rechtsunten, salonfähig.
      Wenn man sie konsequent, also wirklich "radikal" durchdenkt, dann planen alle diese (Um-)Weltrettungspläne - linke, rechte oder "mittige" - am Ende samt und sonders das, was Libertäre als (untaugliche) "Gesellschaftsklempnerei" geißeln würden. Hier kann ich den mir ansonsten nicht sonderlich sympathischen "Libbys" leider nicht ganz Unrecht geben.

      Allerdings kann "große" Umweltpolitik ihrem Gegenstand nach nur in einem weltweiten Rahmen funktionieren. Die anstehenden Gefährdungen, wie z. B. die Ressourcenverknappung, enden schließlich nicht an Ländergrenzen. Sie ist also Ihrem Wesen nach mit einer nationalen (oder gar nationalistischen) Fixierung auf den, sozusagen, eigenen Schrebergarten unvereinbar: Weil die Problematik als solche global ist, kann eine auf den eigenen Staat fokussierte Geisteshaltung gar nichts bewirken. "Große" Umweltpolitik ist ihrem Wesen nach
      • internationalistisch und
      • egalitär,
      also tendenziell LINKS.
      Das gilt aber natürlich nur für die REALE Dimension. Im Reich der warmen Worte (wo u. a. ja sogar der Islam mühelos zur Menschenrechtsreligion mutiert), und somit auch in Höckes geistigem Eisenbahn-Hobbykeller, lässt sich alles mit allem zusammenklatschen.

      Bei aller Kritik will ich indes nicht leugnen, dass auch mir die Umweltproblematik schmerzlich bewusst ist. Dass allerdings ICH dafür keine dauerhafte Lösung anbieten kann. Ich bezweifele auch, dass es eine solche überhaupt gibt.

      Um aber auf das Thema des vorliegendes Stichworts zurückzukommen: Da eignen sich andere Politikfelder (insbesondere Europa- und sonstige Außenpolitik) entschieden besser als das Umweltthema, um Höckes Gesinnung als spezifisch ultrarechts zu identifizieren.

      In ihrer Buchbesprechung (30.09.2009) "Auf dem Weg zum esoterischen Öko-Sozialismus? Alain de Benoist plädiert für eine 'Kultur des Maßhaltens' " gelangt sogar die Webseite "Endstation Rechts" zu einer Schlussfolgerung, die sich unmittelbar auf Höckes Thesen übertragen lässt:
      "Alain de Benoists Prämissen führen ..... direkt in einen esoterisch-ökologisch angehauchten Verteilungssozialismus. ..... Das alles überhaupt noch 'rechts' zu nennen, fällt schwer. Kein Wunder also, dass er für seine unscharfe Vision einer anderen Welt eine 'vollkommen neuartige ideologische Landschaft' herbeisehnt: 'Eine sozialistische Linke, die die Weitsicht hätte, mit dem Fortschrittsdenken zu brechen, wäre heutzutage der natürliche Verbündete einer Rechten, die wiederum den Autoritarismus, die Metaphysik der Subjektivität und die Logik des Profits überwinden könnte.' (S. 97) Wie allerdings ein solches Bündnis zustande kommen, welche Welt sie konkret erstreben und vor allem wie sie sie errichten soll, bleibt völlig im Unklaren."
      Der gemeinsame Nenner der Umweltretter aller Lager und Länder ist Genügsamkeit. Allerdings eine rein intellektuelle Genügsamkeit: Als große Gurus können sich alle diese Papierholz-Fäller nur dadurch inszenieren, dass sie dort, wo sich Widersprüche auftun würden, das Weiterdenken beherzt beenden.


      Der von mir hier verschiedentlich zitierte Soziologe Andreas Kemper hat in seinem Blogpost "Höcke, NPD-Verbot und 'Dresdner Schule' " noch weitere Anhaltspunkte  für Höckes-NPD-Nähe identifiziert:
      "„Neurotisierung Deutschlands“, „One-World-Ideologie“, „Dritter Weg“, „Sein oder Nichtsein der Völker“ … das sind jeweils ungewöhnliche politische Formulierungen, die Björn Höcke, Fraktionsvorsitzender der AfD Thüringen, benutzt. Er hat sich diese Begriffe nicht selber ausgedacht, sondern aus einem anderen Kontext übernommen. Diese vier einschlägigen Vokabeln finden sich im Text „Wesen und Wollen der ‚Dresdner Schule'“. Die „Dresdner Schule“ ist ein [zu diesem Zeitpunkt schon lange gescheitertes] pseudointellektuelles Projekt der NPD Sachsen."
      Dieser 'Gründungstext' der NPD-(Denk-)Schule ist leider nicht online. Doch auch wenn der Kemper weit linksaußen steht glaube ich nicht, dass er sich die o. a. Übereinstimmungen aus den Fingern saugt: So etwas würde auffliegen und ihn dann insgesamt diskreditieren.

      XE-NPD-NÄHE



      X-ÖKOLOGIE ==> UMWELT



      X-OSTPOLITIK (Osteuropäische Länder, Russland, Ukrainekrieg)
      (==> DEUTSCHLAND; EUROPA; JORDIS-LOHAUSEN; USA)

      Am Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine (also am 24.02.2022) veröffentlichte Björn Höcke auf Facebook diesen Kommentar (den ich damals auch in einem eigenen Blogpost behandelt hatte):
      "Es hätte nie so weit kommen dürfen!
      Leidtragende sind die Menschen in den Kriegsgebieten, die Bilder erinnern an die NATO-Bombenangriffe auf serbische Städte als es um den Kosovo ging.
      Die Ukraine ist Opfer einer geopolitischen Auseinandersetzung auf globaler Ebene zwischen der NATO (Westen) und Russland (Osten). Aber die Ukraine ist wie die vielen anderen ostmitteleuropäischen Staaten weder das eine noch das andere, sie ist ein Zwischenland. Ostmitteleuropa ist weder Ost noch West. Sowohl Russland als auch die USA haben sich da rauszuhalten. Die Kriegshandlungen sind sofort einzustellen, alle Beteiligten müssen umgehend wieder an den Verhandlungstisch zurück."

      Zunächst einmal fällt auf, dass Höcke Putins Überfall nicht verurteilt und die Ukraine nicht als Opfer einer russischen Aggression bezeichnet, sondern als "Opfer einer geopolitischen Auseinandersetzung" hinstellt. Das ist die in der AfD übliche Position.
      Jedoch verraten diese Sätze auch, was er von der Souveränität anderer (kleinerer) Staaten hält: nichts!
      Im Buch reklamiert er großspurig die nationale Souveränität als Grundlage für das Zusammenleben und die Zusammenarbeit im zukünftigen Europa:
      "Wie eine neue europäische Architektur genau aussehen wird, kann man jetzt
      noch  nicht  sagen.  Grundlage  sollte,  wie  gesagt,  die  Achtung  der  nationalen Souveränität sowie der kulturellen und ethnischen Eigenständigkeit sein. Jede Form von Entmündigung und Nivellierung ist abzulehnen."
      Wie er überhaupt ständig die Wiederherstellung der deutschen Souveränität (gegenüber den USA und der EU) einfordert.
      Dass Putin die Souveränität der Ukraine auf die schlimmstmögliche Weise, nämlich durch einen militärischen Angriff auf das Land, verletzt hat: Das ist für ihn dagegen kein Thema. Wo es um "Geopolitik" geht, muss die Souveränität halt hintanstehen. (Jedenfalls um russische Geopolitik; die Amerikaner würde er für einen vergleichbaren Überfall selbstverständlich auf das Schärfste kritisieren.)

      Die abwertenden Ausdrücke "vielen" und "Zwischenland" verraten etwas über die außenpolitischen Vorstellungen des "bescheidenen Weltenlenkers" Höcke, was ihm in der Reinform niemals explizit herausrutschen würde: Für ihn sind diese Länder Staaten minderen Rechts. Als Deutscher beansprucht er, den Osteuropäern ihre Lage auf dem Globus als politisches Schicksal vorzuschreiben: Eingeklemmt zwischen Deutschland und Russland haben die sich gefälligst nach der Decke dieser beiden Mächte zu strecken; unverschämt, wenn die sich erdreisten, gegen Russland bei den USA Schutz suchen!
      Theoretisch haben sich nicht nur die Amis, sondern auch die Russen dort rauszuhalten. Mit dieser (Schein-)Forderung ordnet Höcke Russland implizit als für Europa "raumfremde Macht" in sein Carl-Schmitt-Kategoriensystem ein; in seiner Augustdorfer Rede hatte er das sogar ausdrücklich getan ( ==> EUROPA). Höckes Aversion gegen die Intervention raumfremder Mächte ist allerdings nicht ernst gemeint. Jedenfalls dann, wenn die Russen doch mal über eines der "vielen" "Zwischenländer" herfallen, ist das halt "Geopolitik": Dieser Begriff dient Höcke (wie überhaupt den Putinisten) dazu, die üblichen völkerrechtlichen Kategorien für unanwendbar zu erklären, weil das ein völlig anderer Bereich sei. Der in den Augen von Putins hiesiger fünfter Kolonne jede Sauerei rechtfertigt. Außer natürlich, sie kommt von den Amerikanern.

      Vollends die Katze aus dem Sack ließ Höcke dann in einer Ansprache, die er am 03.10.2022, also am deutschen Einheitstag, vor seinen Anhängern und sonstigen Ultrarechten in Gera hielt ( ==> LADIG). Dort kannte er keinerlei Skrupel, dass russische Volk, also die Aggressoren gegen die Ukraine, "herzlich" zu grüßen. Wohingegen er das ukrainische (also europäische!) Opfervolk nicht einmal einer Erwähnung Wert hielt!

      Aus Höckes Sicht macht sein Kriechen vor dem (vermeintlich) Großen und sein Herumtrampeln auf der "kleinen" Ukraine Sinn. Er giert nach russischen Rohstoffen:
      "Der natürliche Partner für uns als Nation der Tüftler und Denker, der natürliche Partner unserer Arbeits- und Lebensweise wäre Russland. Ein Land mit schier unerschöpflichen Rohstoffen."
      Damit, so glaubt er, könne Deutschland den ihm verhassten Amis die Stirn bieten. Und wenn es um Großdeutschland geht, dann kann er natürlich keine Rücksicht auf irgend ein unbedeutendes "Zwischenland" nehmen! 

      In einem Interview vom 21.08.2023 (im Original kostenpflichtig) schwärmt er: "Bei seiner [Putins] Rede vor dem Deutschen Bundestag 2001 etwa hat er darauf hingewiesen, dass Deutschland und Russland natürliche Partner in Europa seien: Deutsche Technologie und russische Rohstoffe. Zusammen wären wir unschlagbar.
      Hier hat Höcke in seinem patriautistischen Wahn einen Passus aus der Rede Putins vor dem Deutschen Bundestag am 25.09.2001 kurzerhand umgerubelt. Tatsächlich hatte der russische Präsident nämlich gesagt: 
      "... ich bin der Meinung, dass Europa seinen Ruf als mächtiger und selbstständiger Mittelpunkt der Weltpolitik langfristig nur festigen wird, wenn es seine eigenen Möglichkeiten mit den russischen menschlichen, territorialen und Naturressourcen sowie mit den Wirtschafts-, Kultur- und Verteidigungspotenzialen Russlands vereinigen wird."
      Über die speziell deutsch-russische Beziehung hatte Putin in der Vergangenheitsform gesprochen:
      "Wie ein guter westlicher Nachbar verkörperte Deutschland für Russen oft Europa, die europäische Kultur, das technische Denkvermögen und kaufmännisches Geschick. Nicht zufällig wurden früher alle Europäer in Russland Deutsche genannt, die europäische Siedlung in Moskau zum Beispiel 'deutscher Vorort'. Natürlich war der kulturelle Einfluss beider Völker gegenseitig. Viele Generationen von Deutschen und Russen studierten und genießen auch heute Werke von Goethe, Dostojewskij und Leo Tolstoj.")
      Putin zeigt sich als Realist, für ihn ist die Vereinigung Europas unumkehrbar. Und diesem vereinten Europa bietet er eine russische Partnerschaft an. Davon mag Höcke nichts hören; der glaubt (wie manche Nationalisten in der Weimarer Zeit) immer noch, dass Deutschland für Russland ein Partner auf Augenhöhe sein könne - oder sogar darüber stehe.
      Indes hat seine nationalistisch-arrogante Aufwertung Deutschlands ("Technologie") gegenüber der abwertenden Reduzierung Russlands auf die Rolle als Rohstofflieferant keinerlei Basis in Putins Redetext. Sie steht vielmehr in einem diametralen Widerspruch zu dessen (berechtigt) selbstbewusstem Hinweis auf die "Wirtschafts-, Kultur- und Verteidigungspotenziale" Russlands sowie auf die Gegenseitigkeit des kulturellen Austausches. 
      Hier wie an vielen anderen Stellen zeigt sich, dass Höcke jegliche Fähigkeit zur Einfühlung in die Befindlichkeiten anderer Länder komplett abgeht und ihm jedwedes Verständnis dafür fehlt, dass deren Interessen keineswegs mit den unseren übereinstimmen müssen. Damit entspricht seine außenpolitische Vorstellungswelt derjenigen eines Autisten.

      Höckes Weltsicht ist von einer unglaublichen Primitivität. Zu sagen, er wolle mit der Unterstützung Russlands gegen die USA anstinken, wäre eine Verharmlosung. In Wahrheit bildet sich diese intellektuelle Luftnummer ein, das herzige Russland-Bärchen dem Karren seiner großdeutschen Machtphantasien vorspannen zu können!
      So projizierte er in seiner o. a. Geraer Rede (03.10.22) seine groteske Überbewertung der Bedeutung Deutschlands für die Entwicklung von Kultur und Zivilisation in die Russen hinein:
      "[Russland ist] ein Land mit schier unerschöpflichen Rohstoffen. Und hinzu kommt  - und das ist mir besonders wichtig in dieser von zu viel Materialismus geprägten Zeit -, hinzu kommt, dass die Deutschen und die Russen eine ähnliche seelische Prägung haben. Das dürfen wir niemals außer Acht lassen. Die deutsche Kultur, liebe Freunde, gilt in Russland als Krönung dessen, was man komponieren, was man denken und was man bauen kann. Ebenso gilt uns Deutschen die russische Kultur als Ausdruck einer menschlichen Sehnsucht und Wärme, die wir in uns kennen, aber vielleicht nicht oft genug zu zeigen wagen."

      Seine Behauptung, dass die Deutschen und die Russen eine "ähnliche seelische Prägung" hätten, steht bereits im Widerspruch zu seiner eigenen (Märchen-)Darstellung, welche die gegenseitige Wahrnehmung beider Völker als komplementär hinstellt: Die Russen himmeln die kulturellen Leistungen der Deutschen an, die ihrerseits die tiefe Seele der Russen adorieren. Das ist die kolonialistische Sicht eines aus der Zeit gefallenen Deutschnationalen auf die Russen. Verbunden mit Björns Rohstoff-Gier lautet seine Botschaft: Wir bringen den zivilisatorisch zurückgebliebenen Russen die Kultur, welche uns dafür voller Dankbarkeit ihre Rohstoffgaben darbringen. Damit knetet sich dieser Wahn-Wichtel seine Russen-Golems nach dem Modell "edle Wilde" zurecht. Das ähnelt der Ideologie der Nazis, für welche die Russen bekanntlich "Untermenschen" waren: Mehr sind die edlen Wilden für Höcke auch nicht. Außer, dass seine Einstufung den Russen nicht schon a priori die Fähigkeit abspricht, sich vielleicht eines Tages noch zum Range eines zivilisierten Volkes hochzuarbeiten.
      Höcke spreizt im Buch ein buntes Kulturmenschen-Gefieder und hat sich offenbar wirklich eine Reihe von Werken aus dem abendländischen Bildungskanon reingezogen (was ihn freilich nicht davor bewahrt,  in seiner Augustdorfer Rede den vor Australien zweitkleinsten Kontinent Europa zum kleinsten zu machen [nach min. 25:02]: "Auf diesem räumlich kleinsten aller Kontinente entfaltete sich eine erstaunliche geistige-kulturelle Dynamik" oder eine fragwürdige Heidegger-Exegese zu liefern). Aber sein politisches Denken ist von abendländischer Prägung gänzlich unbeleckt: Das ist bis zur Halskrause in dämlichstem deutschnationalen Autismus versackt! Und autistentypisch mangelt auch ihm jegliche Bereitschaft und Fähigkeit zur Einfühlung in andere Völker.

      Es versteht sich von selber, dass Höcke seine großdeutschen Machtphantasien und seine Gier nach dem Russland-Ressourcen-Grabbeltisch in keinster Weise irgendwie logisch mit seinem ökologischen Bescheidenheits-Geschwurbel (==> UMWELT) verknüpft hat.

      Im Widerspruch zu der in seinem Facebook-Posting zum Ausdruck kommenden Geringschätzung der osteuropäischen Völker schreibt Höcke in seinem Buch:
      "Für mich sind die Osteuropäer heute die wahren Verteidiger Europas! Man kann nur hoffen, daß sie sich gegen die schuldbeladenen, dekadenten und selbstbehauptungsunfähigen Westeuropäer halten können."
      Doch zieht er hier lediglich einen Vergleich mit den Westeuropäern; die Frage, ob sich die Osteuropäer möglicher Weise gegen die Russen halten müssen (mit deren Eindringen in die osteuropäische Ukraine er kein Problem hat), bleibt außen vor. Man darf allerdings davon ausgehen, dass Höcke in Sachen Dekadenzresistenz auch die Russen zu den Osteuropäern rechnet; von daher wäre es nicht weiter schlimm, wenn wir die als Nachbarn hätten - anstelle der Osteuropäer.


      Zum österreichischen "Geopolitiker" (und Nationalisten; aber das sind wohl mehr oder weniger alle "Geopolitiker") Heinrich ==> JORDIS-LOHAUSEN habe ich zwar auch ein eigenes Stichwort gesetzt; doch sind meine vorliegenden Überlegungen bei der "Ostpolitik" besser aufgehoben. Da ich die Bücher von Lohausen nicht habe, muss ich auf Sekundärquellen zurückgreifen, d. h. zum hier behandelten Thema auf das Buch "The Foundations of Geopolitics: The Geopolitical Future of Russia" (1997; Besprechungen in der deutsch- und englischsprachigen Wikipedia) des russischen "Geopolitikers" (und, natürlich, ebenfalls Nationalisten) Alexander Dugin (S. 83):
      "Lohausen believes that the future of Europe in a strategic perspective is unthinkable without Russia, and vice versa, Russia (USSR) needs Europe, since without it geopolitically it is incomplete and vulnerable to America, whose location is much better, and therefore, whose power sooner or later is much ahead of the USSR. Lohausen emphasized that the USSR could have four Europeans in the West: "a hostile Europe, a subordinate Europe, a devastated Europe and an allied Europe."
      Diesen Text hat Lohausen zu Zeiten der Sowjetunion verfasst, das erklärt den letzten Satz. Ansonsten dürften seine Vorstellungen, gemeinsam mit Russland gegen Amerika Front zu machen, denjenigen des Ami-Hassers Höcke entsprechen.


      Mein Fazit zum Stichwort "Ostpolitik" überlasse ich Helmut Kellershohn. 
      "Im Mittelpunkt des jungkonservativen Diskurses über Russland steht nicht Russland, sondern Deutschland. Alles Räsonieren über russische Interessen verfolgt das Ziel, nach Wegen und Möglichkeiten zu suchen, wie Deutschland seine eigenen nationalen Interessen in Europa und gegenüber der Supermacht USA zu Geltung bringen kann".
      Diese Sätze gelten für Höcke ganz genau so. Der offenbar den Wladibär Putin für einen putzigen Teddy hält, der nur darauf wartet, von ihm am Knopf-im-Ohr durch die Manege geführt zu werden. Höcke würde sich gewaltig wundern, und unser Volk würde weinen, wenn er jemals in die Lage käme, seine naiven Vorstellungen auszutesten!

      XE-OSTPOLITIK



      X-RELIGION (Glaube; Religiosität)

      Der (weit rechtsaußen stehende)"Geopolitiker" Heinrich ==> JORDIS-LOHAUSEN Zitat hatte einst geschrieben: 
      "Die Völker haben nicht nur eine genetisch-biologische oder eine historisch-politische, sondern auch eine geistig-religiöse Komponente. Laut Bibel (Dan 10 u.11) weist Gott jedem Volk bzw. jedem Reich seinen nur ihm eigenen Engel zu, der entsprechend seiner erweiterten Verantwortung einen höheren Rang einnimmt als Engelsfürst oder „Erzengel“. Das ist eine Kraftidee, die sowohl die Einzelartigkeit, die Autonomie und die Freiheit der Völker als auch die Souveränität der politischen Körper der Völker verdeutlicht. Denn ohne diese Erzengel, ohne ihre „stammeseigenen Götter“, so der konservative österreichische Geopolitiker Heinrich Jordis von Lohausen betont, „würden Völker nicht sein, was sie sind: Gemeinschaften eines sich mehr oder minder unberührt von äußeren Einflüssen erneuernden Blutstroms, […] Geschöpfe gleicher Landschaft, gleicher Sprache, gleicher Geschichte, […] Zeugnis eines sich zu bestimmter Zeit in einer bestimmten Umwelt als zusammengehörig empfindenden Menschentums."     (Eurasisches Magazin, 12.04.2022)

      Höcke selber ist wohl so etwas wie ein Pantheist. In seinem Buch sagt er:
      "Ich glaube schon, daß eine letztlich unerklärliche, göttliche Macht die Welt durchwaltet und die Schöpfung einen – uns Menschen verborgenen – Sinn hat und sei es nur der von mir bereits angedeutete kurze Zustand einer annähernden  Vollkommenheit."
      Aber um seinen Glauben geht es mir nicht. Sondern darum, dass er, sagen wir mal: "mythische Narrative" (einschl. Religion) für seine politischen Ziele einsetzen will (wie Lohausen das ebenfalls für nötig hält). Darüber sagen folgende Zitate etwas aus:

      "Wenn es um Religion im praktischen Sinne geht, stößt man meist entweder auf pathologische Überspitzung oder demente Auflösung aller Wertbezüge. Ich vermisse die selbstverständliche Empfindung einer Rückbindung – also »religio« im eigentlichen Sinne, die häufig durch menschlich-institutionelle Vermittlung Schaden nimmt."

      "Unsere »Klage um Deutschland« dreht sich nicht primär darum, daß der
      Wohlstand zurückgeht, sondern vor allem darum, daß unser Volk seine Seele und seine Heimat verliert."
       
      Deutlich wird er dann an dieser Stelle:
      "[Zur Politik gehört u. a.]... der Anspruch, der kalten funktionalen Welt eine Seele einzuhauchen, indem wir wieder beginnen, die faszinierenden Dinge hinter den Dingen zu entdecken. Es geht nicht nur darum, ein Gemeinwesen gut zu organisieren. Es geht auch um die Wiederverzauberung der Welt."
      Denkt man nicht großartig darüber nach, dann klingt das gut. Ähnliche Sprüchlein hört man öfter, vor allem die Beschreibung unserer Gesellschaft (denn nur das kann "Welt" im o. a. Zusammenhang meinen) als "kalt".
      Aber dass er für die Politik die Kompetenz beansprucht, die Welt "verzaubern" zu können, ihr eine "Seele einzuhauchen" und (welche?) "Dinge hinter den Dingen" zu entdecken: das ist Hybris pur! Wie das funktionieren soll, sagt er nicht, weiß er nicht und hinterfragt er nicht. Wie auch bei seinem Geschwafel über das Geldsystem glaubt er, er habe genug damit getan, dass ihm wünschenswert erscheinende auszusprechen. Um die praktische Umsetzung muss sich ein großer Denker nicht kümmern, dafür wird er zu gegebener Zeit seine Leute haben. (Oder das HB-Männchen engagieren!)
      Dem Ansatz nach betrachtet der Beamten-Björn also auch die Religion als ein Politikfeld und träumt davon, sie staatlich nach Bedarf (oder nach Belieben) administrieren zu können. Das ist genau jene gesellschaftsklempnerische Hybris, wie sie auch sein Umweltdenken kennzeichnet.

      Und die "Wärme", die Höcke uns hier implizit verspricht, hat (wie er an anderer Stelle selber sagt, dort allerdings über den Patriotismus) "auch das Potential zum Stockigen, Engen und Gemeinen".
      Was also hat er im Sinn? Einen Eintopfsonntag mit Reichs-Tischgebet?
      Darauf würde es wohl hinauslaufen; im Sinn hat er gar nichts, wenn er dem Volk seine pompösen Pläne präsentiert. Es reicht ihm, sich, wie er zweifellos glaubt, dem gaffenden Leservolk als tief schürfenden Gesellschaftsdenker vorgestellt zu haben. Die zahlreichen Wackelkontakte zur Wirklichkeit stören seine Anhänger schon deshalb nicht, weil sie ihnen gar nicht auffallen.
       
      Später im Text beklagt Höcke
      "Die Fraktionierung der Gesellschaft in kleine Gruppen, den daraus resultierenden Schwund des Gemeinschaftssinns und den wachsenden Gruppenegoismus, die private Macht- und Bereicherungsgier, den Verlust des politischen Ethos und der Vaterlandsliebe, die Erosion des moralischen und religiösen Bewußtseins, die Umwertung der traditionellen Werte: Hohes und Gutes wird als lächerlich angesehen, Niedriges und Böses dagegen bewundert."
      Wer die Ukrainer für eigene Rohstoff- und Machtinteressen über die Klinge springen lassen will (==> Ostpolitik) ist ein Heuchler, wenn er die "Erosion des moralischen Bewusstseins" anprangert.

      "Wenn im Zuge der Moderne die religiösen Bezüge verloren gegangen sind, müssen wir uns um eine metaphysische Wiederverankerung bemühen. Das wird überhaupt der entscheidende Punkt sein: Allein, um durch die zu erwartenden schweren Krisenzeiten zu kommen, brauchen wir neben einer neuen Gemeinschaftlichkeit auch einen inneren Halt, der sich primär aus religiösen Substanzen speist. Hier haben die Amtskirchen in Deutschland vollständig versagt."
      Wenn die Menschen was brauchen, müssen sie es suchen - oder konstruieren. Der Staat hat dabei definitiv nichts zu suchen!


      "Wir erleben die finale Auflösung aller Dinge: von den Identitäten der Geschlechter und Ethnien, den Familien, den religiösen Bindungen über die kulturellen Traditionen, den Sinn für Form und Maß – man vergegenwärtige sich nur den grassierenden Dekonstruktionswahn in der Architektur! – bis hin zu den schützenden und formenden Grenzen der Staaten und Kulturen."
      Sich selber nicht religiös-konfessionell binden wollen, aber über Auflösung der religiösen Bindungen klagen (worin er in Charles Maurras von der "Action francaise" einen Vorläufer hatte!)? (Zur Klarstellung: Ich selber bin Agnostiker, also Ungläubiger. Und darauf weder stolz, noch schäme ich mich dessen.)

      "... angesichts des schlimmen Zustandes unserer christlichen Kirchen wird es ohne eine erneute Reformation in Deutschland nicht gehen. Der Klerus hat weitestgehend seine Glaubensautorität verloren und sich vom Volk immer mehr entfremdet. Wenn heute Pfarrer beklagen, daß sich das Volk von ihnen abwendet, dann ist das absurd: Sie sind es, die sich längst vom Volk abgewendet haben, ihm teilweise sogar regelrecht feindselig gegenüberstehen! Natürlich tragen der grassierende Materialismus, die naiv-oberflächliche Wissenschaftsgläubigkeit und die allgemeine Säkularisierung mit zu der Ablösung bei, aber subkutan schlummert meines Erachtens bei den meisten Menschen eine Sehnsucht und ein Bedürfnis nach größeren Sinnzusammenhängen und religiöser Geborgenheit."
      Wer soll eine solche staatlich organisierte "Reformation" durchführen? Krempelt dann der Religionsbeauftragte Björn Luther (Besoldungsgruppe B 8?) mal eben das Christentum um? 

      Oder wollen wir diese alteingesessene Firma lieber mit der neueren Gründung der Allah-Inc. fusionierenDiese Bemerkung ist nur vordergründig scherzhaft. Tatsächlich haben Konservative bereits Texte mit einer positiven Bewertung des islamischen Konservatismus verfasst.
      In diesem Zusammenhang führt mich, via Wikipedia, der Zufall zu diesem Text (u. a.) über Höckes Befrager, den Maler Sebastian Hennig:
      "In this spiritualist camp of the far right there is ongoing argument about whether Islam should be seen as friend or foe. Figures like the Dresden-based white Muslim convert painter Muhsin Sebastian Hennig, who co-authored with Höcke the book Never twice in the same river, represent a camp that sees German identity and Islam as deeply connected in a long tradition of spiritual resistance against rational modernity. Hennig converted to Islam in the 1990s and before becoming an influential figure in the East German far right had strong links to the milieu around the monthly newspaper Islamische Zeitung and Abu Bakr Rieger. As an influential figure in the intellectual milieu surrounding the East German AfD, he argues that Islam would help to counter the spread of Anglo-Saxon liberal capitalism and rationalism."
      Auch Maximilian Krah (==> VIERERBANDE) hat sich positiv zum Islam geäußert.
      Jetzt müssten nur noch unsere islamischen Einwohner deutsche Patrioten werden, dann könnte aus einem solchen Bündnis eines (ferneren) Tages eine hochbrisante Sprengladung entspringen: eine Querfront der Miefkonservativen gegen die Moderne!

      Ein neues Buch wie Peter Watsons "German Genius" wird es zumindest dann nicht mehr geben, wenn Höcke und Konsorten an die Macht kommen. Dann mutiert Deutschland wirklich zum "Dunkeldeutschland".
      Es ist tragisch für unser Land, dass der ebenso notwendige wie legitime Widerstand gegen die herrschenden Naturschänder und Heimatzerstörer solche pseudopatriotischen Wort-Wichser in die führenden Machtpositionen seiner Verteidiger-Reihen gespült hat.

      XE-RELIGION



      X-RUSSLAND (Deutschland und Russland) ==> OSTPOLITIK



      X-SOZIALPOLITIK

      In dem (kostenpflichtigen) WELT-Interview Das sind die Frontverläufe unserer Zeit vom 30.11.2017 hat Höcke u. a. seine Positionen zur Sozialpolitik und zur Rentenfinanzierung angesprochen.
      "Ausgangspunkt [der innerparteilichen Debatte in der AfD] muss sein, dass wir die Partei der kleinen Leute und der Mittelschicht sind. Wir brauchen ein klares Profil des solidarischen Patriotismus."
      Dagegen hätte ich nichts einzuwenden (gehabt - als ich noch Parteimitglied war).
      Dass er dort konkret zur allgemeinen Sozialpolitik sonst nichts sagt, geht in Ordnung. Zum einen stand das Thema nicht im Zentrum des Interviews. Zum anderen und vor allem aber hat Deutschland ja bereits einen recht gut ausgebauten Sozialstaat. Heute müssen eher dessen Bezahlbarkeit sowie mögliche demotivierende Aspekte eines hypertrophieren Fürsorgedenkens im Mittelpunkt stehen. 
      (Tatsächlich stören sich sehr viele in und im Umfeld der AfD an diesem "solidarischen Patriotismus". Dort tummeln sich nämlich gar nicht wenige radikal Liberale bis Libertäre. Mein gegen diese Kreise gerichteter Blott "Libby Langfingers Dschihad gegen den Sozialstaat" datiert zwar schon von 2016; der Schoß ist jedoch fruchtbar noch, aus dem der Hass auf den Sozialstaat kroch!)
      Detaillierter sind (auch weil der Interviewer insoweit nachgefragt hat) Höckes Vorstellungen zur Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung. Nachfolgend Auszüge aus den entsprechenden Gesprächspassagen:

      "Höcke: Die gesetzliche Rentenversicherung wurde zugunsten von privaten Versicherungen und Banken ausgehöhlt. Die brauchten noch mehr Kapital, mit dem sie Managerboni und Dividenden zahlen konnten. ...

      DIE WELT: Sie fordern in einem Parteitagsantrag, dass die AfD ein Rentenkonzept vorlegt. Wie soll das aussehen?
      Höcke: Bei der Rente sprechen wir in der AfD bislang nicht mit einer Stimme, das darf nicht so bleiben. Binnen Jahresfrist muss der neue Bundesvorstand zusammen mit unseren Bundesfachausschüssen ein Rentenkonzept vorlegen. Fußen sollte es auf der gemeinsamen Grundüberzeugung, dass die Rente kein Almosen ist, sondern das Verdienst eines langen Arbeitslebens. Das heißt, aus einer solchen Lebensleistung entsteht der Anspruch auf eine auskömmliche Altersrente. Und die muss spürbar über dem Existenzminimum liegen.

      DIE WELT: Was also wollen Sie: Mehr private Vorsorge wie der eine Teil Ihrer Partei oder mehr Steuergeld ins Umlagesystem wie der andere?
      Höcke: Der Weg in die private Vorsorge war und ist ein Irrweg. Der Königsweg ist und bleibt die Umlagefinanzierung. Dazu braucht es eine gute Lohnentwicklung, von der auch die Rentenkasse profitiert. Außerdem müssen alle, also auch Selbstständige, Freiberufler und Beamte in das System einzahlen. Das ist das Modell der Staatsbürgerrente. Zum anderen sollten die hohen Steuereinnahmen für eine Übergangszeit verwendet werden, um durch Zuschüsse die Rentenversicherung mehr als bisher zu stabilisieren.

      DIE WELT: Das sehen viele Wirtschaftsliberale in Ihrer Partei anders.
      Höcke: Also müssen wir in der AfD über die Rente diskutieren und dürfen heftige Debatten nicht scheuen."

      Da bin ich regelrecht versucht, Höcke zu applaudieren, denn das entspricht im Grundsatz weitestgehend meinem Konzept einer "Fächer-Rente" (einer in der Höhe derart "aufgefächerten" Rente, dass auch "unten" noch Luft zum Leben bleibt und mit einer - über Höckes Vorstellungen hinaus - stark erweiterten Beitragsbasis).

      Im Juni 2018 erschien ein Rentenprogramm der Thüringer AfD-Fraktion unter dem Titel "ES GEHT UM WERTSCHÄTZUNG. PRODUKTIVITÄTSRENTE – EIN KONZEPT DER AFD-FRAKTION IM THÜRINGER LANDTAG"), das tatsächlich die Einbeziehung von Selbstständigen, Beamten und Politikern in die Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung vorsieht (S. 43). Dass Höcke dieses Konzept nicht selber verfasst hat, sondern der jetzige Europaparlamentarier René Aust (Homepage), spricht nicht gegen, sondern für ihn: Er kennt insoweit seine Grenzen und lässt Fachleute machen. Das einstige SPD-Mitglied Aust hat als "Wirtschaftsgeograf" einen wirtschaftswissenschaftlichen akademischen Hintergrund und war "Europa-, Sozial- und Wissenschaftlicher Sprecher" der Thüringer AfD-Fraktion. Mittlerweile ist er Leiter der AfD-Delegation im Europäischen Parlament und dort auch Ko-Vorsitzender der Fraktion Europa der Souveränen Nationen. Aber natürlich ist dieses Konzept auch Höcke zuzurechnen - in positiver ebenso wie in negativer Hinsicht.

      Ich will dieses Papier hier nicht in allen Einzelheiten untersuchen, sondern zwei Dimensionen beleuchten:

      1. Die geforderte Benachteiligung von Rentnern ohne deutsche Staatsangehörigkeit und

      1. die Finanzierungsvorstellungen.

      1) Benachteiligung ausländischer Rentner

      Auf S. 31 ff. wird die Forderung nach einer "Staatsbürgerrente" erhoben. (Ob das Aust's eigene Idee war, oder ob sie von Höcke stammt, weiß ich natürlich nicht.) Wie die im Detail ausgestaltet werden soll, muss nicht interessieren; hier geht es lediglich um die Ungleichbehandlung als solche.

      Wie immer Renten finanziert werden: Aus Beiträgen oder Steuermitteln (beides ist ein "Umlageverfahren"), aber selbst auch im sog. "Kapitaldeckungsverfahren": Es sind die jeweils Arbeitenden, welche die von den Rentnern nachgefragten Güter herstellen und damit die Rente finanzieren. In der Wissenschaft ist das als "Mackenroth-These" bekannt: "Aller Sozialaufwand [muss] immer aus dem Volkseinkommen der laufenden Periode gedeckt werden". 
      Die Leistung der Arbeitnehmer hat nichts mit ihrer Staatsangehörigkeit zu tun. Von daher muss ich nicht erst großartig irgendwelche "Menschenrechte" auf den Schild heben, um mich über eine sachfremde Ungleichbehandlung bei den Rentenansprüchen zu empören.

      Man kann sich an die "Fremdarbeiter" (welcher Kategorie auch immer) der Nazizeit erinnert fühlen. Jedenfalls offenbart die beabsichtigte Bevorzugung der eigenen Staatsbürger die abgrundtiefe Primitivität der dahinter stehenden Gesellschaftsvorstellungen. Das Weltbild des sich ach so gebildet gebenden Kulturmenschen Björn Höcke ist insoweit vorneuzeitlich; solche Ideen offenbaren eine Vorstellung von "Volk" nach Art eines Clan oder einer Horde.


      2) Finanzierungsweg

      Hinsichtlich der Mittelaufbringung setzt der Thüringer Rentenplan auf das (bewährte) Umlageverfahren. Dass Aust sich mit der Rententhematik beschäftigt und nicht irgend etwas "aus dem Bauch heraus" geschrieben hat, zeigt sich beispielsweise schon daran, dass er die Mackenroth-These (auch als "Mackenroth-Theorem") bekannt kennt. 
      Das unterscheidet den Thüringer Plan in einer außerordentlich positiven Weise von jener marktradikal-libertären Krauterideologie, wie sie die Grundlage für das von jeglicher Kenntnis der einschlägigen Fachdebatte unbeleckte Meuthen-Konzept bildet (das für die Renten eine Kapitaldeckung fordert) (vgl. dazu meinen Blogpost " 'Qu’ils mangent de la brioche': Meuthens maximaler Renten-Murks" vom Februar 2020).

      Allerdings hat Höcke nichts unternommen, um seinen Rentenplan zum AfD-Parteiprogramm zu machen.
      Das Konzept der AfD zur Sozialpolitik plant (unausgesprochen, aber im Ergebnis vorhersehbar) eine Senkung der Renten:
      "Das allgemeine Rentenniveau muss sowohl die Interessen der arbeitenden Bevölkerung als auch der Rentner berücksichtigen und einen Ausgleich schaffen. Es muss deshalb auf Grundlage der Lebenserwartung und des Beitragsaufkommens kontinuierlich angepasst werden" (S. 33).


      Und natürlich ist Höcke auch nicht gegen die Programmforderung nach einer Abschaffung der Erbschaftssteuer eingetreten ist (Bundestagwahlprogramm 2021, S. 34). Der "Solidarische Patriotismus" ist ihm also vor allen Dingen ein nützliches  Propagandaschlagwort, kein Anliegen, für das er sich innerparteilich wirklich einsetzen würde.

      Höcke wäre nicht Höcke, würde er sich nicht auch zum Thema Sozialpolitik widersprüchlich äußern. So bramarbasiert er in seinem Buch: 
      "... die innere Leere haben unsere herrschenden Obernichtse mit vielerlei
      materiellen Plunder vollgestopft, damit die Seelen ein bißchen das Gefühl von
      Fülle bekommen. Den werden wir wohl nun im Zuge der Alimentierung von Millionen neuer Sozialfälle verlieren."
      Was soll denn der "materielle Plunder" sein, mit dem die Regierenden das Volk beglückt haben? Die Arbeitsentgelte können es nicht sein; die verdanken wir nicht den Herrschenden und verlieren sie auch nicht (unmittelbar, also von der Steuerschraube abgesehen, an die Immiggressoren). Somit kann er nur die Sozialleistungen meinen. Das passt zu seiner unter "Landolf Ladig" geübten Kritik (==> UMWELT) an der Leistung unseres Wirtschaftssystems, für eine "kontinuierliche Verbesserung der individuellen Lebensumstände" zu sorgen.
      Und wenn er in seinem Buch behauptet, "die Moderne" habe "uns" "zu Konsumtrotteln und Jobnomaden degeneriert", die "Ramsch- und Saisonartikel für den schnellen Konsumspaß [kaufen], die nach kürzester Zeit zu Müllbergen werden", sowie den "grassierenden Materialismus" anprangert, dann schließt er sich selber lediglich rhetorisch ein; gemeint sind die Anderen: der Pöbel. Über den er selber mit seinem "tief empfundenen Antimaterialismus" selbstverständlich haushoch erhaben ist!

      Ich denke, dahinter steckt eine intellektuelle Überheblichkeit, mit der er - genau wie die Grünen! - auf das "Volk" herabschaut. Diese Überheblichkeit ist nicht gewollt und ihm selber auch nicht bewusst, sondern tief drinnen verankert. Aber eben deshalb rutscht sie ihm bei solchen Gelegenheiten "durch". 
      In jedem Falle offenbart sich auch hier wieder jener Mangel an intellektueller Vernetzung verschiedener Lebens- oder Politikbereiche, die wir auch schon anderswo beobachtet hatten. Zum einen merkt er nicht, dass er sich in einen Widerspruch zu seinem angeblichen Politikziel eines "solidarischen Patriotismus" setzt, wenn er Sozialleistungen als "Plunder" einstuft. Aber nicht einmal innerhalb dieser zwei Sätze geht ihm das Licht auf, dass die Alimentierung von Millionen neuer Sozialfälle" wohl nicht schlimm sein kann, wenn wir dadurch nur "Plunder" verlieren.
      Ist schon ein richtig schlaues Kerlchen, der Björn; wenngleich nicht ganz so hell wie eine Osram-Birne.

      XE-SOZIALPOLITIK



      X-UMWELT (X-Ökologie)

      Im Jahre 2011 hatte Björn Höcke (unter dem Pseudonym Landolf ==> LADIG) im damaligen NPD-Theorieblatt "Volk in Bewegung" einen Aufsatz unter dem Titel "Deutsche Impulse überwinden den Kapitalismus. Krisen, Chancen und Auftrag" veröffentlicht. Was er dort über den ==> KAPITALISMUS sagt, habe ich unter diesem Stichwort behandelt.
      Doch geht es eigentlich (anders, als es die Überschrift vermuten lässt) vorrangig um Ökologie, speziell um die aus damaliger Sicht nahe bevorstehende Erschöpfung der Erdölreserven ( "Peak Oil").

      Der insgesamt (ein größeres Foto abgezogen) etwa dreiseitige Text gliedert sich in die Abschnitte
      1. Deutschland als Ideenschmiede (ca. 1/3 Seite): Hier erwärmt Höcke sein Herz zunächst an einem Buch des Engländers Peter Watson (vgl. ==> DEUTSCHLAND ... über alles). Dessen Schilderung deutscher Beiträge zur abendländischen (bzw. letztlich weltweiten) Kultur und Zivilisation dient ihm, ohne irgendeine logische Verknüpfung, zu einer dreisten Leugnung von Deutschlands (und somit Hitlers) Schuld am 2. Weltkrieg (==> KRIEGSSCHULD). Ebenso unsubstantiiert bleibt seine Behauptung, "daß weltweit kapitalismusmüde Selbstdenker in Deutschland nicht nur das Land der Musik, der Literatur, der Philosophie und der Erfindungen sehen, sondern selbiges bis heute als politische Ideenschmiede wahrnehmen. Trotz der beinahe totalen Zerschlagung des europäischen Zentrums ist hier die Glut immer noch nicht erloschen. Eine kleine politische Avantgarde existiert, die in der Lage ist, dieser Welt den Weg aus der kapitalistischen Sackkasse zu weisen." Mit "kleine politische Avantgarde" kann nur die NPD gemeint sein. Die Behauptung, dass sich die Welt (bzw. deren kluge Geister) von dieser Partei eine intellektuelle Wegweisung erhoffen würden, streichelt zwar die Seelen der NPD-affinen Leserschaft, ist aber ebenso realitätsfern wie zahlreiche andere Höcke-Phantasmagorien auch. Allerdings behauptet Höcke, dass die Nazis eine "Antiglobalisierungsbewegung" gewesen seien; das ist für ihn irgendwie offenbar auch für die Umweltrettung relevant, denn "Globalisierung" ist das absolute Böse für Höcke und seinesgleichen.
      2. Knapp eine 2/3 Seite beansprucht das Kapitel "Krise des Kapitalismus als Chance [für die NPD]?".
      3. Die ganzen restlichen etwa 2 Seiten nehmen (durch Zwischentitel weiter untergliederte) Darstellungen zu "Peak Oil" ein, also zum (damals von vielen, auch von mir, für die nahe Zukunft erwarteten) Ölfördermaximum.
      Das Thema der Ressourcenverknappung hatte - jedoch mehr in den "Nuller" Jahren - auch mich umgetrieben. Allerdings war (und bleibe) ich insoweit skeptisch: "Mir erscheint die Erwartung grotesk absurd, dass eine Milliardenbevölkerung überhaupt ein ressourcenschonendes Dasein führen könne" schrieb ich am 12.01.2009 in meinem Blott "Sprache, Denken, Wirklichkeit: Warum der Kapitalismus KEINE ölbasierte Wirtschaft ist".
      Auch Höcke geht es im Grunde um das Ressourcenthema insgesamt:
      "Da der Peak Oil die zeitlich am nächsten liegende Herausforderung darstellen dürfte, wollen wir uns an dieser Stelle nur diesem Problemfeld nähern."
      Er hatte also ein seinerzeit aktuelles Thema aufgegriffen, woran natürlich nichts auszusetzen ist. Dass er dabei vielleicht (für die kurze bis mittlere Sicht) zu alarmistisch war, werfe ich ihm nicht vor: Das waren auch andere, mich selber eingeschlossen; ohnehin ist man als Laie auf die Meinung der Fachleute angewiesen. (Und irgendwann werden die Ressourcen ja tatsächlich erschöpft sein.)

      Zum "Peak Oil"-Teil schreibt Andreas Kemper in seiner "Ladig-Höcke-Synopse" (Gegenüberstellung von Ladig- mit Höcke-Texten):
      "Im Ladig-Text wird eine Bundeswehrstudie von 2010 auf den Seiten 7-9 zusammengefasst, dies geschieht ohne Zitation, die Sätze werden nur notdürftig paraphrasiert, oftmals direkt plagiiert. In den Paraphrasierungen kommt das Wort 'augenfällig' dreimal vor – ein seltenes Wort, welches von Höcke oft benutzt wird. Die Bundeswehrstudie ist relevant, weil sie vor einem 'Systemkollaps' warnt".
      Dazu ist anzumerken, dass Höcke nicht beansprucht, eine wissenschaftliche Arbeit vorzulegen; außerdem hat er die verwendete Studie in einer "Literaturempfehlung" am Schluss des Artikels angegeben. Auch wenn ich selber um Transparenz bemüht bin und wörtlich übernommene Textabschnitte (woher auch immer) als solche zu kennzeichnen pflege: Einen Strick kann man Höcke aus dieser Unterlassung seriöser Weise NICHT drehen! 
      Und ob er nicht vielleicht auch eigene Gedanken zum Peak-Oil-Thema eingebracht hat, könnte nur ein genauer Vergleich mit der BuWe-Studie zeigen; dazu habe ich weder Zeit noch Lust. Jedenfalls erscheint mir bei oberflächlicher Durchsicht seine Darstellung bzw. Zusammenfassung gelungen und auch nicht irgendwie ideologisch verzerrt.

      Am Schluss des Artikels gibt Höcke sogar seine eingangs besetzte Verkünderpose auf ("Das Wirtschaften für den Markt läßt sich bei vernünftiger Steuerung mit Gerechtigkeit und Erhaltung der Natur versöhnen") und formuliert einen "Auftrag" an die Leser bzw. die damalige NPD (heute: DIE HEIMAT):
      "Begreift sich die identitäre Systemopposition als in der Tradition der deutschen
      Ideenschmiede stehend und begehrt sie politischen Führungsanspruch, muß sie
      jetzt beginnen, die Fragen einer mittelfristigen Zukunft zu beantworten."
      Unabhängig von "NPD" usw. ist es jedenfalls eine lobenswert REALISTISCHE Bescheidenheit, dass Höcke an dieser Stelle nicht (mehr) vorgibt, eine Lösung zu haben.

      Indes versucht er sich an einer wenig überzeugenden (wenn nicht gar erschreckenden) Begründung dafür, dass die Gesellschaft in ihrer derzeitigen Form das Problem nicht lösen könne:
      "Die Systempolitik kann aber aus der ressourcenzehrenden Wachstumsideologie nicht aussteigen, bzw. sich nicht konsequent systemstabilisierend auf das hier durchgespielte Szenario vorbereiten, weil bekannt ist, daß nur eine kontinuierliche Verbesserung der individuellen Lebensumstände die Basis für sogenannte 'tolerante' und 'offene' Gesellschaften bietet."
      Diese Überlegungen sind in vielerlei Hinsicht problematisch.

      Zunächst einmal steht offenbar bei Höcke die Annahme im Hintergrund, eine irgendwie nachhaltige Wirtschaft etablieren zu können, wenn man nur auf weiteres Wachstum verzichten würde ("ressourcenverzehrende Wachstumsideologie"). Mit diesem Glauben steht Höcke nicht allein; auch viele andere "Ökos" predigen Wachstumsverzicht ("Wenn wir nur alle etwas weniger ....."). 
      Das ist leicht erkennbar dummes Zeug: Damit könnte die Menschheit die Ressourcenvorräte strecken, deren Verbrauch als solchen aber nicht beenden. Natürlich ist es vorstellbar, dass auch ein bloßes "Strecken" der Vorräte Nutzen bringt: Man könnte etwa darauf spekulieren, dass wir in der Zwischenzeit Technologien entwickeln, um massenhaft zu den Sternen aufzubrechen. 
      Wer das glaubt, der möge aber auch genau so argumentieren. Und nicht erzählen, ein Stopp des wirtschaftlichen Wachstums würde den "Ressourcenverzehr" komplett stoppen und das menschliche Wirtschaften auf der Erde für alle Zukunft "nachhaltig" machen.

      Eine "kontinuierliche Verbesserung der individuellen Lebensumstände" zur "Ideologie" zu erklären (diese Behauptung steckt logisch zwingend in seinen Satzaussagen!) ist äußerst fraglich. Und ein Affront für alle diejenigen, deren Lebensumstände deutlich schwieriger sind als die seinen.
      Vor allem wirft das die praktische Frage auf, wie seiner Meinung nach die Gesellschaft (oder ggf. sogar die Weltbevölkerung) die Verteilung der dann begrenzten Gütermenge organisieren soll: "Alle etwas weniger" oder "oben was wegnehmen, unten was dazugeben"? 
      So oder so würde das nur in einer "Ökodiktatur" (theoretisch) funktionieren, einer "Zuteilungswirtschaft" vulgo Rationierung. Zumindest sehe ich in dem von Höcke angedeuteten Nullsummenszenario keine andere Möglichkeit, um EXTREM heftige und destruktive Verteilungskämpfe zu verhindern.

      Wenn er als Grund für die herrschende angebliche "ressourcenverzehrende Wachstumsideologie" auch noch den Wunsch nach "tolerante[n] und offene[n] Gesellschaften" angibt, lässt das rein logisch eigentlich nur die Schlussfolgerung zu, dass er Deutschland zu einer irgendwie geschlossenen und nicht-toleranten Gesellschaft umfunktionieren will.
      Zur Klarstellung: Auch ich lehne den Weg des derzeit herrschenden - von mir als "konsensfaschistisch" bezeichneten - "Regimes" ab, Türen und Tore unseres Landes sperrangelweit für die IMMIGGRESSOREN aus aller Herren Länder zu öffnen. Das ist weder offen noch tolerant, das ist vielmehr VERBRECHERISCH gegenüber dem Volk der indigenen STEUERSKLAVEN!
      Doch das war im Jahr 2011 noch kein Thema der breiten öffentlichen Debatte. 
      Es ist also davon auszugehen, dass er die "offene Gesellschaft" Karl Poppers meint. Die freilich befürworte ich ganz entschieden; eine Gesellschaft, die in sich geschlossen ist (Autokratie, Ständestaat, Führerstaat usw.) und insgesamt unfreiheitlich und intolerant wünsche ich mir definitiv NICHT!
      Dieser Höcke heckt kein Heil. Vom Übel des derzeit herrschenden "Immiggressionsregimes" (mein Ausdruck!) würde er unser Land zwar erlösen; aber Pest gegen Cholera einzutauschen, ist keine attraktive Alternative.

      Auf der intellektuellen Ebene ist noch eine schwerer wiegende Kritik anzubringen, die sich nicht auf den ersten Blick, sozusagen "von selber", offenbart:
      "..... unterwirft die Zinsforderung des Kapitals die Realwirtschaft einem permanenten, ressourcenvernutzenden Wachstumszwang" schreibt er im Anfangsteil. Damit liefert Höcke jedoch eine TOTAL andere Ursachenverortung für den Wachstumszwang, als die am Schluss seines Aufsatzes (s. o.) präsentierte:
      • Am Anfang soll die Zinsforderung auf Kredite ursächlich für den Wachstumszwang sein,
      • am Schluss dagegen das Bestreben nach "Verbesserung der individuellen Lebensumstände": Wat denn nu?
      Die Unvereinbarkeit dieser beiden Begründungen zu einem für seine Argumentation zentralen Punkt (und in einem nicht allzu langen Artikel!) beweist, was ich auch bei anderen Stichworten demonstriere: Dass nämlich Björn Höcke weit davon entfernt ist, jener tiefe Denker zu sein, als der er sich in seinem Buch zu präsentieren versucht. Eine selbstkritische Überprüfung seiner Positionen auf ihre logische Vereinbarkeit (Kompatibilität) ist selten sein Ding (zu einer Ausnahme, die aber lediglich kosmetischer Natur ist, vgl. ==> Holocaust). Höcke begnügt sich mit (ihm und seinem Anhang) wohlklingenden Worten, ohne sich Gedanken über deren Realitätsgehalt oder deren Umsetzung in die Realität zu machen. Sein öffentlich-politischer Diskurs ist eine lecker präsentierte, aber völlig nährwertlose Zubereitung. Was mich an die „E-Kost“ erinnert, eine "Ernährung ohne Kohlehydrate und Fett, bestehend aus Gemüse und sehr wenig Brot", mit denen in der psychiatrischen Anstalt Irsee bei Kaufbeuren das "lebensunwerte Leben" euthanasiert - in diesem Falle: verhungert - wurde.
      Aber ich will nicht übertreiben: Höckes Mental-Cerealien lassen seinen Anhang nicht geistig verhungern. Deutschnationale Untote "haben Speis’ und Trank nicht not"! Geister brauchen keine Geistesspeise, die sind mit Geisterspeise optimal abgefüttert! 
      [Mit alledem will ich nicht behaupten, dass das Stimmvieh der Blockparteien (= die aktuell - 1924 - im Bundestag vertretenen Parteien außer AfD und BSW) nicht gleichfalls Zombie-Qualität hätte.]


      Das Heft 1/2012 von "Volk in Bewegung" brachte Höckes Artikel "Ökologie und Postwachstumökonomie. Die Krise des Liberalismus". Auch wenn er nicht als solcher gekennzeichnet ist, handelt es sich offenbar um den 2. Teil zum o. a. "Chancen"-Aufsatz. (Die hier als Hauptüberschrift erscheinende Formulierung "Die Krise des Liberalismus" müssen wir uns von Höckes ursprünglicher Konzeption her wohl als Parallele zum Unter-Titel für den ersten Teil denken ("Teil 1: Kapitalismuskrise und Peak Oil"). Anders gesagt, wollte er offenbar im ersten Teil die (angebliche oder tatsächliche: das spielt hier keine Rolle!) "Kapitalismuskrise" darstellen und im zweiten die "Liberalismuskrise".

      Hier kehrt er zu seiner Vorstellung zurück, dass es der Zins sei (damit meint er zweifellos allein die Kreditzinsen, nicht etwa die Verzinsung von in Sachkapital angelegtem Geld, also NICHT die "Kapitalverzinsung"), der ein Wirtschaftswachstum erzwingt:
      "Der Kapitalismus mit seinem oft beschriebenen, zinsverursachten Wachstumszwang hat seinen Raubzug globalisiert und trifft im 21. Jahrhundert, ohne Ausweichmöglichkeiten, auf die Grenzen des Ökosystems Erde."
      In späteren Text führt er die seiner Meinung nach insoweit wirkenden Mechanismen näher aus und spricht erneut von einem "Wachstumszwang, der vom Zinsgeldsystem auf die Realwirtschaft ausgeübt wird".
      Dass dieser angebliche Wachstumszwang, dessen Beginn er (zusammen mit dem Beginn des Kapitalismus) er im Abendland seit etwa 1500 verortet, der Menschheit sehnlich erwünschte Ergebnisse gebracht haben könnte (die jedoch bis heute große Teile der Menschheit noch immer nicht erreicht haben), blendet Höcke aus: Eine Erörterung der eventuellen Janusköpfigkeit des Fortschritts würde seinen apodiktischen Verkündungsduktus konterkarieren. 

      Und wohl auch ihn selber intellektuell überfordern, auf alle Fälle aber frustrieren, denn der große Meister denkt sich alles ganz einfach:
      "das Banken- und Geldsystem verhindert bis heute, daß die Zinsrate auf einen Wert fällt, der nachhaltiges Wirtschaften ermög­licht".
      Im Umkehrschluss glaubt Höcke also, dass eine entsprechend niedrige "Zinsrate" (was auch immer er unter "Zins" verstehen mag) mehr oder weniger automatisch ein "nachhaltiges Wirtschaften ermöglicht". Doch das ist schon deshalb Unsinn, weil niedrige Zinsen üblicher Weise die Realwirtschaft ankurbeln; warum das in einer Höcke-Welt anders sein sollte (oder auch nur sein könnte), verrät uns der große Denker nicht.
      Davon abgesehen wäre auch ein Wirtschaften auf einem niedrigeren Niveau in keinster Weise nachhaltig. Denn ein Kühlschrank wird auch dann leer, wenn man ihm täglich nur die halbe Menge der früheren Verbrauchsrate entnimmt. Zwar dauert die Zeit bis zur endgültigen Leerung dann doppelt so lange. Aber nachhaltig ist bloßer Verbrauch weder in diesem Beispiel, noch in irgendeiner anderen denkbaren Fallgestaltung.

      Der knapp 4-seitige "Liberalismus"-Aufsatz ist thematisch klar gegliedert:
      1. Einführung in das Szenario (ca. 1/3 S.), von dem Höcke (und ebenso die Postwachstumsideologie) ausgeht: Wir leben in einer durch den dem Kapitalismus innewohnenden Wachstumszwang herbeigeführten Krisenzeit. Es ist Aufgabe der "identitären Systemopposition", vulgo der NPD, ein "weltanschaulich konsistentes Versöhnungswerk von Ökologie und Ökonomie" hervorzubringen, "das zudem mit der tatzeugenden Kraft einer Vision beseelt ist."
      2. Kritik an der "lebensfalsche[n] 'linke[n]' Ökologie" (ca. 1 1/3 Seiten). Falsch sei die, weil sie "materialistisch" sei und den "Mensch[n], der biologisch betrachtet auch ein Teil der Fauna ist, aus dem ökologischen System" herausnehme. (Das ist, egal ob zutreffend oder nicht, übrigens ebenfalls eine "materialistische" Sichtweise!) Auf der Ebene konkreter Politik kritisiert Höcke bei den Grünen (im "ideologischen", nicht zwangsläufig parteipolitischen Sinne) drei Punkte: Genderpolitik, Masseneinwanderung und schließlich (unfreiwillig enthüllend über seine eigene angeblich sozialpolitische Orientierung) die Entwicklung der Grünen zur Umverteilungspartei, die ihnen den "Glauben an den 'Götzen Wachstum' " eingebe. Dieses solle "ausufernde Transferzahlungen sicherstellen, Arbeitslosigkeit reduzieren und generell die ungerechte Verteilung des Reichtums zwischen den Klassen auf ein vertretbares Maß bringen." Woraus wir die plausible Schlussfolgerung ziehen dürfen (die unseren bereits beim Thema ==> GELDWESEN gewonnenen Eindruck bestärkt), dass Höcke von alledem, also ganz allgemein von Sozialpolitik, wenig hält.
      3. Darstellung der "Wachstumsökonomie" (ca. 2/3 S.)
      4. Darstellung der "Postwachstumsökonomie"* (die aus meiner Sicht eher eine "Postwachstumsideologie" ist) des "Oldenburger [aktuell Siegener] Professor[s] Nico Paech" (Webseite). Vgl. hierzu auch meine Ausführungen unter Stichwort ==> NPD-NÄHE HÖCKES. Das geht nicht ohne die bei Höcke obligate deutschnationale Überheblichkeit ab: "Die aus China importierten, aus erdölbasiertem Kunststoff gefertigten Trekkingboots geben nach zwei Jahren intensiver Nutzung den Geist auf. Die zwiegenähten Juchtenlederstiefel süddeutscher Provenienz  können immer wieder neu besohlt werden und sind über eine Dekade ein treuer Begleiter." Und "Eine Miele-Waschmaschine kostet zunächst das Doppelte eines Fernostimports. Sie besitzt aber auch die doppelte Lebensdauer."    *(In der Gesamtüberschrift schreibt Höcke den Begriff Postwachstumsökonomie ohne das Fugen-S, im Text jeweils mit.)
      5. Weniger als 1/3 'Seite nimmt der abschließend als "Auftrag" (an die NPD) formulierte Teil ein; daraus zur Orientierung zwei Zitate: "Ohne Zweifel läßt sich die Postwachstumsökonomie mit ihrer Wertschätzung für Regionalität, Vielheit, Unentfremdetheit und ihren Reformideen für ein neues Boden- und Geldrecht mühelos in die Weltanschauung der identitä­ren Systemopposition integrieren."    Und: "Die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie wird das zentrale Thema des 21. Jahrhunderts. Diese verlangt nach dem Sturz des 'Götzen Wachstum' die Schaffung einer Vielheit subglobaler, mit gewachsenen Kulturräumen zur Deckung gebrachten Wirtschaftsräume."
      Im Text taucht ein mit "Liberal..." beginnendes Wort nicht mehr auf. Wo ist also seine in der Überschrift angekündigte Beschäftigung mit der Krise des Liberalismus geblieben?
      Es kann nur so sein, dass er den Liberalismus (hier jedenfalls) mit der grünen Bewegung identifiziert und deshalb keine separate Behandlung für nötig hält. Wahrscheinlich setzt er diese Bewegung ihrerseits mit der Entwicklungsrichtung unserer modernen Gesellschaft gleich; eine solche Einschätzung wäre durchaus nachvollziehbar.
      Wenn grünes Denken negativ zu bewerten und andererseits mit "Liberalismus" identisch ist, dann der "Liberalismus" ein Übel. Diese Deutung ist zwanglos und plausibel. Und eine andere Interpretation ist Höckes Text nicht zu entnehmen. Somit darf und muss man ihm eine solche Sichtweise unterstellen. Dies umso mehr, als auch in anderen Äußerungen Höckes eine grundsätzliche Aversion gegen den nicht selten als "westlich" herabgewürdigten ==> LIBERALISMUS aufscheint.

      Seine (tendenziell autarkistische) Vorstellung der
      "Schaffung einer Vielheit subglobaler, mit gewachsenen Kulturräumen zur Deckung gebrachten Wirtschaftsräume"
      hat er in anderer Formulierung (und diesmal unter seinem Klarnamen) in einem Interview mit der Zeitschrift Sezession vom 15.10.2014 wiederholt. 
      Darin fordert er, dass gegen einen drohenden "Globalisierungstotalitarismus" der
      "Verteidigung der ethnokulturellen Diversität höchste Priorität eingeräumt werden [müsse]. Sie scheint mir – nebenbei bemerkt – auch die Grundlage echter ökologischer Politik zu sein."

      Und wieder anders in seinem Buch, wenn er meint,
      "das Prinzip der Volkssouveränität" könne "grundsätzlich nur in wirtschaftssouveränen Staaten verwirklicht werden."
      Die es natürlich real nicht gibt; allenfalls die weitaus größeren und mit Rohstoffen reich gesegneten USA sind (weitgehend) "wirtschaftssouverän".


      Als eine der Quellen für Höckes Umwelt-Orientierung darf man das Buch "Abschied vom Wachstum. Für eine Kultur des Maßhaltens" (Amazon) des rechten französischen Denkers Alain Benoist vermuten. Auszüge aus dem Vorwort hatte die "JUNGE FREIHEIT" am 03.07.2009 veröffentlicht. Benoists "Diagnose"
      "Tatsächlich haben wir es mit einer dreifachen Krise zu tun: einer Krise des kapitalistischen Systems, einer Krise der liberalen Globalisierung, einer Krise der amerikanischen Hegemonie"
      dürfte Björn Höcke runtergehen wie Öl; jedenfalls entspricht sie voll und ganz dem Inhalt von Höckes Denken - und der Beschränktheit (auch) seines politintellektuellen Horizonts.

      XE-UMWELT



      X-USA (X-NATO; X-Westen, der;)

      Höcke hasst die USA wie die Pest. Oder, wie die Amerikaner selber wohl sagen würden: "with a purple passion" - mit rotglühender Leidenschaft. Die Kriegsniederlage des adolfinischen Deutschland ist der traumatische Schock im Leben des Bornhagen-Bismarck.


      Und wie schon die von der Niederlage im Ersten Weltkrieg traumatisierten Deutschnationalen der Weimarer Zeit kompensiert er sein Trauma durch eine verbale Abwertung jener Kultur, welche die Nobelpreise reihenweise abräumt (während Deutschland zunehmend beiseite steht). Aber konträre Fakten doch einen Höcke Seh(er)-Mann nicht erschüttern!
      Denn Patriautisten schalten ihr Realitäts-Relais nach Bedarf aus:
      "Es graut mir davor, dass die USA die einzige Supermacht sind und ihren american way of life über die ganze Welt ausdehnen wollen. Ihr Materialismus und ihr Laissez-faire-Individualismus führen zu einer Trivialisierung des Menschen, zu seiner 'Verhausschweinung', wie Konrad Lorenz es nannte. Auf diese Weise kann der Mensch seine Anlagen und Talente nicht entfalten. Die Selbstentfaltung seiner Anlagen ist aber in meinen Augen die zentrale Aufgabe des Menschen während seines Daseins. Die Tiefe des europäischen Denkens, wie sie etwa der Brite Peter Watson für die deutsche Geistesgeschichte in seinem Buch Der deutsche Genius beschrieb, wird durch den schnöden Materialismus der Amerikaner begrenzt, die Freiheit wird reduziert auf die Konsumfreiheit. Wobei ich, wenn ich 'die Amerikaner' sage, natürlich nicht das Volk meine, sondern im Wesentlichen eine kleine Elite."
      Diese Gegenüberstellung von vermeintlicher deutscher Tiefe und amerikanischer Flachheit gab es bereits im Diskurs der Weimarer Zeit.
      Auch hier ist, wie bei so vielen andern Themen, Konsistenz nicht Höckes allerstärkste Seite. Denn in seinem Buch behauptet er, "die Moderne" habe uns (also keineswegs exklusiv die Amis!) "zu Konsumtrotteln und Jobnomaden degeneriert", kritisiert, dass wir "Ramsch- und Saisonartikel für den schnellen Konsumspaß [kaufen], die nach kürzester Zeit zu Müllbergen werden" und prangert den "grassierenden Materialismus" an (dem er mit seinem "tief empfundenen Antimaterialismus" kontrastiert).


      Ebenso unreflektiert wie seine Kritik am Materialismus der Amereikaner haut er in seinem Buch - und zudem in engstem Textzusammenhang - auch zwei weitere abschätzige Bemerkungen über die Amerikaner raus:
      • "Auch in den USA ist nach dreihundert Jahren »Melting pot« kein neues Volk entstanden, die eingewanderten Volksgruppen haben sich im Gegenteil stark segregiert und eine »Salad bowl« gebildet."
      Doch nur wenig später  behauptet er das genaue Gegenteil:
      • "... in den USA [setzten sich] die »Weißen« und die »Schwarzen« vor ihrer Amerikanisierung aus mehreren hochdifferenzierten Völkern mit eigenen Identitäten zusammen. Jetzt sind sie in einer Masse aufgegangen."
      Durch Herabwürdigung der Amereikaner haben die "Völkischen" bereits zu Zeiten der Weimarer Republik ihr Trauma der deutschen Niederlage bewältigt: 'Wir haben zwar den Krieg verloren; aber immerhin sind WIR ein KULTURVOLK! Die anderen dagegen sind nur Masse ohne Klasse! Dass die Amis nicht nur weltweit die Massenkultur prägen, sondern auch im Bereich der Hochkultur (Literatur, Malerei usw.) erstrangige Leistungen vorzuweisen haben: Das ficht die unreflektierte Phrasendreschmaschine Höcke nicht an.


      Wie sehrdie deutsche Niederlage im 2. Weltkrieg für Höcke ein Trauma ist, lässt sich auch an seiner Teilnahme an der damals im SPIEGEL beschriebenen Neonazi-Demonstration von 2010 in Dresden zur Erinnerung an die Bombardierung der Stadt 1945 durch britische und US-amerikanische Flugzeuge erkennen. (Auf diesem Video ist u. a. Björn Höcke zu sehen.) Zwar muss man dazu wissen, dass die martialisch klingenden Rufe "Wir wollen marschieren" nichts mit Nazi-Marschtritt zu tun hatten. Die bezogen sich lediglich darauf, dass Linke die Demo blockiert hatten und diese nicht wie geplant ihre Demonstrationsroute ablaufen konnten. Aber natürlich hatten die rechtsextremistischen Demos in Dresden den Zweck, die Alliierten moralisch wegen ihres "Kriegsverbrechens" anzuprangern. Und damit umgekehrt die deutschen Verbrechen zu relativieren, nach dem Motto "Die haben ja auch .....". (Vgl. meine Blotts "Björn Höckes historische Schokoladenkur: Medizin gegen den Schuldkult - oder gegen seine Schuldgefühle?" vom 20.01.2017 und vor allem "Deutsch sein heißt, sein Vaterland DENNOCH lieben: Schlammpatriotismus und andere Gefahren für die AfD" vom 14.07.2019.)

      In seiner Dresdner Rede wütete Höcke:
      "Mit der Bombardierung Dresdens und der anderen deutschen Städte wollte man nichts anderes als uns unsere kollektive Identität rauben. Man wollte uns mit Stumpf und Stiel vernichten, man wollte unsere Wurzeln roden. Und zusammen mit der dann nach 1945 begonnenen systematischen Umerziehung hat man das auch fast geschafft. ..... Bis jetzt ist unsere Geistesverfassung, unser Gemütszustand immer noch der eines total besiegten Volkes."
      Meiner nicht; aber dem Herrn Höcke steckt die Nazi-Niederlage offenbar immer noch als brennender Stachel im Herzen.


      Deutschland sei „nicht souverän“ und „nach wie vor teilbesetztes und fremdbestimmtes Land“ beklagte Björn Höcke auf einer PEGIDA-Demonstration in Dresden am 24.02.2023.
      Entsprechend hatte er in seinem Buch gefordert:
      "Heute hilft man als Bundeswehrsoldat, fremde Großmachtstrategien durchzusetzen. Das könnte sich nach dem Rückzug der Amerikaner aus Europa und einer möglichen Auflösung oder Neuausrichtung der NATO ändern. Aber bis dahin gilt: Wer nur einen Job sucht, sollte sich bei der Bundeswehr umsehen. Wer seinem Land wirklich mit der Waffe dienen will, sollte sich überlegen, ob er nicht auf andere, bessere Zeiten warten möchte."
      Auch das ist, wie so vieles beim Höcke, unüberlegt. Denn gesetzt den Fall, die möglichen Soldatenanwärter würden sich danach richten: Dann hätten wir keine Bundeswehr. Das aber würde bedeuten, dass wir noch mehr als mit eigenen Streitkräften auf den Schutz der USA angewiesen wären. Käme er dann, hypothetisch, an die Regierung, könnte der Bornhagener Bonsai-Bismarck seinen Wunsch, Deutschland aus der NATO herauszulösen, mangels eigener deutscher Verteidigungsfähigkeit gar nicht umsetzen.
      Ist schon ein schlaues Kerlchen, der Björn .....


      Den USA, denen 1941 Deutschland den Krieg erklärt hatte, wirft er in seinem Buch vor, dass sie gegen die Deutschen gekämpft haben:
      "Die beiden furchtbaren Weltkriege des vergangenen Jahrhunderts, in denen die Alliierten nicht nur gegen die Militaristen und Nazis, sondern laut Roosevelt gegen die Deutschen an sich kämpften
      Zunächst glaube ich nicht, dass Roosevelt das auch über den Ersten Weltkrieg geäußert hat (obwohl es auch da natürlich zutrifft).
      Und was die Sache angeht, waren es nun einmal "die Deutschen", welche (ob sie nun wollten oder nicht) in beiden Kriegen gegen die USA gekämpft haben. Und nicht etwa nur die preußischen Junker oder die Nazis.
      Wer sich also darüber beschwert, dass die Kriegsgegner gegen "die Deutschen" gekämpft haben, argumentiert mit ausgesuchter Dämlichkeit!


      Enthüllend ist im vorliegenden Zusammenhang auch seine Position zum Iran:
      "Ein Unfall? Noch ist alles Spekulation. Fakt ist aber, daß sich das Kriegsfieber im Kreise der Staatslenker global auszubreiten scheint. Wo steht die Welt in fünf Jahre? Wo sind die Politiker, die wirklich Verständnis für das Andere, kulturell Fremde haben? #Raisi"
      twitterte Björn Höcke am 20.05.2024. Anlass war der Unfalltod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi durch einen Hubschrauberabsturz
      In diesem Tweet stellt Höcke keine Behauptungen auf; wohl aber stellt er Überlegungen an, die uns einiges über seine (außen-)politischen Positionen verraten. Oder eigentlich bestätigen sie lediglich Einstellungen, die wir längst aus anderen Äußerungen von ihm kennen. Im Detail sagt er uns hier:
      1. "Ein Unfall?" - 'Es könnte vielmehr ein Anschlag sein'
      2. Mutmaßungen darüber, wer in diesem Falle dahinter stecken könnte, deutet Höcke mit der Formulierung an "daß sich das Kriegsfieber im Kreise der Staatslenker global auszubreiten scheint"; allerdings in sehr vager Form. Momentan werden ja zwei (mehr oder weniger: ) "Kriege" geführt: Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie der von den Hamas-Anschlägen gegen Israel vom 07.10.2023 provozierte israelische Krieg gegen die palästinensischen Terroristen im Gaza-Streifen. Von daher wäre es denkbar, dass Höcke Israel verdächtigt, evtl. einen Anschlag gegen Raisi begangen zu haben. Wahrscheinlicher aber meint Höcke die USA. Die unterstützen die Ukraine in ihrem Verteidigungskrieg gegen Russland, doch ist für ihn nicht etwa der Angreifer der Böse (wie ja auch Adolf Hitler für ihn völlig zu Unrecht als "das absolut Böse" hingestellt wird - vgl. ==> KRIEGSSCHULD): "Kriegstreiber" sind für ihn vielmehr diejenigen, welche der Ukraine Waffen für ihre Verteidigung liefern wollen. Die Ausbreitung des "Kriegsfiebers" meint also nicht den Angreifer und dessen weltweite Unterstützer (darunter nicht zuletzt den Iran, der Russland Kampfdrohnen liefert!), sondern die heldenhaft ihr Vaterland verteidigenden ukrainischen Patrioten und alle Länder weltweit, welche diese unterstützen.
      3. Etwas kryptisch mag zunächst seine Klage über das Fehlen von (gemeint: westlichen!) Politikern erscheinen, "die wirklich Verständnis für das Andere, kulturell Fremde haben?" Offenbar stört sich Höcke daran, dass der Westen den Iran für die Unterdrückung der Frauen (Kopftuchzwang) oder den Kampf gegen Israel kritisiert sowie für sein Streben nach Atomwaffen und die Unterstützung für Russland im Ukrainekrieg sanktioniert. Jedenfalls schlägt er sich unverblümt auf die Seite des im Ukrainekrieg (faktisch) mit Russland verbündeten Iran. Denkbar ist insoweit auch eine Beeinflussung durch den COMPACT-Herausgeber Jürgen Elsässer, der (aus Überzeugung oder anderen Gründen?) ein Iran-Propagandist ist und eng mit Höcke verbandelt.
      Zusammenfassend zeigt Höcke auch an dieser Stelle, dass er GEGEN DEN WESTEN (mit den USA an der Spitze) ist. Und FÜR Diktaturen. Egal, ob es die Diktatur des korrupten neostalinistischen Kreml-Kleptokraten Wladimir Putin ist, oder eine islamistische, die nach der Atombombe strebt, Israel bekämpft und Russland Waffen für den Kampf gegen die ukrainischen Patrioten liefert. Antiwestlich zu sein, ist aus Sicht des deutschen Pseudopatrioten Björn Höcke der Ritterschlag für jedes Land. Selbst dann, wenn es von den islamistischen Regimen regiert wird.


      In seiner Augustdorfer Rede sagte Höcke am 24.11.2018;
      [Nach 24:02] "Was aber haben wir Europäer genau verloren? Dazu müssen wir uns vergegenwärtigen, was Europa zu seiner geschichtlichen Größe hat werden lassen. Zunächst: Europa hat im Gegensatz zu den USA als spätes Produkt der Neuzeit nicht nur eine tausendjährige Geschichte, sondern eine mehrtausendjährige Geschichte. ... [eine] 3000-jährige [...] Geschichte."    (S. a. ==> EUROPA)
      Das ist blanker Unsinn, denn
      1. haben wir diese Geschichte nicht verloren. 
      2. ist es kein Verdienst, eine lange Geschichte zu haben: entscheidend ist, was eine Kultur Geschichte geleistet und vor allem., welches Potential sie für die Zukunft noch hat. 
      3. haben nicht Kontinente eine Geschichte (Naturgeschichte ist was anderes), sondern Menschen, Länder, Völker. Und so haben auch diejenigen Europäer, die nach den USA ausgewandert sind das, was bis dahin hier an Wissen erarbeitet und ihnen an kultureller Prägung vermittelt wurde, in ihre neue Heimat mitgenommen.
      4. haben die Auswanderer unsere gemeinsame abendländische Kultur im politischen Denken (Unabhängigkeitskrieg, "unalienable Rights", also Menschenrechte) in Literatur, Film und bildender Kunst weiterentwickelt. Und haben ganz besonders Wissenschaft und Technik gewaltig vorangebracht!
      5. ist das von einer müden, "alteuropäischen" Warte her gepredigt. Wie "jugendlich" dachte und schrieb Goethe vor 200 Jahren in seinem Gedicht: "Amerika, du hast es besser / Als unser Kontinent, das alte, / Hast keine verfallene Schlösser / Und keine Basalte. / Dich stört nicht im Innern / Zu lebendiger Zeit / Unnützes Erinnern / Und vergeblicher Streit." Dagegen sieht Höcke regelrecht "alt aus". Kein Wunder, wenn ein früherer Schüler  rückblickend urteilt, Höcke habe "mehr Stöcke im Arsch als alle alten Lehrer zusammen".
      6. ist die Äußerung nicht beschreibend gemeint, sondern (ab-)wertend gegenüber den Amerikanern. Auch hier versucht Höcke also, sein lädiertes Selbstwertgefühl gegenüber den USA mit einem extrem primitiven Mittel aufzuputschen. Das ist Kindergartenniveau!
      7. wird alles noch schlimmer, wenn man hinterfragt, wodurch es überhaupt zur "langen" Geschichte der (hiergebliebenen) Europäer und der "kurzen" der Amerikaner gekommen ist: Höckes (und unser aller) Vorfahren hatten, genau wie heute auch er und wir selber, nicht den Mumm, ihr Glück in der Fremde zu suchen. Das ist nicht verwerflich. Es ist aber definitiv kein Grund, sich über diejenigen zu erheben, deren Ahnen den Mut und die Abenteuerlust dafür aufgebracht haben! Die Botschaft dieser Passage in Höckes Rede ist an die Amerikaner gerichtet und lautet in sinnentschleiernder Umformulierung: "Ätsch, bätsch, ihr habt nur eine kurze Geschichte, ich aber eine lange! Deshalb bin ich was Besseres als ihr!" Vor dem Hintergrund dieser abgründigen Primitivität kann man nur noch den Kopf darüber schütteln, dass große Teile des deutschen Stimmviehs einem derartigen intellektuellen Fliegengewicht schafgläubig hinterherdackeln.
      Jedenfalls ist es kein Wunder, dass bei den Höckes die Ehefrau das Geld verwalten muss ("Meine Frau ist die Finanzministerin. Ich führe das Konto nicht ..."): In der wirklichen Welt wäre dieser realitätsferne Träumer chancenlos; so einer kann nur in Nischen-Biotopen des Staatsdienstes wachsen, blühen und gedeihen.


      Perspektivenwechsel: Zur Nähe einiger Gestalten der sog. "Neuen Rechten" zum Islam vgl. Stichwort ==> RELIGION, im Schlussteil.


      Zwischen den extrem linken und extrem rechten politischen Positionen gibt es bekanntlich mehr Ähnlichkeiten, als das lineare links-rechts-Schema vermuten lässt (dafür ist das Hufeisenschema besser geeignet). 
      Es ist daher nicht total überraschend, dass sich Amerikahass auch linksaußen findet. Ein Beispiel dafür liefert der weit links stehende "Saar-Napoleon" Oskar Lafontaine mit seinem Buch "Ami, it's time to go: Plädoyer für die Selbstbehauptung Europas".

      XE-USA



      X-VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG ==> HOLOCAUST



      X-VERSCHWÖRUNGSTHEORIEN (verschwörungstheoretische Elemente in Höckes Weltsicht)

      Buch:
      Im Zusammenhang mit der Erörterung, warum unsere Regierenden nicht gegen das vorgehen, was ich "Massenimmiggression" nenne, verortet Höcke implizit den "globalen Geldmachtkomplex" als Treiber dieser Entwicklung:
      "Wichtige Hinweise gibt der 2016 verstorbene Sozialwissenschaftler Hans Jürgen Krysmanski. Er hat die Strukturen des globalen Geldmachtkomplexes erforscht und war im wissenschaftlichen Beirat des globalisiserungskritischen Netzwerkes attac. Seine Studien legen nahe, unsere politische Klasse und ihre medialen Claqueure als Dienstklassen jener Eliten zu erkennen."
      Die sind zweifellos mit den "Globalisten" identisch, die Höcke häufig angreift; im Buch so: "Völker und Kulturen sind in den Augen der Globalisten wertlos und als mögliche mächtige Gegenspieler lästige Störenfriede ihrer bizarren Agenda".
      Oder, wiederum als "Geldmacht", aber im Zusammenhang mit Donald Trump:
      "In den USA erleben wir die Verbündung des »Königs« mit dem Volk gegen den Adel – die Geldmacht."

      Gewiss wäre es naiv zu glauben, dass das Große Geld ganz ohne Einfluss wäre auf den Lauf der Welt. Aber gerade auch der von ihm zitierte Sozialwissenschaftler Hans Jürgen Krysmanski verweist auf die Komplexität der (ich sage mal: ) "Klasseninteressen" der Kapitalbesitzer und die Antagonismen innerhalb dieses (ich sage mal: ) "Interessenkomplexes".
      Und im Übrigen: WENN man Globalisten mit Kapitalbesitzern gleichsetzt und gemeinsam ausgerichtete und gemeinsam ausgeübte Interessen postuliert, dann ist es unlogisch, die deutschen Reichen davon auszunehmen und nur das "raumfremde" Kapital zum Problem zu erklären (==> KAPITALISMUS).


      Ergänzung 30.09.2024
      In einer Rede in Cottbus (anlässlich des Brandenburger Landtagws-Wahlkampfs) vom 20.09.24 hat der Schweinchen-Schlau-Politiker Björn Höcke die Corona-Pandemie als "Plandemie" bezeichnet (WELT vom 20.09.24; bei msn kostenfrei lesbar). Damit unterstellt er, dass die weltweite Epidemie von welchen Kreisen auch immer (wahrscheinlich würde der große Guru auch insoweit von "Globalisten" brabbeln, aber das ist hier egal) künstlich erzeugt, zumindest aber aufgebauscht wurde, um welche finsteren Ziele auch immer durchzusetzen.
      Reife zum Regieren beweist das eher nicht.
      Aber vielleicht wollte er damit ja lediglich signalisieren, dass er reif für die Klapse ist?

      XE-VERSCHWÖRUNGSTHEORIEN



      X-VIERERBANDE (AfD)

      Hier ausnahmsweise kein Zitat, sondern ein von mir für die AfD übernommener Begriff aus der chinesischen GeschichteIch bezeichne damit 
      1. den COMPACT-Herausgeber Jürgen Elsässer (kritische Biographie), der eng mit Höcke verbandelt ist.
      2. Und den Herausgeber der Zeitschrift "SEZESSION", Götz Kubitschek (kritisch hier), der noch enger mit Höcke verbunden ist und über diesen einen so großen Einfluss auf die AfD hat, dass ich gelegentlich beide Namen zu "HÖCKITSCHEK" zusammenziehe.
      3. Weiterhin Maximilian Krah (kritische Biographie), katholischer Fundi und AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl. Den die Partei allerdings wegen seiner dubiosen Beziehungen zu China für den Europa-Wahlkampf aus dem Verkehr gezogen hatte.
      4. Sowie Björn Höcke, die Spinne in diesem Netz von Ultrarechten. Auch über Höcke gibt es eine dieser kritischen Biographien, die allerdings seit dem Oktober 2019 nicht mehr aktualisiert wurde. Der Blog "Nopegida" steht zweifellos mehr oder weniger weit links. Doch wer in der Lage ist, Information und Meinung in einem Text auseinander zu halten, hat auch vor linken Texten keine Angst.
      Solange die AfD diese rechtsradikalen SEKTIERER nicht abschüttelt, bleibt sie unwählbar.

      Allerdings zeichnet sich in dieser Konstellation mittlerweile ein Riss ab.
      Die 15-köpfige Delegation der am 09.06.2024 frisch gewählten AfD-Europaparlamentarier schloss Maximilian Krah, der die Wahlliste der AfD angeführt hatte, aus ihren Reihen aus - mit der denkbar knappen Mehrheit vom 8 Stimmen dafür und 7 Gegenstimmen und Enthaltungen (und in geheimer Abstimmung).
      Den Listenzweiten wollten die Parlamentarier auch nicht als Vorsitzenden: Das ist Petr Bystron, und gegen den laufen Ermittlungen wegen Bestechungsverdacht durch pro-russische Akteure. 
      Als Delegationsleiter wurde daraufhin der Listendritte René Aust aus dem AfD-Landesverband Thüringen gewählt.
      Daraufhin entfesselten die Krah-Anhänger eine wilde Kampagne. Die linke "taz" liefert eine ausführliche (und in der Sache korrekte) Darstellung der Vorgänge unter "AfD bleibt draußen – Krah freuts" vom 13.06.24.
      Dem Landesverband Thüringen - und damit dessen Vorsitzenden Höcke - blieb nichts anderes übrig, als sich mit "seinem" Mann zu solidarisieren. (Obwohl Höcke seinerzeit die Spitzenkandidatur von Krah unterstützt und einen Gegenvorschlag abgelehnt haben soll, Aust auf Listenplatz eins zu setzen!)
      Also setzten die beiden Thüringer Landesvorsitzenden (neben Höcke noch Stefan Möller) am 13.06.24 einen gepfefferten Tweet ab:
      "Die durch einen Unterstützer von Maximilian Krah initiierte, zutiefst ehrenrührige Kampagne gegen unseren Thüringer Parteifreund und Kollegen René Aust verurteilen wir auf das Schärfste. Besonders enttäuschend ist für uns, dass der gegen René Aust erhobene Vorwurf des „Verrats“ durch das Schweigen von Maximilian Krah zu den Machenschaften seines Unterstützers mitgetragen wird. ... Wir erinnern Maximilian Krah außerdem daran, dass sein sächsischer Landesverband ebenso wie unserer vor einer entscheidenden Wahl steht. ... Wir erwarten, dass die Kampagne gegen René Aust umgehend eingestellt wird und zur Sachlichkeit sowie Ehrlichkeit zurückgekehrt wird. ..."

      Götz Kubitschek ("Die Pläne des kleineren Übels – über die Causa Krah", allerdings schon vom 11.06.) und Jürgen Elsässer (der Krah mittlerweile als "Agent des Volkes" promotet) haben sich auf die Seite von Maximilian Krah geschlagen (Kubitscheks "Tagebucheintrag" vom 18.06.2024 deutet darauf hin, dass er dort weiterhin steht).
      Das muss nicht zwingend eine Gegnerschaft zu Höcke beinhalten; dass die beiden einen Bruch zu Höcke wollen, glaube ich nicht. Jedoch ist das Tischtuch zwischen Höcke und Krah wohl zerschnitten.
      Der o. a. taz-Artikel lässt erkennen, dass nicht nur breite Teile der Mitglieder und des Umfeldes der AfD hinter Krah stehen, sondern auch mehrere Landesverbände. Bei dieser Sachlage wird der seine Ambitionen nicht stillschweigend beerdigen. Andererseits kann Höcke kann jetzt kaum zurückstecken, ohne im eigenen Landesverband Irritationen auszulösen. Diese Entwicklung scheint auf einen Machtkampf zwischen den beiden Leithammeln der Ultrarechten hinauszulaufen. Bei dem Höcke nicht unbedingt die besten Karten hat. Wenn der "Schampus-Max" nicht auf irgendeinem "irregulären" Weg aus der Politik ausscheidet (z. B. durch den Nachweis von Korruption), dann könnte ich mir vorstellen, dass Elsässer und Kubitschek sich letztlich auf seine Seite schlagen werden. Und gegen Höcke positionieren.

      Durch Zufall stieß ich jetzt auf diese Webseite der Interview-Homepage von "Jung und Naiv". Dort erfährt der Leser unter einem Beitrag vom 20.10.2019: "Der Thüringer AfD-Spitzenkandidat Höcke hat ein Interview abgelehnt."
      Im Zusammenhang mit Krah, bzw. einem möglichen Machtkampf zwischen den beiden, ist das eine äußerst pikante Information.

      Und zwar deshalb, weil der Webseiten(mit)inhaber Tilo Jung auch einen YouTube-Kanal "Jung und Naiv" betreibt. Dort hat sich Krah sechseinhalb Stunden lang vom Jung "grillen" lassen. Ich selber habe mir das Video schon deshalb nicht angetan, weil ich Krah (mindestens) ebenso ablehnend wie Höcke gegenüberstehe. Es wird aber von zahlreichen Zuschauern gelobt. Jedenfalls hat Krah offenbar "Nehmerqualitäten" - während Höcke im Umgang mit den Medien eher ängstlich ist (er hat schon einmal ein ZDF-Interview abgebrochen.) Von daher halte ich eine "Höckedämmerung" in der AfD durchaus für möglich. (Popcorn!😈)

      Nach Abschluss meiner Arbeit an diesem Stichwort erfahre ich, dass das COMPACT Magazin von Jürgen Elsässer von Bundesinnenministerium am 16.07.2024 verboten wurde. Auch wenn ich, wie oben ausgeführt, ein scharfer Gegner vom Elsässer bin: Solche Medienverbote sind absolut inakzeptabel! Wenn es gegen KONKRETE Artikel eine strafrechtliche Handhabe gibt, dann möge die Regierung Strafanzeige erstatten. Doch was nicht strafbar ist, muss sagbar bleiben:
      WEHRET DEN ANFÄNGEN!!! 

      XE-VIERERBANDE




      NACHBEMERKUNG

      Den vorliegende Text zu verfassen ist mir sauer geworden und hat (zu) viele Wochen gedauert. Teilweise liegt das am Alter; ich kann mir nicht verhehlen, dass meine geistige Spannkraft langsam nachlässt.

      Besonders schwer ist es mir gefallen, nicht in den üblichen Duktus von Anti-Höcke-Artikel reinzurutschen. Also einfach nur einige passende Äußerungen von ihm rauszusuchen, um ihn dann als Faschist oder Nazi abzustempeln. Dass ich ihm nicht weniger kritisch gegenüberstehe als der "Mainstream", müsste mein Text eigentlich hinreichend klar gemacht haben. Dennoch wollte ich irgendwie gründlicher verstehen, wie dieser Mann politisch "tickt". Dazu habe ich versucht, größere Zusammenhänge zu überblicken, um das jeweilige "Muster" dahinter aufzudecken. Weniger die einzelne Äußerung, sondern die Menge gleichgerichteter Aussagen, der Zusammenhang untereinander und die politisch-logischen Folgerungen daraus haben mich interessiert. Davon, dass mir das sprachlich und sachlich mitreißend gelungen wäre, kann ich mich leider nicht einmal selber überzeugen. Vielleicht findet sich jemand, der's besser kann. 
      Auf alle Fälle denke ich aber, dass meine Untersuchungen vom Ansatz her auf dem richtigen Weg sind. 

      In der letzten Phase hat mich auch der Umstand etwas demotiviert, dass Höckes Stern am Sinken ist. (Der BILD-Bericht "Abgewatscht und ignoriert. Das Höcke-Fiasko vom AfD-Parteitag" datiert zwar erst vom 01.07.2024; aber dergleichen las man (wenngleich damals noch nicht durch harte Fakten untermauert) auch vorher schon. Das ist auch kein Wunder: Die Mitgliederzahl der AfD hat die 50.000er-Marke fast erreicht; es wäre sehr überraschend, wenn die Neuzugänge mehrheitlich rechtsextrem wären. Ganz im Gegenteil vermute ich, dass der Mitgliederanstieg eine Professionalisierung der Partei mit sich bringen, und die Ultranationalisten in Richtung Bedeutungslosigkeit abdrängen wird. Wenn es so ist, dann würde sich die causa Höcke - sicherlich nicht ohne einige Huckel - im Laufe der Zeit von selber erledigen.
      Andererseits ist er nicht der Einzige (und bestimmt nicht einmal der Radikalste) Ultrarechte in und im Umfeld der AfD.
      Von daher kann es nicht schaden, dass ich sein Denken, sozusagen auch als "Musterfall", hier etwas gründlicher analysiere, als man es anderswo findet.


      Eine solche Analyse sollte sich freilich nicht in der Beobachtung des untersuchten Objekts erschöpfen, sondern auch eine "Beobachtung des Beobachters" versuchen. Alsdann:

      Als langjähriges ehemaliges Mitglied der AfD bin ich gewiss kein "Linker" (auch wenn mich die Ultrarechten wahrscheinlich als einen solchen einstufen werden.)
      Ebenso wenig bin ich freilich ein Ultrarechter (auch wenn mich die Linken höchstwahrscheinlich dort verorten werden.)

      Ich HASSE die Blockparteien, die in vielen Bereichen an unserer Freiheit, an unserem Wohlstand, an unserer Kultur - und sogar an unserer Natur sägen: Mit  bodenversiegelnden, waldverschlingenden Vogelmordanlagen, mit Netzwerkdurchsetzungsgesetz, geplantem Demokratiemördergesetz - alias Demokratiefördergesetz -, linksgrünem "Staatsfunk", Duldung und Förderung der Massenimmiggression durch die machthabenden Immiggressionsfanatiker, politischen Kampagnen "gegen Rechts", die nach meiner Einschätzung aus einem kollusiven Zusammenwirken von Verfassungsschutz und einer privaten Organisation erwachsen sind, und, und, und.

      Andererseits: Als politisches Nutzvieh in einer autoritär regierten Schrebergarten-Volksgemeinschaft leben und für "deutsche Größe" weben zu müssen ist auch nicht attraktiver, denn als Stimmvieh für den linksgrünen Zeitgeist zu sklaven.
      Allen, die einen Einblick in jenes autoritär-völkisch-nationalistische Gedankengut der sog. "Neuen Rechten" (der Höcke zuzurechnen ist) gewinnen möchten, empfehle ich die Untersuchung "Nationalismus und Ethnopluralismus. Zum Wiederaufleben von Ideen der 'Konservativen Revolution' " von Hans-Gerd Jaschke in der Zeitschrift AUS POLITIK UND ZEITGESCHICHTE. Die datiert bereits vom vom 10.01.1992, doch scheint der Schoß, aus dem diese Kleingeister kriechen, heute fruchtbarer als damals zu sein.

      Ich dagegen wünsche mir zwar ebenfalls Patriotismus in unserem Land; aber einen zeitgemäßen! Das wäre dann ein Patriotismus
      • in dreifach konzentrischen Kreisen als deutscher, europäischer und westlich-abendländischer Patriotismus, also unter Einschluss europäisch geprägter Länder auf anderen Kontinenten.

      • der unseren Platz in der Welt realistisch einschätzen kann. 
      • der selbstbewusst auftritt, ohne überheblich zu sein. 
      • der nicht "Deutschland zuerst" schreit, sondern klarstellt: "Wir sind bereit, faire und angemessene Beiträge für die europäische und internationale Gemeinschaft zu leisten." Aber bei Bedarf auch das Stoppschild aufstellt: "Als Deppen und Lastesel aller Welt ausnutzen lassen wir uns nicht!"
      • der mit allen Epochen der Geschichte seines Vaterlandes ausgesöhnt ist und anderen Völkern sagen kann: I'm ok, you're ok. Und aus diesem inneren Gleichgewicht heraus auch den Immiggressoren knallhart Grenzen setzen  kann: "But it is not okay for you to invade my country"!

      • der keine moralisch verkommene Schlangenbrut von Patriotenverrätern an seinem Busen nährt, die europäische Brudervölker skrupellos über die Klinge springen lassen wollen, um beim Wladibär für Deutschland vermeintlich einen Rebbach zu machen. Echte Patrioten schließen weder versteckte private noch staatliche Deals zu Lasten Dritter mit Wladimir Putin!

      Schaffen wir Deutschen eine solche Balance? Die sich aus einer Versöhnung mit unserer Geschichte und der daraus erwachsenden inneren Ruhe und gelassenen Stärke speist? 
      Oder sind wir dazu verdammt, eine regressive Nation zu bleiben - oder gar auf der sozusagen genau entgegengesetzten Seite vom Hochseil herunterzufallen: In die Hölle eines Kalifats?



      Dieser Text darf ganz oder teilweise weiterverbreitet werden. Im Internet mit Verlinkung zum Original; ansonsten mit Quellenangabe.



      ceterum censeo
      Ein Rechtsextremist aus Bornhagen
      Tat nicht wagen, den VS zu verklagen.
      Für die Partei ist das Mist,
      Doch es ist, wie es ist:
      Die AfD muss vieler Wähler entsagen!

      Textstand 30.09.2024

      2 Kommentare:

      1. Was für ein langatmiger Schwachsinn! Wenn der Leser nach 40 Zeilen die Lust zu lesen verliert hat der Autor etwas falsch gemacht.
        Davon Abgesehen erscheint die teilweise Analyse die ich gelesen habe auch noch völliger Quatsch zu sein.

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      2. "erscheint die teilweise Analyse die ich gelesen habe auch noch völliger Quatsch zu sein."
        Das ist unzweifelhaft eine kurze Aussage. Welche indes den Beweis ihrer Richtigkeit (und sogar die Darlegung ihrer sachlichen Grundlage) schuldig bleibt.
        Aber Hauptsache ist doch, nicht langatmig zu schreiben: Das langweilt diejenigen, die sich z. B. nach der kurzen und knackigen Aussage sehnen: "Höcke ist ein Nazi". Wäre Ihnen lieber gewesen, oder?
        Zumindest würde ein solcher Satz die Leser nicht mit größeren intellektuellen Herausforderungen konfrontieren. Wer will sich schon mit buchlangen "Indizienbeweisen" beschäftigen? Höckes Anhang ganz bestimmt nicht!

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