Ein "funkelndes biomorphes Labyrinth" nennt Dieter Bartetzko in seiner dennoch stellenweise recht bissigen Architekturkritik in dem FAZ.net-Artikel "Einkaufszentrum „My Zeil“. Von nun an ging's bergab" vom 26.11.2009 das Gebäude des neuen EKZ auf Frankfurts großer Shopping Meile. [Zur Zeil selbst präsentiert die Wikipedia einen ellenlangen Artikel.]
Am 26.02.2009 wurde My Zeil eröffnet. Fotogen ist das Bauwerk allemal; eigentlich muss man nur 'draufhalten' und hat automatisch ein gutes oder doch zumindest ein brauchbares Bild im Kasten. Entsprechend häufig wurde das Gebäude von innen und außen denn auch geknipst; zahlreiche vorzügliche Aufnahmen finden sich z. B. auf der Photosharing-Webseite flickr, unzählige weitere gibt die Google-Bildsuche preis.
Die Presse, insbesondere natürlich die lokalen Zeitungen (Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Rundschau, Frankfurter Neue Presse) haben das Ereignis ausführlich kommentiert. Aus meiner absolut oberflächlichen Recherche greife ich eher willkürlich heraus:
"Die Herausforderung. Meine Zeil" von Christian Thomas (FR 19.02.09, also vor der Eröffnung).
Bereits am 10.11.2008 hatte CLAUS-JÜRGEN GÖPFERT in der FR die ökonomische Dimension beleuchtet: "My Zeil, das lob' ich mir. Neues Einkaufszentrum will der Krise trotzen":
"Trotz Krise setzt "MyZeil" auf ein "internationales Publikum" von Frankfurt-Besuchern: "Aus Zürich, New York, Hongkong, London". Erhoffte Kunden sind aber auch die 4,5 Millionen Menschen, die in einem Umkreis von 100 Kilometern wohnen.
"Wir sind eine Premium-Lage", sagt Flesch stolz, "und Premium-Lagen spüren die Folgen einer Krise immer als letzte." Und Höhn ergänzt: "Die Geschäfte haben manchmal Jahrzehnte gewartet, um an die Zeil zu kommen." Geradezu ungläubig staunend hört die Oberbürgermeisterin die Botschaft, dass im Zeil-Einkaufszentrum 3000 neue Arbeitsplätze entstehen. Krise? Welche Krise?"
Am 01.03.09 konnte bereits ein Rekordbesuch vermeldet werden.
Über die Eröffnung - und einen einsamen Protestanten - berichtete Claudia Michels in der FR vom 26.02.09: "Neue Einkaufswelt. 'MyZeil, My Römer, My Petra, My Droppe'."
Ein erstes Fazit zieht Jutta Ochse (FR 4.3.09): "MyZeil in Frankfurt. Der Shopping-Tempel in aller Munde."
"Die neue MyZeil" lässt Frankfurts Tourismus-Manager und Tourismus-Betriebe auf "Eine neue Ära des Shoppings" hoffen (MATTHIAS ARNING, FR 26.02.09).
Teilnehmer an einer Leserumfrage der Frankfurter Rundschau (bzw. von deren Webseite) haben weitaus überwiegend die neue Shopping Mall sehr positiv bewertet:
"Was sagen Sie: Braucht Frankfurt einen spacigen Einkaufstempel wie MyZeil?
901 / 53,79% Ja, es bereichert die Zeil und die Stadt
434 / 25,91% Nein, es macht die anderen Geschäfte kaputt.
340 / 20,3% Es ist mir egal. Ich boykottiere diese Zentren.
Teilnehmer gesamt: 1675"
Der Dieburger Anzeiger, bzw. der "DA im Netz", betitelt treffend, welche Netze das EKZ auslegt: " 'My Zeil': Vorhang hoch für den riesigen Geldstaubsauger" heißt es da nämlich am 26.02.09.
Die Blogger waren auch nicht faul:
Einen Eröffnungsbericht und einige schöne Fotos hat Michael Wünsche in seinen Blog eingestellt.
Link zu den Galerien von Harald Wickel.
Kreasoli (Rita Kubla) serviert uns hier ein Stückchen bebilderter "Blogschokolade".
Auf einer Webseite namens "Flirtblog" hat ein "Scrabbler" u. d. T. "My Zeil - my style" Aufnahmen eingestellt und
"Architecture beyond imagination" begeistert sich Markus Bussmann.
Natürlich hat das EKZ auch schon einen Wikipedia-Eintrag bekommen (Bilder in den Wikimedia Commons werden dann wohl auch nicht lange auf sich warten lassen).
In einem weiteren Wikipedia-Artikel über das Palais Quartier erfahren wir, dass "My Zeil" Teil eines städtebaulichen Großprojekts ist.
In meinen Augen freilich eines wohl nicht mehr zeitgemäßen. Megalomanie ist indes auch für die Menschen früherer Zeiten schon zu diagnostizieren, (und heute in weit größerem Umfang als in Ffm. in Dubai, also in der Nähe eines Bibelberühmt gescheiterten vor- oder frühgeschichtlichen architektonischen Großprojektes). (Nachtrag 24.05.09: Zu Dubai s. jetzt auch den Handelsblatt-Bericht "Messestandort Dubai. Dubai friert Mega-Projekt ein" von Michael Backfisch, 21.05.09.)
Man könnte sagen, dass wir heute für die Konsumpaläste - und für die ökonomischen Scheinprofite der Finanzwelt - in analoger Weise fronen, wie einst die Untertanen des Feudaladels für dessen Barockpaläste. Ebenso wie diese sind auch die Prachtbauten unserer Zeit
sehr schön: der Ausdruck biomorph für diese Architektur ist nicht unpassend. Aber die meine ist und wird "Meine Zeil" ganz gewiss nicht.
Stichwort "Bio": Eines Tages muss sterben, was gelebt hat, und dessen Reste finden unsere Forscher heute, wenn sie Glück haben, als Fossilien.
Dieses Fossil lebt zwar noch, aber das Einkaufszentrum halte ich für ein Fossil aus der (Planungs-)Zeit vor der Krise.
Denn nicht mehr lange, bevor die Finanz- und Wirtschaftskrise nahtlos in die Rohstoffkrise übergeht, wird sich die Welt der Frage entziehen können:
What did we get sucked into?
Wenn uns dann eine vertiefte gedankliche Penetration der Zusammenhänge (wohl schon in spätestens wenigen Jahren) offenbart, dass die Konsumgesellschaftein großes Loch hinterlassen hat (oder, in anderer Hinsicht betrachtet, zum guten Teil lediglich ein Luftloch war): dann wird uns hier ein Strick immerhin spendiert, bzw. sogar deren zwei (His and Hers?).
Bänke spendieren die EKZ-Betreiber indes keine; zumindest damals (noch?) nicht, als wir, an einem Samstag (14.03.2009) kurz nach der Eröffnung, durch Zufall her kamen und uns ins Gewühl stürzten: Einkaufen sollst du, oh Mensch, nicht müßig herumsitzen! Das freilich missfiel nicht nur Grantler-Greisen wie mir, mit denen in solchen Konsumtempeln ohnehin kein Geschäft zu machen ist, sondern auch Jugendlichen, welche sich umstandslos auf den Fußboden hinhockten.
Zum Thema Bänke (und nicht nur dazu), allerdings draußen auf der Zeil, hatte ich mich übrigens schon früher einmal geäußert:
"Hier gibt es auch Bäume, die hängen am Tropf!
Da kann man nur hoffen, dass der nicht verstopf'!
Und rings um die Bäume bauten sie Bänke,
fast wie in einer Gartenschänke,
und Gäste stellten sich auch bald ein,
doch die waren manchen nicht hinreichend fein,
denn sie kamen mit abgewetzten Taschen
und brachten Landwein- statt Schampusflaschen."
Wir erholen uns an einer Oase (zwar nicht für die Ohren, dazu ist der Automobilverkehr zu nahe, aber wenigstens für die Augen) in der Stadt, die zahlreiche freundliche Spender großzügig mit Bänken bestückt haben. Im
Botanischen Garten gibt's Bio statt bloß biomorph, und die Erinnerungen an die Zivilisation müssen unsere Augen
dort in weiter Ferne suchen.
Doch sollten sich die Konsum-Frondisten keinen Illusionen hingeben: auch botanische Gärten werden als Zivilisationsblüten in gewisser Weise erst durch den Kaufrausch der Konsum-Fronisten ermöglicht.
Nachtrag 31.05.2009
Wenn man diesem Einkaufszentrum "MyZeil" einmal
in seine vielfältigen Netze gegangen ist kann man shoppen bis der Hausarzt kommt.
Von gegenüber.
Man kann aber auch (und das ist natürlich als Kompliment an den Architekten Massimiliano Fuksas gemeint), fotografieren bis der Arzt kommt:
Trotz allem habe ich dann noch rechtzeitig die Kurve zum Mittagessen gekriegt (bei Karstadt, von denen ich das Salatbuffet im Frankfurter Kaufhaus trotz gewisser ideologischer Differenzen durchaus schätze und im Falle einer Pleite echt vermissen würde), bevor mich ein Notarzt abholen musste :-).
Hier das Dach des Einkaufszentrum in einer Aufnahme aus dem Gebäude des Frankfurter Museums für Moderne Kunst (das als sogenanntes "Tortenstück" architektonisch selbst recht orginell ist).
Leider ist keine meiner Aufnahmen scharf geworden; das mag am Glas der Fensterscheiben im Museum liegen, oder an deren Tönung. Es ist also als bloßes 'Dokumentarfoto' zu sehen.
Nähere Informationen über das Dach ("Freiformstabtragwerk mit Dreiecksmaschen") und dessen Kosten ("Bausumme: 16 Mio €") bringt die Webseite der Beratenden Ingenieure Knippers Helbig:
"Das Geschäftszentrum an der Zeil in Frankfurt wird von einem frei geformten Stahl-Glasdach mit einer Gesamtfläche von ca. 12000m² überspannt.Durch Auflösen der Freiformfläche in Dreieckmaschen und dem Einsatz formaktiver Elemente kann das Dach als Schalentragwerk und damit filigran und transparent ausgeführt werden."
[Schade nur, dass dieses Wunderdach sich nicht auch automatisch selbst reinigt;-)]
Dort findet sich auch ein sehr reizvolles Foto mit Blick von oben über eine Furche in Dach in Richtung Dom.
Nachtrag 10.06.2009
Nachfolgend einige Artikel, die im Vorfeld der Einkaufscenter-Eröffnung erschienen sind und über das Konzept, die Mieter, den angesprochenen Kundenkreis sowie über die erhofften Auswirkungen für die Frankfurter Innenstadt informieren:
"Einkaufszentrum „My Zeil“. Für die Jugend" von Manfred Köhler auf FAZ.NET vom 27.11.2008.
Dort erschien am 25.02.2009 vom gleichen Autor der Bericht
" 'My Zeil'. Ein Einkaufszentrum, das nur Freunde hat".
Und auf der Webseite der Stadtverwaltung berichtete Margarete Lausberg am 17.02.2009:
"Zuwachs für die Zeil":
"Die Frankfurter Geschäftsmeile in der Innenstadt bekommt ein neues Gesicht. Mit dem Palais Quartier nimmt auf der Frankfurter Geschäftsmeile Zeil eines der größten innerstädtischen Bauprojekte Deutschlands Gestalt an. Der erste Komplex, das von dem italienischen Stararchitekten Massimiliano Fuksas spektakulär gestaltete Einkaufszentrum "My Zeil", eröffnet am 26. Februar - mit Geschäften auf acht Stockwerken und Europas längster freitragenden Rolltreppe."
Nachtrag 16.06.09
"Zeil-Einkaufszentrum. Fast wie Touristen im Frankfurter Dom" beobachtet Jochen Remmert auf FAZ.net vom 16.04.2009:
"Die Münder offen, die Köpfe in den Nacken gelegt, nicht selten kleine Kameras vor den in Falten gelegten Gesichtern. Auch sieben Wochen nach der Eröffnung ist der Habitus vieler Besucher des Frankfurter Einkaufszentrum „My Zeil“ der von Touristen etwa bei einer Dom-Visite, nicht der von Leuten beim Einkaufen.
Doch die Neugierde auf die spektakuläre Architektur Massimiliano Fuksas weicht unweigerlich dem harten Geschäft des Einzelhandels, das weiß auch Frank Albrecht sehr genau. .....
Zentrumsmanager Gottfried Wabra bilanziert derweil pauschal: „Die Erwartungen der Mieter hinsichtlich der Umsatzentwicklung wurden erfüllt.“ ..... Das Interesse der Bevölkerung Frankfurts und der gesamten Rhein-Main-Region beschreibt Wabra als „immens“. Schon in den ersten beiden Wochen nach der Eröffnung seien eine Million Besucher gezählt worden. Und auch sieben Wochen nach dem Start strömten bis zu 75.000 Menschen am Tag in das neue Einkaufszentrum. .....
Alles in allem erwarten Handelsexperten, dass das Zentrum, das zu den bedeutendsten Innenstadtprojekten in Deutschland zählt, den Gesamtumsatz der Zeil von zurzeit 700 bis 800 Millionen Euro im Jahr über die Milliardengrenze hinweg anhebt. Beim Elektronikanbieter Saturn, neben Rewe und Anson‘s der dritte Ankermieter, besteht was Kundenaufkommen und Umsatz in den ersten Wochen betrifft, kein Grund zur Klage, wie dort gestern zu erfahren war."
Nachtrag 18.06.09
Was sagt der Architekt selbst, auf seiner eigenen Webseite, über sein Werk?
"Progetto: Massimiliano e Doriana Fuksas" Seine Ehefrau (vermute ich mal) hat also an dem Entwurf mitgarbeitet.
"Area: 78.000 mq." Die bebaute Fläche beträgt also 78.000 m².
Die Strukturprinzipien und Leitideen dieses Bauwerkes erläutert Fuksas so:
"La linea amorfa del tetto che copre l’intero complesso deI Mall ed Entertainment Center nel centro della città di Francoforte rimanda al paesaggio del Canyon; la sua struttura triangolare penetra dentro l’edificio e, attraverso passaggi di luce, termina in un tunnel sul pian terreno.
All’interno, spazi morbidi offrono punti di vista molto interessanti a tutti i livelli dell’edificio e la luce del giorno arriva dai primi piani fino a riempirne l’intero ambiente.
La facciata principale è completamente a vetri e continua organicamente formando un tetto di vetro ed acciaio e permettendo ai pedoni di vedere il cielo attraverso una tromba interna data da un’alterazione della facciata.
Un ascensore diretto lungo 45m collega il piano terra con uno spazio al quarto piano che ospita il catering e gli ingressi alle aree di Fitness, Benessere e per l’infanzia.
L’idea base dello shopping mall è creare una città verticale attraverso connessioni verticali all’interno dell’edificio, una strada per lo shopping urbano attraverso un nuovo elemento – la verticalità."
Mein Italienisch ist nicht das Allerbeste (und weder mein architektonisches Wissen noch meine deutsche Architekturterminologie sind sonderlich ausgeprägt); gleichwohl riskiere ich hier eine Denudation meiner Wissensdefizite, indem ich eine Übersetzung versuche; wer's besser kann, mag seine / ihre Version als Kommentar präsentieren.
"Die amorphe Linie des Daches, welche den gesamten Komplex des Einkaufs- und Unterhaltungscenters im Herzen der Stadt Frankfurt überdeckt, erinnert an eine Canyonlandschaft. Seine dreieckige Struktur dringt in das Gebäude ein, durchflutet es mit Licht [?] und mündet als Tunnel im Erdgeschoss.
Im Inneren schaffen weiche Raumbildungen hochinteressante Blickpunkte auf jeder Ebene des Gebäudes und das Tageslicht erfüllt, aus dem Vordergrund kommend, schließlich den ganzen Raum.
Die Hauptfassade besteht vollständig aus Glas und geht organisch in das Dach aus Glas und Stahl über. Eine trompetenförmige Röhre, aus einer Einbuchtung der Fassade entwickelt [?], ermöglicht den Flaneuren einen Blick zum Himmel.
Eine direkte Rolltreppe von 45m Länge verbindet das Erdgeschoss mit einem Platz im vierten Stock wo Gastronomiebetriebe untergebracht sind sowie die Eingänge zu den Bereichen Fitness, Wellness und Kinderbetreuung.
Die Grundidee dieses Shoppingcenters ist es, eine vertikale Stadt zu schaffen durch senkrechte Verbindungen im Inneren des Gebäudes, eine urbane Einkaufsstraße in einer neuen Dimension: in der Dimension der Senkrechten."
Und Bilder bietet die Architekten-Homepage ebenfalls (auf "video" bzw. "immagini" klicken), darunter auch Dachbilder, die man in natura normaler Weise nicht sieht.
Sachkundiger als meine Übersetzung der (ohnehin recht zurückhaltenden) Beschreibung durch den Architekten selbst ist die Würdigung, welche das Bauwerk durch Rainer Schulze in der FAZ vom 27.02.09 unter der Überschrift "Architektur von „My Zeil“. Ein Fluss aus Glas" erfährt:
"Am Anfang war das Foto. Es zeigte, von hoch oben gesehen, ein ausgewaschenes Wadi in einer kargen Umgebung. Die Sedimentschichten, in die sich das Wasser in geschwungenen Linien eingefressen hatte, waren deutlich zu erkennen, die Farben trieben ein buntes Spiel. Massimiliano Fuksas hatte die Aufnahme in dem Buch „Die Erde von oben“ gefunden, ein Sammelband mit Luftbildern von fast atemberaubend schönen Naturlandschaften. Dieses Bild hat Fuksas inspiriert, dieses wilde Flusstal wollte er bauen.
Dem italienischen Stararchitekten kam die Idee, ein Gebäude zu entwerfen, das keine Ecken und Kanten hat. So wie Wasser sich weigert, in eckigen und kantigen Bewegungen zu fließen. Fast jede Form in diesem Bauwerk ist rund, gebogen oder geschwungen. ... usw. ..."
Nachtrag 20.06.09:
Der Blog "spaceflaneur" enthält einen 'Vorabbericht' vom 04.02.09 u. d. T. "Shops, Geschäfte bzw. Marken in “MyZeil” (oder “My Zeil”?), Zeil Frankfurt/Main". Der ist in manchen Details vielleicht überholt bzw. unpräzise (wegen der Rolltreppe vgl. den 1. Kommentar des "Insiders" Till Martin Lemm) enthält aber eine interessante und glaubwürdige (und aus meiner Sicht ziemlich erschreckende, wenngleich nicht überraschende) Information über die Mietpreise in diesem Konsumenten-Versailles (meine Hervorhebung):
"Wegen der Premiumlage mitten auf der Zeil werden bis zu 485 Euro pro Quadratmeter Miete bezahlt."
Nachtrag 24.06.09
Heute erst habe ich die Webseite "Panorama-Frankfurt.com" entdeckt. Dort sind "360° Panorama Bilder und Fotos aus Frankfurt am Main" eingestellt, u. a. eben auch von MyZeil. Da kann ein schlichter Knipser wie unsereiner natürlich nicht mithalten. Wer sich also richtig umschauen möchte in dem Prachtbau, vor, nach oder ohne eine(r) reale(n) Besichtigung. Wer z. B. aktuell nicht nach Ffm. kommen kann oder will, aber dennoch das Shopping-Zentrum MyZeil mal so richtig "durchwandern" möchte, um die Architektur aus allen möglichen Blickwinkeln zu bewundern, wird hier auf seine oder ihre Kosten kommen. Und ebenso hier auf der Panoramenfoto-Webseite eines Oliver Opper.
Nachträge 26.06.2009
Auf der Webseite "Deutsches Architektur-Forum" wird u. a. auch das Projekt "PalaisQuartier" in einem langen Info-Thread diskutiert; darin zumindest auf dieser Seite auch offizielle Presseinformationen des Bauherrn (aus der Zeit vor der Eröffnung) sowie einige (große) Fotos des Einkaufszentrums.
Der Welt wird das "Palais Quartier" [hier dessen Homepage] (das früher wohl "FrankfurtHochVier" hieß) auf einer forenähnlichen Webseite "Skyscrapercity" ausführlich bebildert (auch Entwurfsbilder und Modellen) vorgestellt (sowie in diesem Thread den Deutschsprachigen).
Über die Eröffnung, sowie eine Vorveranstaltung am Abend vorher, berichtete Nicole Brevoord recht ausführlich am 26. 2. 2009 in der Frankfurter Webseite "Pflasterstrand" unter der Überschrift "MyZeil - Tamtam und Tumult".v ("Pflasterstrand" war einst der Titel eines Frankfurter Revoluzzermagazins; von Konsumaversion ist in dem Eröffnungsbericht aber nichts zu spüren.)
Hier ein Video auf youtube von der Eröffnung.
Auf SpiegelOnline vom 26.02.09 schrieb Anne Seith "FRANKFURTER LUXUS-EINKAUFSTEMPEL. Koloss gegen den Konsumkater".
Ein Robert Krüger berichtete in seinem Weblog am 14.04.09 über "Einkaufswahn in Frankfurts MyZeil". Allerdings wird die im Titel implizierte Konsumkritik im Text nicht fortgesetzt; dort geht es großenteils um Baumängel (die auch wir bemerkt haben). Indes prägt er ein hübsches Wort: "Schafsherdenshoppingmodus". Auch einen interessanten Größenvergleich entnehme ich seinem Text:
"Für die Verkaufsfläche stehen 5 Obergeschosse und eine Kelleretage zur Verfügung, insgesamt bietet MyZeil mit 77.000m² Verkaufsfläche etwas weniger Platz als z.B. Frankfurts Nordwestzentrum (Deutschlands größtes Einkaufszentrum mit 90.000m² Verkaufsfläche)."
Beim Bummel durch die Google-Bildertreffer für "MyZeil" stoße ich auch auf die Webseite einer gewissen Gerburg Klaehn aus Frankfurt. Titel: "Ich liebe Frankfurt", ein "Frankfurt-Leporello mit Momentaufnahmen unserer Stadt". Well, es gibt großartigere Städte auf der Welt (Bielefeld zum Beispiel), aber grosso Modo ist Frankfurt schon ganz okay. Die Frankfurt-Liebhaberin hat eine Reihe von Bildern eingestellt und kommentiert das Einkaufszentrum so ähnlich, wie auch ich es hätte kommentieren können: "MyZeil ist eröffnet und hat aufregend schöne Momente. Leider keine Terrassen und Apfelbäume; es gibt kaum Apfelwein, keine Grüne Soße, keinen Handkäs, keinen Goethe, keinen Hoffmann, keinen Stoltze ... . MyZeil fehlt: APFEL mit HERZ - das rauh-liebenswürdig-herzlich FRANKFURTERISCHE."
Da mir jedoch klar ist ist, dass jedwede Dimension von Gemütlichkeit mit einem solchen Shoppingcenter schlicht inkompatibel ist, teile ich ihre Erwartung im Schlussatz nicht: "Aber, vielleicht kommt das ja noch." Ein Buchantiquariat z. B. wird sich dort niemals ansiedeln: die 'Volksantiquariate' können die Mieten nicht bezahlen und wären auch nicht erwünscht, weil sie das falsche Publikum anlocken; Inkunablen-Händler dagegen, welche die Miete bezahlen könnten und nicht gerade von den Ärmsten der Armen aufgesucht werden, würden sich dort deplatziert vorkommen.
Nachtrag 18.07.2009
Einige Aufnahmen aus dem Gebäudeinneren ohne Personen (und natürlich auch einen Text) bietet die Webseite "Baunetz" u. d. T. "My Zeil – Erste Innenfotos. Fuksas-Einkaufszentrum in Frankfurt eröffnet".
Nachtrag 19.07.09
Einen allgemeinen Bericht über Einkaufszentren, die mögliche Umwandlung von Kaufhäusern zu solchen und weitere Entwicklungen im Einzelhandel (Standorte) bringt heute das Handelsblatt u. d. Überschrift "Einkaufszentren. Shopping: Der Kampf um die Mitte" (Jörg Hackhausen):
"Der Wandel hat längst begonnen. Anstelle alter Warenhäuser entstehen in deutschen Innenstädten moderne Shoppingcenter. Nicht erst seit den Pleiten von Hertie oder der Karstadt-Mutter Arcandor lässt sich dieser Trend beobachten. Er könnte dadurch aber noch verstärkt werden. Experten gehen davon aus, dass oft nur eine radikale Lösung bleibt: Abriss und Neubau. Doch der Wandel ist mühsam und birgt Probleme."
Nachträge 03.08.2009
Unter der Überschrift "Spitzenmieten in Frankfurt um 62,2 Prozent gestiegen" erfahren wir in einem PR-Artikel von André Stark von der Fa.Lührmann Holding vom 16.07.2009:
"Die Spitzenmieten in der 1A-Lage der Frankfurter Fußgängerzone sind in den letzten zehn Jahren um insgesamt 62,2 Prozent gestiegen."
Kein Wunder, dass mir das Einkaufen in den Innenstädten verleidet ist. Aber offenbar gibt es noch genügend Leute, die anderen gerne das Geld in den Rachen werfen. Und genügend Profiteure unserer inflationären Finanzwirtschaft, die glauben, dass dieses Spiel mit (für die Konsumenten) gezinkten Karten nie zu Ende geht.
Damit die Zeil noch mehr von jenen kleinen Futterfischen fassen kann, welche die Immobilienbesitzer (und weiter oben in der Nahrungskette auch die Finanzwirtschaft) ernähren, wird sie derzeit umgestaltet. Eigentlich kann ich gegen eine Neugestaltung nicht viel sagen, habe ich doch einst selbst (in meinem Blott "Metooston") gegen die dortigen "marmornen Frittenbuden" polemisiert.
Auf der Webseite "Der Handel" wurden in der Rubrik IMMOBILIEN am 16.07.2009 u. d. T.
"Bodenwert minus Abrisskosten" Überlegungen zum Wandel der Einzelhandelsformen überhaupt, aber auch speziell zum Karstadt-Kaufhaus (Arcandor-Konzern) auf der Frankfurter Zeil angestellt:
"Über die Nachnutzung von Warenhäusern machen sich Immobilienexperten wenig Illusionen. Oftmals helfen nur radikale Lösungen, denn die Zukunft gehört anderen Handelsformaten. Das Karstadt-Haus auf der Frankfurter Einkaufsmeile Zeil ist für Prof. Dr. Martin Wentz ein typisches Beispiel: "Sechs Geschosse und ein Parkhaus auf der rückwärtigen Seite, da hilft nur Abreißen und in ein dreigeschossiges Shopping-Center mit Parkhaus umwandeln", sagt der Inhaber der Wentz Concept Projektstrategie GmbH, der lange Jahre das Dezernat für Stadtplanung in der Mainmetropole verantwortete."
In einem Blog namens "Krisenriese" hat ein(e) leider anonyme Autor(in) eine schöne Betrachtung "Die Architektur der Krise – Was Bauwerke über uns verraten" zur Zeil, insbesondere aber zum EKZ MyZeil, publiziert, von der ich nachfolgend das für mich und für den vorliegenden Zusammenhang Wesentliche wiedergebe:
"Das Zentrum der ... Stadt Frankfurt ... bildet eine Straße, auf der der Bürger im Grunde nur zwei Dinge tun kann. Entweder er konsumiert oder er läuft einfach nur die breite Fußgängerzone entlang. Senkrechte Beton- und Glasflächen bilden einen Kanal, durch den sich Menschen vom Platz an der Konstablerwache zum Platz an der Hauptwache schieben. Alternativ auch in die andere Richtung. ... Die Zeil ist ein Ort der Geschwindigkeit. Nichts soll den Menschen bremsen. ...Die Massenkundschaft der Zeil muss schnell von einem Geschäft zum anderen eilen und einkaufen zu können. Bummeln schadet dem Umsatz. ... Vor einigen Monaten feierte das Einkaufszentrum „My Zeil“ seine Eröffnung. ... Im Inneren finden sich, eingebettet in weiche Formen, auf mehreren Etagen verschiedene Geschäfte (bevorzugt für Modeartikel). ... Zentrales Element des Innenraums ist die laut Presseerklärung längste freischwebende Rolltreppe Europas, die direkt in das oberste Stockwerk führt, welches eine Reihe von Gastronomiebetrieben beherbergt. Es ist jedoch nicht zu übersehen, dass die längste Rolltreppe Europas nur in eine Richtung läuft. Wer das Gebäude verlassen möchte, der ist gezwungen auf verschlungenen Wegen, vorbei an allerlei Geschäften, den Ausgang zu suchen. Eine Einrichtung, welche von außen offen wirkt, mit Nahrung lockt und dann den Rückweg erschwert, wird im Tierreich als Falle eingesetzt. … Dies ist auch die Funktion von My Zeil. Während gläserne Front, gläsernes Dach und weiche Formen im Inneren auf einen transparenten, luftigen Ort schließen lassen, entpuppt sich das Gebäude nach dem Betreten als gläserner Käfig. ... Glas ist durchsichtig, für das Auge im Idealfall unsichtbar. Es erzeugt Transparenz indem es nur Immaterielles passieren lässt. Materielles weist es hingegen konsequent ab. Dinge hinter Glas sind zum Greifen nah und zugleich unerreichbar. Das Schaufenster setzt diese Eigenschaften des Glases erstmals bewusst ein, um Wünsche zu produzieren. Der Blick in das Schaufenster eröffnet den Blick auf Dinge, die man sonst kaum als für sich selbst erstrebenswürdig erachtet hätte. Von denen man u. U, nicht wusste, dass es sie gibt. Zugleich bleibt das Objekt hinter Glas unerreichbar, bis eine bestimmte Menge Geld bei der Person hinterlegt wird, welche die Grenze am Schaufenster gezogen hat. ... Man könnte ... sagen, dass die Zeil eine Art Geldfalle ist. Sie ist der Ort Frankfurts, der ausschließlich dazu dient, Konsumwünsche zu wecken und zu decken. Ihre Architektur ist allein auf dieses Ziel ausgerichtet. Alle anderen Bedürfnisse werden dem untergeordnet oder als Lockmittel verwendet. Wohlfühlen muss sich auf dieser Straße niemand, da bisher auch so ordentlich gekauft wurde. Die Bemühungen, die Zeil baulich zu verändern und sie wohliger zu gestalten, sind allein darauf zurück zu führen, dass die Zeiten des bedingungslosen Kaufrausches offenbar vorbei sind. Die Diskussion um die Attraktivität von Karstadt-Kaufhäusern zeigt dies am konkreten Beispiel. Ob aber Konsumfallen wie My Zeil die Zukunft gehört bleibt abzuwarten. Interessant bleibt jedoch die Frage, warum diese Gesellschaft einen derart ungemütlichen Ort zum Zentrum ihrer Stadt erhebt. Einen Ort, an dem nicht gewohnt wird, der nach Geschäftsschluss ausstirbt und der nicht einmal der Begegnung dient, wie es einst alle Stadtzentren (Marktplätze etc.) taten."
Nachträge 04.08.2009
Fotos werden viele ins Netz gestellt von MyZeil, z. B. bei Flickr. Ansonsten wird die Attraktion aber relativ wenig bebloggt. Nicht aus einem Blog, sondern aus dem "Campus Magazin" ("ein Projekt des Studiengangs Online-Journalismus der Hochschule Darmstadt") stammt der kritische Bericht "Nicht ganz dicht" vom 18. Juni 2009 von Carla Schneider:
"Frankfurts neues Shoppingcenter pfeift aus allen Löchern. Das Dach ist undicht und auch der erwartete Erfolg blieb bisher aus. .....
Damit die Rechnung ..... aufgeht, müssen jeden Tag rund 70 000 Menschen in MyZeil einkaufen oder die gastronomischen Angebote nutzen – nicht umsonst hat PalaisQartier eine Tiefgarage mit 1390 Plätzen.
Auch wenn Frank Albrecht vom Einzelhandelsverband hofft, dass die Zeil “die Nummer eins unter den Einkaufsstraßen in Deutschland” wird, bleibt die Frage: für wen? Eine wichtige Zielgruppe sind zahlungskräftige Touristen. Sie sollen aus Zürich, New York, Hongkong und London kommen - so die Betreiber von MyZeil. Es geht also ums große Geld - trotz weltweiter Wirtschaftskrise. Das ist legitim. Doch das pulsierende Leben in Frankfurt geht auch so weiter – ganz ohne diese futuristischen Bauten."
Eimer, die das durch das undichte Dach eingedrungene Wasser auffangen, kann man auf einem Foto in einem Blog-Eintrag "MyZeil – Pretty, but not waterproof" vom 23.04.09 sehen.
Nicht viele, aber sehr schöne Fotos finden sich im Blog "Horizons Nouveaux" von Julien Vallé, "Photograph, architecture-lover and Musician aus Berlin Kreuzberg, Germany".
Nachtrag 09.08.2009:
Die Investoren des Einkaufszentrums MyZeil können nur hoffen und beten, dass die gesellschaftliche Entwicklung hier in Deutschland nicht so verläuft wie in Japan. Über "Japans lustlose Grasfresser" berichtet am 06.08.2009 Martin Kölling aus Tokio für die Financial Times Deutschland (Hervorhebungen von mir):
"In Japan hat sich eine neue Generation junger Männer etabliert. Sie sind weich, unauffällig und arbeitsscheu. Die Gesellschaft ist besorgt: Die "Grasfresser" gründen keine Familien und zeigen wenig Interesse am Kaufrausch."
Nachtrag 10.08.09
Hier werden wir Zeugen einer Gipfelkonferenz der Dächer des wiederaufgebauten Palais Thurn und Taxis und des EKZ MyZeil (Aufnahme von der Großen Eschenheimer Str. aus).
Nachtrag 27.09.2009
Der "Frankfurter Immobilienreport" von Colliers Frankfurt berichtet in Übernahme einer Meldung aus der FAZ vom 26.08.2009 (meine Hervorhebung):
"Die ersten Geschäfte in dem vor einem halben Jahr eröffneten Einkaufszentrum „MyZeil“ in Frankfurt sind schon wieder geschlossen: ein Café und ein Geschenkartikelladen im Untergeschoss sowie ein auf Suppen spezialisierter Imbiss in der Gastronomieebene im obersten Geschoss. Einige Leerstände sind nicht zu übersehen, namentlich im vierten Stock, dem erwähnten Gastronomie-
Boulevard, und zum Hinterausgang zur Großen Eschenheimer Straße hin; andererseits ist aber auch zu melden, dass in den vergangenen Wochen mehrere Geschäfte eröffnet wurden, darunter ein Lego-Fachgeschäft und ein Teegeschäft von Ronnefeldt genau in diesem Flügel. Von den 90 Ladenlokalen sind derzeit nur neun nicht belegt. Im Schnitt kommen täglich ca. 40.000 Besucher."
Nachtrag 27.06.2010
Am vorgestrigen Freitag nachmittag (ziemlich leer) und am gestrigen Samstag (viele Besucher) war ich zwecks Handykauf (bei Saturn-Hansa) wieder dort. Was die Innenansicht dieses Einkaufszentrums angeht, kann ich die ästhetische Faszination meiner ersten Besuche nicht mehr so recht nachvollziehen.
Die gerundeten Ausschnittformen der Stockwerksdecken (bzw. Stockwerksböden) empfinde ich jetzt irgendwie als nierentischig, zumal in Kombination mit der Geländerform, die mich ebenfalls irgendwie an Treppenhäuser der 50er oder 60er (?) Jahre erinnert. Hier zwei (schon bei meinen damaligen Besuchen aufgenommene) Fotos dazu:
Textstand vom 27.06.2010. Auf meiner Webseite
http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm
finden Sie eine Gesamtübersicht meiner Blog-Einträge (Blotts).
Zu einem „Permalink“, d. h. zu einem Link nur zum jeweiligen Artikel, gelangen
Sie mit einem Klick auf das Erstellungsdatum unterhalb des jeweiligen Eintrages.
Soweit die Blotts Bilder enthalten, können diese durch Anklicken vergrößert werden.
Gratulation zu den tollen Bildern. Gern würden wir das ein oder andere in unserem My Zeil Beitrag in unserem Blog verwenden. Wäre das ok für Sie?
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